Die Gegenwart des Mittelalters - Bibliotheca Rara
Die Gegenwart des Mittelalters - Bibliotheca Rara
Die Gegenwart des Mittelalters - Bibliotheca Rara
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<strong>Die</strong> <strong>Gegenwart</strong> <strong>des</strong> <strong>Mittelalters</strong><br />
Europas Faksimile-Welt unter einem Dach
Bild, Seite 1, Der hl. Georg, Fol. 240r,<br />
Libro d‘ore di Modena<br />
© 2007 <strong>Bibliotheca</strong> <strong>Rara</strong> 48143 Münster<br />
Schutzgebühr: 10,00 €<br />
Redaktion und Layout: Dr. C. Weinert, Mainz<br />
Druck: Druckerei U. Pohl, Brandenburg<br />
<strong>Die</strong> Texte und Bilder sind zum Teil<br />
Veröffentlichungen der jeweiligen Verlage entnommen
Liebe Freunde der Buchkunst,<br />
Stundenbücher zählen zu den bekanntesten und auch beliebtesten<br />
mittelalterlichen Schriften überhaupt. Ihre Sammlung von Gebeten,<br />
Psalmen und Lesungen für die acht Gebetsstunden <strong>des</strong> Tages, wie sie<br />
die Mönche kannten, fand in verkürzter und dem weltlichen Alltag<br />
angepasster Form unterschiedlichste Gestaltung. Von einfachen<br />
Textausgaben bis hin zu reich illuminierten Prachthandschriften dienten<br />
Stundenbücher gleichwohl allesamt dem privaten Gebrauch. In der Regel<br />
täglich genutzt, waren sie unentbehrlich für die Ausübung wahrhafter<br />
Frömmigkeit.<br />
Das im Katalog neu aufgenommene Libro d‘ore di Modena versetzt<br />
uns in die Glanzzeit der italienischen Gotik. Es entstammt der Werkstatt<br />
Giovannino de‘ Grassis, den wir vor allem als genialen Baumeister <strong>des</strong><br />
Mailänder Doms schätzen. Der 1390 entstandene Codex ist geprägt vom<br />
höfischen Geschmack, wie ihn nicht nur der Adel am Hof der Visconti<br />
teilte. Sowohl die Miniaturen als auch die Bordüren der Handschrift<br />
zeichnen sich durch außergewöhnliche elegant-filigrane Stilistik und<br />
leuchtende Farbkraft aus, ein Meisterwerk und Statussymbol seiner Zeit<br />
steht uns vor Augen. Neben meiner besonderen Empfehlung bietet Ihnen<br />
<strong>Bibliotheca</strong> <strong>Rara</strong> eine geprüfte Auswahl faszinierender Werke aus der<br />
Welt der mittelalterlichen Buchkunst, so das kleinste Faksimile der Welt,<br />
das Psalterium Sancti Ruperti, oder das Falkenbuch Kaiser Friedrichs<br />
II., das berühmte, noch heute aussagekräftige Lehrbuch über die Jagd<br />
mit Falken. Lassen Sie sich vom Mittelalter in seinen Bann ziehen,<br />
Ihr Hans-<strong>Die</strong>ter Blatter<br />
3
Werkverzeichnis<br />
Werk Seite<br />
Beatus Aemilianensis 6<br />
Beatus Urgellensis 7<br />
Beatus Las Huelgas 8<br />
Psalterium Sancti Ruperti 10<br />
Das Evangeliar Heinrichs <strong>des</strong> Löwen 11<br />
Codex Aureus Escorialensis 12<br />
Der Albani-Psalter 14<br />
Das Bestiarium von St. Petersburg 15<br />
Das Hainricus-Sakramentar 16<br />
Goldenes Hil<strong>des</strong>heimer Kalendarium 17<br />
Das Falkenbuch Friedrichs II. 18<br />
Libro d‘ore di Modena 20<br />
Gran<strong>des</strong> Heures de Rohan 22<br />
Stundenbuch der Isabel la Catolica 24<br />
Mazarine Bibel 26<br />
Publius Vergilius Maro 27<br />
Vrelant-Stundenbuch 28<br />
Das Lehrbuch für Maximilian I. 29<br />
Stundenbuch von Rouen N.S. 30<br />
Francesco Petrarcas Trionfi 31<br />
Berliner Stundenbuch der Maria von Burgund 32<br />
Liber Precum 33<br />
Das Stundenbuch <strong>des</strong> Pico della Mirandola 34<br />
Rosario de Juana la Loca 35<br />
Boccardino-Codex 36<br />
Goldenes Kalenderbuch von 1526 37<br />
Restbestände aus der Biblioteca Apostolica Vaticana: 38<br />
Wandalbert von Prüm,<br />
Modi Orandi Sancti Domini,<br />
Alphabetum Romanum,<br />
Offizium der Madonna,<br />
Skizzenbuch <strong>des</strong> Francesco di Giorgio Martini,<br />
Stundenbuch <strong>des</strong> Jean Bourdichon<br />
Antiquariat: Marco Polo: Buch der Wunder 39<br />
Vom Pergament<br />
zum Codex ...<br />
Nach ihrer Beizung in Kalklauge<br />
erhielt man durch das<br />
gründliche Abschaben und<br />
Glätten der Haut frisch geschlachteter,<br />
junger Tiere<br />
Pergament, sog. Velin-Pergament,<br />
für das Kalbshäute<br />
verwendet wurden, und Pergament<br />
aus Rinder-, Esels-<br />
und Schafshaut. <strong>Die</strong> Haut<br />
wurde mit Stricken auf einen<br />
rechteckigen Rahmen montiert,<br />
deren Spannung dem<br />
Trocknungsgrad angepasst<br />
wurde. Für die Herstellung<br />
<strong>des</strong> Codex Aureus wurde eine<br />
ganze Kalbsherde benötigt.<br />
Das Pergament diente als Beschreibstoff<br />
für den Federkiel.<br />
<strong>Die</strong> Blätter wurden beschnitten,<br />
gefalzt und in Lagen gebunden.
Ein Faksimile ist die möglichst genaue<br />
Wiedergabe einer zweidimensionalen Vorlage<br />
samt ihres Einban<strong>des</strong> im Sinne einer möglichst<br />
präzisen Bewahrung der inneren und äußeren<br />
Merkmale <strong>des</strong> Originals. Neben den zur Ver-<br />
fügung stehenden technischen Mitteln ist bis<br />
heute die Beteiligung von handwerklicher Arbeit<br />
bei Erstellung der Filme bis zum Einband not-<br />
wendig. Alleine der Vergleich mit dem Original<br />
entscheidet über die Qualität der Wiedergabe,<br />
gemäß dem Anspruch von „fac simile“, dem<br />
Imperativ: „mache es ähnlich“. Authentizität er-<br />
füllt sich nur durch ständigen Vergleich vor Ort<br />
mit dem Original während der Herstellung und<br />
Zusammen mit Gleichgesinnten ist das<br />
Erschließen der geistigen Welt von Spätantike<br />
und Mittelalter als Faksimile im nunmehr<br />
siebzehnten Jahre seit Gründung <strong>des</strong> Verlages<br />
unsere Aufgabe bei <strong>Bibliotheca</strong> <strong>Rara</strong>. Von der<br />
fotografischen Aufnahme bis zum Präzisions-<br />
druck auf originalgetreuem Material entstehen<br />
für uns Faksimile-Ausgaben einzigartiger<br />
Codices in Traditionswerkstätten. Langjährige<br />
handwerkliche Erfahrung sowie künstlerisches<br />
Einfühlungsvermögen in die Besonderheiten <strong>des</strong><br />
Originals sind unabdingbare Voraussetzungen<br />
der Zusammenarbeit.<br />
Von Anbeginn ist unser Haus in diesem Sinne<br />
mit dem kreativen Atelier Testimonio in Madrid<br />
verbunden. Eine freundschaftliche Partnerschaft<br />
pflegen wir seit langem mit dem Verlag Vicent<br />
Was ist ein Faksimile?<br />
Europas Faksimile-Welt<br />
somit durch die vollständige und farbgetreue<br />
Wiedergabe <strong>des</strong> Originals im Originalformat<br />
mit originalgetreuem Pergament- oder Papierton<br />
einschließlich vorhandener Altersspuren, die auf<br />
das Schicksal einer Handschrift hinweisen. Ge-<br />
übte Schreiber und begabte Miniatoren schufen<br />
einzigartige Bücher im Auftrage von Kaisern<br />
und Königen, Herzögen und Kardinälen. Im<br />
gelungenen Faksimile be-<br />
sitzen wir ein Ebenbild<br />
<strong>des</strong> Originals. Es ist<br />
ihm in Sinne unseres<br />
Anspruchs zum Ver-<br />
wechseln ähnlich.<br />
FVL<br />
5<br />
Evangeliar Heinrichs <strong>des</strong> Löwen<br />
Garcia in Valencia. Des weiteren gestalten<br />
wir Co-Editionen mit Scriptorium Editiones,<br />
Valencia, und zu unseren spanischen Partnern<br />
zählen die Verlage Libros Antiguos Edilán,<br />
Madrid, und Siloé, Burgos.<br />
Neben diesen Editionen bieten wir in unserem<br />
Katalog bedeutende Faksimile-Ausgaben der<br />
Verlage Adeva, Graz, Belser, Stuttgart, Coron,<br />
Zürich, Faksimile Verlag Luzern und Müller<br />
& Schindler, Simbach am Inn.<br />
CORON<br />
Unser Katalog gibt Ihnen damit Einblicke in<br />
Europas Faksimile-Welt, sodass Sie alle Erstaus-<br />
gaben aus einer Hand erhalten.
6<br />
León<br />
um 930-950<br />
Biblioteca<br />
Nacional, Madrid<br />
Ms Vitr. 14-1<br />
10. Jahrhundert<br />
Limitierte Auflage:<br />
898 Exemplare<br />
deutscher<br />
Kommentarband:<br />
Peter K. Klein<br />
288 Seiten<br />
Format<br />
34,5 x 25,7 cm<br />
25 Miniaturen<br />
Beatus Aemilianensis<br />
Der ältere Beatus Codex Vitrina 14-1<br />
Mit den Beatus-Handschriften hat<br />
Spanien einen herausragenden Beitrag<br />
zur Geschichte der mittelalterlichen<br />
Buchmalerei geleistet. Es sind meist<br />
reich illustrierte Handschriften eines<br />
Kommentars zur Johannes-Apokalypse<br />
oder Geheimen Offenbarung aus dem<br />
1. Jahrhundert n. Chr. Der Kommentar<br />
entstand zwischen 776 und 784. Verfasst<br />
hat ihn der Priestermönch Beatus (s. Las<br />
Huelgas-Codex) im Königreich Asturien,<br />
dem von den Mauren nie dauerhaft<br />
besetzten Bergland im Norden Spaniens,<br />
einer Oase <strong>des</strong> Christentums.<br />
Aus der Zeit vom 10. bis 13. Jahrhundert<br />
sind 24 Beatus-Handschriften erhalten,<br />
die mehr oder weniger vollständig<br />
sind, und drei Fragmente. Abgesehen von<br />
dem älteren Fragment von Silos haben<br />
wir im Codex Vitr. 14-1 den ältesten<br />
erhaltenen Beatus vor uns. Es ist zudem<br />
die ältere von zwei überlieferten Beatus-<br />
Handschriften, die bereits im hohen Mittelalter<br />
zur Bibliothek <strong>des</strong> Klosters <strong>des</strong> heiligen<br />
Aemilian (San Millán) de la Cogolla zählten,<br />
das am Oberlauf <strong>des</strong> Ebro, südwestlich von<br />
Logroño gelegen ist.<br />
Fol. 130r: <strong>Die</strong> Engel mit den sieben Plagen<br />
<strong>Die</strong> Handschrift besteht heute aus 144<br />
Blättern. Da Anfang und Ende fehlen,<br />
enthält sie weder eine Widmung noch<br />
einen Schreibervermerk. Sie entstand<br />
im Königreich León, wahrscheinlich<br />
im Grenzgebiet mit Kastilien und dem<br />
besetzten Südspanien, was an den Zügen<br />
der Minuskel und am Stil der Miniaturen<br />
belegbar ist. Hier findet die spanische<br />
Buchmalerei <strong>des</strong> 10. Jahrhunderts zu ihrem<br />
charakteristischen Ausdruck, sichtbar<br />
in der Verwendung deckender Mischfarben<br />
und besonderer Parallelstrichornamentik,<br />
ein Stil, der noch weit in das 11.<br />
Jahrhundert hinein wirkt. Mozarabisch<br />
beeinflusst sind vor allem die Farbgebung<br />
und Ornamentformen.<br />
Das Bild der „Engel mit den sieben<br />
Plagen“ ist wie alle anderen Miniaturen<br />
ungerahmt und nimmt die oberen zwei<br />
Drittel von Fol. 130r ein. In zwei Reihen<br />
begegnen die sieben Engel mit ihren<br />
segmentförmigen Schalen, welche sieben<br />
apokalyptische Plagen enthalten. Darunter<br />
stehen auf dem „mit Feuer vermischten,<br />
gläsernen Meer“ vier Engel, die zu Gottes<br />
Lobpreis singen und musizieren.
Fol. 184v/185r: Das jüngste Gericht<br />
Der Beatus von Seu d´Urgell, wie die<br />
kleine, hoch in den Pyrenäen gelegene<br />
Bischofsstadt in katalanischer Sprache<br />
heißt (kastilisch: Urgel), ist um 980 innerhalb<br />
der angrenzenden Gebiete von<br />
Navarra und Rioja entstanden und seit<br />
1147 - gestiftet vom Grafen von Urgell<br />
oder Valladolid an Bischof San Odón - im<br />
Besitz der Kathedrale von Urgell.<br />
<strong>Die</strong> erhaltenen 86, in der Regel<br />
umrahmten Illustrationen, von denen<br />
einige zwei Seiten ausfüllen, zeigen<br />
mozarabisch beeinflusste mittelalterliche<br />
Buchmalerei in ihrer höchsten Blüte.<br />
Leuchtende, kontrastreiche Farben prägen<br />
sie ebenso wie eine stark abstrahierte,<br />
expressive Formensprache. Dabei verrät<br />
der an Umrisszeichnungen erinnernde<br />
Stil der Miniaturen, dass die Heimat<br />
der Buchmaler nordspanischen Einwirkungen<br />
offenstand.<br />
Der bis auf wenige Blätter vollständig<br />
erhaltene Codex umfasst heute 239<br />
Folios und ist in zwei Textkolumnen in<br />
runder westgotischer Minuskel geschrieben.<br />
Bis auf wenige Folios ist er sehr gut<br />
erhalten und zählt zu den am reichsten<br />
Beatus Urgellensis<br />
Der Urgell Beatus<br />
illustrierten Beatus-Handschriften. In<br />
der Ornamentik von Rahmen und Initialen<br />
dominieren Flechtwerkmotive.<br />
Im Herbst 1996 wurde der Urgell-<br />
Beatus aus dem Diözesan Museum<br />
gestohlen, tauchte aber wenig später<br />
glücklicherweise wieder auf. Der Bischof<br />
und die Kanoniker der Kathedrale<br />
beschlossen daraufhin, den Codex nie<br />
wieder auszustellen und ihn statt<strong>des</strong>sen<br />
als Faksimile-Ausgabe der Öffentlichkeit<br />
zugänglich zu machen.<br />
<strong>Die</strong> Miniatur „Das jüngste Gericht“<br />
füllt mit Fol. 184v/185r zwei Seiten der<br />
Handschrift. Sie illustriert die Vision <strong>des</strong><br />
Johannes vom letzten großen Weltgericht<br />
über die Toten nach ihren Taten. Hier geht<br />
es um den Sieg über den Tod selbst, der<br />
mit den Verdammten in den Feuersee<br />
der Hölle geworfen werden soll. Über<br />
allem sitzt der Weltenrichter auf einem<br />
„weißen Thron“. Er hat die Rechte im<br />
Segensgestus erhoben und hält in seiner<br />
Linken „das Buch <strong>des</strong> Lebens“ mit den<br />
Namen der zu ewigem Heil Bestimmten.<br />
Alles was war, „Himmel und Erde“ sind<br />
vergangen.<br />
Navarra, Rioja<br />
um 980<br />
Museo Diocesà<br />
de La Seu d‘Urgell<br />
Num. Inv. 501<br />
10. Jahrhundert<br />
Limitierte Auflage:<br />
980 Exemplare<br />
exklusiv bei<br />
<strong>Bibliotheca</strong> <strong>Rara</strong>:<br />
deutscher<br />
Kommentarband:<br />
Peter K. Klein<br />
478 Seiten<br />
Format<br />
39,8 x 27 cm<br />
86 Miniaturen<br />
7
8 Beatus Las Huelgas<br />
Pierpont Morgan<br />
Library,<br />
New York<br />
Ms M 429<br />
13. Jahrhundert<br />
Limitierte Auflage:<br />
666 Exemplare<br />
Co-Edition:<br />
444 Exemplare<br />
Scriptorium:<br />
222 Exemplare<br />
<strong>Bibliotheca</strong> <strong>Rara</strong><br />
exklusiv bei<br />
<strong>Bibliotheca</strong> <strong>Rara</strong>:<br />
deutscher<br />
Kommentarband:<br />
Peter K. Klein,<br />
Joachim Gonzáles<br />
Echearay,<br />
Leslie G. Freeman,<br />
David S. Raizman<br />
Dokumentationsmappe<br />
mit<br />
3 Faksimile-Blättern<br />
Fol. 59v: Vision <strong>des</strong> Thronenden mit den anbetenden 24 Ältesten<br />
Der 1220 vollendete Codex von Las<br />
Huelgas mit dem Kommentar <strong>des</strong> Mönchs<br />
Beatus zur Johannes-Apokalypse, seit<br />
1910 im Besitz der Pierpont Morgan Library,<br />
New York, ist eine äußerst wertvolle<br />
Bearbeitung <strong>des</strong> nur noch fragmentarisch<br />
erhaltenen Tábara-Beatus <strong>des</strong> Malers<br />
Magius von 970. Der Las Huelgas ist<br />
die letzte, größte und prachtvollste von<br />
über 30, seit Abfassung der Urschriften<br />
<strong>des</strong> Kommentars 776-84 entstandenen<br />
Handschriften. Der Tábara- oder Magius-Beatus<br />
und der Las Huelgas sind<br />
Anfang und Ende, Alpha und Omega der<br />
jüngeren und wichtigsten Beatus-Handschriftentradition.<br />
Der Codex wird Las Huelgas Beatus<br />
genannt, weil er sich im 18. Jahrhundert<br />
in Las Huelgas bei Burgos befand, wo<br />
ihn Enrique Flórez, Herausgeber einer<br />
modernen Ausgabe <strong>des</strong> Beatus-Kommentars,<br />
sah und beschrieb. Zudem wurde der<br />
Codex dem Zisterzienserinnen-Kloster<br />
in Las Huelgas von einer hochgestellten<br />
Person, vermutlich Königin Berenguela<br />
oder Äbtissin Sancha García, gestiftet<br />
und für Lesungen im Refektorium <strong>des</strong><br />
Klosters benutzt.<br />
Von Beatus wissen wir wenig: Er<br />
war ein aus den Tälern der Liébana<br />
stammender Mönch, im dortigen Kloster<br />
San Martin (später San Toribio)<br />
lebend, wahrscheinlich um 730 geboren,<br />
nicht vor 798 gestorben. Nachweisbar<br />
ist, dass er an einem Hoftag in der<br />
Hauptstadt Asturiens, Pravia, im Jahre<br />
785 teilnahm. Vielleicht weil ihm der<br />
Kampf gegen die Mauren eine Generation<br />
nach dem Sturz der christlichen<br />
westgotischen Herrscher als Vorspiel zur<br />
Endzeit vorkam, vielleicht auch, um die<br />
Göttlichkeit Christi zu belegen, schrieb<br />
er seinen Kommentar zur Apokalypse<br />
<strong>des</strong> Johannes. Außergewöhnlich belesen,<br />
erläuterte Beatus jede Stelle <strong>des</strong> heiligen<br />
Buches, das im 3. Jahrhundert Aufnahme<br />
ins Neue Testament gefunden hatte. Nur<br />
einen Bruchteil seines Werkes verfasste<br />
er selbst. Beatus benutzte - neben dem<br />
Text der Apokalypse - in erster Linie ex-
egetische Passagen patristischer Autoren,<br />
Aussagen von Kirchenvätern wie Hieronymus,<br />
Augustinus und Isidor. Wichtigste<br />
Quelle wurde der Apokalypse-Kommentar<br />
<strong>des</strong> Tyconius († vor 400), geschrieben<br />
in einer Phase heftigen Streits innerhalb<br />
der afrikanischen Kirche um Rechtgläubigkeit,<br />
eine Situation, die Beatus selbst<br />
kannte, befand er sich doch im Konflikt<br />
mit Elipandus, dem Erzbischof von Toledo,<br />
seinem geistlichen Vorgesetzten.<br />
<strong>Die</strong> (seit 756) dem maurischen Kalifen<br />
von Cordoba untergebenen Christen,<br />
mozarabes, die Arabisierten, genannt,<br />
lebten trotz Beeinflussung und Bedrohung<br />
noch in Glaubensfreiheit. Wenn Elipandus<br />
das Dogma von der Gottessohnschaft<br />
Christi relativierte, beging er für Beatus<br />
ohne Not Verrat an der christlichen Lehre.<br />
Stand nicht überhaupt das Ende der Zeit<br />
mit all ihren in der Apokalypse beschriebenen<br />
Schrecken für die Ungläubigen<br />
in naher Zukunft bevor? <strong>Die</strong> Niederlage<br />
der Mauren um 722 bei Covadonga, als<br />
ein Erdrutsch große Teile <strong>des</strong> arabischen<br />
Heeres verschlang, das den asturischen<br />
Widerstand brechen sollte, schien auf<br />
göttliche Rettung der Christen zu weisen.<br />
Der Kommentar <strong>des</strong> Beatus nimmt<br />
keine Einlassungen zur zeitgenössischen<br />
Fol. 150r:<br />
Verteidiger und Klagende Jerusalems<br />
Fol. 2r: Majestas Domini<br />
Geschichte auf. Wie die Geheime Offenbarung<br />
<strong>des</strong> Johannes selbst sollte<br />
der Kommentar die Gläubigen ermutigen,<br />
nicht nur über das Ende der Welt,<br />
sondern auch über die neue Schöpfung,<br />
das Himmlische Jerusalem, die Stätte<br />
endgültiger Erlösung, berichten. Wie alle<br />
Beatus-Handschriften zeichnet sich der<br />
Las Huelgas Codex durch die Einfügung<br />
von Darstellungen ohne direkten Bezug<br />
zur Johannes-Apokalypse aus. Dazu zählen<br />
Porträts der vier Evangelisten, genealogische<br />
Tabellen der vier vorchristlichen<br />
Zeitalter von Adam bis Noah, von Noah<br />
zu Abraham, von Abraham zu David<br />
und von David zu Maria, der Mutter<br />
Jesu. Zu nennen wären auch grafische<br />
Tabellen zur Erklärung <strong>des</strong> Antichrist<br />
sowie eine Weltkarte. Vor allem aber<br />
ergänzt ein bebilderter Kommentar <strong>des</strong><br />
Kirchenvaters Hieronymus zum Buch<br />
der Weissagungen <strong>des</strong> Propheten Daniel<br />
die Auslegungen und Zitate <strong>des</strong> Beatus.<br />
Insgesamt gibt der Beatus Las Huelgas<br />
mit seiner monumentalen, byzantinisch<br />
geprägten Buchmalerei in spätromanischem<br />
Stil ein eindrucksvolles Zeugnis<br />
vom letzten Aufblühen der Beatus-Tradition<br />
zu Beginn <strong>des</strong> 13. Jahrhunderts.<br />
Abadia Santa Maria<br />
la Real de<br />
Las Huelgas,<br />
1220<br />
13. Jahrhundert<br />
368 Seiten<br />
Format<br />
53 x 37,2 cm<br />
97 Miniaturen<br />
9
10 Psalterium Sancti Ruperti<br />
<strong>Die</strong> kleinste Fasksimile-Ausgabe der Welt<br />
Nordost-Frankreich<br />
zwischen 850 u. 875<br />
Stiftsbibliothek<br />
St. Peter, Salzburg<br />
Cod. a 1 0<br />
9. Jahrhundert<br />
Limitierte Auflage:<br />
980 Exemplare<br />
deutscher<br />
Kommentarband:<br />
Florentine Mütherich<br />
234 Seiten<br />
Format<br />
3,7 x 3,1 cm<br />
Luxusausgabe<br />
mit exklusivem Replikat<br />
der Originalschatulle<br />
aus dem 17. Jh. in<br />
Buchform, eine Arbeit<br />
Salzburger Provenienz,<br />
angefertigt unter<br />
Abt Pucher, Holzkorpus<br />
eingeledert, mit<br />
dreiseitigem Goldschnitt,<br />
Buchdeckel<br />
und -rücken mit<br />
Einzelstempel und<br />
Fileten goldgeprägt,<br />
rotsamtene Innenseite<br />
<strong>des</strong> Vorderdeckels,<br />
versilberte Messingschließen,<br />
limitierte Auflage:<br />
99 Exemplare<br />
Codices selecti<br />
Vol. CXII<br />
Das Psalterium<br />
Sancti Ruperti aus<br />
der Bibliothek <strong>des</strong><br />
Stiftes St. Peter in<br />
Salzburg ist ein Miniaturbuch,<br />
<strong>des</strong>sen<br />
Kleinheit schlichtweg<br />
den Atem verschlägt:<br />
die Seiten haben eine Größe<br />
von 37 x 31 mm, der Schriftspiegel misst<br />
gerade 33 x 25 mm und enthält 18 Zeilen.<br />
<strong>Die</strong> ausgezeichnete Lesbarkeit <strong>des</strong><br />
Textes bei einer Schriftgröße von 1,5 mm<br />
und einem Zeilenabstand von maximal<br />
1,2 mm bezeugt die Meisterleistung <strong>des</strong><br />
unbekannten Schreibers.<br />
<strong>Die</strong> Handschrift entstand im dritten<br />
Viertel <strong>des</strong> 9. Jahrhunderts, vermutlich<br />
im Nordosten Frankreichs. <strong>Die</strong> im 8.<br />
Jahrhundert gegründete Stiftsbibliothek<br />
St. Peter in Salzburg, in deren Bestand<br />
sich das Psalterium heute befindet, ist die<br />
älteste Bibliothek auf österreichischem<br />
Boden. Der Besitzvermerk „Manuale<br />
psalterii sancti Rudberti episcopi“ auf<br />
der ersten Seite <strong>des</strong> Codex aus dem 15.<br />
Jahrhundert ist der älteste Beweis dafür,<br />
dass die Handschrift im Besitz von St. Peter<br />
war. Dennoch kann keine Verbindung<br />
zum Klostergründer, dem heiligen Rupert,<br />
nachgewiesen werden.<br />
Eröffnet wird die kleinformatige<br />
Handschrift mit zwei Vorreden: der Einleitung<br />
<strong>des</strong> hl. Hieronymus zur Ausgabe<br />
seines Gallicanum und dem Prolog „Origo<br />
prophetiae regis David“<br />
zur Entstehung<br />
der Psalmen. Auf<br />
Fol. 2 stellt das Autorenbild<br />
König David<br />
mit einer Winkelharfe<br />
(möglicherweise<br />
einem Psalterium)<br />
dar. Natürlich fehlt auch in diesem karolingischen<br />
Psalter die Beatus vir-Initiale<br />
nicht sowie ein mit Goldtinte auf Purpurgrund<br />
geschriebenes Incipit zum Psalter.<br />
Rubrizierte Überschriften in Capitalis<br />
Rustica und goldene Kapitelbuchstaben<br />
machen die Psalm- und Versanfänge<br />
erkennbar. Einzelne Partien <strong>des</strong> Textes<br />
in Goldschrift auf Purpurhintergrund und<br />
goldene Initialen zu den Psalmen 1, 51<br />
und 101 lassen den Auftraggeber dieser<br />
Prachthandschrift im kaiserlichen Umfeld<br />
vermuten.<br />
Eine buchbinderische Besonderheit ist<br />
der offene Rücken <strong>des</strong> Codex, wodurch<br />
die beiden Bünde mit den Heftnähten und<br />
den beiden Kapitalen sichtbar werden,<br />
ein aus dem Spätmittelalter stammen<strong>des</strong><br />
Unikum.
Das<br />
Evangeliar<br />
Heinrichs<br />
<strong>des</strong> Löwen<br />
Das teuerste<br />
Buch der Welt<br />
Maiestas Domini<br />
mit der Schöpfung der Welt,<br />
Fol. 172r<br />
Heinrich der Löwe, 1129 (31)-1195,<br />
einer der mächtigsten Lan<strong>des</strong>fürsten der<br />
Stauferzeit, Herzog von Sachsen und<br />
Bayern, hat diese prunkvolle Handschrift<br />
in Auftrag gegeben. Gemeinsam mit<br />
seiner Gemahlin Mathilde, Tochter <strong>des</strong><br />
englischen Königs Heinrich II., widmete<br />
er das Evangeliar der Kirche St. Blasius<br />
in Braunschweig, dem Braunschweiger<br />
Dom, den er seit 1173 errichten ließ,<br />
anlässlich der Weihe <strong>des</strong> dortigen Marienaltars<br />
im Jahre 1188.<br />
Der Codex ist nicht nur eine der großen<br />
Schöpfungen romanischer Buchkunst<br />
in Deutschland. Er ist zugleich ein ein-<br />
drucksvolles Monument der weltlichen<br />
wie geistlichen deutschen Geschichte,<br />
einzigartig <strong>des</strong>halb, weil er ebenso von<br />
mittelalterlicher Frömmigkeit zeugt, wie<br />
seine Bilder den weltlich-politischen Anspruch<br />
Heinrichs <strong>des</strong> Löwen kundtun.<br />
Ein ganz in goldenen Unzialen geschriebenes<br />
Widmungsgedicht belegt, dass<br />
die Handschrift als Werk <strong>des</strong> Mönchs Herimann<br />
im nordhessischen Benediktinerkloster<br />
Helmarshausen entstand. Nach dem<br />
Schreibervers am Schluss <strong>des</strong> Gedichts<br />
wurde Herimann tätig auf Geheiß seines<br />
Abts, Konrads II., der dem Auftrag <strong>des</strong><br />
Herzogs entsprach, der populärsten,<br />
zugleich aber auch umstrittensten Herrschergestalt<br />
seiner Zeit.<br />
Das Evangeliar Heinrichs <strong>des</strong> Löwen,<br />
die einzige als Stiftung eines Herrschers<br />
ausgewiesene liturgische Handschrift<br />
<strong>des</strong> 12. Jahrhunderts, die uns erhalten<br />
blieb, ist vollständig. <strong>Die</strong> Malereien in<br />
Deckfarben, mit Purpur und Gold, sind<br />
ungetrübt in ihrer Leuchtkraft. Der Codex<br />
umfasst 50 ganzseitige Miniaturen, davon<br />
17 Kanontafeln, 4 Evangelistenbilder, 9<br />
Zierseiten und 20 Bildseiten. Im Text begegnen<br />
etwa 1500 kleine und 77 größere<br />
sowie 7 große, reicher verzierte Initialen<br />
und eine Randsynopse unter farbig verzierten<br />
Arkaden.<br />
Das „teuerste Buch der Welt“, wie<br />
das goldglänzende Evangeliar nach<br />
seiner spektakulären Versteigerung am<br />
6. Dezember 1983 bei Sotheby‘s häufig<br />
apostrophiert wurde, schrieb Auktionsgeschichte.<br />
Für 32,5 Millionen Mark<br />
erstand es Hermann Josef Abs für die<br />
heutigen vier Besitzer, die Bun<strong>des</strong>republik<br />
Deutschland, den Freistaat Bayern,<br />
das Land Niedersachsen und die Stiftung<br />
Preußischer Kulturbesitz in Berlin, mit<br />
Hilfe zahlreicher Bürgerspenden.<br />
Helmarshausen<br />
vor 1188<br />
Herzog August<br />
Bibliothek<br />
Wolfenbüttel<br />
Codex Guelf. 105<br />
Noviss. 2 o<br />
12. Jahrhundert<br />
Vergriffen<br />
Antiquarisch auf<br />
Anfrage erhältlich<br />
Limitierte Auflage:<br />
1000 Exemplare,<br />
davon<br />
950 Verkaufsex.<br />
deutscher<br />
Kommentarband:<br />
<strong>Die</strong>trich Kötzsche<br />
226 Blätter<br />
Format<br />
34,2 x 25,3 cm<br />
50 ganzseitige<br />
Miniaturen<br />
11<br />
Druck im rasterlosen<br />
Granolithoverfahren<br />
mit 10 Druckgängen<br />
und 3 Prägegängen<br />
(Gold/Silber)<br />
Bibliotheks-/<br />
Studienausgabe,<br />
in braunes Ganzleder<br />
gebunden
12 Codex Aureus Escorialensis<br />
Das salische Kaiser-Evangeliar<br />
Real Biblioteca<br />
de San Lorenzo<br />
El Escorial<br />
Cod. Vitr. 17<br />
11. Jahrhundert<br />
Limitierte Auflage:<br />
980 Exemplare<br />
exklusiv bei<br />
<strong>Bibliotheca</strong> <strong>Rara</strong>:<br />
2 deutsche<br />
Kommentarbände:<br />
Johannes Rathofer<br />
Dokumentationsmappe<br />
mit<br />
5 Faksimile-Blättern<br />
<strong>Die</strong> Handschrift verbindet im geistigen<br />
Sinne drei Orte: Echternach im<br />
heutigen Luxemburg, Speyer und den<br />
Escorial unweit von Madrid in Spanien,<br />
wo der Codex aufbewahrt wird, jedoch<br />
nicht zugänglich ist und in einem Kühltresor<br />
lagert.<br />
Eigentlich wollte der junge Salier-<br />
König im Skriptorium <strong>des</strong> Klosters Echternach<br />
nur ein würdiges Gedenkbuch<br />
für seine Eltern bestellen, die bereits im<br />
entstehenden Dom zu Speyer ruhten.<br />
Es wurde jedoch weit mehr daraus: Das<br />
größte Evangeliar, das je geschaffen wurde,<br />
eine Stiftung für den größten Dom,<br />
den es zur damaligen Zeit gab.<br />
Im August 1046 hat wohl der from-<br />
me Heinrich mit seiner Gattin Agnes<br />
den goldenen Pracht-Codex der Patronin<br />
Maria zur Weihe <strong>des</strong> Hochaltars im Dom<br />
überreicht, wie es anschaulich im Dedikationsbild<br />
dargestellt ist.<br />
Das Format und die erstaunliche<br />
künstlerische Ausstattung entsprechen<br />
durchaus dem grandiosen Dombau. Für<br />
den Menschen von damals war jedoch<br />
das Wesentliche der heilige Evangelien-<br />
Text selbst. Heinrich III. hat ihn - seinem<br />
Rang gemäß - Buchstabe für Buchstabe<br />
in karolingischer Minuskel mit Goldtinte<br />
schreiben lassen. Mit den vier prunkvollen<br />
„Vorhang“-Seiten, den zwölf monumentalen<br />
Kanontafeln, den vier prächtigen<br />
Autoren-Bildern der Evangelisten, der<br />
graphisch, ornamental und bildlich<br />
überaus reichen Gestaltung ist ein künstlerisches<br />
Höchstmaß in der Buchkunst<br />
erreicht, das niemals übertroffen wurde.
Autorenbilder der vier Evangelisten<br />
<strong>Die</strong> Fülle der Differenzierungen und<br />
Nuancierungen in der buchgestalterischen<br />
Komposition konnte nur in einem<br />
Skriptorium auf dem Höhepunkt seiner<br />
Leistungskraft wirklich umgesetzt wer-<br />
den, wie es in Echternach zu dieser Zeit<br />
existierte.<br />
Als Heinrich III. seinen Auftrag erteilte,<br />
haben die Echternacher Schreiber<br />
und Buchmaler das Kunstwerk in nur neun<br />
Monaten hergestellt, vom Entwurf über<br />
die Materialbeschaffung, wie zum Bei-<br />
spiel der Häute von ca. 85 Kälbern, die<br />
Schreib- und Malarbeit bis zur Einbandgestaltung:<br />
eine absolute Glanzleistung.<br />
Fol. 24r: Anbetung der Könige<br />
Niemand weiß genau, wie es dazu<br />
kommen konnte, dass Heinrichs Evangeliar<br />
aus dem Dom zu Speyer entfernt<br />
wurde. Auf habsburgischen Wegen kam<br />
es im November 1566 als Geschenk für<br />
Philipp II. von seiner Großtante Mar-<br />
garete von Mechelen in den Escorial.<br />
Der heutige dekorative Einband aus<br />
dem Jahre 1934 ist ein Replikat jener<br />
kunstvollen Fassung, die Philipp V.,<br />
ein Enkel <strong>des</strong> Sonnenkönigs, der erste<br />
Bourbone auf dem spanischen Thron<br />
(1701-46), im französischen Pointillé-<br />
Stil anfertigen ließ, goldgeprägt in rotem<br />
Leder.<br />
Echternach<br />
um 1045/46<br />
11. Jahrhundert<br />
340 (+2) Seiten<br />
Format<br />
50 x 35 cm<br />
13 ganz-,<br />
43 halbseitige<br />
Bilder,<br />
12 Kanontafeln,<br />
44 Zierseiten,<br />
18 Seiten mit zwei<br />
Zierkolumnen,<br />
11 Seiten mit einer<br />
Zierkolumne<br />
13
14 Der Albani-Psalter<br />
Psalter der Christina von Markyate<br />
St. Albans<br />
um 1125<br />
St. Godehard<br />
(Dombibliothek<br />
Hil<strong>des</strong>heim)<br />
HS St. God. 1<br />
12. Jahrhundert<br />
Limitierte Auflage:<br />
800 Exemplare<br />
deutscher<br />
Kommentarband:<br />
in Vorbereitung<br />
(Vorablieferung von<br />
Jane Ged<strong>des</strong>,<br />
Der Albani-Psalter,<br />
Regensburg, 2005)<br />
418 Seiten<br />
Format<br />
27,6 x 18,4 cm<br />
40 ganzseitige<br />
Miniaturen, 211<br />
figürliche Initialen<br />
23-karätige<br />
Handvergoldung,<br />
Echtgold oder Foliengold<br />
entsprechend<br />
den Blattgoldpartien<br />
im Original<br />
Einband: Leder mit<br />
Blindprägung<br />
Fol. 13r: Der Traum der drei Weisen<br />
Der Goldene Psalter entstand im<br />
zweiten Viertel <strong>des</strong> 12. Jahrhunderts im<br />
Skriptorium <strong>des</strong> Klosters St. Albans in<br />
Südengland. <strong>Die</strong> englische Buchmalerei<br />
der Romanik vertritt er unzweifelhaft in<br />
herausragender Weise als expressives<br />
Meisterwerk in leuchtenden Farben und<br />
Gold. Der Psalter besticht durch seinen<br />
prachtvollen Miniaturenzyklus gleich zu<br />
Beginn. Szenen aus dem Alten und Neuen<br />
Testament begegnen in strahlendem<br />
Purpur, Grün und Blau, reich verziert mit<br />
Gold, mit feinfühligem Strich und dynamischer<br />
Bewegtheit zugleich ausgeführt.<br />
<strong>Die</strong> Längung der Figuren verleiht Spannung.<br />
Üppige Ornamentrahmen zieren<br />
alle Miniaturseiten und sprachgewaltige<br />
historisierte Initialen schmücken fast jede<br />
Seite der Handschrift. Stamm- und Randleisten<br />
sind mit kunstvollen vegetabilen<br />
und geometrischen Elementen versehen<br />
und in den Innenflächen der Buchstaben<br />
finden sich in bewegter Erzählform Darstellungen<br />
zu den Psalmen.<br />
Der Albani-Psalter ist dabei nicht<br />
nur ein Buch der Psalmen. In kraftvoller<br />
Farbigkeit verzeichnet die Handschrift<br />
zunächst die Darbietung eines Kalendariums.<br />
Mit zierlichen Federzeichnungen<br />
wird die Arbeit <strong>des</strong> Monats jeweils in<br />
einem Medaillon dargestellt, gefolgt von<br />
40 ganzseitigen Miniaturen zum Sündenfall,<br />
zum Leben Christi, zu den Legenden<br />
<strong>des</strong> hl. Martin und König Davids,<br />
beschlossen von der Alexis-Lage, einer<br />
Sammlung nicht-liturgischer Texte, ver-<br />
ziert mit kleineren Illustrationen in zarten<br />
Pastellfarben. Der Großteil <strong>des</strong> Codex besteht<br />
aus den 150 Psalmen, ergänzt durch<br />
das Hohelied, Glaubensbekenntnisse, die<br />
Litanei und Gebete. Zum Ende begegnet<br />
ein Diptychon mit dem Martyrium <strong>des</strong><br />
hl. Alban und der Betätigung Davids als<br />
Musiker.<br />
Das Verständnis <strong>des</strong> Psalters setzt die<br />
Kenntnis der Verbindung zweier herausragender<br />
Persönlichkeiten ihrer Zeit voraus,<br />
der englischen Aristokratentochter<br />
und Einsiedlerin Christina von Markyate<br />
und Geoffrey von Gorhams, <strong>des</strong> Abts von<br />
St. Albans. Er fördert die Entstehung der<br />
Handschrift, deren Empfängerin Christina<br />
ist. Um 1097 geboren, beeindruckt sie die<br />
Frömmigkeit der Mönche in der Benediktinerabtei<br />
derart, dass sie das Keuschheitsgelübde<br />
ablegt. Im Eremitendasein<br />
eines Konvents bei Markyate, zwischen<br />
St. Albans und Dunstable, findet sie trotz<br />
quälender Versuchung Erfüllung. Um<br />
1124 trifft sie Abt Geoffrey, <strong>des</strong>sen geistliche<br />
Ratgeberin sie wird. Christina legt<br />
in St. Albans ihr klösterliches Gelübde ab,<br />
das Priorat Markyate entsteht und Christina<br />
wird seine Oberin. Geoffrey befreit<br />
sie von materieller Armut und der Psalter<br />
ist Ausdruck für seine Zuneigung.<br />
Der verantwortliche Künstler <strong>des</strong> Albani-Psalters<br />
ist der Alexis-Meister. Sein<br />
Stil spiegelt die Rezeption der byzantinischen<br />
und mediterranen Buchkunst in<br />
vollendeter Harmonie und begeisternder<br />
Kreativität.
Das Bestiarium von St. Petersburg<br />
Das lateinische Bestiarium von St.<br />
Petersburg ist um 1190 in den nördlichen<br />
Midlands in England entstanden und<br />
ist seit 1805 im Besitz der Russischen<br />
Nationalbibliothek St. Petersburg. In<br />
seiner prunkvollen Gestaltung ist es<br />
ein Luxus-Bestiarium. Mit einer Fülle<br />
von 113 goldunterlegten Illustrationen<br />
in unterschiedlich gestalteten Rahmen,<br />
Rechtecken und Medaillons, sowie<br />
leuchtenden Farbgebungen zählt die<br />
Handschrift zu den eindrucksvollsten<br />
Naturbüchern, die vor allem im England<br />
<strong>des</strong> 12. und 13. Jahrhunderts Adel und<br />
Klerus begeisterten.<br />
Bestiarien haben ihren Ursprung im<br />
griechischen Physiologus (dt.: Naturkundiger),<br />
einer christlichen Naturkun-<br />
de, die vermutlich im 2. Jahrhundert in<br />
Alexandria entstand. Der Physiologus,<br />
sein Autor ist unbekannt, behandelt die<br />
Schöpfung in zweifacher Hinsicht: zum<br />
einen der spätantiken, naturnahen Darstellung<br />
folgend, zum anderen allego-<br />
risch-symbolisch aufgrund christlicher<br />
Deutung der Tiere und Pflanzen, wie sie<br />
im Mittelalter üblich wurde.<br />
Vor allem die Etymologiae <strong>des</strong> Erzbischofs<br />
Isidor von Sevilla (um 560-636),<br />
eine umfangreiche Enzyklopädie <strong>des</strong><br />
von der Kirche autorisierten Wissens im<br />
frühen Mittelalter, lieferte in ihrem 12.<br />
Buch (De animalibus) die Grundlage für<br />
die spätere Entwicklung der Physiologus-<br />
Handschriften zu Bestiarien.<br />
In der 1. Hälfte <strong>des</strong> 12. Jahrhunderts,<br />
einer Zeit wissenschaftlicher Erneuerung<br />
in den Klöstern, entstanden die ersten<br />
Bestiarien im anglonormannischen Raum,<br />
illustriert mit meist ungerahmten Federzeichnungen.<br />
Während der Physiologus<br />
als Erbauungsbuch zur Vermittlung<br />
christlicher Morallehre erfolgreich blieb,<br />
erwuchs im Bestiarium ein tierkundliches<br />
Standardwerk mit immer neuen Motiven,<br />
nach Isidors Vorgaben systematisch<br />
geordnet, immer weniger moralisierend,<br />
immer häufiger naturgetreu darstellend.<br />
Es erwies sich als faszinierend in seinen<br />
Geschichten und deren farbenkräftigen<br />
Illustrationen.<br />
Nördl. Midlands<br />
1190 (-1200)<br />
12. Jahrhundert<br />
Limitierte Auflage:<br />
995 Exemplare<br />
exklusiv bei<br />
<strong>Bibliotheca</strong> <strong>Rara</strong>:<br />
deutscher<br />
Kommentarband:<br />
Claus Weinert<br />
182 Seiten<br />
Format<br />
22 x 17 cm<br />
113 Miniaturen<br />
15<br />
Russische<br />
Nationalbibliothek<br />
St. Petersburg<br />
Ms Lat. Q.v.V. Nr.1
16<br />
Weingarten<br />
um 1217<br />
Pierpont Morgan<br />
Library, New York<br />
Ms M. 711<br />
13. Jahrhundert<br />
Limitierte Auflage:<br />
280 Exemplare<br />
deutscher<br />
Kommentarband:<br />
Hans Ulrich Rudolf<br />
296 Seiten<br />
Format<br />
24,2 x 17,2 cm<br />
24 Kalendermedaillons,<br />
5 ganzseitige<br />
Miniaturen,<br />
35 historisierte<br />
Initialen,<br />
16 Ranken-, Tier-<br />
und Maskeninitialen,<br />
ca. 310 größere<br />
Silhouetten- und<br />
Fleuronnée-<br />
Initialen<br />
Codices selecti<br />
Vol. CX<br />
Das Hainricus-Sakramentar<br />
Der ehrgeizige und kunstsinnige Abt<br />
Berthold förderte zu seiner Amtszeit<br />
das Skriptorium <strong>des</strong> Benediktinerstifts<br />
Weingarten, so dass es im ersten Drittel<br />
<strong>des</strong> 13. Jahrhunderts zu einem der schöpferischsten<br />
Mitteleuropas heranwuchs.<br />
Neben dem für Berthold persönlich<br />
geschaffenen und nach ihm benannten<br />
Sakramentar ist es vor allem die Handschrift<br />
<strong>des</strong> Hainricus sacrista, die den<br />
nachhaltigen Ruhm der Weingartener<br />
Malschule begründet hat.<br />
So ist der Codex mit dem Namen eines<br />
Mönchs <strong>des</strong> Klosters verbunden, der sein<br />
Porträt nicht nur auf der Silberplatte <strong>des</strong><br />
Einban<strong>des</strong> verewigen ließ, sondern <strong>des</strong>sen<br />
Gestalt uns auch in fünf Miniaturen<br />
begegnet - eine für die damalige Zeit<br />
höchst seltene Tatsache. Dennoch bleibt<br />
die Rolle <strong>des</strong> Hainricus bei der Anfertigung<br />
der Prachthandschrift geheimnisvoll, übermittelt<br />
doch die Chronik der Abtei für den<br />
Entstehungszeitraum drei Mönche dieses<br />
Namens: einen Maler, einen zweiten als<br />
Silberschmied und einen dritten als Stifter<br />
von Büchern.<br />
Das Hainricus-Sakramentar begeistert<br />
vor allem durch seinen Buchschmuck. <strong>Die</strong><br />
ganzseitigen Miniaturen, mit prächtigen<br />
Rahmen wie Tafelbilder ausgeführt, be-<br />
stechen durch ihre beeindruckende Monu-<br />
mentalität. <strong>Die</strong> Initialen beschreiben in<br />
lebendigster Weise biblische Episoden.<br />
<strong>Die</strong> Gestalten brechen immer wieder aus<br />
den Buchstaben aus und steigern so die<br />
unglaubliche Dynamik der Miniaturen.<br />
Groteske Tiere und Fabelwesen bevölkern<br />
den Buchschmuck, kunstvoll verschlungene<br />
Ranken und Fleuronnées begeistern<br />
den Betrachter. <strong>Die</strong> meisterhaft dargebotene<br />
Deckfarbenmalerei erhält zusätzliche<br />
Leuchtkraft durch die verschwenderische<br />
Verwendung von Gold und Silber.<br />
<strong>Die</strong>ser höchsten Qualität <strong>des</strong> Buchschmucks<br />
entspricht die Präzision, mit<br />
der Schrift und Neumen ausgeführt sind.<br />
Buchstaben und Notenzeichen sind von<br />
faszinierender Regelmäßigkeit, die selbst<br />
den reinen Textseiten einen hohen ästhetischen<br />
Reiz verleiht.<br />
Das Sakramentar ist das zentrale liturgische<br />
Buch der katholischen Kirche. Es<br />
umfasst all jene Texte, die von Geistlichen<br />
während eines Gottesdienstes sowie in der<br />
Verbindung mit der Erteilung von Sakramenten<br />
und Weihen gesprochen werden.<br />
Zu diesen liturgischen Texten enthält das<br />
Hainricus sacrista Sakramentar, das in<br />
Wirklichkeit eine Art liturgischer Sammelhandschrift<br />
ist, auch gesungene Messtexte.<br />
Eingeleitet wird der Codex von einem<br />
reich illustrierten Kalendarium.
Goldenes Hil<strong>des</strong>heimer Kalendarium<br />
Das Goldene Hil<strong>des</strong>heimer Kalendarium<br />
gehört zu den eindrucksvollsten<br />
frühgotischen Prachthandschriften<br />
Deutschlands. Der Codex umfasst neun<br />
Seiten stattlicher Größe. Erhalten sind<br />
ein vollständiger Kalender mit reichem<br />
Architekturschmuck und liebevoll ausgestalteten<br />
Tierkreiszeichen sowie zwei<br />
prachtvolle Bildseiten mit insgesamt<br />
fünf Darstellungen zum Leben Christi:<br />
Verkündigung, Geburt, der Tod am Kreuz,<br />
Christi Himmelfahrt und die Maiestas<br />
Domini, ausgeführt in expressiver Deckfarbenmalerei<br />
vor strahlendem Goldgrund.<br />
Erstmals in der Geschichte der<br />
Faksimilierung wurden die im Original<br />
zum Schutze der Miniaturen eingearbeiteten<br />
Seidenvorhänge auch im Faksimile<br />
nachempfunden.<br />
Das Goldene Hil<strong>des</strong>heimer Kalendarium<br />
entstand um die Mitte <strong>des</strong> 13. Jahrhunderts<br />
an einem traditionsreichen Ort:<br />
im Skriptorium <strong>des</strong> Benediktinerklosters<br />
St. Michael in Hil<strong>des</strong>heim. <strong>Die</strong>ses Klos-<br />
ter war vom berühmten Bischof Bernward<br />
(Amtszeit 993-1022, Heiligsprechung<br />
1192) gegründet worden und seit dieser<br />
Zeit immer wieder mit besonders<br />
künstlerischen Werken aufgefallen. Ein<br />
weiteres kostbares Beispiel ist das 1160<br />
bis 1170 entstandene Stammheimer Missale,<br />
das neben anderen Handschriften<br />
als Vorbild für das Goldene Hil<strong>des</strong>heimer<br />
Kalendarium angesehen werden kann.<br />
<strong>Die</strong> Kalender- und Bildseiten <strong>des</strong><br />
Kalendariums gehören vermutlich zu<br />
einer liturgischen Prachthandschrift, die<br />
nur zur Feier der Messe an den höchsten<br />
kirchlichen Feiertagen benutzt werden<br />
durfte. Geschrieben wurde der Codex für<br />
eine bedeutende kirchliche Institution,<br />
nach neuesten Forschungsergebnissen für<br />
das Servatiusstift in Quedlinburg, eines<br />
der vornehmsten Reichsstifte in ganz<br />
Deutschland.<br />
<strong>Die</strong> Handschrift ist ein hervorragen-<br />
<strong>des</strong> Beispiel für den sog. Zackenstil, eine<br />
eigenständige Stilform <strong>des</strong> 13. Jahrhunderts.<br />
Er zeichnet sich durch hartkantige,<br />
farblich brilliante Gewandformen vor<br />
großflächigem Goldgrund aus. <strong>Die</strong> Entstehung<br />
<strong>des</strong> Codex fällt in die Blütezeit<br />
sächsischer Buchmalerei. Ihre künstleri-<br />
sche Vorbildfunktion reichte bis nach Gotland,<br />
Franken und Böhmen. <strong>Die</strong> sächsische<br />
Buchkunst dieser Zeit wurde zu einem<br />
Synonym für die Malerei in der staufischen<br />
Hochkultur unter Kaiser Friedrich II.<br />
Hil<strong>des</strong>heim<br />
um 1250<br />
Herzog August<br />
Bibliothek,<br />
Wolfenbüttel<br />
Cod. Guelf.<br />
13 Aug. 2 o<br />
13. Jahrhundert<br />
Limitierte Auflage:<br />
980 Exemplare<br />
deutscher<br />
Kommentarband:<br />
Harald Wolter-von<br />
dem Knesebeck,<br />
Helmar Härtel,<br />
Werner Hohl<br />
16 Seiten<br />
Format<br />
30,9 x 22,5 cm<br />
17<br />
2 Bildseiten mit<br />
5 Darstellungen<br />
zum Leben Christi,<br />
vollständiger<br />
Kalender
18<br />
Biblioteca<br />
Apostólica Vaticana,<br />
Rom<br />
Ms Pal. Lat. 1071<br />
13. Jahrhundert<br />
Limitierte Auflage:<br />
980 Exemplare<br />
(davon 900 arabisch<br />
u. 80, für die<br />
Biblioteca<br />
Apostólica Vaticana<br />
bestimmte, römisch<br />
numm. Ex.)<br />
deutscher<br />
Kommentarband:<br />
Dorothea Walz, Carl<br />
Arnold Willemsen<br />
(in: Das Falkenbuch<br />
Friedrichs II.,<br />
Glanzlichter der<br />
Buchkunst, Bd. 9,<br />
Leinen mit Schutzumschlag<br />
und<br />
Schuber, Adeva)<br />
Kommentar (span.):<br />
José Manuel<br />
Fradejas Rueda<br />
Das Falkenbuch Kaiser Friedrichs II.<br />
De arte venandi cum avibus<br />
Das charakteristische Tierbuch <strong>des</strong><br />
<strong>Mittelalters</strong> war das Bestiarium. <strong>Die</strong><br />
frühen, aus der ersten Hälfte <strong>des</strong> 12.<br />
Jahrhunderts überlieferten Handschriften<br />
umfassten, den vorgegebenen Physiologus-Motiven<br />
entsprechend, etwa 40-50<br />
Bilder, meist Federzeichnungen. Im<br />
Laufe der Zeit kamen immer mehr Motive<br />
hinzu und die Tendenz der Physiologus-<br />
Tradition, allen vorgestellten Objekten<br />
eine christlich-moralisierende Deutung<br />
beizugeben, nahm mit zunehmendem<br />
naturkundlichen Interesse ab, was sich<br />
auch in den Texten zeigt. So vereinte das<br />
Bestiarium Fabel- und Mischwesen, die<br />
vor allem alter Überlieferung und der<br />
ausmalenden Phantasie ihrer Interpreten<br />
entsprangen, sowie reale Objekte, bis das<br />
Bestiarium langsam verschwand, weil<br />
sich eine Verweltlichung seiner Themen<br />
ergab und die wachsende Bevorzugung<br />
einer Trennung von wissenschaftlich<br />
begründetem und theologisch abgeleitetem<br />
Wissen Enzyklopädien und Spezialliteratur<br />
zu Tieren, meist Jagdbücher,<br />
entstehen ließ, Entwicklungen, die dem<br />
beliebten Buchtypus gleichsam den Bo-<br />
den entzogen. Bereits<br />
in der ersten Hälfte <strong>des</strong><br />
13. Jahrhunderts begann<br />
die Handschriftenproduktion<br />
der Bestiarien<br />
nachzulassen.<br />
Der um 1240 entstandene<br />
Codex De arte<br />
venandi cum avibus,<br />
eine Anleitung zur<br />
Aufzucht, Abrichtung<br />
und Verwendung von<br />
Jagdfalken sowie vogelkundlichesLehrbuch<br />
mit zahlreichen,<br />
naturnahen Vogelzeichnungen,<br />
erfüllt das besonders<br />
in Adelskreisen<br />
artikulierte Interesse<br />
an spezialisierter Betrachtung<br />
und naturgetreuer<br />
Abbildung auf<br />
noch heute naturwissenschaftlich-experimentell<br />
bedeutsame Weise. Mit bis dahin nahezu<br />
unbekannter Präzision und Naturtreue der<br />
Abbildungen verlieh der Autor, der sich<br />
in der Einleitung <strong>des</strong> Werkes als Kaiser<br />
Friedrich II. zu erkennen gibt, seinen Aussagen<br />
Seriosität und Anwendbarkeit.<br />
Friedrich II., deutscher König, seit<br />
1220 Kaiser, galt schon zu Lebzeiten als<br />
„stupor mundi“, als Herrscher, „der die<br />
Welt in Erstaunen versetzt“. Am Hofe <strong>des</strong><br />
Kaisers in Palermo, später auch Foggia,<br />
entfaltete sich ein glanzvolles und vielseitiges<br />
kulturelles Leben. Friedrich II.<br />
besaß umfangreiche wissenschaftliche<br />
Kenntnisse und interessierte sich nicht nur<br />
für Philosophie und Theologie, sondern<br />
darüber hinaus für exakte Wissenschaften<br />
wie Mathematik, Astronomie, Physik,<br />
Chemie und auch Zoologie. Sein Buch<br />
über die Falkenjagd gründet in eigener,<br />
über 30 Jahre sich erstreckender Beobachtung<br />
von Beize und Vogelwelt. <strong>Die</strong><br />
wissenschaftliche Genauigkeit und der<br />
hohe Informationsgehalt seiner Gedanken<br />
und der zugehörigen Illustrationen von<br />
wenigstens 500 Vögeln aus etwa 80 verschiedenen<br />
Arten beruht auf akribischer
Analyse von Quellen und dem Forscherdrang<br />
eines begeisterten Falkners.<br />
<strong>Die</strong> Jagd mit Falken lässt sich bis in<br />
die vorchristliche Zeit zurückverfolgen.<br />
Falken genossen im alten Ägypten göttliche<br />
Verehrung. Horas, der Königsgott,<br />
Soker, der Totengott, oder Month, der<br />
Kriegsgott, erfuhren falkenköpfige Darstellung.<br />
<strong>Die</strong> Auseinandersetzung mit arabischer<br />
Kultur im Kontext der Kreuzzüge<br />
gab der Falknerei neue Impulse. Friedrich<br />
II. kannte das antike und arabische Wissen<br />
und verband es mit eigener Erfahrung. Er<br />
beherrschte die langwierige Abrichtung<br />
<strong>des</strong> Beizvogels und lernte durch die<br />
Berufung von Falknern aus aller Welt an<br />
seinen Hof weiter hinzu. Während <strong>des</strong><br />
fünften Kreuzzuges 1228/29, auf dem er<br />
die kampflose Rückgabe Jerusalems an<br />
die Christen erreichte und sich selbst zum<br />
König von Jerusalem krönte, beobachtete<br />
der Enkel Friedrich Barbarossas und letzte<br />
Stauferkaiser bei arabischen Falknern<br />
den Gebrauch der Falkenhaube und begriff<br />
sofort die herausragende Bedeutung<br />
seiner Beobachtung für die Jagd und das<br />
Befinden der Vögel, denen das Zunähen<br />
der Augenlider in Zukunft erspart bleiben<br />
würde. Der nur mit einer Haube bedeckte<br />
Vogel kann vor dem Auswerfen auf das<br />
Wild abgehaubt werden und kehrt nach<br />
der Jagd, angelockt durch ein Fleischstück,<br />
das Zieget, auf die Faust seines<br />
Besitzers zurück. Friedrichs<br />
eigenes, um 1240 entstandenes<br />
Falkenbuch ist nicht mehr<br />
erhalten, wohl aber das nach<br />
seinem Vorbild entstandene<br />
Exemplar seines Sohnes Manfred,<br />
König von Sizilien in den<br />
Jahren 1258-66. Der Codex<br />
kann als unvollständig bezeichnet<br />
werden, erfasst er doch nur<br />
zwei der ursprünglich sechs<br />
Bücher zur Vogelkunde und<br />
-jagd. Während die Abbildung<br />
von Landschaft und Architektur<br />
den zeitgenössischen Stil<br />
dokumentiert und Personen<br />
nur peripher eine Rolle in der<br />
Darstellungskunst <strong>des</strong> Buchmalers<br />
gespielt haben und schematisch<br />
ausgeführt scheinen, sind die gezeigten<br />
Tätigkeiten, die Hand- und Fingerbewegungen<br />
der Falkner mit besonderer<br />
Aufmerksamkeit illustriert und präzise<br />
veranschaulicht - ganz nach der Intention<br />
<strong>des</strong> berühmten Autors.<br />
Das Falkenbuch Friedrichs II. ist<br />
auch eine Einführung in die Vogelkunde,<br />
die umfassendste mittelalterliche<br />
Zoologie der Vögel. <strong>Die</strong> bestechende<br />
Akkuratesse der Illustrationen wird ergänzt<br />
durch ihre narrative Qualität und<br />
eine fein nuancierte Farbgebung. De arte<br />
venandi cum avibus ist nicht nur eine für<br />
Falkner und Vogelkundler noch heute bedeutsame<br />
Informationsquelle, sondern ein<br />
durchgehend illuminiertes Meisterwerk<br />
der Buchmalerei.<br />
Süditalien<br />
um 1260<br />
13. Jahrhundert<br />
222 Seiten<br />
Format<br />
36 x 25 cm<br />
ca. 660 vogel-<br />
und jagdkundliche<br />
Darstellungen<br />
19
20<br />
Biblioteca Estense<br />
Universitaria,<br />
Modena<br />
Ms. Lat. 842<br />
= alfa. R.7.3<br />
14. Jahrhundert<br />
Limitierte Auflage:<br />
499 Exemplare<br />
deutscher<br />
Kommentarband:<br />
in Vorbereitung<br />
vorliegender<br />
Kommentarband<br />
(italienisch):<br />
Aurelio Aghemo<br />
(presentazione),<br />
Paola Di Pietro<br />
Lombardi,<br />
Giuseppa Z.<br />
Zanichelli,<br />
Milena Ricci,<br />
Angela Lusvarghi<br />
e Ivana Micheletti,<br />
Ernesto Milano,<br />
Roberto Bini<br />
Il Bulino<br />
Libro d‘ore di Modena<br />
Stundenbuch von Modena<br />
Unter der Regierung<br />
Gian Galeazzo<br />
Viscontis<br />
(1380-1402) erlebte<br />
Mailand eine wirtsch<br />
af tliche u nd<br />
kulturelle Blüte,<br />
die sich durch die<br />
ausgeprägte Bibliophilie <strong>des</strong> Fürsten<br />
auch in der Förderung von Meisterwerken<br />
der Buchmalerei niederschlug.<br />
Mit Gian Galeazzo leitete ein Mann die<br />
Geschicke <strong>des</strong> Fürstentums, der sich<br />
sowohl als strategisch denkender Diplomat<br />
erwies als auch zum freigiebigen<br />
Mäzen der Künste und Wissenschaften<br />
entwickelte. 1385 durch den Sturz <strong>des</strong><br />
eigenen Onkels in den alleinigen Besitz<br />
der bis dahin geteilten Macht gelangt<br />
und vom deutschen König Wenzel in<br />
den Rang eines erblichen Herzogs und<br />
Reichsfürsten erhoben, sicherte er sich<br />
durch rechtliche Garantien und effiziente<br />
Verwaltung die Loyalität seiner<br />
Untertanen.<br />
<strong>Die</strong> erfolgreiche Ausweitung der<br />
lan<strong>des</strong>fürstlichen Herrschaft und Würde<br />
fand symbolischen Ausdruck vor allem<br />
in der Errichtung <strong>des</strong> Doms zu Mailand.<br />
Verantwortlicher Dombaumeister war<br />
Giovannino de‘ Grassi, die herausragende<br />
Künstlerpersönlichkeit Ende <strong>des</strong><br />
14. Jahrhunderts am Hof der Visconti,<br />
genialer Architekt, Bildhauer und Maler,<br />
ein Wegbereiter der autonomen,<br />
die Vorgaben der Illustration überwin-<br />
denden Zeichnung.<br />
Aus seiner lombardischen<br />
Werkstatt<br />
stammt das Stundenbuch<br />
Ms Lat.<br />
842, das heute in<br />
der Biblioteca Estense<br />
Universitaria<br />
zu Modena verwahrt wird.<br />
Obwohl die in den Dekaden zwischen<br />
1380 und 1420 verbreitete Internationalität<br />
der höfischen Formsprache<br />
auch hier zu belegen ist, beeindruckt die<br />
Handschrift durch die elegante Linienführung<br />
<strong>des</strong> Miniaturisten, seine zarte<br />
Konturierung von Figürlichkeit sowie<br />
die farbkräftige und zugleich filigrane<br />
Ornamentik der Bildrahmungen und<br />
-hintergünde. Der sogenannte Meister<br />
<strong>des</strong> Stundenbuches von Modena<br />
war sehr wahrscheinlich Tomasino da
Vimercate, einer der bekannten Schüler<br />
Giovannino de‘ Grassis. <strong>Die</strong> Entstehung<br />
<strong>des</strong> Codex im Atelier de‘ Grassis ist trotz<br />
subjektiver Kongenialität <strong>des</strong> Schülers,<br />
<strong>des</strong>sen Individualität sich uns im Detail<br />
offenbart, in bestimmten Charakteristika<br />
erkennbar.<br />
So begegnen leuchtende Farben und<br />
wertvolle Schmuckelemente, ein teilweise<br />
naturalistischer Darstellungsstil und<br />
eine verblüffende maltechnische Raffinesse,<br />
wie sie für Miniaturmalerei und<br />
Dekorationskunst aus der angesehenen<br />
Werkstatt typisch sind. Besonders die<br />
Fol. 13r:<br />
Verkündigung<br />
von vegetabilen Bordüren umgebenen<br />
Illustrationen im Marienoffiz und die<br />
prachtvollen ganzseitigen Miniaturen<br />
in den Heiligensuffragien begeistern.<br />
Zwei dieser Miniaturen illustrieren<br />
im textlichen Rahmen der Fürbittgebete<br />
den Drachenkampf Georgs, <strong>des</strong> zum<br />
Vorbild der Ritterschaft erwachsenen<br />
Heiligen, <strong>des</strong> Soldaten Christi, einmal<br />
aufrecht stehend (Fol. 239r), dann auch<br />
zu Pferd (Fol. 240r, siehe Abb. Katalog<br />
S.1), beide Male im Kampf den Drachen<br />
mit der Lanze durchbohrend. Auffällig<br />
sind nicht nur der goldene Nimbus und<br />
das rote Georgskreuz, sondern auch<br />
der grünliche Drache, der sich - bereits<br />
tödlich getroffen - zu seinem Angreifer<br />
im Profil zurückwendet. Der Text preist<br />
den Heiligen als starken Kämpfer und<br />
Befreier der Königstochter und ruft Gott<br />
um Georgs Fürbitte an, dass er gegen<br />
sichtbare und unsichtbare Feinde helfen<br />
möge.<br />
Das Faksimilie schmückt ein rotsamtener<br />
Einband aus dem 16. Jahrhundert<br />
mit aufwändigen Stickereien, vorne die<br />
Büste der Jungfrau Maria, hinten das<br />
Wappen der venezianischen Familie<br />
Bembo, der damaligen Eigentümer der<br />
Handschrift, einer der ältesten Patrizi-<br />
Mailand<br />
1390<br />
14. Jahrhundert<br />
544 Seiten<br />
Format<br />
15,5 x 21,5 cm<br />
28 ganzseitige<br />
Miniaturen,<br />
15 Seiten mit<br />
vegetabilen<br />
Bordüren,<br />
21 Seiten mit<br />
Schmuckinitialen<br />
Einband:<br />
roter Samt mit<br />
goldenen,silbernen<br />
und farbigen<br />
Stickereien<br />
erfamilien Venedigs. Il Bulino<br />
21
22<br />
Bibliothèque<br />
Nationale, Paris<br />
Ms lat. 9471<br />
15. Jahrhundert<br />
Limitierte Auflage:<br />
995 Exemplare<br />
deutscher<br />
Kommentarband:<br />
Eberhard König<br />
Ayn<br />
Ediciones<br />
Gran<strong>des</strong> Heures de Rohan<br />
Stundenbuch von Rohan<br />
<strong>Die</strong> Exzeptionalität <strong>des</strong> Stundenbuchs<br />
von Rohan, eines mit Miniaturen auf allen<br />
Seiten grandios und wirkungsmächtig<br />
zugleich illuminierten Gebetbuches,<br />
zeigt sich insbesondere in seinen zwölf<br />
erhaltenen Vollminiaturen. In nahezu<br />
mystischer Expressivität werden Gefühle<br />
und Stimmungsbilder vermittelt. <strong>Die</strong>s<br />
geschieht durch den bewussten Einsatz intensiver<br />
Farbtöne, den individuellen Umgang<br />
mit Proportion und Bewegung sowie<br />
die kontrastierende, spannungsreiche<br />
Gegenüberstellung graziler und grober<br />
Figürlichkeit. Nicht die Perspektive, die<br />
keine Anpassung an die Wirklichkeit der<br />
Raumverhältnisse sucht, sondern die<br />
Leuchtkraft der Farben und die erzählende<br />
Szenerie erzeugen nachhaltige Eindrücklichkeit<br />
und dynamische Spannung.<br />
Der Miniaturist der Gran<strong>des</strong> Heures de<br />
Rohan verzichtet auf naturalistische Dar-<br />
Fol. 135r:<br />
Beweinung<br />
stellung und beschwört statt<strong>des</strong>sen durch<br />
eigenwillige und doch virtuose, meisterhafte,<br />
weil maltechnisch vollkommene<br />
Bewegungsmotivik in höchstem Maße<br />
Emotionalität und geistliche Inspiration.<br />
Um 1430-35 hat der Meister von<br />
Rohan, unter <strong>des</strong>sen verantwortlicher<br />
Leitung wenigstens drei weitere Buchmaler<br />
an der Fertigstellung der Handschrift<br />
beteiligt waren, das Stundenbuch<br />
konzipiert. Es entstand in einer, möglicherweise<br />
seiner Werkstatt in Paris oder<br />
Angers, vielleicht sogar an verschiedenen<br />
Sitzen der Werkstatt. Einflüsse der Gebrüder<br />
Limburg sowie <strong>des</strong> Bedford- und<br />
Boucicaut-Meisters waren für den Stil<br />
<strong>des</strong> Ateliers charakteristisch. Raffinierte<br />
Farbigkeit und expressive Plastizität der<br />
Figuren kennzeichnen die Virtuosität der<br />
dort tätigen Buchmaler, wenn auch das<br />
gleichfalls entwickelte naturalistische
Interesse kaum mit perspektivischer<br />
Genauigkeit korrespondiert. Das Atelier<br />
<strong>des</strong> Meisters von Rohan zählt dennoch<br />
wie <strong>des</strong>sen Inspiratoren zu den Wegbereitern<br />
flämischer Meister wie Jan<br />
van Eyck und Roger van der Weyden.<br />
Das Stundenbuch von Rohan wurde<br />
zum Meisterwerk eines herausragenden<br />
Künstlers der französischen Gotik, obgleich<br />
nur wenige Illustrationen seiner<br />
eigenen Hand zuweisbar sind. Zu diesen<br />
zählt die ganzseitige Darstellung der<br />
Beweinung im Kreuzoffizium auf Fol.<br />
135r. Der nimbierte Korpus <strong>des</strong> am<br />
Kreuz gestorbenen Jesus, bestimmt den<br />
Vordergrund der Illustration. Waagrecht<br />
positioniert, durchbricht das Bildnis <strong>des</strong><br />
Leichnams den Miniaturrahmen, ein<br />
stilistisches Mittel, das der Rohan-Meister<br />
auch bei der Abbildung <strong>des</strong> Kreuzes<br />
und der Gloriole Gottes anwendet. Dramatische<br />
Dynamik entsteht, die in der<br />
Bewegtheit <strong>des</strong> Bildhintergrun<strong>des</strong>, auf<br />
dem sich goldfarbene Lichtengel vor<br />
tiefblauem Firmament abzeichnen, und<br />
der Aufgewühltheit oder Ergriffenheit <strong>des</strong><br />
Johannes, Mariens und Gottvaters Entsprechung<br />
findet. <strong>Die</strong> Illustration der Beweinung<br />
ist eine der außergewöhnlichsten<br />
<strong>des</strong> gesamten Stundenbuchs. Der starre<br />
Leichnam <strong>des</strong> Gottessohns, die kraftlose<br />
Leidensversunkenheit Mariens, deren<br />
Trauer sie ihre Umwelt vergessen lässt,<br />
die sie stützende und dennoch vorwurfsvoll<br />
zu Gott zurückgewandte Haltung <strong>des</strong><br />
Johannes sowie - in rechter oberer Miniaturhälfte<br />
- das überdimensionale Bildnis<br />
<strong>des</strong> vom Tod <strong>des</strong> eigenen Sohns betroffenen<br />
Gottvaters stellen Bildelemente dar,<br />
deren Wiedergabe von Leidensintensität<br />
die außergewöhnlichen Fähigkeiten <strong>des</strong><br />
Rohan-Meisters dokumentiert. <strong>Die</strong> nahezu<br />
geometrische Komposition der Figuren<br />
findet ihren Mittelpunkt in der Zweiheit<br />
der Profildarstellungen <strong>des</strong> Johannes und<br />
Mariens. Sprachlos trauernd wenden sich<br />
beide in entgegengesetzte Richtungen und<br />
bilden doch eine Einheit <strong>des</strong> stillen Entsetzens<br />
angesichts der unerforschlichen<br />
Wege Gottes.<br />
Fol. 29v: Gott und Moses im Gespräch<br />
Das Stundenbuch von Rohan entstand<br />
im Auftrag <strong>des</strong> Hauses Anjou. Spiegeln<br />
die dramatischen Bilder auch die bitteren<br />
Erfahrungen der Niederlagen <strong>des</strong> französischen<br />
Heeres gegen die Engländer nach<br />
1415? Zunächst die englische Invasion,<br />
die Einnahme von Harfleur und der englische<br />
Sieg bei Azincourt, sodann der<br />
englische Seesieg 1416 und die Besetzung<br />
großer Teile der Normandie ab 1417. In<br />
der geheimnisvollen Jeanne d‘Arc hatte<br />
der französische Widerstand gleichwohl<br />
eine Symbolfigur gefunden. Anjou, das<br />
Herzogtum mit der Hauptstadt Angers,<br />
verlor 1417 seinen Regenten, Ludwig II.,<br />
einen gebildeten und bibliophilen Fürsten.<br />
Für <strong>des</strong>sen Frau Yolanthe, Infantin von<br />
Aragón und nach dem Tod ihres Mannes<br />
als Herzoginwitwe Regentin <strong>des</strong> Hauses<br />
Anjou, oder einen ihrer Söhne, Ludwig<br />
III. oder René, schufen die Buchmaler aus<br />
der angesehenen Werkstatt <strong>des</strong> Meisters<br />
von Rohan das beeindruckende Stundenbuch,<br />
das - erst nachträglich in den Besitz<br />
der Familie Rohan gelangt - ebenso treffend<br />
Stundenbuch Yolanthes von Aragón<br />
hätte genannt werden können.<br />
Paris /Angers<br />
1430-35<br />
15. Jahrhundert<br />
478 Seiten<br />
Format<br />
29 x 21 cm<br />
23<br />
12 ganzseitige,<br />
54 halbseitige<br />
Miniaturen,<br />
kleinere Miniaturen<br />
auf allen Seiten<br />
Einband:<br />
Leder auf Holz<br />
aufgezogen<br />
Ayn<br />
Ediciones
24 Isabel-Codex<br />
Stundenbuch der Isabel la Católica<br />
Biblioteca del<br />
Palacio Real<br />
Madrid<br />
15. Jahrhundert<br />
Limitierte Auflage:<br />
980 Exemplare<br />
exklusiv bei<br />
<strong>Bibliotheca</strong> <strong>Rara</strong>:<br />
deutscher<br />
Kommentarband:<br />
Gregory Clark<br />
2 Einbandarten:<br />
Dekor-Version<br />
Mudéjar-Version<br />
Im engeren Sinne bezeichnet man<br />
mit Stundenbuch oder „Libro de Horas“<br />
ein Gebetbuch für Laien. Ein solches<br />
Buch war das Hochzeitsgeschenk der<br />
Stadt Saragossa an Isabel la Católica.<br />
Ursprünglich für Königin Juana Enriquez<br />
von Navarra und Aragón geschaffen,<br />
besticht dieser Codex nicht nur durch die<br />
Schönheit seiner Ikonographie, sondern<br />
auch mit seiner ungewöhnlichen Textfülle.<br />
Er zählt zu den Meisterwerken der<br />
sog. flämischen Schule und gilt als ein<br />
Hauptwerk der Werkstatt von Willem<br />
Vrelant, einem der angesehensten Miniatoren<br />
der flämischen Buchmalerei. Seine<br />
72 goldgeschmückten Miniaturen sind<br />
ein Beweis für den Reichtum und das<br />
Prestige, die sich mit dem Besitz solcher<br />
Handschriften verbanden. Das Stundenbuch<br />
der Isabel la Católica ist heute eines<br />
der Schmuckstücke der Bibliothek <strong>des</strong><br />
Königspalastes von Madrid.<br />
Als Erzbischof Carillo 1469 Isabel<br />
von Kastilien und Fernando von Arago-<br />
nien fast heimlich in Valladolid traut, ist<br />
der Affront gegen Isabels Halbbruder und<br />
König perfekt. Hier wird nicht nur die<br />
Vereinigung zweier Kronen eingeläutet,<br />
sondern auch die Geburt Spaniens, die<br />
Einigung der verschiedenen Königreiche<br />
auf spanischem Territorium unter der kastilischen<br />
Krone. Prinz Fernando bringt<br />
aus Saragossa von seiner Mutter Juana ein<br />
Buch mit in die Ehe, ein „Libro de Horas“<br />
ohnegleichen, das ob der Vielzahl seiner<br />
Illustrationen und <strong>des</strong> Umfanges seiner<br />
liturgischen Texte wie ein doppeltes<br />
Stundenbuch wirkt.
Fol. 27v:<br />
Mariens<br />
Tempelgang<br />
Brügge<br />
um 1455<br />
15. Jahrhundert<br />
732 Seiten<br />
Format<br />
20,5 x 13,8 cm<br />
72 Miniaturen,<br />
24 Kalenderbilder<br />
25
26 Mazarine Bibel<br />
<strong>Die</strong> 42-zeilige Gutenberg Bibel<br />
Mainz<br />
1454-56<br />
Bibliothéque<br />
Mazarine, Paris<br />
Ms Inc. 1<br />
15. Jahrhundert<br />
Limitierte Auflage:<br />
250 Exemplare,<br />
davon 25 Exemplare<br />
im Originaleinband<br />
deutscher<br />
Kommentarband:<br />
Christian Galantaris<br />
mit Beiträgen von<br />
Pierre Gasnault und<br />
Eberhard König<br />
1284 Seiten<br />
Format<br />
40,5 x 30,5 cm<br />
300 Jahre nach der Erfindung Gutenbergs<br />
entdeckte der Pariser Bibliograph<br />
und Buchhändler Guillaume-François<br />
de Bure 1763 in der Sammlung <strong>des</strong> Kardinals<br />
Mazarin (1602-61) das erste mit<br />
beweglichen Lettern gedruckte Buch,<br />
die 42-zeilige Gutenberg-Bibel, wieder.<br />
Nur 48 Originale der Gutenberg-Bibel<br />
sind heute nachweisbar. Das Exemplar<br />
der Bibliothéque Mazarine, an dem die<br />
Inkunabelkunde zuerst erkannte, das<br />
es sich um Gutenbergs Werk handelt,<br />
ist vollständig erhalten und in einem<br />
hervorragenden Zustand. Es besteht aus<br />
zwei Bänden von 648 und 636 Seiten,<br />
zweispaltig gesetzt auf elfenbeinartigem<br />
Papier. <strong>Die</strong> fertigen Bögen wurden entsprechend<br />
den Wünschen <strong>des</strong> Käufers<br />
durch Rubrizierungen und Miniaturen<br />
verschönert, gebunden und mit einem<br />
schützenden Einband versehen. Das Exemplar<br />
weist zahlreiche gemalte Initialen<br />
auf. Insbesondere verfügt es über in blau<br />
und rot gehaltene Initialen am Anfang der<br />
Kapitel, welche noch in Mainz ausgeführt<br />
worden sind (Mainzer Kalligrafie). Auf<br />
einigen Seiten sieht man eine per Hand<br />
eingefügte Korrektur, wohl von einem<br />
Helfer Gutenbergs, die sich auf die Nummerierung<br />
der Seiten bezieht.<br />
Von der 42-zeiligen Gutenberg-Bibel<br />
gibt es nur 4 hochwertige Faksimile-<br />
Ausgaben: von den Exemplaren in<br />
Berlin und dem spanischen Burgos, von<br />
der Pelplin-Bibel in Polen und der hier<br />
vorgestellten Mazarine-Bibel. Für deren<br />
Wiedergabe wurde das Original Seite für<br />
Seite mit Hilfe einer Linhof Technikardan<br />
9 x12 abgelichtet, jede Initiale gesondert.<br />
Ausgehend von den Fotografien wurden<br />
Zinkklischees hergestellt, die dann als<br />
Druckform für den Buchdruck (Hochdruck)<br />
<strong>des</strong> schwarzen Textes dienten. Von<br />
diesen Fotografien wurden auch dreifarbige<br />
Offsetfilme gezogen, die für die<br />
Positionierung der handgemalten Initialen<br />
benutzt wurden. Das Papier für dieses<br />
Faksimile ist eine Spezialherstellung<br />
durch die Papeteries de Lana im Elsaß.<br />
Es handelt sich um rein hadernhaltiges<br />
160g/m 2 -Papier; die Wasserzeichen <strong>des</strong><br />
Originalpapiers, der Ochsenkopf, zweierlei<br />
Arten der Weintraube und der laufende<br />
Stier, sind detailgetreu wiedergegeben.
Publius Vergilius Maro<br />
Bucolica. Georgica. Aeneis<br />
Publius Vergilius Maro, kurz Vergil,<br />
wurde 70 v. Chr. in An<strong>des</strong> bei Mantua als<br />
Sohn einer wohlhabenden Bauernfamilie<br />
geboren. Seine erste Ausbildung erhielt er<br />
in Cremona und Mailand. Anschließend<br />
ging er nach Rom, wo er überwiegend<br />
Rhetorik, aber auch Philosophie bei<br />
dem Epikureer Siron studierte. Ermutigt<br />
von Caius Cilnius Maecenas, in <strong>des</strong>sen<br />
Dichterkreis er von Varius eingeführt<br />
wurde, schrieb er ein Gedicht über den<br />
Ackerbau, die Georgica, für das er sieben<br />
Jahre brauchte und das er seinem Mentor<br />
Maecenas widmete.<br />
Um sein großartiges Heldenepos, die<br />
Aeneis, das er in Neapel begonnen hatte,<br />
zu vollenden, unternahm er eine Studienfahrt<br />
nach Griechenland und Kleinasien.<br />
Auf der Rückreise mit dem Schiff wurde<br />
er krank und verstarb 19 v. Chr. in Brindisi.<br />
Von den unter seinem Namen überlieferten<br />
Werken sind die Eclogae oder<br />
Bucolica, die Georgica und die Aeneis die<br />
einzigen Texte, deren Echtheit unumstritten<br />
ist. <strong>Die</strong> Bucolica, die von Theokrits<br />
Werk Eidyllia inspiriert wurden, bestehen<br />
aus zehn kurzen Gedichten, wobei nur<br />
zwei mehr als hundert Verse haben. All<br />
diese zeichnen sich mit Ausnahme <strong>des</strong><br />
vierten Gedichtes durch ihren idyllischbukolischen<br />
Charakter aus.<br />
<strong>Die</strong> Georgica, ein Werk von nicht zu<br />
übertreffender Schönheit, hatte zum Ziel,<br />
dem Herrscher Augustus dabei zu helfen,<br />
eine Rückbesinnung auf die Kräfte der<br />
Natur zu fördern. Sie ist in vier Bücher<br />
unterteilt: Im ersten Buch behandelt<br />
Vergil den Ackerbau und schließt einen<br />
Landsmannkalender und die Witterungszeichen<br />
ein, im zweiten wird die Baumzucht,<br />
vor allem der Weinbau dargestellt,<br />
im dritten die Viehzucht und im vierten<br />
die Apikultur: die Bienenzucht.<br />
Vergil jedoch verdankt seine Unsterblichkeit<br />
der Aeneis, deren Abfassung er<br />
die letzten elf Jahre seines Lebens wid-<br />
mete. Das aus 12 Büchern bestehende<br />
Heldenepos über den Untergang Trojas,<br />
die Irrfahrten <strong>des</strong> Aeneas und die end-<br />
gültige Ansiedlung einer trojanischen<br />
Kolonie in Latium ist der umfangreichs-<br />
te Text auf den 552 Seiten der Pergament-<br />
Handschrift.<br />
Acht prominente Maler schmückten<br />
die Fassung von Vergils Opera mit 38<br />
Miniaturen, goldverziert, ein gleichsam<br />
geheimnisvoller Spiegel der künstlerischen<br />
Strömungen dieser Zeit.<br />
Rom/Neapel<br />
um 1460<br />
Biblioteca General<br />
e Histórica de la<br />
Universidad de<br />
Valencia<br />
Ms 837<br />
15. Jahrhundert<br />
Limitierte Auflage:<br />
1380 Exemplare<br />
exklusiv bei<br />
<strong>Bibliotheca</strong> <strong>Rara</strong>:<br />
deutscher<br />
Kommentarband:<br />
Antonie Wlosok<br />
27<br />
Dokumentationsmappe<br />
mit<br />
2 Faksimile-Blättern<br />
552 Seiten<br />
Format<br />
31,5 x 22,2 cm<br />
38 Miniaturen,<br />
davon 11 ganzseitig
28<br />
Brügge<br />
um 1465-1470<br />
Biblioteca<br />
Nacional, Madrid<br />
Ms Vitr. 24-2<br />
15. Jahrhundert<br />
Limitierte Auflage:<br />
500 Exemplare<br />
exklusiv bei<br />
<strong>Bibliotheca</strong> <strong>Rara</strong>:<br />
deutscher<br />
Kommentarband<br />
(in Vorbereitung):<br />
Claus Weinert<br />
404 Seiten<br />
Format<br />
19 x 13 cm<br />
78 Miniaturen<br />
Vrelant-Stundenbuch<br />
„Libro de Horas“ der Leonor de la Vega<br />
<strong>Die</strong> flämisch-burgundische Buchmalerei<br />
erlebte ihre Blütezeit unter dem<br />
Patronat der kunstsinnigen burgundischen<br />
Herzöge Philipps <strong>des</strong> Guten und Karls <strong>des</strong><br />
Kühnen zwischen den Jahren 1440/45<br />
und 1475. Philipp der Gute versammelte<br />
die bedeutendsten Buchmaler der Zeit an<br />
seinem Hof in Brügge. Eine große und<br />
außerordentlich produktive Werkstatt<br />
unterhielt auch Willem Vrelant, der 1456<br />
das Bürgerrecht von Brügge erwarb und<br />
dort später die Miniaturisten- und Illustratorengilde<br />
begründete. Der 1410 im<br />
holländischen Utrecht geborene Vrelant,<br />
ein nüchterner Meister der Buchmalerei,<br />
bekannt für seine saubere und sorgfältige<br />
Arbeit, eine sonore Farbgebung,<br />
ausdrucksstarke zeichnerische Konturierungen<br />
und Grisaillemalerei, schuf vor<br />
allem Gebetbücher auf hohem Niveau.<br />
1481/82 starb der erfolgreiche Miniaturist<br />
in Brügge.<br />
Handschriften aus dem Kreise seiner<br />
Werkstatt sind häufig und es ist mitunter<br />
nicht sicher, ob nicht das Werk eines<br />
Nachfolgers dabei ist. Zu Vrelants Vorlieben<br />
zählten verschwenderisch mit Akanthusblättern<br />
und Drolerien geschmückte<br />
Rahmen. Sehr häufig verwendete Vrelant<br />
in den Bordüren seiner Miniaturen und<br />
Textseiten auch eine tiefblaue Ranke, auf<br />
deren Mittelrippe weiße Pünktchen ein-<br />
gefügt sind. So ist das Stundenbuch von<br />
1465/70 eine typische Arbeit aus Vrelants<br />
Werkstatt, die es neben seinen wichtigsten<br />
Handschriften, wie dem Stundenbuch der<br />
Isabel la Católica, zu entdecken lohnt.<br />
Vrelants Stilistik verknüpft Anregungen<br />
<strong>des</strong> Brügger Milieus mit kompositionellen<br />
Kenntnissen aus der holländischen<br />
Schule, wo im Umkreis <strong>des</strong> Meisters der<br />
Katharina von Kleve Vrelants Ausbildung<br />
zum Buchmaler stattfand. Neben Vorlagen<br />
aus der Werkstatt <strong>des</strong> Boucicaut Meisters,<br />
eines herausragenden, auf die perspektivisch<br />
richtige Darstellung von Menschen<br />
und Räumen spezialisierten Tafel- und<br />
Buchmalers, inspirierten Vrelant vor<br />
allem die Kunstwerke Jan van Eycks, der<br />
ab 1430/31 als Hof- und Stadtmaler in<br />
Brügge tätig war. Van Eycks Vorliebe für<br />
Details, seine Freude an lichtdurchfluteten<br />
Innenräumen und sich in die Ferne dehnenden<br />
Landschaften lassen sich auch bei<br />
Vrelant bemerken.<br />
1498 sandte Bischof Ramirez de<br />
Villescusa de Haro den Codex an den Marquis<br />
von Santillana, Vater <strong>des</strong> Garcilaso.<br />
Garcilaso de la Vega, spanischer Feldherr<br />
und Dichter, fiel 1536 beim Angriff auf die<br />
Festung Le Muy in Frankreich. So erhielt<br />
seine Schwester, Doña Leonor de la Vega,<br />
das wertvolle Stundenbuch, das sich mit<br />
ihrem Namen verband.
Das Lehrbuch für Maximilian I.<br />
Lesen und Schreiben, Latein, vor<br />
allem auch die Vermittlung <strong>des</strong> Ideals<br />
eines christlichen Lebens - das waren die<br />
zentralen Inhalte der mittelalterlichen Erziehung<br />
und Bildung. Am Beginn <strong>des</strong> Unterrichts<br />
standen das ABC, die wichtigsten<br />
Gebete der Katholischen Kirche sowie<br />
Verse und Sprüche berühmter Autoren,<br />
die, auswendig gelernt, den Grundstock<br />
für eine lateinische Phraseologie bildeten.<br />
<strong>Die</strong>ser Lehrplan galt für bürgerliche<br />
Schulen, hatte aber auch für den Privatunterricht,<br />
der Kindern aus adeligen Kreisen<br />
zuteil wurde, Gültigkeit.<br />
Der elementare Lehrstoff wurde üblicherweise<br />
auf einfachen Wandtafeln,<br />
faltbaren Pergament- oder Papiertafeln<br />
oder in nicht illustrierten Gebrauchshandschriften<br />
dargeboten. Daneben<br />
gab es auch reich mit Miniaturen ausgeschmückte<br />
Lehrbücher, die jedoch<br />
nur Prinzen oder jungen Königen vorbehalten<br />
waren und dementsprechend<br />
selten sind.<br />
Umso wertvoller ist jenes Abecedarium,<br />
das prächtig ausgestattet und<br />
zusätzlich noch mit einem berühmten<br />
Namen verbunden ist, mit Kaiser Maximilian<br />
I.. Es ist das erste Lehrbuch,<br />
das Maximilian als Siebenjähriger in<br />
die Hand bekam. Aus ihm lernte er das<br />
Alphabet, das Paternoster, Ave Maria und<br />
andere Gebete so wie Merkverse. In einigen<br />
der farbenfrohen, mit aufwändigem<br />
Gold ausgeführten Miniaturen tritt der<br />
Kaisersohn selbst auf: In der Initiale zum<br />
Vaterunser sehen wir ihn neben seinem<br />
ersten Lehrer Jakob von Fladnitz, wie<br />
er aus einem Codex buchstabiert. Einen<br />
weiteren Bezug zum Benützer stellen die<br />
beiden Wappen der Eltern Maximilians,<br />
Kaiser Friedrichs III. und Eleonores von<br />
Portugal, auf der ersten Textseite her.<br />
Für einen stan<strong>des</strong>gemäßen Unterricht<br />
seines Sohnes bemühte sich Friedrich<br />
III. um wertvolle Schulbücher, für deren<br />
Kosten der Hof nicht selbst aufkommen<br />
wollte. Im reichen Wiener Bürger<br />
Stephan Heuner wurde schließlich ein<br />
Mäzen gefunden, der neben dem Codex<br />
2368 zwei weitere Handschriften für<br />
Maximilian herstellen ließ.<br />
Eines künftigen Kaisers würdig ist<br />
die Ausstattung <strong>des</strong> Lehrbuches für<br />
Maximilian I.. Insgesamt 14 Deckfarbenminiaturen,<br />
in Initialbuchstaben eingeschriebene<br />
Genreszenen und religiöse<br />
Darstellungen, stehen am Beginn je<strong>des</strong><br />
einzelnen Textabschnitts. <strong>Die</strong> erlesene<br />
Wirkung dieser kleinen Kunstwerke wird<br />
verstärkt durch kostbare, mit Ziselierungen<br />
und Punzen geschmückte Partien<br />
aus poliertem Blattgold, mit denen die<br />
Buchstabenkörper hinterlegt sind.<br />
Wien<br />
1466<br />
Österreichische<br />
Nationalbibliothek<br />
Wien, Cod. 2368<br />
15. Jahrhundert<br />
Limitierte Auflage:<br />
480 Exemplare,<br />
davon 50 als<br />
Echtgoldausgabe<br />
deutscher<br />
Kommentarband:<br />
Karl-Georg<br />
Pfändtner,<br />
Alois Haidinger<br />
54 Seiten<br />
Format<br />
28,4 x 21,4 cm<br />
14 Miniaturren<br />
Codices selecti<br />
Vol. CIX<br />
29
30 Stundenbuch von Rouen N.S.<br />
Rouen<br />
1475<br />
Biblioteca Nacional<br />
de Lisboa<br />
Ms Il 42<br />
15. Jahrhundert<br />
Limitierte Auflage:<br />
980 Exemplare<br />
exklusiv bei<br />
<strong>Bibliotheca</strong> <strong>Rara</strong>:<br />
deutscher<br />
Kommentarband:<br />
Claus Weinert<br />
142 Seiten<br />
Format<br />
20,5 x 14,5 cm<br />
29 ganzseitige<br />
Miniaturen<br />
Aus der Schule von Rouen sind<br />
hervorragende Livre d´Heures erhalten,<br />
unter denen der Codex de Lisboa wegen<br />
seiner Zuschreibung an den Maitre de<br />
l´Echevinage (den „Magistratsmeister“)<br />
einen besonderen Rang einnimmt. Zudem<br />
stammt die marianische Handschrift aus<br />
der reichen Sammlung Don Franciscos de<br />
Melo Manuel, aus der auch zwei andere<br />
Stundenbücher mit goldverzierten Miniaturen<br />
von James Marrow, Princeton,<br />
als typische Rouenais-Werke bewertet<br />
werden. Der Maitre de l´Echevinage de<br />
Rouen, auch bekannt unter dem Namen<br />
Maitre de Genève Litini nach Brunetto<br />
Latinis Letrésor in Genf, war ein äußerst<br />
kreativer Buchmaler, der zwischen 1450<br />
und 1480 in der Hauptstadt <strong>des</strong> Departements<br />
Seine-Maritime nachweisbar ist.<br />
Das Stundenbuch von Rouen besitzt<br />
alle Merkmale der goldenen Zeit<br />
der französischen Miniaturillustration,<br />
sichtbar in der Bearbeitung von<br />
Landschaften, Perspektive, Licht und<br />
Farbe der Bekleidung der Personen, in<br />
der das Gold bestimmte Einzelheiten<br />
hervorhebt und als Grundfarbe für die<br />
Seitenborte dient.
Francesco Petrarcas Trionfi<br />
Am Karfreitag 1327 begegnete der<br />
junge Francesco Petrarca (1304-74) in<br />
der Kirche Sainte Claire in Avignon der<br />
verheirateten Laura, seiner lebenslangen<br />
platonischen Liebe und Leitfigur seiner<br />
Dichtungen, der lyrischen Gedichte <strong>des</strong><br />
Canzoniere (Lieder) und der allegorischen<br />
der Trionfi (Triumphe).<br />
Aus ökonomischen Erwägungen nach<br />
Erhalt der niederen Weihen als Weltgeistlicher<br />
im <strong>Die</strong>nste <strong>des</strong> Kardinals Giovanni<br />
Colonna tätig, begann Petrarca damit,<br />
sich intensiv der Wissenschaft und der<br />
Poesie zu widmen. Trionfi - das ist der<br />
berühmte poetische Zyklus einer allegorischen<br />
Reise aus der Zeit zur Ewigkeit,<br />
geführt von Laura, der „unnahbaren“<br />
Geliebten, die Petrarca zufolge 1348<br />
der Pest erlag. Trionfi, die vom Geist<br />
der Antike getragene Lobpreisung der<br />
Triumphe <strong>des</strong> Göttlichen, entstand nach<br />
1352, vielleicht noch in Avignon, der<br />
Stadt, in der Petrarca für längere Zeit am<br />
Papsthof gelebt hatte, die er aber 1353 für<br />
immer verließ.<br />
Dem Askanierfürsten Ludwig gelang<br />
1628 eine kongeniale Übertragung <strong>des</strong><br />
Textes, deren Wiederentdeckung im<br />
Zentrum dieser Edition steht. Ludwig<br />
Fürst von Anhalt-Köthen (1579-1650)<br />
unterhielt seinen Hof nach dem Vorbild<br />
Cosimos II. de´Medici. Er war Politiker,<br />
Diplomat und exzellenter Kenner der<br />
italienischen Sprache und Literatur.<br />
Der Codex stammt aus der Biblio-<br />
thek <strong>des</strong> römischen Kardinals Zelada.<br />
Nach der Besetzung <strong>des</strong> Kirchenstaates<br />
durch Frankreich und seiner Verbannung<br />
stiftete Zelada seine Büchersammlung<br />
der Biblioteca de la Catedral, Toledo.<br />
Von dort gelangte der Codex 1869 in die<br />
Biblioteca Nacional Madrid.<br />
Florenz<br />
um 1480<br />
15. Jahrhundert<br />
31<br />
Biblioteca Nacional,<br />
Madrid<br />
Ms Vitr. 22-4<br />
Vergriffen<br />
Antiquarisch auf<br />
Anfrage erhältlich<br />
Limitierte Auflage:<br />
1380 Exemplare<br />
deutscher<br />
Kommentarband:<br />
Elisa Ruiz,<br />
Robert Hilgers<br />
und die deutsche<br />
Übersetzung der<br />
Trionfi Petrarcas<br />
von Ludwig I.,<br />
Fürst von Anhalt-<br />
Köthen (1643)<br />
176 Seiten<br />
Format<br />
11,5 x 7,5 cm<br />
7 ganzseitige<br />
Miniaturen
32 Das Berliner Stundenbuch<br />
Brügge<br />
um 1480<br />
Kupferstichkabinett<br />
der Staatlichen<br />
Museen zu Berlin<br />
Preußischer Kulturbesitz<br />
Ms 78 B 12<br />
Limitierte Auflage:<br />
980 Exemplare<br />
deutscher<br />
Kommentarband:<br />
Eberhard König,<br />
Bodo Brinkmann,<br />
Fedja Anzelewsky,<br />
Frauke Steenbock<br />
Dokumentationsmappe<br />
mit<br />
2 Faksimile-<br />
Doppelblättern<br />
726 Seiten<br />
Format<br />
10,3 x 7 cm<br />
27 ganzseitige<br />
Miniaturen,<br />
11 größere<br />
Miniaturen über<br />
wenigen Textzeilen,<br />
36 Kleinbilder im Text,<br />
16 Ornamentseiten<br />
CORON/FVL<br />
15. Jahrhundert<br />
der Maria von Burgund und Kaiser Maximilians I.<br />
<strong>Die</strong> Verbindung der Häuser Habsburg<br />
und Burgund durch die Heirat zwischen<br />
Maria von Burgund, der einzigen Tochter<br />
und Erbin Karls <strong>des</strong> Kühnen, und dem<br />
Sohn Kaiser Friedrichs III., Maximilian,<br />
war trotz dahinter stehender politischer<br />
Erwägungen ein romantisch-idyllisches<br />
Intermezzo und führte zu persönlichem<br />
Liebes- und Familienglück.<br />
Im Zuge dieser Verbindung aus dem<br />
Jahre 1477 entstand eine der schönsten<br />
Bilderhandschriften <strong>des</strong> burgundischen Fürstenhauses:<br />
Das Berliner Stundenbuch der<br />
Maria von Burgund und Kaiser Maximilians.<br />
Obwohl vom Format her ein kleines<br />
Werk, ist es doch überaus reich bebildert.<br />
Alle Miniaturen umgibt farbiger Bordürenschmuck,<br />
der in unerschöpflicher<br />
Phantasie Ornament und Naturbeobachtung<br />
verbindet, sodass aus Akanthus und<br />
Blumen, Schmetterlingen und Früchten<br />
sowie den Initialen von Maria und Maximilian<br />
eine unvergleichliche Pracht<br />
entsteht. <strong>Die</strong>se in viele Bordüren eingestreuten<br />
Initialen sowie die eingefügten<br />
Wappen lassen keinen Zweifel daran, dass<br />
die beiden den kleinen Band besaßen. Ein<br />
weiterer Beweis ist ein von Maximilian<br />
eingefügtes Autograph, mit dem er das<br />
Stundenbuch nach dem frühen Tod Marias<br />
ihrer gemeinsamen Tochter Margarete<br />
widmete.<br />
Fols. 114v/115r:<br />
Gefangennahme / Heimsuchung<br />
Der Codex gehört zu den frühesten<br />
Zeugnissen eines Stils, der die Spätzeit der<br />
burgundischen Buchmalerei bis weit in<br />
das 16. Jahrhundert hinein prägen sollte.<br />
Mit plastischer Blumenpracht umgeben<br />
diese Bordüren ungemein detailreich<br />
gestaltete Bildfelder mit ihren minutiösen<br />
Darstellungen aus Bibel und Heiligengeschichte.<br />
<strong>Die</strong> Blicke, welche der Maler<br />
dort gewährt, sind ebenso ungewohnt wie<br />
die Bordüren. Er erschließt Innenräume<br />
und weite Landschaften und tritt mit den<br />
besten Tafelmalern seiner Zeit in einen<br />
Wettstreit, bei dem die Buchkunst nicht<br />
selten triumphiert, zumal in Handschriften<br />
aufbewahrte Miniaturen sehr viel strahlender<br />
erhalten sind als Gemälde.<br />
Mehr als eine Generation später hielt<br />
sogar der große Simon Bening so manche<br />
Bildidee aus dem Stundenbuch für gültig.<br />
Epochal hatte sich in diesen zarten Bildern<br />
der Blick für die vertrauten Geschichten<br />
gewandelt, die Buchmaler seit langem<br />
zu wiederholen gewohnt waren. Packend<br />
werden die Szenen geschildert, drastisch,<br />
wenn es um Passion und Martyrium geht,<br />
lyrisch, wenn der Kindheit Jesu und der<br />
Muttergottes gedacht wird. <strong>Die</strong> Miniaturen<br />
im Berliner Stundenbuch gehören zu den<br />
herausragendsten Beispielen einer Buchkunst,<br />
die auch im kleinen Format die Welt<br />
perfekt einzufangen versteht.
Liber Precum<br />
Andachtsbuch<br />
Foll. 5v/6r: <strong>Die</strong> Miniatur der Verkündigung an Maria stimmt<br />
den Betrachter bildlich auf den unmittelbar folgenden Text ein:<br />
ein von einem kunstvollen Ornament gerahmtes Gebet zur Gottesmutter<br />
Mit der Faksimilierung <strong>des</strong> St. Petersburger<br />
Liber Precum tritt ein bisher<br />
kaum bekanntes Meisterwerk der hochgotischen<br />
Buchmalerei endlich ins Blickfeld<br />
von Sammlern und Wissenschaftlern.<br />
Das hervorstechendste Merkmal<br />
dieses Gebetbuches ist der wegen seines<br />
Umfangs, seiner Erzähldichte und seiner<br />
künstlerischen Qualität einzigartige<br />
Bilderzyklus, der den faksimilierten<br />
ersten Teil der Handschrift, Fols. 1-99,<br />
eine Folge von Gebeten zur Vita Christi<br />
und eine Litanei, begleitet. Mit seinen<br />
41 ganzseitigen Miniaturen stellt er<br />
die vollständigste und ikonographisch<br />
reichste Illustrationsfolge zum Leben und<br />
Leiden Jesu dar, die aus dieser Epoche<br />
erhalten ist.<br />
Der inhaltlichen Bedeutung der Handschrift<br />
als Andachtsbuch entspricht der<br />
Grundtenor ihrer Bilder, deren Hauptakzent<br />
auf der Vermittlung der unterschiedlichsten<br />
Stimmungen liegt. Dynamische<br />
Figuren, die durch eine überaus beredte<br />
Gestik und Mimik und eine innere<br />
Spannung miteinander verbunden sind,<br />
atmosphärische Landschaften und eine<br />
subtile Farbgebung - das sind die bildbestimmenden<br />
Elemente, die den besonderen<br />
Reiz der Miniaturen ausmachen und<br />
den Illuminator als einen Meister seines<br />
Faches ausweisen.<br />
<strong>Die</strong>ser Künstler gehörte in der zwei-<br />
ten Hälfte <strong>des</strong> 15. Jahrhunderts zu den<br />
führenden Protagonisten der Kölner Malschule,<br />
einer der bedeutendsten Malschulen<br />
der Epoche. Sein umfangreiches<br />
Œuvre umfasst neben Handschriften auch<br />
zahlreiche Tafelbilder, die zeigen, dass er<br />
die große Form ebenso virtuos beherrscht,<br />
wie die kleine. Nichts könnte die Stellung<br />
unserer Handschrift im Gesamtwerk<br />
dieses Künstlers deutlicher belegen als<br />
die Tatsache, dass sie namengebend für<br />
ihren Schöpfer geworden ist.<br />
Mit „seinem“ Gebetbuch hat der<br />
„Meister <strong>des</strong> St. Petersburger Liber precum“<br />
ein Spitzenwerk geschaffen, das<br />
die große Variationsbreite der spätmittelalterlichen<br />
Buchmalerei in Deutschland<br />
um eine weitere Facette zu bereichern<br />
vermag.<br />
Köln<br />
um 1480/90<br />
33<br />
Russische<br />
Nationalbibliothek,<br />
St. Petersburg<br />
Ms. lat. O. v. I. 206<br />
15. Jahrhundert<br />
Limitierte Auflage:<br />
580 Exemplare<br />
deutscher<br />
Kommentarband:<br />
James Marrow,<br />
Margarita Logutova<br />
198 Seiten<br />
Format<br />
13,1 x 9,3 cm<br />
41 ganzseitige<br />
Miniaturen<br />
Codices selecti<br />
Vol. CVIII
34 Das Stundenbuch <strong>des</strong><br />
Pico della Mirandola<br />
Norditalien<br />
um 1499<br />
British Library,<br />
London<br />
Ms Add 50002<br />
15. Jahrhundert<br />
Limitierte Auflage:<br />
1495 Exemplare<br />
deutscher<br />
Kommentarband:<br />
Ulrike Bauer-Eberhardt,<br />
Christopher de Hamel<br />
230 Seiten<br />
Format<br />
16,5 x 11 cm<br />
Kalender mit<br />
Monats- und<br />
Tierkreisbildern,<br />
4 ganzseitige<br />
und 7 kleine<br />
Miniaturen,<br />
6 Initialen mit szenischen<br />
Darstellungen,<br />
85 Initialbuchstaben<br />
vor Landschaften,<br />
37 Initialbuchstaben<br />
mit großflächigen<br />
Ornamenten<br />
CORON<br />
Kein Stundenbuch gleicht dem anderen,<br />
besitzt es doch keinen offiziellen oder<br />
obligatorischen Charakter, sondern gibt<br />
privater Frömmigkeit und der Bedeutung<br />
<strong>des</strong> Auftraggebers glanzvollen Ausdruck.<br />
Besonders deutlich wird dies im Stundenbuch<br />
<strong>des</strong> Pico della Mirandola. Inmitten<br />
<strong>des</strong> streng festgelegten Aufbaus finden sich<br />
Anspielungen auf Leben und Persönlichkeit<br />
<strong>des</strong> Galeotto Pico della Mirandola,<br />
kleine Texteinschübe, Gebetstexte und<br />
nicht zuletzt die Wappen und Embleme<br />
der Familie. Galeotto, der von 1442 bis<br />
1499 lebte, stammte aus der Familie <strong>des</strong><br />
Gian-Francesco Pico (ein Spross <strong>des</strong> Picus,<br />
Neffe Kaiser Konstantins) und seiner<br />
Gemahlin Giulia Boiardo, die 1460 das<br />
franziskanische Nonnenkloster von Mirandola<br />
gründete. Galeotto wurde für seinen<br />
militärischen <strong>Die</strong>nst durch Kaiser Sigismund<br />
in Ferrara zum Ritter geschlagen<br />
und residierte in Norditalien im kleinen<br />
Fürstentum Mirandola, malerisch gelegen<br />
zwischen der Grafschaft Mantua und den<br />
Herzogtümern Ferrara und Modena.<br />
Das kurz vor dem Tode Galeottos<br />
fertiggestellte Stundenbuch beginnt mit<br />
einem Kalender, der Feste und Heiligentage<br />
verzeichnet. Fein gemalte Tierkreiszeichen<br />
und Monatsbilder führen durch<br />
das Jahr. 4 ganzseitige Miniaturen stehen<br />
vor den einzelnen Offizien. Sie sind, wie<br />
die Kalenderminiaturen, nach den Prinzipien<br />
mittelalterlicher Handwerkskunst<br />
in 23,5 Karat vergoldet. 7 kleinere Miniaturen<br />
bilden den Randschmuck, Christi<br />
Geburt, die Darstellung im Tempel, die<br />
Auferstehung und anderes mehr. Viele<br />
der Initialen stehen vor Landschaften<br />
mit Burgen, Bergen oder Flüssen, sind<br />
mit Abbildungen von Tieren oder reich<br />
vergoldeten Ornamenten geschmückt.<br />
Der Meister dieser vollendeten Maltechnik,<br />
die Konturen und plastische<br />
Komplexe nicht exakt umreisst, sondern<br />
durch feinste Pinselstriche liebevoll umgrenzt,<br />
war Giovanni Francesco Maineri,<br />
Hofmaler <strong>des</strong> ferraresischen Fürstenhauses<br />
Este.<br />
Niemand weiß genau, wie der Ein-<br />
band <strong>des</strong> Stundenbuchs <strong>des</strong> Pico della<br />
Mirandola ausgesehen haben mag.<br />
Für die Faksimile-Ausgabe wurde ein<br />
Prunkeinband nachgebildet, der für ein<br />
Stundenbuch Lorenzo de‘ Medicis etwa<br />
zur gleichen Zeit gefertigt wurde: Auf<br />
dunkelviolettem Samt prangen reich<br />
ornamierte Beschläge, dazu ein rhombisches<br />
Medaillon in der Mitte, das einen<br />
großen ovalen Lapislazuli fasst, umrahmt<br />
von vier Eckbeschlägen, die mit Opalen<br />
besetzt sind.
Rosario de Juana la Loca<br />
Der Rosenkranz Johannas der Wahnsinnigen Brügge<br />
1. Hälfte 16. Jh.<br />
Johanna I. ‚die Wahnsinnige‘, 1504-<br />
55 Königin von Kastilien und Aragón,<br />
Tochter Ferdinands II. und Isabellas der<br />
Katholischen, geistig verwirrt, doch als<br />
Erbin der Kronen anerkannt, vom eigenen<br />
Vater für regierungsunfähig erklärt und<br />
1509 von Staatsaufgaben entbunden, gab<br />
das Werk zu Beginn <strong>des</strong> 16. Jahrhunderts<br />
bei Simon Bening in Auftrag. Der Flame<br />
Bening (um 1483-1561) war der herausragendste<br />
Miniaturist seiner Zeit. Der<br />
portugiesische Diplomat und Humanist<br />
Damiao de Goes bezeichnete ihn um 1530<br />
als den besten Künstler der Buchmalerei.<br />
Zu Benings berühmtesten Kunden zählten<br />
Kaiser Karl V. und Ferdinand, Infant von<br />
Portugal.<br />
In Benings Werkstatt in Brügge entstand<br />
die gewünschte Handschrift, ein<br />
Rosenkranz, <strong>des</strong>sen 16 farbenprächtige<br />
Miniaturen die zugehörigen, in altspanischer<br />
Sprache verfassten Gebete<br />
illustrieren. <strong>Die</strong> einprägsamen, durch 14<br />
mit Gold und Silber illuminierte Initialen<br />
verzierten Texte entsprechen den freudenreichen,<br />
schmerzvollen und glorreichen<br />
Geheimnissen aus dem Leiden Christi<br />
und dem Leben der Jungfrau Maria.<br />
Der Gebrauch <strong>des</strong> Rosenkranzes, einer<br />
am Vorbild der 150 biblischen Psalmen<br />
orientierten marianischen Gebetsform,<br />
war nach <strong>des</strong>sen Vereinfachung, d.h.<br />
einer Reduzierung auf zuletzt 15 Texte<br />
im Volk sehr beliebt und gerade im katholischen<br />
Spanien <strong>des</strong> 16. Jahrhunderts<br />
weit verbreitet.<br />
Der Codex Rosario de Juana la Loca<br />
ist nicht als Buch, sondern nur in losen<br />
Blättern erhalten. <strong>Die</strong> Faksimile-Ausgabe<br />
fügt die Handschrift in ihrer Originalkomposition<br />
zusammen, indem sie alle<br />
dazugehörigen Blätter aufgenommen hat,<br />
die heute in der Boston Public Library<br />
und im Fitzwilliam Museum, Cambridge,<br />
aufbewahrt werden.<br />
16. Jahrhundert<br />
35<br />
Boston Public<br />
Library Ms Med. 35<br />
& Fitzwilliam<br />
Museum,<br />
Cambridge<br />
Ms 257 a, b<br />
Limitierte Auflage:<br />
999 Exemplare<br />
mehrsprachiger<br />
Kommentarband<br />
(deutsch/englisch/<br />
spanisch):<br />
Ana Dominguez<br />
Rodriguez,<br />
Pilar Treviño<br />
Gajardo<br />
32 Seiten<br />
Format<br />
11 x 9 cm<br />
16 ganzseitige<br />
Miniaturen und<br />
14 Initialen<br />
(Gold/Silber)
36 Boccardino-Codex<br />
Florenz<br />
um 1516/18<br />
Museo Lázaro<br />
Galdiano, Madrid<br />
Sig. 15512<br />
16. Jahrhundert<br />
Limitierte Auflage:<br />
980 Exemplare<br />
exklusiv bei<br />
<strong>Bibliotheca</strong> <strong>Rara</strong>:<br />
deutscher<br />
Kommentarband<br />
Claus Weinert<br />
332 Seiten<br />
Format<br />
6 x 4 cm<br />
11 ganzseitige<br />
Miniaturen<br />
14 Dekorseiten<br />
Stundenbuch für Lorenzo II. de‘ Medici und<br />
Madeleine de la Tour d‘Auvergne<br />
Florenz im Mai 1518: Eine hochpolitische<br />
Hochzeit wird gefeiert. Lorenzo di<br />
Piero de´ Medici heiratet Madeleine de la<br />
Tour d´Auvergne aus dem Haus Valois.<br />
Sein Onkel, Papst Leo X., hat diese Allianz<br />
Florenz-Paris in die Wege geleitet, von<br />
der schon Lorenzo il Magnifico träumte.<br />
Zur Vermählung gibt nun Papst Leo, ein<br />
Sohn Lorenzos, der bildschönen Prinzessin<br />
ein winziges Stundenbuch in die Hand,<br />
welches nicht nur ein Kunstwerk, sondern<br />
auch ein diplomatisches Dokument ist,<br />
voller Wappen und Embleme beider<br />
Familien, en miniature gestaltet vom zur<br />
damaligen Zeit bedeutendsten Florentiner<br />
Buchmaler Boccardino dem Älteren.<br />
Der berühmte Boccardino oder Giovanni<br />
Boccardi hatte vom Papst, einem<br />
großzügigen Kunstförderer, und <strong>des</strong>sen<br />
Bruder, Kardinal Giulio de‘ Medici, persönlich<br />
den heiklen, weil in das Ränkespiel<br />
der Politik verwobenen Auftrag erhalten,<br />
ein besonderes Stundenbuch zur Hochzeit<br />
ihres Neffen Lorenzo zu gestalten. Es<br />
sollte nicht nur ein Andachtsbuch werden,<br />
sondern darüber hinaus ein Sinnbild<br />
politischer Macht. Erst 1512 war es den<br />
Medici wieder gelungen, diese zurückzuerlangen,<br />
hatte sie 1494 doch der Italienfeldzug<br />
König Karls VIII. von Frankreich<br />
gezwungen, Florenz zu verlassen.<br />
Madeleine aber sollte nicht glücklich<br />
werden. Sie starb im Kindbett von Catherina,<br />
der späteren Königin von Frankreich.<br />
Catherina de´Medici dedizierte dann das<br />
kostbare Erbstück ihrer Tochter Isabelle<br />
zur Prachthochzeit mit Felipe II., dem<br />
König von Spanien.<br />
Das Stundenbuch, ein Libretto da<br />
Mano, ein Kleinod der Florentiner Renaissance,<br />
geschrieben in gerundeter,<br />
aus Minuskeln bestehender Humanistica,<br />
wird heute im Museo Lázaro Galdiano in<br />
Madrid verwahrt.
Goldenes Kalenderbuch von 1526<br />
Kalender von Albrecht Glockendon<br />
<strong>Die</strong>ses zierliche, kostbar mit Gold<br />
illuminierte Büchlein entstand 1526 in der<br />
Werkstatt <strong>des</strong> Nürnberger Miniaturmalers<br />
Albrecht Glockendon. Es enthält einen<br />
immerwährenden Kalender, der nicht<br />
nur für ein Jahr gedacht war. <strong>Die</strong> Handschrift<br />
folgt der Tradition mittelalterlicher<br />
Kalendarien mit zwölf farbenfrohen<br />
Monatsbildern, die in feinster Maltechnik<br />
Szenen <strong>des</strong> bäuerlichen und bürgerlichen<br />
Lebens zeigen. Sternbilder verweisen<br />
auf die damit verbundenen Gesundheits-<br />
und Lebensregeln unter den Bildern, mit<br />
Anweisungen auch für den Aderlass, der<br />
zu den am meisten verbreiteten medizinischen<br />
Therapien gehörte.<br />
Auf kleinstem Raum sind zahlreiche<br />
kulturhistorische Details, Architekturen<br />
und Trachten dargestellt. Hier lebt die<br />
Tradition flämischer Buchmalerei in bezauberndem<br />
Nürnberger Lokalkolorit<br />
wieder auf. <strong>Die</strong> didaktische Figur eines<br />
Aderlassmannes sowie eine Aderlass-<br />
tabelle und eine dekorative Kalender-<br />
Rosette am Schluss verweisen auf tradi-<br />
tionelle Praktiken. In dieser Handschrift<br />
für einen wohlhabenden Nürnberger<br />
Kaufmann ist das Mittelalter noch einmal,<br />
zu Beginn der Neuzeit und <strong>des</strong> sich<br />
verbreitenden Buchdruckes, wie in einer<br />
Nussschale eingefangen.<br />
Nürnberg<br />
1526<br />
37<br />
Staatsbibliothek<br />
Preußischer<br />
Kulturbesitz, Berlin<br />
Ms. germ.oct. 9<br />
16. Jahrhundert<br />
Limitierte Auflage:<br />
800 Exemplare<br />
deutscher<br />
Kommentarband:<br />
Hermann Degering,<br />
Frauke Steenbock<br />
32 Seiten<br />
Format<br />
14 x 10 cm<br />
14 Miniaturen
38<br />
Belser Editionen: Restbestände aus der Biblioteca Apostolica Vaticana<br />
Wandalbert von Prüm<br />
Reg. lat. 438. Editions-Nr. LXXXIII. Das Reichenauer Martyrologium für Kaiser Lothar I.<br />
Entstanden nach 855. 72 Seiten. Format: 14,6 x 19 cm. Halbledereinband mit Vollholzdeckeln.<br />
Limitierte Auflage: 900 Exemplare.<br />
Der Dichtermönch Wandalbert verfasste in Versform dieses Verzeichnis der heiligen Märtyrer.<br />
Er widmete seine Hexameterverse Kaiser Lothar I., der im Kloster Prüm gestorben ist. <strong>Die</strong> Reichenauer<br />
Handschrift ist prachtvoll ausgestattet durch zwölf ganzseitige goldgrundige Monatsbilder, das<br />
Dedikationsbild mit gekröntem Herrscher, durch goldverzierte Kapitälchen und Zierbuchstaben.<br />
Modi Orandi Sancti Domini<br />
Ross. 3 (Teil 1). Editions-Nr. LXXXII. Gebets- und Andachtsgesten <strong>des</strong> Hl. Dominikus.<br />
Entstanden um 1330 in Südfrankreich. 10 Folios mit 9 Miniaturen. Format: 12 x 16,6 cm. Goldfaksimilierung<br />
im Spezialverfahren. Limitierte Auflage: 900 Exemplare.<br />
<strong>Die</strong> Handschrift wird in der ganz besonderen Form <strong>des</strong> „Beutelbuches“ präsentiert. Im 15.<br />
Jh. vor allem gebräuchlich diente diese Einbandart zur bequemeren Handhabung <strong>des</strong> Buches.<br />
Das Einbandleder wurde zu einem Knoten gebunden und konnte am Gürtel befestigt werden. <strong>Die</strong><br />
wertvollen Miniaturen dienten als Vorbild für den körpersprachlichen Ausdruck <strong>des</strong> Gebets.<br />
Alphabetum Romanum<br />
Vat. lat. 6852. Editions-Nr. LXX. Entstanden um 1460. 42 Seiten. Format: 12,5 x 18 cm.<br />
Einband mit handmarmoriertem Papier.<br />
Das Römische Alphabet <strong>des</strong> veronesischen Humanisten Felice Feliciano ist die erste,<br />
neuzeitliche Darstellung der antiken römischen Capitalis. <strong>Die</strong> Buchstaben sind innerhalb von<br />
Kreis und Quadrat mustergültig konstruiert. So diente das Alphabetum Romanum als Vorbild<br />
und klassisches Maß für Generationen. <strong>Die</strong> Handschrift ist bis auf zwei Ausnahmen in Altrosa<br />
geschrieben. Sie dokumentiert die vorbildliche Schriftkunst der Renaissance.<br />
Offizium der Madonna<br />
Vat. lat. 10293. Editions-Nr. LXXII. Entstanden im 15. Jh. in Flandern. 474 Seiten. Format:<br />
7,8 x 10,5 cm. 34 ganzseitige Miniaturen, 14 Schmuckinitialen und über 1200 Initialen. Ziselierter<br />
Goldschnitt. Ganzledereinband (hellbraunes Schafleder) mit zeitgenössischem, blindgeprägtem<br />
Dekor. Limitierte Weltauflage: 2900 Exemplare, davon 1000 für die deutschsprachigen Länder<br />
Am Beginn dieses kostbaren Stundenbuches steht ein Kalendarium mit originellen Darstellungen<br />
der zwölf Tierkreiszeichen. 4 Evangelistenbilder, 15 ganzseitige Miniaturen und Bordüren mit Architekturmotiven<br />
in perspektivischer Ansicht repräsentieren hochentwickelte flämische Feinmalerei.<br />
Skizzenbuch <strong>des</strong> Francesco di Giorgio Martini<br />
Urb. lat. 1757. Editions-Nr. LXXX. Entstanden um 1478-1489 in Urbino. 400 Seiten. Format:<br />
5,9 x 8 cm. Über 1200 Konstruktionszeichnungen und Skizzen. Ganzledereinband (Kalbsleder)<br />
mit zwei Messingschließen und patiniertem Farbschnitt, in Schmuckkassette. Limitierte Weltauflage:<br />
2980 Exemplare, davon 2000 für die deutschsprachigen Länder.<br />
Einer der bekanntesten Militärarchitekten und -ingenieure um die Wende <strong>des</strong> 15./16. Jhts.,<br />
Francesco di Giorgio Martini (1439-1501), legte dieses „Geheimbüchlein“ an.Der kleinformatige<br />
Codex ist ein umfangreiches Zeugnis unbändigen technischen Erfindungsreichtums.<br />
Stundenbuch <strong>des</strong> Jean Bourdichon<br />
Vat. lat. 3781. Editions-Nr. LXVIII. Entstanden Ende <strong>des</strong> 15. Jhs. in Frankreich. 226 Seiten.<br />
Format: 10,5 x 17 cm. Ganzledereinband mit Goldprägung. 17 mit Bordüren gerahmte Miniaturen<br />
und unzählige Initialen.<br />
<strong>Die</strong> prachtvolle Ausstattung <strong>des</strong> Stundenbuchs <strong>des</strong> Buchmalers Jean Bourdichon steht beispielhaft<br />
für dieses Genre der spätmittelalterlichen Buchmalerei. <strong>Die</strong> Miniaturen sind eingerahmt<br />
von leuchtenden Bordüren in geometrischer Ausgestaltung. Der Text in brauner Tinte zeigt ein<br />
gleichmäßig schönes Schriftbild, das durch Zierinitialen geschmückt ist.
Das Buch der Wunder, eine Bilderhandschrift<br />
über die abenteuerlichen<br />
Reisen <strong>des</strong> venezianischen Kaufmanns<br />
Marco Polo (1254-1324), gehört zu den<br />
berühmtesten Handschriften <strong>des</strong> Spätmittelalters.<br />
Es gilt als ein Höhepunkt<br />
der französischen Buchmalerei. Selten<br />
dienten weltliche Themen bei der Entstehung<br />
derart prachtvoller Codices als Vorlage.<br />
<strong>Die</strong> Reiseberichte <strong>des</strong> Marco Polo<br />
waren jedoch wie geschaffen dafür, zumal<br />
die Neugier auf den legendären Osten in<br />
Europa schon immer ausgeprägt war.<br />
Auf den 192 Seiten finden sich 84<br />
großformatige Miniaturen in herrlichen<br />
Farben und reichem Goldschmuck. Vier<br />
Meister der französischen Buchmalerei<br />
ließen sich zu dieser Meisterleistung<br />
durch die Geschichte <strong>des</strong> Marco Polo<br />
beflügeln. Schon <strong>des</strong>sen Vater und On-<br />
kel waren in den Jahren 1261 bis 1269 in<br />
Asien gewesen. 1271 brachen sie erneut<br />
dorthin auf und nahmen den 17-jährigen<br />
Marco mit. Der Weg führte in mühevollen<br />
dreieinhalb Jahren von Palästina über<br />
Persien und den Persischen Golf, Pakistan<br />
und Pamir nach Nordchina, in die innere<br />
Mongolei. Dort erreichten die drei den<br />
sagenumwobenen Hof <strong>des</strong> Kublai Khan.<br />
Marco Polo gelang es, das Vertrauen<br />
<strong>des</strong> Großkhans zu gewinnen. Er beherrschte<br />
mehrere Sprachen und auch die<br />
Marco Polo<br />
Das Buch der Wunder<br />
mongolischen Schriftzeichen. Kublai<br />
Khan übertrug ihm mehrmals vertrauli-<br />
che Aufgaben, Missionen, die ihn durch<br />
weite Teile Ost- und Südostasiens führ-<br />
ten. Erst 1292 begab sich Marco Polo auf<br />
die gefährliche Rückreise nach Venedig.<br />
Schließlich heimgekehrt ließ er sich nie-<br />
der und gründete eine Familie.<br />
In einem Krieg Venedigs gegen Ge-<br />
nua soll der Weitgereiste dann eine Ga-<br />
leere befehligt haben, wurde gefangen<br />
genommen und drei Jahre im Wehrturm<br />
von Genua eingesperrt. Hier teilte er<br />
eine Zelle mit einem Literaten namens<br />
Rusticello, der seine teils realen, teils<br />
fabelhaften Erlebnisse in französischer<br />
Sprache niederschrieb. <strong>Die</strong>ses Werk, das<br />
nur in Abschriften erhalten ist, stellt die<br />
erste präzise geografische und ethnologische<br />
Dokumentation von Ländern und<br />
Völkern <strong>des</strong> Orients dar. Sie beeinfluss-<br />
te sogar Kolumbus, der ein persönliches<br />
Exemplar der Handschrift besaß.<br />
Um 1410 im Auftrag <strong>des</strong> Herzogs von<br />
Burgund, Johann Ohnefurcht, angefertigt,<br />
gelangte das prachtvolle Werk drei Jahre<br />
später als Geschenk in den Besitz <strong>des</strong><br />
Herzogs von Berry. Nach <strong>des</strong>sen Tod ging<br />
es an die Familie Armagnac über. Danach<br />
verliert sich die Spur <strong>des</strong> Codex. Er taucht<br />
erst Anfang <strong>des</strong> 16. Jahrhunderts in der<br />
Bibliothek König Franz I. wieder auf.<br />
um 1410<br />
Bibliothèque<br />
Nationale, Paris<br />
Ms Francais 2810<br />
15. Jahrhundert<br />
39<br />
Antiquarisch<br />
Limitierte Auflage:<br />
980 Exemplare<br />
zweisprachiger<br />
(deutsch/französisch)<br />
Kommentarband:<br />
Jean Richard,<br />
François Avril,<br />
Jacques Monfrin,<br />
Marie-Thérèse<br />
Gousset,<br />
Marie-Hélène<br />
Tesnière<br />
192 Seiten<br />
Format<br />
42 x 30 cm<br />
84 Miniaturen<br />
Weitere Faksimile-<br />
Editionen auf Anfrage<br />
antiquarisch<br />
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