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Molzbichler, Kulturen in Konflikt

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<strong>Kulturen</strong> <strong>in</strong> <strong>Konflikt</strong>? Vom Umgang mit <strong>Konflikt</strong>en <strong>in</strong> <strong>in</strong>terkulturellen Beziehungen165schen Union bei Ehrenmorden (beispielsweise wenn e<strong>in</strong> Vater se<strong>in</strong>e Tochter wegen Ungehorsamstötet) Strafmilderung erteilt, da dies Teil der Kultur und Religion des Angeklagtensei, erhält der kulturelle Relativismus e<strong>in</strong>en schalen Beigeschmack.Seit Beg<strong>in</strong>n des 20. Jahrhunderts steht vor allem die Frage im Mittelpunkt, ob sichKulturdef<strong>in</strong>itionen primär auf die Person beziehen (wie wir dies bei Benedict 1934, Boas1940, White 1949, Mead 1963 und Lévi-Strauss 1972 nachlesen können) oder ob Kulturetwas »Äußerliches« ist, das auf Menschen e<strong>in</strong>fließt, <strong>in</strong>dem »Kultur« von außen auf siewirkt (siehe etwa Lowie 1937 und Kroeber/ Kluckhohn 1952).Ab Mitte des 20. Jahrhunderts wird e<strong>in</strong>e genaue Darstellung der Kulturdef<strong>in</strong>itionenimmer schwieriger. Jede Wissenschaftsdiszipl<strong>in</strong> bietet verschiedenste Begriffsklärungenvon Kultur, die ihrerseits wieder weiterentwickelt werden. Daraus entsteht e<strong>in</strong>eFülle an unterschiedlichen Erklärungen, die nicht mehr überschaubar s<strong>in</strong>d.2.2 Kultur als mentale ProgrammierungAus dieser unendlich sche<strong>in</strong>enden Fülle an Def<strong>in</strong>itionen möchte ich e<strong>in</strong>en der bedeutendstenund strittigsten Ansätze für Kulturunterschiede hervorheben, nämlich jenen desNiederländers Geert Hofstede (1968, 1980, 1997) Auch Hofstede ist sich der vielschichtigenBedeutung von »Kultur« bewusst und versucht, zwischen e<strong>in</strong>em Begriff im engerenS<strong>in</strong>ne, er bezeichnet dies als »Kultur I«, und e<strong>in</strong>em Begriff <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em weiteren S<strong>in</strong>ne, als»Kultur II«, zu unterscheiden. In Anlehnung an das am meisten verbreitete Verständnisvon »Kultur« wird Kultur I als Zivilisation im S<strong>in</strong>ne von »cultura animi« verstanden.Interessanter für ihn ist jedoch Kultur II, denn hier f<strong>in</strong>det »... die kollektive Programmierungdes Geistes (statt), die die Mitglieder e<strong>in</strong>er Gruppe oder Kategorie vonMenschen von e<strong>in</strong>er anderen unterscheidet« (Hofstede 1997, 4). Nach Hofstede wirdKultur II erlernt. Er ist davon überzeugt, dass »… die Persönlichkeit e<strong>in</strong>es Individuumsdessen e<strong>in</strong>zigartige Komb<strong>in</strong>ation mentaler Programme (ist), die es mit ke<strong>in</strong>em anderenMenschen teilt. Sie begründet sich auf Charakterzüge, die teilweise durch die e<strong>in</strong>maligeKomb<strong>in</strong>ation von Genen dieses Individuums ererbt und teilweise erlernt s<strong>in</strong>d« (Hofstede1997, 5). Die mentale Software »… bestimmt die verschiedenen Muster im Denken,im Fühlen und im Handeln. Sie kann Aufschluss darüber geben, welche Reaktionenangesichts der persönlichen Vergangenheit wahrsche<strong>in</strong>lich und verständlich s<strong>in</strong>d ...«(Hofstede 1997, 3), wobei jede Person die Option besitzt, davon abzuweichen oder etwaszu verändern.Die Quellen für die mentale Programmierung s<strong>in</strong>d im sozialen Umfeld zu f<strong>in</strong>den.Es gibt verschiedene Ebenen dieser mentalen Programmierung, wie etwa die regionale,religiöse oder sprachliche Zugehörigkeit, das Geschlecht, die Generation, die Ausbildungoder der Arbeitsplatz. Aufgrund der widersprüchlichen mentalen Programme <strong>in</strong>jedem Menschen ist dessen Verhalten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er neuen Situation schwer vorauszusehen.Fest steht nach Me<strong>in</strong>ung Hofstedes jedoch, dass die religiösen Anschauungen oder wissenschaftlichenTheorien e<strong>in</strong>er Person zu jener mentalen Software passen, mit der sie<strong>in</strong> der Familie, <strong>in</strong> der Schule, am Arbeitsplatz programmiert wurde und wird. Somits<strong>in</strong>d diese verschiedenen mentalen Programmierungen für kulturelle Unterschiede verantwortlichund ke<strong>in</strong> Mensch besitzt die gleiche mentale Programmierung.www.sws-rundschau.atSWS-Rundschau (45. Jg.) Heft 2/2005: 160–184

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