MOTORRAD Classic 4/2014
4/2014 www.motorrad-classic.de Youngtimer Oldtimer Szene Markt Der erste Vergleich von 1983 Yamaha XJ 900 gegen Honda CB 900 F im Nachdruck Höhepunkte einer luftgekühlten Ära StArkes Finale Kawasaki GPZ 1100 UT Laverda RGS 1000 Suzuki GSX 1100 EF Neu interpretiert Kawasaki 750 H2 Bol d‘Or-Legende Japauto 950 SS Leidenschaft Ein Leben für & Mit Rudge Erfolgsmodell BMW R2 Große Kunst im Kleinformat: Modellbauer Pere Tarragó Deutschland 5,70 € Österreich 6,40 € . Schweiz 10,80 SFr BeNeLux 6,60 € . Finnland 8,50 € Griechenland 8,20 €
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4/<strong>2014</strong><br />
www.motorrad-classic.de<br />
Youngtimer Oldtimer Szene Markt<br />
Der erste<br />
Vergleich von 1983<br />
Yamaha XJ 900<br />
gegen<br />
Honda CB 900 F<br />
im<br />
Nachdruck<br />
Höhepunkte einer luftgekühlten Ära<br />
StArkes<br />
Finale<br />
Kawasaki GPZ 1100 UT<br />
Laverda RGS 1000<br />
Suzuki GSX 1100 EF<br />
Neu interpretiert<br />
Kawasaki<br />
750 H2<br />
Bol d‘Or-Legende<br />
Japauto<br />
950 SS<br />
Leidenschaft<br />
Ein Leben<br />
für & Mit<br />
Rudge<br />
Erfolgsmodell<br />
BMW<br />
R2<br />
Große Kunst im Kleinformat:<br />
Modellbauer Pere Tarragó<br />
Deutschland 5,70 €<br />
Österreich 6,40 € . Schweiz 10,80 SFr<br />
BeNeLux 6,60 € . Finnland 8,50 €<br />
Griechenland 8,20 €
Inhalt I<br />
4/<strong>2014</strong><br />
Als günstige BMW des kleinen Mannes<br />
ging die R 2 mit ihrem 200er-Einzylinder<br />
ab 1931 in den Verkauf und wurde in den<br />
folgenden Jahren ein voller Erfolg<br />
34<br />
Eine deutsche Familie lebt in Kanada und<br />
schwört auf die britischen Bikes von Rudge<br />
Motorräder<br />
in dieseR<br />
Ausgabe:<br />
BMW R 2 34<br />
Honda CB 900 F 90<br />
Japauto-Honda 950 SS106<br />
Kawasaki GPZ 1100 UT 4<br />
Kawasaki H2 Kamikaze20<br />
Laverda RGS 1000 4<br />
Solo electra 84<br />
Suzuki GSX 1100 EF 4<br />
Yamaha XJ 900 90<br />
Echter Filigran-<br />
Künstler: Der<br />
Spanier Pere<br />
Tarragó baut<br />
mit größter<br />
Perfektion<br />
Modelle im<br />
Maßstab 1:5<br />
44<br />
28<br />
Die H2 von Umbau-Profi<br />
Tobias Guckel sieht endlich<br />
so aus, wie sie fährt:<br />
wild und aggressiv<br />
20<br />
Titelfotos: Cathcart (2), Christian Haasz, werbeFOTO HAASZ GbR, fact, Siemer, Schmieder; Fotos: Cathcart (2), Christian Haasz, werbeFOTO HAASZ GbR, fact, mps-Fotostudio, Reinwald, Siemer (2), Schmieder, Schwab<br />
2 Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de
4<br />
Auf Achse<br />
4 Hubraum-Boliden mit Luftkühlung<br />
Kawasaki GPZ 1100 Unitrak, Laverda<br />
RGS 1000 und die Suzuki GSX 1100 EF<br />
waren Mitte der 80er-Jahre die Highlights<br />
und zugleich letzten Vertreter von drei<br />
legendären Big Bike-Baureihen<br />
im Studio<br />
20 Kawasaki 750 H2 „Kamikaze“<br />
Ein spektakulärer Eigenbau huldigt dem<br />
wilden Ruf des Kawa-Zweitakters<br />
78<br />
90<br />
84<br />
98<br />
Szene<br />
28 Verrückt nach Rudge<br />
Eine deutsche Familie fährt in Kanada<br />
voll auf die raren Rudge-Motorräder ab<br />
34 BMW R 2<br />
Das einstige Erfolgsmodell der frühen<br />
1930er-Jahre ist heute selten geworden<br />
44 Modellbauer Pere Tarragó<br />
Besuch bei einem Perfektionisten, der die<br />
exklusivsten Motorrad-Miniaturen baut<br />
50 Nachrichten, Termine, Tipps<br />
78 Porträt Torsten Bischof<br />
Der Mann schraubt für sein Leben gern –<br />
und lässt andere daran teilhaben<br />
84 Solo electra<br />
Die Schwaben waren mit dem ersten<br />
Elektro-Zweirad der Zeit voraus<br />
88 Angezettelt<br />
Der Chef kämpft mit dem Wasserbüffel<br />
98 Die Geschichte der Polizei-Motorräder<br />
So haben sich die Behörden-Maschinen<br />
im Lauf der Jahrzehnte gewandelt<br />
Zurückgeblättert<br />
42 Interessantes aus <strong>MOTORRAD</strong> 9/1971<br />
Nachgedruckt<br />
90 Yamaha XJ 900 und Honda CB 900 F im<br />
ersten Vergleich von 1983<br />
Markt<br />
70 Der aktuelle Preisspiegel<br />
Über 450 Youngtimer unter der Lupe<br />
Sport<br />
106 Japauto-Honda 950 SS<br />
Bol d‘Or-Sieger mit eigenwilligem Stil<br />
Rubriken<br />
51 Helden-Club<br />
54 Kleinanzeigen-Markt<br />
75 Leserbriefe<br />
114 Vorschau/Impressum<br />
Edit0rial<br />
Wie original<br />
muss ein<br />
klassiker sein?<br />
Beim Restaurieren meiner Suzuki<br />
habe ich mir echt einen Kopf gemacht.<br />
Wie original soll sie hinterher<br />
sein? Soll ich die harten und trotzdem<br />
schlecht dämpfenden Federbeine verwenden<br />
oder neue aus dem Zubehörmarkt?<br />
O-Ring-Kette oder die schnell verschleißende<br />
aus den 70er-Jahren? Schöne<br />
leichte Rennbirnen oder doch die 30-Kilo-<br />
Drei-in-vier? Letztendlich baue ich sie<br />
doch so original wie möglich auf.<br />
Das andere Extrem zeigt ein Klassik-<br />
Umbau, wie wir ihn noch selten in MO-<br />
TORRAD <strong>Classic</strong> präsentieren konnten.<br />
Die Kamikaze-H2 von Tobias Guckel demonstriert,<br />
was mit viel Engagement und<br />
Formgefühl aus so einer Kawasaki gemacht<br />
werden kann. Ein radikales, konsequent<br />
aufgebautes Motorrad, das mit dem<br />
Original nur noch wenig zu tun hat. Darf<br />
man so etwas machen? Eine wunderschöne<br />
Kawasaki H2 dermaßen verändern?<br />
Ich denke schon. Wichtig ist für mich,<br />
was am Ende auf den Rädern steht. Wie<br />
stimmig ist das Ganze, passen die Proportionen,<br />
wurden noch einigermaßen zeitgenössische<br />
Teile verwendet und wie viel<br />
Liebe zum Detail kann man erkennen?<br />
Im Fall der Kamikaze passt einfach<br />
alles. Dieser gekonnte Mix aus 70er- und<br />
80er-Jahren macht einfach an. Respekt.<br />
Ich bin gespannt, wie Sie das finden.<br />
Schreiben Sie mir doch Ihre Meinung an<br />
motorradclassic@motorpresse.de.<br />
Viel Spaß beim Lesen<br />
wünscht Ihnen<br />
106<br />
Michael Pfeiffer<br />
www.motorrad-classic.de<br />
Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> 3
Auf Achse I<br />
Kawasaki GPZ 1100 UT I Laverda RGS 1000 I Suzuki GSX 1100 EF<br />
4 Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de
Luftobjekte<br />
Sie zählten Mitte der 1980er zu den bedrohten, bärenstarken luftgekühlten<br />
Big Bikes – den wassergekühlten Motoren schien<br />
die Zukunft zu gehören. <strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> blies GPZ, RGS und<br />
GSX rund 30 Jahre später noch mal den Wind um die Motoren.<br />
Text: Gerhard Eirich; Fotos: fact<br />
www.motorrad-classic.de<br />
Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> 5
Auf Achse I<br />
Kawasaki GPZ 1100 UT I Laverda RGS 1000 I Suzuki GSX 1100 EF<br />
Die Sportliche:<br />
Kawasaki<br />
GPZ 1100 UT<br />
Das hubraumstärkste Modell der GPZ-Baureihe verbindet<br />
betagte, aber bewährte Motortechnik mit einer modernen<br />
digitalen Einspritzanlage. Mit geducktem Erscheinungsbild<br />
und offen 120 PS starkem Motor die Sportlerin des Trios<br />
6 Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de
1 Mit dem Exzenter-<br />
Kettenspanner hatte<br />
Kawasaki schon damals<br />
ein zukunftsweisendes<br />
Detail<br />
verbaut<br />
2 Die großen, etwas<br />
grobschlächtig anmutenden<br />
Schalter<br />
wirken ein wenig<br />
wie aus dem Lego-<br />
Baukasten<br />
1 2<br />
3 Schwarze Schönheit:<br />
Der klassisch<br />
verrippte Motor<br />
setzt sich gut in<br />
Szene und vertraut<br />
auf einen Ölkühler<br />
4 Die DFI-Einheit<br />
hatte schon 1983<br />
eine Leuchtdiode<br />
auf dem Steuergerät,<br />
die Fehler per<br />
Blinkcode anzeigt<br />
5 Kleine Runduhren<br />
im Cockpit, dafür<br />
viele Warnlampen,<br />
die mehr oder<br />
we niger verlässlich<br />
auf Störungen hinweisen<br />
3<br />
4<br />
5
Auf Achse I<br />
Kawasaki GPZ 1100 UT I Laverda RGS 1000 I Suzuki GSX 1100 EF<br />
Im Winter kann es einfrieren, im<br />
Sommer kocht der Kühler – Wasserkühlung<br />
braucht kein Mensch.“<br />
Die Argumente der Fans luftgekühlter<br />
Motoren klingen überzeugend.<br />
Okay, bei 30 Grad Außentemperatur hechelt<br />
auch ein großzügig verrippter luftgekühlter<br />
Motor nach jedem kühlenden<br />
Lüftchen, wenn der Fahrer sein Bike in<br />
der Stadt von Ampelstopp zu Ampelstopp<br />
quält. Doch wir rollen mit unseren drei<br />
Vertreterinnen dieser glorreichen Zeit ja<br />
an diesem ersten sonnigen, warmen Frühlingswochenende<br />
in Richtung Schwäbische<br />
Alb. Blauer Himmel – passt.<br />
Auf drei Exemplare mit Reihenmotoren<br />
ist unsere Wahl gefallen. Schon die<br />
Kürzel lassen die Ü-40er unter uns wissend<br />
nicken und versonnen dreinblicken<br />
– GPZ, GSX und RGS standen schließlich<br />
lange genug für meist unerfüllte Träume.<br />
Wer hat damals nicht die ersten Testberichte<br />
verschlungen, den ersten in freier<br />
Wildbahn gesichteten Exemplaren mit offenem<br />
Mund hinterhergestarrt und kann<br />
teilweise bis heute die beeindruckenden<br />
Messwerte im Schlaf herunterbeten? Ich<br />
gestehe – ich war einer von diesen.<br />
Und heute soll sich der eine oder<br />
andere Wunsch erfüllen. Angefangen mit<br />
der 1100er-Kawasaki – ich bin die meisten<br />
GPZ-Modelle irgendwann mal gefahren,<br />
doch die 1100er noch nie. Heute steht<br />
sie bereit, eine Leihgabe von Ralph<br />
Schmitt, der sich seine Traum-Kawa von<br />
einst vor vier Jahren erneut zugelegt hat<br />
und heute leider nicht selbst mit von der<br />
Partie sein kann. Kollege Stefan übernimmt<br />
gern den Part des Fotofahrers, da<br />
er selbst mit einer GPZ 1100 liebäugelt.<br />
Von der etwas zickigen Kaltlaufphase<br />
abgesehen („Der Temperaturfühler kann<br />
sich schon mal verabschieden”, räumte<br />
Ralph Schmitt bereits vorab ein), präsentiert<br />
sich die erst kürzlich von Profihand<br />
(Firma Bike Side) überholte GPZ im Topzustand<br />
und bis auf die 4-in-1-Anlage<br />
auch original. Die gut erhaltene Serien-<br />
4-in-2-Anlage ist zwar vorhanden, doch<br />
wäre das erneute Abstimmen der Einspritzung<br />
auf die geänderte Auspuffanlage<br />
zu aufwendig, so Schmitt. Dem Sound<br />
hat es jedenfalls nicht geschadet, herrlich<br />
bassig brummt der Kawa-Vierer im Stand<br />
und grölt mit steigender Drehzahl angenehm<br />
sportlich. Nicht prollig laut, aber<br />
auch alles andere als schüchtern. Die mechanischen<br />
Lebensäußerungen des in seiner<br />
Grundkon s truktion betagten Vierzylinders<br />
mit seiner fünffach rollengelagerten<br />
Kurbelwelle halten sich in Grenzen.<br />
Dies sollte auch für den Spritverbrauch<br />
gelten, dieses Ziel stand zumindest unter<br />
anderem hinter der Umstellung der Einspritzung<br />
von der in Lizenz nachgebauten<br />
Bosch-L-Jetronic des ersten GPZ-Modells<br />
B1 von 1981 auf die deutlich verbesserte<br />
DFI-Anlage mit Schubabschaltung, die<br />
schon 1982 in der B2 Einzug hielt. Der<br />
Platzbedarf und der bauliche Aufwand<br />
konnten reduziert sowie das Heißstartverhalten<br />
verbessert werden. Der Motor<br />
hängt toll am Gas, reagiert auch unter<br />
2000/min spontan und willig auf den<br />
Schnitt durch die Einspritzanlage<br />
der 1982er-GPZ, die fast unverändert<br />
in der 1100er-Unitrak Dienst tut<br />
Dreh am Gasgriff und zieht die ganze<br />
Fuhre mit Macht voran. Nicht so bissig wie<br />
die Vorgängerin, so sagt man, weil die<br />
1983er-Version mittels längerer Steuerzeiten<br />
und größerer Ventile auf die satte<br />
(Auslands-)Spitzenleistung von 120 PS getrimmt<br />
wurde, zu Lasten des Durchzugs<br />
von ganz unten. Doch darüber zu klagen<br />
wäre jammern auf hohem Niveau. Die<br />
GPZ zieht einem jederzeit die Arme lang,<br />
gut, dass man sportlich gestreckt, dennoch<br />
langstreckentauglich untergebracht<br />
ist. Die Sitzposition passt sofort, die Rasten<br />
nicht zu hoch, der Lenker nicht zu tief<br />
und angenehm gekröpft – ideale Bedingungen<br />
für schnelle Autobahn-Etappen.<br />
Der Autobahn-Brenner<br />
Länge läuft, der üppige Radstand und die<br />
Fahrwerksgeometrie lassen die 1100er<br />
stabil über die Bahn brennen. Na gut, wer<br />
sich bei über 180 km/h nicht hinter die<br />
flache Scheibe duckt, verursacht eine<br />
leicht werdende Front und erntet schon<br />
mal ganz leichtes Rühren. Doch schon um<br />
überhaupt etwas Windschutz zu genie-<br />
Drei unverwechselbare Silhouetten: Eine RGS 1000, GSX 1100<br />
EF oder GPZ 1100 erkennt man immer auf den ersten Blick<br />
8 Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong>
Im Detail: Kawasaki GPZ 1100 UT<br />
(1983 – 1988)<br />
Preis 1983: 11 190 Mark<br />
Daten (Typ ZX1100-A)<br />
Motor: Luftgekühlter Vierzylinder-Viertakt-Reihenmotor,<br />
zwei<br />
obenliegende Nockenwellen,<br />
zwei Ventile pro Zylinder, über<br />
Tassenstößel betätigt, Hubraum<br />
1075 cm³, Leistung<br />
74 kW (100 PS) bei 8750/min<br />
Kraftübertragung: Mehrscheiben-Ölbadkupplung,<br />
Fünfganggetriebe, Kettenantrieb<br />
Fahrwerk: Doppelschleifenrahmen<br />
aus Stahlrohr, Telegabel,<br />
Ø 37 mm, Zweiarmschwinge aus<br />
Alu , Zentralfederbein, Alu-Gussräder,<br />
Reifen 110/90 V 18 vorn,<br />
130/90 V 17 hinten, Doppelscheibenbremse<br />
vorn, Ø 285 mm,<br />
Einkolben-Schwimmsättel, Scheibenbremse<br />
hinten, Ø 270 mm<br />
Maße und Gewichte:<br />
Radstand 1565 mm, Gewicht<br />
vollgetankt 266 kg<br />
Fahrleistungen: Höchstgeschwindigkeit<br />
228 km/h<br />
Technik<br />
Der in seiner Grundkonstruktion weit<br />
zurückreichende Zweiventiler arbeitet noch<br />
immer mit einer fünffach rollengelagerten<br />
Kurbelwelle – wer bei der Vorstellung der<br />
Ur-1100er zum Modelljahr 1981 auf<br />
Gleitlagerung gehofft hatte, wurde<br />
enttäuscht. Der ganz in Schwarz gehaltene<br />
Vierzylinder bleibt also ein rau laufender<br />
Geselle, doch die Vibrationen halten sich in<br />
vertretbaren Grenzen. Immerhin konnte die<br />
1100er von Beginn an mit einer Einspritzanlage<br />
glänzen, zunächst mit einem aus<br />
dem Autobau entliehenen Lizenz-Nachbau<br />
der Bosch L-Jetronic, 1982 wurde die<br />
deutlich modernere kennfeldgesteuerte<br />
DFI-Anlage mit zahlreichen<br />
Sensoren und Rechner anstelle des<br />
simplen Luftmengenmessers sowie<br />
Schub abschaltung eingeführt. Die<br />
Einspritzdüsen wanderten vom Zylinderkopf<br />
in die Drosselklappenstutzen – die<br />
einstigen Heißstartprobleme wegen Dampfblasenbildung<br />
wurden so erfolgreich<br />
behoben. Für die Unitrak-Modelle ab 1983<br />
wurde das DFI-System nochmals leicht<br />
modifiziert.<br />
In dieser bis zuletzt gebauten Variante war<br />
die GPZ denn auch auf Höchstleistung,<br />
immerhin stattliche 120 PS in der<br />
Auslandsversion, abgestimmt.<br />
Mit längerem Radstand, kleineren Rädern<br />
(18-/17-Zoll vorn/hinten statt 19-/18-Zoll)<br />
und der neuen Unitrak-Federung mit<br />
Zentralfederbein konnten die Fahrwerksqualitäten<br />
verbessert werden, vor<br />
allem entlastete die neue rahmenfeste<br />
Halbschale anstelle der lenkerfesten<br />
Cockpitverkleidung das Vorderrad deutlich<br />
weniger und trug so zur verbesserten<br />
Hochgeschwindigkeits-Stabilität bei.<br />
Gebrauchtcheck<br />
Eine GPZ 1100 in gutem Zustand zu<br />
finden, ist schwer genug. Die<br />
Verarbeitungsqualität war leider bis<br />
zum Ende der Bauzeit nicht die<br />
allerbeste. Korrosion ist durchaus ein<br />
Thema, rostende Auspuffanlagen sind<br />
eher die Regel als die Ausnahme.<br />
Auch die teils mäßige Lackqualität<br />
widersetzte sich der braunen Pest nur<br />
selten dauerhaft, auf vermurkste<br />
Gewinde oder abgerissene Stehbolzen<br />
ist immer zu achten. Recht<br />
deutlich ins Auge fallen Ölundichtigkeiten,<br />
sei es an der Zylinderfuß- oder<br />
der Ventildeckeldichtung. Die 1100er<br />
lässt das Öl aber nicht nur austreten,<br />
sie verbrennt es auch reichlich. Ein<br />
Verbrauch von bis zu zwei Litern auf<br />
1000 Kilometer wird von manchen<br />
noch als tolerabel bezeichnet, Spezialisten<br />
mahnen aber bereits ab einem<br />
Liter Ölverbrauch zur Vorsicht und zur<br />
baldigen Überholung mit Überarbeitung<br />
der Ventilführungen und<br />
Austausch von Kolbenringen und<br />
Kolben. Vor allem nach langer<br />
Standzeit können die zahlreichen<br />
Sensoren und Stecker für zeitraubende<br />
und entnervende Fehlersuche<br />
sorgen, bis die GPZ wieder sauber<br />
läuft. Ein vergammelter Seitenständerkontakt,<br />
der für lustige Blinksignale<br />
im Tankdisplay sorgt, gilt<br />
dabei eher noch als harmlos. Ersatzteile<br />
sind teilweise schwierig oder gar<br />
nicht mehr zu bekommen, Spezialisten<br />
können jedoch noch vieles<br />
über weltweite Kontakte besorgen<br />
oder mit Gebrauchtteilen dienen.<br />
Markt<br />
Das Angebot an GPZ 1100<br />
UT-Exemplaren ist nicht groß, das<br />
an gepflegten Schätzchen sogar<br />
sehr mager. Die Preise steigen<br />
zwar allmählich, zur echten<br />
Wertanlage entwickelt sich die<br />
Kawa aber nur langsam. Umlackierte<br />
Bastelbuden gibt es<br />
bereits für dreistellige Eurobeträge,<br />
brauchbare Bikes rangieren meist<br />
zwischen 1500 und 3000 Euro,<br />
selbst Topexemplare erzielen<br />
derzeit kaum mehr als 4000 Euro.<br />
Spezialisten<br />
Bike Side<br />
Telefon 0 7245/10 8823<br />
www.bikeside.de<br />
Clubs und<br />
Foren<br />
www.gpz1100ut.de<br />
www.1100ut.de<br />
www.kawasaki-z.de<br />
Unschlagbar?<br />
Die<br />
Kawasaki<br />
erwies sich<br />
im ersten<br />
Vergleich<br />
in Heft<br />
6/1983 als<br />
Siegerin<br />
Historie<br />
1981:Die erste, unverkleidete<br />
Version der 1100er (B1) mit<br />
dem „Brotkasten“-Cockpit muss<br />
noch mit der L-Jetronic von Jecs<br />
in Bosch-Lizenz auskommen.<br />
Preis: 10 360 Mark<br />
1982:Die B2 zeigt sich ein Jahr<br />
später mit lenkerfester Cockpitverkleidung,<br />
neuen Kolben und<br />
neuer, digital gesteuerter Einspritzung<br />
(DFI) deutlich verbessert.<br />
Preis: 10 700 Mark<br />
www.motorrad-classic.de
Auf Achse I<br />
Kawasaki GPZ 1100 UT I Laverda RGS 1000 I Suzuki GSX 1100 EF<br />
Die Extravagante:<br />
Laverda<br />
RGS 1000<br />
Geringe Stückzahlen und extravagantes Design garantieren Individualität<br />
und Exklusivität. Die kernige Dreizylinder-Italienerin ist<br />
dennoch kein sensibles Showbike, sondern eine sportliche Fahrmaschine<br />
mit erstaunlich langlebiger Technik und tollem Sound<br />
10 Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de
1 Pfiffige Lösung:<br />
Per Exzenter lässt<br />
sich die Fußrastenanlage<br />
auf die vom<br />
Fahrer bevorzugte<br />
Position einstellen<br />
2 Das kompakte,<br />
kastenförmige Cockpit<br />
könnte auch aus<br />
einem Auto stammen<br />
und wurde oft<br />
verspottet<br />
3 Der Dreizylinder<br />
glänzt mit solider<br />
Konstruktion und<br />
Langlebigkeit, nur<br />
die Ölwechselintervalle<br />
sind sehr kurz<br />
1 2<br />
4 Wo ist der Tank?<br />
Da, wo er immer ist.<br />
Ungewöhnlich ist<br />
nur der Einfüllstutzen<br />
vorn rechts in<br />
der Halbschale<br />
3<br />
5 Ausgefuchste<br />
Konstruktion: Die<br />
Blinkerhalter lassen<br />
sich herunterklappen,<br />
die schmalen<br />
Koffer danach leicht<br />
demontieren<br />
4<br />
5
Auf Achse I<br />
Kawasaki GPZ 1100 UT I Laverda RGS 1000 I Suzuki GSX 1100 EF<br />
ßen, nimmt man freiwillig eher die Rennhaltung<br />
ein. Stabil geradeaus, geht aber<br />
nicht ums Eck? Mitnichten. Erstaunlich<br />
leichtfüßig und wendig zeigt sich die<br />
1100er, trotz des 18-Zoll-Vorderrads. Einlenken<br />
und schnelle Schräglagenwechsel<br />
arten nicht in Arbeit aus, man wähnt sich<br />
auf einer flinken 750er. Vor der schieren<br />
Größe der Kawa braucht niemand übertriebenen<br />
Respekt zu haben, wenn die<br />
GPZ erst mal rollt. Vom sprichwörtlichen<br />
Eisenschwein ist die Rote jedenfalls weit<br />
weg. Dennoch: 266 Kilogramm plus Fahrer<br />
wollen verzögert werden, das habe ich<br />
zumindest beim Anbremsen der ersten<br />
Spitzkehre im Hinterkopf und packe<br />
beherzt und eher frühzeitig zum Bremshebel.<br />
Die Vorsicht erweist sich als unbegründet,<br />
denn selbst mit zwei Fingern<br />
lässt sich der betagten Einkolben-<br />
Schwimmsattelbremse respektable Verzögerung<br />
entlocken. Wirkung und Dosierbarkeit<br />
können sich heute noch sehen<br />
lassen. Respekt.<br />
Apropos sehen lassen: Ist die GPZ mit<br />
ihrer schnittigen Linie und den hübsch rot<br />
lackierten Gussrädern sowieso ein Hingucker,<br />
so passt selbst das futuristisch anmutende<br />
Mäusekino auf dem Tank zum zeitgenössischen<br />
Erscheinungsbild. Die Elektronik<br />
und insbesondere die zahlreichen<br />
Sensoren und Steckkontakte der GPZ sind<br />
aber auch ein bekannter Quell für Störmeldungen,<br />
hinter denen nicht immer ein<br />
echter Fehler stecken muss. Ich könnte<br />
damit sehr gut leben, und auch Stefan<br />
resümiert nachdenklich: „An die Karre<br />
könnte man sich gewöhnen...“<br />
An sie gewöhnen, ja, gewöhnlich, nein<br />
– so oder ähnlich könnte man die Italienerin<br />
vorstellen, die es heute wie damals mit<br />
den beiden Japanerinnen aufnehmen<br />
Hoch aufragend, breit kauernd oder flach geduckt – drei<br />
unterschiedliche Auslegungen beim (Ver-)Kleidungs-Stil<br />
will. Angefangen beim Motorkonzept (ein<br />
Drei- statt Vierzylinder), über die Position<br />
des Tankeinfüllstutzens bis zu diversen<br />
Ausstattungsdetails – ungewöhnlich. Dieses<br />
Ungewöhnliche hat denn auch Besitzer<br />
Thorsten Helmcke schon immer an<br />
Laverdas und an der RGS 1000 speziell<br />
fasziniert. Als eine der ersten gebauten<br />
entstand seine RGS Ende 1981/Anfang<br />
1982. Die Koffer stammen vom nur rund<br />
50-mal gebauten Sondermodell Executive,<br />
der IT-Manager hat diese gebraucht<br />
erstanden und nachträglich montiert.<br />
Der späte 1000er-Dreizylinder gilt als<br />
einer der robustesten und langlebigsten<br />
Motoren aus Breganze. Anders als bei den<br />
Vorgänger-Drillingen mit den 180-Grad-<br />
Motoren setzt Laverda ab Baujahr 1982<br />
auf 120 Grad Hubzapfenversatz, sämtliche<br />
Gehäuse und Lager sind äußerst<br />
großzügig dimensioniert, so als wollten<br />
der Firmenchef und Triple-Fan Massimo<br />
Laverda und der Ingenieur Luciano Zen<br />
mit der soliden Konstruktion an die Tradition<br />
des einst als Landmaschinenhersteller<br />
gegründeten Unternehmens erinnern.<br />
Doch Laverda stand auch stets für moderne<br />
Lösungen und Ideenreichtum – zwei<br />
obenliegende Nockenwellen und Tassenstößel<br />
hielten hier schon früh Einzug. Die<br />
anfangs etwas optimistische Leistungsangabe<br />
von 91 PS musste für die deutsche<br />
Version, auch wegen der einzuhaltenden<br />
Ansaug- und Auspuffgeräusch-Werte auf<br />
83 PS korrigiert werden, wovon auf dem<br />
Prüfstand gemessene 79 übrig blieben. Allemal<br />
genug für beachtliche Fahrleistungen,<br />
trotz des stattlichen Gewichts von<br />
265 Kilogramm. Die sich schon gleich zu<br />
Beginn beim Rangieren deutlich bemerkbar<br />
machen – der hohe Schwerpunkt lässt<br />
die RGS noch schwerer wirken. Beim Auf-<br />
Der in vielerlei<br />
Hinsicht sehr<br />
großzügig<br />
dimensionierte<br />
Motor ist locker<br />
für über 100 000<br />
Kilometer gut<br />
sitzen fällt die angenehm niedrige Sitzhöhe<br />
auf, über den flach bauenden Tank<br />
recken sich die Fahrerarme automatisch<br />
zu den schmalen, wenig gekröpften<br />
Lenkerstummeln, die Beine müssen stark<br />
zusammengefaltet werden, um auf den<br />
sportlich angeordneten Fußrasten Platz<br />
zu finden. Die pfiffige Option, die an einem<br />
Exzenter montierten Rasten einzustellen,<br />
nutzen wir heute nicht – los geht’s.<br />
Der Drilling ist bereits warm, startet spontan,<br />
muss aber mit Gasstößen bei Laune<br />
gehalten werden. „Die RGS hat kein<br />
Standgas, nie gehabt“, gesteht Helmcke.<br />
„Ich hab mich dran gewöhnt, geh da aber<br />
irgendwann noch mal ran.“<br />
Ein Bike zum Zupacken<br />
Dass der Gasgriff, ebenso wie der Kupplungshebel,<br />
schwergängig ist, macht die<br />
Sache nicht leichter, doch auf der Landstraße<br />
stört dieses Manko erst mal nicht.<br />
Erstaunlich kultiviert, mechanisch und<br />
akustisch, geht der Drilling zu Werke, von<br />
den erwarteten Vibrationen ist kaum etwas<br />
zu spüren, auch der Sound klingt<br />
eher dezent. Das herrlich markige Dreizylinder-Röhren<br />
stellt sich zwar bei mittleren<br />
Drehzahlen ein, bleibt aber zurückhaltend.<br />
Wie auch die Leistungsentfaltung<br />
im unteren Bereich noch nicht so<br />
deftig oder gar seidig rüberkommt. Der<br />
Triple braucht Drehzahlen und kann diese<br />
auch ab, zwischen 5000 und 6000/min<br />
legt er richtig los, scheint sich dann wohl -<br />
zufühlen und mahnt zwar im Cockpit bereits<br />
ab 7000/min zur Mäßigung, liefert<br />
jedoch erst bei 8000 Touren seine Höchstleistung.<br />
Im Zweifelsfall also vor der Kur-<br />
12 Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de
Im Detail: LAVERDA RGS 1000<br />
(1982 – 1984)<br />
Preis 1982: 13 000 Mark<br />
Daten (Typ RGS 1000)<br />
Motor:Luftgekühlter Dreizylinder-Viertakt-Reihenmotor,<br />
zwei<br />
obenliegende Nockenwellen, zwei<br />
Ventile pro Zylinder, über<br />
Tassenstößel betätigt, Hubraum<br />
981 cm³, Leistung<br />
61 kW (83 PS) bei 8000/min<br />
Kraftübertragung: Mehrscheiben-Ölbadkupplung,<br />
Fünfganggetriebe,<br />
Kettenantrieb<br />
Fahrwerk: Doppelschleifenrahmen<br />
aus Stahlrohr, Telegabel,<br />
Ø 38 mm, Zweiarmschwinge mit<br />
zwei Federbeinen, Alu-<br />
Gussräder, Reifen 100/90 V 18<br />
vorn, 120/90 V 18 hinten,<br />
Doppelscheiben-/Scheibenbremse<br />
vorn/hinten mit Festsätteln,<br />
Ø 280 mm<br />
Maße und Gewichte:<br />
Radstand 1520 mm, Lenkkopfwinkel<br />
61 Grad, Gewicht<br />
vollgetankt 265 kg<br />
Fahrleistungen: Höchstgeschwindigkeit<br />
209 km/h<br />
Technik<br />
Der 1000er-Dreizylinder mit 180-Grad-<br />
Kurbelwelle blickte bereits auf eine rund<br />
zehnjährige Historie zurück (wurde<br />
allerdings erst 1975 auf dem deutschen<br />
Markt präsentiert), als man in Breganze<br />
von der 180-Grad-Lösung auf die neue<br />
Konstruktion mit 120 Grad Hubzapfenversatz<br />
umschwenkte. Zunächst ab<br />
Mitte/Ende 1981 in der Jota, dann in der<br />
1982 angebotenen brandneuen RGS 1000.<br />
Sie vereint bis heute auf faszinierende<br />
Weise solide Bauweise und moderne<br />
Technik: In allen wesentlichen Bauteilen<br />
sehr üppig und somit langlebig dimensioniert<br />
(Gehäuse, Lager), mit wälzgelagerter<br />
Kurbelwelle, zwei obenliegenden Nockenwellen,<br />
Tassenstößeln, untenliegenden<br />
Shims und manch anderen cleveren Details<br />
mit recht fortschrittlicher Technik. Die<br />
Probleme früher Drillinge mit den zu<br />
schwachen Lichtmaschinen sind der RGS<br />
mit dem 250 Watt leistenden Bauteil fremd.<br />
Sorge bereitet allerdings oft die serienmäßige<br />
kontaktlose Bosch-Zündanlage, die<br />
praktisch nur zwei statische Zündpunkte<br />
kennt und bereits bei geringer Drehzahl auf<br />
maximale Frühzündung regelt, was sowohl<br />
eine gleichmäßige Leistungsentfaltung als<br />
auch einen stabilen Leerlauf erschwert bzw.<br />
verhindert. Empfehlenswert und von vielen<br />
bereits eingebaut ist eine digitale<br />
Kennfeldzündung von DMC, die für<br />
rund 400 Euro zu haben ist. Mit den<br />
straffen Marzocchi-Federelementen kann<br />
man angesichts des stabilen Fahrverhaltens<br />
gut leben, Experten empfehlen, zugunsten<br />
eines guten Einlenk- und Kurvenverhaltens<br />
das Lenkkopflager keinesfalls zu fest, eher<br />
ganz leicht, fast an der Grenze zum<br />
Klappern einzustellen.<br />
Gebrauchtcheck<br />
Generell gilt der Laverda-Drilling als<br />
sehr robust und langlebig, 100 000<br />
Kilometer und mehr sind meist kein<br />
Problem. Motorschäden sind selten,<br />
allenfalls hohe Dauerdrehzahlen<br />
können in einzelnen Fällen zu<br />
überhitzten Köpfen und Rissen<br />
führen, auch von Schäden durch<br />
Risse am Steg des Steuerkettenschachts<br />
wird schon mal berichtet.<br />
Ganz wichtig ist der regelmäßige<br />
Ölwechsel alle 2500 Kilometer, weil<br />
der Dreizylinder keinen Ölfilter,<br />
sondern nur ein grobmaschiges<br />
Metallsieb besitzt. Verkleistert<br />
Schmutz im Öl irgendwann die<br />
Ölfangbleche der Kurbelwelle oder<br />
setzt den Ölkühler zu, sind die Folgen<br />
absehbar. Insgesamt leidet die<br />
grundsätzlich gut verarbeitete RGS<br />
mit sorgfältig verlegter Elektrik kaum<br />
unter echten Schwachpunkten und<br />
gilt Experten als einer der besten je<br />
gebauten Laverda-Typen. Gebrauchte<br />
RGS werden in der Regel in sehr<br />
gepflegtem Zustand angeboten. Die<br />
gut vernetzte Laverda-Gemeinde und<br />
einige rege Händler der Marke<br />
sorgen dafür, dass fast alle Ersatzteile,<br />
vor allem Verschleißteile zu<br />
bekommen sind,<br />
notfalls lassen<br />
Spezialisten wie<br />
Andy Wagner<br />
(Laverda-Paradies<br />
in Konstanz) Teile<br />
einfach in<br />
Kleinserie<br />
nachfertigen.<br />
Markt<br />
Nur selten gibt jemand seine RGS<br />
oder gar das edlere Schwestermodell<br />
RGS Corsa oder SFC her.<br />
Nur 1300 Exemplare der RGS<br />
wurden angeblich gebaut, plus 50<br />
Executive-Versionen. Der Preis ist<br />
nur schwer zu beziffern, unter<br />
3000 bis 4000 Euro wird man<br />
selbst reparaturbedürftige Bikes<br />
kaum finden. Gute Exemplare<br />
wechseln ab etwa 7000 bis 8000<br />
Euro den Besitzer, topgepflegte<br />
Schätzchen (Corsa und SFC<br />
sowieso) können gar fünfstellige<br />
Beträge erzielen.<br />
Spezialisten<br />
Laverda-Paradies<br />
Telefon 075 31/6 11 98<br />
www.laverda-paradies.de<br />
Orange Cycle Team<br />
Telefon 022 51/97 07 52<br />
www.octeam.de<br />
Clubs und<br />
Foren<br />
www.laverda-gemeinschaftdeutschland.de<br />
www.laverda-register.de<br />
Historie<br />
1981:Die bereits ab 1976<br />
gebaute Jota erhielt fürs Modelljahr<br />
1981 eine üppigere Halbschale.<br />
Allen gemein ist der<br />
zuletzt 80 PS starke 180-Grad-<br />
Drilling. Preis: 12 500 Mark<br />
1982:Leicht modifiziert, mit<br />
neuen Farbvarianten, vor allem<br />
aber mit dem neuen, etwas<br />
stärkeren 120-Grad-Motor geht<br />
die Jota ins Modelljahr 1982.<br />
Preis: 12 688 Mark<br />
Im ersten Test<br />
in <strong>MOTORRAD</strong><br />
15/1982 musste<br />
die RGS (im<br />
Pros pekt auch<br />
Silber, in natura<br />
meist Orange)<br />
ihre Sportlichkeit<br />
beweisen<br />
www.motorrad-classic.de
Auf Achse I<br />
Kawasaki GPZ 1100 UT I Laverda RGS 1000 I Suzuki GSX 1100 EF<br />
Die Ausgewogene:<br />
Suzuki<br />
GSX 1100 EF<br />
Sie kann beides – Country und Western: Mit kompakten Abmessungen<br />
und kleinem 16-Zoll-Vorderrad lässt sich die Japanerin nicht nur sportlich<br />
bewegen, sondern taugt dank komfortabler Sitzposition und wirksamer<br />
Verkleidung auch für ausgedehnte Touren<br />
14 Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de
1 Nur das Fahrersitzbrötchen<br />
lässt<br />
sich entriegeln und<br />
abnehmen, um an<br />
die Batterie zu gelangen<br />
2 Zwei Räder, ein<br />
Federbein: Die Vorspannung<br />
(rechts)<br />
lässt sich stufenlos,<br />
die Dämpfung (links)<br />
vierfach einstellen<br />
3 Großes Kino: viele<br />
Warnlampen, sogar<br />
eine Ganganzeige,<br />
aber zu kleine Skalen<br />
von Tacho und<br />
Drehzahlmesser<br />
1<br />
2<br />
4 Viel Arbeit für<br />
den linken Daumen:<br />
Chokehebel, Hupe<br />
und Multifunktions-<br />
Schalter am linken<br />
Lenkerende<br />
5 Die Eintauchverzögerung,<br />
die kein<br />
Anti-Dive mehr sein<br />
will, funktioniert an<br />
der aufwendigen<br />
Gabel nur mäßig<br />
7<br />
3<br />
4<br />
5
Auf Achse I<br />
Kawasaki GPZ 1100 UT I Laverda RGS 1000 I Suzuki GSX 1100 EF<br />
ve einen Gang runterschalten und mit genügend<br />
Drehzahl rausbeschleunigen. Das<br />
Fünfganggetriebe glänzt mit ordentlich<br />
rastenden Stufen, wenn auch langen<br />
Schaltwegen und funktioniert unauffällig,<br />
ich kann mich also auf die Wahl der richtigen<br />
Linie und des Bremspunkts konzentrieren.<br />
Die Brembo-Sättel nehmen die<br />
gelochten Guss-Scheiben zwar ordentlich<br />
in die Zange, verlangen allerdings nach<br />
einer kräftig zupackenden Hand und den<br />
echten Biss vermisst man etwas. Dafür erweist<br />
sich das Einlenken als relativ lässige<br />
Angelegenheit, erfordert wenig Nachdruck<br />
und die RGS kennt auch in Schräglage<br />
keine Kippelei. Selbst schnelle<br />
Schräglagenwechsel gehen unerwartet<br />
leicht von der Hand.<br />
Lediglich beim starken Hineinbremsen<br />
in enge Kehren macht sich der hohe<br />
Schwerpunkt bemerkbar, und die Laverda<br />
will übers Vorderrad aus der Kurve hinaus<br />
schieben. Die Marzocchi-Federelemente<br />
erscheinen mir gar nicht so bockhart<br />
wie ihr Ruf, zumindest die Gabel verrichtet<br />
ihre Arbeit recht ordentlich, hinten<br />
geht’s sportlich straff, aber mit akzeptabler<br />
Härte zur Sache. Nach kurzem Eingewöhnen<br />
an den nötigen Fahrstil macht die<br />
Italienerin auf jeden Fall richtig Spaß. Ich<br />
bin erleichtert – sie sieht also nicht nur gut<br />
aus, wofür ich sie schon bei ihrem Erscheinen<br />
bewundert habe, sondern ist tatsächlich<br />
die Fahrmaschine, wofür die Laverda-Fans<br />
sie lieben. Richtig guter Sporttourer,<br />
oder wofür steht noch mal die Typbezeichnung<br />
RGS? Offiziell verlautete<br />
von Laverda stets, es sei das Kürzel für<br />
Real Gran Sports, doch Insider sehen es in<br />
Wahrheit als Abkürzung für das damals<br />
mit der Gestaltung beauftragte Design-Studio<br />
„Ricciuti Giuseppe Studio“<br />
in Rom.<br />
Was GSX heißt, erscheint eindeutiger:<br />
Grand Sport, das X steht<br />
für 4 Valve, also Vierventiltechnik.<br />
So grand steht es aber mit<br />
der Sportlichkeit der GSX 1100<br />
EF nicht – zumindest macht<br />
sie einem den Umstieg von<br />
der Laverda leicht.<br />
Platz nehmen –<br />
entspannte Beinhaltung,<br />
breite, angenehm<br />
hoch montierte<br />
Lenkerstummel, so ließen<br />
sich lange Touren<br />
lässig runterspulen.<br />
Der Vierventiler mit satten 1135 cm³<br />
galt zu seiner Zeit in Sachen Durchzugskraft<br />
als das Maß der Dinge<br />
Der biedere Kraftmeier<br />
Das ganze Konzept der GSX mit<br />
wuchtiger Vollverschalung und eigenwillig<br />
kantigem Design vermittelt<br />
von den drei Kandidaten am wenigsten<br />
sportliches Flair. Dafür hat sie es faustdick<br />
unterm Tank. Der schon seit 1980 für seinen<br />
bulligen Charakter bekannte GSX-<br />
Vierventiler hat schließlich für die 1984<br />
an den Start geschobene GSX 1100 EF<br />
noch einen Hubraum-Nachschlag bekommen<br />
– 74 statt 72 Millimeter Bohrung hieven<br />
selbigen von 1075 auf 1135 cm³. Als<br />
wäre dies noch nicht genug, spendierte<br />
man dem Motor auch noch größere Einlassventile,<br />
erweiterte Ansaugkanäle und<br />
eine von 9,5 auf 9,7:1 erhöhte Verdichtung.<br />
Kein Wunder, dass die offene Auslandsversion<br />
satte 115 PS leistete. Zahmere<br />
Nockenwellen machten daraus die für<br />
Deutschland damals geforderten 100 PS,<br />
bei erfreulicherweise kaum geringerem<br />
Drehmomentwert. Was zu dem mir stets<br />
in Erinnerung gebliebenen Fabelwert von<br />
8,3 Sekunden für den Durchzug von 60<br />
bis 140 km/h im letzten Gang führte.<br />
Zugegeben, ich fand die EF bei ihrem<br />
Erscheinen, nun ja, nicht sonderlich<br />
hübsch, doch dieser Wert nötigte mir Res-<br />
Kraftwerk trifft Fachwerk: Allesamt Beispiele dafür, dass<br />
es clevere Ideen und Bärenkräfte auch schon früher gab
Im Detail: Suzuki GSX 1100 EF<br />
(1984 – 1987)<br />
Preis 1984: 12 899 Mark<br />
Daten (Typ GV71C)<br />
Motor: Luftgekühlter Vierzylinder-Viertakt-Reihenmotor,<br />
zwei<br />
obenliegende Nockenwellen, vier<br />
Ventile pro Zylinder, über<br />
Gabelschlepphebel betätigt,<br />
Hubraum 1135 cm³, Leistung<br />
74 kW (100 PS) bei 8100/min<br />
Kraftübertragung: Mehrscheiben-Ölbadkupplung,<br />
Fünfgang<br />
getriebe, Kettenantrieb<br />
Fahrwerk: Doppelschleifenrahmen<br />
aus Stahlrohr mit<br />
quadratischen Unterzügen,<br />
Telegabel, Ø 37 mm, Zweiarmschwinge<br />
aus Alu-Kastenprofilen,<br />
Zentralfederbein, Reifen 110/90<br />
V 16 vorn, 130/90 V 17 hinten,<br />
Doppelscheibenbremse vorn,<br />
Ø 280 mm, Zweikolben-Festsattel,<br />
Scheibenbremse hinten<br />
Maße und Gewichte:<br />
Radstand 1540 mm, Gewicht<br />
vollgetankt 256 kg<br />
Fahrleistungen: Höchstgeschwindigkeit<br />
218 km/h<br />
Technik<br />
Der Vierzylinder erblickte in seiner Urform<br />
bereits 1980 in der GSX 1100 E das Licht<br />
der Welt. Vier Ventile verheißen fortschrittliche<br />
Technik, doch mit der wälzgelagerten<br />
Kurbelwelle und seilzugbetätigter statt<br />
hydraulischer Kupplung muss der Anspruch<br />
wieder etwas revidiert werden. Für die<br />
1100er-Modelle ab 1984 (die EF eröffnete,<br />
die nackte E-Version und die halbverkleidete<br />
ES folgten 1985 bzw. 1986) verhalf<br />
man dem Motor mittels Änderung der<br />
Bohrung (74 statt 72 Millimeter) zu<br />
nunmehr 1135 cm³ Hubraum. Zudem<br />
vergrößerte man die Einlassventile um zwei<br />
auf 34,5 Millimeter, erweiterte die<br />
Ansaugkanäle (28 statt 27 Millimeter),<br />
spendierte dem Big Block 36er- anstelle der<br />
bisherigen 34er-Vergaser und erhöhte die<br />
Verdichtung von 9,5 auf 9,7:1.<br />
In der offenen Auslandsversion<br />
reichte dies für stramme 115 PS, für<br />
Deutschland musste mittels zahmerer<br />
Steuerzeiten und modifiziertem Auspuff<br />
wieder auf 100 PS gedrosselt werden. Für<br />
höhere Standfestigkeit sorgten ab sofort<br />
eine verstärkte Kupplung und stabilere<br />
Kolbenbolzen (20 statt 18 Millimeter)<br />
sowie ein Ölkühler, mit dessen Einzug sich<br />
auch der Ölvorrat um 300 cm³ erhöhte.<br />
Neu ist auch der Rahmen – ein<br />
Konstrukt aus Rundrohren oben mit<br />
rechteckigen Unterzügen, ein<br />
einstellbares Zentralfederbein (Full<br />
Floater-System) soll an der Hinterhand für<br />
Stabilität und Komfort sorgen. Die<br />
Vorderradgabel verzichtet auf das<br />
bisherige, eher nutzlose Anti-Dive und<br />
versucht nun via vierfach verstellbarer<br />
Druckstufendämpfung zu starkes Eintauchen<br />
beim Bremsen zu unterbinden.<br />
Gebrauchtcheck<br />
Grundsätzlich genießen Suzukis<br />
luftgekühlte 1100er, allen voran die<br />
letzte Ausbaustufe, einen guten Ruf<br />
als standfeste, langlebige Motoren.<br />
Anfangs bei den 1075er-Motoren<br />
gelegentlich aufgetretene Kupplungsprobleme<br />
oder gar Haarrisse im<br />
Zylinderkopf gehören beim 1135er<br />
dank Ölkühler der Vergangenheit an.<br />
Öl ist dennoch ein Thema: Mit<br />
zunehmender Laufleistung steigt der<br />
Schmiermittel-Verbrauch meist<br />
deutlich an – zu dünne, rasch<br />
verschleißende Ölabstreifringe an<br />
den Kolben sind die Ursache.<br />
Gelegentlich führte auch falsches Öl<br />
oder schlampige Ventilspieleinstellung<br />
zu starker Beanspruchung der<br />
Hartchromschicht der Gabelschlepphebel.<br />
Platzt diese Schicht ab,<br />
nehmen die Nockenwellen Schaden.<br />
Technik- und Verschleißteile sind für<br />
die GSX meist noch irgendwie zu<br />
bekommen, bei Verkleidungs- und<br />
Anbauteilen kann es hingegen<br />
allmählich schon eng werden. Es<br />
empfiehlt sich beim Stöbern im Netz<br />
die Suche auf weltweit auszudehnen<br />
oder sich an gut vernetzte Youngtimer-Spezialisten<br />
zu wenden, die<br />
sich häufig auf<br />
die luftgekühlten<br />
Japan-Bikes der<br />
1980er-Jahre (oft<br />
sogar quer über<br />
alle Marken)<br />
spezialisiert<br />
haben.<br />
Markt<br />
Zwischen den alten GS 1000, den<br />
Ur-Versionen der GSX 1100 und<br />
den Katana-Modellen fristet die<br />
Baureihe ab 1984, egal ob E, ES<br />
oder EF, eine Art Mauerblümchen-<br />
Dasein. Mit dem Design können<br />
sich nicht viele anfreunden, die<br />
geringe noch verzeichnete Anzahl<br />
an Maschinen (laut KBA knapp<br />
150 Stück) befindet sich in festen<br />
Händen. Wird doch mal eine<br />
angeboten, hält sich die Nachfrage<br />
in Grenzen – bereits für (teilweise<br />
deutlich) unter 2000 Euro lassen<br />
sich gut erhaltene Exemplare<br />
ergattern.<br />
Spezialisten<br />
Old-School-Superbikes<br />
Telefon 0 45 41/85 79 99<br />
www.old-school-superbikes.de<br />
Bike Side<br />
Telefon 0 72 45/10 88 23<br />
www.bikeside.de<br />
Clubs und<br />
Foren<br />
www.suzuki-classic.de<br />
www.suzukicycles.org<br />
Historie<br />
1980:Die Nachfolgerin der<br />
GS 1000 mit dem 1075-cm³-Vierventilmotor<br />
ließ aufhorchen.<br />
Der bullige Motor begeisterte,<br />
der klobige Scheinwerfer polarisierte.<br />
Preis: 11 273 Mark<br />
1985:Ein Jahr nach der voll -<br />
verkleideten EF folgte die 13<br />
Kilogramm leichtere, handlichere<br />
und günstigere GSX 1100 E für<br />
die Freunde der Naked Bikes.<br />
Preis: 10 990 Mark<br />
Im ersten Test<br />
in MOTOR-<br />
RAD 8/1984<br />
begeisterte<br />
die offene<br />
115-PS-Version<br />
mit grandiosen<br />
Fahrleistungen<br />
www.motorrad-classic.de
Auf Achse I<br />
Kawasaki GPZ 1100 UT I Laverda RGS 1000 I Suzuki GSX 1100 EF<br />
pekt ab und weckte Begehrlichkeiten.<br />
Heute finde ich ihr Aussehen herrlich<br />
schrill und würde mich eines Exemplars<br />
in meiner Garage nicht schämen.<br />
So ähnlich sieht das auch Nico Ewe,<br />
der mit Vater und dessen GSX 1100 EF im<br />
Schlepptau angereist ist. Nico selbst fährt<br />
eine nackte GSX 1100 E, bewegt heute<br />
fürs Foto die väterliche EF mit fast jungfräulichen<br />
8100 Kilometern auf der Uhr.<br />
Der 23-Jährige kennt also die Qualitäten<br />
des bulligen Vierventilers. Nach einer<br />
Pause übernehme ich die Suzuki, der Motor<br />
ist schon wieder abgekühlt und verlangt<br />
nach Chokehilfe. Da ist es also, das<br />
stets gerügte Aufheulen beim Kaltstart,<br />
das nach sofortigem Nachregeln schreit.<br />
Dumpf brummt der Motor vor sich hin,<br />
sehr dezent in der Lautstärke, untermalt<br />
von leicht heulendem Pfeifen. Von Beginn<br />
an stellt er klar, wer hier der Boss im Ring<br />
sein möchte. Mit kernigen Vibrationen,<br />
vor allem zwischen 3000 und etwa 6000<br />
Touren scheint der 1135er sein Revier<br />
markieren zu wollen wie ein muskelbepackter,<br />
tätowierter Body-Builder im Unterhemd,<br />
der vor Kraft kaum laufen kann.<br />
Dabei packt der GSX-Motor so sanft wie<br />
entschlossen schon knapp über Standgas<br />
zu, legt unglaublich gleichmäßig an Kraft<br />
zu und bräuchte eigentlich nie über 6000<br />
Touren gedreht zu werden, wobei die vollen<br />
100 Pferde erst bei 8100/min versammelt<br />
und bis zu 9000/min erlaubt sind.<br />
Stressfrei bleibt es auch in Sachen Fahrwerk,<br />
selbst bei flotter Landstraßenhatz.<br />
Der 16-Zöller vorn erweist sich als der erwartete<br />
Garant für Handlichkeit und<br />
leichtes Einlenken, ohne mit den üblichen<br />
Nachteilen wie Aufstellen beim Bremsen<br />
oder Kippeligkeit zu nerven. Alles bleibt<br />
entspannt, nur die Neigung, übers Vorderrad<br />
zu schieben, scheint sie mit der RGS<br />
zu teilen. Und einmal keilt die GSX bei<br />
lässiger, einhändiger Bummelfahrt bergab<br />
im Schiebebetrieb heftig mit dem Lenker<br />
aus. Also doch zickig? Das gelegentlich<br />
kritisierte Pendeln bei hohem Tempo<br />
bleibt zumindest mir heute verborgen, der<br />
Windschutz erweist sich als erfreulich<br />
gut. Mit der etwas stumpf wirkenden<br />
Bremse, die nach dem Zugriff der ganzen<br />
Pranke verlangt, kann man sich arrangieren.<br />
Gabel und Full Floater-System verrichten<br />
ihre Arbeit ordentlich, keine übertriebene<br />
Härte, keine allzu softe Schaukelei<br />
– das passt schon. Vom neuartigen<br />
Eintauchverhinderer beim Bremsen ist<br />
allerdings ebenso viel zu spüren wie einst<br />
beim Anti-Dive – praktisch nichts.<br />
Die GSX als Beispiel für das so häufig<br />
zitierte Phänomen der 70er- und 80er-<br />
Jahre-Bikes – „Bärenstarke Motoren in<br />
überforderten Fahrwerken“ – zu sehen,<br />
wäre ungerecht. So krass fällt auch das<br />
Fazit bei unserem Trio beileibe nicht aus,<br />
aber der Ausspruch erscheint heute nachvollziehbar.<br />
Die Motoren sind die Stars, sie<br />
verströmen auch heute noch Charme und<br />
machen im Falle von GPZ, RGS und GSX<br />
eindeutig Lust auf mehr. Mehr Tage wie<br />
diesen, an dem die in Erinnerungen<br />
schwelgenden Fahrer sich den Fahrtwind<br />
um die Nase und den Motoren um die<br />
Kühlrippen wehen lassen.<br />
◻<br />
18 Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong>
Meinung<br />
Stefan<br />
Glück<br />
Testfahrer und<br />
Youngtimer-Fan<br />
Bei ihrem Erscheinen<br />
1983 spielte die<br />
1100er-Kawa eine<br />
große Rolle in meinen<br />
feuchten Träumen. Eine<br />
fast so große wie<br />
Claudia. Doch das ist ein anderes Thema. Diese<br />
Linien, diese proklamierte Gewalt übten eine<br />
gewaltige Faszination auf mich aus. 120 PS in<br />
der offenen Version waren damals schließlich<br />
eine echte Ansage. Und jetzt, 31 Jahre später,<br />
durfte ich mal eine fahren. Endlich! Diese<br />
Linien: schön wie einst. Die Gewalt: Naja, alles<br />
ist relativ. Dennoch: Auch heute noch ist die<br />
GPZ 1100 UT ein ordentlicher Spaßmacher.<br />
Dass ich mir dennoch keine kaufen werde, liegt<br />
primär an meiner überfüllten Garage. Aber man<br />
soll ja bekanntlich niemals nie sagen...<br />
Nico<br />
Ewe<br />
GSX-Fan und Sohn<br />
des Besitzers<br />
Die Suzuki ist älter als<br />
ich, wie eigentlich die<br />
meisten Bikes aus der<br />
Sammlung meines<br />
Vaters, doch der urige<br />
Charme und der<br />
enorme Dampf des Motors in jeder Lage<br />
begeistern mich. Die vollverkleidete EF stammt<br />
aus Holland, aus erster Hand, hat letztes Jahr<br />
den Weg in unsere Garage gefunden und ist in<br />
diesem tadellosen Zustand und mit einer so<br />
geringen Laufleistung von zirka 8000<br />
Kilometern nur selten zu finden. Meine eigene,<br />
nackte GSX 1100 E ist etwas leichter und einen<br />
Tick handlicher, doch das ist für mich nicht<br />
ausschlag gebend. Maßgebend sind der bullige<br />
Motor und die Tatsache, dass so ein Bike nicht<br />
an jeder Ecke steht.<br />
Thorsten<br />
helmcke<br />
Besitzer der<br />
Laverda RGS 1000<br />
Marke und Modell<br />
haben mich schon als<br />
18-Jähriger fasziniert.<br />
Vor gut 15 Jahren habe<br />
ich mir dann den Traum<br />
von der RGS erfüllt und<br />
ein Top-Exemplar aus erster Hand mit rund<br />
23 000 Kilometern erstanden. Gefahren wird sie<br />
seither regelmäßig, auch wenn ich mit der<br />
Laverda bis heute „nur“ rund 15 000 Kilometer<br />
absolviert habe (auch meine CB 750 K6 will<br />
schließlich bewegt werden), gern auch immer<br />
wieder in deren Heimatland Italien. Größere<br />
Probleme hatte ich mit ihr bislang nicht, auf<br />
Langstrecken steckt die RGS auch Dauertempo<br />
180 klaglos weg. Eine Laverda ist ebenso<br />
einzigartig wie der Zusammenhalt der<br />
Laverda-Fans weltweit.<br />
Fotos: Archiv, Kleinschmidt, Helmcke<br />
Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> 19
Im Studio I<br />
Kawasaki H2-Eigenbau<br />
Furchtbar<br />
Schön<br />
Irgendwann stand die Frage im Raum:<br />
Wie kann man eine Kawasaki 750 H2<br />
umgestalten, damit sie ihrem legendären<br />
Ruf gerecht wird? Tobias Guckel hat die<br />
Antwort gefunden. Und ein atemberaubendes<br />
Motorrad auf die Räder gestellt.<br />
Text: Uli Holzwarth<br />
Fotos: Christian Haasz, werbeFOTO HAASZ<br />
Der Mann kann nicht anders. Aufgewachsen<br />
im magischen Dreieck<br />
des ländlichen Rappenhof, bestehend aus<br />
der großväterlichen Deltin-Tankstelle, der<br />
daneben liegenden Werkstatt und dem<br />
Zeitungsständer mit den Motorsport-Zeitschriften<br />
in Omas kleinem Laden, musste<br />
aus Tobias Guckel einfach ein „Petrol Head“<br />
werden. „Ein total Verstrahlter“, wie der<br />
40-jährige Motorradmechaniker-Meister<br />
grinsend zugibt. Einer, der schon als kleiner<br />
Bub bei jedem tankenden Motorrad die<br />
Krümmer gezählt und den speziellen<br />
Sound der Dreizylinder-Zweitakt-Kawas<br />
und der japanischen Vierzylinder für immer<br />
auf seiner Festplatte abgespeichert hat.<br />
Frühkindliche Schlüsselreize, die bis<br />
heute nachwirken. Denn es sind genau die<br />
zwei- und vierrädrigen Legenden der 70er-<br />
Jahre, die es dem passionierten Customizer<br />
angetan haben. Meistens parken die Pläne<br />
für seine spektakulären Umbauten schon<br />
länger in seinem Kopf, bis es zur Realisierung<br />
kommt. So war es auch beim<br />
„Kamikaze“-Projekt, dessen martialischer<br />
Name bereits bei den ersten Gedankenspielen<br />
2008 feststand. Und damit die konzeptionelle<br />
Richtung für den radikalen Umbau<br />
einer Kawasaki 750 H2 vorgab. Wobei Tobias<br />
diese Bezeichnung durchaus mit einem<br />
Augenzwinkern gewählt hat, denn mit<br />
lebensverneinendem Tun, egal ob auf oder<br />
abseits der Straße, hat der fröhliche Bayer<br />
nichts am Hut. Eher schon – wie kann es<br />
anders sein – mit den klassischen Kawasaki-Schriftzeichen,<br />
die sich auch auf dem<br />
20 Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de
www.motorrad-classic.de<br />
Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> 21
Im Studio I<br />
Kawasaki H2-Eigenbau<br />
Alles anders: Der Heckrahmen<br />
wurde gekürzt und verstärkt,<br />
die Fußrastenaufnahmen versetzt,<br />
der Motor komplett<br />
überholt und der Öltank aus<br />
einem Auspuffmantel gebaut<br />
22 Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong>
Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> 23
Im Studio I<br />
Kawasaki H2-Eigenbau<br />
Kurz und schlank: Der<br />
Tank stammt von einer<br />
Kawa KH 500, der Höcker<br />
ist eine Eigen kons<br />
truktion. Oben: originaler<br />
Drehzahlmesser<br />
mit Digitaltacho
Hier möchte man gerne Platz<br />
nehmen: Der stilvolle Höcker<br />
wurde aus Stahlblechen angefertigt,<br />
die Rückleuchte<br />
darin integriert (oben). Die<br />
Befestigungen sind nicht zu<br />
sehen. Links: Reduziert auf<br />
das Nötigs te, rückt der optische<br />
Schwerpunkt in die Mitte.<br />
Gabel, 18-Zoll-Räder und<br />
Bremsen einer Suzuki GSX-R<br />
750 wurden angepasst, sie<br />
fügen sich harmonisch ins Bild<br />
„Kamikaze“ steht<br />
hier für perfekte<br />
Handarbeit und<br />
eine große Detailverliebtheit<br />
Tank der „Kamikaze“ wiederfinden, farblich<br />
inspiriert vom traditionellen BP-Logo<br />
aus den – natürlich – 1970er-Jahren.<br />
Der Spritbehälter selbst entstammt einer<br />
Kawasaki KH 500, den Tobias, wie fast<br />
alle anderen Bauteile, im Lauf der Jahre<br />
für dieses Umbau-Projekt gezielt erstanden<br />
hat. Denn die Ausgangslage war sehr<br />
übersichtlich: Mehr als einen Rahmen<br />
und einen Motor, dessen Kurbelwelle sich<br />
nicht mehr drehte, gab es zu Beginn des<br />
Aufbaus im vergangenen Herbst nicht. So<br />
mussten alle in der „Kamikaze“ verbauten<br />
Komponenten entweder selbst angefertigt,<br />
frisch überholt oder aufwendig umgearbeitet<br />
werden.<br />
Was Tobias insofern in den Kram passte,<br />
weil er dieses Unikat sowieso genau<br />
auf seine Bedürfnisse abstimmen wollte.<br />
Also wurde das Fahrgestell erst einmal<br />
von Heckrahmen und allen unnötigen<br />
Halterungen befreit. Anschließend passte<br />
Tobias die Aufnahmen der Fußrasten seiner<br />
Körpergröße an, auch für Auspuff,<br />
Seitenständer und die elektrischen Bauteile<br />
schweißte er neue Halterungen ans<br />
gekürzte sowie verstärkte Rahmenheck.<br />
Eine komplette Überarbeitung erfuhr<br />
ebenfalls der Motor. Kurbelwelle, Zylinder,<br />
Kolben, Lager, einige Getriebezahnräder<br />
und die Kupplung sind neu, ebenso<br />
der selbst konfigurierte Kabelbaum.<br />
Eigenkonstruktionen sind weiterhin<br />
der aus einem Millimeter starkem Stahlblech<br />
gefertigte Höcker mit den unsichtbaren<br />
Verschraubungen und der Öltank<br />
mit Füllstandanzeige sowie Absperrhahn,<br />
der in seinem früheren Leben mal ein<br />
Supertrapp-Schalldämpfer war. Nicht zu<br />
vergessen die unzähligen, aus Alu oder<br />
Edelstahl gedrehten Buchsen oder die untere<br />
Gabelbrücke mit speziell gefertigtem<br />
Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> 25
Im Studio I<br />
Kawasaki H2-Eigenbau<br />
Gabeljoch. Aufwendig angepasst werden<br />
mussten zudem die aus einer 1100er<br />
Suzuki entlehnte Alu-Schwinge wie auch<br />
die Jolly-Moto-Auspuffanlage, überdies<br />
Gabel, Räder und Bremsen, die eine Suzuki<br />
GSX-R 750 der ersten Serie beisteuerte.<br />
Ganz bewusst übrigens, weil den 70er-<br />
Jahre-Freak ausgerechnet mit diesem<br />
vollverkleideten 80er-Jahre-Supersportler<br />
jede Menge Erinnerungen verbinden –<br />
die GSX-R war Tobias‘ erstes Motorrad.<br />
Außerdem harmonieren die nicht übertrieben<br />
breiten 18-Zöller der Suzuki<br />
perfekt mit der „Kamikaze“, die nach<br />
dem Willen ihres Erbauers „so aussehen<br />
soll, als ob sich ein Tuner in den 70er-Jahren<br />
ihrer angenommen hätte“. Hinzu<br />
kommt, dass die schwimmend gelagerte<br />
Doppelscheibenbremse mit den frisch<br />
überholten Vierkolbenzangen bestens zu<br />
Tobias Guckels Philosophie passt.<br />
Optimieren steht nämlich auch bei<br />
seinen originalgetreuen Restaurierungen<br />
ganz oben auf der Liste, sofern es der<br />
Kunde wünscht. „Wenn sich der Fahrspaß<br />
durch den Einbau einer Doppelscheibenbremse<br />
oder einstellbarer Federbeine<br />
deutlich verbessern lässt, warum sollte<br />
ich es dann nicht machen?“, erteilt er den<br />
Gralshütern der absoluten Originalität<br />
eine Absage. Dennoch, ein wilder Stilmix<br />
wird die Werkstatt des Bayern nie verlassen.<br />
Schon gar nicht bei dem ganz auf Tobias<br />
zugeschnittenen „Kamikaze“-Projekt.<br />
Auch hier war das Ziel, trotz des gewollt<br />
radikalen Umbaus eine in sich stimmige<br />
Gesamtkomposition mit einem höchst<br />
individuellen Stil zu erschaffen. Und das<br />
ist Tobias und seinen fünf Mitstreitern bei<br />
TGS Motorcycles perfekt gelungen.<br />
Mit viel Aufwand und Liebe zum<br />
Detail wurde hier – übrigens mit dem<br />
Ein radikales<br />
unikat, wild und<br />
aggressiv gestylt<br />
mit höchster<br />
Individualität<br />
Segen des TÜV – innerhalb von drei Monaten<br />
ein Motorrad auf die Räder gestellt,<br />
das schnell, wild und aggressiv wirkt. Und<br />
damit all das verkörpert, was für den Erbauer<br />
seit Generationen den legendären<br />
Ruf der Kawasaki H2 ausmacht.<br />
Die „Kamikaze“ hat Tobias nur für sich<br />
gebaut, sie ist ein Unikat. An Ideen für<br />
ähnlichen Umbauten mangelt es freilich<br />
nicht. Schließlich arbeitet er heute dort,<br />
wo ihn die Kindheit geprägt hat – im magischen<br />
Dreieck von Rappenhof. ◻<br />
26 Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de
Umbau-Infos<br />
Rahmen: Basis Kawasaki H1, Baujahr 1973, stark modifiziert; abgeänderte Alu-<br />
Schwinge von Suzuki, Räder, Gabel, Bremsen von Suzuki GSX-R 750 (überholt und<br />
angepasst), Gabelbrücke und -Stabilisator von TGS (Eigenkonstruktionen), Ikon-Federbeine,<br />
Reifen vorn 110/80-18, hinten 160/80-18 Motor: Kawasaki 750 H2, komplett<br />
neu aufgebaut mit 800 cm³, geänderte Steuerzeiten, Jolly-Moto-Auspuff, 34er-Mikuni-<br />
Vergaser Sonstiges: Tank von KH 500, Heck, Schutzblech, Öltank, Lampenhalter<br />
von TGS (Eigenkonstruktionen), Drehzahlmesser H1 (modifiziert), Tachometer von Motogadget,<br />
Fußrasten Suzuki/Yamaha (modifiziert) Kontakt: www.tgs-motorcycles.de<br />
Die Schokoladenseite<br />
der „Kamikaze“: Aus<br />
dieser Perspektive sieht<br />
man die schöne Linie<br />
von Tank, Höcker und<br />
der abgeänderten Auspuffanlage<br />
besonders<br />
gut. Mit Spiegeln und<br />
Spritzschutz gibt es sogar<br />
den Segen des TÜV<br />
Fotos: Guckel, Haasz<br />
Lenkt die Geschicke von TGS Motorcycles:<br />
Tobias Guckel mit seiner „Kamikaze“<br />
TGS Motorcycles in Rappenhof<br />
Für alle da<br />
Seit 1998 findet man Tobias Guckels<br />
Firma TGS in Rappenhof im südöstlichen<br />
Bayrischen Wald – genau auf<br />
dem großväterlichen Grundstück, das<br />
seine Kindheit geprägt hat.<br />
Hier kümmern sich fünf Spezialisten um<br />
Motorräder aller Marken. Die Bandbreite<br />
umfasst regelmäßige Wartungsarbeiten,<br />
Reparaturen, Tuning, Umbauten und sowohl<br />
Teil- als auch Komplettrestaurierungen. Besonders<br />
am Herzen liegen Tobias und seiner<br />
Mannschaft dabei die japanischen Klassiker und<br />
Youngtimer der 1970er-, 80er- und 90er-Jahre,<br />
für die TGS auch zahlreiche technische Verbesserungen<br />
anbietet, die sich nicht zuletzt dank des<br />
stetig gewachsenen Maschinenparks im Haus<br />
realisieren lassen. Davon profitiert natürlich auch<br />
der Bau von Custom-Bikes, der für Tobias und<br />
seine Mannen zu einem immer wichtigeren<br />
Geschäftsbereich geworden ist. Etliche nationale<br />
und internationale Siege bei den einschlägigen<br />
Wettbewerben zeugen von der Kreativität der<br />
Rappenhofer Edelschmiede, die sogar eine<br />
eigene Teileproduktion betreibt und für Kunden<br />
Sonderanfertigungen anbietet. Mit Eigenbauten<br />
wie der„Kamikaze“ will Tobias zeigen, was<br />
möglich ist – und zugleich die Vorstellungskraft<br />
aller Interessierten beflügeln.<br />
Zwischenschritt: die „Kamikaze“ mit geändertem<br />
Rahmen und speziellem Höcker<br />
www.motorrad-classic.de<br />
Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> 27
Szene I<br />
Rudge-Familie Reters
schwarz<br />
und gold<br />
Wenn man in den USA Deutsche<br />
trifft, die sich in Kanada<br />
um englische Rudge kümmern,<br />
ist das ganz normal.<br />
Selbst, wenn der Vater mit<br />
den Söhnen auf den raren<br />
Rennern um die Wette fährt ...<br />
Text: Thomas Schmieder<br />
Fotos: Albert Hicks (1), TSR (11)<br />
Wenn der Vater mit den<br />
Söhnen: Ingo (rechts),<br />
Peter (Mitte) und<br />
Stanley Reters leben<br />
und lieben Rudge –<br />
beim Schrauben und<br />
Fahren<br />
Die brennende Sonne über Alabama<br />
lässt an diesem Oktober-<br />
Samstag die Luft flimmern,<br />
dröhnende Motoren die Erde<br />
beben, eifriges Gewusel das Fahrerlager leben –<br />
das Barber Vintage Festival gehört zu den<br />
großen Zugnummern der US-Oldieszene (siehe<br />
<strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> 2/<strong>2014</strong>). Mittendrin<br />
im riesigen Fahrerlager bleibt<br />
mein Blick an einer rabenschwarzen<br />
Rudge Ulster aus den 1930er-Jahren<br />
hängen. Hhmm, hab ich den Einzylinder-Renner<br />
jemals zuvor gesehen?<br />
Ich kann mich nicht erinnern.<br />
Über dem 75 Jahre alten Single wedelt<br />
ein Banner im warmen Wind,<br />
www.rudge.co.uk steht darauf.<br />
Der perfekte Zustand der<br />
schwarzen Schönheit zieht mich<br />
magisch an. Als ich das mechanische<br />
Kunstwerk bewundere,<br />
nähert sich ein dramatisches<br />
Röhren und Stampfen, hämmert<br />
sich unter die Schädel decke. Es<br />
ist eine weitere glänzende<br />
Rudge, eine TT-Replica mit offenen<br />
Megafonen. Staunen garantiert!<br />
Der Fahrer bittet<br />
mich, ihm beim Aufbocken zu<br />
helfen. Fahreranzug, Stiefel<br />
und Handschuhe sind perfekte<br />
Repliken im Stil der<br />
30er-Jahre, nur der Helm ist<br />
aus aktueller Produktion.<br />
„Ist leider Vorschrift“, entschuldigt<br />
sich der Pilot. Und stellt sich vor: „David<br />
Sproule aus Kanada, nice to meet you!“<br />
Wir kommen ins Gespräch. Tropfender Vergaser?<br />
Ganz normal, kein Grund zur Besorgnis:<br />
„Das Gemisch der Rennvergaser muss man vor<br />
dem Start regulieren.“ Wenn ich mehr über<br />
Rudge wissen wolle, solle ich noch kurz warten.<br />
www.motorrad-classic.de<br />
Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> 29
Szene I<br />
Rudge-Familie Reters<br />
Renn-Schönheiten: Die Linie<br />
der Ulster betört bis heute<br />
Unverhüllte Hightech der 30er-Jahre:<br />
vier offen liegende Radialventile<br />
Schwer, aber gut: Köpfe aus Bronze<br />
waren exakter herzustellen als aus Alu<br />
Wie bei Brumm-Rudges aus den 30ern:<br />
Leistungskur mit zwei Vergasern<br />
Ästhetik und Funktionalität gehen bei<br />
den Rudge-Rennern Hand in Hand<br />
Dann könne ich mich auch auf Deutsch<br />
unterhalten. Wie jetzt, 7500 Kilometer<br />
von zu Hause entfernt? Da bebt die Erde<br />
erneut: Drei weitere der raren britischen<br />
Renner rollen ins Fahrerlager.<br />
Als der erste Fahrer seinen Helm abnimmt,<br />
kommt ein schlanker junger Mann<br />
zum Vorschein. „Hi, I am Peter“, stellt sich<br />
der 21-Jährige vor. Ich bin überrascht, so<br />
einen Jüngling auf einem Motorrad von<br />
1937 zu sehen. Stark. Fast seine ganze Familie<br />
fahre hier. Als er mich als Deutschen<br />
erkennt (nicht schwer bei dem Akzent),<br />
schaltet Peter plötzlich auf Deutsch mit<br />
amerikanischem Einschlag um: „Mein<br />
Vater spricht noch Düsseldorfer Platt.“<br />
Was Ingo, sein alter Herr (67), sogleich<br />
unter Beweis stellt.<br />
Er kommt ebenfalls gerade von der<br />
bildschönen, 3,7 Kilometer langen Strecke<br />
zurück, schält sich aus dem schwarzen<br />
Einteiler. „Isch bin 1980 nach Kanada ausjewandert,<br />
weil man da einfach mehr Ellbogenfreiheit<br />
hat. Und weil datt Land so<br />
schön iss.“ Seine Familie wohnt in Ontario,<br />
Peter ist in Kanada geboren. „Tja, vor<br />
33 Jahren kam ich mit einem ganzen Container<br />
in Kanada an“, erzählt Papa Ingo,<br />
„darin waren haufenweise Teile und<br />
Maschinen, Bohrwerke und eine Kern-<br />
Drehbank. Und natürlich die 1938er-<br />
Ulster meines Vaters.“ Die Be geis terung<br />
für Rudge lebt diese Familie also über<br />
Generationen hinweg.<br />
Stanley, der zweite Sohn (36), fährt<br />
eine 1935er-TT-Replica mit Doppelvergaser.<br />
Das gibt’s doch nicht, Vater und zwei<br />
30 Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de
Söhne zeitgleich in einem Rennen, alle<br />
drei auf äußerst raren 500er-Rudge-Modellen!<br />
Vermutlich gibt es weltweit nur<br />
wenige Hundert. Und hier stehen gleich<br />
sechs Rudges zusammen – darunter eine<br />
eierschalenweiße Rudge Multi von 1913.<br />
Volles Programm. Restaurations-Experte<br />
Ingo Reters freut sich: „Heute steht für uns<br />
das Fahren im Vordergrund, für den Spaß<br />
an der Freud.“ Zum ersten Mal ist seine<br />
Familie hier, und er war gleich Dritter in<br />
seiner Rennklasse. „Fast sogar Zweiter!“<br />
Rennen und Restaurieren<br />
Witzig feixen die drei – der Dad fuhr am<br />
weitesten nach vorn! Alter und Erfahrung<br />
sind eben doch ein Pfund. Ingo ist erleichtert,<br />
dass es Peter auf der Bilderbuch-<br />
Rennstrecke vorsichtig anging, sich selbst<br />
und die seltene Ulster heil wieder zurückbrachte:<br />
„Bei einem Sturz hätte ich dich<br />
nach Südafrika verbannt, möglichst weit<br />
weg.“ Nun fachsimpeln die drei. „Du<br />
fühlst, wie der Motor mit Spätzündung in<br />
die Knie geht“, berichtet Peter. Sein älterer<br />
Bruder erklärt, wie man sich das zunutze<br />
machen kann: „Beim Reinbremsen in<br />
Kurven Zündung zurücknehmen, beim<br />
Rausbeschleunigen Frühzündung geben.“<br />
Mein Finger streicht über einen rundlichsinnlichen<br />
Satteltank. „Die baut uns ein<br />
Freund nach originalen Rudge-Zeichnungen“,<br />
sagt Peter beiläufig.<br />
Ansonsten macht diese Rudge-verrückte<br />
Familie mit ihrer Firma „Reters<br />
Restorations“ jedoch fast alles selbst an<br />
den Ren nern, vom Zylinder über die Kurbelwellen<br />
und Getriebe bis zum Tankdeckel<br />
(siehe Interview Seite 32). Hier sind<br />
echte Enthusiasten am Werk. „Ich hatte<br />
schon immer Engländer, vor allem BSA<br />
Gold Star“, sagt Ingo. Was der besondere<br />
Reiz von Rudge sei? „Nun, Rudge hatte eine<br />
kurze, aber dramatische Geschichte,<br />
baute nur von 1910 bis 1939 Motorräder.<br />
Technisch war die Marke weit vorne, hat<br />
immer viel ausprobiert, das war wirtschaftlich<br />
auch ihr Problem. Rudge verbaute<br />
bereits ab dem Jahr 1924 kopfgesteuerte<br />
Vierventilmotoren mit Stoßstangen<br />
und Vierganggetriebe. Four<br />
speed, four valves – das war doch irre zu<br />
dieser frühen Zeit!“<br />
Rudge hatte nur wenige Zweiventiler<br />
im Programm. „Ab 1926 gab’s gekoppelte<br />
Vorder- und Hinterradbremsen, ab 1932<br />
Fußschaltung“, erklärt Ingo. Den sportlichen<br />
Nimbus der Marke begründeten<br />
sensationelle Rennerfolge, wie etwa der<br />
Dreifachsieg der 350er bei der Junior-TT<br />
1930. Peter, Mechaniker-Azubi bei BMW<br />
in Kanada, weist das Greenhorn aus Germany<br />
in die Rudge-Historie ein: „Ulster<br />
heißen die Maschinen, weil Rudge mit<br />
Graham Walker beim Ulster-GP 1928 als<br />
erste Marke einen Sieg mit einem Schnitt<br />
Bote einer anderen Epoche: Die Multi<br />
entstand 1913, vorm Ersten Weltkrieg<br />
Alles was geht: die 100 Jahre alte<br />
500er-Multi im echten Rennen ...<br />
von 80 Meilen pro Stunde, also knapp 130<br />
km/h, holte.“ Fortan war die Ulster mit<br />
Vierventilkopf und zwei weit gespreizten<br />
Auspuffkrümmern die käufliche Supersportmaschine<br />
für jedermann.<br />
Ab 1930 hatten die Werksrenner halbkugelförmige<br />
Brennräume mit vollradialer<br />
Ventilanordnung und offenen Ventilfedern.<br />
„Dagegen waren die semiradialen<br />
Köpfe ab 1937 geschlossen“, erklärt Peter,<br />
„die Auslassventile standen radial, die Einlassventile<br />
parallel.“ Papa Ingo erläutert<br />
die auffälligen Bronze-Köpfe der zivilen<br />
Ableger: „Die Qualität des Alugusses war<br />
Komplex: verstellbare Riemenscheibe,<br />
21 Gänge und ultralanger Schalthebel<br />
in den 30er-Jahren noch bescheiden.“ Daher<br />
kam Bronze zum Einsatz, golden<br />
schimmernd, aber viel schwerer. „Bronze<br />
leitet die Wärme ähnlich gut ab wie Alu<br />
und ist dabei sehr elastisch.“<br />
Umgekehrt hielt das Werk an manchen<br />
Bauprinzipien fest, etwa der Gabel-<br />
Konstruktion und dem Verhältnis von<br />
Bohrung zu Hub, und das über Jahrzehnte.<br />
Stanley weist mich in die Feinheiten<br />
der piekfein restaurierten Multi von 1913<br />
ein. „Damit fuhr ihr Besitzer Kevin Grubb<br />
beim Century Race auf den dritten Platz“,<br />
erklärt er stolz. Das war ein Rennen für<br />
www.motorrad-classic.de<br />
Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> 31
Szene I<br />
Rudge-Familie Reters<br />
Zur Sache, Ingo reters<br />
Ulsters blutige Hand – Symbol irischen<br />
Freiheitskampfs und schneller Rudges<br />
mindestens hundert Jahre alte Maschinen,<br />
von denen etliche aussahen, als wären<br />
sie gerade vom Band gelaufen. „Für<br />
Kevin Grubb haben wir die Maschine vor<br />
einigen Jahren komplett restauriert.“<br />
Aus der 85er-Bohrung mit damals kurzen<br />
88 Millimeter Hub resultierten 499<br />
Kubik. Der Halbliter-Single mit Einlass<br />
über dem Auslassventil war für 7,5 PS bei<br />
2000 Touren gut. Er steht da wie am ersten<br />
Tag. „Solch ein Motorrad holte 1914 einen<br />
Senior-TT-Sieg auf der Isle of Man“, weiß<br />
Stanley. Den Namen Multi erhielt es wegen<br />
der komplexen Kraftübertragung<br />
zwischen Motor und riesigem Hinterrad:<br />
„56 Kupplungsscheiben und insgesamt<br />
21 Gänge in Form einer verstellbaren Riemenscheibe<br />
setzen den langen Antriebsriemen<br />
in Bewegung.“<br />
Mister Barber persönlich, Gründer des<br />
weltgrößten Motorrad-Museums, machte<br />
am Morgen den wilden Rudge-Reitern<br />
sei ne Aufwartung. „Er bedankte sich für<br />
unser Kommen, die 1000 Meilen lange Anreise<br />
mit ‚tollen Motorrädern’“, freut sich<br />
Ingo Reters. „Das will was heißen.“ ◻<br />
Verwegen: Peter Reters ist 21,<br />
seine Ulster 76 ...<br />
„Ich bin mit der 38er-<br />
Ulster meines Vaters<br />
aufgewachsen“<br />
Wie bist du auf die Rudge gekommen?<br />
Diese Marke war meine Initialzündung bei<br />
Motorrädern. Mein Vater kaufte 1938 eine Ulster<br />
beim Düsseldorfer Händler Jörgens, für 1200<br />
Reichsmark. Das war damals das Schnellste, was<br />
man auf der Straße fahren konnte: Das Werk<br />
garantierte 100 Meilen pro Stunde, 160 km/h!<br />
Das war selbst Ende der 50er-Jahre ein Top-Wert.<br />
Die Ulster versteckte mein Vater in Einzelteilen<br />
vor dem Kriegseinsatz. Mit diesem Motorrad<br />
wuchs ich somit auf. Dieses Exemplar habe ich<br />
dann 1980 mit nach Kanada genommen. In den<br />
50er-, 60er-Jahren wohnten wir in Düsseldorf-<br />
Lichtenbroich, dort, wo heute der Flughafen ist.<br />
Der Freund meines Vaters, Werner Ehlen, hatte<br />
eine Imperia aus Bad Godesberg, mit Rudge-<br />
Einbaumotor, „Python” genannt. Aus dieser Zeit<br />
habe ich meinen Rudge-Fimmel, deren Vierventiltechnik<br />
finde ich bis heute faszinierend.<br />
Wie wurdest du selbst zum Rudge-Experten?<br />
Bereits Anfang der 60er-Jahre half ich mit<br />
bei Res taurierungen, etwa einer originalen<br />
Hildebrand & Wolfmüller oder eines seltenen<br />
Krupp-Rollers. Seit Mitte der 70er-Jahre erstelle<br />
ich mir Ersatzteile selbst. Zunächst fertigten wir<br />
Rudge-Teile für uns, als Hobby. Doch mit der Zeit<br />
wurde daraus ein „sideline business”, ein echter<br />
Nebenerwerb. Ich hatte schon in Düsseldorf meine<br />
eigene kleine Firma „Ingo Reters Maschinenbau”,<br />
kurz IRM, baute ausgefallene Einzelteile.<br />
In Kanada machen wir vor allem Cosworth-Rennmotoren<br />
und Prototypenbau für Flugzeug- und<br />
Fahrzeugteile. Wir haben eigene Vierachs-CNC-<br />
Dreh- und Fräs-Bearbeitungszentren, unser Ding<br />
ist die anspruchsvolle mechanische Bearbeitung.<br />
Mein Sohn Stan programmiert die Maschinen je<br />
nach Anforderung ganz individuell.<br />
Was ist typisch für Reters Restorations?<br />
Wir kamen durch den Rudge Club an historische<br />
Konstruktions-Zeichnungen. Und können daher<br />
die wichtigsten Teile nachbauen. Etwa komplette<br />
Getriebe, vor allem für Rennzwecke, inklusive aller<br />
Zahnräder. Aber auch Kipp- und Schlepphebel.<br />
Das sind teure Teile, die sich nicht lohnen, wenn<br />
man nur zwei oder drei davon macht, sondern<br />
Selfmademan:<br />
Ingo Reters<br />
baut seit den<br />
70er-Jahren<br />
Rudge-Teile<br />
erst in Kleinserien von mindestens 20 oder 30<br />
Stück. An sich sind wir eher spezialisiert auf<br />
spätere Rudges, haben aber auch die 100 Jahre<br />
alte Multi komplett restauriert.<br />
Und was sind eure „Spezialitäten“?<br />
Wir gießen Zylinderköpfe selbst oder fräsen<br />
sie aus dem Vollen nach. Zylinder bieten wir<br />
mit Laufbuchse oder Nikasil-beschichtet an,<br />
ganz nach Wunsch. Zudem fertigen wir eigene<br />
Kurbelwellen, verpresst mit zehn Tonnen Druck,<br />
original waren sie anfällig verschraubt. Aus Jux<br />
und Dollerei haben wir auch schon eine Acht-<br />
Schuh-Bremse mit kleinen Einzelbelägen gebaut.<br />
Ein wenig stolz sind wir auf unsere Repliken der<br />
Brumm-Rudges mit zwei Vergasern. Nur dass wir<br />
den 500er-Motor damit bestücken und nicht –<br />
wie der Berliner Brumm seinerzeit – den 350er.<br />
Der große Single hat damit richtig Dampf – man<br />
spürt den Hammer unter dem Tank!<br />
Wo sitzen eure Kunden gewöhnlich?<br />
Nicht nur in Kanada. Durchs Internet und über<br />
den Rudge Club liefern wir Ersatzteile weltweit,<br />
bis Europa, Australien und Neuseeland.<br />
Komplett-Restaurierungen gehen naturgemäß<br />
bloß vor Ort. Vor Kurzem ließ ein Anwalt aus<br />
Texas seine Rudge mehrere Tausend Meilen zu<br />
uns bringen. Für europäische Besitzer lohnt sich<br />
der Transport in der Regel leider nicht.<br />
Wie verteilt sich die Nachfrage auf die unterschiedlichen<br />
Baureihen und Modelle?<br />
Weltweit sind noch etwa 1200 Rudges im Rudge<br />
Club registriert, davon vermutlich 50 Prozent<br />
in Teilen. Eine Rudge steht nicht bei Ebay oder<br />
mobile zum Kauf. Wie will man bei so knappem<br />
Angebot seriös den Markt beurteilen? Aber<br />
Ulster genießen wohl das höchste Renommee.<br />
Und wie liegen die Preise für eine Rudge?<br />
Bei so einem geringen Angebot gelten bei jedem<br />
Kauf eigene Gesetze. <strong>Classic</strong>-tax aus Bochum<br />
ermittelte laut <strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> für gepflegte<br />
Exemplare in Deutschland folgende<br />
Preise für Straßenmaschinen: Standard<br />
350 etwa 8400 Euro, 500 Special rund<br />
14 100 Euro, 500 Ulster zirka 15 600 Euro.<br />
Rennmaschinen sind jedoch deutlich<br />
teurer, gute Exemplare kosten gut 20 000<br />
bis knapp 30 000 Euro.<br />
Fotos: Stanley Reters<br />
Kontakt<br />
Fremdkörper: Neben sechs Rudges von<br />
Familie Reters parkt eine BMW R 1100 S<br />
Reters Restorations, 138 Anderson<br />
Avenue, Unit 11, Markham, Ontario,<br />
L6E 1A4, Canada; Telefon: 001/90 54 71-<br />
82 83; E-Mail: restore@reters.org;<br />
Internet: www.reters.org<br />
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von über 12.000 Kunden; 01/<strong>2014</strong>
Szene I<br />
BMW R 2<br />
34 Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong>
Volks-<br />
Radl<br />
Mit der R 2 legte BMW im Jahr 1931 den<br />
Grundstein einer populären Einzylinder-Baureihe.<br />
Und die zählt für Hans-Lothar Stegmann<br />
genauso zur Familie wie die Boxer.<br />
Er mag halt bayerische Eintöpfe. Nicht von<br />
Berufs wegen, aber aus Berufung.<br />
Text: Fred Siemer; Fotos: Siemer, Stegmann (2), BMW Group Archiv (1)<br />
wer die Entstehungsgeschichte von<br />
BMW betrachtet, mag dem alten<br />
Griechen ja noch Recht geben, der<br />
den Krieg als Vater aller Dinge bezeichnete.<br />
Aber spätestens bei der R 2 irrt Heraklit: Sie<br />
wurde aus der Not geboren. Als ehemaliger Bundeswehr-<br />
Offizier kennt Hans-Lothar Stegmann seinen Militär-Klassiker<br />
ganz gut, in Sachen BMW hat er sich gar – ausschließlich<br />
privat und höchst zivil – zum Experten hochgedient.<br />
Er weiß also, dass seine Lieblingsfirma während der 20er-<br />
Jahre des vergangenen Jahrhunderts eine eher betuchte<br />
Kundschaft bediente. Daran änderte auch der Umstand<br />
nichts, dass ab 1925 ein Einzylinder-Krad die Boxer ergänzte.<br />
Diese R 39 nämlich lag mit ihrem Preis von 1870<br />
Mark weit jenseits dessen, was der kleine Mann aufbringen<br />
konnte. Sie orientierte sich eher an leichten britischen<br />
Sportmaschinen, ohne allerdings deren Leistungskraft und<br />
Zuverlässigkeit zu erreichen – und geriet mit 855 in zwei<br />
Jahren produzierten Einheiten zum Flop.<br />
Die Weltwirtschaftskrise Ende des Jahrzehnts aber<br />
zwang BMW erneut, einen Einzylinder auf den Markt zu<br />
bringen, und dieses Mal musste er bezahlbar sein. Nicht<br />
nur DKW bewies, dass Kleinvieh, sofern kostengünstig<br />
produziert, eben auch Mist macht, außerdem lockte seit<br />
1928 die von Führerscheinpflicht und Steuern befreite<br />
200-cm³-Klasse. Dort traten schon gescheite Motorräder<br />
an, dort ließe sich dank des BMW-Rufs sogar ein Preisaufschlag<br />
durchsetzen. Schließlich wollte man keinesfalls von<br />
blauweißen Prinzipien abweichen, auch die Volks-BMW<br />
sollte ohv-Viertakter sowie Kardanantrieb bekommen. So<br />
geschah es dann, im Mai 1930 wurde ihr Hersteller beim<br />
Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> 35
Szene I<br />
BMW R 2<br />
Kardan, Kickstarter,<br />
Hackenbremse,<br />
Handschaltung –<br />
es erstaunt, wie<br />
viele interessante<br />
Details dieses kleine<br />
Motorrad bietet<br />
36 Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong>
In einer<br />
Normgarage<br />
wird restauriert<br />
und<br />
gewartet<br />
Bei günstigem<br />
Lichteinfall kann<br />
man an den Markierungen<br />
des<br />
Siebes den Benzinstand<br />
ablesen<br />
Bayerischen Revisions-Verein vorstellig,<br />
um sein Kraftrad technisch abnehmen zu<br />
lassen, 1931 ging es in den Verkauf<br />
Die R 2 wurde ein Erfolg<br />
Sofort entwickelte sich das 975 Mark teure<br />
Modell zum Kassenschlager, bis Jahresende<br />
hatte die erste Serie 4160 Kunden<br />
gefunden. Als Hans-Lothar Stegmann<br />
1935 auf die Welt kam, lief die R 2 in<br />
Serie 4 und 5 noch immer vom Band, bis<br />
zwei Jahre später die R 20 ihr Erbe antrat,<br />
waren insgesamt 15 548 Stück verkauft.<br />
Der kleine Hans-Lothar unternahm kurz<br />
darauf erste Annäherungsversuche ans<br />
Kraft rad, indem er die R 35 seines Vaters<br />
beturnte, doch Flucht und Nachkriegszeit<br />
verhinderten eine tiefere Beziehung. Immerhin<br />
blieb die Leidenschaft fürs Technische,<br />
und irgendwie wurde damals wohl<br />
auch ein Bazillus übertragen, denn mit 51<br />
er wisch te es ihn schwer: Stegmann kaufte<br />
eine R 25/3, sein erstes Motorrad, und die<br />
besitzt er bis heute. Beinahe 20 kamen, viele<br />
gingen wieder, allesamt BMW plus eine<br />
einsame Zündapp, die meisten erlebten in<br />
Stegmanns Garagenwerkstatt eine ebenso<br />
kundige wie liebevolle Restaurierung.<br />
Deswegen konnte ihn nicht schrecken,<br />
was er so um die Jahrtausendwende in<br />
einer Scheune zu Gesicht bekam. Der<br />
malerische Haufen Schrott hatte wohl 50<br />
Jahre dort gestanden, erinnerte dennoch<br />
an eine R 2 der zweiten Serie. Dumm nur,<br />
dass der Besitzer das traurige Stück selbst<br />
restaurieren wollte. Doch Stegmann kennt<br />
seine Pappenheimer, hat derlei Ankündigungen<br />
schon öfter gehört, und deshalb<br />
suchte er den ambitionierten R 2-Besitzer<br />
zehn Jahre später anlässlich einer Spa-<br />
zierfahrt mal wieder auf. Um es kurz zu<br />
machen: Der Mann hatte das Bayern-Krad<br />
aus der Scheune befreit, mehr nicht, und<br />
so wurde man sich rasch einig.<br />
Normalerweise ist Patina durchaus<br />
erwünscht, doch im vorliegenden Fall verlangte<br />
der weit fortgeschrittene Rostfraß<br />
nach neuem Lack und frischem Chrom.<br />
Zum Glück präsentierte sich die R 2 nahezu<br />
komplett, und was fehlte, konnte Stegmann<br />
dank guter Kontakte besorgen. Seit<br />
1989 ist er im BMW Veteranen-Club aktiv,<br />
um die Freuden und Leiden am rostigen<br />
Hobby zu teilen. Das Distanzstück der<br />
Vorderradachse fehlte – während einer<br />
„Tagesfahrt Mittleres Rheintal“ konnte er<br />
die Maße im BMW-Museum von Reinhardt<br />
Gaede abnehmen. Mehr Sorgen bereitete<br />
der Vergaser, ein Amal 4/012 S, der<br />
nach BMW-Angaben eigentlich an ein<br />
späteres Baujahr gehörte und – warum<br />
auch immer – statt eines SUM K 50/250<br />
montiert war. Obendrein mangelte es dem<br />
Amal leider an Schieber, Schwimmerkammerdeckel<br />
und dessen Überwurf.<br />
Alles aufzutreiben bei einem langjährigen<br />
BMW-Freund. Glück gehabt, und auch<br />
eine Bosch-Hupe fand sich, nämlich bei<br />
Stegmann im Regal. Sie war bei einer<br />
Restaurierung mal übrig geblieben.<br />
Ordnung muss sein bei einem ehemaligen<br />
Offizier. „Wenn die Teile hier und da<br />
rumfliegen, leide ich“, sagt Stegmann, und<br />
er hat ja recht. Nur systematisches Vorgehen<br />
führt eine Vollrestaurierung zum<br />
Erfolg. Alle zu strahlenden Teile werden<br />
vorher fotografiert, dann kann man nach<br />
dem Abholen auf dem Foto abstreichen,<br />
was wirklich wiedergekommen ist. Alle<br />
Schrauben werden mit Schraubenlänge,<br />
Gewindelänge, Durchmesser, Unterlegscheiben<br />
und Platz auf einer Liste notiert.<br />
Alle! Dann werden sie mechanisch und<br />
chemisch gesäubert, danach – so der Tipp<br />
des Kenners – galvanisch verzinkt und<br />
schließlich mit einer Dickschicht-Passivierung<br />
geschützt. „Das wird nicht oft<br />
angeboten, sieht aber prima nostalgisch<br />
aus, so leicht matt-chromig“, schwärmt<br />
Stegmann aus Erfahrung.<br />
Logische BMW-Konstruktion<br />
Nach und nach füllten sich seine Regale<br />
mit einbaufertigen Teilen. Zu den teureren<br />
Anschaffungen zählte eine neue Nockenwelle,<br />
zu den preiswerteren die überarbeitete<br />
Kurbelwelle: Ein Freund konnte<br />
sie richten, die Rollen des unteren Pleuellagers<br />
fertigte er selbst. Dazu besorgte er<br />
sich gelaufene Rollen, deren Oberfläche<br />
also bereits verfestigt war und die er mittels<br />
Bohrmaschine und Flex auf die erforderliche<br />
Länge von 7,88 bis 8 Millimeter<br />
kürzte. Einspannen, schleifen, ausspannen,<br />
messen, wieder einspannen... Am<br />
Ende wurden die Kanten abgerundet. Wie<br />
gut, dass Hobby-Restaurierer umsonst<br />
arbeiten. Ruck, zuck stand ein fertiger<br />
Motor auf der Werkbank. „Wenn ich was<br />
anfange, entwickle ich Tempo“, behauptet<br />
Stegmann von sich, dank der logischen<br />
BMW-Konstruktion bauten sich keine<br />
überraschenden Hindernisse auf.<br />
Anfangs schickte BMW den 200er mit<br />
offenen Ventilfedern auf die Straße, die<br />
Schmierung der gleitgelagerten Kipphebelwelle<br />
soll der aus einem Stoßstangen-<br />
Schutzrohr entweichende Ölnebel erledigen.<br />
Über das zweite Schutzrohr fließt<br />
das überschüssige Schmiermittel zurück<br />
www.motorrad-classic.de<br />
Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> 37
Szene I<br />
BMW R 2<br />
Viel leichter zu fahren als<br />
zeitgenössische Boxer ist<br />
die kleine 200er-BMW<br />
Mit der R 2 kam Farbe ins<br />
Programm, ihre Tankoberseite<br />
leuchtete in hellem Blau<br />
ins Kurbelgehäuse, dessen Entlüftung ein<br />
drittes Rohr – mittig zwischen den Stoßstangen<br />
gelegen – besorgt. Bei der zweiten<br />
Serie von 1932, zu der auch Hans-Lothar<br />
Stegmanns Maschine zählt, wölbt sich<br />
bereits eine geschlossene Haube über den<br />
Leichtmetall-Zylinderkopf. Noch ein Jahr<br />
später zeigte eine Ölsteigleitung an, dass<br />
auch BMW nicht mehr so sehr an Ölnebelschmierung<br />
glaubte. Freilich beträgt hier<br />
die Leistung dank geändertem Vergaser<br />
und Nockenwelle auch acht PS statt sechs<br />
und liegt bei 4500/min statt 3500 an. Die<br />
Einscheiben-Trockenkupplung überträgt<br />
die Motorleistung auf ein handgeschaltetes<br />
Dreiganggetriebe, das sich bei Stegmanns<br />
R 2 in recht gutem Zustand befand.<br />
Schlechter war es um den vertrackt aufgebauten<br />
und schwer zu montierenden<br />
Mechanismus des rechts (!) angebrachten<br />
Kickstarters bestellt.<br />
Rahmen aus Stahlblechprofilen<br />
Wie die Boxer-Modelle R 11 und R 16 von<br />
1929 rüstete BMW die R 2 mit einem<br />
Doppelschleifenrahmen aus U-förmigen<br />
Stahl blechprofilen aus. Der hat eingenietete<br />
Querverbindungen sowie eine<br />
zunächst gegossene, aber schon kurz nach<br />
Serienanlauf geschmiedete Lenkkopfpartie<br />
und ersetzte die alten Rahmen aus<br />
gemufften und hartverlöteten Stahlrohren.<br />
Die Blechrahmen sind tatsächlich<br />
besser als die Vorgänger, blieben dennoch<br />
eine Industrie-historische Episode: Ab<br />
Mitte der 30er-Jahre erlaubten verbesserte<br />
Schweißverfahren und neue ovale Rahmenrohre<br />
auch bei BMW wieder den Bau<br />
leichterer (und eleganterer?) Rohrrahmen.<br />
Erstmals befindet sich das Hinterachsgetriebe<br />
innen an der rechten Rahmenschleife,<br />
und deshalb musste das Trieb-<br />
38 Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de
Wer solchen Schrott wieder<br />
flottmacht, der darf auch<br />
Bücher schreiben: Hans-Lothar<br />
Stegmanns tiefgründiges Werk<br />
kostet 29 Euro und hat die<br />
ISBN 978-3-935517-33-1<br />
BMW R 2 (Serie 2 von 1932)<br />
Motor: Luftgekühlter Einzylinder-Viertaktmotor, eine unten liegende,<br />
über Kette angetriebene Nockenwelle, zwei über Stoßstangen<br />
betätigte Ventile, Bohrung/Hub 63 x 64 mm, Hubraum 198 cm³,<br />
Verdichtung 6,7:1, Leistung 6 PS bei 3500/min, Einscheiben-Trockenkupplung,<br />
klauengeschaltetes Dreiganggetriebe, Kardanantrieb<br />
Fahrwerk: Doppelschleifenrahmen aus Stahlblechprofilen,<br />
gezogene Kurzschwinge vorn mit Blattfederung, starres Hinterrad,<br />
Halbnaben-Trommelbremsen vorn und hinten, Drahtspeichen räder,<br />
Reifen vorn und hinten 25 x 3 Zoll<br />
Höchstgeschwindigkeit: zirka 90 km/h<br />
www.motorrad-classic.de<br />
Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> 39
Szene I<br />
BMW R 2<br />
Es gab kein Vertun, auch die Volks-BMW trat mit<br />
ohv-Viertakter, angeblocktem Getriebe und Kardan<br />
an, eine typisch logische BMW-Konstruktion also.<br />
Hier die Serie 1 mit „offenen“ Ventilen<br />
Vom Kindergartenalter bis in den Ruhestand<br />
mochte Hans-Lothar Stegmann am liebsten<br />
BMW. Das nennt man Markenbindung<br />
werk – in Fahrtrichtung gesehen – ein<br />
wenig nach links rücken. Erstmals auch<br />
verbaute BMW keine Kardanbremse, sondern<br />
eine Trommelbremse im Hinterrad,<br />
nach wie vor per Hacke betätigt. Das<br />
Vorderrad wird von einer gezogenen<br />
Kurzschwinge geführt, welche über eine<br />
Federstütze an einem Blattfederpaket anlenkt,<br />
die hübschen Gabelscheiden bestehen<br />
ebenfalls aus Pressstahl-Profilen. Ab<br />
Mitte 1933 verbesserte ein Reibungsstoßdämpfer<br />
die Federungseigenschaften.<br />
Auf heutigen Straßen kann Hans-<br />
Lothar Stegmann darauf locker verzichten,<br />
zumal der herrlich wieder hergerichtete<br />
Sattel viel Komfort vermittelt. Dessen<br />
Decke hatten die Scheunenjahre mächtig<br />
mitgenommen, wieder half ein BMW-<br />
Veteranenfreund. Dafür sah es ausgerechnet<br />
beim Scheinwerfer lange finster aus.<br />
Reflektor und Streuglas fehlten – um<br />
dann urplötzlich bei einem tschechischen<br />
Händler als prima Nachbauten aufzutauchen.<br />
Fertig? Noch nicht ganz. Die Suche<br />
nach einem originalen, bezahlbaren P&M-<br />
Tacho brachte erwartungsgemäß keinen<br />
Treffer, aber an den nostalgischen Ersatz<br />
von Firma Stemler hat Stegmann sich<br />
längst gewöhnt. Abschließend montierte<br />
er noch drei Spezialteile: eine Aufbockhilfe<br />
(„Man wird nicht jünger“), einen Kilometereinsteller<br />
(„Ich will wissen, wann ich<br />
tanken muss“) und eine Uhr („Damit ich<br />
sehe, wann ich Hunger haben sollte“).<br />
Die erste Ausfahrt endete mit einem<br />
zerstörten Hinterachsgetriebe. Auch so<br />
was gehört dazu. Mittlerweile jedoch zählt<br />
die R 2 längst zu Stegmanns Lieblingen.<br />
An die 400 Ausfahrten mit den BMW-<br />
Freunden oder bei Veranstaltungen hat er<br />
in den letzten 25 Jahren gemacht, und<br />
weil er auch privat gern seine Runden<br />
dreht, kommt er jährlich im Schnitt auf<br />
10 000 Oldie-Kilometer. „Es geht ja nicht<br />
nur um die Freude am Gerät“, schmunzelt<br />
er, „sondern auch um jene, sich damit fortzubewegen.“<br />
Wohl wahr, und ganz besonders<br />
genießt Hans-Lothar Stegmann diese<br />
Freude, wenn noch der Stolz über eine<br />
gelungene Restaurierung mitfährt. ◻<br />
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<strong>MOTORRAD</strong>-Heft 9/1971<br />
Von den im Herbst 1970 vorgestellten neuen<br />
BSA-Modellen konnte <strong>MOTORRAD</strong> bereits Anfang<br />
1971 das erste Modell Probe fahren – die<br />
BSA 650 Thunderbolt. Die erste Kontaktaufnahme<br />
ergab: ein kerniges Bike für kernige Typen.<br />
Fotos: mps-Fotostudio<br />
BSA 650 Thunderbolt<br />
Donnerwetter<br />
Die Charakterisierung der BSA als „Motorrad für<br />
Männer mit Mützen“ war schnell gefunden.<br />
Die Tester, die dem Bike diese flapsige Bezeichnung verliehen,<br />
gaben damit ihrer Begeisterung für die Leichtigkeit<br />
und Lässigkeit Ausdruck, mit der dieses Motorrad bewegt<br />
werden konnte. Und zu dem ein „Krachhut“ so gar nicht<br />
passen würde. Zwar bringt die neue BSA mit dem seit<br />
1962 bekannten, stets weiterentwickelten<br />
A 65-Zweizylindermotor immerhin 212 Kilogramm<br />
(Leergewicht) auf die Waage, doch spürt man davon<br />
Die Handlichkeit, die Kurvenlage und der<br />
Bums des Motors begeisterten im Test, der<br />
Lärm der offenen Tüten der zunächst gelieferten<br />
amerikanischen Version weniger<br />
82<br />
85 67<br />
Was uns 1971 noch bewegte<br />
77<br />
71<br />
15. Januar<br />
In Ägypten wird der Assuan-Staudamm eingeweiht.<br />
Hinter der 111 Meter hohen Absperrmauer<br />
werden durchschnittlich rund 150 Kubikkilometer<br />
(150 Billionen Liter) Wasser gestaut.<br />
7. Februar<br />
Einführung des aktiven und passiven Wahlrechts<br />
für Frauen in der Schweiz.<br />
13. Februar<br />
Das ZDF sendet zum ersten Mal „Disco“ mit<br />
Moderator Ilja Richter.<br />
1. März<br />
Eine neue Straßenverkehrsordnung tritt in der<br />
Bundesrepublik Deutschland in Kraft. Unter anderem<br />
wird dabei das neue achteckige Stoppschild<br />
eingeführt.<br />
8. März<br />
Joe Frazier gewinnt seinen Boxkampf und<br />
den Weltmeistertitel im Schwergewicht gegen<br />
Muhammad Ali im Madison Square Garden,<br />
New York, USA, durch einen Sieg nach Punkten.<br />
19. April<br />
Die Sowjetunion startet mit der Saljut 1 die erste<br />
Raumstation.<br />
42 Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de
eim Fahren wenig. Von der sprichwörtlichen<br />
Handlichkeit eines Fahrrads ist die Rede. Dazu<br />
das Temperament des Twins schon von ganz<br />
unten heraus – 46 PS bei 7000/min bescheinigt<br />
der TÜV Rheinland der deutschen Version.<br />
Mit den entsprechenden Schalldämpfern. Die<br />
Testmaschine rückte aber mit nahezu offenen<br />
Tüten an, wie sie in den USA und an die in<br />
Deutschland stationierten Soldaten ausgeliefert<br />
wird. Um dem Lärm Einhalt zu gebieten und<br />
um gültige Aussagen treffen zu können, ordert<br />
die <strong>MOTORRAD</strong>-Mannschaft beim Importeur<br />
Hein Gericke die deutlich leiseren Mustergutachten-Schalldämpfer.<br />
Wunderbar weich zieht<br />
der Motor von unten heraus, lässt sich ja auch<br />
mit seinem Einzelvergaser einfacher einstellen<br />
und ist pflegeleichter als mit zwei Vergasern.<br />
Das Getriebe lässt sich leicht und exakt schalten,<br />
die Sitzbank bietet reichlich Platz und der<br />
Knieschluss stimmt, die Fußhebel liegen richtig<br />
positioniert. Die Vibrationen des Motors<br />
werden sehr gedämpft an<br />
die Lenkerenden weitergegeben,<br />
dank des in Gummielementen<br />
gelagerten<br />
Lenkers. Die Fahrleistungen<br />
können sich sehen lassen: in<br />
rund sieben Sekunden<br />
sind 100 km/h erreicht,<br />
schon mit leicht gebücktem<br />
Fahrer geht die BSA über<br />
160 Sachen. Die zu Anfang<br />
gemessene „amerikanische“<br />
Version ging besser, doch war<br />
„der Krach nicht zu ertragen“,<br />
wie Tester Klacks Leverkus<br />
bemerkt. Die Schnelligkeit<br />
des Motorrads beruht jedoch<br />
zum großen Teil auf der schon<br />
erwähnten Handlichkeit.<br />
Kurvenfahren bereitet besonders<br />
großen Spaß. Der stabile<br />
Doppelrohrrahmen überzeugt,<br />
ebenso die außerordentlich<br />
gute Telegabel. Die Federbeine<br />
hinten hingegen sind sowohl zu<br />
schwer einzustellen wie auch zu<br />
hart abgestimmt. Lob wiederum erntet die hervorragende<br />
Doppelnockenbremse. Dem modernen Trend<br />
folgend und um mit den bereits auf dem amerikanischen<br />
Markt konkurrierenden Japanern mithalten zu können,<br />
werden nun auch die Schalter an den Lenkerenden praxisgerecht<br />
und sinnvoll angeordnet. Positiv hervorzuheben sei in diesem<br />
Reklame<br />
Die DKW-Werbung stammt aus guten alten Zeiten, in denen<br />
man mit einer 125er noch etwas galt und bei der Weiblichkeit<br />
landen konnte. Zumindest suggeriert dies die Anzeige...<br />
Zusammenhang auch noch die serienmäßige Seitenstütze. Ausgedehnte<br />
Touren sind hingegen durch den kleinen 11-Liter-Tank<br />
erschwert, der bei einem Spritverbrauch von rund sechs Litern/<br />
100 Kilometer die Reichweite stark begrenzt. Dennoch fällt das<br />
Fazit insgesamt positiv aus. Zitat: „Für die Eleganz des Fahrens gibt’s<br />
nur wenige Motorräder wie sie.” Donnerwetter – starke Worte.<br />
10. Dezember<br />
Bundeskanzler Willy Brandt erhält den Friedens-<br />
84<br />
82 80 68<br />
nobelpreis. Seine Ostpolitik wird als Beitrag zur<br />
82<br />
3. Mai<br />
In der DDR tritt Walter Ulbricht als Erster Sekretär<br />
des Zentralkomitees der SED zurück. Sein Nach-<br />
folger wird Erich Honecker.<br />
18. Juli<br />
Der legendäre belgische Radrennfahrer Eddy<br />
Merckx gewinnt zum dritten Mal hintereinander<br />
die Tour de France.<br />
www.motorrad-classic.de<br />
Überwindung der Konfrontation der Machtblöcke<br />
in Europa betrachtet.<br />
Musik<br />
In den deutschen Single-Charts stehen Hits wie<br />
„Butterfly“ von Danyel Gerard, „My Sweet Lord“<br />
von George Harrison und „Co-Co“ von The Sweet<br />
wochenlang auf Platz eins.<br />
Film<br />
In den deutschen Kinos starten Filmhits wie<br />
„Duell“ von Steven Spielberg, „Dirty Harry“ mit<br />
Clint Eastwood, „James Bond 007: Diamantenfieber“<br />
und der britisch-skurrile Klassiker „Harold<br />
und Maude“.<br />
Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> 43
Szene I<br />
Modellbauer Pere Tarragó<br />
Perfektion im<br />
Pere Tarragó ist als Klein-<br />
Detail<br />
Künstler ein ganz Großer.<br />
Seine von Hand gefertigten<br />
Motorradmodelle im<br />
Maßstab 1:5 gelten als<br />
die detailgetreuesten Nachbildungen, die es für Geld zu kaufen<br />
gibt. Wir haben den Katalanen in seiner Werkstatt besucht.<br />
Text: Alan Cathcart; Fotos: Jim Scaysbrook<br />
44 Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de
Eigentlich ist es logisch, dass Pere Tarragó in Barcelona<br />
lebt. Die katalanische Hauptstadt ist eben<br />
die europäische Motorrad-Metropole, egal was<br />
man in Paris oder Rom darüber denkt. Nirgendwo<br />
in Europa gibt es mehr motorisierte Zweiräder als hier, außerdem<br />
leben mit Marc Marquez und Pol Espargaro zwei der drei aktuellen<br />
Grand Prix-Weltmeister in dieser Stadt. Ein inspirierendes<br />
Umfeld also für Pere Tarragó, dem Schöpfer der erlesensten und<br />
aufwendigsten Miniatur-Motorradmodelle, die es in Europa –<br />
vielleicht sogar auf der ganzen Welt – zu kaufen gibt.<br />
Modelle mit atemberaubender Liebe zum Detail<br />
Früher, zu Zeiten Francos, war Barcelona außerdem der Schmelztiegel<br />
der spanischen Motorradindustrie, bis die Japaner nach<br />
dessen Tod 1975 auch diesen Markt überrollten. Die einzigen<br />
Bultacos und Montesas, die hier noch gebaut werden, sind die<br />
Modelle im Maßstab 1:5 aus Peres exquisiter Werkstatt in Molins<br />
de Rei, einer Kleinstadt im Speckgürtel Barcelonas. Es sind atemberaubende<br />
Modelle mit einer unglaublichen Liebe zum Detail,<br />
die dieser Kunst-Handwerker herstellt. Egal, ob es sich um einen<br />
Spezialauftrag für Einzelstücke zu Preisen ab 12 000 Euro aufwärts<br />
handelt. Oder um ebenfalls von Hand gefertigte Kleinserien,<br />
von denen viele Komponenten nach Peres Mustervorlage<br />
in einer benachbarten Schmuck-Manufaktur hergestellt werden.<br />
Die Bestseller in Pere Tarragós Modellreigen sind die Montesa<br />
Impala 250, von denen er zusammen mit der praktisch baugleichen<br />
175er-Schwester bislang 52 Exemplare verkauft hat, zum<br />
Nettopreis von jeweils 2050 Euro. Eine Bultaco Metralla, von der<br />
bis heute zwölf Stück einen Käufer fanden, gibt es dagegen erst<br />
für 2500 Euro (zuzüglich Mehrwertsteuer). Zu teuer? Dann passt<br />
vielleicht ja auch ein Motor für 250 Euro oder ein Tank für 150<br />
Euro als Erinnerung an glorreiche spanische Motorradzeiten ins<br />
Budget, die Pere mit speziellen Schaukästen verkauft. Komplette<br />
Motorräder werden dagegen in Holzboxen ausgeliefert, die<br />
natürlich viel schöner sind als die grobschlächtigen Bretterverschläge,<br />
in denen einst die Vorbilder verschifft wurden.<br />
Pere gehört zu den glücklichen Menschen, die ihr Hobby zum<br />
Beruf gemacht haben. Deswegen machen dem 61-Jährigen die<br />
langen Acht- bis Zehnstunden-Tage in seiner kleinen Werkstatt<br />
nichts aus, wo er aus den über 500 selbst gefertigten – oder nach<br />
seinem Muster hergestellten Einzelteilen – komplette Motorräder<br />
Montesa Impala 175 Sport<br />
Erfolgsmodell der 1960er-Jahre: Von den Montesa Impala-Modellen (175/250)<br />
hat Pere bislang 52 Stück verkauft – zum Nettopreis von 2050 Euro<br />
www.motorrad-classic.de<br />
Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> 45
Szene I<br />
Modellbauer Pere Tarragó<br />
baut, die mit ihren Vorbildern bis<br />
ins kleinste Detail identisch sind.<br />
Der berufliche Neuanfang<br />
Die Entscheidung, sich dem Modellbau<br />
mit Haut und Haaren zu<br />
verschreiben, traf der Elektronik-<br />
Ingenieur 2007, als er auf dem<br />
Höhepunkt der Wirtschaftskrise<br />
sein exklusives Hi-Fi-Geschäft in<br />
Barcelona verkaufte. „Schon als<br />
Kind habe ich Modelle gebaut.<br />
Zuerst kleine Nachbauten von<br />
Autos, dann Schiffe, Flugzeuge<br />
und schließlich auch Motorräder“,<br />
erinnert sich Pere. „Mein erstes<br />
Zweirad habe ich 1995 gebaut, es<br />
war eine 1972er-Bultaco Metralla<br />
im Maßstab 1:6. Dafür musste ich<br />
die Kette noch Glied für Glied von<br />
Hand selbst herstellen – eine zeitraubende<br />
und langweilige Arbeit.<br />
Als ich das Modell auf einer Oldtimer-Ausstellung<br />
in Barcelona<br />
zeigte, gab es jedoch eine überwältigende<br />
Resonanz – viele Besucher<br />
baten mich, für sie ebenfalls so<br />
ein Motorrad zu bauen, ohne überhaupt<br />
einen Preis zu wissen. Kurz<br />
darauf gab es in Japan einen Hersteller,<br />
der Ketten in 1:5 anbot. Damit<br />
jene passten, musste ich meine<br />
Bultaco auf diesen Maßstab umarbeiten.<br />
Dabei habe ich vieles<br />
gelernt, das mir heute noch zugute<br />
kommt. Das nächste Modell, das<br />
ich 1996 gebaut habe, war eine Montesa Brio, drei Jahre später<br />
dann eine Ossa 150, gefolgt von einer MV Agusta 175 Squalo,<br />
meinem ersten Viertakt-Modell.“<br />
Ab da begann Pere darüber nachzudenken, den Modellbau<br />
zum Beruf zu machen: „Letztlich war es die erneut auf der Oldtimer-Messe<br />
in Barcelona gezeigte Montesa Impala, deren großes<br />
Echo mit vielen Anfragen 2005 dann den Ausschlag für den beruflichen<br />
Neuanfang gab. Es war wirklich ein verlockender Gedanke,<br />
künftig nur noch das zu machen, was man liebt! Und das<br />
auch noch von zu Hause aus, ohne über horrende Ladenmieten,<br />
Wie bei den Großen: Die Fertigung des Rahmens aus<br />
Messingrohren erfolgt mit Hilfe einer Rahmenlehre<br />
die Bezahlung der Angestellten<br />
oder die nervtötende Pendelei ins<br />
Zentrum von Barcelona nachdenken<br />
zu müssen. Der Verkauf<br />
des Ladens war der richtige Entschluss<br />
zum richtigen Zeitpunkt.<br />
Seitdem baue ich nur noch Modelle,<br />
und mit jedem neuen lerne<br />
ich neue Techniken dazu, um eine<br />
größtmögliche Authentizität meiner<br />
Modelle zu erreichen.“<br />
Alle Teile funktionieren<br />
In der Tat sind es die Authentizität<br />
und die Detailtreue, die Tarragós<br />
Kreationen ebenso auszeichnen<br />
wie ihre Funktionalität. Gut, die<br />
Motoren laufen nicht. Das ist aber<br />
der einzige Unterschied zu den<br />
fünf Mal größeren Originalen. So<br />
dreht sich beispielsweise der Kardan<br />
der BMW R 32, die er 2009<br />
gebaut hat – nur eben angetrieben<br />
vom Hinterrad und nicht<br />
vom detailgetreu nachgebauten<br />
Boxermotor. Selbiges gilt ebenso<br />
für die Ketten der anderen Bikes,<br />
während sich Kickstarter oder<br />
Ganghebel wie bei den Vorbildern<br />
bewegen lassen. Selbst Gabeln<br />
und Stoßdämpfer federn<br />
und dämpfen wie bei den Großen,<br />
obwohl kein Öl darin ist! Sogar<br />
komplexe Bauteile wie die<br />
Trommelbremsen lassen sich vorbildgetreu<br />
bedienen, ja selbst die<br />
Beleuchtung funktioniert dank einer kleinen Lithium-Batterie!<br />
Es sind eben echte Eins-zu-fünf-Repliken, nicht aus Plastik gefertigt,<br />
sondern aus authentischen Materialien wie Stahl, Blech, Blei<br />
oder Aluminium. Pere baut sie mit Techniken, die auch bei der<br />
Produktion der echten Maschinen zum Einsatz kommen, was<br />
vom Sandguss über das Wachsausschmelzverfahren, die maschinelle<br />
Bearbeitung auf der Drehbank bis hin zur Kohlefaser-Verarbeitung<br />
bei komplexen Formen reicht.<br />
Wenn Pere eine neue Replika in Angriff nimmt – gleichgültig,<br />
ob Einzelauftrag oder Serienfertigung – muss er für die exakte<br />
Bultaco Metralla 62<br />
2A impala G Benelli Verkaufsschlager: 250 GP Sowohl das Bultaco Original als auch Metrella<br />
das 1:5-Kleinserien-Modell<br />
der 250er-Bultaco waren beliebt. Das Modell kostet 2500 Euro (plus Steuer)<br />
46 Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de
Spanisches Trio: Die Montesaund<br />
Bultaco-Modelle werden<br />
in Kleinserie gefertigt. Ebenso<br />
die Motoren und Tanks, die<br />
es sogar einzeln gibt (rechts)<br />
Unten: Von der MV Agusta<br />
750 S hat Pere Tarragó bisher<br />
drei Exemplare auf Bestellung<br />
gebaut. Besonders aufwendig<br />
ist hier der Nachbau des Tanks,<br />
für dessen Gestaltung sogar ein<br />
Tonmodell angefertigt wurde<br />
BMW R 32<br />
Ansichten eines Einzelstücks: Das Modell der BMW R 32 gleicht dem<br />
Vorbild bis ins Detail. Selbst der Kardanantrieb funktioniert perfekt<br />
www.motorrad-classic.de<br />
Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> 47
Schritt für Schritt zum Meisterstück<br />
1 2<br />
3 4<br />
5 6<br />
7<br />
1 Den Anfang macht bei jedem Modell<br />
der Rahmen, der aber nur bei Einzelstücken<br />
aus Stahlrohren geschweißt wird<br />
2 Aus dem Vollen gefräst: die Motoren<br />
3 Bremstrommeln mit Belägen 4 Unglaubliche<br />
Detailtreue bei den Vergasern<br />
5 Ebenso bei den aus massivem Aluminium<br />
gefrästen Naben samt Kettenrad<br />
6 Die Tanks werden aus Messingblechen<br />
orginalgetreu geformt 7 Meister-Stücke:<br />
Jedes Modell wird ausschließlich von<br />
Pere Tarragó zusammengebaut<br />
Reproduktion erst einmal eine originale<br />
Maschine auftreiben. Ein<br />
Grund, weshalb er bislang überwiegend<br />
spanische Bikes nachgebaut<br />
hat, weil die für ihn problemlos<br />
verfügbar sind.<br />
Als nächstes Modell hat sich<br />
Pere die 250er-Ossa-Trialmaschine<br />
von Mick Andrews vorgenommen.<br />
Bei meinem Besuch stand<br />
eine originale Maschine gerade<br />
auf seiner Werkbank und wurde<br />
akribisch vermessen. „Ich mache<br />
von einem Motorrad etwa 600 bis<br />
800 Fotos, um von Hand Zeichnungen<br />
aller Details anfertigen zu<br />
können, die dann auf den Maßstab<br />
1:5 übertragen werden. Handbücher<br />
und Reparaturanleitungen<br />
sind ebenfalls wertvolle Hilfen,<br />
bevor ich mit dem Bau eines Modells<br />
beginne. Dieser Ablauf ist immer<br />
gleich, egal ob ich ein Einzelstück<br />
oder eine Kleinserie baue“,<br />
erklärte Pere. Je nach Schwierigkeitsgrad<br />
braucht er zwischen 500<br />
und 600 Stunden, bis ein neues<br />
Modell fertiggestellt ist. Jeder einzelne<br />
Schritt wird dabei sorgfältig<br />
in einem Konstruktionsbuch festgehalten.<br />
Am längsten dauerte<br />
bislang die 1:5-Nachbildung der<br />
250er-Vierzylinder-Benelli, auf<br />
der Tarquino Provini 1964 den<br />
spanischen Grand Prix im nahen<br />
Montjuich Park gewonnen hatte:<br />
Exakt 618 Stunden benötigte Pere<br />
dafür. „Das war allerdings das<br />
schwierigste Modell, das ich bisher<br />
gemacht habe. Mit besonders<br />
zeitraubenden Details wie dem<br />
feingliedrigen Motor oder den vier<br />
Vergasern. Normalerweise brauche<br />
ich etwa 500 Stunden, um ein<br />
komplett neues Modell auf die<br />
Räder zu stellen.“<br />
MV Agusta 175 Squalo<br />
Sowohl als zivile Variante mit Beleuchtung oder als Production<br />
Racer zu haben: die 175er-MV Agusta Squalo aus den 50er-Jahren<br />
48 Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de
Gebaut wie die Großen<br />
Als Erstes baut Pere immer das<br />
Fahrgestell. Das Muster entsteht<br />
aus verschweißten Stahlrohren,<br />
das für den Bau einer Rahmenlehre<br />
herhalten muss. Für die „Serienproduktion“<br />
setzt Pere jedoch auf<br />
Messingrohre, weil deren Verarbeitung<br />
einfacher und kostengünstiger<br />
ist – der Preis für ein Modell<br />
soll ja nicht ins Unermessliche<br />
steigen. Danach sind die Räder<br />
mit den filigranen Trommelbremsen<br />
dran. Die Urform für Letztere<br />
entstehen auf der Drehbank, für<br />
die Serie nutzt Pere jedoch das<br />
Sandgussverfahren. „Zum Glück<br />
habe ich in der Nachbarschaft<br />
eine Goldschmiede, die für mich<br />
kleine Komponenten mit höchster<br />
Präzision zu einem bezahlbaren<br />
Preis herstellt. Sonst könnte ich<br />
die Modelle nicht zu halbwegs erschwinglichen<br />
Preisen anbieten.“<br />
Die Felgenkränze fräst er aus<br />
massiven Alublöcken, für die Benelli<br />
und andere Rennmaschinen-<br />
Modelle bezieht er sie allerdings<br />
von besagter Goldschmiede. Das<br />
Bohren der Löcher und das penible<br />
Einspeichen erledigt er selbst.<br />
„Für mich wegen der Monotonie<br />
die unangenehmste Arbeit beim<br />
Aufbau eines Modells“, so Pere.<br />
Anschließend fertigt er von<br />
Hand die restlichen Bauteile. So<br />
entstehen nach und nach anhand der detaillierten Konstruktionszeichnungen<br />
Komponenten wie Gabel und Stoßdämpfer,<br />
Bedienhebel oder die Instrumente. Bei den Kleinserien werden<br />
diese Teile von der Goldschmiede in größeren Stückzahlen entweder<br />
gegossen oder von CNC-Maschinen nach Programmen<br />
von Peres 35-jährigem Sohn Jordi bearbeitet. Der kümmert sich<br />
zudem um die Herstellung der Reifen, die aus einem speziellen<br />
flüssigen Gummi in zweiteiligen Formen gegossen werden. Diese<br />
CNC-Formen erhalten dann mit Hilfe von Computerprogrammen<br />
durch Funkenerosion ihr charakteristisches Reifenprofil.<br />
Fein gemacht: Alle Tanks baut Pere von Hand. Er<br />
verkauft sie im dekorativen Schaukasten für 150 Euro<br />
Erst jetzt ist der Motor dran,<br />
den Pere aus dem Vollen fräst.<br />
Ebenso die Kühlrippen, die einzeln<br />
entstehen und dann – Stück<br />
für Stück – an die Zylinder geklebt<br />
werden. Sollte dies aufgrund der<br />
Formgebung des Vorbilds zu knifflig<br />
sein, baut er ein Plastikmodell,<br />
fertigt eine Negativform und gießt<br />
die Kühlrippen aus flüssigem<br />
Aluminium nach. Eine bewährte<br />
Tech nik, insbesondere bei den<br />
Kleinserien. Es folgen Tank und<br />
Verkleidungen, wobei der Klein-<br />
Künstler die Formen von Spritbehälter<br />
und Kotflügeln penibel aus<br />
Messingblechen herausarbeitet.<br />
Für die Serienmodelle nimmt er<br />
von den fertigen Teilen ebenfalls<br />
eine Negativform ab, um sie zu<br />
reproduzieren. Die Lackierung<br />
übernimmt Jordi, während der<br />
korrekte Farbton vom PC gemischt<br />
wird. Als Letztes erfolgt der Zusammenbau,<br />
den Pere nicht aus<br />
der Hand gibt. Echte Handarbeit<br />
also, die dieses Etikett zu Recht<br />
trägt, selbst wenn die „Volumen-<br />
Modelle“ auch ein paar Teile aus<br />
industrieller Fabrikation besitzen.<br />
Die Frage nach dem Lieblingsmodell<br />
seiner bislang 20 verschiedenen<br />
Kreationen stellt sich für<br />
Pere nicht, er mag sie alle. „Ich genieße<br />
einfach den ganzen Entstehungsprozess<br />
eines Modells, die<br />
Dinge, die ich dabei immer wieder lernen kann – das hört bei aller<br />
Routine nie auf. Besonders viel Spaß hat mir der Bau des Tanks<br />
der 750er-MV gemacht, dessen komplexe Form sehr schwierig<br />
nachzubilden war. Letztlich brauchte ich sogar ein Tonmodell,<br />
um davon die korrekte Form für die Blechteile zu erhalten!“<br />
Und, was kommt als Nächstes? „Mein Traummotorrad, das ich<br />
schon seit Jahren bauen will: eine Norton Manx. Für mich das<br />
schönste Rennmotorrad, das jemals gebaut wurde!“ Eine echte<br />
Herausforderung, weiß der Katalane. Dabei beherrscht keiner<br />
die große Kunst im Kleinen so perfekt wie Pere Tarragó.<br />
◻<br />
Benelli 250 GP<br />
Infos und Kontakt<br />
Pere Tarragós Preziosen gibt es nicht im<br />
Laden zu kaufen. Wer sich für eines seiner<br />
derzeit drei Kleinserien-Modelle interessiert oder<br />
gar ein Einzelstück in Auftrag geben möchte,<br />
sollte sich direkt mit ihm in Verbindung setzen<br />
(siehe unten). Die hier angegebenen Preise sind<br />
Nettopreise, zu denen noch die Mehrwertsteuer<br />
zu addieren ist.<br />
www.classicmotormodels.com<br />
Das bislang aufwendigste Modell: Genau 618 Stunden<br />
dauerte der Bau der 250er-Vierzylinder-Benelli von 1964<br />
www.motorrad-classic.de<br />
Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> 49
Szene I<br />
Nachrichten, Termine, Tipps<br />
Zeit-Maschinen<br />
Die Ausstellung in Spenge am 17./18.Mai im<br />
Autohaus Oldenbürger hat bereits Tradition<br />
und erfreut sich bei Young- und Oldtimer-Fans<br />
über die Region hinaus großer Beliebtheit.<br />
Fotos: Wiedemann<br />
Zum 14. Mal lädt der Stammtisch<br />
<strong>Classic</strong> Bikes zu dieser Ausstellung,<br />
die bei vielen Motorradfahrern, besonders<br />
bei den Freunden der klassischen<br />
Motorräder der 70er-Jahre, einen hohen<br />
Stellenwert hat. Die Veranstaltung hat<br />
sich in den letzten Jahren einen Namen<br />
gemacht und ist weit über die Grenzen<br />
des Kreises Herford hinaus bekannt. „Es<br />
gibt keine Veranstaltung die mir bekannt<br />
ist, bei der so viele, zum Teil toprestaurierte<br />
Motorräder dieser Jahre zu sehen<br />
sind“, weiß Michael Wiedemann vom<br />
Stammtisch zu berichten. Egal ob alte<br />
Zweitaktmaschinen von Kawasaki, Suzuki<br />
und Herkules oder eine aus Hessen kommende<br />
Suzuki RE 5 Wankel, fast alles<br />
ist zu sehen, was das Herz eines Klassi-<br />
Fotos: Schmieder<br />
Königswelle trifft<br />
Kompressor und Stoßstangen:<br />
NSU SS 500<br />
(oben) und BMW WR<br />
750 Replika als Vertreter<br />
mobiler Tradition<br />
Klassiker im Ruhrpott<br />
Jeden März bietet die Dortmunder Motorradmesse eine<br />
Präsentations-Plattform für Clubs und Privatleute mit<br />
„Klassiker-Show“ und vielen Infoständen. Höhepunkte<br />
<strong>2014</strong>: Eine AWD S 1100, die bereits 1925 ein Rennen im Pott<br />
gewann, eine 350er-Peugeot von 1904 (ohne Kupplung und<br />
Getriebe!) oder eine 1925er-Megola mit dem typischen<br />
5-Zylinder-Umlaufmotor im Vorderrad. Toll waren auch eine<br />
Windhoff vom Ende der 20er-Jahre mit längs eingebautem<br />
750er-Vierzylinder und eine NSU SS 500 von 1931 (kl. Foto).<br />
Stets dicht umlagerter Oldtimer-Star war jedoch der Nachbau<br />
einer BMW WR 750-Rennmaschine von 1929 mit Kompressor-Boxer<br />
am BMW-Stand. www.zweiradmessen.de<br />
Ganze Arbeit<br />
Foto: Babic<br />
Mezzomille, also „halber Tausender“, heißt dieser filigrane<br />
Yamaha SR 500-Umbau, den die Hamburger Spezialisten<br />
KEDO UND KAFFEEMASCHINE gemeinsam entwarfen. Im<br />
Mittelpunkt steht eine Tank-Sitzbank-Kombination aus Aluminium;<br />
viele Anbauteile wurden durch handgefertigte<br />
Komponenten ersetzt oder ganz weggelassen, wodurch<br />
ein bildschöner, leichter CAFÉ RACER MIT 130 KILO-<br />
GRAMM LEERGEWICHT UND 40 PS entstand.<br />
Der komplette Umbau ist teuer<br />
und daher ein Einzelstück, doch<br />
viele der Spezialteile finden<br />
sich im neuen Kedo-Katalog.<br />
Infos: www.kedo.de und<br />
www.kaffee-maschine.net<br />
Reduziert aufs<br />
Wesentliche –<br />
und wohl gerade<br />
deshalb<br />
bildschön<br />
50 Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong>
Die Stars der Siebziger<br />
– hier trifft man<br />
auf Wankel-Suzis,<br />
zweitaktende Kawa-<br />
Drillinge und bollernde<br />
Engländer<br />
Foto: fact<br />
Intern<br />
Kawasaki aus der Titelgeschichte steht zum Verkauf.<br />
Besitzer Ralph Schmitt hat sich aus Platz- und Zeitgründen<br />
dazu entschlossen, seine GPZ 1100 UT zum Verkauf anzubieten<br />
(siehe auch mobile.de). Für die 2012 bei Bike Side<br />
überholte, sehr gepflegte 1985er-GPZ mit rund 37 500 km<br />
und TÜV bis 8/2015 werden 3799 Euro (inklusive Originalauspuffanlage)<br />
aufgerufen. Tel.: 015 20/7 12 52 30<br />
kerfreundes begehrt. In einer Reihe werden<br />
die Honda Four-Modelle, die Klassiker<br />
schlechthin, mit den Kawasaki Z-Modellen<br />
stehen. In den letzten Jahren<br />
konnten auch zunehmend englische Motorräder<br />
als Ausstellungsstücke gewonnen<br />
werden. Sie haben ihren besonderen<br />
Reiz, zumal sie auf unseren Straßen noch<br />
seltener zu sehen sind. In diesem Jahr hat<br />
sich ein Liebhaber mit toprestaurierten<br />
und prämierten Suzuki Katanas angekündigt.<br />
Sie werden der Ausstellung eine<br />
weitere besondere Note verleihen. Natürlich<br />
dürfen auch italienische Diven nicht<br />
fehlen, die in den 70er-Jahren mit ihrem<br />
bollernden Sound und tollen Fahrleistungen<br />
auf sich aufmerksam machten.<br />
www.stammtisch-classic-bikes.de<br />
Foto: ADAC Sachsen e.V.<br />
Großes Spektakel<br />
Die ADAC Sachsenring <strong>Classic</strong> rückt näher,<br />
der Ticketverkauf rollt an. Ab sofort<br />
sind Wochenendtickets für die spektakuläre<br />
Klassik-Rennveranstaltung vom 16. bis 18.5.<br />
bei allen CTS Eventim-Vorverkaufsstellen oder<br />
unter www.sachsenring-classic.de erhältlich.<br />
Mit Preisen ab 25 Euro bleibt das Ganze<br />
erschwinglich, wer sich das Special <strong>Classic</strong><br />
Ticket für 99 Euro gönnt, erhält eine Menge<br />
attraktiver Zusatzleistungen, unter anderem<br />
Verpflegungscoupons, Sonderparkplatz und<br />
Fangeschenk. Zutritt zum Fahrerlager (es wird<br />
sieben Fahrerlager geben, also gar zwei mehr<br />
als bei den Motorrad-Grand Prix-Läufen) ist<br />
ohnehin gewährleistet, die Nähe zu den zahlreichen<br />
Akteuren in den insgesamt zwölf<br />
Zweirad-Klassen wird groß geschrieben. Eines<br />
der vielen Highlights düfte dabei sicher der<br />
Lauf in der Pro Superbike sein.<br />
Die von 1991 bis 2001 auch über die<br />
Grenzen Deutschlands hinaus bekannte und<br />
beliebte Rennserie kehrt nun rund 20 Jahre<br />
später zurück und mit ihr auch einige der Stars von damals: allen<br />
voran der als Mister Superbike bekannte Peter Rubatto mit seiner<br />
Bimota-Yamaha. Auch Michael Galinski hat seine Teilnahme (auf<br />
Yamaha OW01) zugesagt, und der Hohenstein-Ernstthaler Sachsenring-Instruktor<br />
und -Kenner André Friedrich wird als Lokalmatador<br />
mit einer original hergerichteten Yamaha starten.<br />
Im Rahmen einer Sonderausstellung<br />
wird auch die DKW 350 SS,<br />
GP-Siegerin von 1939, zu sehen<br />
sein. André Friedrich (u.) wird in<br />
der Pro Superbike Gas geben<br />
Je oller, je doller: In seiner Baujahrklasse<br />
hat jeder Siegchancen<br />
ADAC <strong>Classic</strong><br />
Revival <strong>2014</strong><br />
Zum 12. Mal ruft der ADAC zur Jagd<br />
auf den begehrten Klassiker-Pokal.<br />
In sechs Klassen (je nach Fahrzeug-Baujahr)<br />
und einer Sonderklasse für junge,<br />
nach 1993 geborene Fahrer starten die<br />
Teilnehmer zu insgesamt 26 übers Jahr<br />
und ganz Deutschland verteilten Wertungsläufen.<br />
Die erste Veranstaltung<br />
geht bereits am 3. Mai über die Bühne,<br />
die reguläre Einschreibefrist endet jedoch<br />
erst am 31. Mai <strong>2014</strong>. Alle Teilnehmer<br />
erhalten eine Urkunde, die drei Erstplatzierten<br />
jeder Klasse einen Pokal und<br />
die Einladung zur feierlichen Siegerehrung<br />
am 25. Oktober. Weitere Infos unter<br />
www.adac.de/klassik<br />
www.motorrad-classic.de<br />
Fotos: ADAC Sachsen e.V.<br />
Gewinnspiel<br />
<strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong>-Abonnenten (wie alle anderen Mitglieder im<br />
<strong>MOTORRAD</strong>-Helden-Club) haben die Möglichkeit, eines von insgesamt<br />
30 exklusiven Club-Paketen für die ADAC Sachsenring<br />
<strong>Classic</strong> zu gewinnen. Infos und Teilnahme-Coupon in der dieser<br />
Ausgabe beigelegten Programmvorschau oder online unter<br />
www.motorrad-helden.de
Szene I<br />
Nachrichten, Termine, Tipps<br />
Mick Woollett †<br />
Foto: Bilski<br />
Fahrer und Fans der Sechszylinder-Fraktion, egal<br />
ob Benelli, Kawasaki, Honda oder Sonstige,<br />
kommen vom 27. bis 29. Juni beim 16. westsächsischen<br />
Sechszylindertreffen voll auf ihre Kosten.<br />
Die Erholungseinrichtung Waldfrieden liegt idyllisch<br />
in der Natur, Zimmerbestellung ist ebenso<br />
möglich wie Campen im eigenen Zelt. Infos: Tel.<br />
0 37 41/52 82 65 bzw. michael.rohland@gmx.de<br />
Foto: Cathcart<br />
Der legendäre britische Motorradsport-Journalist<br />
starb am 18. Februar mit 84 Jahren.<br />
So bewegt sein Leben als einstiger Gespann-Rennfahrer<br />
im Seitenwagen, als brillanter Reporter oder<br />
glänzender Fotograf und zuletzt als Buchautor und<br />
Verfasser von insgesamt elf Standard-Werken war,<br />
so friedlich ist Mick Woollett zu Hause im Schlaf<br />
von uns gegangen. Der in vielerlei Hinsicht als Vorreiter aktive, bei<br />
Rennfahrern in aller Welt bekannte Brite hat die Welt der Berichterstattung<br />
rund ums Motorrad bereichert und wird uns allen als exzellenter<br />
Journalist und liebenswerter Mensch in Erinnerung bleiben.<br />
Foto: Motorworld<br />
Youngtimer-Treffen<br />
Die MOTORWORLD Region Stuttgart eröffnet<br />
die Saison am 3./4. Mai mit einem Youngtimer-<br />
Treffen. Alle Bikes bis Bj. 1984 sind willkommen,<br />
die schönsten Maschinen werden in verschiedenen<br />
Kategorien prämiert. Der auf klassische Motorräder<br />
spezialisierte Händler Premiummotorrad<br />
wird besonders edle Exponate präsentieren,<br />
<strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> wird<br />
natürlich ebenfalls vor Ort<br />
sein. www.motorworld.de<br />
Kaffee-Brenner<br />
Eine Hommage an Schorsch Meiers legendäre<br />
1939er-TT-Siegermaschine: Auf Basis einer BMW R<br />
100 R Mystic haben Georg Godde und<br />
Holger Maninger aus Gelsenkirchen<br />
diesen drahtig-eleganten Café Racer<br />
gebaut. Zum klassisch schwarz<br />
lackierten, weiß handlinierten Alu-<br />
Tank passt die bordeauxrote Eigenbau-Sitzbank<br />
auf dem geänderten<br />
Rahmenheck<br />
perfekt. Die Spezial-Krümmer<br />
sind<br />
mit zwei Superbike-Auspuffen<br />
von Leo Vince<br />
bestückt.<br />
www.<br />
cafemoto.de<br />
Godde peilt 80<br />
PS bei 180 Kilogramm<br />
als „ideale<br />
Basis für die<br />
Landstraße“ an<br />
Foto: fotoheilemann.de<br />
Termine<br />
April<br />
12./13. 4.: Oldtimer- & Teilemarkt für Auto<br />
und Motorrad; 67061 Ludwigshafen a. Rhein,<br />
Tel. 01 72/6 82 66 60, www.hansenmaerkte.de<br />
27. 4.: 10. Aachener Oldtimertreffen an<br />
der DEKRA-Prüfstelle; 52070 Aachen,<br />
Tel. 02 41/55 36 77, www.msc-aachen.de<br />
Mai<br />
1. 5.: 33. Motorrad-Veteranenrallye des<br />
MSC Dom-Esch; 53881 Euskirchen,<br />
Tel. 02251/56659<br />
3./4. 5.: Technorama, Oldtimer- & Teilemarkt;<br />
Messegelände Ulm, 89073 Ulm,<br />
Tel. 0731/189680, www.technorama.de<br />
3./4. 5.: Saisonstart MOTORWORLD mit<br />
Youngtimer-Treffen; MOTORWORLD (vormals<br />
Meilenwerk) Böblingen, 71034 Böblingen,<br />
Tel. 07031/30694-0, www.motorworld.de<br />
4. 5.: 8. Wittelsbacher Oldtimertreffen &<br />
Klassikfahrt für Fzg. bis Bj. 1990; 86551<br />
Aichach, Tel. 0 82 31/70 13 13,<br />
www.mc-lech-schmuttertal.de<br />
10./11.5.: Großes Oldtimertreffen<br />
„Brazzeltag“ am Technik Museum;<br />
67346 Speyer, Tel. 0 62 32/67 08 68,<br />
www.brazzeltag.de<br />
16.-18. 5.: 10. ADAC-Niedersachsen-<br />
Motor rad-<strong>Classic</strong>; 29345 Unterlüß,<br />
Tel. 0 51 02/90 11 51,<br />
www.oldtimer-motorrad-classic.de<br />
29.5.: Vatertagsausfahrt der Hercules-IG<br />
e.V.; 53604 Bad Honnef, Tel. 0202/7 86 71 52,<br />
www.herculesig.de<br />
31. 5.: 24. Meßkircher Oldtimer Teilemarkt;<br />
88605 Meßkirch, Tel. 0 75 75/29 17,<br />
www.oldtimerteile-markt.de<br />
Juni<br />
13./14. 6.: 15. British Bike Meeting;<br />
47608 Geldern, Tel. 01 72/7 35 61 65,<br />
www.cbbc-niederrhein.de<br />
13.-15.6.: 33. Bockhorner Oldtimertreffen<br />
& Oldtimer- und Teilemarkt;<br />
26345 Bockhorn, Tel. 0 44 53/73 33,<br />
www.bockhorner-oldtimermarkt.de<br />
21.6.: 10. Donnersberg Klassik für<br />
Motorräder bis Bj. 1984;<br />
67304 Kerzenheim, Tel. 063 51/66 85,<br />
www.amc-kerzenheim.de<br />
27.-29.6.: Edelweiß <strong>Classic</strong>, Benefiz-Rallye<br />
für Fahrzeuge bis Baujahr 1987;<br />
83471 Berchtes gaden, Tel. 0172/8 90 02 86,<br />
www.edelweiss-classic.de<br />
27.-29.6.: 9. Moto Guzzi Le Mans-<br />
Treffen; Hotel Stubenberg,<br />
06485 Gernrode, Tel. 0172/7 337064,<br />
Guzzi-Treffen@web.de<br />
28.6.: 35. Schmirglertreffen für<br />
Motorräder; 82327 Tutzing/Kampberg,<br />
Tel. 081 58/29 65, www.mvc-tutzing.de<br />
28.6.: 9. Horex & Oldtimer<br />
Motorrad-Treffen;<br />
56410 Montabaur, Tel. 026 02/4327,<br />
www.motorrad-museum-montabaur.de<br />
29.6.: Limbächer & Limbächer<br />
Oldtimer Festival; 70794 Filderstadt-<br />
Bernhausen, Tel. 0711/79 73 0315,<br />
www.limbaecher.de<br />
Angaben ohne Gewähr. Wenn Ihr Event hier genannt werden soll, mailen Sie Zeit, Ort und Veranstalter an termine@motorrad-classic.de oder tragen es selbst in die Datenbank unter www.motorrad-classic.de/termine ein.<br />
Ein Anspruch auf Abdruck besteht nicht.<br />
52 Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de
Markt I<br />
Preisliste<br />
Preisspiegel<br />
Foto: Siemer<br />
Youngtimer<br />
Hier finden Sie die aktuellen Preise von über 450<br />
Motorrad-Klassikern der Baujahre 1970 bis 1990.<br />
Angebot und Nachfrage<br />
gelten auch bei Motorrädern<br />
als die entscheidenden<br />
Faktoren für die<br />
Preisfindung. Vorausgesetzt, diese sind in<br />
einer größeren Menge vorhanden und somit<br />
kalkulierbar. Bei Klassikern hapert es<br />
jedoch daran: Dem knappen, für Laien<br />
kaum einschätzbaren Angebot steht eine<br />
ungewisse Nachfrage gegenüber. Ohne<br />
Spezialwissen läuft man Gefahr, für einen<br />
Oldie Mondpreise zu bezahlen – oder sein<br />
Schätzchen zu billig abzugeben.<br />
In <strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> veröffentlichen<br />
wir deshalb regelmäßig eine Preisübersicht<br />
für Klassiker, die wir zusammen mit<br />
den Experten von classic-tax erstellt haben.<br />
In dieser Ausgabe haben wir über 450<br />
Modelle der Baujahre 1970 bis 1990 unter<br />
die Lupe genommen. Um ein noch bes-<br />
seres Gefühl für den Klassiker-Markt zu<br />
vermitteln, geben wir darüber hinaus die<br />
ehemaligen Neupreise des letzten Modelljahres<br />
an, und zwar in D-Mark.<br />
Als „Zustand gepflegt“ gelten hier<br />
Bikes, die sich im weitgehend mängelfreien<br />
Originalzustand befinden und nur<br />
kleinere Gebrauchsspuren aufweisen. Verbrauchte<br />
Kräder mit deutlichen Mängeln<br />
und eingeschränkter Fahrbarkeit bekommen<br />
dagegen die Zustandsnote „schlecht“.<br />
Es sind Motorräder, die eine brauchbare<br />
Restaurationsbasis darstellen.<br />
Alle angegebenen Preise sind Richtwerte,<br />
die bei besonders gut erhaltenen<br />
oder perfekt restaurierten Fahrzeugen<br />
auch mal deutlich überschritten werden<br />
können. Andererseits rechtfertigen Fehlteile<br />
oder bestimmte 27-PS-Drosselvarianten<br />
einen entsprechenden Nachlass.<br />
classic-tax aus Bochum betreibt<br />
Marktbeobachtung und erstellt<br />
Bewertungen für Oldtimer, Youngtimer<br />
und alle Arten von Liebhaberfahrzeugen.<br />
Die Klassik-Experten<br />
stehen in ständigem Dialog mit<br />
Clubs, Händlern und Auktionshäusern,<br />
besuchen europaweit Fachmessen<br />
und werten neben Internet-<br />
Offerten jeden Monat mehr als 60<br />
Fachzeitschriften im In- und Ausland<br />
aus. Eine komplette Liste aller<br />
Bewertungspartner gibt es unter<br />
www.classic-tax.de. Wer es ganz eilig<br />
hat, kann für 9,95 Euro eine Online-<br />
Bewertung (Home Check) des Bikes<br />
selbst erstellen. Anmerkungen,<br />
Fragen, Kritik? Bei classic-tax freut<br />
man sich über Rückmeldungen.<br />
Neupreis<br />
D-Mark<br />
Baujahre<br />
kW/PS<br />
Zustand:<br />
gepflegt<br />
Preise in Euro<br />
Zustand:<br />
schlecht<br />
Neupreis<br />
D-Mark<br />
Benelli<br />
R 60/6 5992 1973-76 30/40 5200 1900<br />
250 2C/Sport 3820 1972-88 20/27 2300 800 R 60/7 6850 1976-78 30/40 5200 1900<br />
250 Quattro/254/304 4980 1976-89 20/27 2600 1000 R 65 8890 1978-85 35/48 3600 1300<br />
354/Sport 7610 1979-84 28/38 3600 1100 R 65 9850* 1985-93 20/27 3500 1200<br />
500 Quattro 5995 1974-80 32/44 4000 1300 R 65 LS 9490 1982-85 37/50 3600 1300<br />
650 Tornado 6295 1968-75 33/45 5700 1900 R 65 GS 9850* 1987-92 37/50 4300 1700<br />
650 Tornado/654 6980 1980-86 37/50 3600 1100 R 75/5 4996 1969-73 37/50 5900 2400<br />
750 Sei 9820 1973-77 55/75 12300 3500 R 75/6 7110 1973-76 37/50 5500 2200<br />
900 Sei 10 500 1978-89 59/80 8400 2900 R 75/7 7985 1976-77 37/50 5900 2400<br />
Bimota<br />
K 75 13 350 1986-96 55/75 3300 1000<br />
KB 1 24 130 1978-82 63/85 12800 6300 K 75 S 15 850 1985-95 55/75 3300 1000<br />
YB 4 E.I. 40 360 1987-90 89/121 15300 7000 R 80/7 7990 1977-84 37/50 5500 1900<br />
YB 6 34 980 1988-89 103/140 9600 3200 R 80 G/S 10 250 1980-87 37/50 5100 1900<br />
BMW<br />
R 80 GS 11 810 1987-96 37/50 3500 1200<br />
R 45 7690 1978-85 20/27 3900 1800 R 80 11 850 1984-92 37/50 3500 1600<br />
R 50/5 3696 1969-73 24/32 5500 2100 R 80 ST 9890 1982-84 37/50 3600 1600<br />
R 60/5 3996 1969-73 30/40 5500 2100 R 80 RT 11 590 1982-84 37/50 3700 1700<br />
*Neupreis von 1990; **Nicht offiziell in D angeboten, daher kein Preis verfügbar; K. N. = Keine Notierungen; Stand: Juli 2013<br />
Baujahre<br />
kW/PS<br />
Zustand:<br />
gepflegt<br />
Preise in Euro<br />
Zustand:<br />
schlecht<br />
70 Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de
Neupreis<br />
D-Mark<br />
Baujahre<br />
kW/PS<br />
Zustand:<br />
gepflegt<br />
Preise in Euro<br />
Zustand:<br />
schlecht<br />
R 90/6 7110 1973-76 44/60 6900 2900<br />
R 90 S 9130 1973-76 49/67 10 800 3000<br />
R 100/7 8590 1976-78 44/60 5900 2700<br />
R 100/T 11 190 1978-84 49/67 4900 2100<br />
R 100 S 10 190 1976-78 48/65 6100 2100<br />
R 100 RS 14 790 1976-84 51/70 6100 2100<br />
R 100 RS 16 710 1986-89 44/60 3900 1600<br />
R 100 RT 14 790 1978-84 51/70 5100 1700<br />
R 100 RT 17 200 1987-96 44/60 3700 1500<br />
R 100 CS 12 190 1980-84 51/70 5900 2700<br />
R 100 GS 13 950 1987-96 44/60 6100 2200<br />
K 100 15 900 1983-90 66/90 3800 1500<br />
K 100 LT 19 930 1986-91 66/90 3800 2100<br />
K 100 RT 18 200 1984-89 66/90 5600 2800<br />
K 100 RS 18 850 1983-93 74/100 5500 2700<br />
K 1 21000 1988-93 74/100 6000 2900<br />
BSA<br />
B 50 500 Super Sport 4255 1971-72 25/34 7700 3200<br />
A 65 Thunderbolt 650 4903 1965-73 34/46 7300 1800<br />
A 65 Lightning 650 5272 1965-73 38/52 7500 1900<br />
Rocket 3 750 6469 1968-73 40/54 10800 5000<br />
Cagiva<br />
SST 350 7900 1980-86 20/27 1500 600<br />
T4 500 E 8490 1988-89 31/42 1700 600<br />
Alazurra 650 8970 1985-87 37/50 2500 700<br />
Elefant 650 12 390 1985-88 37/50 2500 700<br />
Elefant 750 13 490 1988-90 45/61 2600 800<br />
Ducati<br />
250 Scrambler 2700 1968-74 13/18 4200 1700<br />
350 Scrambler 2930 1969-74 17/24 5600 2300<br />
350 Desmo 3950 1971-74 19/29 7200 2700<br />
350 GTV 6020 1975-80 17/24 4400 1800<br />
450 Scrambler 3250 1969-74 20/27 7500 2700<br />
500 GTV/GTL 5780 1975-80 30/40 4900 2100<br />
500 SL Pantah 9131 1979-83 34/46 5900 2400<br />
600 SL Pantah 10 000 1981-83 42/57 6100 2500<br />
750 F1 18 499 1985-87 59/80 12800 9700<br />
750 Paso 13 990 1986-90 54/73 3300 1300<br />
750 GT 6495 1971-74 44/60 17700 8400<br />
750 S 8000 1972-74 47/64 19200 8800<br />
750 SS (Rundmotor) 9850 1973-74 54/73 37300 17500<br />
750 SS (eckig) 11580 1975-77 50/68 23500 12500<br />
851 S 29 990 1988-89 75/102 4600 2000<br />
860 GT/GTS 7900 1974-78 48/65 5600 2200<br />
900 SS 12 028 1975-82 53/72 26500 19600<br />
Darmah 900 SD 10 433 1977-83 50/68 7800 3200<br />
Darmah 900 SS 10 410 1978-80 50/68 7800 3200<br />
900 SS Hailwood Repl. 13 200 1980-84 68/80 11800 5500<br />
900 S2 12 361 1983-84 48/65 6500 3000<br />
906 Paso 15 990 1989-90 57/78 3200 1000<br />
1000 Hailwood Repl. 15 990 1985-86 56/76 10800 5000<br />
1000 S2 15 990 1985-86 56/76 12600 5500<br />
Enfield India<br />
Bullet 350 4990* seit 1955 13/17 4100 1500<br />
Gilera<br />
500 Saturno 11500 1988-91 28/38 8800 3600<br />
Neupreis<br />
D-Mark<br />
Baujahre<br />
kW/PS<br />
Zustand:<br />
gepflegt<br />
Preise in Euro<br />
Zustand:<br />
schlecht<br />
Harley-Davidson<br />
XL 883 Sportster 12190 1986-95 37/50 5700 2100<br />
XL 900 Sportster 9135 1957-72 30/40 10500 4800<br />
XL 1000 Sportster 15 620 1973-86 37/50 6900 3900<br />
XLCR 1000 11980 1977-78 44/60 15700 8200<br />
XR 1000 18 060 1983-84 49/67 16700 8800<br />
XL 1100 Sportster 16 670 1986-87 37/50 6900 3900<br />
FLH 1200 Electra Glide 13 950 1970-80 46/63 12800 7100<br />
FX 1200 Super Glide 14 198 1971 43/58 12300 6900<br />
FX 1200 Super Glide 12 460 1972-80 43/58 12300 6900<br />
XL 1200 Sportster 15 640 1988-94 47/64 6600 2500<br />
FXS 1340 Low Rider 24 580 1983-93 33/45 12300 6800<br />
FXST 1340 Softail 24 770 1984-92 33/45 12800 6900<br />
FXE/R 1340 Super Glide 21180 1982-94 33/45 11600 5400<br />
FXWG 1340 Wide Glide 24 670 1980-86 47/64 11300 5300<br />
FLH 1340 Electra Glide 23 935 1980-84 49/67 13300 7300<br />
FLHT 1340 E. Glide 28 270 1984-98 44/60 13300 7300<br />
Hercules<br />
K 125 Military 7150* 1971-90 9/12 2500 400<br />
Honda<br />
CB 125 2098 1970-76 10/13 2400 900<br />
CB 125 J/S 2698 1975-79 10/13 2200 700<br />
CB 125 T 3352 1978-86 13/17 1600 600<br />
XL 125 2658 1976-79 10/13 2200 900<br />
CM 185 T 3276 1978-80 13/17 900 200<br />
XL 185 S 3708 1979-82 12/16 2000 800<br />
CM 200 T 3808 1980-83 13/17 900 200<br />
MTX 200 R 5108 1983-88 20/27 1200 300<br />
XL 200 R 4527 1983-84 13/17 1000 200<br />
CB 250 3048 1968-73 22/30 3400 1300<br />
CB 250 N 4840 1978-84 13/17 2600 1000<br />
CB 250 RS 3593 1980-85 19/26 1000 200<br />
CB 250 T 3878 1977-78 20/27 2600 1000<br />
CJ 250 T 3688 1976-79 13/17 2300 900<br />
CL 250 3017 1968-72 22/30 3400 1300<br />
CL 250 S 4328 1982-84 13/17 1000 200<br />
CM 250 C 4088 1982-85 13/17 1000 200<br />
NX 250 7080 1988-94 19/26 1600 400<br />
XL 250 3818 1974-78 15/20 2400 700<br />
XL 250 S 5428 1978-82 13/17 1200 300<br />
XL 250 R 5408 1982-87 18/24 1000 200<br />
CB 350 3548 1968-74 26/36 3700 1500<br />
CB 350 F 4298 1972-74 25/34 4400 1900<br />
XL 350 R 6090 1985-88 20/27 1000 200<br />
CJ 360 T 3958 1976-79 25/34 3500 1300<br />
CB 400 F 4878 1974-77 27/37 3900 1700<br />
CB 400 N 5148 1978-83 32/43 2200 800<br />
CB 400 T/A 4218 1974-79 20/27 3700 1300<br />
CM 400 T 5148 1980-84 32/43 1400 300<br />
NS 400 R 10128 1984-86 53/72 3500 1300<br />
CB 450 4248 1965-74 33/45 5900 2700<br />
CB 450 N 5188 1984-86 32/43 1500 400<br />
CB 450 S 6810 1986-90 32/43 1600 400<br />
CL 450 4248 1968-72 32/43 5800 2100<br />
CB 500 F 6328 1972-77 35/48 5100 2000<br />
CB 500 T 5018 1975-77 31/42 4400 1800<br />
www.motorrad-classic.de<br />
Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> 71
Markt I<br />
Preisliste<br />
Neupreis<br />
D-Mark<br />
Baujahre<br />
kW/PS<br />
Zustand:<br />
gepflegt<br />
Preise in Euro<br />
Zustand:<br />
schlecht<br />
CX 500 6753 1978-83 37/50 3700 1500<br />
CX 500 E 7457 1982-85 37/50 2600 900<br />
CX 500 C 6753 1980-83 37/50 3900 1600<br />
CX 500 Turbo 13 203 1981-85 60/82 8100 3400<br />
FT 500 4699 1982-84 20/27 1300 400<br />
GL 500 7873 1982-85 37/50 2700 900<br />
VF 500 F/F2 9933 1984-87 51/70 2200 700<br />
VT 500 E 7900 1983-87 37/50 2300 800<br />
VT 500 C 7793 1984-86 37/50 2500 800<br />
XBR 500/S 6650 1985-90 32/44 1600 400<br />
XL 500 S 5370 1979-82 20/27 3700 1500<br />
XL 500 R 5398 1982-85 20/27 2700 900<br />
GB 500 Clubman 7770 1989-90 28/38 4500 2600<br />
CB 550 F/K 5948 1975-78 37/50 4800 1900<br />
CBX 550 F/F2 7508 1982-85 44/60 3900 1700<br />
CBR 600 F 12 150 1987-98 68/93 3800 1600<br />
XL 600 LM/RM 8670 1985-88 32/44 2500 800<br />
XL 600 V Transalp 10 350 1987-99 37/50 4700 1800<br />
XR 600 8700 1987-97 32/44 2200 700<br />
XR 600 R 7650 1983-88 32/44 1500 400<br />
VT 600 C Shadow 9930 1988-00 30/41 2800 800<br />
CB 650 6972 1979-83 46/63 3700 1500<br />
CB 650 C/SC 7163 1980-83 46/63 1700 400<br />
CBX 650 E 8575 1983-87 55/75 1900 400<br />
CX 650 C 7743 1984-85 48/65 2000 600<br />
CX 650 E 8238 1982-85 48/65 2000 600<br />
CX 650 Turbo 13 838 1982-85 74/100 5100 2000<br />
GL 650 8814 1983-85 48/65 3100 1000<br />
NTV 650 10145 1988-98 44/60 1900 600<br />
NX 650 Dominator 9395 1988-00 33/45 2200 800<br />
XRV 650 Africa Twin 12 880 1988-90 37/50 3700 1500<br />
CB 750 7368 1969-78 46/63 11800 5600<br />
CB 750 C 8613 1980-83 57/77 5100 1900<br />
CB 750 F1 6908 1975-78 49/67 5900 2100<br />
CB 750 K 8613 1978-84 57/77 5500 2000<br />
CB 750 F/F2 8772 1980-84 58/78 4700 1800<br />
CBX 750 10138 1984-86 67/91 3300 800<br />
VF 750 S 9791 1982-84 60/82 2800 900<br />
VF 750 C 9173 1983 60/82 2500 800<br />
VF 750 F 10 508 1983-85 66/90 2800 900<br />
VFR 750 F 14 550 1985-89 74/100 3900 1700<br />
VFR 750 F 15 570 1989-97 74/100 3200 1000<br />
VFR 750 R RC 30 28 795 1988-93 74/100 18600 12300<br />
VT 750 C 10 225 1987 48/63 3600 1100<br />
XLV 750 R 10 048 1983-86 45/61 3400 1100<br />
CB 900 F Bol d’Or 10 422 1978-84 70/95 4500 1700<br />
CB 900 F2 11573 1981-84 70/95 2900 1000<br />
CBR 1000 F 16 495 1987-02 74/100 3100 1000<br />
CBX 11262 1978-81 74/100 7800 3700<br />
CBX Pro Link 14 203 1981-83 74/100 8200 3900<br />
GL 1000 Gold Wing 9244 1975-80 57/78 7400 3100<br />
VF 1000 F 13 658 1984-87 74/100 2600 800<br />
VF 1000 R 19 263 1984-86 74/100 5500 2100<br />
CB 1100 F 11643 1982-85 74/100 3500 1300<br />
CB 1100 R 16 703 1980-85 74/100 6900 3000<br />
GL 1100 Gold Wing 11327 1980-83 61/83 8100 4000<br />
VF 1100 C 13 213 1984-86 74/100 2600 800<br />
*Neupreis von 1990; **Nicht offiziell in D angeboten, daher kein Preis verfügbar; K. N. = Keine Notierungen; Stand: Juli 2013<br />
Neupreis<br />
D-Mark<br />
Baujahre<br />
kW/PS<br />
Zustand:<br />
gepflegt<br />
Preise in Euro<br />
Zustand:<br />
schlecht<br />
VT 1100 C 14 480 1988-95 74/100 3900 1600<br />
GL 1200 18 978 1984-87 69/94 8400 4100<br />
GL 1500/6 24 830 1988-99 74/100 9600 4700<br />
Jawa<br />
250 Typ 592 1480 1969-74 10/13 3300 400<br />
250 California 2190 1969-74 12/16 3600 600<br />
350 Typ 634 3300 1973-84 17/23 2900 700<br />
350 California 2790 1969-74 17/23 3700 600<br />
Kawasaki<br />
KH 125 2798 1977-81 7/10 900 200<br />
KMX 125 4690 1986-88 13/17 1100 200<br />
KMX 200 5490 1988-90 13/17 1200 200<br />
Z 200 2900 1977-79 13/17 1300 200<br />
250 S1 Mach I/KH 3852 1971-79 19/26 3200 1200<br />
EL 250 6070 1988-94 20/27 1500 300<br />
GPZ 250 4740 1983-84 13/17 1100 200<br />
KL 250 3530 1977-84 13/17 1100 200<br />
KLR 250 6060 1984-92 13/17 1200 200<br />
Z 250/A 4480 1978-83 20/27 1300 300<br />
Z 250 C 3870 1980-84 13/17 1200 200<br />
Z 250 Ltd. 3980 1980-83 13/17 1200 200<br />
GPZ 305 6060 1983-90 25/34 1000 200<br />
350 S2 Mach II 3890 1971-73 33/45 3500 1300<br />
KH 400 4500 1976-78 30/40 3500 1300<br />
GPZ 400 6690 1983-86 37/50 1500 300<br />
Z 400 4020 1974-79 20/27 3100 1100<br />
Z 400 F/J 5680 1980-83 20/27 1200 200<br />
Z 440 5110 1980-84 20/27 2600 1000<br />
Z 440 Ltd. 5240 1980-86 20/27 3100 1100<br />
Ltd. 450 7390 1985-88 37/50 1900 600<br />
500 H1 Mach III 5200 1969-75 44/60 5200 2900<br />
GPZ 500 S 8290 1987-93 44/60 1700 600<br />
GPZ 550 7940 1981-90 48/65 3300 1100<br />
Z 500 6218 1979-80 37/50 2700 1000<br />
Z 550/F/GT 6790 1981-86 37/50 2500 700<br />
Z 550 Ltd. 6880 1980-84 37/50 2500 700<br />
GPX 600 10 590 1988-90 63/85 3400 1200<br />
GPZ 600 R 10 590 1985-89 60/82 3400 1200<br />
KLR 600 7440 1984-90 31/42 1700 600<br />
ZL 600 9990 1986-89 54/74 2500 700<br />
KLR 650/Tengai 8990 1987-92 30/41 2500 700<br />
Z 650/F 7000 1976-83 50/67 4100 1700<br />
Z 650 SR 7348 1979-82 48/65 2700 1000<br />
750 H2 Mach IV 5300 1972-75 52/71 9800 3900<br />
GPX 750 R 12 640 1987-90 74/100 2800 1000<br />
GPZ 750 9990 1981-88 64/87 2000 600<br />
GPZ 750 R 10 690 1985-86 68/92 2000 600<br />
VN 750 10 690 1986-90 48/65 2500 700<br />
Z 750 6500 1976-79 38/51 5100 1900<br />
Z 750 E/L/Sport 8440 1980-88 59/80 2400 700<br />
Z 750 GT 9190 1982-89 57/78 1600 400<br />
Z 750 Ltd. 8300 1980-84 57/78 1500 400<br />
Z 750 Turbo 9990 1983-88 74/100 5000 1900<br />
ZXR 750 15 790 1989-95 74/100 2900 1000<br />
900 Z1 8500 1972-75 60/82 7800 3400<br />
GPZ 900 R 13 900 1984-93 74/100 3500 1200<br />
GPZ 1000 RX 14 490 1986-88 74/100 3300 1100<br />
72 Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de
Neupreis<br />
D-Mark<br />
Baujahre<br />
kW/PS<br />
Zustand:<br />
gepflegt<br />
Preise in Euro<br />
Zustand:<br />
schlecht<br />
1000 GTR 16 200 1986-94 74/100 2700 1000<br />
Z 1000 9100 1977-79 63/85 7400 2500<br />
Z 1 R 9800 1978-80 66/90 7400 2500<br />
Z 1000 Mk.2 9808 1979-80 69/94 7200 2400<br />
Z 1000 ST 10 218 1979-81 71/97 3500 1300<br />
Z 1000 J 10 200 1981-84 72/98 3200 1100<br />
Z 1000 R 10 750 1983 74/100 5500 2100<br />
Z 1000 Ltd. 10 200 1981-83 70/95 2900 1000<br />
ZL 1000 13 690 1987-89 74/100 2900 1000<br />
ZX 10 15 390 1988-90 74/100 2700 900<br />
GPZ 1100 10 480 1981-88 74/100 3100 1100<br />
Z 1100 ST 10 780 1981-84 71/97 2700 900<br />
Z 1300 16 090 1979-89 74/100 7700 3200<br />
VN 15 SE 14 690 1988-95 47/64 4900 2000<br />
Laverda<br />
500 6860 1976-80 33/45 3300 1200<br />
500 SFC 7680 1982-84 33/45 3500 1300<br />
750 GT 6600 1970-73 38/52 7800 4800<br />
750 SF 6800 1971-73 45/61 8100 4900<br />
750 SF 3 7100 1975-78 37/50 8300 4900<br />
750 SFC 10 500 1971-78 55/75 18200 9700<br />
1000/3C 9600 1973-75 57/78 5100 2400<br />
1000 3CL 9995 1976-80 57/78 5100 2400<br />
1000 Jota 12 500 1980-86 63/86 6600 3200<br />
1000 RGS 12 688 1982-86 63/86 6800 3400<br />
1000 SFC 16 970 1985-90 70/95 6800 3200<br />
1200 TS 11748 1978-82 63/86 7000 3600<br />
Moto Guzzi<br />
V 35/II/III 7995 1978-88 20/27 3500 1300<br />
Falcone 500 4580 1971-76 24/32 6300 3000<br />
V 50/II/III 6615 1978-83 36/49 3600 1600<br />
V 50 Monza 6995 1981-84 36/49 3900 1700<br />
V 65/II 7888 1981-87 37/50 2800 1000<br />
V7 Special 750 5890 1969-71 37/50 7600 4400<br />
V7 Sport 750 7995 1972-74 53/72 9800 4800<br />
750 S3 9600 1975-76 53/72 7500 4300<br />
850 Le Mans 10 560 1976-78 52/70 8500 4500<br />
850 Le Mans II 11350 1979-80 54/74 7800 4400<br />
850 Le Mans III 12 220 1981-84 56/76 7600 4500<br />
850 T 7160 1974-75 42/57 8000 4500<br />
850 T3 9200 1975-80 43/59 6200 3100<br />
850 T3 California 10 950 1975-80 43/59 8300 4600<br />
850 T4 10 550 1980-83 43/59 4800 2000<br />
850 T5 10 550 1983-88 49/67 5900 2400<br />
V7 GT 850 6995 1972-74 47/64 9800 4900<br />
V7 California 850 7795 1972-74 47/64 10400 5200<br />
V 1000 Convert 9695 1975-84 45/61 6400 3800<br />
1000 California II 13 490 1981-87 49/67 8100 4500<br />
1000 California III 14 880 1987-92 49/67 5200 2800<br />
1000 SP 11850 1978-84 45/61 7100 3600<br />
1000 SP II 12 650 1984-87 49/67 4700 2500<br />
1000 SP III 16 800 1988-92 52/71 4500 2200<br />
1000 G5 10 400 1978-85 45/61 7200 3600<br />
1000 GT 12 390 1987-93 49/67 6400 3200<br />
1000 Le Mans IV 13 350 1985-87 60/81 7100 3600<br />
1000 Le Mans V 14 650 1988-92 60/81 7400 3800<br />
Neupreis<br />
D-Mark<br />
Baujahre<br />
kW/PS<br />
Zustand:<br />
gepflegt<br />
Preise in Euro<br />
Zustand:<br />
schlecht<br />
Moto Morini<br />
125/T 4950 1976-86 10/13 2300 1000<br />
250 T 3960 1977-80 13/17 2800 1100<br />
250 J 4995 1980-85 17/23 3400 1300<br />
3 ½ 4800 1973-82 26/35 5500 2600<br />
3 ½ K2 6699 1983-86 20/27 2600 1200<br />
Dart 350/400 8849 1988-90 20/27 2500 1100<br />
500 T/S 7040 1978-81 30/41 7100 3500<br />
500 Sei 7985 1982-85 30/41 7800 4100<br />
MV Agusta<br />
125 Sport 3135 1975-77 9/12 5100 2400<br />
350/Sport 5252 1970-79 20/27 6400 3700<br />
750 GT 14 250 1970-75 56/76 44100 37000<br />
750 S 14 250 1970-75 56/76 54000 41400<br />
750 SS 16 500 1975-77 56/76 56900 43700<br />
800 S America 15 384 1977-80 60/82 35300 30200<br />
900 S Daytona 27 940 1977-78 78/105 38300 31400<br />
Corona 1000 25 600 1979-81 78/105 44100 38100<br />
GP 1100 32 400 1979-82 88/119 68700 K. N.<br />
MZ<br />
ETZ 125 1680 1985-91 7/10 1000 200<br />
TS 125 1799 1973-85 7/10 1700 300<br />
ETS 150 1598 1969-73 9/12 2500 1000<br />
ETZ 150 1680* 1985-91 9/12 1100 200<br />
ES 250/2 3015 1967-73 14/19 2600 1100<br />
ETS 250 2390 1969-74 14/19 2500 1000<br />
TS 250 2490 1973-76 14/19 2400 800<br />
TS 250/1 2490 1976-81 13/17 2300 800<br />
ETZ 250 1980 1981-89 13/17 1400 300<br />
Norton<br />
Commando 750 5900 1967-74 44/60 8600 3800<br />
Commando 850 6800 1973-77 37/51 8400 3700<br />
Suzuki<br />
GP 125 3031 1978-81 7/10 1000 200<br />
GT 125 2870 1974-78 10/13 1500 300<br />
RV 125 3522 1977-81 6/8 1500 300<br />
GT 185 3290 1976-78 11/15 1500 200<br />
GT 200/X5 3731 1979-81 13/17 1400 200<br />
DR 250 4739 1982-89 13/17 1400 200<br />
GN 250 4570 1982-99 13/17 1100 200<br />
GT 250/X7 4461 1973-81 20/27 2000 600<br />
GSX 250 E 4579 1980-83 13/17 1500 300<br />
RG 250 7699 1984-88 33/45 3500 1600<br />
RGV 250 9590 1988-93 43/58 3500 1500<br />
TS 250 4461 1972-81 13/17 1900 400<br />
TS 250 X 5770 1985-89 20/27 1500 300<br />
SP 370 4590 1978-80 20/27 2400 800<br />
GT 380 4690 1972-80 20/27 3200 1200<br />
DR 400 S 5112 1980-82 20/27 1100 200<br />
GN 400 4494 1980-83 20/27 1100 200<br />
GS 400 3999 1976-83 20/27 2000 900<br />
GSX 400 5249 1980-88 20/27 1200 300<br />
GSX 400 F Katana 4995 1981-84 30/41 1400 300<br />
GS 450 5319 1980-89 20/27 1400 300<br />
DR 500 S 4499 1982-84 20/27 2000 800<br />
GS 500 E 6211 1979-83 20/27 2500 900<br />
www.motorrad-classic.de<br />
Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> 73
Markt I<br />
Preisliste<br />
Neupreis<br />
D-Mark<br />
Baujahre<br />
kW/PS<br />
Zustand:<br />
gepflegt<br />
Preise in Euro<br />
Zustand:<br />
schlecht<br />
GS 500 E 6850 1988-00 34/46 2000 800<br />
GT 500 4870 1976-77 28/38 3500 1300<br />
RG 500 12184 1984-89 70/95 7600 3200<br />
GS 550 E 7011 1977-84 36/49 2700 1000<br />
GS 550 EM Katana 5499 1980-83 37/50 2700 1000<br />
GSX 550 6999 1982-88 37/50 2700 1000<br />
GT 550 5420 1972-77 35/48 4500 1700<br />
DR 600 S/R 7250 1984-90 33/45 2700 900<br />
GSX 600 F 10 630 1987-98 63/86 2600 900<br />
GS 650 G Katana 6250 1981-84 54/73 2700 1000<br />
LS 650 Savage 7590 1986-00 20/27 2500 800<br />
DR 750 S Big/800 Big 9690 1987-90 37/50 2900 1100<br />
VS 750 11250 1986-91 37/50 3200 1100<br />
GS 750 7190 1976-80 46/63 2900 1100<br />
GSX 750 E 8249 1980-82 59/80 2800 900<br />
GSX 750 ES 8999 1983-88 66/90 2700 900<br />
GSX 750 F 12 740 1989-99 74/100 2400 800<br />
GSX 750 S Katana 7950 1980-84 60/82 5500 2100<br />
GSX-R 750 14 550 1984-92 74/100 5900 2200<br />
GSX-R 750 R 23 990 1986-92 74/100 9400 4400<br />
GT 750 6900 1972-76 51/70 7800 3400<br />
GS 850 9633 1978-81 58/79 2800 1000<br />
GS 1000/S 10 573 1978-82 66/90 3500 1300<br />
GS 1100 10 299 1986-88 69/94 3500 1300<br />
GSX 1100 S Katana 9849 1980-84 74/100 6900 2700<br />
GSX 1100 E 9045 1980-84 74/100 3500 1300<br />
GSX 1100 F 15 310 1988-97 74/100 3300 1200<br />
GSX 1100 EF 12 999 1984-87 74/100 3800 1500<br />
GSX-R 1100 16 590 1986-89 74/100 5500 2100<br />
VS 1400 15 030 1987-03 49/67 5800 2100<br />
RE-5 Wankel 8700 1974-77 46/63 7800 3600<br />
Triumph<br />
Daytona 500 5090 1970-73 30/40 7600 3100<br />
Trident 750 7950 1968-75 44/60 8300 3700<br />
Tiger 750 6700 1972-80 33/45 8600 3900<br />
Bonneville 750 6800 1973-80 36/48 7800 3400<br />
Yamaha<br />
DT 125 E 3120 1973-81 7 /10 1600 600<br />
RD 125 2585 1974-76 13/17 1400 300<br />
RD 125 LC 3420 1982-86 13/17 1000 200<br />
DT 175 MX 3483 1977-80 11 /15 1300 300<br />
RD 200 3523 1975-80 13/17 1500 300<br />
DS 7 3245 1971-73 22/30 2600 900<br />
DT 3 250 3149 1972-77 14/18 1900 400<br />
DT 250 MX 4283 1977-80 12 /16 1200 200<br />
RD 250 4504 1973-80 28/38 2900 1200<br />
SR 250 4107 1980-83 13/17 900 200<br />
RD 250 LC 4857 1980-83 28/38 2200 800<br />
TDR 250 8180 1988-90 37/50 2400 700<br />
TZR 250 9180 1987-91 37/50 3300 1200<br />
XS 250 4193 1978-80 13/17 1900 700<br />
XT 250 4880 1980-90 13/17 1300 200<br />
RD 350 4067 1973-76 24/32 3300 1200<br />
RD 350 LC 5388 1980-83 34/46 2600 900<br />
RD 350 LC YPVS 7180 1983-90 37/50 3800 1500<br />
XT 350 6910 1985-95 20/27 1500 300<br />
XS 360 3952 1976-78 20/27 2000 700<br />
*Neupreis von 1990; **Nicht offiziell in D angeboten, daher kein Preis verfügbar; K. N. = Keine Notierungen; Stand: Juli 2013<br />
DT 400 MX 4619 1975-81 15/21 1900 400<br />
RD 400 4640 1976-80 32/43 3300 1200<br />
XS 400 4868 1978-82 20/27 2100 800<br />
XS 400 DOHC 5480 1982-87 33/45 1700 400<br />
XS 400 SE 4968 1980-83 20/27 2000 700<br />
RD 500 12 070 1984-89 65/88 7600 3400<br />
SR 500 6160 1978-99 20/27 3500 1300<br />
XS 500 5298 1976-80 36/49 2800 1100<br />
XT 500 6610 1976-90 20/27 3500 1300<br />
XV 500 SE 7225 1981-87 34/49 1300 200<br />
XV 535 7750 1988-03 36/46 2500 800<br />
XJ 550 6130 1981-85 37/50 1600 400<br />
XT 550 5480 1982-84 28/38 1500 300<br />
XZ 550 5680 1982-84 37/50 1400 200<br />
FZR 600 12 750 1988-94 67/91 2300 700<br />
SRX 600 6390 1986-90 33/45 2900 900<br />
XJ 600 8900* 1984-91 53/73 3200 1100<br />
XT 600 8025 1984-90 33/45 1900 400<br />
XT 600 Z Ténéré 8985 1983-89 34/46 2900 900<br />
XJ 650 7780 1980-87 52/71 2100 700<br />
XJ 650 Turbo 12 288 1982-84 66/90 4500 1800<br />
XS 650 6505 1975-83 37/50 4100 1700<br />
XS 650 SE 6915 1979-83 36/48 3100 1000<br />
FZ 750 Genesis 14 415 1985-94 74/100 2200 700<br />
FZX 750 Fazer 11325 1987-89 69/94 2400 700<br />
FZR 750 R OW-01 37100 1987-90 74/100 13700 9200<br />
TX 750 5995 1972-74 46/63 2800 1000<br />
XS 750 7318 1976-80 54/74 4700 1900<br />
XS 750 SE 8695 1980-83 37/50 2800 1000<br />
XTZ 750 Super Ténéré 11980 1987-96 51/69 2800 1000<br />
XJ 750 9878 1984-86 64/87 2500 700<br />
XJ 750 Seca 8075 1982-84 60/81 2500 700<br />
XV 750 SE 7225 1981-87 36/49 2300 800<br />
XS 850 7915 1980-82 58/79 4700 1900<br />
XJ 900 10 488 1983-84 71/97 3200 1100<br />
XJ 900 F/N 12 590 1984-94 72/98 3200 1100<br />
TR 1 8878 1980-83 52/71 3400 1200<br />
FZR 1000 Genesis 18 300 1987-96 74/100 2500 800<br />
XV 1000 SE 10 355 1982-85 50/68 2800 900<br />
XV 1000/1100 Virago 12 870 1986-89 46/62 2600 800<br />
XS 1100 10 498 1978-83 70/95 4800 2000<br />
XS 1.1 Sport 11178 1981-83 70/95 4100 1800<br />
FJ 1100 13 488 1984-86 74/100 3400 800<br />
FJ 1200 15 850 1986-97 74/100 2900 1100<br />
Vmax k. A.** 1984-02 107/145 4900 2000<br />
XVZ 12 T 19 500 1984-89 71/97 3700 1500<br />
XVZ 13 T 22 350 1989-92 72/98 3800 1600<br />
Zündapp<br />
KS 125 Sport 3458 1970-77 13/17 2900 1100<br />
KS 175 Watercooled 4475 1977-81 13/17 3200 1200<br />
Vorschau<br />
Neupreis<br />
D-Mark<br />
Baujahre<br />
kW/PS<br />
In der nächsten Ausgabe<br />
finden sie den Preisspiegel<br />
für die Klassiker vor 1970<br />
Zustand:<br />
gepflegt<br />
Preise in Euro<br />
Zustand:<br />
schlecht<br />
74 Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de
Leserbriefe<br />
Fotos: Daams, Hilti, Kleine,<br />
Schaaf, Lehnert, Gargolov<br />
Die R 69 S ist Eyke Isensees Traummotorrad<br />
Rudi Lehnert fährt seine CB 350 seit 1973<br />
Leser Schaaf: Grundplatte nicht lösen<br />
Jochen Kleines umgebaute Ducati<br />
Die 250er-Schnell-Horex im Schweizer Exil<br />
Auch Uli Eckhardt bewegt die MTX<br />
BMW begeistert<br />
Die R 69 S ließ Leser Eyke Isensee<br />
in Jugend-Erinnerungen schwelgen.<br />
<strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> 3/<strong>2014</strong><br />
Liebes <strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong>-Team, schon<br />
zu Pennäler-Zeiten – ich bin Jahrgang<br />
1951 – war die R 69 S meine Traummaschine.<br />
Es waren ästhetische Gründe, aus<br />
denen ich mich in dieses Motorrad verguckt<br />
hatte. Die abfallende Linie vom<br />
Lenkkopf über Tank, Sattel und Schutzblech<br />
bis zum Tonnenrücklicht hat mich<br />
fasziniert. Für die organischen Formen<br />
von Motor und Getriebe gilt das gleiche.<br />
Hier galt „form follows function“. Da kamen<br />
die /5er mit Motor und Getriebe im<br />
Samsonite-Koffer-Look einfach nicht mit,<br />
gleichwohl ich später über mehrere Jahre<br />
eine R 100 CS mit viel Genuss gefahren<br />
bin. Als Zeitsoldat hatte ich 1972 endlich<br />
das Geld, um mir meine Traummaschine<br />
zu kaufen. Ich fuhr sie auch später noch<br />
während des Studiums. Nachdem der Motor<br />
aufgrund eines abgerissenen Pleuels<br />
unbrauchbar geworden war, wurde er<br />
repa riert und landete Mitte der 70er in<br />
einem BMW-Geländegespann. Nach einer<br />
Saison wurde das Gespann verkauft. Wir<br />
waren die Einzigen, die zum Wettbewerb<br />
auf eigener Achse fuhren. Darüber hinaus<br />
hatte unser Gespann ein deutlich höheres<br />
Gewicht bei deutlich weniger Leistung als<br />
die Konkurrenz. Im Rahmen des damals<br />
um sich greifenden Mainstreams fanden<br />
eine R 75-Gabel und ein 75/5-Motor ihren<br />
Platz im Schwingenfahrwerk. Finanzielle<br />
und andere private Unebenheiten des Lebens<br />
verhinderten aber die Fertigstellung<br />
dieses Projektes. In den nächsten Jahren<br />
schlich sich der Gedanke ein, mit dem<br />
Verkauf des R 69 S-Motors einen ganz<br />
großen Fehler gemacht zu haben. Nun<br />
war guter Rat teuer, was durchaus wörtlich<br />
zu nehmen ist. Die Preise für brauchbares<br />
Schwingen-Material stiegen kontinuierlich,<br />
was besonders für die Motoren<br />
zutraf. Ein ganz großes Glück spielte mir<br />
dann einen 69 S-Motor samt Getriebe in<br />
die Hände, die auf den Einbau warten.<br />
Nun ist es nicht mehr weit bis zur Rente.<br />
Ich denke, ich werde mich nicht langweilen!<br />
Mit freundlichen Grüßen<br />
Eyke Isensee, Wolfenbüttel<br />
Four-Fahrt<br />
So mancher Leser kann sich an der<br />
Honda CB 350 nicht sattsehen.<br />
<strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> 3/<strong>2014</strong><br />
Liebe <strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong>-Redaktion, die<br />
CB 350 F ist eine Augenweide an klassischer<br />
Linienführung. Doch nicht alles an<br />
diesem Modell ist original. Dass die Honda<br />
der 1970er-Jahre in lang gezogenen, welligen<br />
Kurven Probleme machen, habt Ihr<br />
vermerkt. Nicht aber, dass deswegen viele<br />
Fahrer die originalen Stoßdämpfer gegen<br />
Konis getauscht haben. So auch beim<br />
Studiomodell, daher fehlen jetzt die beiden<br />
schönen Chromhülsen am Hinterbau.<br />
Auch meine liegen im Karton. Ich gebe<br />
euch recht, in „Flake Matador Red“ sieht<br />
sie am besten aus. Das „Bacchus Olive<br />
Green“ – Originallack von 1973 – hat etwas<br />
vom „British Racing Green“. Die Polybauer-Verkleidung<br />
meines Modells unterstützt<br />
dieses Erscheinungsbild. Über die<br />
Optik kann man geteilter Meinung sein,<br />
ist aber ein zeitgenössischer Umbau und<br />
damit historisch wohl nicht zu beanstanden.<br />
Genauso wie der Becker-Fettkasten,<br />
der sich hinter den beiden linken Schalldämpfern<br />
dezent versteckt, er hat 1978<br />
mit 550 Mark ein Vermögen gekostet, ist<br />
aber bis heute – mit 61 000 Kilometern –<br />
noch immer top. Nach Überarbeitung des<br />
Zylinderkopfs und Generalinspektion der<br />
Vergaser summt meine kleine Four wieder<br />
bei allen Drehzahlen.<br />
Rudi Lehnert, per E-Mail<br />
Spurensuche<br />
Die in der letzten Ausgabe gezeigte<br />
Schnell-Horex hat Schweizer Spuren.<br />
<strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> 3/<strong>2014</strong><br />
Sehr geehrte Redaktion, in Ausgabe<br />
3/<strong>2014</strong> habe ich den Bericht über die<br />
Schnell-Horex gelesen – bravo! Genau<br />
diese 250er stand jahrelang im Museum<br />
von meinem Vater. Und zuvor in Deutschland<br />
mal unter Wasser. Das hat mich veranlasst,<br />
das ganze Motorrad zu zerlegen<br />
und zu konservieren. Die Schwinge war<br />
übrigens auch gebrochen! Viele Grüße<br />
Hansjörg Hilti, Arnegg (Schweiz)<br />
Jugendliebe<br />
Nicht nur Thomas Schmieder ist<br />
ein bekennendes „Kind der 80er“.<br />
<strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> 3/<strong>2014</strong><br />
Hallo, vielen, vielen Dank an Thomas<br />
Schmieder für den ergreifenden Fahrbericht<br />
der MTX 80. Auch ich bin ein „Kind<br />
der 80er“ und habe 1984 alles getan, um<br />
so eine begehrte MTX 80 zu bekommen.<br />
Heißt, ich habe meine Eltern angefleht<br />
und ihnen sonst was versprochen, um das<br />
nötige Kleingeld für eine gebrauchte Maschine<br />
von meinem Sparbuch abheben zu<br />
dürfen. Mutti war sehr verständnisvoll<br />
und hat schließlich ihr okay gegeben. Ein<br />
paar Wochen später war ich dann stolzer<br />
Besitzer einer schicken Honda-Enduro,<br />
und man hat sich mit 16 Jahren wirklich<br />
gefühlt wie ein Großer auf der (nach<br />
www.motorrad-classic.de Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> 75
Leserbriefe<br />
Federbein-Umbau) hochbeinigen Geländemaschine.<br />
Es war eine sehr schöne und<br />
ereignisreiche Zeit, und ich beneide Herrn<br />
Schmieder sehr um das Erlebnis, nach 30<br />
Jahren noch mal die Jugend auf einer<br />
MTX 80 für kurze Zeit zurückzuholen.<br />
<strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> ist eine prima aufgemachte<br />
Zeitschrift, man kann beim<br />
Durchblättern immer so schön in Erinnerungen<br />
schwelgen. Danke dafür!<br />
Uli Eckhardt, per E-Mail<br />
Schrauber-Tipp<br />
Ein Profi hat einige Anmerkungen zum<br />
korrekten Einstellen der Zündung.<br />
<strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> 3/<strong>2014</strong><br />
Hallo liebe <strong>Classic</strong>-Schreiber, zu Ihrem<br />
Artikel „Kontaktsuche“, der soweit gut<br />
recherchiert ist, erlaube ich mir einen<br />
Beitrag zu leisten. Seit nunmehr 35 Jahren<br />
arbeite ich in meiner Honda-Motorradwerkstatt<br />
und justiere für meine Kundschaft<br />
zu deren Zufriedenheit Zündungen<br />
mit Unterbrecher. Dabei fällt mir<br />
immer wieder auf, dass so manche<br />
Schrauber – wohl vorbelastet vom Autoverteiler<br />
– nach dem Einstellen der Unterbrecher<br />
die Grundplatte lösen, um<br />
den Zündzeitpunkt verzweifelt am<br />
Ende oder gar jenseits der werksseitigen<br />
Langlöcher in der Platte zu suchen<br />
(siehe Foto vorhergehende Seite).<br />
Beim Lösen der Grundplatte geht jedoch<br />
die vorherige Unterbrechereinstellung<br />
meist flöten. In der Praxis hat<br />
es sich bewährt, die Grundplatte ungefähr<br />
in der Mitte der Langlöcher zu<br />
fixieren und den Zündzeitpunkt<br />
mit dem Abrisspunkt des Unterbrechers<br />
mittels Prüflampe zu<br />
bestimmen. Dabei stellt sich<br />
meistens heraus, dass sich<br />
der Unterbrecherabstand<br />
von alleine bei ca. 0,35 bis<br />
0,40 einpendelt. Dass anschließend<br />
mit dem Stroboskop<br />
die Funktion des Fliehkraftverstellers<br />
bei laufendem<br />
Motor auf die maximale<br />
Frühverstellung geprüft wird,<br />
ist logisch. Das nachträgliche Lösen<br />
der Grundplatte zum Verdrehen ist<br />
und bleibt tückisch und verstellt alles.<br />
Werner Schaaf, Rastatt<br />
Norton-Negierer<br />
Die Norton-Kaufberatung bestätigt<br />
Leser Henne in seinen Vorurteilen.<br />
<strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> 3/<strong>2014</strong><br />
Hallo liebes <strong>Classic</strong>-Team, die Kaufberatung<br />
zur Norton Commando war toll und<br />
interessant, hat dabei leider alle meine<br />
Vorurteile und Befürchtungen bezüglich<br />
(alten) englischen Autos und Motorrädern<br />
mehr als bestätigt. Bei diesen geballt auftretenden<br />
Konstruktions- und Verarbeitungsmängeln<br />
(nicht nur bei Norton) waren<br />
der Niedergang und das Aus der klassischen<br />
englischen Motorrad-Industrie<br />
unvermeidlich. Mit einer solchen Norton<br />
würde ich mich nicht weiter von zu Hause<br />
wegtrauen, wie ich wieder heimlaufen<br />
kann. Aus meiner Sicht also am besten<br />
einen großen Bogen um eine Commando<br />
machen. Wer es wirklich nicht lassen<br />
kann, sollte sich das Ding einfach geputzt<br />
in die Vitrine stellen, denn auch die sehr<br />
teuren Überholungen machen daraus<br />
keinen zuverlässigen Tourer für den Fahrspaß<br />
am Wochenende (und schon gar<br />
nicht im Alltag). Der Nachdruck des Suzuki<br />
GS 1000-Tests war zutreffend und hat<br />
viele gute Erinnerungen in mir geweckt<br />
(ich hatte mir 1978 meine rote GS 1000<br />
neu gekauft). Ich fahre seit mehr als 40<br />
Jahren Motorrad und habe in dieser<br />
Zeit zirka 30 Maschinen (zeitgleich meist<br />
mehrere) besessen. Zurzeit fahre ich einen<br />
Oldie (BMW R 100 CS, rot-schwarz, mit<br />
H-Zulassung), eine Yamaha FZ1 Fazer,<br />
eine Triumph Street Triple R und einen<br />
Aprilia-Roller Leonardo 150. Macht weiter<br />
so, ich freue mich schon auf die nächste<br />
Ausgabe von <strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong>.<br />
Heribert Henne, Ober-Ramstadt<br />
Junge Oldies<br />
Kawasaki GPZ 900 R und Yamaha FJ<br />
1100 bewegen auch nach 30 Jahren<br />
noch – nicht nur die Gemüter.<br />
<strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> 2/<strong>2014</strong><br />
Hallo Leute, ich habe den Leserbrief von<br />
Andreas Otti gelesen. Ich kann mich<br />
erinnern, dass im Rallyesport 1984 einige<br />
900er eingesetzt wurden. Ich denke,<br />
Martin Hopmann und Günther Heil waren<br />
unter anderem GPZ-Fahrer. Vielleicht<br />
kann ja Helmut Dähne was dazu sagen.<br />
Der ist damals mit der Bimota-Suzuki<br />
in der gleichen Klasse gefahren. Bei den<br />
Superbikes sind die 900er-GPZ wohl nicht<br />
eingesetzt worden, ich kann mich zumindest<br />
nicht daran erinnern. Viele Grüße<br />
Christian Zipfel<br />
Hallo, als ich den Bericht von den Kultbikes<br />
FJ 1100 und GPZ 900 R gelesen<br />
habe, habe ich erst gemerkt, wie schnell<br />
die Zeit vergeht, die Mopeds mutierten zu<br />
Youngtimern (und jetzt sogar zu H-Kennzeichen-tauglichen<br />
Oldies, die Redaktion).<br />
Der Leserbrief von Andreas Otti animierte<br />
mich zu diesen Zeilen. Ob nun die GPZ im<br />
Rennsporteinsatz war oder nicht, ist doch<br />
egal. Wenn es in den Fingern juckt und<br />
sich eine Idee in den Kopf eingebrannt<br />
www.motorrad-classic.de
hat, dann los. Eine meiner FJ musste dran<br />
glauben und wurde für ein relativ kleines<br />
Budget umgebaut, insbesondere das<br />
Fahrwerk. Der Motor hat nach diversen<br />
Erleichterungen und Umbaumaßnahmen<br />
jetzt 147,5 PS am Hinterrad, die Krümmeranlage<br />
hat Schüle gebaut. Auch ohne<br />
Rennsportgeschichte macht die FJ einen<br />
Heidenspaß bei Youngtimer-Rennen,<br />
selbst wenn jetzt einige die Hände über<br />
den Kopf schlagen. Ruhig Blut! Es stehen<br />
auch einige originale FJ in der Garage.<br />
Meiner „normalen“ FJ 1200 mit dem<br />
ersten Motor fehlen noch rund 6500 Kilometer<br />
bis zur 300 000er-Marke. Natürlich<br />
stehen noch einige andere Yamahas (unter<br />
anderem eine XJ 900 N wie in <strong>Classic</strong><br />
vorgestellt) in der Garage und einige<br />
Horex. Darunter eine Resident, umgebaut<br />
als Café Racer. Weiter so! Mit freund lichen<br />
Grüßen<br />
Dieter Fietze, Mitbegründer der FJ-IG<br />
Sammel-Wut<br />
Die Oldie-Kollektion von Leser Joller<br />
wächst und gedeiht.<br />
<strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> 1/<strong>2014</strong><br />
Liebe Redaktion, in meiner E-Mail für Heft<br />
1/<strong>2014</strong> habe ich geschrieben, dass ich an<br />
der 250er-Kollektion gemäß Eurem Bericht<br />
„arbeite”. Nun ist es so weit: Sie stehen<br />
alle in meiner Sammlung – unisono in<br />
Blau. Und weil Ihr in besagtem Heft auch<br />
über die T 500 berichtet habt, habe ich mir<br />
so eine Suzuki ebenfalls zugelegt – Baujahr<br />
1970, in Blau. Natürlich habe ich alle<br />
Originalteile aufgehoben. Ich baue mir<br />
meine Motorräder, wie sie mir gefallen,<br />
aber ich kann sie jederzeit in den Originalzustand<br />
zurückversetzen. Das nächste<br />
250er-Projekt ist schon in der Mache, eine<br />
Kawasaki A1 (seid auch ihr schuld...). Und<br />
nicht vergessen: immer so weitermachen!<br />
Das gefällt mir, auch wenn ich wohl bald<br />
expandieren muss. Beste Grüße<br />
Alex Joller, Hochdorf (Schweiz)<br />
Den Geschmack<br />
getroffen<br />
Die letzte Ausgabe mit der Vogel-Ducati<br />
MHR kam bei Leser Kleine gut an.<br />
<strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> 3/<strong>2014</strong><br />
Liebe <strong>Classic</strong>-Redaktion, mit Heft 3/<strong>2014</strong><br />
habt Ihr meinen Geschmack voll getroffen!<br />
Nicht nur die Themen Norton<br />
Commando und Ducati MHR haben mich<br />
persönlich interessiert, auch die ausführlichen<br />
und gut recherchierten Berichte<br />
haben mir gefallen. Endlich scheint Ihr<br />
erkannt zu haben, dass es über alte Motorräder<br />
Interessanteres zu berichten gibt,<br />
als die von Tragatsch zitierten Firmen-<br />
www.motorrad-classic.de<br />
geschichten. Wenn ich mir die Ducati<br />
in meiner Garage anschaue, sehe ich,<br />
dass Detlef, von dem ich sie aus erster<br />
Hand vor zehn Jahren gekauft habe,<br />
bei seinem Umbau ähnliche Ideen<br />
wie Gerold Vogel gehabt hat. Detlef<br />
war Betriebsschlosser in einer Druckerei<br />
und somit Herr über einen<br />
ansehnlichen Maschinenpark. Tolle<br />
Sachen sind ihm eingefallen: Am<br />
Alu-Kupplungs-Innenläufer störten<br />
ihn die von den Stahlscheiben verursachten<br />
Eindrücke auf der Verzahnung. Sein<br />
neuer Innenläufer erhielt deshalb statt<br />
der Zähne Nuten, in die jeweils eine Leiste<br />
aus Werkzeugstahl eingelegt und von innen<br />
mit M3-Schrauben befestigt wurde.<br />
Sollten diese Leisten in 100 Jahren wieder<br />
Abdrücke haben, können sie noch einmal<br />
umgedreht werden! Neben vielen Ersatzteilen<br />
erhielt ich beim Kauf einen Satz<br />
Schablonen für alle Motordichtungen, aus<br />
5-mm-Plexiglas gefräst. Kupplungsdruckzylinder,<br />
Anlasserfreilauf, Fußrasten, Sitzbank<br />
– alles Eigenkonstruktionen. Im Gesamteindruck<br />
dem Vogel-Konzept sehr<br />
ähnlich, sieht meiner Meinung nach die<br />
von Detlef gebaute Ducati durch das<br />
Weglassen der Seitenteile noch kerniger<br />
aus. Natürlich läuft sie auch manchmal<br />
mit Conti-Tüten. Laufleistung des 1000er-<br />
Gleitlagermotors ohne Überholung: bislang<br />
120 000 Kilometer – and still going<br />
strong! Leider fehlt bei meiner Ducati der<br />
Taglioni-Schriftzug. Beste Grüße<br />
Jochen Kleine, per E-Mail<br />
Blau-Mann: die Zweitakt-Sammlung von Alex Joller<br />
Fotos: Fietze, Joller<br />
Dieter Fietze und seine FJ lieben es schräg<br />
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SZENE I<br />
Der alte Schrauber<br />
Rostlöser<br />
Wieso kann ein gelernter Maurer und pensionierter<br />
Bundeswehr-Offizier hoffnungslos vergammelte<br />
Wracks in herrliche Hingucker verwandeln? „Wieso<br />
nicht?“, fragt Torsten Bischof zurück und flext<br />
unverdrossen weiter.<br />
Text: Fred Siemer; Fotos: Siemer, Bischof<br />
78 Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de
Ein langer Weg führte vom<br />
Ausgangs- (unten) zum Iststand.<br />
Aber wer Torsten kennt, der<br />
weiß: Es war ein schneller Weg<br />
Lebenslange Treue wurde bislang nur der<br />
sorgenden Gattin sowie der sorglos bollernden<br />
Guzzi zugesagt. Hat eine umgebaute<br />
Yamaha XS 400 da überhaupt Chancen?<br />
Gegen trostlose Wintermonate,<br />
in denen gestandene<br />
Männer – mit<br />
Schatz-das-musst-du-lesen-Lektüre<br />
im Schoß – einen Sessel verunzieren,<br />
teilnahmslos die Katze streicheln<br />
und leere Blicke aus dem Fenster<br />
werfen, gegen solche erschütternden<br />
Phasen seelischer Verwüstung also kennt<br />
Torsten Bischof ein Mittel. Ebay. Wohl wissend<br />
um die eigene Abhängigkeit, stets<br />
bemüht auch um den Frieden seiner vierköpfigen<br />
Familie, ersteigert er beizeiten<br />
ein paar Zentner Schrott. Der muss nicht<br />
mehr anspringen, der muss nicht mehr<br />
rollen, befreit aber auf jeden Fall von<br />
fiesen Vorahnungen, und so kann Torsten<br />
bis in den goldenen Oktober hinein auf<br />
Eifelsträßchen gute Laune tanken. Wenn<br />
dann Kälte und Eis regieren, widmet er<br />
sich, gerne auch an Weihnachten und<br />
Neujahr, mal einer Gabelbrücke, um die<br />
eigene Laune aufzupolieren, oder flext<br />
ein Rahmenheck ab, um innerbetriebliche<br />
Spannungen zu entschärfen.<br />
Schon seit vielen Jahren alarmiert den<br />
58-Jährigen, wenn in seiner Garage ausschließlich<br />
intakte Motorräder parken,<br />
doch seit der lang gediente Pionier den<br />
Ruhestand genießen soll und die beiden<br />
Mädels weitgehend selbstständig tun, hat<br />
sich das Problem verschärft. Früher füllten<br />
die Wartungs- und Verbesserungsarbeiten<br />
an drei, vier Motorrädern manchmal jede<br />
freie Minute, heute erledigt er solche<br />
Fingerübungen zwischen Aufstehen und<br />
Frühstück. Den Winter 2010/2011 konnten<br />
anderthalb Honda XBR 500 retten, aus<br />
denen bis Mai ein wunderschöner und<br />
stilsicher aufgebauter Café Racer entstand.<br />
Diese intensiven Monate und das<br />
gelungene Ergebnis seiner harten Arbeit,<br />
so hoffte Torsten, könnten ihn ausnahmsweise<br />
noch ins nächste Frühjahr tragen,<br />
doch er sollte sich irren.<br />
Bereits Mitte November belasteten ihn<br />
erste Attacken von Langeweile, kurz vor<br />
Weihnachten half nur noch ein entschlossenes<br />
Gebot: Für 151,01 Euro ersteigerte<br />
www.motorrad-classic.de<br />
Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> 79
SZENE I<br />
Der alte Schrauber<br />
er eine Yamaha XS 400, bei der jedes einzelne<br />
Teil um den Gnadenschuss flehte.<br />
Doch Torsten hat keine Waffe mehr und<br />
Mitleid sowieso nicht. Er sieht nur den<br />
eigenen Nutzen: Arbeit für Wochen und<br />
Monate. Damit sich die Schufterei am<br />
Ende lohnt, müssen die ersteigerten<br />
Schätzchen gewisse Bedingungen erfüllen.<br />
Etwa keinen Wasserkühler besitzen.<br />
So was mag Torsten nicht. Auch sollten sie<br />
ein gewisses Alter nicht überschreiten.<br />
Sonst spielt Torstens TÜV-Mann nicht<br />
mehr mit. Sie müssen wenig kosten, damit<br />
die Familienkasse überlebt. Und die benötigten<br />
Teile sollten massenhaft vorhanden<br />
sowie problemlos zu beschaffen sein, damit<br />
das auch so bleibt. Aus der Schnittmenge<br />
dieser Anforderungen ragen –<br />
mehr noch als eine XBR – aufreizende<br />
Krafträder wie XS 400 oder CB 450 heraus.<br />
Die Wahl des alten Yamaha-Fans wurde<br />
noch dadurch erleichtert, dass seine Rest-<br />
XS zwar keine Schlüssel und Papiere, aber<br />
dafür zwei restaurierungsfähige Koni-Federbeine<br />
besaß. Damit war der Kaufpreis<br />
eigentlich schon gerechtfertigt.<br />
Wer umbaut, will Schöpfer sein<br />
Torsten hatte beruflich lange Zeit mit Uniformen<br />
zu tun. Vielleicht mag er deshalb<br />
keine uniformen Motorräder. Er will<br />
Schöpfer sein, Herr seiner Ideen und Gefühle,<br />
und deshalb wählt er seine Objekte<br />
mit Bedacht, besitzt von Anfang an eine<br />
sehr bestimmte Vorstellung ihres zukünftigen<br />
Erscheinungsbildes. In der XS, schon<br />
unter engagierten Großstadtkurieren als<br />
zu lahm verschrien, entdeckte er sportliches<br />
Potenzial. Die Demontage förderte<br />
zwar eine 27-PS-Nockenwelle ans Tageslicht,<br />
aber solche Kleinigkeiten beirren<br />
Torsten nicht: Nur Tage später zappelten<br />
frisch aus den USA die wahrscheinlich<br />
letzten XS-tauglichen und nagelneuen<br />
K&N-Luftfilter im Netz, wenige Wochen<br />
drauf folgte ebenfalls aus Übersee die<br />
gewünschte Hochleistungsnocke. Also<br />
Sport. Aber mit einem Schuss Humor:<br />
Wenn schon keine beeindruckenden PS-<br />
Zahlen zu erwarten waren, sollte das Ding<br />
wenigstens mit furchterregendem Namen<br />
schocken. Fortan hieß es Frau Mahlzahn,<br />
nach dem roten Drachen aus der Augsburger<br />
Puppenkiste.<br />
Selten wurde ein Reptil so auseinandergenommen.<br />
Um Frau Mahlzahns<br />
Sportsgeist zu befördern, flexte Torsten<br />
unnötigen Ballast wie Kabelhalterungen<br />
oder Helmschloss einfach weg, auch<br />
Anlasser, Serienschutzbleche, Sitzbank<br />
und überhaupt alles, was der Japaner gern<br />
gewichtig auslegt, flog auf den Schrott.<br />
Angestrebte 180 Kilo vollgetankt bedeuteten<br />
strenge Diät für das zukünftige Eifel-<br />
Ungeheuer. Gleichzeitig musste es eine<br />
wahre Flut von kleinen, mittleren, großen<br />
und ganz großen Umbaumaßnahmen<br />
über sich ergehen lassen (siehe dazu<br />
Umbau-Info auf Seite 77).<br />
Die Vielzahl dieser Maßnahmen lässt<br />
eine beinahe anarchische Lust am Bauen<br />
vermuten, doch das Ergebnis kündet<br />
Jedes Motorrad ein Bekenntnis. Zum Straßen<br />
Es verlangt Entschlossenheit, um einen derart stumpfen Motor (rechts) wieder glänzen zu lassen (links). Und es bereitet Schmerzen
Umbau-Info<br />
sport, ja, gewiss. Dieses hier auch zu den Helden der Kindheit<br />
Aus einem Forum flog Torsten<br />
der Tipp zu, die Vergaser<br />
mit einer Backpulver-Lösung<br />
zu reinigen. Nach dem<br />
Einwirken hart und gründlich<br />
abbürsten, das Ergebnis<br />
kann sich sehen lassen.<br />
Gerade solche Forschungsarbeiten<br />
machen Laune,<br />
dank Internet sind Recherche<br />
und Meinungsaustausch<br />
keine Grenzen gesetzt<br />
●●<br />
Vorderradkotflügel Ricambi, gekürzt<br />
●●<br />
Stahlflexbremsleitung Melvin<br />
●●<br />
Bremssattel glasperlengestrahlt<br />
●●<br />
Kegelrollenlager im Lenkkopf<br />
●●<br />
Handbremspumpe Brembo PS 16<br />
●●<br />
linke Lenkerarmatur von Suzuki SV 650<br />
●●<br />
rechte Lenkerarmatur (Licht, Startknopf, Not-Aus)<br />
entfallen<br />
●●<br />
Kurzhubgasgriff Tomaselli<br />
●●<br />
Lenker LSL Touring Sport<br />
●●<br />
LED-Frontblinker Hatch<br />
●●<br />
Kabelbaum Eigenbau<br />
●●<br />
kein Anlasser, kein Freilauf, keine Übertragungsteile<br />
●●<br />
Motorgehäuse-Verschlussstopfen mit Sicherung<br />
●●<br />
Motorseitendeckel poliert<br />
●●<br />
Nockenwelle 1M0 (38 PS)<br />
●●<br />
Luftfilter K&N, RC 130/2<br />
●●<br />
Benzinfilter<br />
●●<br />
Standardbenzinhahn (kein Unterdruck)<br />
●●<br />
offene Ansaugbrücke<br />
●●<br />
Batteriekasten ohne Luftfilteraufnahmen<br />
●●<br />
Seitendeckel mit Lufteinlässen und VA-Gittern<br />
●●<br />
Höckerunterkonstruktion Eigenbau<br />
●●<br />
Sicherungskasten Hella<br />
●●<br />
Höckersitzbank Norton <strong>Classic</strong>, an XS angepasst<br />
●●<br />
Sitzpolster Eigenbau, rotes Wildleder<br />
●●<br />
Startnummernfelder (Anfertigung)<br />
●●<br />
Tankdekor, Drachentribals (Anfertigung)<br />
●●<br />
LED-Multifunktionsblinker von Hatch mit Rücklicht<br />
und Bremslicht<br />
●●<br />
lastunabhängiges Blinkrelais<br />
●●<br />
Kettenschutz VA, Eigenbau<br />
●●<br />
Nummernschildträger Spiegler<br />
●●<br />
Krümmer schwarz lackiert<br />
●●<br />
Auspuffendtöpfe original, aber schwarz lackiert<br />
●●<br />
Auspuffhalterungen VA, Eigenbau<br />
●●<br />
Stoßdämpfer Koni<br />
●●<br />
reflektierende rote Zierstreifen auf beiden Felgen<br />
●●<br />
Reifen vorne und hinten Heidenau<br />
●●<br />
Kettenkit D.I.D<br />
●●<br />
Heckkotflügel Eigenbau<br />
●●<br />
Rahmen, Hauptständer, Batteriekasten,<br />
Schwinge, Gabeltauchrohre, obere Gabelbrücke<br />
mit Lenkeraufnahmen, Bremsstrebe, originale<br />
Auspuffhalter sandgestrahlt und rot pulverbeschichtet<br />
●●<br />
alle Schrauben VA<br />
●●<br />
kein Seitenständer<br />
●●<br />
Rahmen gekürzt<br />
●●<br />
keine Soziusfußrasten<br />
●●<br />
Tank, Seitendeckel, Vorderradkotflügel und<br />
Höcker Sonderlackierung (Opel, Phantom Black)<br />
●●<br />
Zwei Lenkerendenspiegel<br />
●●<br />
Nachbau einer Fußrastenanlage Pichler XS 400 RS2<br />
●●<br />
Zwei Keyster-Vergaser-Reparaturkits<br />
●●<br />
größere Hauptdüsen (z. Zt. 160)<br />
●●<br />
schwarzer Klarglas-Rundscheinwerfer<br />
●●<br />
Sigma-Tacho mit Beleuchtungsrahmen (originale<br />
Armaturen komplett entfallen)<br />
www.motorrad-classic.de<br />
Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> 81
SZENE I<br />
Der alte Schrauber<br />
Zum Sportler gehört ein Höcker, und wenn das Teil für den XS-Heckrahmen zu schmal<br />
ist, dann wird es eben geweitet (unten). Dank Laubsägearbeit werden K&N-Luftfilter<br />
sichtbar, und an der Nähmaschine steppt Torsten ein Sitzpolster ab<br />
Vorher und nachher: Vor der XS 400 hat sich Torsten um eine fast noch vollständige<br />
Honda XBR 500 gekümmert (unten), danach um eine dicke Yamaha XS 750. Bei allen<br />
Objekten walten größte Phantasie und strengste Haushaltsdisziplin<br />
ebenso von einem ausgeklügelten Plan<br />
und geduldiger Recherche, von preußischem<br />
Fleiß und ästhetischem Gespür.<br />
Kleine Ideen können Torsten tagelang<br />
elektrisieren: Löcher in die Seitendeckel<br />
sägen, diese dann mit Edelstahlgittern<br />
schließen, damit dahinter die K&N-Filter<br />
durchschimmern können. Hammer! Große<br />
Schweinereien erledigt er mit militärischer<br />
Disziplin: Motorteile müssen gereinigt<br />
oder poliert werden. Fertig. Und<br />
körperliche Strapazen gehören dazu:<br />
Beim Schleifen von Lackteilen kommt die<br />
Haut an den Fingern genauso runter wie<br />
früher beim Mauern mit Kalksandstein. So<br />
ist das. Nur diese Demut während der<br />
Arbeit macht den Blick frei für tolle<br />
Konzepte und garantiert den piekfeinen<br />
Auftritt des fertigen Projekts.<br />
Im Sommer wird gefahren<br />
Frau Mahlzahn – zerlegt und geprüft,<br />
erträumt und wieder aufgebaut in zwei<br />
Wintern – trägt über rotem Fahrgestell das<br />
kleine Schwarze, bollert im Leerlauf fröhlich<br />
vor sich hin, quittiert Gasstöße mit<br />
mutigem Fauchen und macht mit all ihren<br />
tollen Details denkbar ungeniert auf Hingucker.<br />
Im April 2013 erhielt sie den TÜV-<br />
Segen, mittlerweile ist sie längst Eifelerprobt,<br />
denn da ist Torsten konsequent:<br />
Sowohl Motorräder als auch Sommer sind<br />
zum Fahren da. Ein Mal hat er sein heimisches<br />
Revier sogar verlassen und das XS-<br />
Treffen im Bergischen Land angesteuert.<br />
Seitdem ist er Preisträger. Mit Urkunde für<br />
den besten Umbau. Eigentlich braucht<br />
Torsten so was nicht. Er genügt sich selbst.<br />
Aber er braucht Inspirationen, und er<br />
möchte andere inspirieren.<br />
Deswegen pflegt er eine quietschvergnügte<br />
Website, die all seine Tricks verrät,<br />
Pleiten, Pech und Pannen nicht auslässt,<br />
brav sämtliche Kosten auflistet, aber im<br />
Kern den Straftatbestand der Verführung<br />
Nichtsahnender erfüllt. Wie teuer ist<br />
eine billige CB 450 gerade bei Ebay? Wer<br />
Torsten auf www.alter-schrauber.de besucht,<br />
erfährt außerdem, dass er auch original<br />
kann, und zweitens, dass man sich<br />
aktuell keine Sorgen um ihn machen<br />
muss: Zur Liste der von ihm aufgebauten<br />
Motorräder zählen nicht nur seine wunderschön<br />
radikalisierte und lebenslang<br />
unverkäufliche Guzzi, sondern auch eine<br />
blitzsauber restaurierte, aber längst verkaufte<br />
Laverda 500 SFC. Den aktuellen<br />
Winter sollte eine XS 750 verkürzen, denn<br />
sogar in diesem Kardan-Dreizylinder sieht<br />
Torsten Bischof sportliche Talente schlummern.<br />
Leider wurde er lange vor Weihnachten<br />
fertig, deshalb steht jetzt eine<br />
weitere XS 400 auf der Bühne. Die Cup-<br />
Version, quasi Sport pur. Man muss Torsten<br />
nicht verstehen. Aber man muss sich fast<br />
immer über ihn freuen.<br />
◻<br />
82 Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de
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Auf Achse I<br />
Solo electra<br />
Als die<br />
laufen lernten<br />
Seit Jahrzehnten baut Solo keine Zweiräder mehr. Dabei war die Marke aus<br />
Sindelfingen technologisch weit vorn und produzierte das erste Elektrozweirad<br />
mit Straßenzulassung. Text: Michael Pfeiffer; Fotos: Stefan Wolf, mps-Fotostudio<br />
Weihnachten 2013, die Geschenke<br />
sind verteilt und<br />
die Verwandtschaft besucht.<br />
Zeit, endlich einmal wieder auf<br />
einer bekannten Auktionsplattform den<br />
Zweiradmarkt abzugrasen. Ein witziges<br />
Gefährt erregt Aufmerksamkeit: Solo<br />
electra, 153 Euro, mal mitbieten. Aus Spaß<br />
wird Ernst, denn niemand will das Solo<br />
wirklich haben, für 223, 50 Euro geht es<br />
in den Besitz des Autors über. Solo? Ja<br />
genau! In Sindelfingen-Magstadt bauten<br />
fleißige Schwaben in den 70ern bis zu<br />
60 000 Mofas und Mopeds pro Jahr zu-<br />
sammen. Das electra war die Antwort auf<br />
die Öl krise 1973, als autofreie Sonntage<br />
und die Weissagungen des Club of Rome<br />
das nahe Ende des Erdölzeitalters erwarten<br />
ließen. In diese Zeit passte, zumindest<br />
nach den Plänen von Solo, ein Elektromofa,<br />
was in Zusammenarbeit mit Bosch<br />
84 Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de
Herrlicher 70er-Jahre-Lifestyle: das Solo electra als netter<br />
Begleiter für Sie, Einhell-Ladegerät<br />
Zwei Baumarkt-Batterien reichen fürs Erste, Ladebuchse und<br />
Lichtanlage provisorisch verkabelt. Mittig: der Fahrschalter<br />
Das erste Mofa-Cockpit mit Voltmeter: Wenn die Nadel<br />
auf Gelb fällt, dann hat man noch 500 Meter Reichweite<br />
Doppelt untersetzt: Der Motor dreht 4500/min, Keilriemen<br />
und Kette reduzieren verlustreich die Drehzahl des 10-Zöllers<br />
entwickelt wurde. Der Stuttgarter Weltkonzern<br />
spendierte den Motor, einen<br />
24-Volt-Antrieb mit 500 Watt Leistung.<br />
Zwei hintereinander geschaltete 12-Volt-<br />
Akkus liefern den Strom.<br />
Strom an und los geht’s!<br />
Die rudimentäre Verkabelung des Solos<br />
stellt auch bekennende Strom-Verachter<br />
wie den Autor vor keine großen Aufgaben.<br />
Die fehlende Ladebuchse inklusive<br />
Anschlüsse findet sich genauso wie ein<br />
passendes 24-Volt-Ladegerät im Auktionshaus.<br />
Sogar das gut 40 Jahre alte Voltmeter<br />
im Cockpit zeigt Grün an. Die beiden<br />
35-Ah-Batterien gehen für knapp 100<br />
Euro beim Baumarkt über den Ladentisch.<br />
Ein Dreh am Stromgriff, und schon dreht<br />
sich nach einem lauten „Klack“ das Hinterrad.<br />
Die erste Probefahrt ist ein echtes<br />
Erlebnis. Obwohl der Motor nur 500 Watt<br />
mobilisiert, schiebt das Solo recht spontan<br />
an. Gewöhnungsbedürftig: Es gibt keine<br />
Leistungssteuerung, nur null oder eins.<br />
Also volle Power oder gar nichts. Das<br />
kann in engen Kurven schon mal zu<br />
brenzligen Situationen führen.<br />
Die Betriebsanleitung erklärt: „Eine<br />
stufenlose Regulierung des Motors wäre<br />
nach dem heutigen Stand der Technik<br />
zwar möglich, aber sie ist im Augenblick<br />
noch nicht so ausgereift. Wir haben uns<br />
deshalb für die betriebssichere Ein- und<br />
Ausschaltmethode entschieden.“ Naja.<br />
Wer also nicht die vollen 25 km/h auskosten<br />
will, soll gefälligst „periodisch einund<br />
ausschalten“, so die Empfehlung.<br />
Nach einiger Übung hat man es drauf,<br />
lässt den Motor frühzeitig anschieben und<br />
ebenso vorrausschauend wieder ausgehen.<br />
Erschreckend kurz sind dabei die<br />
Rollwege. Der Grund: Die zweistufige<br />
Übersetzung des Motors läuft immer mit.<br />
Zwar gibt es eine Rutschkupplung mit<br />
Zukunftsweisend: Solo fotografiert auf dem<br />
Stuttgarter Flughafen, zeitgenössische Mode<br />
www.motorrad-classic.de<br />
Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> 85
Auf Achse I<br />
Solo electra<br />
Solo-Geschäftsführer Andreas Emmerich und Autor vor der Firmenzentrale<br />
in Sindelfingen, letztes Solo electra-Mofa mit schicken Gussrädern<br />
Freilauf direkt auf der Motorwelle, aber<br />
der Keilriemenantrieb muss mitbewegt<br />
werden. Dort entsteht eine immense Reibleistung,<br />
was nicht nur den Fahrwiderstand<br />
hoch hält, sondern so auch die<br />
Reichweite arg einschränkt. Von gut 35<br />
Kilometern ist in der Betriebsanleitung<br />
die Rede. Unser electra schaffte bestenfalls<br />
zehn, auch durch fleißiges Mittreten<br />
am Berg, was dank Mofatretkurbeln mit<br />
Kettenantrieb geht, kommt man nicht<br />
weiter. Nach ein paar Fahrten gab auch<br />
der erste Satz Batterien den Geist auf,<br />
neue 52-Ah-Akkus sollen es nun richten.<br />
Optisch kommt das Solo bestens an.<br />
Nahe zu jedem Passanten zaubert das<br />
ulkige Gefährt ein Lächeln ins Gesicht.<br />
Oder ist es etwa Mitleid?<br />
◻<br />
Interview<br />
Im Interview: Solo-Geschäftsführer<br />
Andreas Emmerich<br />
„Viel zu früh<br />
dran“<br />
Die Firmengeschichte von Solo<br />
weist Höhen und Tiefen auf. Anfang<br />
der 80er-Jahre verabschiedeten<br />
Sie sich von der Zweiradfertigung.<br />
Woran lag es?<br />
Wir haben es eigentlich verpasst<br />
uns auf eine Sache zu konzentrieren.<br />
Wenn man sich mal überlegt,<br />
wir waren einmal auf dem gleichen<br />
Stand wie Stihl. Wobei der<br />
Herr Stihl immer gesagt hat: „Wir<br />
bauen nur Motorsägen!“ Wir haben<br />
bei uns im Haus Stromgeneratoren,<br />
Außenbordmotoren,<br />
Mofas und Mopeds gemacht. Man<br />
hat sich immer von dem wegbewegt,<br />
was man gut konnte und<br />
dadurch den Kern vernachlässigt.<br />
Eine gute Zeit war es dennoch,<br />
als wir damals an diesem Standort<br />
Mofas und Mopeds gebaut<br />
haben. Aber dann kamen Führerschein<br />
und Helmpflicht, der<br />
Markt brach innerhalb von zwei,<br />
drei Jahren zusammen. Wir standen<br />
plötzlich mit einem Haufen<br />
Leute da, die nichts mehr zu tun<br />
hatten. Dann mussten wir erst<br />
einmal wieder in unsere Kernkompetenz<br />
investieren.<br />
Wann begann für Solo eigentlich<br />
die Zweiradphase?<br />
Ende der 60er-Jahre wurde das<br />
Zweirad als neuer Zielmarkt definiert.<br />
Wir waren Zweitaktspezialisten,<br />
und in den Mofas und<br />
Mopeds waren Zweitaktmotoren<br />
drin. Also waren wir eigentlich<br />
dafür prädestiniert, in diesem<br />
Markt erfolgreich zu sein. Die<br />
ersten Prototypen wurden dann<br />
noch mit einem Fremdmotor, einem<br />
Anker-Laura-Motor gebaut.<br />
Relativ schnell entwickelten wir<br />
einen eigenen Zweitaktmotor,<br />
bald auch mit Automatik-Kupplung.<br />
Unser Motor war dabei mit<br />
einem Flüssigkeitsmantel versehen.<br />
Damit hatte er eine bessere<br />
Wärmeableitung. Das Thema Mofa<br />
war für uns sehr vielseitig und<br />
wir drei Brüder waren genau im<br />
richtigen Alter, um damit herumzufahren.<br />
Der Roland war auch<br />
dabei, der berühmte Regisseur.<br />
Wie kam es dann zu einem<br />
Elek tromofa, dem Solo electra?<br />
Wir dachten damals, ein Elektrofahrzeug<br />
wäre die Zukunft. Wir<br />
waren tatsächlich der erste Hersteller,<br />
der so ein Fahrzeug produziert<br />
hat. Mit der damaligen<br />
Batterietechnik war das allerdings<br />
ein absolutes No-go. Wir waren<br />
einfach viel zu früh dran. Mein<br />
Vater erzählte mir einmal, er<br />
hätte einen Solo electra-Kunden<br />
in der Schweiz gehabt. Der wäre<br />
zwar sehr zufrieden gewesen mit<br />
dem Fahrzeug, allerdings hätte<br />
er so viele Batterien gebraucht,<br />
dass er dieselbe Strecke auch mit<br />
dem Taxi hätte fahren können,<br />
das wäre kostenmäßig aufs<br />
gleiche rausgekommen (lacht).<br />
Was waren denn die größten<br />
Schwachpunkte des electra?<br />
Da gab es viele. Die kleinen<br />
10-Zoll-Räder hatten einen immensen<br />
Rollwiderstand, die Steuerung,<br />
es gab ja nur null oder<br />
eins. Oder der Keilriemenantrieb,<br />
da fehlte ein Freilauf. Aber der<br />
größte Schwachpunkt waren eigentlich<br />
die Batterien. Die waren,<br />
wie heute auch noch, nicht haltbar<br />
und leistungsstark genug. Außerdem<br />
war es einfach zu teuer.<br />
Warum eigentlich?<br />
Wir haben nur etwa 1200 Stück<br />
gebaut. Ursprünglich war es auch<br />
gar nicht für den Straßenverkehr<br />
gedacht, sondern für die Nutzung<br />
in großen Fabriken. Wir hatten<br />
bis vor einiger Zeit noch eines<br />
hier im Betrieb. Die Antriebstechnik<br />
ist ziemlich robust. Aber unser<br />
großes Problem war auch der<br />
Vertrieb. Wir hatten ja gar kein<br />
Händlernetz. Deswegen haben<br />
wir zunächst über den Versandhandel<br />
verkauft. Bei Quelle. Aber<br />
das electra war auch am Markt<br />
vorbei entwickelt. Damals wurde<br />
einfach drauflos entwickelt, weil<br />
man das eben so machte.<br />
Bosch war Motorenzulieferer, die<br />
Batterien kamen von Berga. Der<br />
Rest wurde bei Ihnen gebaut?<br />
Ja, wir haben die Rahmen hier<br />
geschweißt und auch kunststoffbeschichtet.<br />
In der Spitze arbeiteten<br />
1200 Leute hier am Standort<br />
Sindelfingen-Magstadt, und wir<br />
haben 60 000 Fahrzeuge im Jahr<br />
produziert.<br />
Was macht Solo heute?<br />
Wir sind einer der letzten Kleinmotorenhersteller<br />
in Deutschland.<br />
Wir sind da Spezialisten. Wir<br />
bauen beispielsweise rückentragbare<br />
Spritzen, da sind wir Marktführer.<br />
Oder auch bei den Benzinmotor-getriebenen<br />
Trennscheiben<br />
sind wir Technologieführer. Dazu<br />
haben wir noch eine kleine, aber<br />
feine Flugmotorenherstellung.<br />
Das sind Zweizylinder-Zweitakter<br />
in Leichtbauweise für Segelflugzeuge.<br />
Der Stärkste hat über 60<br />
PS, wiegt aber nur 23 Kilogramm.<br />
Geheimer<br />
Prototyp:<br />
Am Ende<br />
glaubte Solo<br />
selbst nicht<br />
mehr an den<br />
Elektroantrieb.<br />
Ein<br />
Verbrenner<br />
passte prima<br />
in die Box<br />
86 Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de
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Suzuki GT 750<br />
Schrauben<br />
Ein heftig rauchender rechter oberer<br />
Auspuff, aus der Entlüftung drückendes<br />
Getriebeöl: Der Fachmann ahnt, da scheint<br />
etwas Größeres im Busch zu sein. Der Wasserbüffelmotor<br />
besitzt als große Besonderheit<br />
den Primärtrieb zwischen erstem und<br />
zweitem Zylinder. Der danebenliegende<br />
Kurbelwellendichtring ist eine alte Schwachstelle.<br />
Selbstverständlich war dieser bei<br />
meiner GT hin. Folge eins: Bei Vollgas pustet<br />
sie Frischgas ins Getriebe statt in den Brennraum.<br />
Folge zwei: Der Besitzer hadert mit<br />
dem Schicksal. Folge drei: Der Motor muss<br />
raus, total zerlegt und Kurbelwelle auseinandergezogen<br />
und mit neuen Dichtringen versehen<br />
wieder zusammengepresst werden.<br />
Eine Megaschraubernummer und nichts für<br />
schwache Nerven.<br />
Erstaunlicherweise ging die Demontage<br />
ziemlich schmerzfrei vonstatten. Weder rissen<br />
Stehbolzen ab, noch fanden sich verschlissene<br />
Teile. Selbst die Kolben, die immerhin<br />
schon 60 000 Kilometer auf den Böden<br />
haben, konnten wieder verwendet werden.<br />
Die Kurbelwelle, satte 20 Kilogramm<br />
schwer, wurde an Spezialist Bernd Braun<br />
spediert (www.crankup.de), der kaum eine<br />
Woche später die revidierte und blitzblank<br />
gesäuberte Welle wieder zurückschickte.<br />
Wie immer ungleich schwerer: das ganze<br />
Puzzle wieder zusammenzusetzen. Wer<br />
glaubt, Zweitakter seien einfach aufgebaut,<br />
kennt die GT 750 nicht. Das fängt an beim<br />
Schneckenantrieb für die Wasserpumpe und<br />
endet noch lange nicht bei dem federbelasteten<br />
Schnappmechanismus für den Kickstarter.<br />
Nein, die Ölpumpenwelle wird ebenfalls<br />
durch einen Schneckenantrieb bewegt.<br />
Immerhin liegen diese noch senkrecht im<br />
Gehäuse und können beim Zusammenbau<br />
noch einigermaßen leicht eingefädelt werden.<br />
Der Drehzahlmesserantrieb aber schießt<br />
den Vogel ab: Der muss schräg von oben ins<br />
schon wieder montierte Kurbelgehäuse eingesetzt<br />
werden. Dabei lagert die Stahlwelle<br />
in einer Aluhülse, die wiederum über eine<br />
winzige Bohrung per Schraube gesichert<br />
wird. Die hatten wohl ziemlich viel Zeit in<br />
den 70ern bei Suzuki am Band. Kaum sechs<br />
Nächte später kann der Rumpfmotor wieder<br />
in den Rahmen eingebaut werden. Immerhin:<br />
Die Kurbelwelle dreht sich auch noch<br />
nach dem Anziehen der 26 Gehäuseschrauben<br />
mit drei Schlüsselweiten. Glück!<br />
Werkstatt-Stillleben:<br />
Wenn der<br />
Motor wieder<br />
drin ist, die Deckel<br />
im Neonlicht<br />
glänzen und die<br />
Kurbelwelle sich<br />
noch drehen lässt,<br />
dann ist das<br />
Schrauberglück<br />
perfekt. Allerdings<br />
sind noch<br />
einige Nachtschichten<br />
nötig<br />
Der Zylinderblock<br />
zeigt schön, wie<br />
as ym metrisch der<br />
GT 750-Motor<br />
auf gebaut ist.<br />
Die Stehbolzengewinde<br />
mussten<br />
nachgeschnitten<br />
werden, dafür<br />
waren die Zylinderlaufbahnen<br />
noch einigermaßen<br />
in Ordnung<br />
Fotos: Michael Pfeiffer<br />
88 Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de
gerade so machen.<br />
Grundmotor wieder im Fahrwerk, Gehäusedeckel<br />
aufpoliert, Kettenschutz statt Fettkettenkasten<br />
Demontage ohne große Probleme, Stehbolzen,<br />
Kupplung und Getriebe intakt. Links die Ölpumpe<br />
www.motorrad-classic.de
NachDruck<br />
Fotos: mps-Fotostudio, Archiv<br />
Bestseller und Herausforderer:<br />
Lesen Sie hier noch einmal den<br />
ersten Vergleich zwischen Yamaha<br />
XJ 900 und Honda CB 900 F<br />
Bol d’Or aus dem Jahr 1983<br />
90 Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de
www.motorrad-classic.de<br />
Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> 91
NachDruck<br />
92 Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de
www.motorrad-classic.de<br />
Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> 93
NachDruck<br />
94 Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de
Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> 95
NachDruck<br />
96 Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de
ückBlick<br />
Die beiden<br />
900er<br />
aus heutiger Sicht<br />
Honda CB 900 F Bol d’Or Yamaha XJ 900<br />
„Die XJ 900 war technisch solide, das wenig<br />
inspirierende Konzept mir aber zu bieder“<br />
Fotos: Archiv, Bilski (1)<br />
Ich erinnere mich<br />
noch, als wäre es<br />
erst gestern gewesen,<br />
selbst im<br />
Abstand von nunmehr<br />
drei Jahrzehnten:<br />
Der Vergleichstest<br />
in MO-<br />
Supertest-Autor Horst<br />
von Saurma (59) von TORRAD war gerade<br />
„sport auto“ war vor erschienen, und<br />
seinem Namenswechsel<br />
als Horst Viesel-<br />
Geschichte wie fast<br />
ich als Autor der<br />
mann unterwegs – jedes Wochenende<br />
von 1981 bis 1986 in heimatlichen Gefilden<br />
rund um Det-<br />
als Test-Redakteur<br />
bei <strong>MOTORRAD</strong> mold unterwegs –<br />
auf dem Bike natürlich.<br />
Und auch dort – wie fast immer – das<br />
gleiche Frage-und-Antwort-Spiel zwischen<br />
Redakteur und Gleichgesinnten: „Sag mal,<br />
was hältst du von der und der Maschine,<br />
in diesem Fall der neuen XJ 900?“ Ich sag:<br />
„Lies doch den aktuellen Vergleich mit der<br />
Bol d’Or!“ „Aber ich will es auch von dir hören.“<br />
„Okay, meine persönliche Meinung ist:<br />
Gegen die Honda macht sie keine Schnitte.“<br />
Darauf einer der Bikerfreunde: „Aber ich<br />
will doch auch keine Zuvis fahren wie du.“<br />
Achselzucken beim Autor: „Warum fragst du<br />
mich dann?“ „Weil ich’s wissen will: Ist sie<br />
nun besser oder schlechter?“ „Kommt drauf<br />
an.“ „Ja, worauf denn?“ „Mein Gott, auf<br />
den, der drauf sitzt – und auch darauf, was<br />
man damit anstellen will.“ Der Dialog endete<br />
für mich (als Ex-Bol d’Or-Besitzer, der sein<br />
gestripptes und fahrwerkstechnisch rudimentär<br />
getuntes Motorrad – Konis! – ein<br />
paar Jahre zuvor auf dem Ring eingangs<br />
Hohenrain-Schikane mit Aussicht auf eine<br />
Top-Platzierung final zerstört hatte) mit<br />
einem etwas beschämenden Totschlag-Argument:<br />
„Als bekennender Bol d’Or-Fan hättest<br />
du den Vergleichstest ja eigentlich gar<br />
nicht schreiben dürfen!“ Ich höre mich noch<br />
leise sagen: „Aber ich finde, der ist neutral<br />
geschrieben.“ Das Ende vom Lied: Die<br />
Yamaha-Dichte stieg in den folgenden Wochen<br />
und Monaten signifikant an: Norbert<br />
P., Wolfgang W. und Karsten K. – alles andere<br />
als Weicheier – wechselten erhobenen<br />
Hauptes auf Yamaha XJ 900. Angesichts der<br />
fahrerischen Virtuosität, die sie unter dem<br />
Zeichen der drei gekreuzten Stimmgabeln<br />
an den Tag legten, musste auch ich dem XJ<br />
900-Konzept wohl oder übel zustimmen. An<br />
den objektiven Stärken der Yamaha gibt es<br />
tatsächlich nichts zu rütteln: entspannte Sitzposition<br />
für Fahrer und Beifahrer(in), weitgehend<br />
problemlose Umgangsformen, nicht<br />
zuletzt dank des Kardanantriebs, hohe Reisetauglichkeit,<br />
ein vergleichsweise günstiger<br />
Preis und die sprichwörtliche Zuverlässigkeit<br />
bescherten dem etwas rauen Charakter aus<br />
Iwata über die Jahre hinweg einen soliden,<br />
um nicht zu sagen: wenig ekstatischen<br />
Freundeskreis. Die sehr engagierte Yamaha-<br />
Händlerschaft im Landkreis Lippe tat damals<br />
in dieser Hinsicht sicher ein Übriges... Meine<br />
Meinung hat sich dadurch freilich bis heute<br />
nicht geändert: Das technisch solide, aber<br />
schon vor 30 Jahren wenig inspirierende<br />
Konzept hat auch nach drei Jahrzehnten Reifezeit<br />
nichts von seiner Biederkeit ablegen<br />
können. Eine Honda CB 900 F Bol d’Or dagegen<br />
– das wär’s doch, oder?<br />
„Für mich gehört speziell die Ur-XJ 900 zu den<br />
schönsten japanischen Naked Bikes“<br />
Den 900er-Vergleichstest<br />
von<br />
Horst habe ich<br />
1983 geradezu<br />
verschlungen. Obwohl<br />
sie den Kürzeren<br />
gezogen hatte,<br />
Uli Holzwarth (49) schlug mein Herz<br />
gefallen Formen sofort für die Yamaha.<br />
Gefühlt kam<br />
und Zuverlässigkeit<br />
der Yamaha XJ 900 die große Schwester<br />
meiner damaligen<br />
XJ 650 zwar mindestens vier Jahre zu spät,<br />
aber mit Kardanantrieb und der hübschen<br />
Cockpitverkleidung besaß sie für mich genügend<br />
Eigenständigkeit, um gegen Hondas<br />
Bestseller bestehen zu können. Damit stand<br />
ich wohl nicht alleine, denn die XJ 900 fand<br />
selbst 1994, im zwölften Verkaufsjahr, noch<br />
viele Liebhaber, die sich am – wie Horst es<br />
nennt – „uninspirierten Konzept“ erfreuten.<br />
Das bot technisch tatsächlich nur Hausmannskost,<br />
begeisterte aber vom Start weg<br />
mit einer überragenden Zuverlässigkeit.<br />
Außerdem finde ich, dass der schmale Zweiventiler<br />
mit mittiger Steuerkette, klassischem<br />
dohc-Layout, filigranen Kühlrippen und den<br />
gebürsteten Seitendeckeln zu den prachtvollsten<br />
Japan-Vierzylindern zählt. Überhaupt<br />
gehört für mich gerade die Ur-XJ 900<br />
mit ihrem neckischen Bikini-Windschild, den<br />
verstellbaren Alu-Lenkstummeln und den<br />
zeitlos-fließenden Formen zu den schönsten<br />
unverkleideten Japan-Bikes. Das von der<br />
ab 1984 nachträglich angebrachten, recht<br />
plumpen rahmenfesten Halbschale nicht<br />
gerade profitiert hat, um es gelinde auszudrücken.<br />
Dennoch, so uninspiriert, wie Horst<br />
es empfand, erscheint mir das Konzept der<br />
XJ im Rückblick gar nicht. Dass sie als Kardan-Big<br />
Bike nicht auf Teufel komm raus<br />
den Sportler raushängen ließ wie die im Lauf<br />
der Jahre spürbar gereifte Bol d’Or, hatte ja<br />
einen triftigen Grund: Für diese Rolle war im<br />
Yamaha-Programm bereits die FJ 1100 vorgesehen,<br />
die zu diesem Zeitpunkt kurz vor<br />
der Serienreife stand. Und rund ein Jahr später<br />
zusammen mit der Kawasaki GPZ 900 R<br />
eine neue Ära bei den sportlichen Big Bikes<br />
einleiten sollte, der selbst die Honda CB 900<br />
F nichts mehr entgegenzusetzen hatte.<br />
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Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> 97
Szene I<br />
Motorräder der Polizei<br />
Kurz nach dem<br />
Krieg gehen zwei<br />
Schutzmänner des<br />
Polizeikreises B1-<br />
Landkreis Bonn mit<br />
ihrem BMW R 71-<br />
Gespann auf Streife<br />
Kraft ihres<br />
Amtes<br />
Motorräder sind schnell und wendig. Vorteile, die sich vor rund 90<br />
Jahren erstmals auch die Polizei in den Metropolen zunutze machte,<br />
um der stark wachsenden Verkehrsdichte und Kriminalität Herr<br />
zu werden. Hier ist die Geschichte der deutschen Polizei-Maschinen.<br />
Text: Thomas Reinwald; Fotos: Archiv Reinwald<br />
98 Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de
Berlin war zu Beginn der<br />
„Roaring Twenties“ die<br />
erste deutsche Großstadt,<br />
in der Polizisten<br />
auf Motorrädern patroullierten. Im Gegensatz<br />
zu den schwerfälligen und oftmals<br />
auch unzuverlässigen Automobilen<br />
waren die Ordnungshüter mit ihren Maschinen<br />
auf den verstopften Straßen der<br />
deutschen Hauptstadt einfach schneller<br />
vor Ort, um Verkehrsrowdys oder Straftäter<br />
zu verfolgen.<br />
Die oberste Polizeibehörde war jedenfalls<br />
überzeugt vom Potenzial der schweren<br />
Krafträder. Besonders geeignet erschien<br />
die erste BMW. Und so wurden bereits<br />
kurz nach der Präsentation einige<br />
R 32-Modelle in München geordert. Auch<br />
die lokale Industrie durfte sich freuen:<br />
1920<br />
Die D-Rad-Werke<br />
lieferten Seitenwagen-Typen,<br />
mit denen<br />
drei Gendarmen als „schnelle Eingreiftruppe“<br />
zum Tatort gelangen konnten.<br />
Den Berliner Behördenfuhrpark bereicherten<br />
darüber hinaus einige Harley-<br />
Davidson – in den 1920er-Jahren war es<br />
vor allem der amerikanische Hersteller,<br />
der Polizeimotorräder anbot, die sowohl<br />
in den USA als auch in vielen anderen<br />
Ländern eine größere Verbreitung fanden.<br />
Ein Resultat des hohen Engagements von<br />
Harley beim Werben um behördliche Abnehmer<br />
weltweit. Doch Berlin setzte nicht<br />
nur bei den Motorrädern auf amerikanisches<br />
Know-how, sondern auch bei der<br />
Geschwindigkeitsüberwachung. Mit Hilfe<br />
eines US-Patents – einem speziellen Tachometer<br />
– konnten die Motorrad-Polizisten<br />
den Beweis für die Raserei erbringen.<br />
Als Einsatzkräder kamen dafür jedoch<br />
nicht die schweren Kaliber von BMW,<br />
D-Rad oder Harley-Davidson zum Zug,<br />
sondern leichte und agile 250er-Zweitakter<br />
von Zündapp. Sehr zum Leidwesen so<br />
mancher Temposünder, denn die Polizeikräder<br />
waren als solche nicht identifizierbar,<br />
nicht einmal über das Kennzeichen.<br />
Damals besaßen die Behördenmaschinen<br />
gewöhnliche Kennzeichen ihres Zulassungsbezirks.<br />
Alles andere als einheitlich war dagegen<br />
die Beschaffungspolitik der Polizeibehörden.<br />
Während man beispielsweise<br />
in Nürnberg auf lokale Hersteller setzte,<br />
kaufte Bremen Anfang der 1930er-Jahre<br />
bei Ardie ein (Typ „Jubiläumsmodell“).<br />
Andere Amtsstuben orderten auch bei<br />
kleineren Unternehmen, etwa Standard<br />
oder Tornax. Im ländlichen Raum kamen<br />
häufig auch kleinvolumige Modelle zum<br />
Einsatz, wie zum Beispiel Motorfahrräder<br />
mit dem 74er-Fichtel & Sachs-Zweitakter<br />
oder 98er-Miele. Maschinchen also, mit<br />
denen die Polizisten bestenfalls Präsenz<br />
zeigen konnten. In den Städten bevor-<br />
Ein Berliner Uniformierter posiert hier<br />
auf einer BMW R 32. Ballhupe und<br />
Scheinwerfer waren Polizei-Extras, das<br />
Kennzeichen dagegen ganz regulär<br />
Demonstrationsfahrt: Bei diesem Korso wurde laut damaligem Pressetext die<br />
Funktion der neuen Tachometer aus den USA vorgeführt, mit denen man<br />
die Geschwindigkeitsüberschreitungen zu schneller Autos messen konnte<br />
Die „Schnelle Eingreiftruppe“ der Berliner<br />
Polizei wurde in den frühen 1920er-<br />
Jahren mit solchen D-Rad-Gespannen<br />
ausgerüstet, um rascher durch den Verkehr<br />
zu kommen als mit einem Auto<br />
Ab 1925 wurden für die Berliner Polizei<br />
leichte und wendige Zündapp<br />
K 249 angeschafft – mit Hupe und<br />
Scheinwerfer. Der Tachometer rechts<br />
wurde übers Vorderrad angetrieben<br />
Die Behörden in<br />
Thüringen bevorzugten<br />
Belgische FN-<br />
Einzylinder für<br />
den Polizeieinsatz<br />
1930<br />
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Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> 99
Szene I<br />
Motorräder der Polizei<br />
zugte man jedoch eher starke Motorräder,<br />
um für Verfolgungsjagden gewappnet zu<br />
sein. Besonders in Dresden scheint man<br />
diesen Aspekt im Blickpunkt gehabt zu<br />
haben, denn von dort ergingen Aufträge<br />
an Mars (1000er mit Seitenwagen) und<br />
Wanderer (750er-V2-Gespanne). In Brandenburg,<br />
Breslau und München kam<br />
BMW zum Zug, während Köln für den<br />
Polizeidienst englische Einzylinder von<br />
Ariel wählte, und der Zulassungsbezirk<br />
Thüringen belgische FN-Singles bestellte.<br />
Große Typenvielfalt im Einsatz<br />
Diese enorme Typenvielfalt zeigt, wie<br />
wenig organisiert die Einkaufspolitik der<br />
Ordnungskräfte in jener Zeit war. Einzige<br />
Gemeinsamkeit: der zusätzliche Anbau<br />
von Ballhupe, Tachometer und einer<br />
Lichtanlage. Ansonsten glichen die Motorräder<br />
den serienmäßigen Pendants.<br />
Daran änderte sich auch nach Hitlers<br />
Machtergreifung 1933 erst einmal nichts.<br />
Im Zuge der nationalsozialistischen Diktatur<br />
mit zunehmendem militärischen<br />
Drill der Polizei kam es 1936 zu einer<br />
Restrukturierung, bei der die Polizei vereinheitlicht<br />
wurde. Bis dahin war auch<br />
die Typenvielfalt bei den Dienstkrädern<br />
einer Monokultur gewichen, für den Polizeieinsatz<br />
wurden fast nur noch BMW-<br />
Motorräder – sowohl Einzylinder als auch<br />
Boxer – angeschafft.<br />
In den Kriegsjahren ab 1939 war die<br />
Polizei in den militärischen Dienst integriert.<br />
Jedem Bataillon wurde eine bestimmte<br />
Anzahl an Polizisten zugeordnet,<br />
darunter bis zu sechs Motorradfahrer. Deren<br />
Maschinen trugen anstelle der spezifischen<br />
Wehrmachtskennzeichen das Kürzel<br />
„Pol“ für Polizei. Den größten Teil des<br />
Fuhrparks stellten damals BMW und NSU,<br />
vereinzelt kamen auch neue Zündapp DS<br />
350 und große, zu diesem Zeitpunkt aber<br />
schon veraltete Victoria-Bergmeister KR<br />
VI-Gespanne zum Einsatz. Außerdem ergänzten<br />
erbeutete Maschinen der Kriegsgegner<br />
den Polizei-Fuhrpark, der überwiegend<br />
aus den BMW-Boxern R 11 und<br />
R 71 sowie R 4-Einzylindertypen bestand.<br />
Die „überschweren Kräder“ Zündapp KS<br />
750 oder BMW R 75 waren dem Militär<br />
vorbehalten.<br />
Dies änderte sich erst unmittelbar<br />
nach Kriegsende. Weil die Polizei in allen<br />
neuen Regierungsbezirken sofort über<br />
fahrbare Untersätze verfügen sollte, gaben<br />
die Besatzungsmächte grünes Licht<br />
für den Bau großer Motorräder, der sonst<br />
nur im Ausnahmefall erlaubt war. Im<br />
Krieg wurden jedoch fast alle Werke mehr<br />
oder minder stark beschädigt, außerdem<br />
waren in den Nachkriegswirren viele ausgelagerte<br />
Fertigungsmaschinen gestohlen<br />
worden. Angesichts dieser widrigen Umstände<br />
konnten die ersten Polizeikräder<br />
Auf dem Land mussten die Beamten<br />
auf kleinen Maschinen Präsenz zeigen.<br />
Hier ein Dorfpolizist in Schleswig-Holstein<br />
1939 auf seiner 98er-Wanderer<br />
Momentaufnahme in einer Polizeiwerkstatt während des Zweiten Weltkriegs:<br />
Hier kümmern sich die Monteure um einige BMW R 11-Gespanne<br />
Weiße Dienstjacke mit Schärpe: Diese Aufnahme vom 29. Januar 1939 zeigt<br />
die Kradstaffel der Polizei in Komstau auf ihren NSU-Motorrädern<br />
Gut gelaunte Polizeitruppe hinter der<br />
NSU 501 OSL, die mit 130 km/h schnell<br />
genug für eine Täterverfolgung war<br />
1940<br />
100 Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de
nur mit viel Mühe hergestellt werden. In<br />
den Nürnberger Zündapp-Werken wurden<br />
aus Restbeständen KS 750-Gespanne<br />
gebaut. Ähnlich verhielt es sich in München<br />
bei BMW, wo etliche R 75-Modelle<br />
den Krieg relativ unbeschadet überstanden<br />
hatten und dann beispielsweise nach<br />
Nordrhein-Westfalen in schwarzer Polizeilackierung<br />
geliefert wurden. Die beiden<br />
äußerst robusten „überschweren<br />
Wehrmachtsgespanne“ waren eine ideale<br />
Ergänzung für den Polizeidienst, da sie<br />
ausreichend Leistung besaßen, um Bösewichte<br />
zu verfolgen oder drei Mann mit<br />
voller Ausrüstung zu befördern.<br />
Auf Grund der wirtschaftlich schlechten<br />
Lage nach 1945 ergab sich in Deutschland<br />
ein vollkommen unterschiedliches<br />
Bild im Hinblick auf den Polizei-Fuhrpark.<br />
Während beispielsweise bei der Schutzpolizei<br />
in Bonn BMW R 71-Modelle reaktiviert<br />
wurden, fuhren die Gendarmen in<br />
Aachen und Nürnberg auf Zündapp KS<br />
500 Streife. Im geteilten Berlin patroullierte<br />
die Polizei auf NSU-Zweizylindern und<br />
Vorkriegs-BMW-Boxern. Jene des Ostsektors<br />
waren an den Kennzeichen mit englischen<br />
und kyrillischen Schriftzeichen zu<br />
erkennen. In den Fuhrparks der sowjetischen<br />
Besatzungszone fanden sich ab<br />
1947 jedoch nur noch EMW-Einzylinder.<br />
In den ländlichen Regionen des Westens<br />
mangelte es der Polizei an fahrbaren Untersätzen.<br />
Um Präsenz zu zeigen, fuhren<br />
die Beamten hier oft sogar mit ihren eigenen<br />
Maschinen Streifendienst.<br />
Ein unhaltbarer Zustand, zumal die<br />
Modellvielfalt bei den Polizeikrädern Ende<br />
der 40er-, Anfang der 50er-Jahre viel<br />
Zeit und Geld für Wartung und Reparatur<br />
verschlang. Deshalb strebten die Behörden<br />
eine Vereinheitlichung des Fuhrparks<br />
an. Dabei genossen die großen Städte aufgrund<br />
ihrer höheren Verkehrsdichte eine<br />
Bevorzugung. Sie bekamen größere Motorräder<br />
zugeteilt, abgelegenere Bezirke<br />
mussten weiterhin mit kleinen Maschinen<br />
auskommen. Dorfpolizisten wurden immerhin<br />
mit modernen 200er-Zündapp<br />
oder NSU Lux ausgestattet.<br />
Die Polizei als Image-Politur<br />
Zu Beginn der 1950er-Jahre erlebte die<br />
deutsche Zweiradindustrie einen enormen<br />
Aufschwung. Dennoch buhlten viele<br />
Hersteller mit speziell aufgebauten Motorrädern<br />
auch um die Gunst der amtlichen<br />
Einkäufer. Vor allem Zündapp, NSU<br />
und BMW erkannten das große Potenzial<br />
der Behördenkräder. Neben der gesicherten<br />
Zahlung lockte nämlich die Aussicht<br />
auf Folgeaufträge. Außerdem profitierten<br />
auch die zivilen Modelle vom hohen<br />
Ansehen der Behördenmaschinen.<br />
Damals galt<br />
1950<br />
noch, dass nur das Beste<br />
Kurz nach dem<br />
Krieg fuhr die<br />
Nürnberger Polizei<br />
Zündapp-<br />
Wehrmachtgespanne,<br />
montiert aus<br />
Restbeständen.<br />
Gut besucht<br />
waren Veranstaltungen<br />
der<br />
Polizei-Artisten<br />
Diese BMW R 6 mit dem typischen Polizeikennzeichen<br />
während des Krieges war mit massiven Zylinderschutzbügeln<br />
und ledernen Packtaschen ausgerüstet. Stabil genug auch<br />
für Fitnessübungen, wie man hier sehen kann<br />
Die Polizei der schwäbischen Metropole Stuttgart<br />
präferierte die NSU Max, deren Behörden-<br />
Variante lederne Packtaschen besaß. Die Kräder<br />
wurden im nahen Neckarsulm gebaut<br />
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Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> 101
Szene I<br />
Motorräder der Polizei<br />
für die Polizei gut genug war. So führten<br />
einige Hersteller spezielle Behörden-Ausführungen<br />
in ihrem Programm, die mit<br />
kompletter Ausstattung oft auf den leistungsstärksten<br />
Modellen basierten. BMW<br />
präsentierte sein R 51/3-Gespann und<br />
Zündapp die KS 601 mit Seitenwagen,<br />
während NSU seine Max mit Packtaschen<br />
und dezenten Schutzbügeln anbot. Damit<br />
wurde ganz nebenbei der Wettbewerb<br />
zwischen BMW und Zündapp um die<br />
bessere Umsetzung des Boxermotorenkonzepts<br />
in die Behörden getragen, der<br />
letztlich zugunsten der Münchner entschieden<br />
wurde – zumindest, was die<br />
Auftragseingänge aus den Amtsstuben<br />
anging.<br />
Wie wichtig den Zweiradherstellern<br />
das Werbepotenzial der Polizeimotorräder<br />
war, zeigte sich im Jahre 1958. Nach<br />
dem Einbruch beim Motorradabsatz<br />
schwächelten auch die Verkäufe der Mopeds.<br />
NSU stellte daher den Landespolizisten<br />
des Kreises Dortmund-Lünen extra<br />
weiß lackierte 50er-Quicklys zur Verfügung.<br />
So eine spezielle Lackierung für die<br />
Polizeiorgane war damals nichts Außergewöhnliches.<br />
Auch die ab 1956 angebotene<br />
Polizei-Supermax war weiß.<br />
Bei BMW hielt man dagegen an der<br />
schwarzen Lackierung mit weißen Zierlinien<br />
selbst für den Behördendienst fest.<br />
Die Zündapp KS 601 wurde serienmäßig<br />
bekanntlich vor allem in Grün ausgeliefert.<br />
Für den Staatsdienst wurde sie anfangs<br />
schwarz lackiert. Als für die Polizei<br />
der Farbton “Tannengrün“ eingeführt<br />
wurde, gab es diesen auch für Zündapp-<br />
Maschinen. Unabhängig von der Farbwahl<br />
galt aber sowohl für die Mopeds als<br />
auch für die Motorräder, dass sich die angebotenen<br />
Behördenausführungen weder<br />
in der Motorisierung noch im Fahrwerk<br />
von den Serienmodellen unterschieden.<br />
Unterschiedlich war auch die Einkaufspolitik<br />
der Polizeibehörden. Viele<br />
Städte kauften bei lokalen Herstellern.<br />
So wurden Nürnbergs Straßen zunächst<br />
durch Zündapp-Gespanne überwacht,<br />
in München war BMW präsent, in Stuttgart<br />
bevorzugte man NSU, in Bad Homburg<br />
sah man Maschinen von Horex im<br />
Fuhrpark. In Regionen ohne solchen Lokalpatriotismus<br />
waren die Einkäufer ungebundener.<br />
Düsseldorf deckte seinen Bedarf<br />
überwiegend mit 175er-Tornax und<br />
250er-Adler, dazu gab es einige Motorroller<br />
von Vespa, die von Hoffmann in Lizenz<br />
gebaut wurden. Der Regierungsbezirk in<br />
Münster orderte 250er-DKW-Zweitakter,<br />
in Hannover fuhren die Ordnungshüter<br />
auf 250er-KR-Typen von Victoria. Beliebt<br />
war weiterhin die BMW R 25/3, die in<br />
1960<br />
Hamburg oder Köln<br />
eingesetzt wurde.<br />
Dass die Aufträge<br />
Diese weiße Supermax gab es ab<br />
1956 als spezielle Polizei-Variante, die<br />
es gegen BMW aber schwer hatte. Am<br />
Heck erkennt man hier die Funkeinheit<br />
Zu Beginn der 1950er-Jahre bot BMW der Polizei das Topmodell R 51/2 als Gespann<br />
an, von dem man sich auch Aufträge von Zoll und Bundespost erhoffte.<br />
Das Gespann kann als Grundstein für das Behördenprogramm gesehen werden<br />
BMW-Gespanne waren Mitte der 50er-<br />
Jahre weit verbreitete Fahrzeuge bei<br />
der Polizei. Die Aufnahme zeigt eine<br />
R 51/3 mit Seitenwagen in Bayreuth<br />
Polizeiveranstaltungen waren<br />
in den 1950ern gut besucht. Fürs<br />
Spektakel sorgten dabei vor<br />
allem die Motorrad-Artisten<br />
Viel Verkehr, viele Ordnungshüter: Das<br />
Foto zeigt einen Pulk Berliner Verkehrspolizisten<br />
auf BMW R 67/2, die auf das<br />
Signal zur Ausfahrt warten<br />
102 Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de
der Behörden nicht ohne waren, belegen<br />
die Zulassungszahlen der frühen 1950er-<br />
Jahre: Exakt 8565 Neuanmeldungen wurden<br />
1951 regis triert, im Jahr darauf waren<br />
es schon 12 782 Polizeikräder, 1953 stieg<br />
die Zahl gar auf 15 514 Motorräder. Als<br />
große technische Neuerung eroberten<br />
Mitte der 50er-Jahre Blaulicht und Martinshorn<br />
die Polizeimaschinen.<br />
Zu jener Zeit wurde einigen Motorrad-<br />
Beamten auch die Teilnahme an Zuverlässigkeitsveranstaltungen<br />
erlaubt, um sich<br />
mit Spitzenfahrern zu messen. Der bekannteste<br />
Motorsportler aus Polizeikreisen<br />
war Georg „Schorsch“ Meier, der den<br />
Grundstein für seine außergewöhnliche<br />
Sportkarriere bereits vor dem Krieg auf<br />
seinem Dienstmotorrad gelegt hatte, bevor<br />
er von BMW in den Rennstall übernommen<br />
wurde. Das dramatisch schwindende<br />
Interesse am Motorrad ausgangs<br />
der 50er-Jahre bedeutete zugleich das Ende<br />
der behördlichen Sportunterstützung.<br />
Parallel dazu schwand auch bei Polizei,<br />
Zollverwaltung, der Deutschen Bundespost<br />
und dem Bundesgrenzschutz die<br />
Nachfrage nach neuen Zweirädern stark.<br />
Bestellungen aus den Polizeipräsidien<br />
gingen nun vornehmlich an deutsche<br />
Autohersteller. Mainz war eine der ersten<br />
Städte, die ab 1958 ihre BMW R 50 durch<br />
den Kleinwagen Isetta ersetzten. Weitere<br />
Städte und Bundesländer folgten. Letztlich<br />
war es jedoch diese Abkehr vom motorisierten<br />
Zweirad, die – einhergehend<br />
mit dem Sterben vieler Zweiradhersteller<br />
– den Weg für BMW als Behördenlieferant<br />
der nächsten Jahrzehnte ebnen sollte!<br />
So war es 1959 zwölf BMW R 25/3<br />
vorbehalten, die bis dahin wichtigste<br />
Neuerung für den Polizeidienst einzuführen:<br />
Diese für München bestimmten Maschinen<br />
waren die ersten, die mit einem<br />
modernen Funkgerät auf Streife gingen.<br />
Jetzt konnten die Motorradpolizisten<br />
während der Fahrt mit der Zentrale kommunizieren<br />
– ein großer Vorteil! Die üppigen,<br />
trichterförmigen Sprechvorrichtungen<br />
am Lenker prägten bis in die 1970er-<br />
Jahre das Bild der Polizeimaschinen. Klar,<br />
dass fortan alle neu angeschafften Motorräder<br />
dieses Funkgerät besaßen.<br />
Und die Zeit war reif für neue, schnellere<br />
Motorräder, weil sich ja auch die Leistungsspirale<br />
des dramatisch wachsenden<br />
Verkehrsaufkommens immer schneller<br />
drehte. Alle Bestellungen gingen nun<br />
nach München zu BMW, dem einzig<br />
verbliebenen Hersteller leistungsstarker<br />
Motorräder. Im Jahr 1963 beschloss unter<br />
anderem das Innenministerium in Nordrhein-Westfalen,<br />
100 neue „Funkstreifen-<br />
Motorräder“ anzuschaffen, was deren<br />
Gesamtzahl damals auf 780 Stück erhöhte.<br />
Weitere Bundesländer folgten, weshalb<br />
die Schwingen-BMW mit 500 und<br />
Die bedeutendste<br />
Neuerung für<br />
Motorradpolizisten<br />
war die<br />
Einführung der<br />
Freisprechfunkanlagen<br />
mit<br />
trichterförmiger<br />
Sprechmuschel<br />
und Lautsprecher<br />
ab 1959<br />
Ab 1969 stand den Funkstreifen<br />
diese Version zur Verfügung. Die<br />
R 60/5 mit Avon-Vollverkleidung<br />
und verstellbarer Scheibe erlaubte<br />
ermüdungsfreie Dauerfahrten<br />
Eine Schwingen-BMW der Berliner<br />
Polizei Mitte der 60er mit Hoheitswappen<br />
auf dem vorderen Schutzblech<br />
und Heckaufbau für den Sprechfunk<br />
Schwingen-BMW mit<br />
Heinrich-Vollverkleidung.<br />
Die weiße<br />
Polizei-Variante war<br />
1965 selten, da dominierte<br />
noch Schwarz<br />
1970<br />
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Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> 103
szene I<br />
Motorräder der Polizei<br />
600 cm³ alsbald zum gewohnten Straßenbild<br />
zählten. Von den zivilen Varianten<br />
unterschied sie neben Blaulicht und<br />
Funkgerät noch die beiden Packtaschen<br />
am Heck sowie zwei starke Fanfaren. In<br />
der zweiten Hälfte der 60er-Jahre kamen<br />
vereinzelt Vollverkleidungen dazu. Gefertigt<br />
wurde der Nachrüst-Wetterschutz<br />
von Gläser oder Heinrich.<br />
Mit Einführung der /5-Baureihe bot<br />
BMW ab 1969 mit der 50 PS starken R<br />
75/5 erstmalig eine spezielle Version für<br />
den Polizeieinsatz an. Die voluminöse,<br />
weiße Verkleidung vom englischen Zulieferer<br />
Avon mit dem markanten Schriftzug<br />
„Polizei“ war im Straßenverkehr unübersehbar.<br />
Elegant gelöst war die Unterbringung<br />
von Funkgerät, Fanfare und Blaulicht<br />
in diversen Kästchen am Heck und<br />
innerhalb der großflächigen Verkleidung.<br />
Diese Maschine war der Auftakt zu<br />
einem speziellen Behördenprogramm, das<br />
bis zum heutigen Tage gepflegt wird. Die<br />
Behörden-Versionen wurden mit jedem<br />
Modellwechsel weitergeführt, ab 1975 in<br />
der Farbkombination grün-weiß.<br />
Als BMW 1976 mit der R 100 RS das<br />
erste Serienmotorrad mit Vollverkleidung<br />
präsentierte, gab es davon ebenfalls einen<br />
Polizeiableger. Ebenso von der noch großzügiger<br />
verschalten RT-Variante, zunächst<br />
mit Boxermotor, ab 1985 auch mit dem<br />
liegenden Dreizylinder der K 75. Behördliche<br />
Knausrigkeit gebar sogar eine voll<br />
verschalte Polizei-Variante der R 45, doch<br />
deren 27 PS waren vom zusätzlichen Gewicht<br />
völlig überfordert.<br />
Ausländische Behörden interessierten<br />
sich dagegen fast ausschließlich für die<br />
stärksten Motorisierungen. Weshalb BMW<br />
die R 100-Modelle in maßgeschneiderten<br />
Varianten anbot, an der sowohl die amerikanische<br />
Polizei Gefallen fand als auch die<br />
französische Gendarmerie.<br />
Ein ganz besonderer Erfolg gelang den<br />
Bayern dabei in England. In dem traditionell<br />
von Triumph beherrschten Behördenmarkt<br />
suchten Vertreter bereits 1973 nach<br />
Alternativen für die veralteten und sehr<br />
wartungsintensiven Twins. Dabei hatten<br />
sie natürlich auch ein Auge auf die Spezialversionen<br />
von BMW geworfen. Doch<br />
britische Lokalpatrioten plädierten weiterhin<br />
für die Unterstützung der siechenden<br />
einheimischen Industrie. Aber damit<br />
war selbst auf der Insel auf Dauer kein<br />
Staat zu machen. Und so durfte man sich<br />
1979 in München bereits über den tausendsten<br />
Boxer freuen, der in den englischen<br />
Polizeidienst übernommen wurde.<br />
Eine bayerische Erfolgsgeschichte, die<br />
bis heute anhält. Mittlerweile fährt nämlich<br />
die Polizei in allen Teilen der Welt auf<br />
die ausgefeilten<br />
1980<br />
Behördenkräder<br />
von BMW ab. ◻<br />
Die Polizei-Ausführung<br />
der 800er-BMW<br />
schützte den Piloten<br />
Ende der 1970er-Jahre<br />
mit der serienmäSSigen<br />
RT-tourenverkleidung.<br />
Abweichend von<br />
den Serienmodellen<br />
kamen hier schon<br />
die Brembo-Bremszangen<br />
zum Einsatz,<br />
auch Solositz und<br />
Taschen waren der<br />
Polizei vorbehalten<br />
Ein Blick hinter die Gläser-Verkleidung der<br />
BMW R 65: Gut zu erkennen ist die in den<br />
Tank eingelassene Bedieneinheit des<br />
Funkgeräts. Auch für die hubraumstärkeren<br />
Boxer gab es den „Behörden-Tank“<br />
Diese ab 1978 angebotene Behörden-Variante<br />
war eine 45 PS<br />
starke BMW R 65 mit RS-Solositzbank<br />
und einer Vollverkleidung<br />
vom Spezialisten Gläser<br />
Auch die Dreizylinder-K-Reihe wurde<br />
ab 1985 ins Behördenprogramm<br />
übernommen. Beliebt war vor allem<br />
die K 75 RT-Version, in einigen<br />
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104 Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de
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und -Importeur Japauto baute<br />
den skurrilen Langstreckenrenner<br />
auf Basis der CB 750 Four und<br />
siegte damit 1972 und 1973 beim<br />
Bol d’Or-24-Stunden-Rennen.<br />
Text: Alan Cathcart; Übersetzung: Gerhard Eirich;<br />
Fotos: Fabrice Berry<br />
Die Legende besagt, dass der Sieg von Dick Mann<br />
auf einem Honda Formula 750-Werksrenner<br />
bei den 200 Meilen von Daytona im März 1970<br />
einen Wendepunkt in der Geschichte des Motorradrennsports<br />
darstellt, weil die japanischen Reihen vier zylinder<br />
hier ihre Dominanz im von Production Racern bestimmten<br />
Straßenrennsport begründeten. Dieser Auftaktsieg von Hondas<br />
Ikone CB 750 auf der großen Weltbühne, die mit ihrem Einzug in<br />
die Ausstellungsräume der Händler ein Jahr zuvor das Erscheinungsbild<br />
des Motorrads komplett verändert hatte, markierte<br />
den Beginn einer neuen Ära im modernen Straßenrennsport, darin<br />
sind sich nahezu alle Betrachter der Zweirad-Historie einig.<br />
Obwohl dies, genauer betrachtet, nicht so ganz stimmt.<br />
Bereits am 13. September 1969 hatte Frankreichs größter<br />
Honda-Händler und -Importeur, die in Paris ansässige Firma<br />
Japauto, eine CB 750 beim klassischen Bol d’Or-24-Stunden-Rennen<br />
zum Sieg geführt. Das war gerade mal einige Wochen nach<br />
dem Erhalt der ersten von nachfolgend sprichwörtlich vielen<br />
Tausend verkauften Bikes, die in den Verkaufsräumen im Schatten<br />
des Arc de Triomphe den Besitzer wechselten. Der Japauto-<br />
Patron Christian Vilaséca war ein weitsichtiger Unternehmer,<br />
der nach dem Tod seiner Großvaters 1961 die familieneigene<br />
große General Motors-Vertretung übernommen hatte und<br />
schließlich 1966 Japauto gründete, um Honda-Automobile zu<br />
importieren. Seine erste Bestellung lautete über 150 Exemplare<br />
des kleinen Sportflitzers S 800, die praktisch über Nacht unters<br />
Volk gebracht wurden. Doch Vilaséca wollte auch im Zweiradgeschäft<br />
mitmischen, denn er war überzeugt, dass Honda die<br />
Dominanz auf dem schnell wachsenden Motorradmarkt erringen<br />
würde. Er sollte recht behalten, und das Debüt der Honda<br />
CB 750 auf der Tokyo Motor Show im Oktober 1968 sorgte für die<br />
Initialzündung des fortan explosiven Wachstums von Japauto,<br />
die sich schnell zu Europas größtem Motorradhändler entwickelten,<br />
mit über 1000 verkauften Neufahrzeugen pro Jahr.<br />
106 Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de
Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> 107
Sport I<br />
Japauto-Honda 950 SS<br />
Ermüdungsfrei<br />
schnell fahren<br />
– der ideale<br />
Langstreckenrenner<br />
Die 180-mm-Trommelbremse muss mit<br />
ran und braucht einen kräftigen Tritt<br />
Öltemperatur? Keine Info. Nur ein Schauglas<br />
hilft, den Ölstand zu kontrollieren<br />
Der von 61 auf 70 mm aufgebohrte Motor<br />
erweist sich als kultivierter Bulle mit 85 PS<br />
108 Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de
Wir alle haben einschneidende Momente und Erlebnisse in<br />
unserem Leben zu verzeichnen, tragische (wie beim Verfolgen<br />
der News am 11. September 2001 oder beim Tod von Elvis 1977)<br />
oder ganz einfach unvergessliche, wie zum Beispiel das Erleben<br />
von Mike Hailwoods Comeback-Rennen bei der TT auf der Isle<br />
of Man. Oder Colin Edwards zu beobachten, wie er sich beim<br />
Kampf um die Superbike-Weltmeisterschaft in Imola auf seinem<br />
Honda-V-Twin gegen die beiden Werks-Ducatis von Troy Bayliss<br />
und Ruben Xaus zur Wehr setzt – für viele das spannendste<br />
Straßenrennen aller Zeiten. In meinem Fall gibt es ein Erlebnis,<br />
das mit all diesen genannten auf einer Stufe steht – der Tag, an<br />
dem ich zum ersten Mal die CB 750 in natura erblickte, im Sommer<br />
1969. Ich lebte zu der Zeit in Paris und arbeitete in einer der<br />
kleinen Straßen, die vom Arc de Triomphe wegführen. Oft nutzte<br />
ich den Heimweg für einen kleinen Fußmarsch zur nahegelegenen<br />
Japauto-Niederlassung, wo ich sie dann erblickte, die Zukunft<br />
des Motorrads, eine auf dem Podest stehende Symphonie<br />
in Rot und Gold, mit vier, ja, bitte mitzählen, vier verchromten<br />
Auspufftöpfen und der ersten Scheibenbremse, die ich an einem<br />
Bike bis dahin gesehen hatte. Die Welt hatte sich verändert.<br />
Exotischer und erfolgreicher Renner<br />
Ich erinnere mich, dass ich bei einer meiner immer häufiger werdenden<br />
Stippvisiten, die ich unternahm, um die Honda anzuhimmeln<br />
(vielleicht würden sie mich ja mal Probe sitzen lassen),<br />
einen verschmutzten Straßenrenner mit Doppelscheibenbremse<br />
vorn im Rampenlicht erblickte, daneben ein Pokal und ein Banner<br />
mit einer Aufschrift, die besagte, dass diese Japauto-Honda<br />
am Wochenende zuvor das Bol d’Or-24-Stunden-Rennen in<br />
Montlhéry gewonnen hatte. Ich war beschämt, dass ich davon<br />
nichts gewusst hatte, aber dieser Sieg zerstreute meine letzten<br />
Zweifel an der Zuverlässigkeit dieser japanischen Vierzylinder-<br />
Konstruktion. Denn nicht zuletzt diese hatte Christian Vilaséca<br />
zum Sieg verholfen. Ich begann zu sparen, um mir meine eigene<br />
CB 750 bei Japauto zu kaufen, doch bald darauf verließ ich<br />
Frankreich, um in Südafrika zu arbeiten, so kam es nicht mehr<br />
dazu. Doch ich behielt die Entwicklung von Japauto im Auge,<br />
also auch die Entwicklung der Japauto 950 SS, angetrieben von<br />
einem aufgebohrten CB 750-Motor, den die Firma selbst kreierte<br />
und damit zwei weitere Bol d’Or-Siege einfuhr: 1972 mit den<br />
Piloten Gérard Debrock und Roger Ruiz und nochmals 1973, erneut<br />
mit Debrock und dem neuen Teamgefährten Thierry Tchernine.<br />
Diese beiden erkämpften den Sieg in einem mörderischen<br />
Rennen bei sintflutartigem Regen. Zu Ehren des Siegerbikes<br />
schuf Frankreichs größter Honda-Händler mit Zustimmung des<br />
Werks eine Replika auf CB 750-Basis – die 1000 VX. Diese trug<br />
ebenfalls die exzentrische Verkleidung, die so meilenweit weg<br />
war von allem bisher Dagewesenen.<br />
Die Japauto war damals eine außergewöhnliche Erscheinung,<br />
und sie ist es noch heute. Um die 250 Exemplare wurden<br />
in den folgenden fünf Jahren gebaut, bevor Vilaséca die Produktion<br />
1978 einstellte. Mit dem bevorstehenden Erscheinen von<br />
Hondas neuem dohc-16-Ventiler CB 900 F im Februar 1979<br />
machte die Existenz eines aufgebohrten ohc-Achtventilers wie<br />
in der Japauto keinen Sinn mehr. 72 Japauto-Exemplare wurden<br />
nach Spanien verkauft, ein lukratives Nebengeschäft für den<br />
umtriebigen Vilaséca, außerdem auch 30 Exemplare der 500 VX,<br />
die auf dem CB 450-Twin basierte. Weil in Spanien unter dem<br />
Franco-Regime ein Importverbot für japanische Bikes herrschte,<br />
um die einheimischen Marken Bultaco, Montesa, Ossa und Derbi<br />
vor exotischer Konkurrenz zu schützen, behauptete man bei<br />
Jap auto, mindestens 51 Prozent der Bauteile stammten aus nichtjapanischer<br />
Produktion. Dank dieses Kniffs konnten die exklusiven,<br />
zahlungskräftigen spanischen Kunden doch noch eine vierzylindrige<br />
Honda erstehen – made in Frankreich. Die Chance,<br />
eine dieser französischen Bike-Ikonen in Magny-Cours als eine<br />
Art Hommage an die legendären Bol d’Or-Rennen zu fahren, bedeutete<br />
für mich so etwas wie eine Erfüllung einer längst überfälligen<br />
Mission. Über 40 Jahre lang hatte ich mich gefragt, wie<br />
sich eine Japauto wohl fährt, und nun konnte ich es herausfinden<br />
– dank Patrick Massé, der sein erstes Bike, eine CB 750, im<br />
Alter von 20 Jahren natürlich bei Japauto gekauft hatte. Patrick<br />
und seine Frau Veronique sind die Gründer des französischen<br />
1000 VX-Clubs, und als leidenschaftliche Fans der Pariser Marke<br />
fahren beide ein Japauto-Original-Exemplar, neben vielen anderen<br />
Bikes, die alle einen CB 750-Motor in einem der vielen Zubehör-Rahmen<br />
tragen. Egli, Dresda, Seeley, Rickman, Moto Martin,<br />
Segoni, Japauto, PEM – alle sind sie vertreten, Okay, eine deutsche<br />
Eckert und eine Bimota HB1 fehlen noch – wenn also jemand<br />
eine verkaufen möchte . . . Ihr Hauptaugenmerk liegt aber<br />
doch auf Japauto, und im Laufe der Jahre haben sie sich auch ein<br />
gut bestücktes Lager mit Original-Ersatzteilen geschaffen. Als es<br />
also eines Tages darum ging, zum 30. Jubiläum eine Replika des<br />
1973er-Siegerbikes zu bauen, um die Fahrer Debrock und Tchernine<br />
zu einem Demonstrationslauf beim Coupes Moto Legende<br />
an den Start zu schicken, konnte Patrick helfen. Er zog alle not-<br />
Die ausladende Verkleidung macht nicht schneller, bietet<br />
aber guten Schutz vor Wind und Ermüdungserscheinungen<br />
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Sport I<br />
Japauto-Honda 950 SS<br />
Historie<br />
Bol d’Or-Sieger<br />
Das legendäre Bol d’Or-Rennen, ein 24-Stunden-Langstreckenlauf, wird<br />
seit 1922 (mit Unterbrechungen) ausgetragen. Bol d’Or-Siege haben von<br />
jeher einen ganz besonderen Stellenwert. Den ersten Honda-Sieg, ja<br />
eines japanischen Bikes überhaupt, konnte eine serienmäßige CB 750<br />
des Japauto-Teams 1969 erringen. Die von Japauto getunte 950 SS fuhr<br />
1972 und 1973 den Sieg ein, bewegt von den Fahrern Gérard Debrock/<br />
Roger Ruiz (1972) bzw. Debrock/Thierry Tchernine (1973).<br />
Routinier Debrock<br />
auf dem Weg<br />
zum Sieg 1973<br />
Fotos: Archiv<br />
Thierry Tchernine<br />
im legendären<br />
Regenrennen<br />
1973<br />
wendigen Originalteile aus seinem Lager, um eine Serien-CB 750<br />
K2 von 1974 in eine originalgetreue Kopie der 1973 siegreichen<br />
Maschine zu verwandeln – und das in nur zwei Monaten Bauzeit.<br />
Aber wo ist eigentlich das Original-Siegerbike? „Wenn es<br />
noch existieren würde, hätten wir den Aufwand nicht getrieben“,<br />
grinst Patrick, „aber die wenigsten Japauto-Team-Bikes<br />
haben überlebt und sind nie komplett. Es ist schwer nachzuvollziehen,<br />
aber Christian Vilaséca bewahrte keinen der Langstreckenrenner<br />
auf, nicht einmal die Siegerbikes. Sie wurden alle<br />
zerlegt und dienten als Teileträger für die Renner des Folgejahres<br />
oder stark modifiziert als Versuchsfahrzeuge der Weiterentwicklung.<br />
Er war nicht an der Vergangenheit interessiert, nur an der<br />
Zukunft.“ Eigentlich ziemlich japanisch, diese Einstellung.<br />
Nun wartet also diese detailgetreue Replika des 1973 erfolgreichen<br />
Bikes in der Boxengasse von Magny-Cours, und kein Geringerer<br />
als Thierry Tchernine gibt mir aufmunternde Tipps, wie<br />
man dieses Motorrad bewegen muss. Thierry hatte die Massé-<br />
Replika bereits bei einer Reihe von Veranstaltungen gefahren<br />
und bestätigte die hohe Authentizität der Maschine. „Dieses<br />
Motorrad zu fahren, spult die Zeit zurück“, erklärt er begeistert.<br />
„Es ist kaum zu glauben, dass dieses Bike nicht das originale<br />
Siegermotorrad von damals ist. Besonders der Motor agiert so geschmeidig<br />
und sanft, verzeiht fast alles und zieht so bullig von<br />
Daten<br />
Japauto-Honda 950 SS<br />
Motor: Luftgekühlter Reihenvierzylinder-Viertaktmotor, eine<br />
obenliegende Nockenwelle, je zwei kipphebelbetätigte Ventile pro<br />
Zylinder, Bohrung x Hub 70 x 63 mm, Verdichtung 9:1, Hubraum<br />
970 cm³, Leistung 85 PS bei 8500/min (am Hinterrad gemessen),<br />
vier Keihin-Vergaser, Ø 28 mm<br />
Kraftübertragung: Mehrscheiben-Ölbadkupplung, Fünfganggetriebe,<br />
Kettenantrieb<br />
Fahrwerk: Doppelschleifenrahmen aus Stahlrohr, hydraulisch gedämpfte<br />
Telegabel vorn, Ø 35 mm, Zweiarmschwinge aus Stahl mit<br />
zwei Koni-Federbeinen hinten, Akront-Drahtspeichenräder 1.85/2.50<br />
v./h. mit Reifen 100/90-19 vorn und 120/90-18 hinten, Doppelscheibenbremse<br />
vorn, Ø 296 mm, Trommelbremse hinten, Ø 180 mm<br />
Maße und Gewichte:Radstand 1500 mm, Lenkkopfwinkel<br />
62 Grad, Gewicht 208 kg (mit Öl, ohne Benzin)<br />
Höchstgeschwindigkeit: 235 km/h<br />
Clubinfos: http://1000vx-club.pagesperso-orange.fr<br />
110 Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de
Neun Millimeter mehr Bohrung<br />
(unten) verhelfen zu 970 cm³<br />
Unterm Kleid eine fast normale CB: Der lange Radstand und die relativ flach stehende<br />
Gabel lassen eher auf Stabilität als auf Handlichkeit des 208-Kilogramm-Renners schließen<br />
www.motorrad-classic.de Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> 111
Sport I<br />
Japauto-Honda 950 SS<br />
Die wuchtig<br />
wirkende 950 SS<br />
lässt sich leichter<br />
einlenken, als<br />
erwartet<br />
Die Batterie sitzt, von Gummibändern<br />
gehalten, im mächtigen Heckbürzel<br />
Kein krampfhafter Leichtbauwahn –<br />
der Kickstarter darf an Bord bleiben<br />
In lang gezogenen, schnellen Kurven besticht<br />
die 950 SS mit souveräner Stabilität<br />
112 Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de
unten raus, dass du sogar in engen Kehren nie den ersten Gang<br />
brauchst. Ein idealer Langstreckenrenner, der den Fahrer selbst<br />
bei forciertem Ritt nicht zu sehr fordert. Sogar wenn du müde<br />
bist, kannst du mit dem Bike noch sehr schnell unterwegs sein.“<br />
Um das Bein beim Aufsitzen über die Japauto zu schwingen,<br />
muss man sich wegen des ausladenden Sitzhöckers, der die Batterie<br />
beherbergt, auf die Zehenspitzen stellen. Einmal im Sattel<br />
sitzend stellt man jedoch fest, dass die Sitzbank mit ihren 805<br />
Millimetern nicht zu hoch geraten ist und der Fahrerhintern sich<br />
perfekt am eingebuchteten Höcker abstützt. So eingekeilt verharrt<br />
der Pilot bis zum nächsten Boxenstopp, umherrutschen<br />
oder gar Hanging-off ist nicht angesagt, ja eigentlich unmöglich.<br />
Eine halb aufrechte, fast entspannte Sitzposition erlaubt lange<br />
Etappen ohne den Fahrer zu ermüden oder dessen Handgelenke<br />
zu stark zu belasten, obwohl der Pilot weit über den voluminösen,<br />
aber nicht zu sperrigen Tank gestreckt agiert. Einen Ölkühler,<br />
um die Temperatur der sechs Liter Schmierstoff im grünen<br />
Bereich zu halten, gibt es nicht. Stattdessen muss ein Schauglas<br />
zur Kontrolle des Ölstands bei den Boxenstopps genügen. Die<br />
einzige Anzeige, die es im Auge zu behalten gilt, ist also der<br />
Drehzahlmesser. Der rote Bereich beginnt bei 10 500/min, eigentlich<br />
zu spät für einen Big-Bore-Motor mit 970 cm³ und einem<br />
Bohrung-/Hubverhältnis von 70 x 63 mm. 1000 Umdrehungen<br />
weniger sind besser, empfiehlt Patrick. Die 85 PS des sanft getunten<br />
Motors stehen bei 8500/min zur Verfügung, das maximale<br />
Drehmoment liegt bei 7200/min an. Der beste Weg, diesen böse<br />
knurrenden, bulligen Motor zu behandeln, ist auf der Drehmomentwelle<br />
ab 3000 Touren aufwärts zu surfen und bei rund<br />
8000/min zu schalten. So ist jederzeit gute Beschleunigung<br />
garantiert für ein Bike dieser Ära. Die Japauto gibt sich aber nicht<br />
so bissig wie die Godier/Genoud-Kawasaki, die Bol d’Or-Siegermaschine<br />
von 1975, die ich vor einigen Jahren fahren durfte.<br />
Dafür bot der elastische, mehr verzeihende Honda-ohc-Motor<br />
sicher die bessere Charakteristik, um eben jenes schwierige<br />
Regenrennen 1973 zu gewinnen.<br />
Die Verkleidung – nicht schön, aber effektiv<br />
Diese seltsam aussehende, aber effektive Verkleidung hatte sicher<br />
ihren Anteil am Erfolg im Regen, wie Debrock 1973 zugab.<br />
Doch er ergänzte: „Als wir im Mai für das Rennen in Le Mans<br />
testeten, konnten wir keine vernünftigen Rundenzeiten erzielen.<br />
Also nahmen wir die Verkleidung ab und waren sofort zwei Sekunden<br />
schneller – mit einem nackten Motorrad! Aber Monsieur<br />
Vilaséca bestand darauf, mit Verkleidung zu fahren, und er sollte<br />
recht behalten.“ Die Japauto-Verkleidung ist ebenso ungewöhnlich<br />
im Design wie in ihrer Effektivität, denn vor 40 Jahren hatte<br />
die Langstrecken-Konkurrenz schlanke, windschnittige Schalen<br />
im GP-Stil, oder eben überhaupt keine. Der Nachteil einer gut<br />
schützenden Verkleidung ist oft eine gewisse Entkoppelung des<br />
Fahrers, das Gefühl, losgelöst vom Bike zu sein wegen der alles<br />
umspannenden Schale, die es erschwert, in Kurven die richtige<br />
Linie zu finden. Die Japauto weist diesen Nachteil allerdings<br />
kaum auf, vielleicht auch, weil die flache Scheibe dem Piloten<br />
gute Sicht darüber und nicht nur hindurch bietet.<br />
Eine weitere Überraschung war, dass sich die 950 SS trotz<br />
ihres ellenlangen Radstands von 1500 Millimetern und des Lenkkopfwinkels<br />
der 35-mm-Showa-Seriengabel von nur 62 Grad<br />
nicht so schwer und behäbig einlenken ließ wie befürchtet. Klar,<br />
sie ist nicht gerade ein 250er-GP-Renner, und das Einlenken des<br />
19 Zoll großen Vorderrads erfordert etwas Kraftaufwand, doch<br />
ich hatte, speziell in den Schikanen von Magny-Cours, nicht mit<br />
so leichtfüßigen Richtungswechseln gerechnet. Die Japauto verhielt<br />
sich superstabil in den schnellen, lang gezogenen Kurven,<br />
vermittelte ein solides und verlässliches Fahrgefühl. Kein allzu<br />
körperbetontes Fahren, trotz der Fahrwerksgeometrie. Allerdings<br />
erwies sich die Federung alles andere als vertraueneinflössend,<br />
wenn das Bike mit beiden Rädern wüst trampelnd über<br />
die Querfugen rumpelte, bevor ich auf die lange Hauptgerade<br />
einbog. Als ebenso enttäuschend entpuppten sich die Bremsen,<br />
296-Millimeter-Stahlscheiben, in die Zange genommen von<br />
Tokico-Einkolbensätteln aus der CB 500. Deren Aufbau ermöglichte<br />
schnellere Wechsel der Bremsbeläge beim Boxenstopp,<br />
obwohl Debrock/Tchernine dies in ihrem siegreichen Rennen<br />
1973 gar nicht nötig hatten. Wohl wegen des Regenwetters, das<br />
harte Bremsmanöver gar nicht zuließ, womit hoher Verschleiß<br />
vermieden wurde. Doch verglichen mit zeitgenössischen Bremsen,<br />
etwa denen einer Ducati 750 SS des Folgejahres, wirken<br />
die Japauto-Stopper schlicht dürftig. Man muss heftig am Hebel<br />
ziehen und gleichzeitig hart aufs Pedal für die hintere Trommelbremse<br />
treten, um so etwas wie Verzögerung zu erzielen.<br />
Auch das Getriebe erwies sich als sensibel zu behandelnde<br />
Schaltbox, die einen geduldigen Fahrer verlangt, vor allem beim<br />
Hochschalten. Zweimal sprang bei der Japauto der Gang heraus,<br />
Sekunden nach dem Schaltvorgang, als ich den Gang längst eingerastet<br />
wähnte, was jedoch offenbar nicht der Fall war. Gangwechsel<br />
erfordern also Zeit, was jedoch angesichts des bulligen<br />
Charakters des Motors kein so großes Thema darstellt. Hochschalten<br />
ohne zu kuppeln funktioniert übrigens recht gut –<br />
Thierry Tchernine gab sogar zu, weder beim Rauf- noch beim<br />
Runterschalten jemals gekuppelt zu haben. Gasbefehle werden<br />
nur recht verzögert umgesetzt, der Gasgriff erwies sich als<br />
schwergängig, was kurze Gasstöße beim Runterschalten deutlich<br />
erschwerte.<br />
Ungeachtet aller kleinen Kritikpunkte – die Japauto punktet<br />
vor allem mit dem Vertrauen, das sie vermittelt. Sie fühlt sich<br />
stimmig, solide und gut verarbeitet an. Ganz eindeutig ein Kind<br />
der 1970er, ein zukunftsweisendes Motorrad, das ebenso effektiv<br />
in seiner Bauweise war wie einzigartig im Design. Ein Motorrad,<br />
wie es heute eben nicht mehr gebaut wird.<br />
◻<br />
Fahrer und Fan: Thierry Tchernine (links) neben der Japauto-<br />
Replika und dem langjährigen Japauto-Fan Patrick Massé<br />
www.motorrad-classic.de
Vorschau I<br />
Ausgabe 5/<strong>2014</strong> erscheint am 23. Mai <strong>2014</strong><br />
Velocette<br />
LE II<br />
Ungewöhnlicher<br />
kann ein Motorrad<br />
kaum aussehen,<br />
dabei war die kleine<br />
Velocette fürs<br />
breite Publikum<br />
gedacht. Ebenso<br />
extravagant die<br />
Technik, doch nun<br />
kommt der Clou:<br />
Die LE funktioniert<br />
prächtig<br />
und fährt sich<br />
kinderleicht<br />
Low-Budget-Pantah<br />
Ein Leser zeigt mit seinem<br />
Umbau einer Ducati Pantah,<br />
dass unbegrenzter Fahrspaß<br />
auch bei einem limitierten<br />
Budget möglich ist<br />
Trial-Legende<br />
Munstermann<br />
Rudi Munstermann<br />
hat den Trialsport<br />
über 50 Jahre lang<br />
mit Leib und Seele<br />
begleitet, sein Fourstroke-Trial<br />
gilt in<br />
der Szene längst als<br />
Klassiker. Porträt<br />
eines unermüdlichen<br />
Kämpfers<br />
Fotos: Schmieder, Siemer (2); Themenänderungen vorbehalten<br />
Impressum<br />
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<strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong><br />
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