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Der Zweck heiligt<br />
die Mittel<br />
Beim Bau des Kopenhagener Koncerthuset wurde das<br />
Budget extrem überzogen. Was soll’s? Der Klang ist toll.<br />
Ein Vorgespräch zur Planung<br />
des Koncerthusets stellt<br />
man sich etwa so vor: „Ich bin<br />
voller Einfälle, das wird ein<br />
einzigartiges Haus“, verkündet<br />
Architekt Jean Nouvel. Darauf<br />
die Auftraggeber: „Wissen Sie<br />
schon, wie viel das kosten<br />
wird?“ Nouvel: „Nun ja, das<br />
lässt sich nie genau beziffern,<br />
es kann aber ein wenig mehr<br />
i<br />
Koncerthuset<br />
Kopenhagen<br />
Bauzeit: 2003-2009<br />
Architekt: Jean Nouvel<br />
Akustiker: Yasuhisa Toyota,<br />
Nagata Acoustics<br />
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werden als geplant.“ Das wäre<br />
dann jene Nonchalance, die<br />
dem Franzosen nachgesagt<br />
wird. Denn aus ein wenig mehr<br />
wurde viel mehr. Während der<br />
Bauphase wuchs nicht nur das<br />
Gebäude in die Höhe, sondern<br />
ebenso sein Preis. Und zwar<br />
derart rasant, dass es zum<br />
großen Budget-Skandal kam.<br />
Am Ender wurde das Kopen-<br />
Säle: Großer Saal,<br />
Studio 2-4<br />
Nachhallzeit: 2,0 Sekunden<br />
(besetzt), 2,3 Sekunden<br />
(unbesetzt)<br />
Besucher: 150 000 pro Jahr<br />
hagener Koncerthuset mit 215<br />
Millionen Euro Gesamtkosten<br />
einer der teuersten Musikbauten<br />
aller Zeiten.<br />
Das sieht man allerdings<br />
auch. Das Haus zählt zu jenen<br />
Gebäuden, die den Betrachter<br />
wie von selbst nähertreten<br />
lassen. Seine Formsprache ist<br />
überdeutlich – oder wo sonst<br />
erheben sich 45 Meter hohe<br />
Wände, die tiefblau durchs<br />
Wintergrau schimmern? Noch<br />
eindrücklicher ist der Anblick<br />
nachts, weil dann riesige Videoprojektionen<br />
die Fassade entlangtanzen.<br />
Im Innern wird vollends klar,<br />
dass es sich beim Koncerthuset<br />
um ein Unikat handelt. Es<br />
bräuchte Tage, um all die skur-<br />
rilen Details des kastenförmigen<br />
Baus zu entdecken.<br />
Der Grundriss würde an die<br />
Berliner Philharmonie erinnern<br />
– wäre der Kernbau nicht in eine<br />
blaue Quaderhülle eingelassen.<br />
In deren oberer Hälfte ruht der<br />
große Konzertsaal auf starken<br />
Betonfüßen. Darunter entstand<br />
Platz für ein üppiges Foyer.<br />
Vermutlich ein Hauptgrund,<br />
weshalb die Elbphilharmonie<br />
Hamburg genauso konzipiert<br />
wurde – und das ist nicht die<br />
einzige Parallele zu Kopenhagen.<br />
Dort wie auch in Hamburg<br />
wurde der Japaner Yasuhisa<br />
Toyota mit der Akustik betraut.<br />
Eine Aufgabe, die als hakelig<br />
gilt, sind Akustiker doch meist<br />
im Zwiespalt. Soll der Saal in<br />
Weinbergform gebaut werden,<br />
sodass die Zuhörer auf ansteigenden<br />
Rängen um die mittig<br />
platzierte Bühne sitzen? Oder<br />
doch eher – wie ein Kinosaal<br />
– in Schuhschachtel-Art? Der<br />
Weinbergzuschnitt schafft zwar<br />
beste Blickverhältnisse, gilt<br />
aber akustisch eher als zweite<br />
Wahl.<br />
Fotos: DR Byen, Ateliers Jean Nouvel