Stereoplay Generation Hochbit
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Musik Klassik<br />
KONZERT<br />
Musik:<br />
Klang:<br />
OPER<br />
Musik:<br />
Klang:<br />
Voigts Kolumne<br />
KLANGTIPP<br />
FlötenKönig Emmanuel Pahud, Kammerakademie Potsdam, Trevor Pinnock (2011)<br />
Foto-Posing als „FlötenKönig“: Mit<br />
gepudertem Haarschopf und Uniform<br />
tritt Emmanuel Pahud die<br />
Nachfolge Friedrichs des Großen an.<br />
Zum 300. Geburtstag des Preußenkönigs<br />
erinnert der Schweizer Flötist<br />
an die musikalische Welt, die<br />
Adolph Menzel in seinem berühmten<br />
Ölgemälde festgehalten hat, das<br />
Friedrich als Solisten im Kreise der<br />
höfischen Gesellschaft zeigt.<br />
Abgesehen von Johann Sebastian<br />
Bach sind auf Pahuds Album durchweg<br />
Komponisten vertreten, die am<br />
Preußischen Hofe wirkten: Fried-<br />
Gioia! – Arien und Szenen von Mozart, Rossini, Donizetti, Verdi u.a. Kurzak, Orquestra de la Comunitat Valencia, Wellber (2010)<br />
Breslau, Hamburg, Salzburg – das<br />
sind die wichtigsten Stationen der<br />
nunmehr zehn Jahre währenden Bühnenkarriere<br />
von Aleksandra Kurzak,<br />
die sich jetzt mit ihrem Debütalbum<br />
bei Decca positioniert. Dort hat die<br />
34-jährige Sopranistin, die erst spät<br />
zum Singen fand, gleich die wichtigsten<br />
Bravourstücke ihres jetzt<br />
schon breit gefächerten Repertoires<br />
zusammengetragen.<br />
Der Rezensent der renommierten<br />
britischen „Op era“ verglich ihre<br />
„Lucia“ schon mit Ikonen wie Callas<br />
und Sutherland. Das scheint nicht<br />
„Ring“-Fieber: Auch die Hamburger Produktion ist<br />
jetzt komplett dokumentiert, allerdings nur akustisch.<br />
Was John Culshaw, der Klangregisseur<br />
des legendären Decca-„Ring“ unter Georg<br />
Solti, seinerzeit an Aufwand treiben,<br />
wie viel Zeit und Geld er für „Try and<br />
Error“ verbraten durfte, muss einem heutigen<br />
Produzenten fast wie ein Märchen<br />
erscheinen. Schon die „normale“ Studio-Produktion<br />
einer Wagner-Oper lässt<br />
sich kaum noch finanzieren, geschweige<br />
denn eine akustische Inszenierung im<br />
Culshaw-Stil. Bleibt als einzige Möglichkeit<br />
die Dokumentation einer Bühnenproduktion.<br />
Und die wurde in den letzten<br />
Jahren reichlich genutzt.<br />
Nach der Pioniertat des kleinen, aber<br />
feinen Labels Ars mit der Live-Aufnahme<br />
des Kasseler „Siegfried“ (1998/99)<br />
sind immerhin acht komplette „Ringe“<br />
erschienen, ein neunter wurde gerade<br />
fertiggestellt: Mit der kürzlich veröffentlichten<br />
„Götterdämmerung“ ist auch die<br />
Hamburger Neuproduktion unter Simon<br />
Young komplett, zumindest akustisch.<br />
Oehms Classics hat sich auf den musi-<br />
richs Musiklehrer Johann Joachim<br />
Quantz, Franz Benda, Johann Friedrich<br />
Agricola sowie Carl Philipp<br />
Emanuel Bach. In ihrer Musik offenbart<br />
sich ein Zeitbild, das die unterschiedlichen<br />
Strömungen und ästhetischen<br />
Konzepte beleuchtet, die<br />
Europa beim Übergang vom Barock<br />
zur Aufklärung prägten und sich im<br />
diskursiv-philosophischen Klima von<br />
Schloss Sanssouci ungestört entfalten<br />
konnten.<br />
Pahud und die Kammerakademie<br />
Potsdam unter der Leitung von Trevor<br />
Pinnock liefern zwar keine wirk-<br />
einmal übertrieben, denn allein die<br />
technischen Qualitäten des makellos<br />
geführten, unglaublich beweglichen,<br />
jugendlich strahlenden Soprans kann<br />
man tatsächlich nur mit Superlativen<br />
beschreiben.<br />
Ob Mozarts Susanna und Rossinis<br />
Rosina, ob die tragischen Belcanto-<br />
Heroinen Donizettis und Verdis, ob<br />
die kokette Adele oder Puccinis Musetta<br />
und Lauretta – die junge Polin<br />
meistert die unterschiedlichsten Charaktere<br />
mit einer virtuosen Eleganz,<br />
lyrischem Feuer und schierer Lust<br />
am Singen. Der Titel „Gioia!“ trifft<br />
kalischen Teil beschränkt, auf die Inszenierung<br />
von Claus Guth verzichtet.<br />
Schon deshalb wäre ein erneuter Vergleich<br />
Hamburg – Lübeck Unsinn, lebt<br />
doch die Lübecker Produktion zum großen<br />
Teil von der Inszenierung Anthony<br />
Pilavacchis (siehe stereoplay 12/2010).<br />
Wer heute einen „Ring“ als Gesamtkunstwerk<br />
auf DVD präsentiert, leistet<br />
in erster Linie einen Beitrag zur aktuellen<br />
Rezeption, zeigt, wie es mit der Inszenierungsgeschichte<br />
der Tetralogie<br />
nach Patrice Chereau weitergegangen<br />
ist. Wer sich aber auf die Musik beschränkt,<br />
stellt sich dem Vergleich mit<br />
glorreicher Vergangenheit – oder sollte<br />
man sagen: setzt sich ihm aus? Und darin<br />
liegt das Problem des Hamburger<br />
„Ring“. Zwar schafft es die Dirigentin,<br />
das routiniert-lustlos wirkende Orchester<br />
auch zu starken Momenten zu animieren<br />
(z. B. im zweiten Akt der „Götterdämmerung“),<br />
zwar gibt es im Sängerensemble<br />
gutes Potenzial, doch die<br />
lich neuen Erkenntnisse zur historischen<br />
Aufführungspraxis, lassen aber<br />
unter die virtuose Oberfläche der<br />
Stücke blicken. Zudem verleihen sie<br />
den Persönlichkeiten, die in der Musik<br />
zum Ausdruck kommen, ein jeweils<br />
unverkennbares Profil: vom königlich-selbstbewussten<br />
Friedrich bis<br />
hin zum vergeistigten Johann Sebastian<br />
Bach.<br />
Der Große als „FlötenKönig“: Ein schöneres<br />
und passenderes Geburtstagsgeschenk<br />
hätte man dem Alten Fritz<br />
wohl schon zu Lebzeiten nicht machen<br />
können.<br />
EMI 50999 0842202 6 (146:25, 2 CDs) Miquel Cabruja<br />
KLANGTIPP<br />
es ganz genau, verströmt Aleksandra<br />
Kurzak hier doch pure Lebensfreude,<br />
vereint mit hoher gestalterischer<br />
Intelligenz, entwaffnender Souveränität<br />
und einer emotionalen Offenheit.<br />
Das nimmt den Hörer sofort<br />
gefangen, selbst wenn er hie und<br />
da noch den großen Ausdruck, die<br />
reine Kunst, den tragischen Tiefgang<br />
vermisst. Das kommt alles noch, da<br />
bin ich mir sicher.<br />
Für ein Debütalbum ein starkes Stück<br />
und eine echte Droge, denn auch<br />
Orchester, Dirigent und Tonmeister<br />
legen sich voll ins Zeug.<br />
Decca / Universal 478 2730 (60:51) Attila Csampai<br />
116<br />
2/12 stereoplay.de<br />
Konkurrenz auf CD ist nun mal er-<br />
drückend stark. Und wenn Brünnhildes<br />
Stimme so schaukelt, dass einem schwindelig<br />
werden kann, wenn Siegfried und<br />
Hagen ein Wechselbad aus gellenden und<br />
rauen Klängen bieten, dann fragt man<br />
sich doch, ob eine solche Veröffentlichung<br />
mehr sein will (und kann) als ein<br />
Souvenir für alle, die live dabei waren<br />
(Oehms Classics 928).<br />
FOTO: PR