GesellschaftlichNeue Rolle● Gewollte/ungewollte ElternschaftGenerationenwechsel● Aufbrechen der eigenen Kindheitserfahrungen● Unterschiedliche biografische HintergründeKonfrontation mit unterschiedlichenErziehungstheorien/WertsystemenNeuer LebensentwurfEinschränkungen● Finanziell● Räumlich● Mobilität● Individuelle Bedürfnisse (Freizeitgestaltung)● ZeitlichDiskrepanz zwischen der gesellschaftliche Erwartungund dem eigenen ErlebenReligiösStaunen über das Wunder des Lebens● Unverfügbarkeit/ Einmaligkeit des LebensWunsch nach Geborgenheit in einer grösseren,übermenschlichen DimensionWunsch nach Bewahrung/Schutz für das LebenWunsch nach Heiligung des LebensBedürfnis, Belastung/Verantwortung abzugeben(Gott anvertrauen, Jesus anvertrauen)Wunsch nach Einbettung in grössere Gemeinschaft● Religiöse Heimat● Gotte und Götti als verbindliche Bezugspersonen● Familienfest● Aufnahme in KirchgemeindeVerpflichtung der religiösen Gemeinschaft gegenüberdem Kind (Taufversprechen)Erwartung an die Kirche, das Kind zu begleitenBefreiung von Schuld/Schuldgefühlen durch eineheiligende, reinwaschende HandlungUmgang mit Grenzen Ohnmacht und Unvollkommenheit<strong>Eine</strong> <strong>Geburt</strong> <strong>bewegt</strong>Auszug aus dem Leitfaden für eine familiennahe gemeindeaufbauende TaufpraxisHerausgeber: Evangelisch-reformierte Landeskirche des Kantons Zürich9
Die <strong>Geburt</strong> eines Kindes ist einbewegendes Ereignis. VieleMütter und Väter sind in dieserZeit sensibler und offener fürreligiöse Fragestellungen.In der praktischenArbeit mit Tauffamilienbegegnen wir verschiedenenMotiven, ein Kind taufenzu lassen. Vom Wunsch, dasKind in der Nachfolge JesuChristi zu erziehen bis zurblossen gesellschaftlichenKonvention. Von einem fastmagischen Verständnis bis zurreinen Zeichenhandlung.Die Frage an die Kirche ist, wiewir mit diesen unterschiedlichenMotivationen umgehen.Gibt es nur ein richtiges Verständnisder Taufe oder lassenwir Freiraum für eine vielschichtigeInterpretation desTaufgeschehens.<strong>Eine</strong> mögliche Sichtweisezeigt im folgenden TextRalph Kunz, Professor fürPraktische Theologie an derUniversität Zürich.Was sind bei der Taufe die Erwartungen derEltern und was ist der Auftrag der Kirche?Der Wunsch der Eltern, dass das Kind gesund auf die Welt kommt,spielt eine wichtige Rolle. Wird unser Kind körperlich und geistigunbeeinträchtigt sein? Geht bei der Niederkunft alles gut? Gibt esKomplikationen im Wochenbett und läuft beim Stillen alles rund?Wenn das Kind unversehrt auf die Welt kommt, wer bewahrt es,beschützt und behütet es dann vor Übeln? Mit der <strong>Geburt</strong> einesKindes werden Erwartungen geweckt, deren Erfüllung niemand garantierenkann. Wird das Kind sich seelisch und körperlich gesundentwickeln? Wie wird es ihm einmal ergehen? Es ist auch dieAngst, die Eltern <strong>bewegt</strong>, eine Angst, die so diffus ist wie das Lebenoder das Schicksal. Erfahrungen rund um die <strong>Geburt</strong> sind deshalbauch schwierig. Es sind Grenzerfahrungen. Nicht alles istmachbar. Das gilt nicht nur für die Grenzerfahrungen rund um dieElternschaft, aber hier wird es dem einen oder der anderen – im Erwachsenenaltervielleicht zum ersten Mal – bewusst.Der christliche Glaube ist nicht einfach die «Antwort» auf dieFragen, die aufbrechen. Er zaubert auch nicht alles Sorgen undBangen weg. Im Vertrauen auf Glaubensaussagen wird aber demUnbekannten der Schrecken genommen. Was wir nicht «machen»können, ist nicht nur bedrohlich. Wo wir an unsere Grenzen stossen,stossen wir auch auf Unverfügbares, auf Geschenktes. Esgibt nicht einfach ein blindes Schicksal, es gibt auch die Ahnung einesgütigen Gegenübers. Darauf zielt auch das Reden und Feiernin der Kirche: ein Gesicht soll über dem Kommenden aufscheinenund es sollen die Mächte, die uns wunderbar bergen, beim Namengenannt werden. Sind die Taufeltern empfänglich für diese Botschaft?Ja, sie sind es in der Regel, weil auf dem Grund ihrer Angst auchdie Sehnsucht nach der bergenden Hand und dem gütigen Blickwächst. In Grenzsituationen möchten alle gerne glauben, dass eseinen barmherzigen Gott gibt, der uns nicht allein lässt. Eltern, dieihr Kind zur Taufe bringen, erwarten diesen Zuspruch von der Kirche.Für die einen sind es Engel, für die andern ist es der himmlischeVater, für wieder andere ist es die Liebe – wie immer das geheimnisvolleDu genannt wird. Eltern, die ihr Kind taufen lassen,erwarten letztlich etwas von Gott. Viele Psalmverse kleiden dieseErwartung in eine Sprache, die auch zu Menschen spricht, die sichin der biblischen Sprachwelt nicht mehr heimisch fühlen. Zum Beispielder beliebte Taufspruch Ps 91,11: «Denn er hat seinen Engelnbefohlen, dass sie dich behüten auf allen deinen Wegen, dass siedich auf den Händen tragen und du deinen Fuss nicht an einenStein stösst.»10 <strong>Eine</strong> <strong>Geburt</strong> <strong>bewegt</strong>Leitfaden für eine familiennahe gemeindeaufbauende Taufpraxis