Skandinavisches Wohndesign
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<strong>Skandinavisches</strong><br />
<strong>Wohndesign</strong>
HÖHERE LEHRANSTALT FÜR PRODUKTMANAGEMENT<br />
UND PRÄSENTATION<br />
2340 MÖDLING, JOSEF-HYRTL-PLATZ 3, 02236/22 205<br />
FACHSPEZIFISCHE THEMENSTELLUNG<br />
<strong>Skandinavisches</strong> <strong>Wohndesign</strong><br />
Haupttermin 2014<br />
Linda Simhofer<br />
5PB
Eigenständigkeitserklärung<br />
Ich erkläre, dass die vorliegende Fachspezifische Arbeit von mir verfasst<br />
wurde und dass ich dazu keine anderen als die angeführten Behelfe<br />
verwendet habe.<br />
Die Reinschrift habe ich einer Korrektur unterzogen.<br />
Ort, Datum<br />
Unterschrift
INHALTSVERZEICHNIS<br />
Vorwort<br />
Seite 5<br />
02<br />
Einleitung<br />
Leben im Norden<br />
Seite 7<br />
03<br />
Entwicklung des Skandinavischen<br />
Design<br />
Seite 15<br />
04<br />
Funktionalismus<br />
Seite 19<br />
05<br />
Merkmale Seite 21<br />
05.1 Licht Seite 25<br />
05.2 Freiraum Seite 27<br />
05.3 Farbe Seite 29<br />
06<br />
07<br />
08<br />
Materialien Seite 33<br />
Design-Ikonen Seite 47<br />
Jungdesigner Seite 59<br />
06.1 Holz Seite 35<br />
06.2 Stein Seite 39<br />
06.3 Glas Seite 41<br />
06.4 Textil 43<br />
06.5 Stahldraht und Kunststoff<br />
Seite 45<br />
07.1 Carl Larsson Seite 47<br />
07.2 Arne Jacobsen Seite 49<br />
07.3 Verner Panton Seite 53<br />
07.4 Bruno Mathsson Seite 55<br />
07.5 Fritz Hansen Seite 57<br />
08.1 Scandinavian Design House Seite 59<br />
08.2 Ikea Seite 63<br />
08.3 Villa Sieben Seite 64<br />
08.4 Dottings Seite 65<br />
1
09<br />
10<br />
11<br />
12<br />
13<br />
Interview<br />
Fazit<br />
Quellenverzeichnis<br />
Abbildungsverzeichnis<br />
Praktische Arbeit<br />
Seite 66<br />
Seite 68<br />
Seite 71<br />
Seite 74<br />
Seite 76<br />
3
VORWORT<br />
Aufgrund meiner fachspezifischen Arbeit habe ich mich<br />
sehr intensiv mit dem Thema „<strong>Skandinavisches</strong> Design“<br />
beschäftig. Für mich stand vor allem die wissenschaftliche<br />
Frage, die ich mir stellte, im Vordergrund. „Wie sehr werden<br />
die heutigen skandinavischen Jungdesigner von den<br />
Design-Ikonen wie Arne Jacobsen, Bruno Mathsson, Verner<br />
Panton oder Carl Larsson beeinflusst?“ Wichtig war es<br />
mir, Gemeinsamkeiten und Verbindungen zwischen den<br />
Designern herauszufinden und diese anschaulich darzustellen.<br />
Ich möchte mit meiner Arbeit zeigen, was den skandinavischen<br />
Stil so einzigartig macht.<br />
5
„Abwechslung ist eine gute Medizin für die<br />
meisten Leiden.“<br />
Christine von Schweden<br />
6
02 EINLEITUNG<br />
LEBEN IM NORDEN<br />
Man setzt den ersten Schritt in einen Wohnraum, und auf<br />
den ersten Blick ist klar, in welcher Weltgegend man sich<br />
befindet. Es gibt nur wenige Gegenstände im Raum und<br />
diese sind nicht nur von einfacher Form, sondern sie gehören<br />
auch zu einem festen Repertoire von Farben und<br />
Raumordnungen, von Möbeln und Einrichtungsgegenständen,<br />
dessen grundlegende Bestandteile seit Jahrzehnten<br />
bekannt sind. Der Wohnraum ist hell, die Farbe Weiß dominiert,<br />
ohne ihm Schatten und Tiefe zu nehmen und die<br />
ganze Zusammenstellung sieht aus, als habe es darin nie<br />
eine Unordnung gegeben. Die Einrichtung signalisiert ruhige<br />
Zurückhaltung und elegante Bescheidenheit. Dieser Stil,<br />
so viel ist auch dem Unerfahrenen sofort klar, gehört in den<br />
europäischen Norden.<br />
Dieser Stil ist in Dänemark, Norwegen, Schweden, Finnland<br />
und Island zu Hause. Er ist skandinavisch. Die fünf Länder<br />
Skandinaviens: Finnland, Norwegen, Schweden, Dänemark<br />
und Island haben dieselben kulturellen und historischen<br />
Wurzeln. Dennoch hat jedes dieser Länder seine eigenen<br />
charakteristischen Züge und übermittelt diese auch im<br />
Design. Einen ganz bekannten Ausspruch gibt es von der<br />
Designkritikerin Anne Stenros. Sie sagte: „Auf der emotionalen<br />
Ebene: Die Dänen sind ein bisschen ,südlicher‘, die<br />
Finnen ein bisschen ,östlicher‘, die Norweger ein bisschen<br />
,nördlicher‘ und die Schweden halten sich an die goldene<br />
Mitte. Die Isländer besitzen robuste eigene Wurzeln.“<br />
Diese unterschiedlichen Nationalcharaktere haben dazu<br />
geführt, dass sich verschiedene Ansätze und Resultate der<br />
angewandten Kunst ergeben haben. In allen 5 Ländern<br />
fanden die Blütezeiten des Kunsthandwerks und der industriellen<br />
Formgebung zu unterschiedlichen Zeiten statt.<br />
Die Skandinavier verfolgten ein bestimmtes Ziel: Sie glaubten<br />
daran, dass der Mensch sein Heil nur durch ehrliche<br />
und für andere Menschen nützliche Arbeit erhalten kann.<br />
Dieser Glaube der Menschen an sittliche und soziale Imperative<br />
bildet die geistige Grundlage für den wachsenden<br />
7
Abb. 1<br />
8
wirtschaftlichen Erfolg des skandinavischen Wohn- und<br />
Industriedesigns. 123<br />
Es ist allgemein bekannt, dass die Skandinavier ein außergewöhnlich<br />
gestalterisches Talent besitzen. Auf der ganzen<br />
Welt sind sie für ihre volksnahen Entwürfe bekannt. Diese<br />
Entwürfe stellen eine Verbindung zwischen dem Kunsthandwerk<br />
und der Industrieproduktion dar. Skandinavische<br />
Designer verknüpfen organische Formen und Funktionalität<br />
miteinander und schaffen so einen besonderen Vorzug für<br />
den Alltag. Das ist einer der Gründe warum die skandinavischen<br />
Kreationen so begehrt und bewundert werden. Das<br />
Motto der schwedischen Designer „Vackrare vardagsvara<br />
– schönere Gegenstände des täglichen Gebrauchs“ bringt<br />
die Arbeit der Designer genau auf den Punkt. 4<br />
Sehr oft wurde versucht für diesen Stil einen natürlichen<br />
Grund zu finden: der Wald, das Wasser, die oft unwirtliche<br />
Natur, der lange Winter, die spärliche Besiedelung und<br />
das protestantische Erbe. Diese genannten Motive sind oft<br />
sogar überdeutlich. Jedoch erklären sie den Stil trotzdem<br />
nicht. Diese Motive liefern nur Indizien, Momente einer Lebenshaltung<br />
und einer sozialen Ordnung, die sich in Architektur<br />
und Design niederschlagen. Einfacher als diesen Stil<br />
zu definieren, ist es, ihn historisch zu fassen, als eine Fortführung<br />
älterer Stile. Da gab es beispielsweise die englische<br />
Arts-and –Crafts-Bewegung, die in den letzten Jahrzehnten<br />
des neunzehnten Jahrhunderts die gesamte Einrichtung<br />
auf ebenso schöne wie nützliche Dinge reduzieren wollte.<br />
Sie huldigte einem Ideal des demokratischen Wohnens,<br />
das die Menschen über die Erfahrung von Ordnung, Symmetrie<br />
und Proportion an schlichteres Leben und einen<br />
weiteren Geist heranführen wollte.<br />
Auf der anderen Seite gibt es in den zwanziger Jahren das<br />
Bauhaus mit seinem scheinbar radikalen Funktionalismus,<br />
das in der abstrakten (und meist geometrischen) Form<br />
das Wesen der Dinge erkannt zu haben glaubte. Seit dem<br />
Bauhaus kann die scheinbar einfachste aller architektonischen<br />
Leistungen - der schlichte viereckige Raum mit einer<br />
1 Vgl. Ein Haus im Norden, <strong>Skandinavisches</strong> Design/Raumkonzepte/Architektur (Thomas Steinfeld, Jon<br />
Steinfeld, Seite 12<br />
2 Vgl. <strong>Skandinavisches</strong> design, Charlotte und Peter Fiell, Seite 8<br />
3 Vgl. <strong>Skandinavisches</strong> design, Charlotte und Peter Fiell, Seite 10<br />
4 Vgl. <strong>Skandinavisches</strong> design, Charlotte und Peter Fiell, Klappentext Innenseite<br />
9
ebenso allgemeinen wie persönlichen Erneuerung gründlicher<br />
und mit weit größerem Enthusiasmus aufgenommen<br />
als in allen anderen Gesellschaften. 5<br />
Eines der Hauptmerkmale des skandinavischen Designs ist,<br />
dass die Designer nicht mittelmäßig sein wollen. Wichtig ist<br />
ihnen, dass die Gestaltung der Designobjekte die Gefühle<br />
der Menschen anspricht. Egal ob es sich um einen Stuhl,<br />
eine Kaffeemaschine, eine Vase oder ein Glas handelt.<br />
Die Werke sollen als Bereicherung zum Alltagsleben gelten<br />
und nicht als Statussymbol. Den skandinavischen Designer<br />
liegt es am Herzen, Produkte zu entwerfen und zu entwickeln,<br />
die den Menschen in den Mittelpunkt des Geschehens<br />
rücken. Durch das nordische Wohngefühl werden<br />
Gemütlichkeit, Ruhe, luftiges Raumgefühl und Freiheit<br />
miteinander verbunden. Tradition und Natur treffen auf<br />
Innovation und modernes Design. Bei diesem Aufeinandertreffen<br />
sind Stilbrüche nicht nur erlaubt, sondern auch<br />
erwünscht. Ob sie nun eher für den gemütlichen Stil mit<br />
viel Holz und Farbakzenten schwärmen oder das klassische<br />
Weiß mit klaren Linien und Strukturen bevorzugen – in Skandinavien<br />
ist für jeden Geschmack etwas dabei. 6<br />
Viele der bekannten skandinavischen Design-Ikonen, aber<br />
auch unzählige Jungdesigner aus dem Norden leben und<br />
arbeiten nach dem Vorsatz: Weniger ist Mehr! 7<br />
„Jeder möchte gut gestaltete Dinge für das eigene Zuhause.<br />
Weil man sie tagtäglich sein ganzes Leben lang<br />
braucht, erwartet man von ihnen, dass sie so nützlich<br />
und schön wie möglich sind. Zur Zeit gibt es niemanden,<br />
der besseren Hausrat entwirft als die Skandinavier“<br />
Leslie Cheek Jr.<br />
Die Skandinavier legen ihre vollste Konzentration auf preiswerten<br />
Modernismus fürs eigene Heim und versuchen, der<br />
Welt die Bedeutung guten Designs zu vermitteln. Was die<br />
Skandinavier mit diesem besonderen Design exportieren,<br />
war und ist ein eigenständiger Lebensstil.<br />
5 Vgl. Ein Haus im Norden, <strong>Skandinavisches</strong> Design/Raumkonzepte/Architektur (Thomas<br />
Steinfeld, Jon Steinfeld, Seite 12<br />
6 Vgl. <strong>Skandinavisches</strong> design , Charlotte und Peter Fiell, Seite 14<br />
7 Vgl. Nordisch Wohnen, Doris Tönnissen Blatter, Monika Remus, innerer Klappentext<br />
10
Decke und einem Fußboden - als Symbol äußerster Verfeinerung<br />
von Stil und Lebensart gelten. In den skandinavischen<br />
Ländern wurden diese Ausbrüche in einer Welt des<br />
Fortschritts und der<br />
Durch verschiedene Art und Weisen haben sich Länder<br />
wie Dänemark, Finnland, Norwegen und Schweden mit<br />
ihren höchst unterschiedlichen Kulturen und traditionellen<br />
Materialien zu einem großen gemeinsamen Ziel zusammengeschlossen.<br />
Dieses Ziel ist bis heute ihr einziger gemeinsamer<br />
Nenner: das Bestreben, unsere Lebensqualität<br />
durch angemessene und bezahlbare Technologien zu<br />
steigern.<br />
Die skandinavischen Designer richten ihre Aufmerksamkeit<br />
automatisch auf die Dinge des alltäglichen Lebens und<br />
stellen das Zuhause in den Mittelpunkt der Gesellschaft.<br />
Dieser besondere Blick auf die Welt wurde zum universal<br />
verständlichen Idiom skandinavischen Designs und brachte<br />
internationale Erfolge ein. Diese Art von Design erntete<br />
großes Lob, allerdings auch manche Kritik.<br />
In den frühen 50er Jahren griffen viele Hersteller bereitwillig<br />
das Streben der Designer nach Abstraktion, Organität und<br />
technischer Poesie auf, während sie sich gleichzeitig um<br />
die technologische Verbesserung der Serienproduktion bemühten.<br />
Dänische Möbelhersteller, als Bespiel angeführt,<br />
begannen damit, massives Holz durch Sperrholz zu ersetzen<br />
und entwickelten neue Verfahren, um es zu verbreiten.<br />
Außerdem stellte man Teile von Stühlen und Tischen<br />
einfach aus Stahl her und erreichte dadurch eine größere<br />
formale Einfachheit.<br />
11
Abb. 2
Schwedische Hersteller von Silberware setzten sich, getreu<br />
dem Motto „Mehr Schönheit für den Alltag“ gleichzeitig<br />
dafür ein, Massenproduktion und gute Qualität zusammenzuführen.<br />
So verhalfen sie beispielsweise rostfreiem Stahl<br />
zu seiner neuen Rolle als „Silber fürs Volk“. Es war ein Zusammentreffen<br />
unterschiedlichster Bestrebungen, die eine<br />
völlig neue Kultur der Materialien schuf, die offen für technische<br />
Neuerungen war.<br />
13
„ Ich mag den Gedanken, dass mein<br />
Heim durch die Generation reist.“<br />
Carl Larsson<br />
14
03 ENTWICKLUNG DES SKANDINAVISCHEN<br />
DESIGNS<br />
Die skandinavischen Designer versuchen lebendige<br />
Schönheit zu lehren. Rund um das Jahr 1890 hat die Welt<br />
erstmals von einem Wohnstil Notiz genommen, der aus<br />
Skandinavien kam. 1899 erschien das Buch Ett hem (Bedeutung:<br />
Zuhause) mit Aquarellen von Carl Larsson. Der<br />
schwedische Künstler hatte Familienszenen dargestellt,<br />
stimmungsvolle Motive in seinem Haus im ländlichen Stil.<br />
Das Buch wurde weltweit zu einem Bestseller. Schwere<br />
Stilmöbel aus industrieller Massenproduktion hatten damals<br />
Hochkonjunktur, auch in Skandinavien. Die Zimmer seines<br />
Hauses wirkten dagegen ungewöhnlich leer. Die wenigen<br />
Möbel waren unterschiedlicher Herkunft, darunter auch<br />
einfache Bauernmöbel und Selbstentworfenes, meist von<br />
seiner Frau Karin Larsson.<br />
Die Vorliebe anderer Gesellschaften für den skandinavischen<br />
Stil verläuft historisch in Wellen. Kurz nach dem Jahr<br />
1900 wurde der europäische Kontinent von der ersten<br />
Welle erfasst, als sich die volksnahen Lebensideale des<br />
Malers Carl Larsson oder der Pädagogin Ellen Key mit den<br />
architektonischen Reformvorstellungen der frühen Moderne<br />
verbanden.<br />
Die zweite Welle rollte in den späten fünfziger und sechziger<br />
Jahren durch die westliche Welt, als Danish Modern<br />
oder Swedish Modern zum Inbegriff eines Lebens- und<br />
Einrichtungsstils auf der Höhe der Zeit wurde.<br />
Bis in die heutige Zeit hinein erforschen die Designer die<br />
Grenzen dieser neuen, in den 50er Jahren entstandenen<br />
Tradition. Dänemark, Finnland, Norwegen und Schweden<br />
haben seither eine größere Anzahl internationaler Designer-Ikonen<br />
hervorgebracht als jede andere Region. Von<br />
Lego über Arabia bis zu den Stühlen von Arne Jacobsen.<br />
Die Skandinavier erfanden den Minimalismus und verwandelte<br />
ihn in einen nicht nur erschwinglichen und brauch-<br />
15
Abb. 3
aren, sondern auch erstrebenswerten Stil.<br />
In den neunziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts<br />
begann die dritte Welle, als die Effekte der Globalisierung<br />
in allen westlichen Ländern spürbar wurden und das Ideal<br />
jener Moderne wiederbelebt wurde.<br />
1997 zeigte das Londoner Victoria & Albert Museum eine<br />
Larsson-Retrospektive und ernannte das Künstlerpaar zu<br />
„Schöpfern des schwedischen Stils.“ Als Sponsor fungierte<br />
die Firma Ikea , das multinationale Möbelhaus, das sein<br />
Sortiment als zwanglose Fortsetzung dieses Stils ansieht.<br />
Bis in das späte 19. Jahrhundert hinein lebten alle nordischen<br />
Länder noch zur Hauptsache von der Landwirtschaft.<br />
Im dörflichen Milieu war Armut tägliches Brot. Die<br />
Industalisierung kam nur langsam in Gang und beschränkte<br />
sich auf Enklaven. Aber dennoch ging die Ausbreitung<br />
von Dampf und Rauch mit sozialen Krisen einher, brachte<br />
Arbeitslosigkeit und Wohnungsnot. Von Schweden wanderten<br />
Zehntausende nach Amerika aus.<br />
Bis heute löst skandinavisches Design die Vorstellung von<br />
Handgewebtem, erdigen Farben und robusten Holzmöbeln<br />
aus. Mit dem Primat des Kunsthandwerks schoben<br />
sich natürliche Materialien und häusliche Gegenstände in<br />
den Vordergrund, die Zutaten für Skandinaviens attraktive<br />
Wohnlichkeitskultur, deren Nestwärme ohnehin durch das<br />
extreme Klima nahegelegt wurde und die der Designkritiker<br />
Ulf hard af Segerstad deshalb >>Winterdesign
„Ja, weniger ist immer noch mehr.“<br />
Märten Claesson<br />
18
04 FUNKTIONALISMUS<br />
Den skandinavischen Stil hält man für funktionalistisch. Im<br />
Vordergrund stehen das Zweckmäßige, das Einfache und<br />
das Instrumentelle. Doch so einfach lässt es sich mit dem<br />
Funktionalismus nicht umgehen. Die Form des Wohnens ist<br />
nicht ableitbar aus der Funktion, weil es diese „eine“ Funktion<br />
gar nicht gibt. Eigentlich muss man von vielen Bedürfnissen<br />
sprechen, die nebeneinander bestehen, die sich<br />
ergänzen oder widersprechen. Der skandinavische Stil ist<br />
gekennzeichnet durch seine Einfachheit und reagiert auf<br />
die vorhandenen Bedürfnisse. 9<br />
9<br />
Vgl. Ein Haus im Norden, <strong>Skandinavisches</strong> Design/Raumkonzepte/Architektur (Thomas<br />
Steinfeld, Jon Steinfeld, Seite 14, 15<br />
19
„Nimm einen Stein in die Hand, der<br />
von den Stromschnellen<br />
geglättet wurde, und finde unsere<br />
Kultur darin.“<br />
Tapio Wirkkala<br />
20
05 MERKMALE<br />
Die erste und wichtigste Botschaft des skandinavischen<br />
Stils lautet: Aufräumen, wegwerfen und leeren. Es geht vor<br />
allem darum, viel Platz zu schaffen. Die Skandinavier sind<br />
darauf spezialisiert, dass ihre Räume nicht gefüllt sind. Die<br />
meisten glauben nicht daran, dass es bei den Skandinaviern<br />
immer so aufgeräumt ist, jedoch ist dieser Verdacht<br />
oft unbegründet. Die Menschen in den nördlichen Ländern<br />
haben schon sehr lange kein Verlangen mehr danach,<br />
einen leeren Platz sofort mit einem Gegenstand zu füllen.<br />
Aber auch in den nordischen Wohnungen gibt es Orte<br />
an denen sich Unordnung sammelt und zwar vor allem in<br />
der kalten Jahreszeit. Hinter dem Eingang, im Windfang<br />
oder vor der Garderobe versammeln sich oft Schuhe, und<br />
das können bei Familien mit Kindern sehr viele werden. In<br />
den skandinavischen Ländern ist es nicht üblich, in Straßenschuhen<br />
durch die Wohnung zu gehen, weder durch<br />
die eigenen noch durch die anderer Leute. Und sollte es<br />
trotzdem einmal formeller zugehen, nimmt man saubere<br />
Schuhe extra für diesen Anlass mit. Selbstverständlich gibt<br />
es in größeren Häusern auch begehbare Garderoben<br />
direkt hinter dem Eingang, in denen die Schuhe verwahrt<br />
werden.<br />
Die bekanntesten und vermutlich erfolgreichsten Elemente<br />
des skandinavischen Designs sind nicht unbedingt Möbel,<br />
die an die Notwendigkeiten des Alltags im engeren Sinn<br />
gebunden sind. Auch Tische und Bänke sind es nicht, sie<br />
sind nicht einmal unbedingt am Leben einer Gesellschaft<br />
orientiert. Wenn man an skandinavische Möbel denkt, fallen<br />
einem als erstes Sessel ein.<br />
Der zentrale Raum, das Wohnzimmer, ist die schwierigste<br />
gestalterische Aufgabe in einer Wohnung, Das liegt daran,<br />
dass seine Aufgaben so undeutlich bestimmt sind.<br />
Eine Küche, ein Abstellraum, ein Schlafzimmer - jeder dieser<br />
Räume hat einen bestimmten Zweck vorgegeben. Nun<br />
stellt sich aber die Frage: Wozu dient ein Wohnzimmer?<br />
21
Dient es der Gemeinsamkeit, der Begegnung mit anderen<br />
Menschen, der Unterhaltung und Entspannung?<br />
Auf Schwedisch heißt dieses Zimmer nicht umsonst<br />
„allrum“, was auf Deutsch „Allesraum“ bedeutet. Oft ist es<br />
der Fall, dass der Fernseher das Gerät ist, das die meisten<br />
Wohnzimmer beherrscht. Dies ist vor allem aus dem Grund<br />
entstanden, dass kein Widerstand durch andere Aufgaben<br />
gegeben war. Die Bedeutung des Fernsehers wurde<br />
allerdings durch die Weiterentwicklung der technischen<br />
Medien gelindert. Der Computer und das Notebook haben<br />
die Macht an sich gerissen. Den Möbeln, die natürlich<br />
für das Wohnzimmer geschaffen sind, ist dieses Dilemma<br />
im Lauf der Zeit immer mehr anzusehen. Es mag sein, dass<br />
der skandinavische Stil eine angemessene Form darstellt,<br />
mit solchen Problemen umzugehen.<br />
Für die Leichtigkeit, die in den skandinavischen Wohnzimmern<br />
herrscht, gibt es teilweise einen historischen Hintergrund.Die<br />
Gegenstände wanderten in den Wintern immer<br />
näher an den Ofen oder an die Feuerstelle, auf der anderen<br />
Seite in der warmen Jahreszeit an die Wände. 10<br />
Im Gegensatz zur großen Bedeutsamkeit des Fernsehers in<br />
Österreich oder Deutschland ist in Skandinavien der Fernseher<br />
nicht das Zentrum der Wohnlandschaft. Stattdessen<br />
steht die Kommunikation im Mittelpunkt. 11<br />
Die Wandlung der Gegenstände beginnt in eher abstrakten<br />
Formen bei Alvar Aalto, geht über zu Arne Jacobsen<br />
und endet noch lange nicht bei Mats Theselius und dem<br />
tonnenförmigen, in Aluminium gekleideten Sessel, der<br />
seinen Nachnamen trägt. Für die Mehrheit dieser Sessel<br />
gilt, was auch für Stühle und Tische gilt: Es handelt sich um<br />
leichte Gebilde, im physischen wie im ästhetischen Sinn.<br />
Sehr oft entstehen sie aus der ergonomischen Erprobung.<br />
Dies war im frühen zwanzigsten Jahrhundert etwas Neues<br />
im Möbeldesign und setzte eine Arbeitswissenschaft voraus,<br />
die überhaupt erst um die Jahrhundertwende entstanden<br />
ist.<br />
10 Vgl. Ein Haus im Norden, <strong>Skandinavisches</strong> Design/Raumkonzepte/Architektur<br />
(Thomas Steinfeld, Jon Steinfeld, Seite 114<br />
11 Vgl. Nordisch Wohnen, Doris Tönnissen Blatter, Monika Remus, Seite 108<br />
22
Begriffe wie „Mechanik des Sitzens“von Le Corbusier und<br />
„Sitzkurve“ von Bruno Mathsson wurden beherrschend.<br />
Übergangen wurden dadurch die älteren Typen der Bequemlichkeit,<br />
die Polster und Spiralfedern. An ihre Stelle<br />
werden einfache, leichte Materialien gesetzt wie beispielsweise<br />
Holzwerkstoffe, vor allem Sperrholz, geflochtene<br />
Leinengurte, Leder und später auch Netze aus Kunststoff.<br />
Viele und zugleich einige der bekanntesten Sessel im<br />
skandinavischen Design gewinnen gerade an Leichtigkeit<br />
durch ihren modularen Aufbau. Elementar ist dabei die<br />
klare Trennung zwischen Gestell und Sitz wie beispielweise<br />
bei Alvar Aaltos, Bruno Mathsson oder Mats Theselius,<br />
wobei bei einigen Möbeln noch abnehmbare Kopf- und<br />
Armkissen hinzukommen.<br />
Körperhaltung in die Wohnung ein. Die großen skandinavischen<br />
Sessel bilden Skulpturen der Entspannung in Räumen,<br />
die so leer sind, dass sie darin auch vollkommen zur<br />
Geltung kommen.<br />
Aber auch das hat selbstverständlich Folgen. Es gibt kaum<br />
Sofas, die sich im eigenständigen skandinavischen Design<br />
durchgesetzt haben. Die dreißiger Jahre waren eine Zeit, in<br />
der das private Essen aus den Wohnungen verbannt werden<br />
sollte. Nicht zuletzt um die Frauen von der Hausarbeit<br />
zu befreien. Gegessen wurde in Speisesälen, Kantinen oder<br />
eigens eingerichteten Restaurants.<br />
Sessel mit „Sitzkurven“ sind auf maximale Entspannung hin<br />
konstruiert, auf ein Halbliegen, das dem Lesen und mehr<br />
noch dem Fernsehen entgegenkommt, nicht aber dem<br />
Gespräch. Durch diese Art von Sessel zieht eine neue<br />
23
„ Beleuchtung ist wie Auto fahren.<br />
Die Bedingungen müssen eben<br />
sein.“<br />
Poul Henningsen<br />
24
05.1 LICHT<br />
Ein weiteres Element ist das Licht, es ist ein Element der<br />
Einrichtung. Licht schafft nicht nur Helligkeit, es macht nicht<br />
nur den Raum und die darin befindlichen Dinge sichtbar,<br />
sondern verleiht auch einem Raum Weite, Tiefe, Höhe und<br />
Struktur. Durch den Wechsel zwischen Licht und Schatten<br />
oder je nach Intensität können einzelne Dinge besonders<br />
hervorgehoben werden. Es schafft Räume im Raum und<br />
Sphären unterschiedlicher Helligkeit. Das Licht ist das wichtigste<br />
Element der Inneneinrichtung.<br />
Sowohl historisch als auch stilistisch betrachtet, gibt es<br />
viele Arten, mit Licht umzugehen. Die Inneneinrichter des<br />
neunzehnten Jahrhunderts bevorzugten, da sie mit sehr<br />
vielen schweren Stoffen und großen Gegenständen arbeiteten,<br />
ein künstliches rot-goldenes Licht, welches von Spiegeln<br />
und polierten Oberflächen reflektiert wurde. In den<br />
skandinavischen Ländern hat sich in den letzten hundert<br />
Jahren eine ganz eigene Kultur und Lichttechnik herausgebildet,<br />
deren Aufgabe es ist, ein möglichst natürlich wirkendes<br />
Licht in Wohnräume zu bringen. Dieser Umgang mit<br />
dem Licht steht in einer engen Verbindung zur Moderne.<br />
Die skandinavische Kultur des Lichtes kreist um zwei verschiedene<br />
Pole. Auf der einen Seite gibt es das Licht des<br />
Sommers, das durch große Fensterflächen oder geöffnete<br />
Fenstertüren in einem breiten Strom in die Wohnung eindringt.<br />
Hin und wieder wird dieses Licht durch locker wirkende,<br />
meist weiße und selten ganz zugezogene Vorhänge<br />
gebrochen. Auf der anderen Seite gibt es die Kerze,<br />
das kleine flackernde, vom Erlöschen bedrohte Licht. Diese<br />
Art von Licht verspricht auch immer ein bisschen Wärme.<br />
Außerdem ist das Kerzenlicht ein Signal der engen Bindung<br />
an die Natur und das Bewusstsein, dass Wohnen und Leben<br />
der Natur abgerungen werden muss. 12<br />
12 Vgl. Ein Haus im Norden, <strong>Skandinavisches</strong> Design/Raumkonzepte/Architektur<br />
(Thomas Steinfeld, Jon Steinfeld, Seite 30, 44-46, 72, 73<br />
25
„ Weg mit den universellen Stilen.<br />
Weg mit der Gleichmacherei in der<br />
Kunstindustrie. Was wir brauchen, ist<br />
Vielfalt.“<br />
Josef Frank<br />
26
05.2 FREIRAUM<br />
Einen besonders hohen Stellenwert hat der Freiraum in den<br />
skandinavischen Ländern. Große hohe Räume und oft<br />
ganze Glasfronten schaffen ein Gefühl von Freiheit. Wichtig<br />
ist auch die Abwechslung und Vielfältigkeit. Der Mix<br />
macht‘s – in den Wohnsimmern der Skandinavier wechseln<br />
einander alte und neue Möbel ab und sorgen gerade<br />
dadurch für eine gemütliche Atmosphäre. Da im Herbst<br />
und im Winter die Tage kürzer werden und der Norden<br />
von der Dunkelheit eingehüllt wird, setzten die Menschen<br />
Skandinaviens auf schöne Lampen. Wenige Möbel und<br />
reduzierte Farben sind das Rezept des Nordens, was zur<br />
Entspannung von Geist und Sinnen führt. Einzelne Pflanzen<br />
und große Bilder setzen dabei Akzente. 13<br />
13 Vgl. Nordisch Wohnen, Doris Tönnissen Blatter, Monika Remus, Seite 116, 124, 127<br />
27
„ Ich möchte Dinge entwerfen,<br />
die so offensichtlich sind, daß sie kaum<br />
auffallen.“<br />
Kaj Franck<br />
28
05.3 FARBEN<br />
Es gibt zwei Farben, die die Skala des skandinavischen<br />
Designs und der skandinavischen Architektur beherrschen.<br />
Diese beiden Farben sind eigentlich keine Farben: Es<br />
handelt sich um Weiß und Grau. Das bedeutet aber nicht<br />
einfach weiß und grau, sondern umfasst unzählige Abstufungen<br />
und Schattierungen. Was wiederum heißt, dass<br />
ein helles Grau, so unterschiedlich es auch ausfallen kann,<br />
wichtiger sein mag als das reine weiße Weiß. Vor allem,<br />
wenn das Sonnenlicht darauffällt und das Auge blendet,<br />
schmiegt sich das Grau dem Auge an. Am besten ist es,<br />
wenn es sich nicht um Stahl- oder Staubfarben handelt,<br />
sondern ein wenig Rot oder Gelb beigemischt ist.<br />
Architektur als auch im Design sehr oft verwendet. In<br />
Schweden nannte man den Stil dieser Zeit gustavianisch<br />
(nach König Gustav III.), aber auch in den anderen skandinavischen<br />
Ländern gab es ihn als „Klassizismus“ oder „Empire“.<br />
Vilhelm Hammershoi, ein dänischer Künstler, malte<br />
oft in Grau.<br />
Auch heute noch ist es eine viel benutzte Farbe für Fensterrahmen<br />
und Fußböden, für Türen und Täfelungen. Weiß<br />
ist dagegen eher eine Farbe für Gegenstände, die man<br />
nicht herausheben möchte – wie etwa für Heizkörper, aber<br />
auch für kahle Wände.<br />
Weiß ist eine moderne Farbe. Ihre Beliebtheit entsteht aus<br />
dem Bedürfnis nach Licht und Helligkeit und daraus, jedem<br />
Gegenstand in einem Raum ein eigenes Gewicht<br />
zu geben. Hingegen ist Grau die Farbe des Steins. Im Jahr<br />
1800 wurde die Farbe Grau sowohl in der skandinavischen<br />
29
Abb. 4
Historisch treten neben die Farbenpalette des gustavianischen<br />
Stils ein gebrochenes Weiß und ein Perlgrau, darüber<br />
hinaus ein Register von blassen Farben, vor allem Blau<br />
und auch Strohgelb, das manchmal ins Rosa changiert.<br />
Dazu gehören die weißlich gelaugten Dielenböden und<br />
die mit Leimfarben gestrichenen Decken. Nach der Wende<br />
zur Lebensreform um das Jahr 1900 wurden sehr oft<br />
deutliche Akzente gesetzt wie zum Beispiel ein Stuhl in<br />
Karminrot, eine Kommode in Kobaltblau oder ein Regal in<br />
Grasgrün. Jedoch muss das Weiß diese Akzente bändigen<br />
und binden. 14<br />
14 Vgl. Ein Haus im Norden, <strong>Skandinavisches</strong> Design/Raumkonzepte/Architektur<br />
(Thomas Steinfeld, Jon Steinfeld), Seite 66, 67<br />
31
„ Ein Designobjekt muß nicht<br />
die Zeit reflektieren. Es sollte<br />
in die Zukunft weisen.“<br />
Antti Nurmesniemi<br />
32
06 MATERIALIEN<br />
Wenn man die wichtigsten Materialien des Bauens im<br />
Norden aufzählen müsste, wäre es eine sehr überschaubare<br />
Liste. Zuerst gäbe es da das Brett aus Fichtenholz, das<br />
ungehobelt für die Fassaden und gehobelt für geweißte<br />
Dielen benutzt wird. Als Zweites gäbe es vor allem in Dänemark<br />
die gebrannten Ziegel, zu denen sich, da es sich um<br />
Steine handelt, Kalkstein und Granit gesellen. Dann gibt<br />
es auch noch den weißen Kalkputz und Glas. Aus diesen<br />
Elementen kann man einen typisch skandinavischen Raum<br />
erstellen.<br />
33
Abb. 5
06.1 HOLZ<br />
Müsste man von allen Materialien, die in den skandinavischen<br />
Ländern zum Bauen und Einrichten von Häusern und<br />
Wohnungen verwendet werden, den wichtigsten Baustoff<br />
nennen, wäre es Holz.<br />
Das liegt nicht nur daran, dass es reichlich vorhanden ist.<br />
(vor allem in der Gestalt von Fichten, Birken, Kiefern, Eichen<br />
und Buchen), sondern auch daran, dass es eine lange und<br />
tiefe Tradition des Bauens mit Holz gibt. Vom nördlichsten<br />
Punkt Dänemarks bis zum südlichsten von Schweden: Fast<br />
alle Bauernhäuser und viele alte Stadthäuser bestehen<br />
aus Holz. Auch heute noch werden die meisten Einfamilienhäuser<br />
in Skandinavien aus diesem Material errichtet.<br />
Ständer, Balken und Fassaden sind nur ein kleiner Teil davon,<br />
wofür Holz beim Bauen verwendet wird. Holz ist immer<br />
im Innenausbau zu finden, egal ob für Fußböden, Möbel<br />
oder Innenverkleidungen. In Skandinavien wird Holz nur<br />
sehr selten mit Lack bearbeitet, jedoch wird das Holz für<br />
Innendecken und Verkleidungen oft gelaugt oder geölt.<br />
Einen Nutzen findet auch die Mischung aus Kalk und Wasser.<br />
Damit werden die Fußböden häufig eingelassen. Die<br />
Mixtur dringt in das Holz ein und schließt die Poren. Nachdem<br />
Kalk und Wasser eingewirkt sind und die Trocknung<br />
vollzogen ist, bleibt nur weißer Staub zurück, der einfach<br />
weggekehrt werden kann.<br />
Nach dieser Imprägnierung ist der Boden äußerst resistent<br />
etwa gegen Rotwein und Speiseöl. Der Boden hat eine<br />
Art selbstreinigende Kraft. Durch all diese Einwirkungen hat<br />
das Holz eine helle, manchmal etwas weißgraue Tönung.<br />
Diese bleibt bestehen und verändert sich auch nicht durch<br />
die Jahre hindurch. Die Holzstruktur bleibt sichtbar und ist<br />
leicht körnig. Für Möbel ist Holz das allerwichtigste Material<br />
in Skandinavien.<br />
35
Abb. 6
Alle andere Materialen versuchen sich gegen das Holz<br />
durchzusetzten, es gelingt ihnen aber nicht so richtig. Für<br />
die Skandinavier hat Holz eine einzigartige Bedeutung.<br />
Für Möbelstücke werden gerne Birke und Buche verwendet.<br />
Design-Ikonen wie Alvar Aalto oder Bruni Mathsson<br />
sind bekannt für ihre Möbel aus diesen Holzsarten. Holz<br />
übermittelt neben den Farben Weiß und Grau, die etwas<br />
kalt wirken, eine gewisse Art von Wärme.<br />
37
Abb. 7
06.2 STEIN<br />
In vielen Landschaften Schwedens und Finnlands ist Stein,<br />
vor allem Granit, zu finden. Diese Steine sind an den Rändern<br />
von Äckern aufgetürmt und wirken so, als würden sie<br />
aus dem Boden wachsen. Früher wurden die Steine noch<br />
mit der Hand von Arbeitern weggetragen. Das traditionell<br />
skandinavisch gebaute Haus hat einen Boden aus Holzdielen.<br />
Steinböden gab es früher nur in Herrenhäusern<br />
und Kirchen. Aber trotzdem spielt der Stein auch für einfache<br />
Häuser eine Rolle. Zumindest für die Gestaltung der<br />
Treppenstufen, die zum Eingang hinführen. Auch Gassen,<br />
Innenhöfe und Terrassen sind mit Feldsteinen belegt, die<br />
im Lauf der Zeit rund geschliffen wurden und mittlerweile<br />
ein handliches Format erreicht haben. Diese sind vor<br />
allem in Dänemark und Südschweden vorhanden, aber<br />
auch weiter im Norden. Ziegelsteine stellen eine Ausnahme<br />
dar, diese werden künstlich und industriell hergestellt.<br />
Ziegelsteine sind in allen skandinavischen Ländern weit<br />
verbreitet, vor allem in der südlichen, holzarmen Gegend.<br />
Es gibt zwei verschiedene Möglichkeiten Ziegelstein zu<br />
verwenden. Einerseits für Kirchen, Schlösser, herrschaftliche<br />
Scheunen und Patrizierhäuser, auf der anderen Seite<br />
wurde es als Material der frühen Industrialisierung genutzt<br />
- hierbei für Mühlen, Gießereien und Fabriken. Stein ist oft<br />
ein Gegenstück zu Birken, Fichten und Buchen. Die Wärme<br />
und Weichheit des Holzes und die Kälte des Steins treffen<br />
aufeinander.<br />
39
Abb. 8
06.3 GLAS<br />
Glas ist ein besonderes Baumaterial. Es ist in seiner Transparenz<br />
philosophisch, hart, verbindet Durchsichtigkeit und<br />
Undurchdringlichkeit, und vergeht nicht. Glas stellt ein<br />
Ideal der Perfektion dar. Glas wird in Skandinavien sehr<br />
oft verwendet, um Fronten zu verkleiden. Dadurch wird<br />
den Menschen freie und grenzenlose Sicht auf die Natur<br />
ermöglicht. Daher spielen Fenster eine sehr große Rolle in<br />
skandinavischen Häusern. Es geht nicht nur um den Lichteinlass,<br />
vielmehr ist die Aussicht von großer Bedeutung. Die<br />
Rohstoffe für die Herstellung von Glas sind in Skandinavien<br />
in Hülle und Fülle vorhanden. In vielen skandinavischen<br />
Ländern gibt es eine lange Tradition der Glasherstellung,<br />
die bis in das neunzehnte Jahrhundert zurückreicht. Die<br />
anfänglichen Ideen, mit Glas zu arbeiten, wurden aus<br />
Deutschland importiert, jedoch entwickelten sich die Formen<br />
in Skandinavien rasch, und so wurden viele außergewöhnliche<br />
Ideen geboren.<br />
41
Abb. 9
06.4 TEXTIL<br />
In den skandinavischen Ländern, vor allem in Schweden,<br />
gab es bis zum Ende des zwanzigsten Jahrhunderts eine<br />
bedeutende Textilindustrie. Die Textilindustrie arbeitetet<br />
nicht nur im großen Umfang mit heimischen Produkten.<br />
- insbesondere mit Wolle und Leinen, aber auch mit Baumwolle.<br />
Nach der großen Rationalisierung in den neunziger<br />
Jahren wurden die Fabriken aber in die baltischen Länder<br />
verlegt. Nur einzelne sehr exklusive und teure Textilhersteller<br />
konnten in den skandinavischen Ländern überleben. Stoffe<br />
spielen eine entscheidende Rolle für die Raumgestaltung.<br />
Der leichte, weiße, im Wind wehende Vorhang aus<br />
Baumwolle oder Leinen gehört ebenso dazu wie das bunt<br />
mit Mustern bedruckte Tuch. Im neunzehnten Jahrhundert<br />
war der Vorhang noch dazu da, die Außenwelt abzuschirmen.<br />
Es ging darum, die Innenwelt und das Privatleben<br />
von der Außenwelt, der Natur und der Öffentlichkeit zu verbergen.<br />
Heutzutage dient er, zumindest halb transparent,<br />
dazu, das von außen kommende Licht zu filtern. Bei den<br />
Vorhangstoffen handelt es sich vor allem um Baumwolle<br />
und Leinen. Diese sind in hellen Tönen gehalten. Entweder<br />
handelt es sich um Weiß oder um andere Tönungen und<br />
dezente Muster. Manchmal wird mit einem hellen Blau,<br />
blassen Grün oder einem Pastellgelb oder Rot gearbeitet.<br />
Nicht zu vergessen sind auch die Polsterstoffe. Diese sind<br />
in gedeckten Weißschattierungen, in Grau, in Beigetönen<br />
oder aber auch in einem leuchtenden weinfarbenen Rot<br />
gehalten.<br />
43
Abb. 10
06.5 STAHLDRAHT UND KUNSTSTOFF<br />
In der skandinavischen Architektur und im nordischen<br />
Design gibt es eine deutliche Vorliebe für natürliche und<br />
heimische Materialien. Die Skandinavier arbeiten aber<br />
auch gerne mit Stahldraht sowohl bei Möbeln als auch in<br />
der Architektur. Kunststoffe wurden auch in Skandinavien<br />
immer wichtiger. Sie sind, wenn es nur darum geht, ein<br />
höchstes Maß an Beständigkeit, Schlag- und Hitzefestigkeit<br />
sowie an Sauberkeit zu erreichen, in mancherlei Hinsicht<br />
dem Holz überlegen. Mit dem Einsatz von Kunststoff wurde<br />
versucht, die technische Moderne zu umfassen. Ein<br />
perfektes Beispiel dafür ist der aus nur einem Stück, aus<br />
Kunststoff, gegossene Freischwinger „Panton Chair“ von<br />
Verner Panton. Es dauerte Jahre eine Art von Kunststoff<br />
zu entwickeln, die die richtige Form annehmen konnte.<br />
Wichtig war, dass dieser Kunststoff auch nach längerem<br />
Gebrauch nicht brach oder die Form verlor. Der „Panton<br />
Chair“ ist daher eher eine Skulptur als ein Sitzmöbel. In<br />
den skandinavischen Ländern fand die Entwicklung mit<br />
Kunststoff bezogen auf Möbel nie wirklich Gefallen bei den<br />
Menschen. In geringerer Form bleibt die Neigung zu Kunststoff<br />
aber aufrecht erhalten. Kunststoff wählt man wegen<br />
bestimmten Eigenschaften aus, aber die Vorliebe für die<br />
natürlichen Materialien des Nordens bleibt bestehen. 15<br />
15 Vgl. Ein Haus im Norden, <strong>Skandinavisches</strong> Design/Raumkonzepte/Architektur<br />
(Thomas Steinfeld, Jon Steinfeld, Seite 124-129<br />
45
„ Ich glaube, Fertigprodukte und Industriedesign<br />
machen die Menschen<br />
nachbarschaftlicher. Das Statussymbol<br />
in den kleinen Dingen verschwindet.“<br />
Arne Jacobsen<br />
46
07 DESIGN-IKONEN<br />
07.1 CARL LARSSON<br />
Carl Larsson wurde am 28. Mai 1853 in Stockholm geboren.<br />
Er war ein schwedischer Künstler, der hauptsächlich<br />
Gemälde, Aquarelle und Zeichnungen anfertigte. Diese<br />
zeigen überwiegend das Leben seiner Familie. Carl Larsson<br />
hatte mit seiner Frau Karin acht Kinder. Auf seinen Bildern<br />
kann man auch sehr oft sein Wohnhaus in Sundborn in<br />
Schweden erkennen. Carl Larsson und seine Frau gelten<br />
als die Begründer des heutigen typischen schwedischen<br />
Wohnstils. Dessen wichtigste Elemente sind Helligkeit, Farbigkeit<br />
und lebendig-fröhliche Funktionalität. Das damalige<br />
Wohnhaus der Familie Larsson ist heute in ein Museum<br />
umfunktioniert.<br />
lernte er in Paris kennen. Zwischen 1885 und 1888 malte er<br />
in erster Linie Ansichten von Stockhokm. Danach schloss er<br />
sich der Künstlergruppe Opponentera an. Zusätzlich wurde<br />
er 1886 Vorstand einer Kunstschule in Göteborg. Viele der<br />
Werke von Carl Larsson befinden sich in der Königlichen<br />
Oper und im Königlichen Dramatischen Theater in Stockholm<br />
sowie im Hvitfeldtska Gymnasium in Göteburg. 16<br />
Carl Larsson stammte von keiner reichen Familie ab, ganz<br />
im Gegenteil: Er wuchs in armen Verhältnissen auf. Als er<br />
13 Jahre alt war, riet ihm ein Lehrer, ein Studium an der<br />
Königlichen Kunstakademie in Stockholm zu beginnen. Da<br />
er sich das Studium nicht leisten konnte, war Carl Larsson<br />
dazu gezwungen, nebenher zu arbeiten. Seine Frau Karin<br />
16 Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Carl_Larsson 15.09.2013<br />
47
Abb. 11
07.2 ARNE JACOBSEN<br />
Arne Emil Jacobsen wurde am 11. Februar 1902 in Kopenhagen<br />
geboren und starb ebenfalls dort - am 24. März<br />
1971. Er ist einer der bedeutendsten internationalen Architekten<br />
und Designer Dänemarks im 20. Jahrhundert. Sein<br />
Stil richtete sich vor allem nach dem Funktionalismus.<br />
Arne Jacobsen stammte aus gutbürgerlichen Verhältnissen.<br />
Sein Vater war ein jüdischer Kaufmann, seine Mutter<br />
eine ehemalige Bankangestellte. Anfangs wurde Arne<br />
Jacobsen zum Steinmetz ausgebildet, doch auf Wunsch<br />
seines Vaters studierte er Architektur an der Königlich<br />
Dänischen Kunstakademie in Kopenhagen. Dort machte<br />
er 1927 seinen Abschluss. Zuerst arbeitete er als Architekt<br />
zwei Jahre lang im städtischen Bauamt. 1929 schloss er sich<br />
mit dem Architekten Flemming Lassen zusammen, um mit<br />
ihm gemeinsam das „Haus der Zukunft“ zu entwerfen. Für<br />
die Inneneinrichtung des Hauses erstellte Arne Jacobsen<br />
einige Möbel aus Metall, die als seine ersten Arbeiten als<br />
Designer gelten. In den darauffolgenden Jahren arbeitete<br />
Jacobsen an verschieden Bauprojekten. 1956 wurde<br />
er Professor an der Königlich Dänischen Kunstakademie.<br />
Nebenher arbeitete er weiterhin an den verschiedensten<br />
Projekten. Arne Jacobsen wurde bezüglich seiner Bauten<br />
und Designarbeiten sehr durch Ludwig Mies van der Rohe,<br />
Le Corbusier und das Bauhaus beeinflusst. In all seinen<br />
Werken spiegelt sich sein Perfektionismus wider. 17<br />
Arne Jacobsen wollte schon immer Künstler werden, aber<br />
sein Vater versuchte ihm das von Anfang an ausreden und<br />
ihm klarzumachen, dass er es nie schaffen würde. Er war<br />
einer der ersten skandinavischen Designer und Designer<br />
generell, die durch Projekte den Modernismus nach Dänemark<br />
brachte.<br />
Beispielsweise durch sein kreisrundes Haus der Zukunft, das<br />
er 1929 gemeinsam mit Flemming Lassen für den Kopenhagener<br />
Architektenverband entwarf. Dieses Haus war so<br />
futuristisch, dass es sogar einen eigen Hubschrauberlandeplatz<br />
auf dem Dach hatte. Zusätzlich gestaltet Jacobsen<br />
auch mehrere zu dieser modernen Umgebung passende<br />
17 Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Arne_Jacobsen 15.09.2013<br />
49
Stahlrohrmöbel. 1930 beschloss er, sich ein eigenes Studio<br />
zu kaufen, und war von diesem Zeitpunkt an als Architekt<br />
und Innenausstatter tätig.<br />
Jacobsen arbeitete eine Zeit lang an einem Stuhl aus<br />
Sperrholz. Da er sich mit dem Material schon etwas auskannte,<br />
war es nichts Neues für ihn. Einige Jahre zuvor<br />
hatten die amerikanischen Designer Charles und Ray<br />
Eames den ersten Stuhl mit doppelt gebogener Sperrholzschale<br />
erstellt. Er war der Meinung, dass es nicht immer die<br />
eigenen Ideen sein müssen, die sich zu genialen Entwürfen<br />
weiterentwickeln.<br />
Arne Jacobsen verabschiedete sich mit seinem Werk<br />
endgültig vom strengen Funktionalismus der Vorkriegszeit.<br />
Ein Teil des Funktionalismus blieb natürlich aufrecht, da dieser<br />
im skandinavischen Design so und so eine große Rolle<br />
spielt. Aber Jacobsen verwendete ihn in einem geringeren<br />
Ausmaß, wenn es um seine Entwürfe ging. Zu seinen wichtigsten<br />
Arbeiten zählen die Ameise, der Egg-Chair und der<br />
Schwan.<br />
Außergewöhnlich an den Möbelstücken des Designers<br />
war, dass es sich nicht mehr um Polstermöbel handelte.<br />
Auch die aufregend geschwungenen Formen waren etwas<br />
Neues.<br />
Arne Jacobsen verwendete eine Erfindung der Chemie.<br />
Es handelte sich um das Kunststoffgranulat Styropor. Dieses<br />
wurde aufgeschäumt und bespannt. Der dreibeinige<br />
Schalenstuhl Myren, den er 1951 entwickelte, wurde millionenfach<br />
verkauft und gilt heute als einer der zeitlosen<br />
Klassiker. Unzählige Kantinen und Schulkassen wurden mit<br />
diesem Stuhl bestückt. Da der Stuhl nur aus zwei Elementen<br />
besteht, konnte man ihn kostengünstig herstellen.<br />
50
Einige Jahre später brachte Fritz Hansen eine stabilere Variante<br />
des Stuhl Myren auf den Markt. Diese verfügte über 4<br />
Beine und war daher auch leichter stapelbar. 1960 gelang<br />
Arne Jacobsen mit dem Hotel Royal in Kopenhagen ein<br />
Gesamtkunstwerk. Für dieses Haus entwarf er die gesamte<br />
Innenausstattung.<br />
Arne Jacobsen fasste in seinem eigenen Stil verschiedenste<br />
Strömungen zusammen. 18<br />
18 Vgl. <strong>Skandinavisches</strong> design, Charlotte und Peter Fiell, Seite 296 – 305<br />
Vgl. Design Lexikon Skandinavien Seite 224 -227<br />
Vgl. das designbuch, 1 Jahrhundert 400 Designer 1000 Objekte, Battenberg,<br />
Seite 168<br />
51
Abb. 12
07.3 VERNER PANTON<br />
Verner Panton wurde 1926 im dänischen Gamtofte geboren.<br />
Drei Jahre seines Lebens arbeitete er für Arne Jacobsen.<br />
Doch er war ein Rebell und wollte die Welt erkunden.<br />
Verner Panton hatte kein Interesse am Qualitätsstempel<br />
des „Dänischen Designs“ Er machte zwei Europareisen,<br />
um die Welt außerhalb zu erkunden. Vollkommen durchgestaltete<br />
Räume, Farbinszenierung und ausgesprochen<br />
originelle Möbelstücke sind seine Merkmale. Verner Panton<br />
war der Architekt des Lokals Komigen im Dorf Langeso,<br />
das 1958 eröffnet wurde. In verschiedensten Zeitungen<br />
wurde es als „das untraditionellste Gasthaus Dänemarks“<br />
beschrieben.<br />
Für Verner Panton war es die Zeit der Visionen und Träume.<br />
Alles, von dem man glaube, es könnte nie wahr werden,<br />
schien schon am nächsten Tag möglich zu sein. Er entwarf<br />
ein tragbares Plastikhaus für jedermann, Luftkissenmöbel<br />
und noch viele andere außergewöhnliche Gegenstände.<br />
Am bekanntesten ist der Panton-Stuhl. Es war der erste<br />
Kunststofffreischwinger, der aus einem Stück gefertigt wurde.<br />
Panton designte Sitzlandschaften wie beispielsweise<br />
das Kunststoffenvironment Visiona 2. Es gilt als erste synthetische<br />
Wohnlandschaft bei der, nachdem die Entwicklung<br />
1970 stattfand, was ein Jahr nach der ersten Mondlandung<br />
war, auch interplanetare Phantasie im Spiel war.<br />
Verner Panton war auch einer der begnadetsten Stimmungsdesigner,<br />
was er durch Form und Farben seiner<br />
Möbelstück vermittelte. Er wollte alle Sinne des Menschen<br />
wiederbeleben - von Platzangst bis zur erotischen Begierde.<br />
19<br />
19 Vgl. das designbuch, 1 Jahrhundert 400 Designer 1000 Objekte, Battenberg,<br />
Seite 282<br />
Vgl. . Design Lexikon Skandinavien Seite 301 - 304<br />
53
Abb. 13
07.4 BRUNO MATHSSON<br />
Bruno Mathsson wurde 1907 in der Kleinstadt Värnamo,<br />
das liegt in Schweden, geboren und verstarb am selben<br />
Ort 1988. Bruno Mathsson zählt gemeinsam mit Carl Malms<br />
Bruno Mathsson wurde 1907 in der schwedischen Kleinstadt<br />
Värnamo geboren und starb ebenfalls dort 1988. Ma<br />
thsson zählt gemeinsam mit Carl Malmsten und Erik Gunnar<br />
Asplund zu den großen Pionieren des schwedischen Möbeldesigns.<br />
Er wurde von Anfang an von seinem Vater sehr gefördert<br />
und in dessen Möbeltischlerei ausgebildet. Mathsson interessierte<br />
sich vor allem für Sitzmöbel mit sanft geschwungenen<br />
und organischen Formen. Er entschied sich dafür<br />
seine Möbelstücke im elterlichen Betrieb anzufertigen.<br />
Dadurch hatte er die Möglichkeit, den Überblick über die<br />
Qualität zu behalten. Mathsson hatte eine vollkommen<br />
neue Verkaufsidee: Er versandte seine Möbel mit der Post<br />
direkt an seine Kunden.<br />
den alten Holzmöbeln mit ausgeprägten geometrischen<br />
Formen fest hielten. Mathsson entschied sich dazu, seine<br />
Sessel der natürlichen Sitzhaltung anzupassen.<br />
Er entwickelte seine Möbel nach ergonomischen Gesichtspunkten.<br />
Anstatt einer sperrigen Polsterung verwendete<br />
er, zugunsten der Flexibilität und Bequemlichkeit, geflochtene<br />
Gurte aus Jute oder Hanf. Das Konzept des Stuhles<br />
Eva wich von allem ab, das bisher da war. Die Ergonomie<br />
stand bei dem Entwurf an vorderster Stelle. Der Stuhl<br />
wurde 1934 entwickelt und erstmals produziert. Er hatte<br />
einen Rahmen aus hellem gebogenen Buchenholz. Über<br />
diesen Rahmen, war ein grobes Gurtmaterial geflochten.<br />
Eva verfügte über ganz neue Formen, die dem Entwurf<br />
eine gewisse Dynamik vermittelten. Durch die weichen,<br />
geschwungenen Formen bot der Stuhl eine völlig neue Art<br />
des Sitzkomforts. Diese Entwicklung und Anfertigung war<br />
sehr bedeutend für das skandinavische Design.<br />
Ganz im Gegenteil zu seinen Kollegen, die weiterhin an<br />
55
Es war der Beginn des Umschwungs vom geometrischen<br />
Funktionalismus hin zur organischen Moderne. Da Eva ein<br />
Verkaufsschlager wurde, hatte Bruno Mathsson die Idee,<br />
sein Erfolgskonzept zu variieren. Dadurch entstand beispielsweise<br />
die gesteckte Liege Pernilla. Diese wurde 1944<br />
entworfen und auf den Markt gebracht. Mathssons Entwürfe<br />
führten dazu, dass anhand von Studien eine eigene<br />
Sitzergonomie entwickelt wurde. Seine Möbel hatten auch<br />
eine weitere Bedeutung. Sie stehen für ein neues skulpturales<br />
Selbstvertrauen im skandinavischen Produktdesign. 20<br />
20 Vgl. <strong>Skandinavisches</strong> design, Charlotte und Peter Fiell, Seite 448<br />
Vgl. Design lexikon Skandinavien, Seite 272 – 274<br />
Vgl. das designbuch, 1 Jahrhundert 400 Designer 1000 Objekte, Battenberg,<br />
Seite 231<br />
56
07.5 FRITZ HANSEN<br />
Hinter der weltweit berühmten Marke Fritz Hansen steht<br />
die Familiengeschichte eines Dänischen Möbelherstellers.<br />
Er revolutionierte das Skandinavische Design und erstellte<br />
einige der weltweit am meisten verkauften Design-Klassiker.<br />
Ihm ging es ins besondere darum, dass die modernsten<br />
industriellen Produktionsmethoden verwendet wurden,<br />
um die Möbelstücke herzustellen. Die Firma Fritz Hansen<br />
legt viel Wert darauf, die Tradition, welche Arne Jacobsen<br />
mit seinem Egg und Swan Chair anfing, weiter aufrecht zu<br />
erhalten. Ein bekannter Designer mit dem die Firma Fritz<br />
Hansen gerne zusammen arbeitete, ist der Italiener Vico<br />
Magistretti.<br />
Er ist der der Meinung, dass Objekte nicht am Zeichentisch,<br />
sondern erst durch die starke Zusammenarbeit zwischen<br />
Designer und Fabrikant entstehen. Die Stühle, die er für<br />
Fritz Hansen entworfen hat, haben sich sehr an der Linie<br />
von Arne Jacobsen orientiert. Laut Vico Magistretti gab es<br />
zwischen ihm und Arne Jacobsen nie eine Kooperation.<br />
Fritz Hansen gründete sein Unternehmen Ende des 19.Jahrhunderts<br />
durch eine Hinterhofwerkstatt. Die Firma hatte es<br />
am Anfang sehr schwer. Fritz Hansen wollte Stahlrohrmöbel<br />
in sein Sortiment aufnehmen. Dies wurde von der Kundschaft<br />
leider nicht angenommen. Später jedoch setzte sich<br />
diese Art von Möbeln durch und endete in großer Beliebtheit.<br />
Den meisten Umsatz des Unternehmens verdiente<br />
Fritz Hansen damals mit der Bestuhlung großer Kinosäle.<br />
Der AX-Stuhl ist ein Produkt der Nachkriegszeit und speziell<br />
für den Export geeignet. Der große Vorteil hierbei ist, dass<br />
der Stuhl in einzelne kleine Teile zerlegt werden kann. Nach<br />
dem großen Erfolg des AX-Stuhls, produzierte Fritz Hansen<br />
50 verschiedene Modelle des Designers und Architekten<br />
Arne Jacobsen, die sich alle großer Beliebtheit erfreuten.21<br />
21 Vgl. Northern Delights, Scandinavian Homes, Interiors and Design, Seite 190<br />
Vgl. Design Lexikon Skandinavien Seite 188 - 190<br />
57
„ Den Stuhl gibt es nicht. Der gute Stuhl ist<br />
eine Aufgabe, mit der man nie fertig ist.“<br />
Hans J. Wegner<br />
58
08 JUNGDESIGNER<br />
08.1 SCANDINAVIAN DESIGN HOUSE<br />
Viele skandinavische Firmen, die mit Jungdesigner zusammenarbeiten,<br />
sind auch in Österreich bekannt. Beispiele<br />
dafür sind zum Beispiel das Scandinavian Design House. 22<br />
Das Scandinavian Design House bietet mehr als 500 Quadratmeter<br />
Wohn- und Lebensgefühl mitten in Wien. Die<br />
Die Designklassiker werden ein Leben lang beliebt sein, da<br />
man sie sehr gut an neue Designs anpassen kann und gut<br />
kombinier bar sind.<br />
Firma bietet alles von Designklassikern bis hin zu neuen<br />
Entwürfen junger skandinavischer Designer an. Dadurch ermöglichen<br />
sie den Jungdesignern, ihre Entwürfe zu präsentieren<br />
und ein Feedback der Kunden zu bekommen. Das<br />
Sortiment unterteilt sich in Wohnmöbel, Betten, Lampen,<br />
Textilien und Wohnaccessoires für alle Bereiche. Jeden<br />
Sommer haben skandinavische Gartenmöbeldesigner die<br />
Möglichkeit an einer Ausstellung teilzunehmen. Wichtig<br />
bei der Gestaltung des Geschäfts war dem Inhaber und<br />
Gründer Michael C Frost, dass trotz der Geradlinigkeit und<br />
Klarheit des skandinavischen Designs die Räume auch<br />
Wärme und Gemütlichkeit ausstrahlen.<br />
Produktangebote aus den verschiedenen Sortimentsbereichen<br />
wurden kombiniert und gut aufeinander abgestimmt.<br />
Dadurch wurden die Ausstellungen des Scandinavian<br />
Design House zu einem gesamtheitlichen Wohnerlebnis,<br />
das zu neuen Ideen für das eigene Heim inspiriert. Das<br />
Scandinavian Design House stellt ein Team aus erfahrenen<br />
Einrichtungsberatern für die Planung und Umsetzung der<br />
Einrichtungswünsche zur Verfügung. Nicht nur einzelne<br />
Räume werden gestaltet, sondern auch Büros, Hotels und<br />
andere öffentliche Einrichtungen sind Kunden des Scandinavian<br />
Design House. Michael C. Frost kommt aus Dänemark<br />
und ist seit mehr als 20 Jahren für den skandinavischen<br />
Möbelhandel unterwegs. Das Scandinavian Design<br />
House hat er 2004 gegründet, und nebenher vertritt er mit<br />
seiner Agentur Frost International seit mehr als 10 Jahren<br />
ausgewählte skandinavische Möbel- und Designfirmen in<br />
Österreich. 23<br />
22 Vgl. Northern Delights, Scandinavian Homes, Interiors and Design, Seite 5 23 Vgl. http://www.scandinaviandesignhouse.at/content/bereich/unternehmen_scandinavian_design_house.html,<br />
Datum: 5.10.2013<br />
59
Abb. 14
Ein Beispiel für Produkte der Firma ist die Sesselserie Scandia.<br />
Sie ist ein absoluter Designklassiker aus Norwegen und<br />
sehr beliebt. Ein anders Beispiel für einen neuen Entwurf<br />
eines Möbelstücks ist der Lounge Chair Plateau von Engelbrechts.<br />
Der Sessel ist aus einer Form aus Hartschaum mit<br />
einer Kaltschaumschicht darauf gefertigt. Dadurch bietet<br />
er einen angenehmen Sitzkomfort. Die Form wurde mit einem<br />
Bezug aus nur zwei Stücken bezogen, ein Stück für die<br />
Sitzfläche und eins für den Rücken.<br />
Die Form erinnert an jene Formen, die Verner Panton<br />
verwendete. Designt wurde der Sessel von Engelbrechts.<br />
Engelbrechts ist eine Firma, die sich aus 5 Designern zusammenschließt:<br />
Kaspar Salto, Erik Magnussen, Jorgen<br />
Rasmussen, Morten Engelbrecht und Anders Hermansen.<br />
Bei den neuen Entwürfen eines Engelbrechts Möbel treffen<br />
Tradition und Innovation aufeinander, zwei gegeneinander<br />
gerichtete Kräfte. Es werden ähnliche Gedankengänge<br />
wie bei den Designklassikern verwendet aber Material und<br />
Produktionsmethoden werden verändert. Wichtig dabei<br />
ist, die Funktionalität und Qualität zu verfeinern und zu<br />
verbessern und den Verbrauch der Ressourcen zu reduzie-<br />
24 25 26 27<br />
ren.<br />
24 Vgl. http://www.scandinaviandesignhouse.at/content/bereich/skandinavien_<br />
design_sessel_stuehle_fjordfiesta_scandia.html, Datum: 5.10.2013<br />
25 Vgl. http://www.scandinaviandesignhouse.at/content/bereich/skandinavien_<br />
design_sessel_lounge_engelbrechts_plateau.html, Datum: 5.10.2013<br />
26 Vgl. http://www.engelbrechts.dk/de/designers, Datum: 5.10.2013<br />
27 Vgl. http://www.engelbrechts.dk/de/%C3%BCber-uns, Datum: 5.10.2013<br />
61
„ Wir haben ein paar gute Ideen aus<br />
dem zeitgenössischen Design übersetzt<br />
und praktische Produkte daraus<br />
gemacht.“<br />
Ikea<br />
62
08.2 IKEA<br />
Ein weiteres Beispiel dafür, wie sehr auch wir hier in Österreich<br />
vom Skandinavischen Design beeinflusst und<br />
begeistert sind, ist das Unternehmen Ikea. Die Vision des<br />
Unternehmens lässt sich mit einer Aussage erklären: „Einen<br />
besseren Alltag für die vielen Menschen schaffen.“<br />
Die Grundidee hinter alledem ist ein breites Sortiment, das<br />
sich durch eine schöne Form und Funktionalität auszeichnet<br />
und zu Preisen angeboten wird, die sich möglichst viele<br />
Menschen leisten können. Ikea ist es wichtig, seine Kunden<br />
eine gute Qualität zu erschwinglichen Preisen anzubieten.<br />
Das Unternehmen versucht, so viele Standorte wie nur<br />
möglich zu errichten, um es auch jedem zu ermöglichen,<br />
sich eine Spur von Skandinavien nach Hause mitzunehmen.<br />
Mittlerweile hat das Unternehmen 298 Einrichtungshäuser<br />
in 26 verschiedenen Ländern. Der Mann dahinter<br />
ist Ingver Kamprad. Er gründete das heute so bekannte<br />
Unternehmen. Seit 1982 befindet sich der Ikea Konzern<br />
im Besitz einer Stiftung in den Niederlanden. Die Gewinne<br />
des Unternehmens können nur für karitative Zwecke oder<br />
für die Investition in den eigenen Geschäften verwendet<br />
werden. Zuerst war das Unternehmen nur als Versandhandel<br />
gedacht. Erst als 1965 das erste Möbelhaus in Stockholm<br />
eröffnet wurde, gab es kleine Abweichungen beim<br />
Grundkonzept. Heute beschäftigt Ikea rund 36.000 Mitarbeiter.<br />
Wichtig für Ikea ist es, dass die Kunden selbst auch<br />
noch mitwirken können. Die Pakete wurden so konstruiert,<br />
dass sie auf die neuen Europaletten passen. Das Geheimnis<br />
hinter dem Unternehmen ist die Rationalisierung. Ikea<br />
hat das Fließband bis in die Wohnzimmer der Kunden verlängert.<br />
28<br />
Ikea bietet einige Möbelstücke an, die sehr an den<br />
Designklassikern orientiert sind. Manche sehen sogar haargenau<br />
gleich aus.<br />
28 Vgl. http://www.ikea.com/ms/de_AT/about-the-ikea-group/company-information/,<br />
Datum: 8.10.2013<br />
Vgl. Design Lexikon Skandinavien Seite 217<br />
63
08.3 VILLA SIEBEN<br />
Mit der Villa Sieben hat sich Claudia Schmöllerl letzten<br />
Sommer einen großen Traum erfüllt. Sie eröffnete in Tulln<br />
an der Donau ein Geschäft für skandinavisches <strong>Wohndesign</strong>.<br />
Sie verkauft Marken wie Greengate, Ib Laursen, Falby,<br />
Braxtoon oder Kresilinikoff. Durch die Eröffnung ihres Shops<br />
möchte sie, wie sie sagt: endlich auch den Österreichern<br />
ermöglichen sich ein Wenig Licht aus dem Norden in die<br />
eigenen vier Wände zu holen. 29<br />
29 Vgl. Landhaus<br />
64
08.4 DOTTINGS<br />
Das Unternehmen Dottings wurde von Sofie Podreka<br />
und Katrin Radanitsch 2006 geründet. Das Unternehmen<br />
besteht aus den beiden Gründerinnen und einem Zusammenschluss<br />
freier Mitarbeiter und Spezialisten. Sein<br />
Sitz befindet sich in Wien. Die beiden Österreicherinnen<br />
studierten das Fach Industrial Design an der Universität für<br />
Angewandte Kunst in Wien und an der Denmark Design<br />
Skole in Kopenhagen. Beide absolvierten ihr Studium mit<br />
Auszeichnung und nahmen anschießend an Wettbewerben<br />
und Ausstellungen teil, bevor sie sich selbstständig<br />
machten. Wichtig ist dem Unternehmen Dottings, dass sie<br />
Entwürfe schaffen, die intelligente und ehrliche Lösungen<br />
für die Auftraggeber beinhalten. 30<br />
davon vertragen. Wir entwickeln Produkte vom Konzept<br />
bis zur Serienreife. 31<br />
„Cleveres Produktdesign verschiedenster Spielart muss<br />
immer mehr können als einfach nur gut auszusehen. Den<br />
Begriff „Industrial Design“ legen wir bewusst weitläufig aus<br />
und bewegen uns auch gerne in Bereichen, die von Produktdesign<br />
noch unberührt sind und entsprechend viel<br />
30 Vgl. http://dottings13.microsites.at/about-us/, Datum: 6.11. 2013<br />
31 Dottings, http://dottings13.microsites.at/about-us/, Datum: 6.11.2013<br />
65
09 INTERVIEW<br />
Durch einen Zeitungsartikel stieß ich auf den Namen<br />
Sandra Nalepka, die die Inhaberin eines Skandinavischen<br />
Geschäfts in Wien ist. Es befindet sich in der Westbahnstraße<br />
21 in Wien und ist auf die 50er und 60er Jahre spezialisiert.<br />
Am 28.08.2013 fuhr ich nach Wien, da ich um 11<br />
Uhr einen Termin für ein kurzes Interview mit Frau Nalepka<br />
ausgemacht hatte, Sandra Nalepka wuchs in Österreich<br />
und Deutschland auf. Ihre Mutter kommt aus Schweden,<br />
ihr Vater ist Österreicher. Wichtig war für mich zu erfahren,<br />
ob sie auf irgendeine Art und Weise diesen besonderen<br />
Stil schon als Kind miterlebt hat. Sandra Nalepka war jedes<br />
Jahr zu Besuch in Schweden bei ihren Großeltern und<br />
anderen Verwandten. Ihre Mutter hat viel von ihrer Studentenzeit<br />
an Utensilien mitgebracht.<br />
Sie hat versucht, nicht diesen typischen Skandinavischen<br />
Stil, den man aus Büchern und Zeitschriften kennt, sondern<br />
den Coffee-Table-Books Stil zu vermitteln. Frau Nalepka<br />
erzählte mir, dass sich der Skandinavische Stil vom Bauhaus<br />
Stil unterscheidet, der ebenfalls sehr funktionell war.<br />
Jedoch gab es eine gewisse Spur von mehr Arbeit an den<br />
Linien in Richtung organische Formen. Es wurde viel mehr<br />
mit Formen und Schwüngen gearbeitet, alle Möbel waren<br />
sehr körperählich geformt. Als Beispiel gilt Bruno Matthsons<br />
Methode, Linien zu formen. Er legte sich in den Schnee<br />
und schaute, wie der Abdruck eines idealen Körpers ist.<br />
Diese Methode merkt man an vielen Dingen, die von Bruno<br />
Matthson entworfen wurden. Alle liegen beispielweise<br />
sehr gut in der Hand.<br />
Interessant war für mich auch zu erfahren, wie Frau<br />
Nalepka auf die Idee ihres Geschäfts kam. Sie hatte die<br />
Idee durch ihr großes Interesse am Stil der 50er und 60er<br />
Jahre. Da sie davor in einigen Jobs mit Buchstaben und<br />
Zahlen zu tun hatte, hat sie dann irgendwann gemerkt,<br />
dass es mit Buchstaben und Zahlen reicht und dass sie<br />
zurück zur Materie möchte. Ihre Designstücke holt sie sich<br />
überwiegend in Schweden. Frau Nalepka erklärte mir dass<br />
es nicht immer so ist wie in den Büchern und Zeitschriften<br />
66
übermittelt wird. Bücher suchen sich immer einen bestimmten<br />
Fokus oder spüren, auf was gerade „IN“ ist und<br />
was nicht, und das drucken sie dann ab. Im Moment sind<br />
der französische Landstil und der Industriestil sehr beliebt.<br />
All diese Sachen kamen aus New York. Diese Lofts mit<br />
irgendwelchen alten Eisenlampen. Dieser Stil ist in ganz<br />
Europa ausgebrochen und in Magazinen abgelichtet.<br />
Vom Skandinavischen Stil ist dieses „luftige leichte“ etabliert<br />
in den Köpfen der Leute aber es gibt auch viele nicht<br />
so „skandinavisch schön“ eingerichtet Häuser. Es ist nicht<br />
alles so schön, es gibt auch Menschen in Skandinavien die<br />
keinen Geschmack haben. Genau so, gibt es auch einige<br />
Möbelhäuser die eher geschmacklose Sachen verkaufen.<br />
Es ist nicht der Fall, dass ganz Skandinavien prachtvoll ist<br />
und dass man bei jeder Wohnungstür die man öffnet niederkniet.<br />
In Österreich sind Skandinavische Geschäfte im<br />
Moment sehr populär. Ein sehr bekanntes Geschäft ist z.B.<br />
der Finnshop welchen es schon seit längerem gibt. Retro<br />
und Vintage sind immer so Schlagwörter, das merkt man<br />
auch an den Magazinen. Skandinavien hat an sich schon<br />
ein gewisses Ansehen. Es gilt immer als der heile Teil Europas.<br />
Ein hoher Lebensstandard, sozial funktioniert alles, das<br />
Design ist schön, die Menschen sind schön, das sind alles<br />
so Klischees und damit arbeiten auch die Medien. 32<br />
32 Vgl. Interview mit Sandra Nalepka, 28.08.2013, 11 Uhr<br />
67
10 FAZIT<br />
Meiner Meinung nach sind die skandinavischen Jungdesigner<br />
sehr von den nordischen Designikonen beeinflusst.<br />
Vergleicht man beispielsweise einen Sessel wie den Egg<br />
Chair von Arne Jacobsen mit einem Sessel eines Jungdesigners,<br />
so stellt man sehr viel Ähnlichkeit fest. Die Formen,<br />
die Materialen: Alles ist identisch mit den Designklassikern.<br />
Ein Grund für diese große Ähnlichkeit ist, dass die Designklassiker<br />
bis heute weltweit stark verbreitet und beliebt sind.<br />
Deshalb halten sich die Jungdesigner stückweise an den<br />
schon vorhanden Formen fest und verändern nur noch<br />
Details.<br />
Etwas, das sich natürlich auch sehr entwickelt hat, sind die<br />
Herstellungsmethoden. Früher, zu Zeiten der Design-Ikonen,<br />
wurde noch nicht allzu viel Wert auf die Art der Produktion<br />
gelegt. Heute hingegen ist es wichtig, so günstig aber<br />
zugleichend so umweltschonend wie möglich zu produzieren.<br />
Andererseits muss man auch betonen, dass es auch<br />
komplett unterschiedliche Möbelstücke von skandinavischen<br />
Jungdesignern gibt, die keines falls in Zusammenhang<br />
mit den Designklassikern stehen. Diese Jungdesigner<br />
wollen „revolutionär“ gegen die Klassiker vorgehen. Sie<br />
möchten absolut nichts mit ihnen gemeinsam haben,<br />
sondern sich in eine komplett andere Richtung entwickeln.<br />
Es gibt viele verschiedene Arten wie ein perfektes Haus<br />
aussehen kann. Eine der meistvertretenen ist, dass sich das<br />
ideale Wohnkonzept zusammensetzt aus einem italienischen<br />
Architekten, einer deutschen Betriebsversorgung,<br />
einem englischen Garten und der Inneneinrichtung aus<br />
Skandinavien. <strong>Skandinavisches</strong> Design war in seinen Ausformungen<br />
immer sehr ähnlich. Formen und Farben haben<br />
sich kaum verändert. Sowohl die Designklassiker als auch<br />
neu entwickelte Designstücke junger kreativer Menschen<br />
haben einen großen Bezug zur Grundidee des Skandinavischen.<br />
Den Skandinaviern bedeutet es viel, dass sich alle ihre<br />
Gäste bei Ihnen wie zu Hause fühlen. Das ist auch ein<br />
Grund dafür, dass das deutsche Magazin „Living at Home“<br />
68
oft Beiträge von selbständigen skandinavischen Designern<br />
zeigt. Hierbei geht es oft nicht um Möbel, sondern um Accessoires,<br />
die die Leser und Leserinnen bequem nachmachen<br />
können, um sich auf diese Art ein Stück Skandinavien<br />
nach Hause zu holen. Beispielsweise die Designerin Cathrine<br />
Kullberg. Die Norwegerin hat am Central Saint Martins<br />
College of Art and Design in London studiert und gründete<br />
2007 ihr eigenes Lable – Cathrine Kullberg Lighting. Ihre<br />
Idee ist die Vermarktung von märchenhaften Lampenschirmen,<br />
die aus Furnieren gefertigt sind. Sie verwendet<br />
das Muster einer Tanne, denn in Norwegen wächst man<br />
mit der Mystik des Waldes auf. Cathrine Kullberg verwendet<br />
hauchdünne Furniere aus Birkenholz oder weiß lasierter<br />
Esche. Diese werden zuerst mechanisch bearbeitet, um sie<br />
biegsam zu machen. Danach werden durch einen speziellen<br />
Laser die Muster eingebrannt. Schlussendlich wird<br />
das Holzstück um ein Metallgestell gebogen und mit einem<br />
Lederband per Hand zusammengenäht. 1<br />
1 Vgl. Living at Home Januar 13, Seite 54, 55, 56, 57<br />
Ein komplett anderes Beispiel dafür, wie vielfältig das<br />
skandinavische Design ist, ist das Label „ House of Rym“.<br />
Dieses setzt sich aus vier Designern zusammen - den zwei<br />
schwedischen Designerinnen Anna Backlund und Elisabeth<br />
Dunker und zwei arabischen Künstlern. Durch ihren Zusammenschluss<br />
vereinigen sich das traditionelle arabische<br />
Handwerk und das skandinavische fantasievolle Design in<br />
den Entwürfen. Beschrieben wurde es als eine Stilhochzeit<br />
von Aladins Wunderwerk und Bullerbü. Viele denken, dass<br />
es einfach ist, skandinavisch zu designen, richtig ist jedoch<br />
genau das Gegenteil.<br />
Es stimmt, dass der skandinavische Stil einfach und schlicht<br />
wirkt, aber hinter all dem Ganzen stehen viele aufwändige<br />
Ideen und bedeutende Überlegungen. Die verschiedensten<br />
skandinavischen Künstler miteinander zu vergleichen,<br />
ist kompliziert. Sie sind so unterschiedlich, aber dennoch<br />
haben sie immer irgendetwas gemeinsam, was auf ihre<br />
Herkunft schließen lässt. Eine Gemeinsamkeit, die alle skandinavischen<br />
Designer haben ist, dass ihnen die Natur am<br />
69
Herzen liegt. Sie alle legen großen Wert auf Umwelt und<br />
heimische Ressourcen. Egal ob Form, Material oder Farbe.<br />
Irgendetwas aus der Natur binden alle Skandinavier in<br />
ihre Arbeit ein, und das verbindet sie miteinander. Es gibt<br />
kaum einen anderen Einrichtungsstil, der so von der Natur<br />
geprägt ist, wie der skandinavische.<br />
Dieser Stil versucht, das nordische Licht und seine Einzigartigkeit<br />
in alle Häuser und Wohnungen der Welt hinauszutragen.<br />
70
11 QUELLENVERZEICHNIS<br />
Bücherquellen:<br />
Ein Haus im Norden, <strong>Skandinavisches</strong> Design/Raumkonzept/Architektur,<br />
Thomas Steinfeld, Jon Steinfeld,<br />
1. Auflage<br />
Copyright 2012<br />
Deutsche Verlags-Anstalt, München<br />
in der Verlagsgruppe Random House GmbH<br />
alle Rechte vorbehalten<br />
Layout und Satz: a.visus, Michael Hempel; München<br />
Lithografie: Helio Repro, München<br />
Druck und Bindung: Offizin Andersen Nexö Leipzig<br />
Printed in Germany<br />
ISBN 978-3-421-03856-2<br />
www.dva.de<br />
<strong>Skandinavisches</strong> Design, Charlotte und Peter Fiell,<br />
copyright 2002 TASCHEN GmbH, Hohenzollernring<br />
53, D-50672 Köln, www.taschen.com<br />
gedruckt in Italien, ISBN 3-8228-5716-5<br />
Nordisch Wohnen, Doris Tönnissen Blatter, Monika Remus<br />
copyright 2013, Christian Verlag GmbH, München, 1. Auflage<br />
2013, alle Rechte vorbehalten, ISBN 978-3-86244-220-1<br />
Design Lexikon Skandinavien, DuMont, Bernd Polster, copyright<br />
1999 Howard Buch Produktion, Bonn, alle Rechte vorbehalten,<br />
Zuerst erschienen im DuMont Buchverlag, Köln 1999<br />
Printed in Italy, ISBN 3-7701-4428-7<br />
Das designbuch, 1 Jahrhundert 400 Designer 1000 Objekte,<br />
Battenberg, copyright 1999 Howard Buch Produktion, Bonn, alle<br />
Rechte vorbehalte, zuerst erschienen im Battenberg Verlag,<br />
Augsburg, ISBN 3-89441-416-2<br />
71
Northern Delights, Scandinavian Homes, Interiors and Design,<br />
gestalten, Berlin 2013, ISBN 978-3-89955-472-4<br />
Landhaus<br />
Living at Home Januar 13, © livingathome.de 2000-201, livingathome.<br />
de ist ein Produkt der G+J Living & Food GmbH, Hamburg, einer<br />
Tochtergesellschaft des Druck- und Verlagshauses Gruner + Jahr und Teil des<br />
Bertelsmann Konzerns.<br />
G+J Living & Food GmbH, Am Baumwall 11, 20459 Hamburg<br />
http://www.scandinaviandesignhouse.at/content/bereich/skandinavien_design_sessel_stuehle_fjordfiesta_scandia.html,<br />
Datum:<br />
5.10.2013<br />
http://www.scandinaviandesignhouse.at/content/bereich/<br />
skandinavien_design_sessel_lounge_engelbrechts_plateau.html,<br />
Datum: 5.10.2013<br />
http://www.engelbrechts.dk/de/designers, Datum: 5.10.2013<br />
Internetquellen:<br />
http://de.wikipedia.org/wiki/Carl_Larsson 15.09.2013<br />
http://de.wikipedia.org/wiki/Arne_Jacobsen 15.09.2013<br />
http://www.engelbrechts.dk/de/%C3%BCber-uns, Datum:<br />
5.10.2013<br />
http://www.ikea.com/ms/de_AT/about-the-ikea-group/company-information/,<br />
Datum: 8.10.2013<br />
http://www.scandinaviandesignhouse.at/content/bereich/unternehmen_scandinavian_design_house.html,<br />
Datum: 5.10.2013<br />
http://dottings13.microsites.at/about-us/, Datum: 6.11. 2013<br />
72
Sonstige Quellen:<br />
Interview mit Sandra Nalepka, 28.08.2013, 11 Uhr, Westbahnstraße<br />
21, 1070 Wien<br />
+43 680 504 70 00, sandra@designqvist.at, www.twitter.com/designqvist<br />
Zitate:<br />
Seite 26 - Josef Frank, Design Lexikon Skandinavien, Seite 61<br />
Seite 28 - Kaj Franck, Design Lexikon Skandinavien, Seite 65<br />
Seite 32 - Antti Nurmesniemi, Design Lexikon Skandinavien, Seite<br />
193<br />
Seite 46 - Arne Jacobsen, Design Lexikon Skandinavien, Seite 71<br />
Seite 58 - Hans J. Wegner, Design Lexikon Skandinavien, Seite 69<br />
Seite 62 - Ikea, Design Lexikon Skandinavien, Seite 77<br />
Seite 6 - Christine von Schweden (1626 -1689), 1632 – 1654 Königin,<br />
Unterstützerin der Künste und der Wissenschaften, http://<br />
www.zitate.de/autor/Christine+von+Schweden?page=2, Datum:<br />
6.11.2013<br />
Seite 10 - Leslie Cheek Jr. (in den 50er Jahren)<br />
Seite 14 - Carl Larsson, Design Lexikon Skandinavien, Seite 53<br />
Seite 18 - Märten Claesson, Design Lexikon Skandinavien, Seite<br />
81<br />
Seite 20 - Tapio Wirkkala, Design Lexikon Skandinavien, Seite 67<br />
Seite 24 - Poul Henningsen, Design Lexikon Skandinavien, Seite 57<br />
73
12 ABBILDUNGSVERZEICHNIS<br />
Abb. 1, Seite 8 http://uvesauer.blogspot.co.at/p/skandinavisch-inspiriert.html<br />
Datum: 08.01.2014<br />
Abb. 7, Seite 38 http://bellamento.wordpress.com/author/bellamento/<br />
Datum: 08.02.2014<br />
Abb. 2, Seite 12 http://www.tip-berlin.de/kultur-und-freizeit-shopping-und-stil/skandinavisches-design-berlin<br />
Datum: 08.01.2014<br />
Abb. 8, Seite 40 http://maditas-haus.blogspot.co.at/2013_11_01_<br />
archive.html Datum: 08.02.2014<br />
Abb. 3, Seite 16 http://www.tip-berlin.de/kultur-und-freizeit-shopping-und-stil/skandinavisches-design-berlin<br />
Datum: 08.02.2014<br />
Abb. 4, Seite 30 http://northernlighting.no/?produkter=bell Datum:<br />
08.02.2014<br />
Abb. 5, Seite 34 http://www.baerwaldson.de/de/Kueche/<br />
ferm-LIVING-Schneidebrett-M.html Datum: 08.02.2014<br />
Abb. 6, Seite 36 http://www.schoener-wohnen.de/einrichten/<br />
einrichtungsstile/95423-skandinavischer-einrichtungsstil.html Datum:<br />
08.02.2014<br />
Abb. 9, Seite 42 http://www.modelvita.com/wp-content/<br />
uploads/2013/04/Manostiles-Kissen.jpg<br />
Datum 08.01.2014<br />
Abb. 10, Seite 44 http://uvesauer.blogspot.co.at/p/skandinavisch-inspiriert.html<br />
Datum: 08.02.2014<br />
Abb. 11, Seite 48 http://www.diytrade.com/china/pd/10700167/<br />
Arne_Jacobsen_JH_026_Egg_chair_China_Jiaohui_fiberglass_<br />
modern_classic_designer.html Datum: 08.02.2014<br />
Abb. 13 http://www.scandinaviandesign.com/bruno-mathsson-int/mod36/modell36-4.htm<br />
Datum: 08.02.2014<br />
74
Abb. 12, Seite 52 http://www.design-bestseller.de/media/ca-<br />
talog/product/cache/1/thumbnail/9df78eab33525d08d6e5fb-<br />
8d27136e95/p/a/pan_2er_f.jpg_00002ca9_klein_3.jpg Datum:<br />
08.01.2014<br />
Abb. 13, Seite 54 http://www.scandinaviandesign.com/bruno-mathsson-int/mod36/modell36-4.htm<br />
Datum: 08.02.2014<br />
Abb. 14, Seite 60 http://www.iidudu.com/delightful-scandinavian-design-house-interior-schemes/high-ceiling-idea-designed-for-scandinavian-look-with-black-leather-couch/<br />
Datum:<br />
08.02.2014<br />
75