PERSÖNLICHE SITUATION DER JUNGEN ERWACHSENEN IN DER SOZIALHILFETyp 4: Erwerbslose junge <strong>Erwachsene</strong> mit AusbildungPersonen, die nach e<strong>in</strong>er postobligatorischen AusbildungProbleme beim Übertritt <strong>in</strong> den Arbeitsmarkt bekunden,machen 12 Prozent <strong>der</strong> (k<strong>in</strong><strong>der</strong>losen) jungen <strong>Erwachsene</strong>n<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Sozialhilfe</strong> aus. Auch hier s<strong>in</strong>d Männer mit e<strong>in</strong>emAnteil von 56 Prozent übervertreten (vgl. Tabelle 1).Die Gruppe besteht hauptsächlich aus Personen mite<strong>in</strong>em Schweizer Pass, nur e<strong>in</strong>e von fünf Personen istAuslän<strong>der</strong>/<strong>in</strong>. Das Durchschnittsalter ist um e<strong>in</strong> Jahrhöher als bei den ausbildungslosen Erwerbslosen,entsprechend s<strong>in</strong>d auch die Lebensformen etwas verän<strong>der</strong>t:Der Anteil <strong>der</strong> Alle<strong>in</strong>lebenden ist leicht höher,<strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> bei den Eltern Wohnenden entsprechendtiefer. Die Überbrückungsfunktion <strong>der</strong> <strong>Sozialhilfe</strong> dürftebei dieser Personengruppe noch klarer ausgeprägt se<strong>in</strong>als bei Typ 3.Typ 5: Erwerbstätige junge <strong>Erwachsene</strong>12 Prozent <strong>der</strong> (k<strong>in</strong><strong>der</strong>losen) jungen <strong>Erwachsene</strong>n <strong>in</strong> <strong>der</strong><strong>Sozialhilfe</strong> s<strong>in</strong>d erwerbstätig und gleichwohl auf dieSozial hilfe angewiesen. Mehr als die Hälfte ist ausbildungslosund hat damit – wie die ausbildungs- un<strong>der</strong>werbslosen Personen (Typ 3) – den Übergang von<strong>der</strong> obligatorischen <strong>in</strong> die nachobligatorische Ausbildungnicht gemeistert o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e begonnene Ausbildung abgebrochen.Weil die Anzahl <strong>der</strong> jungen <strong>Erwachsene</strong>n,die unter diesen Typ fallen, ohneh<strong>in</strong> nicht beson<strong>der</strong>sgross ist, wurde auf e<strong>in</strong>e zusätzliche Unterglie<strong>der</strong>ungnach dem Bildungsstand verzichtet. Männer und Frauens<strong>in</strong>d <strong>in</strong> dieser Gruppe zu gleichen Teilen vertreten;<strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> Auslän<strong>der</strong>/<strong>in</strong>nen ist leicht tiefer als <strong>in</strong> <strong>der</strong>Gesamtheit <strong>der</strong> sozialhilfebeziehenden jungen <strong>Erwachsene</strong>n(vgl. Tabelle 1).Etwas mehr als die Hälfte <strong>der</strong> erwerbstätigen jungen<strong>Erwachsene</strong>n <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Sozialhilfe</strong> arbeiten Vollzeit. BeiMännern kommt dies häufiger vor als bei Frauen(ca. 60% vs. 50%). Man kann diese Personen alsWork<strong>in</strong>g Poor im engen S<strong>in</strong>n bezeichnen, weil sie trotze<strong>in</strong>er Vollzeitbeschäftigung nicht <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage s<strong>in</strong>d, fürsich und allfällige weitere Haushaltsmitglie<strong>der</strong> zu sorgen.Allerd<strong>in</strong>gs werden die Work<strong>in</strong>g Poor unter den sozialhilfebeziehendenjungen <strong>Erwachsene</strong>n damit nicht erschöpfen<strong>der</strong>fasst, weil sich erstens <strong>der</strong> Work<strong>in</strong>g Poor-Status nicht auf das E<strong>in</strong>kommen und Erwerbsvolumene<strong>in</strong>zelner Personen, son<strong>der</strong>n von Haushalten bezieht.Zweitens s<strong>in</strong>d Personen mit K<strong>in</strong><strong>der</strong>n nicht berücksichtigt,son<strong>der</strong>n dem Typ 2 zugeteilt. Dass die hier aufgeführtenerwerbstätigen Personen ke<strong>in</strong>e K<strong>in</strong><strong>der</strong> haben und esmehr als <strong>der</strong> Hälfte von ihnen nicht gel<strong>in</strong>gt, bei e<strong>in</strong>erVollzeitbeschäftigung für sich und allfällige weiterean<strong>der</strong>e Haushaltsmitglie<strong>der</strong> zu sorgen, lässt auf tiefenVerdienst und prekäre Arbeitsverhältnisse schliessen.Die <strong>Sozialhilfe</strong> nimmt hier e<strong>in</strong>e subsidiäre Funktion e<strong>in</strong>,<strong>in</strong>dem sie die Armutslücke deckt, die zwischen <strong>der</strong> statistischenArmutsgrenze und dem erzielten E<strong>in</strong>kommen<strong>in</strong>klusive allfälliger Transfers liegt.Typ 6: <strong>Junge</strong> <strong>Erwachsene</strong> ausserhalbdes Erwerbsprozesses13 Prozent aller jungen <strong>Erwachsene</strong>n <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Sozialhilfe</strong>stehen ausserhalb des Erwerbsprozesses: Sie gehenke<strong>in</strong>er Erwerbstätigkeit nach und suchen auch ke<strong>in</strong>eStelle. Dass sie wegen Erziehungspflichten aus demErwerbsprozess ausgeschieden s<strong>in</strong>d, kann ausgeschlossenwerden; diese Personen s<strong>in</strong>d dem Typ 2 zugeteilt.Es ist zu vermuten, dass gesundheitliche und psychischeProbleme samt Suchtproblemen e<strong>in</strong>e wichtige Rollespielen. Darauf deutet auch <strong>der</strong> Sachverhalt, dass e<strong>in</strong>Fünftel dieser Personen <strong>in</strong> stationären E<strong>in</strong>richtungenwohnt (Gesamtheit <strong>der</strong> jungen <strong>Erwachsene</strong>n: 5,9%),weitere 14 Prozent leben <strong>in</strong> beson<strong>der</strong>en Wohnformen(Gesamtheit <strong>der</strong> jungen <strong>Erwachsene</strong>n: 7,8%; vgl. Tabelle1). Die <strong>Sozialhilfe</strong> dürfte <strong>in</strong> solchen Fällen verhältnismässigoft e<strong>in</strong>e längerfristige, e<strong>in</strong>kommensersetzendeFunktion e<strong>in</strong>nehmen.Die Anteile <strong>der</strong> Frauen und Männer s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> dieserGruppe gleich gross. Dagegen s<strong>in</strong>d die Schweizer/<strong>in</strong>nenverhältnismässig stark vertreten: Nahezu drei von vierjungen <strong>Erwachsene</strong>n <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Sozialhilfe</strong>, die nicht erwerbstätigs<strong>in</strong>d, haben e<strong>in</strong>en Schweizer Pass.12JUNGE ERWACHSENE IN DER SOZIALHILFE BFS 2009
PERSÖNLICHE SITUATION DER JUNGEN ERWACHSENEN IN DER SOZIALHILFEUnterschiede nach Geme<strong>in</strong>detypenDie Sozialstruktur <strong>in</strong> Städten, Agglomerationen undländlichen Geme<strong>in</strong>den unterscheidet sich beträchtlich. Esist deshalb zu erwarten, dass auch die Problemlagen junger<strong>Erwachsene</strong>r je nach Geme<strong>in</strong>detyp variieren.Tabelle 2 zeigt, wie stark die skizzierten sechs Typenjunger <strong>Erwachsene</strong>r, die von <strong>der</strong> <strong>Sozialhilfe</strong> unterstütztwerden, <strong>in</strong> den drei Geme<strong>in</strong>detypen (Städte, Agglomerationen,ländlichen Geme<strong>in</strong>den) vertreten s<strong>in</strong>d. Unterschiedetreten vor allem <strong>in</strong> vier Bereichen hervor: <strong>in</strong> Ausbildung bef<strong>in</strong>den und von <strong>der</strong> <strong>Sozialhilfe</strong> unterstütztwerden, <strong>in</strong> ländlichen Geme<strong>in</strong>den deutlich grösserals <strong>in</strong> Städten. Sie machen mit e<strong>in</strong>em Anteil vonüber e<strong>in</strong>em Viertel <strong>in</strong> den ländlichen Geme<strong>in</strong>den diegrösste Gruppe aus. Dies könnte unter an<strong>der</strong>em damitzusammenhängen, dass viele Auszubildende, die <strong>Sozialhilfe</strong>beziehen, unter 20 Jahren alt s<strong>in</strong>d und noch beiihren Eltern wohnen. Abwan<strong>der</strong>ungen <strong>in</strong> Agglomerationenund Städte dürften somit eher selten auftreten. hendenmit m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>em K<strong>in</strong>d <strong>in</strong> den Städten(20%) und Agglomerationen (17%) grösser als <strong>in</strong>ländlichen Geme<strong>in</strong>den (13%). Hier könnte ebenfallsdas Mobilitätsverhalten mitspielen, weil diese Personenhäufig auf die Mitte Zwanzig zugehen und <strong>in</strong> <strong>der</strong>Regel von zu Hause ausgezogen s<strong>in</strong>d. Auch s<strong>in</strong>d Auslän<strong>der</strong>/<strong>in</strong>nen,die häufiger zusammen mit K<strong>in</strong><strong>der</strong>n unterstütztwerden, <strong>in</strong> Städten stärker vertreten als aufdem Land. Schliesslich ist die Mehrheit <strong>der</strong> jungenSchweizer Eltern, die <strong>Sozialhilfe</strong> beziehen, alle<strong>in</strong>erziehend.Es ist nicht auszuschliessen, dass <strong>in</strong> überschaubarenländlichen Verhältnissen <strong>der</strong> soziale Druck stärkerist als <strong>in</strong> Agglomerationen und städtischenGebieten. <strong>der</strong> erwerbs- und ausbildungslosen jungen <strong>Erwachsene</strong>n<strong>in</strong> <strong>der</strong> städtischen <strong>Sozialhilfe</strong> etwas grösser ist alsauf dem Land. Verglichen mit den an<strong>der</strong>en Unterschiedenist die Abweichung aber eher ger<strong>in</strong>g. jungen <strong>Erwachsene</strong>n, die nicht erwerbsfähig s<strong>in</strong>d, verhältnismässigstark vertreten. Die Unterschiede fallennoch deutlicher aus, wenn man statt des Geme<strong>in</strong>detypsdie Geme<strong>in</strong>degrösse berücksichtigt: In Geme<strong>in</strong>denmit bis zu 2000 Personen machen die Nichterwerbstätigensogar 17 Prozent aus. Weil nicht genaubekannt ist, aus welchen Gründen diese Personennicht mehr erwerbsfähig s<strong>in</strong>d, s<strong>in</strong>d Interpretationendieser Unterschiede heikel. Typen von jugen <strong>Erwachsene</strong>n <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Sozialhilfe</strong>Typ <strong>der</strong> Unterstützungsgeme<strong>in</strong>deStadt Agglomeration Ländliche Geme<strong>in</strong>e1: <strong>in</strong> Ausbildung 20,0 24,6 26,62: mit K<strong>in</strong>d 20,2 17,0 12,63: erwerbslos, ohne Ausbildung 24,2 22,2 21,14: erwerbslos, mit Ausbildung 12,8 11,5 11,45: erwerbstätig 11,3 12,1 13,16: nicht erwerbstätig 11,4 12,7 15,3Total (%) 100,0 100,0 100,0Total (N) 8156 7251 3322Fälle mit Leistungsbezug <strong>in</strong> Erhebungsperiode, ohne Doppelzählungen, bei weiteren Mitglie<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Unterstützungse<strong>in</strong>heit nur reguläre Fälle. Acht Kantone s<strong>in</strong>dnicht berücksichtigt. Bei 22,2% <strong>der</strong> relevanten Beobachtungen fehlen die Angaben zum Typ <strong>der</strong> jungen <strong>Erwachsene</strong>n <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Sozialhilfe</strong> o<strong>der</strong> zum Geme<strong>in</strong>detyp.Quelle: BFS/<strong>Sozialhilfe</strong>statistik, Berechnungen: BASS.2009 BFS JUNGE ERWACHSENE IN DER SOZIALHILFE13