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59 - der-Verlag

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4 MikrobioLoGie<br />

7–8/2012<br />

Helicobacter pylori<br />

Der Gastritiserreger im<br />

Schutz des oralen Biofilms<br />

Helicobacter pylori ist ein<br />

gramnegatives, mikroaerophiles,<br />

spiralig gekrümmtes, begeißeltesStäbchenbakterium.<br />

Der Keim gehört zur Ordnung<br />

<strong>der</strong> Campylobacteriacae<br />

und wurde erstmals 1983 von<br />

Marshall und Warren entdeckt<br />

und beschrieben.<br />

► <strong>der</strong> Keim kann im sauren Milieu<br />

des Magens überleben und gilt heute<br />

gesichert als erreger <strong>der</strong> B-gastritis.<br />

Helicobacter pylori ist mit <strong>der</strong> entstehung<br />

von Ulcera assoziiert; so gehen<br />

an die 75% aller Magenulcera<br />

und praktisch 100% <strong>der</strong> duodenalgeschwüre<br />

zu lasten diese Keimes.<br />

Zudem stellt er einen risikofaktor<br />

für die entstehung von Magencarcinomen<br />

und von Malt-lymphomen<br />

Feuilleton forte<br />

dar und wird deshalb von <strong>der</strong> WHO<br />

seit 1994 <strong>der</strong> gruppe 1 <strong>der</strong> definierten<br />

Kanzerogene zugeordnet.<br />

1999 konnten riggio et al. Helicobacter<br />

pylori in <strong>der</strong> subgingivalen Plaque<br />

von Parodontitispatienten nachweisen<br />

und auch danach wurde die<br />

Präsenz des Keimes in <strong>der</strong> subgingivalen<br />

oralen Plaque in zahlreichen<br />

Untersuchungen, meist mittels PCr<br />

nachgewiesen. diese Studien belegen<br />

weitgehend übereinstimmend einen<br />

positiven Keimnachweis in den Zahnfleischtaschen<br />

bei einem großteil <strong>der</strong><br />

Patienten mit verifizierter B- gastritis.<br />

an<strong>der</strong>erseits scheint auch eine<br />

Korrelation zu parodontalen Schäden<br />

und zur Halitosis gegeben zu sein.<br />

Helicobacter und Mundhöhle<br />

es stellt sich nun die Frage nach <strong>der</strong><br />

rolle von Helicobacter in <strong>der</strong> Mund-<br />

Des Bürgers neue Klei<strong>der</strong>?<br />

Jedes Jahr im Spätfrühling, o<strong>der</strong> fast jedes Jahr, o<strong>der</strong>, na gut,<br />

jetzt einmal ganz ehrlich gesagt, etwa alle fünf Jahre - gehe ich<br />

an den Klei<strong>der</strong>schrank und sortiere meine Gar<strong>der</strong>obe. Es gibt<br />

drei Begutachtungs-Kategorien: ,1. Kann bleiben, 2. Geht gar<br />

nicht mehr und 3. Geht eventuell. Eigentlich kaufe ich niemals<br />

Textilien. Seltsamerweise ist <strong>der</strong> Schrank trotzdem übervoll.<br />

Ich habe eine Quotenregelung: Dreißig Prozent sollen aussortiert<br />

werden. Was gar nicht mehr geht,<br />

sind Kleidungsstücke mit Löchern, Kleidungsstücke<br />

im Endstadium <strong>der</strong> Verfilzung,<br />

sogenannte „Übergangskleidung“:<br />

markierend den Übergang von<br />

<strong>der</strong> Kleidung zum Fetzen. Sodann weiße<br />

Hemden, <strong>der</strong>en Krägen eine Färbung<br />

haben wie <strong>der</strong> Urin eines Leberkranken.<br />

Schwierig zu beurteilen sind Kleidungsstücke,<br />

die noch tadellos in Schuss sind,<br />

aber dem zeitgeistigen Modetrend nicht<br />

mehr ganz entsprechen. Doch hier tröste ich mich sogleich:<br />

Alle Moden kommen im Zehn-Jahres-Rhythmus wie<strong>der</strong>, das<br />

sagt uns <strong>der</strong> Hausverstand. Daher bleibe ich gleich bei meinem<br />

klassisch-englischen Stil: Burberrys of London, you know….<br />

Daks geht auch noch. Das signalisiert auch eine gewisse entspannte<br />

Lebensart, die Bestand hat.<br />

Schwierig einzuschätzen sind auch Hosen, die um die Leibesmitte<br />

nicht mehr ganz so passen. Vielleicht gelingt es mir eines<br />

Tages, wie<strong>der</strong> abzunehmen, was dann? Außerdem fallen mir<br />

immer wie<strong>der</strong> Textilien in die Hand, die trotz ihres Alters recht<br />

ansprechend aussehen, die auch passen und <strong>der</strong>en Zustand<br />

tadellos ist, die ich aber in den vergangenen fünf Jahren kein<br />

einziges Mal getragen habe.<br />

Vielleicht gefallen sie mir im Unterbewusstsein einfach nicht.<br />

Das wäre denkbar. Aber in dem Moment, wo es ums Aussortieren<br />

geht, gefallen sie mir plötzlich wie<strong>der</strong>. Es gibt Hemden, die<br />

mir seit fünfzehn Jahren immer wie<strong>der</strong> einige Sekunden lang<br />

gefallen. Dann gebe ich sie in den Schrank zurück, woraufhin<br />

sie mir wie<strong>der</strong> fünf Jahre lang nicht gefallen. Kurzum: Ich bin<br />

höhle. Persistiert er hier als Kommensale,<br />

ist er selbst aktiv an gingivalen<br />

entzündungsprozessen beteiligt?<br />

In welchem ausmaß wirkt sich<br />

seine anwesenheit auf die orale gesundheit<br />

und auf den gesamtorganismus<br />

aus?<br />

<strong>der</strong> Keim kann oral sowohl in <strong>der</strong><br />

sub- als auch in <strong>der</strong> supragingivalen<br />

Plaque und im Speichel nachgewiesen<br />

werden. lediglich die Zunge<br />

scheint von einer Besiedelung ausgenommen<br />

zu sein. Seine für Bakterien<br />

ungewöhnlichen Fähigkeit in einem<br />

so lebensfeindlichen Milieu wie dem<br />

menschlichen Magen überleben und<br />

sich vermehren zu können, lassen<br />

auf hohe resistenzfaktoren schließen.<br />

Helicobacter schützt sich durch<br />

einnistung in Schleim und durch<br />

Spaltung von Harnstoff in ammoniak<br />

und CO2 über das enzym Urease<br />

vor <strong>der</strong> Magensäure. dieser Mecha-<br />

kein positives Beispiel für die Klei<strong>der</strong>sammlung <strong>der</strong> Caritas.<br />

Seit einiger Zeit habe ich mir ein Sommerhaus mit Garten gemietet.<br />

Es steht auch ein Klei<strong>der</strong>schrank dort. Also schaffe ich<br />

die gesamte Geht-eventuell-noch-Kategorie in das Sommerhaus.<br />

In letzter Sekunde schummle ich immer noch ein paar<br />

Stücke aus <strong>der</strong> Geht-gar-nicht-mehr-Kategorie dazu, etwa<br />

die Jeans aus unserem Kalifornienurlaub ex 1982, so ausgesessen,<br />

dass ich ruhig einige weitere<br />

Kilos zunehmen dürfte. Den kulturhistorisch<br />

bedeutsamen Blazer, den ich<br />

trug, als ich mein erstes Buch über die<br />

Lebensgeschichte eines MS-Patienten<br />

schrieb und mich <strong>der</strong> Schriftsteller<br />

und Humorist Eduard C. Heinisch nach<br />

Vöcklabruck zur Buchpräsentation in<br />

seinen Dichterhimmel bat, - o<strong>der</strong> das<br />

rotkarierte Hemd, über das mir Karl<br />

von Habsburg höchstpersönlich bei<br />

einer Seminarpause im vollen Schwung seines Nachschlages<br />

ausgiebig Ketchup d´rüber gegossen hatte. Nach an<strong>der</strong>thalb<br />

Jahrzehnten ist <strong>der</strong> Riesenfleck kaum noch sichtbar.<br />

© Gerald Mayerhofer<br />

Ich sage mir, dass ich diese Sachen bei <strong>der</strong> Gartenarbeit tragen<br />

werde. Doch ehrlich gesagt, arbeite ich gar nicht so oft im<br />

Garten. Aber ich bin inzwischen so üppig mit Gartengar<strong>der</strong>obe<br />

ausgestattet, dass ich einen vollen Monat hindurch jeden Tag<br />

bei <strong>der</strong> Gartenarbeit etwas an<strong>der</strong>es anziehen könnte.<br />

Die Psychologen sagen, dass es zwei Ursachen gibt: Eine<br />

Ursache ist die Vergangenheit des Menschen als Jäger und<br />

Sammler. Wir wollen für schlechte Zeiten Vorräte sammeln und<br />

gerüstet sein. Die zweite Ursache ist die Sehnsucht nach Geborgenheit.<br />

Alte, bekannte Dinge verschaffen uns die Illusion,<br />

die Welt sei übersichtlich, vertraut, die Welt sei unser Freund.<br />

Immer dann, wenn ich dies denke, fühle ich mich stark und gehe<br />

lustwandelnd ins Internet. Dort ist nicht so zentral wichtig,<br />

was ich anhabe…<br />

Hubertus<br />

zahn.Medizin.Technik<br />

Helicobacter<br />

pylori<br />

nismus ist in <strong>der</strong> Mundhöhle nicht<br />

notwendig; hier kann sich das Bakterium<br />

im Schutz von Biofilmen, an<br />

<strong>der</strong>en aufbau es beteiligt ist, ansiedeln.<br />

Innerhalb einer dicken Plaqueschicht,<br />

bzw. in <strong>der</strong>, in sich geschlossenen<br />

Biozönose einer subgingivalen<br />

Plaque, findet er ideale Überlebens-<br />

und Vermehrungsbedingungen. Solche<br />

Biofilme haben aber auch hohe<br />

resistenz gegen antibiotika, da diese<br />

Substanzen nur spärlich durch die<br />

klebrige glycocalyx-Matrix diffundieren<br />

und an den Ort <strong>der</strong> Bestimmung<br />

kommen ( deshalb muss auch<br />

bei Parodontalerkrankungen eine gezielte<br />

antibiotische Therapie immer<br />

in Kombination mit Mundhygiene<br />

und Taschenreinigung, bei welcher<br />

<strong>der</strong> Biofilm aufgebrochen und die<br />

Keime so dem Medikament zugängig<br />

gemacht werden, erfolgen). Zudem<br />

vermehren sich die Bakterien<br />

im Schutz <strong>der</strong> Matrix langsamer und<br />

Zellwandantibiotika wirken nur<br />

noch eingeschränkt. die Oberflächenladung<br />

<strong>der</strong> Keime ist reduziert<br />

und <strong>der</strong> austausch von Plasmiden<br />

und damit von resistenzfaktoren ist<br />

im Biofilm erleichtert.<br />

die übliche eradikationstherapie<br />

von Helicobacter bei gastritis besteht<br />

in einer Tripletherapie: Protonenpumpenhemmer<br />

plus eine<br />

Kombination aus zwei antibiotika<br />

(z.B: Metronidazol und Clarythromycin<br />

o<strong>der</strong> amoxicillin und Clarythromycin).<br />

dabei werden in <strong>der</strong><br />

regel die magenbesiedelnden Keime<br />

abgetötet; parallel dazu persistieren<br />

allerdings die Keime in <strong>der</strong> Mundhöhle<br />

im Schutz des Biofilms und<br />

stellen nach ende <strong>der</strong> Therapie ein<br />

reinfektionsreservoir für die Magenschleimhuit<br />

dar, so dass es nach relativ<br />

kurzer Zeit zu einem wie<strong>der</strong> aufflammen<br />

<strong>der</strong> gastritis kommt.<br />

daraus folgt: bei gleichzeitig bestehenden<br />

parodontalen Taschen und<br />

entsprechen<strong>der</strong> Plaqueakkumulation<br />

ist die eradikationstherapie nur in<br />

Kombination mit entsprechen<strong>der</strong><br />

Parodontaltherapie langfristig wirksam.<br />

erst die eliminierung des<br />

Keimreservoirs kann zu einer nachhaltigen<br />

Sanierung führen.<br />

Helicobacter ein parodontalpathogener<br />

Mikroorganismus?<br />

die zweite Frage beschäftigt sich mit<br />

den unmittelbaren auswirkungen<br />

von Helicobacter auf die orale gesundheit.<br />

Nun gehört Helicobacter nicht zu<br />

den unmittelbaren auslösern von<br />

Parodontitis wie etwa Prevotella intermedia<br />

o<strong>der</strong> Porphyromonas gingivals,<br />

jedoch darf seine rolle als<br />

krankheitsverstärken<strong>der</strong> und – betreiben<strong>der</strong><br />

Keim bei bereits bestehenden<br />

parodontalen Schäden nicht<br />

unterschätzt werden. er besiedelt<br />

mit einer reihe an<strong>der</strong>er atypischer<br />

Keime die Zahnfleischtaschen, welche<br />

ihm als mikroaerophilen Keim<br />

ideale lebensbedingungen bieten<br />

und entwickelt dort potente Pathomechanismen.<br />

So kann er unmittelbar<br />

über seine Stoffwechselprodukte<br />

die Schleimhaut angreifen und die<br />

lokale Immunabwehr degradieren.<br />

Bestimmte Stämme produzieren ein<br />

vakuolisierendes Zytotoxin Vaca,<br />

welches die Zellen unmittelbar schädigt.<br />

als gramnegativer Keim enthält<br />

die Zellwand von Helicobacter lipopolysaccharide<br />

(lPS). diese sind<br />

aus einem lipid a-Core und dem<br />

O-antigen Polysaccharid aufgebaut.<br />

letzteres enthält lewis antigene,<br />

welche glycanstrukturen von humanen<br />

Zellen imitieren. die Interaktion<br />

dieser leweis-antigene mit<br />

den menschlichen dentritischen Zellen<br />

induziert eine verän<strong>der</strong>te Immunantwort<br />

und steht daher in unmittelbarem<br />

Zusammenhang mit<br />

<strong>der</strong> Virulenz des Keimes. die Menge<br />

und die lokalisation dieser antigene<br />

im lipopolysaccharid ist selbst innerhalb<br />

von Helicobacterpoulationen<br />

sehr variabel; die optimale anpassung<br />

an den Wirt daher in hohem<br />

ausmaß möglich.<br />

Über diese Fähigkeiten kann Helicobacter<br />

auch direkt den Verlauf und<br />

die aggressivität einer parodontalen<br />

erkrankung beeinflussen. Studien<br />

haben gezeigt, dass bei Patienten mit<br />

B-gastritis zu über 80% auch unter<br />

gingivalen entzündungen und Parodontopathien<br />

leiden.<br />

es erscheint daher sinnvoll, beide<br />

Krankheiten im Konnex zu behandeln,<br />

was einmal mehr den Stellenwert<br />

einer interdisziplinären Betrachtung<br />

oraler erkrankungen und<br />

die Wichtigkeit <strong>der</strong> Zusammenarbeit<br />

zwischen den medizinischen<br />

Fachrichtungen unterstreicht.<br />

Ch. e<strong>der</strong>,<br />

L. schu<strong>der</strong>

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