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Das Ende des toten Winkels

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22 Baumaschinen<br />

bi BauMagazin 8+9 | 10<br />

Rudolf Rutenbeck hat noch einiges an Aufklärungsarbeit zu leisten. Ein kleines Demo-Gerät hilft ihm, den<br />

Kunden den neuartigen Warnton <strong>des</strong> bbs-tek Backalarm näherzubringen. | Foto: bi/Stellmach<br />

<strong>Das</strong> <strong>Ende</strong><br />

<strong>des</strong> <strong>toten</strong> <strong>Winkels</strong><br />

Sichtbehinderungen stellen bei Baumaschinen ein großes<br />

Gefahrenpotenzial dar: Kollisionen verursachen kostspielige<br />

Schäden und ärgerliche Ausfallzeiten, im schlimmsten Fall sind<br />

Menschenleben zu beklagen. Dabei kann die Gefahr mit geeigneter<br />

Technik weitgehend gebannt werden.<br />

Der Monitor <strong>des</strong> BE-970 von Brigade stellt bis zu vier<br />

Kamerabilder gleichzeitig als Bild-in-Bild-Lösung dar.<br />

Rechts: <strong>Das</strong> Radarsystem ‚Backsense‘ gibt es in vielen<br />

Ausführungen für jeden Baumaschinentyp, wie hier<br />

zum Beispiel für einen Muldenkipper. | Fotos: Brigade<br />

Immer wieder werden Beschäftigte, die in der<br />

Nähe von Baumaschinen arbeiten, angefahren<br />

oder überrollt, weil sie vom Maschinenführer<br />

nicht wahrgenommen werden. Wichtigster<br />

Grund: Baumaschinen haben tote Winkel, die<br />

vom Fahrerplatz aus nicht eingesehen werden<br />

können. Viele Unfälle wären vermeidbar, wenn<br />

die Sicherheitsstandards eingehalten würden,<br />

sagt die Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft.<br />

Sie will mit ihrer Aktion „Sehen und gesehen<br />

werden“ im Rahmen der Kampagne „Risiko<br />

raus“ den Unternehmen Anreize geben,<br />

ihre Baumaschinen mit technischen Einrichtungen<br />

zur Verbesserung der Sicht auszustatten.<br />

Je<strong>des</strong> Jahr geschehen in der Bauwirtschaft über<br />

12.000 oft schwere Unfälle, bei denen Baumaschinen<br />

und Geräte für Erdbewegungen und<br />

Straßenbau sowie Kraftfahrzeuge beteiligt<br />

sind. Allein im Jahr 2008 starben dabei 27 Menschen.<br />

Diese Zahlen sind umso trauriger, als<br />

die meisten der Unfälle mit geeigneten technischen<br />

Hilfsmitteln wahrscheinlich hätten verhindert<br />

werden können. Maschinen- oder Geräteführer<br />

können auf Beschäftigte in ihrem<br />

Umfeld nur richtig reagieren, wenn sie diese<br />

auch sehen können. Radlader, Planierraupen<br />

und Walzen beispielsweise fahren während der<br />

Arbeit zu 40 bis 50 Prozent rückwärts. Für den<br />

Fahrer, der sich auf den Arbeitsablauf konzentrieren<br />

muss, ist es dadurch umso schwerer, in<br />

der Nähe arbeitende Personen wahrzunehmen.<br />

Anders herum werden zum Beispiel Fahrzeuge<br />

mit Elektromotor wegen <strong>des</strong> fehlenden Motorgeräuschs<br />

von Arbeitern oft nicht bemerkt.<br />

<strong>Das</strong> Anliegen der BG Bau ist es daher vor allem,<br />

Maßnahmen zur Unfallverhütung deutlicher zu


i BauMagazin 8+9 | 10 Baumaschinen<br />

Die ISO 5006:2006 macht klare Vorgaben: In einem<br />

Meter Abstand zur Maschine muss ein leicht gebückt<br />

stehender Mensch von 1,50 Meter Höhe gesehen<br />

werden können – die Oberkante <strong>des</strong> hier dargestellten<br />

Rahmens. | Grafik: Zeppelin<br />

machen:<br />

So sind die<br />

Betriebe bei<br />

einer Einschränkung<br />

der Sicht verpflichtet,<br />

Hilfsvorrichtungen wie Spie- gel oder Kamera-Monitorsysteme<br />

an der Maschine anzubringen.<br />

Nach der Sichtfeld-Norm ISO 5006,<br />

Teil der überarbeiteten Maschinenrichtlinie<br />

aus dem Jahr 2006, soll selbst ein leicht gebückter<br />

Mensch mit einer Höhe von 1,50 Metern,<br />

der nur einen Meter entfernt arbeitet, vom<br />

Fahrer zu sehen sein.<br />

Spiegel und Kameras<br />

Die Kamera am Heck eines Baggers überträgt<br />

das sonst nicht einsehbare Umfeld auf einen<br />

Monitor in der Fahrerkabine. Durch eine einfache<br />

technische Erweiterung, durch Drehsitze,<br />

kann zudem das Sichtfeld an Walzen bis zu 180<br />

Grad erweitert werden. So blickt der Maschinenführer<br />

auch beim Rückwärtsfahren in Fahrtrichtung.<br />

In Deutschland haben sich zum Beispiel Motec,<br />

Orlaco und Mekra Lang mit ihren Kamerasystemen<br />

einen Namen gemacht. Sie bieten für nahezu<br />

jeden Maschinentyp die passende Sicherheitslösung<br />

in Form eines ausgeklügelten Systems<br />

von Kameras und im Fall von Mekra Lang<br />

auch Spiegeln, die auch den letzten <strong>toten</strong> Winkel<br />

sichtbar machen. Die Kameras und Monitore<br />

sind dabei mit dynamischen Bildsensoren<br />

beziehungsweise starker Hintergrundbeleuchtung<br />

auf schnell wechselnde Lichtverhältnisse<br />

ausgelegt und liefern jederzeit gestochen<br />

scharfe und kontrastreiche Bilder. Je nach Maschinentyp<br />

und Einsatzbereich sind die Geräte<br />

außerdem wasserdicht, temperaturunempfindlich<br />

oder besonders stabil gegen Erschütterungen.<br />

Dabei gibt es Sichtbehinderungen<br />

nicht nur am Heck von Baumaschinen. Auch<br />

nach vorn kann<br />

eingeschränkte<br />

Sicht durch eine Kamera<br />

verbessert werden. Sie hat meist<br />

ein größeres Sichtfeld als ein Frontsichtspiegel<br />

und liefert dem Fahrer auch bei Regen<br />

und Dunkelheit klare Bilder. Montiert werden<br />

kann sie zum Beispiel als Dachkamera, die<br />

einen optimalen Blick auf den Arbeitsbereich<br />

hat und bei Rückwärtsfahrt automatisch auf<br />

die Heckkamera umschaltet.<br />

Akustische Systeme<br />

<strong>Das</strong> Problem bei Rückfahrkameras ist: Sie warnen<br />

den Fahrer nicht aktiv, sondern stellen<br />

ihm nur passiv das Bildmaterial zur Verfügung.<br />

Sieht er nicht im entscheidenden Moment auf<br />

den Monitor, hat das System keine Wirkung.<br />

Außerdem ist die Aufnahmefähigkeit <strong>des</strong> Menschen<br />

für optische Reize begrenzt. Eine gute<br />

Ergänzung zu den Kameras sind daher akustische<br />

Warner, bislang als sogenannte ‚Pieper‘<br />

bekannt – und bei Bauleuten ausgesprochen<br />

unbeliebt. Viele sind von dem durchdringenden<br />

Piepton genervt – genau<br />

wie Passanten und Anwohner,<br />

die ebenfalls in den „Genuss“<br />

<strong>des</strong> Piepens kommen. Was allerdings<br />

noch viel<br />

schlimmer<br />

ist: Bei dem<br />

Warnton tritt<br />

ein Gewöhnungseffekt<br />

ein, das<br />

heißt, das<br />

ständige Piepen<br />

wird ir-<br />

gendwann ignoriert, oder das System wird<br />

zum Beispiel mithilfe von Putzlappen „mundtot“<br />

gemacht. Zudem funktioniert die Warnung<br />

eigentlich nur dann richtig gut, wenn lediglich<br />

eine Maschine im Einsatz ist. Beim Einsatz<br />

mehrerer Baumaschinen überlagern sich die<br />

Töne und sind nicht mehr eindeutig zuzuordnen.<br />

Die BG Bau hält daher nach ihren Erfahrungen<br />

akustische Warnsignale allein für nicht<br />

ausreichend.<br />

Weißes Rauschen überzeugt<br />

Rudolf Rutenbeck, Geschäftsführer der Brigade<br />

Elektronik GmbH in Neumünster, hatte dieses<br />

Problem schon längere Zeit zu schaffen gemacht.<br />

Auf der Bauma 1998 lernte er das britische<br />

Unternehmen Brigade kennen, und dort<br />

fiel es ihm sozusagen wie Schuppen von den<br />

Augen. Die Briten, seit 1976 am Markt und Pioniere<br />

der ersten akustischen Rückfahrwarner,<br />

setzten ab 2001 im ‚bbs-tek Backalarm‘ ein sogenanntes<br />

Breitbandrauschen (auch: weißes<br />

Rauschen), eine Komposition mehrerer Frequenzen,<br />

als Warnton ein. Der Vorteil: Es ist<br />

vom Menschen schnell und einwandfrei lokalisierbar.<br />

Rutenbeck machte selbst den Test und<br />

„überraschte“ auf späteren Messeauftritten<br />

die Besucher mit dem Geräusch. Die Besucher<br />

drehten sich auf der Suche nach der Quelle <strong>des</strong><br />

Tons stets intuitiv in die richtige Richtung. <strong>Das</strong>s<br />

wir derartige Geräusche so gut orten können,<br />

sagt Rutenbeck, sei in der Evolution <strong>des</strong> Menschen<br />

angelegt. Als der Mensch noch eher Gejagter<br />

als Jäger war, war diese Fähigkeit überlebenswichtig.<br />

Ein weiterer großer Vorteil <strong>des</strong><br />

Breitbandsounds: Er ist räumlich begrenzt und<br />

insgesamt leiser, das heißt, er ist außerhalb<br />

<strong>des</strong> Arbeitsbereichs beziehungsweise<br />

<strong>des</strong><br />

Firmengelän<strong>des</strong><br />

kaum<br />

mehr zu<br />

hören – für<br />

Die Bauform gängiger Mobilbagger bringt erhebliche Sichtfeldeinschränkungen im Heck- und Seitenbereich<br />

mit sich. Zusätzlich versperrt der Ausleger je nach Arbeitsposition mehr oder weniger ausgeprägt den Blick<br />

nach vorne und zur Seite. | Grafik: www.gesunde-bauarbeit.de<br />

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24 Baumaschinen<br />

bi BauMagazin 8+9 | 10<br />

Unscheinbar am Heck <strong>des</strong> Baggers angebracht, behält die Rückfahrkamera den Bereich hinter der Maschine im Auge. | Foto: Orlaco<br />

viele Anwohner sicher ein Segen, gerade in der<br />

Nacht, und für Bauunternehmer ein wirksamer<br />

Schutz vor Beschwerden. Weil sich der Warnton<br />

auf die eigentliche Gefahrenzone konzentriert,<br />

steigt die Aufmerksamkeit für den Alarm,<br />

und er wird nicht so leicht ignoriert.<br />

Brigade hatte schon einige Zeit versucht, seine<br />

Pieper in Deutschland an den Mann zu bringen,<br />

dabei aber wenig Erfolg gehabt. Während die<br />

Geräte zum Beispiel in Großbritannien guten<br />

Absatz fanden, schienen die Pieper in Deutschland<br />

einfach nicht durchsetzbar zu sein. „Der<br />

deutsche Markt für Akustikwarner war tot“,<br />

sagt Rutenbeck. „‘bbs-tek‘ hat das geändert.“<br />

Die Unternehmen, insbesondere solche in der<br />

Zementindustrie, hätten das Thema damals vorangetrieben,<br />

anfangs noch gegen den Widerstand<br />

der meisten Berufsgenossenschaften.<br />

Auf der Bauma 2001 feierte der neuartige, „flüsternde“<br />

Akustikwarner seine Premiere. In der<br />

neuen, auf der diesjährigen Bauma vorgestellten<br />

Ausführung passt er seine Lautstärke intelligent<br />

an den Geräuschpegel in der Umgebung<br />

an, so dass er gerade einmal fünf bis zehn Dezibel<br />

lauter ist – laut genug, um gehört zu werden,<br />

aber nicht so laut, dass er störend wirkt. Dabei<br />

deckt er in den Varianten SA-BBS-97 und SA-<br />

BBS-107 verschiedene Lautstärkebereiche ab.<br />

Vielfalt schafft Sicherheit<br />

Brigade nimmt für sich in Anspruch, als einziger<br />

Anbieter am Markt das komplette Spektrum<br />

der Rückfahrsicherheit für jeden Baumaschinentyp<br />

anzubieten, neben dem Akustikwarner<br />

bbs-tek, Kamera-Monitor-Systemen<br />

und Radar- und Ultraschallsystemen also auch<br />

scheinbar triviale Dinge wie Arbeitsscheinwerfer,<br />

Spezialspiegel und Rundum- und Blitzleuchten.<br />

Jeder dieser Artikel leistet, je nach<br />

Einsatzgebiet mit unterschiedlicher Gewichtung,<br />

seinen Beitrag zur Erhöhung der Sicherheit.<br />

Auf der diesjährigen Bauma stellte Brigade<br />

das Kamera-Monitor-System BE-970 FM<br />

in einer besonders robusten Ausführung für erhöhte<br />

Anforderungen vor. Es entspricht damit<br />

den Standards SA-J1455 für den Einsatz in extrem<br />

rauher Umgebung und ISO 13766:2006<br />

für die elektromagnetische Verträglichkeit bei<br />

Erdbewegungsmaschinen. Insgesamt ist die<br />

Nachfrage nach den Systemen seit Bekanntwerden<br />

der neuen Maschinenrichtlinie spürbar<br />

angestiegen. Einige Unternehmen haben<br />

aber bereits früher erkannt, dass sich Arbeitssicherheit<br />

letztlich in Kostenvorteilen auszahlt:<br />

„Weltunternehmen in der Gewinnungsbranche<br />

wie zum Beispiel Hanson Plc. setzen die Steigerung<br />

der Arbeitssicherung mit dem Ziel „Null<br />

Arbeitsunfälle“ seit vielen Jahren als höchstes<br />

Unternehmensziel an. Diese Vorgehensweise<br />

hat Signalwirkung“, sagt Rutenbeck.<br />

Der Unternehmer ist davon überzeugt, dass<br />

mit dem bbs-Tek-Warner in der Vergangenheit<br />

viele Unfälle hätten verhindert werden können.<br />

Er erzählt von einem Unfall, der sich in einem<br />

Steinbruch ereignete: Einer der Fahrer fuhr<br />

mit seinem Radlader jeden Morgen vorwärts<br />

aus seiner Parkposition, um sein Fahrzeug vor<br />

Dienstbeginn zu betanken. Einige seiner Kollegen<br />

stellten sich eines Morgens, weil es kalt<br />

und windig war, zum Rauchen ans Heck seiner<br />

Maschine, in deren Windschatten. Sie blieben<br />

dort auch stehen, nachdem er den Motor angelassen<br />

hatte, darauf vertrauend, dass er wie<br />

gewohnt vorwärts losfahren würde. <strong>Das</strong> tat er<br />

aber an diesem Morgen nicht. Er hatte mit Blick<br />

auf den noch gut gefüllten Tank spontan entschieden,<br />

auf das Tanken zu verzichten und<br />

sofort mit der Arbeit zu beginnen. Also setzte<br />

er zurück. Es kam, wie es kommen musste: Er<br />

überrollte die Männer, sie erlitten schwerste<br />

Verletzungen. Wäre der Radlader mit einer<br />

Rückfahrkamera oder sogar nur mit dem banalen<br />

Rückfahrwarner ausgestattet gewesen,<br />

hätten die Männer trotz der kurzen Distanz<br />

vielleicht noch eine Chance gehabt.<br />

Breiter Anwendungsbereich<br />

Akustische Warner sind übrigens nicht nur für<br />

die Baubranche interessant. Auch der Agrarbereich<br />

ist ein großer Absatzmarkt für Brigade.<br />

Kunden hat das Unternehmen außerdem in der<br />

Hafenwirtschaft und bei Flughafenbetreibern.<br />

Ein bedeuten<strong>des</strong> Einsatzgebiet findet der akustische<br />

Warner auch bei Elektrofahrzeugen. Da<br />

ihnen das klassische Geräusch <strong>des</strong> Verbrennungsmotors<br />

fehlt, ist ein akustisches Warnsignal<br />

umso wichtiger. Es gibt bereits Städte,<br />

in denen der Breitbandsound <strong>des</strong> bbs-tek das<br />

einzig zugelassene Alarmsignal an lärmempfindlichen<br />

Orten wie Schulen, Krankenhäusern<br />

oder Altenheimen ist, zum Beispiel New<br />

York City. Auch London hat für seine Baustellen<br />

entsprechende Lärmrichtlinien erlassen. In<br />

den Niederlanden ermöglicht das Gerät Spediteuren<br />

nächtliche Auslieferungen in Wohngebieten.


i BauMagazin 8+9 | 10 Baumaschinen<br />

Für jeden Maschinentyp und für jede Anwendung das Richtige: Brigade kann seinen Kunden rund 50 Varianten <strong>des</strong> akustischen Rückfahrwarners anbieten. | Foto:<br />

bi/Stellmach<br />

Die Schwäche <strong>des</strong> „rauschenden“ Warners<br />

liegt genau wie die <strong>des</strong> Piepers eindeutig<br />

darin, dass sie die Umgebung warnen und<br />

nicht den Fahrer. Die Zukunft liegt daher nach<br />

Ansicht von Rutenbeck in intelligenten Kamerasystemen,<br />

die über eine Objekterkennung<br />

verfügen und den Fahrer aktiv warnen. Dennoch,<br />

sagt er, werden akustische Warner ihre<br />

<strong>Das</strong>einsberechtigung nicht verlieren: „Weder<br />

ein Radar- noch ein Kamerasystem bieten 100prozentige<br />

Sicherheit und werden in Anwendungssituationen<br />

an ihre Grenzen stoßen. Der<br />

bbs-tek kann dann unter Umständen zu geringem<br />

Kostenmehraufwand das ‚Zünglein an der<br />

Waage‘ werden.“ Ein redundantes System mit<br />

mehrfacher Absicherung verbessere die Chancen<br />

zur Vermeidung von Kollisionen. Im Prinzip<br />

komme jede Baumaschine mit Sichtbehinderung<br />

für die Technik infrage, das Potenzial<br />

sei also riesig. Brigade hat sich ein ehrgeiziges<br />

Ziel gesetzt: In den nächsten zwei Jahren wollen<br />

die Briten alle Pieper durch bbs-tek-Warner<br />

ersetzen. Ein technologischer Trend könnte<br />

den Briten dabei in die Hände spielen: Die stetig<br />

wachsende Zahl von Bau- und Umschlagfahrzeugen<br />

mit Elektroantrieb, die nur schwer<br />

akustisch wahrnehmbar sind, stellt ein großes<br />

Potenzial dar.<br />

Ultraschall-, Infrarot- und<br />

Radarsysteme<br />

Kameras und der akustische bbs-tek-Warner<br />

bieten zusammen ein hohes Maß an Sicherheit.<br />

Sie können jedoch keine Personen oder<br />

Hindernisse erkennen und den Fahrer aktiv<br />

vor ihnen warnen. Auf der Bauma 2010 hat Brigade<br />

daher erstmals das Impuls-Radar-System<br />

‚Xtreme Backsense‘ vorgestellt. Es warnt den<br />

Fahrer durch optische und akustische Signale<br />

und lässt sich für präzise definierte Detektionsbereiche<br />

in bis zu zehn Metern Entfernung<br />

programmieren. Störende Anbauteile am Fahrzeug<br />

lassen sich ausblenden. Der große Vorteil<br />

gegenüber Kamerasystemen: <strong>Das</strong> Radar erfasst<br />

bewegte und unbewegte Objekte an jedem Einsatzort,<br />

egal welche Temperaturen oder Wetterbedingungen<br />

herrschen, das heißt auch im<br />

Dunkeln oder bei strömendem Regen.<br />

Auch Orlaco hat auf der Bauma 2010 ein Radarsystem<br />

vorgestellt. Wenn Personen oder<br />

Objekte hinter der Maschine auftauchen, und<br />

nur dann, schaltet es automatisch das entsprechende<br />

Kamerabild auf den Monitor und warnt<br />

den Fahrer mit einem akustischen Signal. Durch<br />

das akustische und das optische Signal wird die<br />

Aufmerksamkeit <strong>des</strong> Fahrers zweifach geweckt.<br />

<strong>Das</strong> niederländische Unternehmen Groeneveld<br />

arbeitet bei seinem ‚Greensight‘-System<br />

mit Ultraschall. Wie bei Orlaco unterstützen<br />

auch hier Kamera und Monitor die Technik,<br />

indem sie sich im Bedarfsfall automatisch zuschalten<br />

und den Fahrer auf die drohende Gefahr<br />

hinweisen. Ultraschallsensoren tasten<br />

den Bereich hinter der Maschine ab. Dabei<br />

können innerhalb dieses Bereichs individuell<br />

angepasste Warnzonen definiert werden, die<br />

sich jeweils mit einem unverwechselbaren optischen<br />

und akustischen Signal bemerkbar machen.<br />

Als Sonderausstattung gibt es ‚Greensight‘<br />

mit Smart-Alarm‘: Er erzeugt ein akustisches<br />

Signal nur dann, wenn sich Objekte<br />

oder Personen im Erfassungsbereich befinden.<br />

Außerdem passt sich sein Lautstärkepegel<br />

der Umgebungslautstärke an. ‚Greensight‘<br />

ist auch als ‚Basic‘-Version ohne Kamera und<br />

Monitor erhältlich. Es zeigt die Entfernung optisch<br />

in Form von LEDs an, funktioniert also wie<br />

ein Parkassistent im Pkw. Ein Vorteil der Radar-<br />

wie auch der Ultraschallsysteme ist, dass sie<br />

sich vollständig einkapseln lassen und so sicher<br />

vor Verschmutzung oder Beschädigungen<br />

sind. Der Signalempfang wird dadurch nicht<br />

beeinträchtigt.<br />

Auch die Baumaschinenhersteller haben ihre<br />

Hausaufgaben gemacht und bieten inzwischen<br />

eigene Rückfahrsicherheitssysteme ab Werk<br />

an. Einige der Lösungen haben aber bislang<br />

noch Schwächen hinsichtlich der Praxistauglichkeit:<br />

So stellen Monitore, die als ‚Multifunktionsdisplays‘<br />

neben der rückwärtigen<br />

Sicht noch andere Bedienfunktionen übernehmen<br />

müssen, einen Kompromiss dar, der von<br />

vielen Fahrern kritisch gesehen wird. In der<br />

Praxis wird immer häufiger gefordert, dass die<br />

Bilder permanent zur Verfügung stehen. Auch<br />

wenn Rückfahrsicherheitssysteme irgendwann<br />

zur Serienausstattung von Baumaschinen gehören<br />

werden, wird Brigade mit der Nachrüstung<br />

noch einige Zeit gute Geschäfte machen.<br />

„Der Nachrüst-Markt ist aufwendiger in der Bearbeitung,<br />

aber nicht weniger bedeutend, da<br />

Baumaschinen langfristig genutzt werden“,<br />

sagt Rutenbeck. Hersteller wie z.B. Caterpillar<br />

böten hochwertige Programme zur Aufarbeitung<br />

und Modernisierung als kostengünstige<br />

Alternative zur Neuanschaffung an.<br />

Hendrik Stellmach ❚<br />

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