Elektromobilität <strong>und</strong> <strong>Erneuerbare</strong> <strong>Energien</strong>-<strong>eine</strong> <strong>Betrachtung</strong> <strong>aus</strong> ökonomischer 17.03.2011<strong>und</strong> rechtlicher SichtAutoren: Volker Behlau, Norbert Kortlüke, Thorsten Müller, Björn Pieprzyk, Frank Sailer 78Abstraktion <strong>eine</strong>r Beihilferegelung <strong>und</strong> deren Vollzug bietet es sich an, <strong>eine</strong>neinheitlichen Zuschuss zu gewähren, der sich dann an der geringsten Intensität, d.h. derjenigen für große Unternehmen, orientiert.Vor dem Hintergr<strong>und</strong> dieser zahlreichen, oft sehr abstrakten Vorgaben der AGVOdient der Illustration folgendes Beispiel: Ein VW Polo mit Ottomotor kostet in derBasisversion derzeit etwa 12.000 Euro. Der gleiche VW Polo mit elektrischemAntrieb hat <strong>eine</strong>n Anschaffungspreis von etwa 34.000 Euro. Die Differenz dieserbeiden Beträge von insgesamt 22.000 Euro entspricht den förderungsfähigenInvestitionsmehrkosten. Nimmt man die Beihilfeintensität von 35% für großeUnternehmen, errechnet sich dar<strong>aus</strong> ein maximaler Erwerbszuschuss von 7.700Euro.Das obige Beispiel stellt jedoch nur ein Beispiel der Berechnungsmethode dar. Esdarf nicht dahingehend verstandenen werden, dass etwa für jeden Fahrzeugtyp<strong>eine</strong> derartige Berechnung vorzunehmen ist. Ebenso wenig genügt es, sich bei derBerechnung der förderfähigen Kosten auf ein derartiges Beispiel zu beschränken.Vielmehr ist es Aufgabe der Mitgliedstaaten vor Einführung <strong>eine</strong>r derartigen Beihilfeanhand <strong>eine</strong>r detaillierten Marktanalyse die Differenzkosten beider Produkte(Fahrzeuge mit Otto- bzw. Dieselfahrzeugen <strong>und</strong> Fahrzeug mit elektrischem bzw.gemischtem Antrieb) zu errechnen <strong>und</strong> darzulegen.Da die Kostendifferenz bei Fahrzeugen der Mittel- <strong>und</strong> Luxusklasse naturgemäßansteigen wird, ist es dankbar, unterschiedliche Fördersätze für die jeweiligeWagenklasse einzuführen. Dabei wird man den Mitgliedstaten in zumutbarenGrenzen ein Recht zur Kategorisierung <strong>und</strong> Typisierung gewähren müssen.Entscheidend ist, dass den Mitgliedstaaten anhand umfangsreicher Daten <strong>eine</strong>Errechnung der jeweiligen durchschnittlichen Investitionsmehrkosten stichhaltigdarlegt.5.1.3.1.2.2 Kreditprogramm der KfW-BankengruppeIm Unterschied zu den klassischen verloren Subventionszuschüssen überlässt derStaat bei <strong>eine</strong>m Darlehen die finanziellen Mittel nicht insgesamt <strong>und</strong> endgültig,sondern nur vorübergehend dem Empfänger. Für die Beantwortung der Frage, obes sich bei <strong>eine</strong>m staatlich gewährten Darlehen um <strong>eine</strong> Beihilfe i.S. des Art. 107Abs. 1 AEUV handelt, hängt vor allem von dem verlangten Zinssatz <strong>und</strong> der Dauerdes Darlehens ab 343 . Da <strong>eine</strong> beihilferechtlich relevante Begünstigung nachallgem<strong>eine</strong>r Auffassung nur dann vorliegt, wenn dem staatlicherseits gewährtenVorteil k<strong>eine</strong> marktgerechte Gegenleistung gegenübersteht, kommt es auf dieMarktgerechtigkeit der Konditionen des Darlehensvertrages an. Zur Bestimmungder Marktgerechtigkeit bedient sich die Europäische Kommission <strong>eine</strong>r343 Vgl. W. Frenz, HbEuR, Bd. III, Rn. 255.
Elektromobilität <strong>und</strong> <strong>Erneuerbare</strong> <strong>Energien</strong>-<strong>eine</strong> <strong>Betrachtung</strong> <strong>aus</strong> ökonomischer 17.03.2011<strong>und</strong> rechtlicher SichtAutoren: Volker Behlau, Norbert Kortlüke, Thorsten Müller, Björn Pieprzyk, Frank Sailer 79gedanklichen Hypothese, dem sog. „market economy investor-Test“ 344 . Hierbei wirdgefragt, ob ein privater Investor (im vorliegenden Fall der Kreditgeber) invergleichbarer Lage den in Rede stehenden Vorteil unter vergleichbarenKonditionen gewähren würde 345 . Weichen die staatlich eingeräumten Konditionenzum Positiven von den marktüblichen Darlehenskonditionen 346 ab, so liegt in derGewährung des Darlehens <strong>eine</strong> beihilfenrechtliche Begünstigung 347 . Vor demHintergr<strong>und</strong> der Schaffung <strong>eine</strong>s spürbaren Anreizes zum Erwerb elektrischangetriebener Kraftfahrzeuge soll für die weitere Untersuchung von <strong>eine</strong>r derartigengünstigen Kreditvergabe <strong>aus</strong>gegangen werden.Darüber hin<strong>aus</strong> verlangt Art. 107 Abs. 1 AEUV, dass es sich um <strong>eine</strong> staatlich oder<strong>aus</strong> staatlichen Mitteln gewährte Beihilfe handelt. Nach inzwischen ständigerRechtsprechung der europäischen Gerichte 348 <strong>und</strong> allgem<strong>eine</strong>r Ansicht imSchrifttum 349 ist anerkannt, dass die terminologische Unterscheidung zwischen„staatlichen“ <strong>und</strong> „<strong>aus</strong> staatlichen Mitteln gewährte“ Beihilfen“ i.S. des Art. 107 Abs.1 AEUV zum Ausdruck bringt, dass unter das Beihilfeverbot nicht nur vom Staatunmittelbar gewährte wirtschaftliche Vorteile fallen, sondern auch solcheBegünstigungen vom Beihilfetatbestand erfasst werden, die von „<strong>eine</strong>r vom Staatbenannten oder errichteten, privaten oder öffentlichen Einrichtung“ gewährtwerden. Die KfW-Bankengruppe erfüllt dieses Kriterium. Sie ist als Anstalt desöffentlichen Rechts organisiert <strong>und</strong> wurde vor allem zum Zweck errichtet,gemeinnützige oder gemeinwohlorientierte Investitionen zu unterstützen.Die Rechtfertigung beihilferechtlich relevanter, staatlicher Kreditvergaben richtetsich mit Blick auf sein ökologisches Ziel nach Art. 107 Abs. 3 lit. c) AEUV.Allerdings finden sich im Gegensatz zu den direkten Investitionsbeihilfen k<strong>eine</strong>starren Grenzwerte. Im Wege <strong>eine</strong>s Umkehrschlusses wird man aber von <strong>eine</strong>r344 Vgl. hierzu: F. v. Alemann, in: K. Hailbronner/H. Wilms (Hrsg.), Recht der EU, Bd. III, Art. 87EGV. Rn. 34 ff.; A. Bartosch, EuZW 1999, 176 (178); W. Kahl, NVwZ 1996, 1082 (1085); C.Scharpf, EuZW 2005, 295 (298).345 Dreher, GS Knobbe-Keuk, 583 (585, 591); Frenz, Hdb. Europarecht, Bd. 3, Rn. 183;Giesberts/Kleve, EuZW 2009, 287 (288); Koenig, ZIP 2000, 53 (54); Lübbig/Martin-Ehlers,Behilfenrecht der EU, Rn. 78; Sanchez-Rydelski, Hdb. EU-Beihilferecht, S. 65 ff.; Sander, EurUP2005, 223 (224); Seidel, Beihilfenrecht, S. 55.346 Vgl. zu den Parametern zur Berechnung <strong>eine</strong>s marktgerechten Zinssatzes die Mitteilung derKommission über die Methode zur Festsetzung der Referenzzins- <strong>und</strong> Abzinsungssätze, ABl. 1999,C 241, S. 9; aktualisiert durch die Mitteilung der Kommission, ABl. 2005, C 172, S. 18.347 Vgl. EuG, Rs. T-129/95 (Maxhütte Stahl), Slg. 1999, Rn. 132; W. Frenz, HbEuR, Bd. III, Rn. 255;J. Zeitz, Der Begriff der Beihilfe, S. 83.348 EuGH Rs. 78/76 (Steinike <strong>und</strong> Weinlig), Slg. 1982, 3583, Rn. 21; verb. Rs. 67, 68 <strong>und</strong> 70/85 (vander Kooy), Slg. 1988, 219, Rn. 35; Rs. 290/83 (Kommission/Frankreich), Slg. 1985, 439, Rn. 14; Rs.57/86 (Griechenland/Kommission), Slg. 1988, 2855, Rn. 12; verb. Rs. 72 <strong>und</strong> 73/91 (SlomanNeptun), Slg. 1993, I-887, Rn. 19; RS, C-189/91 (Kirshammer-Hack), Slg. 1993, I-6185, Rn. 16;verb. Rs. C-52, 53 <strong>und</strong> 54/97 (Viscido), Slg. 1999, I-3735, Rn. 13; Rs. C-200/97 (Ecotrade), Slg.1998, I-7907, Rn. 35; Rs. C-295/97 (Piaggio), Slg. 1999 I-3735, Rn. 35; Rs. 379/98(PreußenElektra), Slg. 2001, I-2099, Rn. 58.349 Vgl. etwa: K. Eisermann, EuZW 1996, 683 (684); T. Koch, Umweltschutzbeihilfen, S. 20; C.Koenig/J. Kühlig/N. Ritter, EG-Beihilfenrecht, Rn. 155; J. Sèpibus, Die Umweltschutzsubvention, S.221; C. Zivier, Jura 1997, 116 (117).