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August 2009 - Der Neusser

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Bürgermeisterkandidaten online befragt<br />

Antworten? Erst wenige, aber dann… Die Chronologie einer Recherche<br />

Samstag, 11.07. Bei der Lektüre eines lokalen<br />

Wochenblattes stoße ich auf einen Artikel,<br />

der uns unter der Überschrift „Direkte Fragen“<br />

mitteilt, dass im Internet unter www.<br />

abgeordnetenwatch.de alle <strong>Neusser</strong> Bürgermeisterkandidaten<br />

Rede und Antwort stehen.<br />

Finde ich gut.<br />

Montag, 13.07. Stattblatt-Redaktionssitzung.<br />

Ich schlage vor, das mit den Fragen an unsere<br />

Kandidaten mal auszuprobieren. Nicht als<br />

Journalist, sondern als der Bürger Robert Wolf.<br />

Mein Chef ist skeptisch, ob die Kandidaten da<br />

überhaupt „mitziehen“.<br />

Fehlt noch eine Frage, die einfach, sinnvoll<br />

und konkret sein soll. Die finden wir heute trotz viel Hin und Her nicht mehr.<br />

Dienstag, 14.07. Die Frage steht und geht an die Kandidaten: „Sehr<br />

geehrte(r) …, unsere Innenstadt wird ja immer attraktiver. Aber haben sie<br />

auch einen guten Plan für die <strong>Neusser</strong> Furth?“<br />

Mittwoch, 15.07. Schon früh finde ich eine ausführliche und sachliche Antwort<br />

von SPD Kandidat Reiner Breuer (nachzulesen auf besagtem Internetportal),<br />

die Lust auf mehr macht. Ich bin gespannt auf die anderen. Heute<br />

warte ich vergeblich. Dafür habe ich ein aktuelles Wochenblatt im Briefkasten,<br />

wo ich auf der Titelseite erfahre, dass jetzt auch der „unbekannte“<br />

UWG Abgeordnete Hartwig Schuster auf abgeordnetenwatch.de zu befragen<br />

ist. Ich schaue nach und stelle fest: Den hab’ ich bereits befragt.<br />

Donnerstag, 16.07. Keine weiteren Antworten. Ich nehme mir den „Verkehr“<br />

auf abgeordnetenwatch.de mal genauer unter die Lupe. Beim Surfen<br />

durch die NRW Städte stelle ich fest: Bisher wenig Fragen und noch viel<br />

weniger Antworten. Wer wem antwortet, das sieht in jeder Stadt anders<br />

aus. Nimmt man jedoch alle Städte zusammen, gibt es keine signifikanten<br />

Unterschiede zwischen den „kleinen“ und „großen“ Kandidaten. Okay, weniger<br />

bekannte Anwärter „bestellen“ sich zwecks Profilierung gerne mal<br />

eine Frage bei Freunden und Bekannten. Andererseits verweist manch<br />

Etablierter mit einer Pauschalantwort auf sein Wahlprogramm. <strong>Der</strong> Remscheider<br />

CDU-Kandidat Jochen Siegfried macht mich allerdings stutzig. <strong>Der</strong><br />

Jurist verweigert seine Auskunft auf abgeordnetenwatch.de da er sich dort<br />

nicht angemeldet habe. Ein Einzelfall? Ich frage deshalb bei abgeordnetenwatch.de<br />

an: „Liebe Watcher, haben die Kandidaten oder ihre Vertreter ihre<br />

aktive Teilnahme zugesagt?“ Bin gespannt.<br />

Freitag, 17.07. Hartwig Schuster hat inzwischen die Frage beantwortet. Wie<br />

schon Reiner Breuer ausführlich, persönlich und sachlich interessant. (Bitte<br />

auf der Webpage nachlesen.) Nun ist Gerhard Quentin / D.U. ebenfalls gelistet.<br />

Mich erreicht eine Mail von abgeordnetenwatch.de. Elisa Schweitzer<br />

schreibt mir: „Natürlich haben wir die Abgeordneten nicht gefragt, ob sie<br />

an abgeordnetenwatch.de teilnehmen möchten... Jeder Bürger und jede<br />

Bürgerin sollte seinen Abgeordneten befragen können. Ob er dies privat<br />

via Brief tut, ob er im Abgeordnetenbüro anruft oder ob er seine Frage öffentlich<br />

über ein Portal wie abgeordnetenwatch.de stellt, sollte jeder und<br />

jede selbst entscheiden.“ An anderer Stelle: „Selbstverständlich kann kein<br />

Abgeordneter dazu verpflichtet werden, auf Bürgerfragen via abgeordnetenwatch.de<br />

zu antworten.“ Sowie: „Darum stellt sich für uns auch nicht<br />

Stadt & Politik | StattBlatt 08.<strong>2009</strong><br />

die Frage, ob sich ein Abgeordneter an abgeordnetenwatch.de<br />

beteiligen möchte oder<br />

nicht. Das Portal ist ein Wählergedächtnis, in<br />

dem die Antworten oder die Nicht-Antworten<br />

für die Öffentlichkeit gespeichert sind.“<br />

Aha, so sehen die das.<br />

Samstag, 18.07. Ich schaue auf die ersten<br />

Tage abgeordnetenwatch.de<br />

zurück. Mit Reiner Breuer hat das wunderbar<br />

geklappt. Mit Hartwig Schuster ebenfalls.<br />

Aber ob die anderen online sind, es waren<br />

oder jemals in Erwägung gezogen haben?<br />

Montag, 20.07. Was auch immer die Beweggründe<br />

unserer <strong>Neusser</strong> Kandidaten sein<br />

mögen, nicht zu antworten, mir „schmeckt“ die Stellungnahme von abgeordnetenwatch.de<br />

überhaupt nicht. Ich antworte deshalb der Mitarbeiterin<br />

Elisa Schweitzer: „Vielen Dank für ihre ausführliche und größtenteils<br />

nachvollziehbaren Erklärungen. Aber es muss für uns Bürger klar ersichtlich<br />

sein, welcher Politiker wirklich aktiv das Portal nutzt oder dies zumindest<br />

in Erwägung zieht und wer nicht. Im Interesse der von ihnen propagierten<br />

Freiwilligkeit darf eine Nichtnutzung ihres Portals durch Bürgermeister-<br />

Kandidaten nicht gewertet werden. Deshalb muss der Aktivitäts-Status der<br />

Kandidaten klar erkennbar sein, damit das Ausbleiben von Antworten nicht<br />

als Verweigerung missdeutet werden kann. Nehmen sie das weiterhin billigend<br />

in Kauf, ist das unlauter. Wäre schade um die gute Grundidee ihres<br />

Portals. Mit besten Grüßen, …“<br />

Dienstag, 21.07. In der heutigen Lokalausgabe der „WZ“ berichtet Ulla Dahmen<br />

über Wahlkampfhilfen im Internet. Sie beklagt zu Recht die spärliche<br />

Zahl der Fragen und Antworten auf abgeordnetenwatch.de und meint, einen<br />

der beiden Frager sogar als Reiner Breuers Parteigenossen entlarven<br />

zu können. Wie hart wäre erst ihr Urteil ausgefallen, hätte sie geahnt, dass<br />

wir uns zu Testzwecken hinter dem zweiten Frager verbergen… Sei es drum,<br />

nun beantworten auch Jana Pavlik und Herbert Napp ausführlich und lesenswert<br />

unsere Frage. Zufall oder Wirkungstreffer?<br />

Mittwoch, 22.07. Elisa Schweitzer antwortet auf meine Forderung von<br />

Montag: „…Es ist nicht relevant, ob die Kandidaten die aktive Teilnahme an<br />

abgeordnetenwatch.de zugesagt haben. Wir wollen den Wählern die Möglichkeit<br />

geben, Ihre Kandidaten kennenzulernen. Wenn diese die Chance<br />

nicht wahrnehmen, ist das ihre Sache… Ich hoffe, Sie können sich hiermit<br />

einverstanden erklären.“<br />

Donnerstag, 23.07. Redaktionsschluss. Zeit also für ein (Zwischen-) Fazit:<br />

Das „online Befragen“ der Kandidaten steckt noch in den Kinderschuhen.<br />

Für meinen Geschmack nimmt man die Kandidaten etwas zu ruppig in die<br />

Pflicht. Dazu wird die große demokratische Chance des Dialogs auf Augenhöhe<br />

beschämend wenig wahrgenommen. Aber Ebay, Youtube und Online-<br />

Banking haben genauso klein angefangen.<br />

Deshalb sind Sie, liebe Leser, als Pioniere gefordert! Nutzen Sie jetzt vor der<br />

Wahl Ihre Chance nicht nur Fragen zu stellen, sondern auch (einige) Antworten<br />

zu bekommen! Sie können etwas ins Wählergedächtnis schreiben,<br />

wie es Frau Schweitzer so schön formuliert hat.<br />

Robert Wolf

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