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Molzbichler, Kulturen in Konflikt

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<strong>Kulturen</strong> <strong>in</strong> <strong>Konflikt</strong>? Vom Umgang mit <strong>Konflikt</strong>en <strong>in</strong> <strong>in</strong>terkulturellen Beziehungen161für die eigene Kultur angesehen. Der Ethnozentrismus ist nicht ganz so stark ausgeprägtwie bei Multikultur-Konzepten und auch die Überlegenheit der eigenen Kultursteht weniger im Vordergrund.Wenn beispielsweise davon ausgegangen wird, dass die eigene Kultur wertvoller,höher entwickelt oder besser ist, und man ke<strong>in</strong>e anderen kulturellen Wertvorstellungenanerkennt, dann ist der Ethnozentrismus stark entwickelt. Hier wird jegliche Form vonInterkulturalität verachtet. Zu f<strong>in</strong>den s<strong>in</strong>d diese Anschauungen vor allem bei fundamentalistischenGruppierungen, die es <strong>in</strong> jeder Kultur gibt. Meist gehen diese Hand <strong>in</strong>Hand mit Unsicherheit, Ohnmacht und Angst. Indem man etwa »das Fremde« verachtetund bekämpfen möchte, verstärkt man gleichzeitig das <strong>Konflikt</strong>potenzial und dienegative Abgrenzung, da e<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>samer Austausch oder e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same Ebenenicht zugelassen werden. <strong>Konflikt</strong>e auf diesem Niveau s<strong>in</strong>d langwierig zu behandeln, daman zuerst mit den <strong>Konflikt</strong>parteien getrennt arbeiten muss, um zu erkennen, was eigentlichh<strong>in</strong>ter dieser Antipathie steckt.Begreift man, dass es <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er anderen Kultur auch wertvolle Aspekte gibt oderMenschen, mit denen man beispielsweise gut zusammenarbeitet, oder sich versteht,dann relativiert sich dieses Bild der anderen Kultur. Dennoch kann hier die eigene Kulturnach wie vor als wertvoller betrachtet werden, die Akzeptanz und Toleranz gegenüberder anderen Kultur hat sich jedoch verändert. Die Grenzen zwischen Multi- undInterkulturalität s<strong>in</strong>d dabei fließend. So tritt das »Bessere« der eigenen Kultur immermehr <strong>in</strong> den H<strong>in</strong>tergrund, wenn festgestellt wird, dass die andere Kultur vieles zu bietenhat, das die eigene Kultur bereichert oder ergänzt. <strong>Konflikt</strong>e auf diesen Ebenen s<strong>in</strong>de<strong>in</strong>facher zu bearbeiten, da die ersten Schritte der Empathie bereits gesetzt s<strong>in</strong>d – <strong>in</strong>terkulturellbed<strong>in</strong>gte Missverständnisse etwa können mit e<strong>in</strong>fachen Reparationsstrategien(siehe dazu Kap. 3.2) behandelt werden.Im Vergleich zu Multi- und Interkultur-Konzepten basieren Transkultur-Konzepteauf e<strong>in</strong>em völlig anderen Verständnis von Kultur(en):»Das Konzept der Transkulturalität entwirft e<strong>in</strong> anderes Bild vom Verhältnis der <strong>Kulturen</strong>.Nicht e<strong>in</strong>es der Isolierung und des <strong>Konflikt</strong>s, sondern e<strong>in</strong>es der Verflechtung, Durchmischungund Geme<strong>in</strong>samkeit. Es befördert nicht Separierung, sondern Verstehen und Interaktion.Gewiss enthält dieses Konzept Zumutungen gegenüber liebgewonnenen Gewohnheiten – wiedie heutige Wirklichkeit überhaupt. Im Vergleich zu anderen Konzepten skizziert es aber denam ehesten gangbaren Weg« (Welsch 1995, 44).Im Rahmen der Transkulturalität s<strong>in</strong>d <strong>Kulturen</strong> nicht klar zu trennen, sie s<strong>in</strong>d charakterisiertdurch Vernetzungen, vielfältige Verb<strong>in</strong>dungen und Vermischungen. Hier s<strong>in</strong>dAbgrenzungen und somit auch ethnozentristische Denkweisen obsolet geworden. FürWelsch ist Transkulturalität der e<strong>in</strong>zig gangbare Weg, um etwa mit den gegenwärtigen<strong>Konflikt</strong>en zwischen verschiedenen <strong>Kulturen</strong> oder Religionen umgehen zu können, da<strong>in</strong> der <strong>Konflikt</strong>bearbeitung aller Betroffenen das gegenseitige Verstehen und Anerkennenim Mittelpunkt stehen. In der Realität zeigt sich jedoch, dass wir von e<strong>in</strong>er »gelebtenTranskulturalität« noch weit entfernt s<strong>in</strong>d.Im Folgenden soll kurz erläutert werden, was unter Kultur verstanden werdenkann, wie die historische Entwicklung dieses Begriffs aussieht, welche verschiedenenwww.sws-rundschau.atSWS-Rundschau (45. Jg.) Heft 2/2005: 160–184

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