Stereoplay Generation Hochbit
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Musik Jazz<br />
Euro-JAzz Verneri Pohjola Quartet<br />
AUDIOPHILE cD<br />
118<br />
KLANGTIPP<br />
Musik:<br />
Klang:<br />
KlangdeTails:<br />
Räumlichkeit:<br />
ausgewogenheit:<br />
Transparenz:<br />
2/12 stereoplay.de<br />
Charakterstarker<br />
Kopf: Verneri<br />
Pohjola.<br />
Ancient History<br />
Neue alte<br />
Geschichte<br />
Schon der erste Ton aus Verneri<br />
Pohjolas Trompete stellt klar: Der<br />
Finne ist keiner jener modernen<br />
Bläser, die sich mit glattem, seidigem<br />
Wohlklang in die Ohren mogeln.<br />
Tausend kleine Bläschen<br />
schwingen in dem Ton mit, zudem<br />
strömt hörbar Luft durch das Metall.<br />
Nebelverhangen und rau tönt<br />
es in „Deism“, sparsam von Klavierakkorden,<br />
Kontrabass und<br />
Schlagzeug begleitet. Und auch<br />
wenn die vier Musiker Kraft zeigen,<br />
bleibt das Gefühl von Ecken und<br />
Kanten, an denen sich der Klangstrom<br />
bricht und reibt. Eine alte<br />
Geschichte ist das, und doch wirkt<br />
das Archaische keinesfalls rückwärtsgewandt,<br />
denn Pohjolas Quartett<br />
versetzt den Hörer durch schwebende<br />
Rhythmen und den permanenten<br />
Wechsel aus Tasten und<br />
Hymnischem in die Gegenwart.<br />
In acht Stücken lassen Pohjola,<br />
Pianist Aki Rissanen, Bassist Antti<br />
Lötjönen und Schlagzeuger Joonas<br />
Riipa die Töne tanzen - funky, groovy,<br />
swingend, nervös, pulsierend.<br />
Mal wirken sie melancholisch, mal<br />
keimen unwillkürlich Assoziationen<br />
an den Trance-Jazz der 1970er auf,<br />
mal gibt es Free-Momente. Zerrissene<br />
Trompetenklänge sind ebenso<br />
zu hören wie sanfte Passagen, in<br />
„Hyperballad“ und „Cheap Taxi<br />
Adventure“ kommt Trash-Percussion<br />
ins Spiel. White View“ steigt<br />
aus einem winterlich einsamen Klaviermotiv<br />
auf majestätische, von<br />
Wolken umwehte Klang-Berge. Mit<br />
„Thunderous Thoughts“ bricht<br />
schließlich ein wildes Gewitter los,<br />
das die Erde überflutet, das Bäche<br />
über die Ufer treten und Gischt aufspritzen<br />
lässt. Wer so komponiert<br />
und spielt wie Pohjola und Co., der<br />
besitzt Charakter.<br />
Klangreise zwischen nordischer<br />
Melancholie und Energie.<br />
ACT / Edel:Kultur (62:01) Werner Stiefele<br />
PIAno-JAzz<br />
KLANGTIPP<br />
Musik:<br />
Klang:<br />
Tord gustavsen Quartet The Well<br />
Weniger ist mehr – kaum ein Jazzkünstler setzt<br />
dieses Motto so konsequent um wie der Norweger<br />
Tord Gustavsen. Sparsam setzt er die Töne, nahezu<br />
verschwenderisch dagegen verteilt er gehaltvolle<br />
Melodien. Das garantiert dem Hörer ein starkes<br />
Kopfkino. Nach drei Trio-Alben und einer CD in<br />
variabler Besetzung verfolgt Gustavsen dieses Konzept<br />
auch bei „The Well“, seiner fünften ECM-Einspielung<br />
mit elf eleganten Songperlen, in denen<br />
Tore Brunborg am Saxofon brilliert.<br />
Höchst delikater Kammer-Jazz.<br />
ECm / universal (53:19) www.tordgustavsen.com mI<br />
modErn JAzz<br />
KLANGTIPP<br />
Musik:<br />
Klang:<br />
Andy Sheppard Trio Libero<br />
Ein Saxofontrio stellt besondere Ansprüche an die<br />
Raumgestaltung. Denn die Besetzung ohne Harmonieinstrument<br />
birgt die Gefahr der Kargheit<br />
wie die der Hyperaktivität in sich. Saxofonist<br />
Andy Sheppard, Bassist Michel Benita und Drummer<br />
Sebastian Rochford aber verstehen es als „Trio<br />
Libero“ elegant, diese Untiefen zu umschiffen. Im<br />
Zentrum steht die narrative, poetische, melodiebewusste<br />
Gemeinsamkeit – und ein fließender,<br />
rankender, schweifender Klang.<br />
Freispielendes Trio mit gemeinsamem Sound.<br />
ECm / universal (51:49) www.andysheppard.co.uk rd<br />
orgEL-JAzz<br />
Musik:<br />
Klang:<br />
Florian ross Elektrio Wheels & Wires<br />
Es ist gut, gegen die Norm zu verstoßen. Florian<br />
Ross hat für sein Elektrio weiche, von den üblichen<br />
Faucheffekten befreite Hammond-Registrierungen<br />
gewählt. In den Melodien des Gitarristen Jesse van<br />
Rullers vereint sich zudem die beseelte Eleganz zweier<br />
Meistergitarristen: Volker Kriegel und John Scofield.<br />
Da auch sie und der Schlagzeuger Martijn Vink<br />
völlig unaufgeregt und sanft agieren, wehen die zehn<br />
Titel wie im Flug vorbei. Und weil alles so schön<br />
war, will man sie gleich noch mal hören.<br />
Traumhaft-sanftes Hammond-Trio.<br />
Fuhrwerk musik (50:21) www.fuhrwerk-musik.de WS<br />
KAmmEr-JAzz<br />
Musik:<br />
Klang:<br />
Christoph Stiefel / Lisette Spinnler Bima Sakti<br />
„Bima Sakti“ stammt aus dem Indonesischen und<br />
meint eine magische, übernatürliche Kraft. Um<br />
„Galaksi“ ergänzt, verweist der Titel gar auf die<br />
Milchstraße. Entsprechend verzichtet Lisette<br />
Spinnler in mehreren Songs auf Worte und gestaltet<br />
die Melodien mit exotischen Silben. Diese sind<br />
so wunderbar mit dem agil-melodiösen Klavierspiel<br />
von Christoph Stiefel verwoben, dass die beiden<br />
aus einer Welt zu berichten scheinen, in der<br />
man sich auch wortlos versteht.<br />
Kosmische Einheit aus Klavier und Stimme.<br />
Traumton / Indigo (60:19) www.traumton.de WS<br />
FuSIon<br />
Musik:<br />
Klang:<br />
Julian Fischer Quartet Stay<br />
Julian Fischer, Gitarrist aus Bremen, noch keine 20<br />
Jahre alt, und der Saxofonist Dirk Piezunka passen<br />
prächtig zusammen. Sie verbindet die Fähigkeit, mit<br />
verschlungenen Melodien zu improvisieren und dabei<br />
stets den Bezug zum Ausgangsthema zu bewahren.<br />
Peter Schwebs und Ralf Jackowski grundieren<br />
die zehn Stücke souverän und abwechslungsreich.<br />
So jung der Bandleader sein mag, er lässt sich stilistisch<br />
von der Fusion der 1980er inspirieren, einer<br />
Zeit also, als er noch gar nicht auf der Welt war.<br />
Fusion mit ausdrucksstarken Melodien.<br />
Berthold records / Harmonia mundi (60:01) www.berthold-records.de WS<br />
modErn JAzz<br />
Musik:<br />
Klang:<br />
mark Wyand I‘m old Fashioned<br />
Inzwischen lebt der britische Tenorsaxofonist Mark<br />
Wyand in Berlin. Seiner Musik tut das hörbar gut,<br />
denn die Stadt führt ihn mit Kollegen wie dem Gitarristen<br />
Frank Möbus zusammen, der das Album<br />
„I‘m Old Fashioned“ mit dezent herben Akzenten<br />
versorgt. Überhaupt ist der Titel irreführend, denn<br />
auch wenn Wyand mit der Tradition spielt, so ist<br />
das Statement dieses 37-Jährigen doch alles andere<br />
als altmodisch.<br />
Ein Quintett mit Gesangsgast Ofri Bri, das angenehm<br />
unaufgeregt einen ruhigen, gehaltvollen Jazz spielt.<br />
edel:Content / edel:Kultur (60:02) www.markwyand.com rd<br />
FOTO: Jörg Grosse-Geldermann / ACT