Buschfunk-Katalog ansehen/downloaden
Buschfunk-Katalog ansehen/downloaden
Buschfunk-Katalog ansehen/downloaden
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
PLATTENKRITIK – AUF TRANSITWEGEN OHNE VISUM<br />
In der MZ (Mitteldeutsche Zeitung) schreibt Steffen Könau<br />
aus Anlass des neuen Transit-Albums ein Porträt über deren<br />
Gründer Egon Linde mit dem Titel:<br />
Sagenwelt in Schwermetall<br />
„Egon Linde war der Udo Lindenberg der DDR. Nach 23 Jahren<br />
Pause kehrt der Rocker von der Küste zurück.<br />
Kein Hut, keine Gamaschen, kein Panik-Gürtel. Aber sonst ist<br />
alles da. Die Menge tobt, als der Mann auf der Bühne die er-<br />
Ohne Titel – und immer noch ohne Visum<br />
sten Zeilen von „Ich fahr' an die Küste“ ins Mikrofon nölt.<br />
„Udo, Udo“, jubelt die proppevolle Messehalle auf der halleschen<br />
Peißnitz-Insel 1979 dem Sänger vorn auf der Bühne zu, der Egon heißt. (…)<br />
Ein Glücksfall für die Republik. Die Band Transit,Anfang der 70er Jahre gegründet, fährt auf dem Udo-Ticket schnurstracks<br />
in die DDR-Hitparaden. „Die Lindenberg-Masche, die wollen wir von euch haben!“, bekommt Egon Linde<br />
von den staatlichen Kulturwächtern gesagt. Die Fans sehen es genauso. Wenn schon das Original nicht auftreten<br />
darf, dann wenigstens eine originale Kopie – allerdings mit Ambitionen. Linde und seinen musikalischen Partner<br />
Siegfried Scholz drängt es zu Höherem, als im Udo- Duktus „Disco Didi“ zu singen. Die Popularität im Land öffnet<br />
Türen. Mit der „Bernsteinhexe“ und dem „Hildebrandslied“ gelingen zwei Nummer 1-Hits, die nicht den großen<br />
Udo, sondern mecklenburgische Sagen beleihen. Der Dramatiker Peter Hacks bietet sich an, für eine „Störtebeker“-<br />
Rockoper Texte beizusteuern. Das Album „Bernsteinhexe“, halb noch im Lindenberg-Idiom getextet, halb schon im<br />
Transit-Märchenland aus Meer, Sand und Wind versunken. (…)<br />
Doch als die Tournee von Udo ausfällt und der „Sonderzug nach Pankow“ einfährt, werden auch die „Transit“-<br />
Verhältnisse davon gestört. Egon Linde produziert nun Musik für Theater und Ballett, später, nach der Wende verkauft<br />
er Wintergärten und macht seinen Segelschein.<br />
„Tja, das waren 20 Jahre ohne Musik“, sagt er heute, zurückgekehrt von langen Segelreisen bis in den Pazifik. Reisen,<br />
die wieder Lust auf die Band gemacht, aber auch Spuren hinterlassen haben. „Übers Meer“ heißt das Album,<br />
auf dem Egon Linde und Siegfried Scholz da weitermachen, wo vor einem Vierteljahrhundert Schluss war (…).<br />
Statt Lindenbergscher Lakonie gibt es Himmel und Meer, die ineinanderfließen, „schaumgekrönte Riesen“ und die<br />
Romantik vom „Winter an der See“:<br />
„Die Fischer bleiben an Land / neblig,<br />
kalt und düster liegt einsam der<br />
Strand“. Der Schatten des echten<br />
Udo, dem Egon Linde und seine<br />
Band den Raketenstart ihrer Karriere<br />
ebenso verdanken wie deren abruptes<br />
Ende, er ist verschwunden.<br />
Zwar klingt die Stimme des immer<br />
noch als Skipper arbeitenden Gitarristen<br />
bis heute leicht nach Lindenberg.<br />
Allerdings nach einem, der mit<br />
Kamillentee gegurgelt und Singen<br />
gelernt hat.”<br />
Botschafter für den Frieden<br />
13