800 Jahre THOMANA - Leipzig: Richard Wagner - Jubiläumsjahr ...

GrußwortPfarrer Christian WolffGrußwortPfarrer Christian WolffLiebe Freundinnen und Freundeder THOMANA aus nah und fern!Thomaskirche, Thomanerchor, Thomasschule– drei Institutionen, die trotz allerBrüche bis zum heutigen Tage ihrenursprünglichen Aufgaben gerecht zuwerden versuchen: Glauben zu leben,Musik und Kultur zu gestalten, Menschenzu bilden. Wer sich fragt: Wiekann es sein, dass drei Institutionendie Reformationszeit und den damitverbundenen Konfessionswechsel, dieVerwerfungen im 30-jährigen Krieg,das Dritte Reich und die Zeit von Diktaturund Bevormundung in der DDR-Zeit überstanden haben und auch nachacht Jahrhunderten weiter aufeinanderbezogen sind, kann nur die eine Antwortfinden: Es ist der Gegenstand, derbis zum heutigen Tag das Kontinuumschafft: der Glaube in der jüdischchristlichenTradition und die damitverbundenen Werte, die vor allem auchdurch die Musik abrufbar gebliebensind; es ist die universale Sprache derMusik, die von dem Gott künden will,der alles Leben hält und trägt – ohnedass die Freiheit des Menschen eingeschränktwird.Der Trias Thomaskirche, Thomanerchor,Thomasschule wurden in der800jährigen Geschichte zwei Geschenkebereitet, die sich heute als Säulen derTradition erweisen:- Die Reformation und die damit verbundeneBedeutung der Kirchenmusikals Mittel der Verkündigung.Das gesungene Wort Gottes erweistsich als eine Überlebensration in einerkulturell und ethisch verwildertenund von Elend zerrütteten Welt.Außerdem hat die Reformation zweiBereiche untrennbar miteinanderverbunden: Glaube und Bildung.Und ebenso hat mit der Reformationdie Stadt wesentliche Verantwortungfür Thomanerchor und Thomasschuleübernommen, die ihr auch heute abverlangtwird.- Das Thomaskantorat von JohannSebastian Bach von 1723 bis 1750.Bach wollte mit seiner Musik dieGrenzen des Diesseits überschreiten:das Universum erschließen, derHerrlichkeit Gottes nahe kommenund so zu „Gottes Ehre und Recreationdes Gemüths“ beitragen. Dazunutzte er alle in der Schöpfung angelegtenMöglichkeiten, verstandsich nicht nur als Musiker sondernauch als Gelehrter. Darin liegt dasGeheimnis begründet, warum dieMusik Bachs auch von Menschenverstanden werden kann, die wederin der lutherischen Glaubenstraditionzu Hause sind, noch zur Kircheeine Beziehung haben. Denn in dieserMusik geht es um beides: Gottund den Menschen, um Höhen undTiefen (nicht nur der Töne), um universaleWeite des Glaubens und dieGrenzen des menschlichen Lebens.Doch die Tradition bedarf der Erneuerung.Darum wird mit Blick auf dasJubiläumsjahr 2012 die große Traditionder THOMANA verbunden mit einemganzheitlich angelegten Bildungsprojektfür Kinder und Jugendliche,dem forum thomanum. Mit dem internationalausgerichteten musikalischenBildungscampus für die BachstadtLeipzig soll ein Beitrag dazu geleistetwerden, was unsere Gesellschaft dringendbraucht: kulturell gebildete, religiösgebundene, sozial kompetente unddemokratisch gesinnte Menschen. DerTrias von Kirche, Chor und Schule entsprichtder Dreiklang: glauben, singen,lernen. Das Einmalige daran ist, dassein Ort, an dem sich über 800 Jahre diemusica sacra entwickelt und alle historischenBrüche überlebt hat, lebendiggestaltet, in den europäischen, multikulturellenund religiösen Kontext gestelltund für Menschen aus aller Weltzugänglich erhalten wird. Es wird auchnach 2012 unsere Aufgabe bleiben,die wunderbaren Möglichkeiten einerreichen Tradition für das menschlicheMiteinander in der Stadt zu nutzen.Christian WolffPfarrer an der Thomaskirche8 9