Stereoplay Generation Hochbit
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Test & Technik Lautsprecher<br />
Transfer von oben<br />
In der kleinen R 100 von KEF steckt der Nobel-Koax aus der Superbox Blade.<br />
Die Kompakte klingt damit einfach spitze – herrlich lebendig und raumgenau.<br />
Als KEF Mitte des letzten<br />
Jahres die Blade vorstellte,<br />
war das Medieninteresse riesig.<br />
Das 25 000-Euro-Flaggschiff<br />
(Test in stereoplay 1/12) ist konsequent<br />
auf Klangrichtigkeit<br />
getrimmt und setzt Maßstäbe<br />
bei Neutralität, Durchhörbarkeit<br />
und Spielfreude.<br />
Was viele nicht wissen: Das<br />
Herzstück der Blade, ein für<br />
Mitten und Höhen zuständiges<br />
Koaxialsystem (bei KEF stets<br />
Uni-Q genannt), steckt – leicht<br />
abgespeckt – auch in der R-<br />
Serie. Dort kostet selbst das<br />
Topmodell R 900 (Test 11/11)<br />
keine 4000 Euro. Die kleine R<br />
100, der dieser Test gilt, wird<br />
gar für hitverdächtige 800 Euro<br />
gehandelt.<br />
Die größeren R-Modelle<br />
sind, wie die Blade, Dreiwege-<br />
Systeme mit separaten Basschassis,<br />
die den Uni-Q entlasten.<br />
Bei der R 100 ist der Koax auf<br />
sich allein gestellt und muss den<br />
Für separate Tieftöner ist in dem<br />
kompakten Gehäuse kein Platz. Der<br />
Uni-Q muss daher auch die Bässe<br />
verarbeiten und erhielt für diesen<br />
Zweck eine hubfreudige Sicke.<br />
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2 /12 stereoplay.de<br />
vollen Tonumfang verarbeiten.<br />
Daher nutzt die R 100 eine<br />
spezielle Version des Uni-Q mit<br />
einer breiteren Sicke, die dem<br />
Schwingsystem eine tiefere<br />
Grundresonanz verleiht und die<br />
Konusmembran zu größeren<br />
Auslenkungen befähigt. Das<br />
Zweiwege-System mutiert so<br />
zum Vollbereichswandler, der<br />
bei maßvollen Pegeln beachtlich<br />
tiefe Bässe abstrahlen kann.<br />
Volle Bandbreite<br />
Um starke Schallreflexionen an<br />
einem hervorstechenden Wulst<br />
zu verhindern, ist die Sicke vielfach<br />
gezackt und tritt damit<br />
weniger als akustisches Hindernis<br />
in Erscheinung. KEF nennt<br />
diese Art der Aufhängung „Z-<br />
Flex“, was die Form durchaus<br />
treffend beschreibt.<br />
Die bange Frage ist, ob der<br />
Klangcharakter des Uni-Q unter<br />
diesen Maßnahmen leidet. Einerseits<br />
führt die zusätzliche<br />
Bassarbeit zu mehr Stress im<br />
Schwingsystem, andererseits<br />
kommt das Weichen-Layout<br />
durch den Verzicht auf einen<br />
dritten Zweig mit weniger Bauteilen<br />
zurecht, was tendenziell<br />
klangschonend wirkt.<br />
Die Antwort aus dem Hörraum<br />
ist so vielschichtig wie<br />
positiv. Klar besitzt die kleine<br />
R 100 nicht die Durchsetzungskraft<br />
einer R 900 oder gar einer<br />
Blade, die auch bei aberwitzig<br />
komplexen und lauten Klangkörpern,<br />
wenn überhaupt, erst<br />
sehr spät einknickt.<br />
Das bassintensive und hochdynamische<br />
„No Sanctuary<br />
Here“ mit Chris Jones (Stockfisch)<br />
konnte die R 100 trotz<br />
ihres Größenhan dicaps beachtlich<br />
voluminös darstellen. Nur<br />
durften die lautesten Stellen<br />
nicht wesentlich über Zimmerlautstärke<br />
hinausgehen. Treibt<br />
man es zu bunt, beginnt der<br />
Koax böse zu knurren.<br />
Faktisch liegt der Grenzbereich<br />
so überraschend hoch,<br />
dass ihn Hörer mit Räumen<br />
unter 25 Quadratmetern und<br />
den darin möglichen Hörentfernungen<br />
meist nicht ausloten<br />
werden. Was die Box ansonsten<br />
hervorbringt, ist High End vom<br />
Feinsten. Bei zivilen Lautstärken<br />
kommen selbst schwierige<br />
Bassläufe hochgradig massiv<br />
und erwachsen.<br />
Impulse haben es der kleinen<br />
KEF besonders angetan. Wild<br />
klappernde Kastagnetten zum<br />
Beispiel, die auf vielen Boxen<br />
harsch und lästig klingen, stellt<br />
die R 100 faszinierend transparent<br />
und natürlich dar. So<br />
Timing-sensibel arbeiten sonst<br />
nur Sonderbauformen, etwa der<br />
legendäre Biegewellenstrahler<br />
von Manger.<br />
Trotz der einzigartigen Spielfreude<br />
werden die Höhen nie<br />
kantig, was in älteren Uni-Q-<br />
<strong>Generation</strong>en durchaus vor-