Die Beste Zeit Nr 4.indd - Druckservice HP Nacke KG
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Neue Kunstbücher<br />
vorgestellt von Thomas Hirsch<br />
Von innen nach außen<br />
Tadao Ando, Hg. Y. Nussaume, 192 S.<br />
mit ca. 180 Farbabb., geb., 24 x 21,5 cm,<br />
Birkhäuser, 39,90 Euro<br />
<strong>Die</strong> Stillsten zuerst. Längst ist der Ruf des<br />
1941 in Osaka geborenen Architekten<br />
Tadao Ando in Mitteleuropa angekommen.<br />
Von ihm stammt beispielsweise<br />
das Museum der Langen Foundation bei<br />
Neuss. Unter ausschließlicher Verwendung<br />
von Beton und Glas vermitteln seine<br />
Bauten Weite und Größe bei gleichzeitiger<br />
Nüchternheit. Geradlinige Passagen ermöglichen<br />
den Blick vom einen Ende des<br />
Gebäudes zum anderen, wobei mehrere<br />
Ebenen verschränkt sind. Es muss also<br />
nicht verwundern, dass für Ando Piranesi<br />
wie auch Josef Albers wichtig waren. Aber<br />
Ando handelt stets auch mit dem Außenraum<br />
– im Sinne einer Korrespondenz<br />
mit Landschaft, Natur, Himmel, Wasser<br />
und natürlich Licht, ja, er entwirft mit der<br />
Umgebung und klärt diese dadurch. Erst<br />
recht vor dem fernöstlichen Hintergrund<br />
geht dies mit meditativer Erfahrung einher.<br />
– Es ist also nicht einfach, das Werk<br />
von Tadao Ando in einem Buch angemessen<br />
zu beleuchten. Als Hardcover im eher<br />
moderaten Format ist nun bei Birkhäuser<br />
eine Gesamtübersicht erschienen, die etwas<br />
Handfestes, Praktisches hat und dabei<br />
eine Ahnung von der Wirkung der Bauten<br />
aufkommen lässt. Und das, obwohl der<br />
ausführliche, an der Biographie orientierte<br />
Text leider nur in Englisch vorliegt.<br />
Vieles von dem, was auf Tadao Ando<br />
zutrifft, wäre auch für den Schweizer Peter<br />
Zumthor zu konstatieren. Auch er arbeitet<br />
mit Passagen und Lichtschächten. Er nutzt<br />
die volle Höhe aus und wendet sich damit<br />
gegen baulichen Funktionalismus. Auch bei<br />
ihm geht es um Erfahrungen wie Stille, Größe<br />
und Bescheidenheit. Mithin baue er von<br />
innen, so schreibt Philip Ursprung im nun<br />
vorliegenden Buch des Verlags Scheidegger<br />
& Spiess; die Fassade zeichnet sich durch<br />
große Schmucklosigkeit und Betonung<br />
der (genau gewählten) Materialität aus.<br />
1943 geboren, gehört Zumthor seit seiner<br />
Realisation der Therme Vals zu den großen<br />
europäischen Baumeistern. Und auch von<br />
ihm gibt es in der weiteren Region Bauten:<br />
in Köln das „Kolumba“ als Museum der<br />
Erzdiözese Köln, und in der Eifel die Feldkapelle<br />
in Wachendorf. Man kommt dem<br />
Denken und Handeln von Peter Zumthor<br />
sehr nahe in dem nun erschienenen Buch<br />
bei Scheidegger & Spiess, welches sich von<br />
den üblichen monographischen Darstellungen<br />
abhebt. Es ist mehr eine Kladde, in<br />
Schwarz-weiß und mit vielen leeren Seiten,<br />
auf dickem Papier. Vorgestellt werden nicht<br />
die Gebäude als solche, sondern vielmehr eigenständige<br />
Fotografi en, die sich, schon vor<br />
Jahren aufgenommen, den Details von drei<br />
Architekturprojekten Zumthors zuwenden.<br />
Der Fotograf ist Hans Danuser, der von<br />
Zumthor ohne Vorgaben dazu eingeladen<br />
wurde. Danuser wirft implizit die Frage<br />
nach der Vermittlung von Architektur durch<br />
die Fotografi e auf – weswegen er direkt<br />
nach dem Wesen der Architektur strebt und,<br />
wie er sagt, deren Körperhaftigkeit zum<br />
Ausdruck bringen will. Wie ein zufälliges<br />
Schweifen ereignet sich seine Fotografi e,<br />
dabei ist sie ausgesprochen aussagekräftig<br />
und für sich: große Kunst. <strong>Die</strong>ser grandiose<br />
Spezialfall bestätigt die Rolle der (meist<br />
anonymen) Architekturfotografi e bei der<br />
Etablierung der Architektur als Kunstform.<br />
Auch auf diesem Feld also übernimmt die<br />
Fotografi e Funktionen, die einstens der<br />
Malerei zukamen. Wobei die Malerei selbst<br />
ihr Verhältnis zur Architektur immer wieder<br />
neu ausgelotet hat und sich dieser doch<br />
mehr von Innen als von Außen zugewendet<br />
Zumthor sehen. Bilder von Hans Danuser,<br />
88 S. mit 24 Triplex-Abb., Hardcover mit<br />
Schutzumschlag, 31,5 x 24 cm, Edition<br />
Hochparterre bei Scheidegger & Spiess,<br />
35,- Euro<br />
hat. In der Geschichte der Malerei gibt<br />
es hinreichend Beispiele für die unterschiedlichen<br />
Konnotationen des Interieurs<br />
zwischen Autonomie, eigener Aussage und<br />
unterschwelliger Unterstützung des Gehalts.<br />
<strong>Die</strong> Architektur wurde Staffage oder besaß<br />
doch immerhin repräsentativen Charakter<br />
oder referentielle Bezüge. Auf der einen<br />
Seite sind da die riesigen Kathedralen mit<br />
den winzigen Menschlein, die bei Saenredam<br />
die Größe der Bauten sinnbildlich vor<br />
Augen führen, auf der anderen Seite gibt<br />
es die Prachtinterieurs bei Velasquez, die<br />
sich mit den Bewohnern zu umfassenden<br />
gesellschaftlichen Porträts verdichten. Oder<br />
die Fensterblicke der deutschen Romantik,<br />
die zwischen metaphysischem Außen und<br />
Innen vermitteln ... Eine Auswahl aus den<br />
unterschiedlichen Bereichen innerhalb der<br />
Kunstgeschichte versammelt nun das kluge<br />
und vorbildliche Buch Das Interieur in der<br />
Malerei des Hirmer-Verlages. Konzentrieren<br />
wir uns nur auf die (gut kommentierten)<br />
Bilder – dann erfahren wir genug, übrigens<br />
auch zum Verlauf der Kunstgeschichte mit<br />
ihren Stilen. Und darüber, wie Räume in<br />
ihrer <strong>Zeit</strong> aussehen.