Buschfunk-Katalog ansehen/downloaden
Buschfunk-Katalog ansehen/downloaden
Buschfunk-Katalog ansehen/downloaden
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
-WELT • MUSIK-WELT • MUSIK-WELT • MUSIK-WELT • MUSIK-WELT •<br />
JUBILIEREN – ANDREAS DRESEN ÜBER DIE BAND PANKOW<br />
In „Sommer vorm Balkon“ hatte Regisseur Andreas Dresen in einer kleinen Szene den dort agierenden Schauspieler<br />
Axel Prahl mit einem „Pankow-T-Shirt“ versehen. Sein neuer Film „Halt auf freier Strecke“ mit Milan<br />
Peschel kommt demnächst in die Kinos wie auch sein zweiter Film über „Herrn Wichmann von der CDU“. Auf<br />
den Spielfilm über Gerhard Gundermann warten viele mit Spannung. Er „wächst und gedeiht“, versicherte er<br />
uns unlängst am Rande eines ersten Auftritts von Axel Prahl mit dessen Inselorchester.<br />
Dresen versteht also auch etwas von Musik. Sie gehört zu seinem Leben, was er in letzter Zeit sogar manchmal<br />
auf einer Musikbühne unter Beweis stellt. Zu „30 Jahren Pankow“ hat er der Band nachfolgenden Text geschrieben:<br />
„Man fühlt sich verdammt alt, wenn<br />
eine Band, mit der man erwachsen<br />
geworden ist, plötzlich und unerwartet<br />
30 wird. 30. Das ist gemeinhin<br />
ein Alter, wo man beginnt, bürgerlicher<br />
zu werden, ein Alter für Familiengründungen<br />
und so. Die wilden<br />
Jahre sind da definitiv vorüber.<br />
Was um Himmels Willen bedeutet das<br />
für eine Rockband? Vor allem für eine,<br />
die sich die Revolte förmlich auf’s Cover<br />
geschrieben hatte? „Kille! Kille!“<br />
stand da, weiß eingekratzt, sonst<br />
blieb alles schön schwarz. Nur noch<br />
der Name der Band drunter: PAN-<br />
KOW. Das ist ein Stadtteil in Berlin, aber es hörte sich<br />
natürlich auch nach einer Musikrichtung an, die im<br />
Ostrock bis dahin nicht so präsent gewesen war. Dann<br />
senkte sich die Nadel auf die Platte und zum Auftakt<br />
wurde ein zart-folkloristischer Bläsersatz von einer E-<br />
Gitarre förmlich zerlegt. Es rockte, klang wie Stones<br />
und Police und doch ganz eigen - André Herzbergs<br />
schnoddrig-kraftvoller Gesang, dazu die coole Gitarre<br />
von Jürgen Ehle. Texte mit rauer Poesie und doch mit<br />
beiden Beinen mitten im<br />
Staub von (Ost-)Berlin. Das<br />
war für mich der Sound der<br />
80er Jahre und wurde der<br />
Soundtrack zum Abgesang<br />
auf die DDR.<br />
„Aufruhr in den Augen“<br />
hieß das Album vor der<br />
Wende. Noch Fragen? Man<br />
wunderte sich, dass es<br />
überhaupt erscheinen<br />
durfte. Ein Song kam dann<br />
doch auf den Index, „Langeweile“:<br />
„Das selbe Land<br />
Dresen – ein Pankow-Fan<br />
der ersten Stunde...<br />
...denn wer so intensiv spielt,<br />
hat viel Aufmerksamkeit verdient<br />
29<br />
zu lange gesehn, die selbe Sprache zu<br />
lange gehört, zu lange gewartet, zu<br />
lange gehofft, zu lange die alten<br />
Männer verehrt!“ hieß es da. Das<br />
reichte dann doch. Es wurde nicht<br />
mehr gesendet, gehört haben es<br />
trotzdem alle.<br />
Dann die Wende und der STASI-Riss, der<br />
auch durch diese Band fuhr. Eine zeitlang<br />
getrennte Wege, nach 10 gemeinsamen<br />
Jahren, quasi in der Pubertät.<br />
Die gewachsene Reife brachte dann<br />
auch Toleranz und Gelassenheit zurück.<br />
Man fand wieder zusammen und<br />
machte einfach das, was man ohnehin<br />
am allerbesten konnte, eine tolle neue Platte: „Am<br />
Rande vom Wahnsinn“. Bezeichnenderweise, denn da<br />
waren wohl viele in den überfordernden 90ern.<br />
PANKOW ist nie eine Oldie-Band auf Nostalgie-Trip gewesen,<br />
das wäre dann auch zu grausam.<br />
Gut also, dass es jetzt wieder eine neue Platte gibt, ein<br />
Geburtstagsgeschenk der Band an sich selbst. Und an<br />
die mit ihr älter gewordenen Fans.<br />
Es ist schön, eine Band zum Freund zu haben, deren<br />
Leben ein bisschen wie das<br />
eigene ist, so durchgerüttelt,<br />
abgestoßen und doch noch<br />
lange nicht angekommen.<br />
Wir wohnen jetzt alle in<br />
richtigen Wohnungen, die<br />
Haare sind dünner geworden<br />
und die Bäuche dicker.<br />
Aber das heißt ja nicht,<br />
dass wir uns nicht mehr bewegen<br />
können: „Ich weiß<br />
nicht was ich machen soll,<br />
der Donner grollt:<br />
Rock’n’Roll!“