MOTORRAD Classic 4/2014

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4/2014 www.motorrad-classic.de Youngtimer Oldtimer Szene Markt Der erste Vergleich von 1983 Yamaha XJ 900 gegen Honda CB 900 F im Nachdruck Höhepunkte einer luftgekühlten Ära StArkes Finale Kawasaki GPZ 1100 UT Laverda RGS 1000 Suzuki GSX 1100 EF Neu interpretiert Kawasaki 750 H2 Bol d‘Or-Legende Japauto 950 SS Leidenschaft Ein Leben für & Mit Rudge Erfolgsmodell BMW R2 Große Kunst im Kleinformat: Modellbauer Pere Tarragó Deutschland 5,70 € Österreich 6,40 € . Schweiz 10,80 SFr BeNeLux 6,60 € . Finnland 8,50 € Griechenland 8,20 €

4/<strong>2014</strong><br />

www.motorrad-classic.de<br />

Youngtimer Oldtimer Szene Markt<br />

Der erste<br />

Vergleich von 1983<br />

Yamaha XJ 900<br />

gegen<br />

Honda CB 900 F<br />

im<br />

Nachdruck<br />

Höhepunkte einer luftgekühlten Ära<br />

StArkes<br />

Finale<br />

Kawasaki GPZ 1100 UT<br />

Laverda RGS 1000<br />

Suzuki GSX 1100 EF<br />

Neu interpretiert<br />

Kawasaki<br />

750 H2<br />

Bol d‘Or-Legende<br />

Japauto<br />

950 SS<br />

Leidenschaft<br />

Ein Leben<br />

für & Mit<br />

Rudge<br />

Erfolgsmodell<br />

BMW<br />

R2<br />

Große Kunst im Kleinformat:<br />

Modellbauer Pere Tarragó<br />

Deutschland 5,70 €<br />

Österreich 6,40 € . Schweiz 10,80 SFr<br />

BeNeLux 6,60 € . Finnland 8,50 €<br />

Griechenland 8,20 €


Inhalt I<br />

4/<strong>2014</strong><br />

Als günstige BMW des kleinen Mannes<br />

ging die R 2 mit ihrem 200er-Einzylinder<br />

ab 1931 in den Verkauf und wurde in den<br />

folgenden Jahren ein voller Erfolg<br />

34<br />

Eine deutsche Familie lebt in Kanada und<br />

schwört auf die britischen Bikes von Rudge<br />

Motorräder<br />

in dieseR<br />

Ausgabe:<br />

BMW R 2 34<br />

Honda CB 900 F 90<br />

Japauto-Honda 950 SS106<br />

Kawasaki GPZ 1100 UT 4<br />

Kawasaki H2 Kamikaze20<br />

Laverda RGS 1000 4<br />

Solo electra 84<br />

Suzuki GSX 1100 EF 4<br />

Yamaha XJ 900 90<br />

Echter Filigran-<br />

Künstler: Der<br />

Spanier Pere<br />

Tarragó baut<br />

mit größter<br />

Perfektion<br />

Modelle im<br />

Maßstab 1:5<br />

44<br />

28<br />

Die H2 von Umbau-Profi<br />

Tobias Guckel sieht endlich<br />

so aus, wie sie fährt:<br />

wild und aggressiv<br />

20<br />

Titelfotos: Cathcart (2), Christian Haasz, werbeFOTO HAASZ GbR, fact, Siemer, Schmieder; Fotos: Cathcart (2), Christian Haasz, werbeFOTO HAASZ GbR, fact, mps-Fotostudio, Reinwald, Siemer (2), Schmieder, Schwab<br />

2 Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de


4<br />

Auf Achse<br />

4 Hubraum-Boliden mit Luftkühlung<br />

Kawasaki GPZ 1100 Unitrak, Laverda<br />

RGS 1000 und die Suzuki GSX 1100 EF<br />

waren Mitte der 80er-Jahre die Highlights<br />

und zugleich letzten Vertreter von drei<br />

legendären Big Bike-Baureihen<br />

im Studio<br />

20 Kawasaki 750 H2 „Kamikaze“<br />

Ein spektakulärer Eigenbau huldigt dem<br />

wilden Ruf des Kawa-Zweitakters<br />

78<br />

90<br />

84<br />

98<br />

Szene<br />

28 Verrückt nach Rudge<br />

Eine deutsche Familie fährt in Kanada<br />

voll auf die raren Rudge-Motorräder ab<br />

34 BMW R 2<br />

Das einstige Erfolgsmodell der frühen<br />

1930er-Jahre ist heute selten geworden<br />

44 Modellbauer Pere Tarragó<br />

Besuch bei einem Perfektionisten, der die<br />

exklusivsten Motorrad-Miniaturen baut<br />

50 Nachrichten, Termine, Tipps<br />

78 Porträt Torsten Bischof<br />

Der Mann schraubt für sein Leben gern –<br />

und lässt andere daran teilhaben<br />

84 Solo electra<br />

Die Schwaben waren mit dem ersten<br />

Elektro-Zweirad der Zeit voraus<br />

88 Angezettelt<br />

Der Chef kämpft mit dem Wasserbüffel<br />

98 Die Geschichte der Polizei-Motorräder<br />

So haben sich die Behörden-Maschinen<br />

im Lauf der Jahrzehnte gewandelt<br />

Zurückgeblättert<br />

42 Interessantes aus <strong>MOTORRAD</strong> 9/1971<br />

Nachgedruckt<br />

90 Yamaha XJ 900 und Honda CB 900 F im<br />

ersten Vergleich von 1983<br />

Markt<br />

70 Der aktuelle Preisspiegel<br />

Über 450 Youngtimer unter der Lupe<br />

Sport<br />

106 Japauto-Honda 950 SS<br />

Bol d‘Or-Sieger mit eigenwilligem Stil<br />

Rubriken<br />

51 Helden-Club<br />

54 Kleinanzeigen-Markt<br />

75 Leserbriefe<br />

114 Vorschau/Impressum<br />

Edit0rial<br />

Wie original<br />

muss ein<br />

klassiker sein?<br />

Beim Restaurieren meiner Suzuki<br />

habe ich mir echt einen Kopf gemacht.<br />

Wie original soll sie hinterher<br />

sein? Soll ich die harten und trotzdem<br />

schlecht dämpfenden Federbeine verwenden<br />

oder neue aus dem Zubehörmarkt?<br />

O-Ring-Kette oder die schnell verschleißende<br />

aus den 70er-Jahren? Schöne<br />

leichte Rennbirnen oder doch die 30-Kilo-<br />

Drei-in-vier? Letztendlich baue ich sie<br />

doch so original wie möglich auf.<br />

Das andere Extrem zeigt ein Klassik-<br />

Umbau, wie wir ihn noch selten in MO-<br />

TORRAD <strong>Classic</strong> präsentieren konnten.<br />

Die Kamikaze-H2 von Tobias Guckel demonstriert,<br />

was mit viel Engagement und<br />

Formgefühl aus so einer Kawasaki gemacht<br />

werden kann. Ein radikales, konsequent<br />

aufgebautes Motorrad, das mit dem<br />

Original nur noch wenig zu tun hat. Darf<br />

man so etwas machen? Eine wunderschöne<br />

Kawasaki H2 dermaßen verändern?<br />

Ich denke schon. Wichtig ist für mich,<br />

was am Ende auf den Rädern steht. Wie<br />

stimmig ist das Ganze, passen die Proportionen,<br />

wurden noch einigermaßen zeitgenössische<br />

Teile verwendet und wie viel<br />

Liebe zum Detail kann man erkennen?<br />

Im Fall der Kamikaze passt einfach<br />

alles. Dieser gekonnte Mix aus 70er- und<br />

80er-Jahren macht einfach an. Respekt.<br />

Ich bin gespannt, wie Sie das finden.<br />

Schreiben Sie mir doch Ihre Meinung an<br />

motorradclassic@motorpresse.de.<br />

Viel Spaß beim Lesen<br />

wünscht Ihnen<br />

106<br />

Michael Pfeiffer<br />

www.motorrad-classic.de<br />

Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> 3


Auf Achse I<br />

Kawasaki GPZ 1100 UT I Laverda RGS 1000 I Suzuki GSX 1100 EF<br />

4 Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de


Luftobjekte<br />

Sie zählten Mitte der 1980er zu den bedrohten, bärenstarken luftgekühlten<br />

Big Bikes – den wassergekühlten Motoren schien<br />

die Zukunft zu gehören. <strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> blies GPZ, RGS und<br />

GSX rund 30 Jahre später noch mal den Wind um die Motoren.<br />

Text: Gerhard Eirich; Fotos: fact<br />

www.motorrad-classic.de<br />

Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> 5


Auf Achse I<br />

Kawasaki GPZ 1100 UT I Laverda RGS 1000 I Suzuki GSX 1100 EF<br />

Die Sportliche:<br />

Kawasaki<br />

GPZ 1100 UT<br />

Das hubraumstärkste Modell der GPZ-Baureihe verbindet<br />

betagte, aber bewährte Motortechnik mit einer modernen<br />

digitalen Einspritzanlage. Mit geducktem Erscheinungsbild<br />

und offen 120 PS starkem Motor die Sportlerin des Trios<br />

6 Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de


1 Mit dem Exzenter-<br />

Kettenspanner hatte<br />

Kawasaki schon damals<br />

ein zukunftsweisendes<br />

Detail<br />

verbaut<br />

2 Die großen, etwas<br />

grobschlächtig anmutenden<br />

Schalter<br />

wirken ein wenig<br />

wie aus dem Lego-<br />

Baukasten<br />

1 2<br />

3 Schwarze Schönheit:<br />

Der klassisch<br />

verrippte Motor<br />

setzt sich gut in<br />

Szene und vertraut<br />

auf einen Ölkühler<br />

4 Die DFI-Einheit<br />

hatte schon 1983<br />

eine Leuchtdiode<br />

auf dem Steuergerät,<br />

die Fehler per<br />

Blinkcode anzeigt<br />

5 Kleine Runduhren<br />

im Cockpit, dafür<br />

viele Warnlampen,<br />

die mehr oder<br />

we niger verlässlich<br />

auf Störungen hinweisen<br />

3<br />

4<br />

5


Auf Achse I<br />

Kawasaki GPZ 1100 UT I Laverda RGS 1000 I Suzuki GSX 1100 EF<br />

Im Winter kann es einfrieren, im<br />

Sommer kocht der Kühler – Wasserkühlung<br />

braucht kein Mensch.“<br />

Die Argumente der Fans luftgekühlter<br />

Motoren klingen überzeugend.<br />

Okay, bei 30 Grad Außentemperatur hechelt<br />

auch ein großzügig verrippter luftgekühlter<br />

Motor nach jedem kühlenden<br />

Lüftchen, wenn der Fahrer sein Bike in<br />

der Stadt von Ampelstopp zu Ampelstopp<br />

quält. Doch wir rollen mit unseren drei<br />

Vertreterinnen dieser glorreichen Zeit ja<br />

an diesem ersten sonnigen, warmen Frühlingswochenende<br />

in Richtung Schwäbische<br />

Alb. Blauer Himmel – passt.<br />

Auf drei Exemplare mit Reihenmotoren<br />

ist unsere Wahl gefallen. Schon die<br />

Kürzel lassen die Ü-40er unter uns wissend<br />

nicken und versonnen dreinblicken<br />

– GPZ, GSX und RGS standen schließlich<br />

lange genug für meist unerfüllte Träume.<br />

Wer hat damals nicht die ersten Testberichte<br />

verschlungen, den ersten in freier<br />

Wildbahn gesichteten Exemplaren mit offenem<br />

Mund hinterhergestarrt und kann<br />

teilweise bis heute die beeindruckenden<br />

Messwerte im Schlaf herunterbeten? Ich<br />

gestehe – ich war einer von diesen.<br />

Und heute soll sich der eine oder<br />

andere Wunsch erfüllen. Angefangen mit<br />

der 1100er-Kawasaki – ich bin die meisten<br />

GPZ-Modelle irgendwann mal gefahren,<br />

doch die 1100er noch nie. Heute steht<br />

sie bereit, eine Leihgabe von Ralph<br />

Schmitt, der sich seine Traum-Kawa von<br />

einst vor vier Jahren erneut zugelegt hat<br />

und heute leider nicht selbst mit von der<br />

Partie sein kann. Kollege Stefan übernimmt<br />

gern den Part des Fotofahrers, da<br />

er selbst mit einer GPZ 1100 liebäugelt.<br />

Von der etwas zickigen Kaltlaufphase<br />

abgesehen („Der Temperaturfühler kann<br />

sich schon mal verabschieden”, räumte<br />

Ralph Schmitt bereits vorab ein), präsentiert<br />

sich die erst kürzlich von Profihand<br />

(Firma Bike Side) überholte GPZ im Topzustand<br />

und bis auf die 4-in-1-Anlage<br />

auch original. Die gut erhaltene Serien-<br />

4-in-2-Anlage ist zwar vorhanden, doch<br />

wäre das erneute Abstimmen der Einspritzung<br />

auf die geänderte Auspuffanlage<br />

zu aufwendig, so Schmitt. Dem Sound<br />

hat es jedenfalls nicht geschadet, herrlich<br />

bassig brummt der Kawa-Vierer im Stand<br />

und grölt mit steigender Drehzahl angenehm<br />

sportlich. Nicht prollig laut, aber<br />

auch alles andere als schüchtern. Die mechanischen<br />

Lebensäußerungen des in seiner<br />

Grundkon s truktion betagten Vierzylinders<br />

mit seiner fünffach rollengelagerten<br />

Kurbelwelle halten sich in Grenzen.<br />

Dies sollte auch für den Spritverbrauch<br />

gelten, dieses Ziel stand zumindest unter<br />

anderem hinter der Umstellung der Einspritzung<br />

von der in Lizenz nachgebauten<br />

Bosch-L-Jetronic des ersten GPZ-Modells<br />

B1 von 1981 auf die deutlich verbesserte<br />

DFI-Anlage mit Schubabschaltung, die<br />

schon 1982 in der B2 Einzug hielt. Der<br />

Platzbedarf und der bauliche Aufwand<br />

konnten reduziert sowie das Heißstartverhalten<br />

verbessert werden. Der Motor<br />

hängt toll am Gas, reagiert auch unter<br />

2000/min spontan und willig auf den<br />

Schnitt durch die Einspritzanlage<br />

der 1982er-GPZ, die fast unverändert<br />

in der 1100er-Unitrak Dienst tut<br />

Dreh am Gasgriff und zieht die ganze<br />

Fuhre mit Macht voran. Nicht so bissig wie<br />

die Vorgängerin, so sagt man, weil die<br />

1983er-Version mittels längerer Steuerzeiten<br />

und größerer Ventile auf die satte<br />

(Auslands-)Spitzenleistung von 120 PS getrimmt<br />

wurde, zu Lasten des Durchzugs<br />

von ganz unten. Doch darüber zu klagen<br />

wäre jammern auf hohem Niveau. Die<br />

GPZ zieht einem jederzeit die Arme lang,<br />

gut, dass man sportlich gestreckt, dennoch<br />

langstreckentauglich untergebracht<br />

ist. Die Sitzposition passt sofort, die Rasten<br />

nicht zu hoch, der Lenker nicht zu tief<br />

und angenehm gekröpft – ideale Bedingungen<br />

für schnelle Autobahn-Etappen.<br />

Der Autobahn-Brenner<br />

Länge läuft, der üppige Radstand und die<br />

Fahrwerksgeometrie lassen die 1100er<br />

stabil über die Bahn brennen. Na gut, wer<br />

sich bei über 180 km/h nicht hinter die<br />

flache Scheibe duckt, verursacht eine<br />

leicht werdende Front und erntet schon<br />

mal ganz leichtes Rühren. Doch schon um<br />

überhaupt etwas Windschutz zu genie-<br />

Drei unverwechselbare Silhouetten: Eine RGS 1000, GSX 1100<br />

EF oder GPZ 1100 erkennt man immer auf den ersten Blick<br />

8 Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong>


Im Detail: Kawasaki GPZ 1100 UT<br />

(1983 – 1988)<br />

Preis 1983: 11 190 Mark<br />

Daten (Typ ZX1100-A)<br />

Motor: Luftgekühlter Vierzylinder-Viertakt-Reihenmotor,<br />

zwei<br />

obenliegende Nockenwellen,<br />

zwei Ventile pro Zylinder, über<br />

Tassenstößel betätigt, Hubraum<br />

1075 cm³, Leistung<br />

74 kW (100 PS) bei 8750/min<br />

Kraftübertragung: Mehrscheiben-Ölbadkupplung,<br />

Fünfganggetriebe, Kettenantrieb<br />

Fahrwerk: Doppelschleifenrahmen<br />

aus Stahlrohr, Telegabel,<br />

Ø 37 mm, Zweiarmschwinge aus<br />

Alu , Zentralfederbein, Alu-Gussräder,<br />

Reifen 110/90 V 18 vorn,<br />

130/90 V 17 hinten, Doppelscheibenbremse<br />

vorn, Ø 285 mm,<br />

Einkolben-Schwimmsättel, Scheibenbremse<br />

hinten, Ø 270 mm<br />

Maße und Gewichte:<br />

Radstand 1565 mm, Gewicht<br />

vollgetankt 266 kg<br />

Fahrleistungen: Höchstgeschwindigkeit<br />

228 km/h<br />

Technik<br />

Der in seiner Grundkonstruktion weit<br />

zurückreichende Zweiventiler arbeitet noch<br />

immer mit einer fünffach rollengelagerten<br />

Kurbelwelle – wer bei der Vorstellung der<br />

Ur-1100er zum Modelljahr 1981 auf<br />

Gleitlagerung gehofft hatte, wurde<br />

enttäuscht. Der ganz in Schwarz gehaltene<br />

Vierzylinder bleibt also ein rau laufender<br />

Geselle, doch die Vibrationen halten sich in<br />

vertretbaren Grenzen. Immerhin konnte die<br />

1100er von Beginn an mit einer Einspritzanlage<br />

glänzen, zunächst mit einem aus<br />

dem Autobau entliehenen Lizenz-Nachbau<br />

der Bosch L-Jetronic, 1982 wurde die<br />

deutlich modernere kennfeldgesteuerte<br />

DFI-Anlage mit zahlreichen<br />

Sensoren und Rechner anstelle des<br />

simplen Luftmengenmessers sowie<br />

Schub abschaltung eingeführt. Die<br />

Einspritzdüsen wanderten vom Zylinderkopf<br />

in die Drosselklappenstutzen – die<br />

einstigen Heißstartprobleme wegen Dampfblasenbildung<br />

wurden so erfolgreich<br />

behoben. Für die Unitrak-Modelle ab 1983<br />

wurde das DFI-System nochmals leicht<br />

modifiziert.<br />

In dieser bis zuletzt gebauten Variante war<br />

die GPZ denn auch auf Höchstleistung,<br />

immerhin stattliche 120 PS in der<br />

Auslandsversion, abgestimmt.<br />

Mit längerem Radstand, kleineren Rädern<br />

(18-/17-Zoll vorn/hinten statt 19-/18-Zoll)<br />

und der neuen Unitrak-Federung mit<br />

Zentralfederbein konnten die Fahrwerksqualitäten<br />

verbessert werden, vor<br />

allem entlastete die neue rahmenfeste<br />

Halbschale anstelle der lenkerfesten<br />

Cockpitverkleidung das Vorderrad deutlich<br />

weniger und trug so zur verbesserten<br />

Hochgeschwindigkeits-Stabilität bei.<br />

Gebrauchtcheck<br />

Eine GPZ 1100 in gutem Zustand zu<br />

finden, ist schwer genug. Die<br />

Verarbeitungsqualität war leider bis<br />

zum Ende der Bauzeit nicht die<br />

allerbeste. Korrosion ist durchaus ein<br />

Thema, rostende Auspuffanlagen sind<br />

eher die Regel als die Ausnahme.<br />

Auch die teils mäßige Lackqualität<br />

widersetzte sich der braunen Pest nur<br />

selten dauerhaft, auf vermurkste<br />

Gewinde oder abgerissene Stehbolzen<br />

ist immer zu achten. Recht<br />

deutlich ins Auge fallen Ölundichtigkeiten,<br />

sei es an der Zylinderfuß- oder<br />

der Ventildeckeldichtung. Die 1100er<br />

lässt das Öl aber nicht nur austreten,<br />

sie verbrennt es auch reichlich. Ein<br />

Verbrauch von bis zu zwei Litern auf<br />

1000 Kilometer wird von manchen<br />

noch als tolerabel bezeichnet, Spezialisten<br />

mahnen aber bereits ab einem<br />

Liter Ölverbrauch zur Vorsicht und zur<br />

baldigen Überholung mit Überarbeitung<br />

der Ventilführungen und<br />

Austausch von Kolbenringen und<br />

Kolben. Vor allem nach langer<br />

Standzeit können die zahlreichen<br />

Sensoren und Stecker für zeitraubende<br />

und entnervende Fehlersuche<br />

sorgen, bis die GPZ wieder sauber<br />

läuft. Ein vergammelter Seitenständerkontakt,<br />

der für lustige Blinksignale<br />

im Tankdisplay sorgt, gilt<br />

dabei eher noch als harmlos. Ersatzteile<br />

sind teilweise schwierig oder gar<br />

nicht mehr zu bekommen, Spezialisten<br />

können jedoch noch vieles<br />

über weltweite Kontakte besorgen<br />

oder mit Gebrauchtteilen dienen.<br />

Markt<br />

Das Angebot an GPZ 1100<br />

UT-Exemplaren ist nicht groß, das<br />

an gepflegten Schätzchen sogar<br />

sehr mager. Die Preise steigen<br />

zwar allmählich, zur echten<br />

Wertanlage entwickelt sich die<br />

Kawa aber nur langsam. Umlackierte<br />

Bastelbuden gibt es<br />

bereits für dreistellige Eurobeträge,<br />

brauchbare Bikes rangieren meist<br />

zwischen 1500 und 3000 Euro,<br />

selbst Topexemplare erzielen<br />

derzeit kaum mehr als 4000 Euro.<br />

Spezialisten<br />

Bike Side<br />

Telefon 0 7245/10 8823<br />

www.bikeside.de<br />

Clubs und<br />

Foren<br />

www.gpz1100ut.de<br />

www.1100ut.de<br />

www.kawasaki-z.de<br />

Unschlagbar?<br />

Die<br />

Kawasaki<br />

erwies sich<br />

im ersten<br />

Vergleich<br />

in Heft<br />

6/1983 als<br />

Siegerin<br />

Historie<br />

1981:Die erste, unverkleidete<br />

Version der 1100er (B1) mit<br />

dem „Brotkasten“-Cockpit muss<br />

noch mit der L-Jetronic von Jecs<br />

in Bosch-Lizenz auskommen.<br />

Preis: 10 360 Mark<br />

1982:Die B2 zeigt sich ein Jahr<br />

später mit lenkerfester Cockpitverkleidung,<br />

neuen Kolben und<br />

neuer, digital gesteuerter Einspritzung<br />

(DFI) deutlich verbessert.<br />

Preis: 10 700 Mark<br />

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Auf Achse I<br />

Kawasaki GPZ 1100 UT I Laverda RGS 1000 I Suzuki GSX 1100 EF<br />

Die Extravagante:<br />

Laverda<br />

RGS 1000<br />

Geringe Stückzahlen und extravagantes Design garantieren Individualität<br />

und Exklusivität. Die kernige Dreizylinder-Italienerin ist<br />

dennoch kein sensibles Showbike, sondern eine sportliche Fahrmaschine<br />

mit erstaunlich langlebiger Technik und tollem Sound<br />

10 Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de


1 Pfiffige Lösung:<br />

Per Exzenter lässt<br />

sich die Fußrastenanlage<br />

auf die vom<br />

Fahrer bevorzugte<br />

Position einstellen<br />

2 Das kompakte,<br />

kastenförmige Cockpit<br />

könnte auch aus<br />

einem Auto stammen<br />

und wurde oft<br />

verspottet<br />

3 Der Dreizylinder<br />

glänzt mit solider<br />

Konstruktion und<br />

Langlebigkeit, nur<br />

die Ölwechselintervalle<br />

sind sehr kurz<br />

1 2<br />

4 Wo ist der Tank?<br />

Da, wo er immer ist.<br />

Ungewöhnlich ist<br />

nur der Einfüllstutzen<br />

vorn rechts in<br />

der Halbschale<br />

3<br />

5 Ausgefuchste<br />

Konstruktion: Die<br />

Blinkerhalter lassen<br />

sich herunterklappen,<br />

die schmalen<br />

Koffer danach leicht<br />

demontieren<br />

4<br />

5


Auf Achse I<br />

Kawasaki GPZ 1100 UT I Laverda RGS 1000 I Suzuki GSX 1100 EF<br />

ßen, nimmt man freiwillig eher die Rennhaltung<br />

ein. Stabil geradeaus, geht aber<br />

nicht ums Eck? Mitnichten. Erstaunlich<br />

leichtfüßig und wendig zeigt sich die<br />

1100er, trotz des 18-Zoll-Vorderrads. Einlenken<br />

und schnelle Schräglagenwechsel<br />

arten nicht in Arbeit aus, man wähnt sich<br />

auf einer flinken 750er. Vor der schieren<br />

Größe der Kawa braucht niemand übertriebenen<br />

Respekt zu haben, wenn die<br />

GPZ erst mal rollt. Vom sprichwörtlichen<br />

Eisenschwein ist die Rote jedenfalls weit<br />

weg. Dennoch: 266 Kilogramm plus Fahrer<br />

wollen verzögert werden, das habe ich<br />

zumindest beim Anbremsen der ersten<br />

Spitzkehre im Hinterkopf und packe<br />

beherzt und eher frühzeitig zum Bremshebel.<br />

Die Vorsicht erweist sich als unbegründet,<br />

denn selbst mit zwei Fingern<br />

lässt sich der betagten Einkolben-<br />

Schwimmsattelbremse respektable Verzögerung<br />

entlocken. Wirkung und Dosierbarkeit<br />

können sich heute noch sehen<br />

lassen. Respekt.<br />

Apropos sehen lassen: Ist die GPZ mit<br />

ihrer schnittigen Linie und den hübsch rot<br />

lackierten Gussrädern sowieso ein Hingucker,<br />

so passt selbst das futuristisch anmutende<br />

Mäusekino auf dem Tank zum zeitgenössischen<br />

Erscheinungsbild. Die Elektronik<br />

und insbesondere die zahlreichen<br />

Sensoren und Steckkontakte der GPZ sind<br />

aber auch ein bekannter Quell für Störmeldungen,<br />

hinter denen nicht immer ein<br />

echter Fehler stecken muss. Ich könnte<br />

damit sehr gut leben, und auch Stefan<br />

resümiert nachdenklich: „An die Karre<br />

könnte man sich gewöhnen...“<br />

An sie gewöhnen, ja, gewöhnlich, nein<br />

– so oder ähnlich könnte man die Italienerin<br />

vorstellen, die es heute wie damals mit<br />

den beiden Japanerinnen aufnehmen<br />

Hoch aufragend, breit kauernd oder flach geduckt – drei<br />

unterschiedliche Auslegungen beim (Ver-)Kleidungs-Stil<br />

will. Angefangen beim Motorkonzept (ein<br />

Drei- statt Vierzylinder), über die Position<br />

des Tankeinfüllstutzens bis zu diversen<br />

Ausstattungsdetails – ungewöhnlich. Dieses<br />

Ungewöhnliche hat denn auch Besitzer<br />

Thorsten Helmcke schon immer an<br />

Laverdas und an der RGS 1000 speziell<br />

fasziniert. Als eine der ersten gebauten<br />

entstand seine RGS Ende 1981/Anfang<br />

1982. Die Koffer stammen vom nur rund<br />

50-mal gebauten Sondermodell Executive,<br />

der IT-Manager hat diese gebraucht<br />

erstanden und nachträglich montiert.<br />

Der späte 1000er-Dreizylinder gilt als<br />

einer der robustesten und langlebigsten<br />

Motoren aus Breganze. Anders als bei den<br />

Vorgänger-Drillingen mit den 180-Grad-<br />

Motoren setzt Laverda ab Baujahr 1982<br />

auf 120 Grad Hubzapfenversatz, sämtliche<br />

Gehäuse und Lager sind äußerst<br />

großzügig dimensioniert, so als wollten<br />

der Firmenchef und Triple-Fan Massimo<br />

Laverda und der Ingenieur Luciano Zen<br />

mit der soliden Konstruktion an die Tradition<br />

des einst als Landmaschinenhersteller<br />

gegründeten Unternehmens erinnern.<br />

Doch Laverda stand auch stets für moderne<br />

Lösungen und Ideenreichtum – zwei<br />

obenliegende Nockenwellen und Tassenstößel<br />

hielten hier schon früh Einzug. Die<br />

anfangs etwas optimistische Leistungsangabe<br />

von 91 PS musste für die deutsche<br />

Version, auch wegen der einzuhaltenden<br />

Ansaug- und Auspuffgeräusch-Werte auf<br />

83 PS korrigiert werden, wovon auf dem<br />

Prüfstand gemessene 79 übrig blieben. Allemal<br />

genug für beachtliche Fahrleistungen,<br />

trotz des stattlichen Gewichts von<br />

265 Kilogramm. Die sich schon gleich zu<br />

Beginn beim Rangieren deutlich bemerkbar<br />

machen – der hohe Schwerpunkt lässt<br />

die RGS noch schwerer wirken. Beim Auf-<br />

Der in vielerlei<br />

Hinsicht sehr<br />

großzügig<br />

dimensionierte<br />

Motor ist locker<br />

für über 100 000<br />

Kilometer gut<br />

sitzen fällt die angenehm niedrige Sitzhöhe<br />

auf, über den flach bauenden Tank<br />

recken sich die Fahrerarme automatisch<br />

zu den schmalen, wenig gekröpften<br />

Lenkerstummeln, die Beine müssen stark<br />

zusammengefaltet werden, um auf den<br />

sportlich angeordneten Fußrasten Platz<br />

zu finden. Die pfiffige Option, die an einem<br />

Exzenter montierten Rasten einzustellen,<br />

nutzen wir heute nicht – los geht’s.<br />

Der Drilling ist bereits warm, startet spontan,<br />

muss aber mit Gasstößen bei Laune<br />

gehalten werden. „Die RGS hat kein<br />

Standgas, nie gehabt“, gesteht Helmcke.<br />

„Ich hab mich dran gewöhnt, geh da aber<br />

irgendwann noch mal ran.“<br />

Ein Bike zum Zupacken<br />

Dass der Gasgriff, ebenso wie der Kupplungshebel,<br />

schwergängig ist, macht die<br />

Sache nicht leichter, doch auf der Landstraße<br />

stört dieses Manko erst mal nicht.<br />

Erstaunlich kultiviert, mechanisch und<br />

akustisch, geht der Drilling zu Werke, von<br />

den erwarteten Vibrationen ist kaum etwas<br />

zu spüren, auch der Sound klingt<br />

eher dezent. Das herrlich markige Dreizylinder-Röhren<br />

stellt sich zwar bei mittleren<br />

Drehzahlen ein, bleibt aber zurückhaltend.<br />

Wie auch die Leistungsentfaltung<br />

im unteren Bereich noch nicht so<br />

deftig oder gar seidig rüberkommt. Der<br />

Triple braucht Drehzahlen und kann diese<br />

auch ab, zwischen 5000 und 6000/min<br />

legt er richtig los, scheint sich dann wohl -<br />

zufühlen und mahnt zwar im Cockpit bereits<br />

ab 7000/min zur Mäßigung, liefert<br />

jedoch erst bei 8000 Touren seine Höchstleistung.<br />

Im Zweifelsfall also vor der Kur-<br />

12 Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de


Im Detail: LAVERDA RGS 1000<br />

(1982 – 1984)<br />

Preis 1982: 13 000 Mark<br />

Daten (Typ RGS 1000)<br />

Motor:Luftgekühlter Dreizylinder-Viertakt-Reihenmotor,<br />

zwei<br />

obenliegende Nockenwellen, zwei<br />

Ventile pro Zylinder, über<br />

Tassenstößel betätigt, Hubraum<br />

981 cm³, Leistung<br />

61 kW (83 PS) bei 8000/min<br />

Kraftübertragung: Mehrscheiben-Ölbadkupplung,<br />

Fünfganggetriebe,<br />

Kettenantrieb<br />

Fahrwerk: Doppelschleifenrahmen<br />

aus Stahlrohr, Telegabel,<br />

Ø 38 mm, Zweiarmschwinge mit<br />

zwei Federbeinen, Alu-<br />

Gussräder, Reifen 100/90 V 18<br />

vorn, 120/90 V 18 hinten,<br />

Doppelscheiben-/Scheibenbremse<br />

vorn/hinten mit Festsätteln,<br />

Ø 280 mm<br />

Maße und Gewichte:<br />

Radstand 1520 mm, Lenkkopfwinkel<br />

61 Grad, Gewicht<br />

vollgetankt 265 kg<br />

Fahrleistungen: Höchstgeschwindigkeit<br />

209 km/h<br />

Technik<br />

Der 1000er-Dreizylinder mit 180-Grad-<br />

Kurbelwelle blickte bereits auf eine rund<br />

zehnjährige Historie zurück (wurde<br />

allerdings erst 1975 auf dem deutschen<br />

Markt präsentiert), als man in Breganze<br />

von der 180-Grad-Lösung auf die neue<br />

Konstruktion mit 120 Grad Hubzapfenversatz<br />

umschwenkte. Zunächst ab<br />

Mitte/Ende 1981 in der Jota, dann in der<br />

1982 angebotenen brandneuen RGS 1000.<br />

Sie vereint bis heute auf faszinierende<br />

Weise solide Bauweise und moderne<br />

Technik: In allen wesentlichen Bauteilen<br />

sehr üppig und somit langlebig dimensioniert<br />

(Gehäuse, Lager), mit wälzgelagerter<br />

Kurbelwelle, zwei obenliegenden Nockenwellen,<br />

Tassenstößeln, untenliegenden<br />

Shims und manch anderen cleveren Details<br />

mit recht fortschrittlicher Technik. Die<br />

Probleme früher Drillinge mit den zu<br />

schwachen Lichtmaschinen sind der RGS<br />

mit dem 250 Watt leistenden Bauteil fremd.<br />

Sorge bereitet allerdings oft die serienmäßige<br />

kontaktlose Bosch-Zündanlage, die<br />

praktisch nur zwei statische Zündpunkte<br />

kennt und bereits bei geringer Drehzahl auf<br />

maximale Frühzündung regelt, was sowohl<br />

eine gleichmäßige Leistungsentfaltung als<br />

auch einen stabilen Leerlauf erschwert bzw.<br />

verhindert. Empfehlenswert und von vielen<br />

bereits eingebaut ist eine digitale<br />

Kennfeldzündung von DMC, die für<br />

rund 400 Euro zu haben ist. Mit den<br />

straffen Marzocchi-Federelementen kann<br />

man angesichts des stabilen Fahrverhaltens<br />

gut leben, Experten empfehlen, zugunsten<br />

eines guten Einlenk- und Kurvenverhaltens<br />

das Lenkkopflager keinesfalls zu fest, eher<br />

ganz leicht, fast an der Grenze zum<br />

Klappern einzustellen.<br />

Gebrauchtcheck<br />

Generell gilt der Laverda-Drilling als<br />

sehr robust und langlebig, 100 000<br />

Kilometer und mehr sind meist kein<br />

Problem. Motorschäden sind selten,<br />

allenfalls hohe Dauerdrehzahlen<br />

können in einzelnen Fällen zu<br />

überhitzten Köpfen und Rissen<br />

führen, auch von Schäden durch<br />

Risse am Steg des Steuerkettenschachts<br />

wird schon mal berichtet.<br />

Ganz wichtig ist der regelmäßige<br />

Ölwechsel alle 2500 Kilometer, weil<br />

der Dreizylinder keinen Ölfilter,<br />

sondern nur ein grobmaschiges<br />

Metallsieb besitzt. Verkleistert<br />

Schmutz im Öl irgendwann die<br />

Ölfangbleche der Kurbelwelle oder<br />

setzt den Ölkühler zu, sind die Folgen<br />

absehbar. Insgesamt leidet die<br />

grundsätzlich gut verarbeitete RGS<br />

mit sorgfältig verlegter Elektrik kaum<br />

unter echten Schwachpunkten und<br />

gilt Experten als einer der besten je<br />

gebauten Laverda-Typen. Gebrauchte<br />

RGS werden in der Regel in sehr<br />

gepflegtem Zustand angeboten. Die<br />

gut vernetzte Laverda-Gemeinde und<br />

einige rege Händler der Marke<br />

sorgen dafür, dass fast alle Ersatzteile,<br />

vor allem Verschleißteile zu<br />

bekommen sind,<br />

notfalls lassen<br />

Spezialisten wie<br />

Andy Wagner<br />

(Laverda-Paradies<br />

in Konstanz) Teile<br />

einfach in<br />

Kleinserie<br />

nachfertigen.<br />

Markt<br />

Nur selten gibt jemand seine RGS<br />

oder gar das edlere Schwestermodell<br />

RGS Corsa oder SFC her.<br />

Nur 1300 Exemplare der RGS<br />

wurden angeblich gebaut, plus 50<br />

Executive-Versionen. Der Preis ist<br />

nur schwer zu beziffern, unter<br />

3000 bis 4000 Euro wird man<br />

selbst reparaturbedürftige Bikes<br />

kaum finden. Gute Exemplare<br />

wechseln ab etwa 7000 bis 8000<br />

Euro den Besitzer, topgepflegte<br />

Schätzchen (Corsa und SFC<br />

sowieso) können gar fünfstellige<br />

Beträge erzielen.<br />

Spezialisten<br />

Laverda-Paradies<br />

Telefon 075 31/6 11 98<br />

www.laverda-paradies.de<br />

Orange Cycle Team<br />

Telefon 022 51/97 07 52<br />

www.octeam.de<br />

Clubs und<br />

Foren<br />

www.laverda-gemeinschaftdeutschland.de<br />

www.laverda-register.de<br />

Historie<br />

1981:Die bereits ab 1976<br />

gebaute Jota erhielt fürs Modelljahr<br />

1981 eine üppigere Halbschale.<br />

Allen gemein ist der<br />

zuletzt 80 PS starke 180-Grad-<br />

Drilling. Preis: 12 500 Mark<br />

1982:Leicht modifiziert, mit<br />

neuen Farbvarianten, vor allem<br />

aber mit dem neuen, etwas<br />

stärkeren 120-Grad-Motor geht<br />

die Jota ins Modelljahr 1982.<br />

Preis: 12 688 Mark<br />

Im ersten Test<br />

in <strong>MOTORRAD</strong><br />

15/1982 musste<br />

die RGS (im<br />

Pros pekt auch<br />

Silber, in natura<br />

meist Orange)<br />

ihre Sportlichkeit<br />

beweisen<br />

www.motorrad-classic.de


Auf Achse I<br />

Kawasaki GPZ 1100 UT I Laverda RGS 1000 I Suzuki GSX 1100 EF<br />

Die Ausgewogene:<br />

Suzuki<br />

GSX 1100 EF<br />

Sie kann beides – Country und Western: Mit kompakten Abmessungen<br />

und kleinem 16-Zoll-Vorderrad lässt sich die Japanerin nicht nur sportlich<br />

bewegen, sondern taugt dank komfortabler Sitzposition und wirksamer<br />

Verkleidung auch für ausgedehnte Touren<br />

14 Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de


1 Nur das Fahrersitzbrötchen<br />

lässt<br />

sich entriegeln und<br />

abnehmen, um an<br />

die Batterie zu gelangen<br />

2 Zwei Räder, ein<br />

Federbein: Die Vorspannung<br />

(rechts)<br />

lässt sich stufenlos,<br />

die Dämpfung (links)<br />

vierfach einstellen<br />

3 Großes Kino: viele<br />

Warnlampen, sogar<br />

eine Ganganzeige,<br />

aber zu kleine Skalen<br />

von Tacho und<br />

Drehzahlmesser<br />

1<br />

2<br />

4 Viel Arbeit für<br />

den linken Daumen:<br />

Chokehebel, Hupe<br />

und Multifunktions-<br />

Schalter am linken<br />

Lenkerende<br />

5 Die Eintauchverzögerung,<br />

die kein<br />

Anti-Dive mehr sein<br />

will, funktioniert an<br />

der aufwendigen<br />

Gabel nur mäßig<br />

7<br />

3<br />

4<br />

5


Auf Achse I<br />

Kawasaki GPZ 1100 UT I Laverda RGS 1000 I Suzuki GSX 1100 EF<br />

ve einen Gang runterschalten und mit genügend<br />

Drehzahl rausbeschleunigen. Das<br />

Fünfganggetriebe glänzt mit ordentlich<br />

rastenden Stufen, wenn auch langen<br />

Schaltwegen und funktioniert unauffällig,<br />

ich kann mich also auf die Wahl der richtigen<br />

Linie und des Bremspunkts konzentrieren.<br />

Die Brembo-Sättel nehmen die<br />

gelochten Guss-Scheiben zwar ordentlich<br />

in die Zange, verlangen allerdings nach<br />

einer kräftig zupackenden Hand und den<br />

echten Biss vermisst man etwas. Dafür erweist<br />

sich das Einlenken als relativ lässige<br />

Angelegenheit, erfordert wenig Nachdruck<br />

und die RGS kennt auch in Schräglage<br />

keine Kippelei. Selbst schnelle<br />

Schräglagenwechsel gehen unerwartet<br />

leicht von der Hand.<br />

Lediglich beim starken Hineinbremsen<br />

in enge Kehren macht sich der hohe<br />

Schwerpunkt bemerkbar, und die Laverda<br />

will übers Vorderrad aus der Kurve hinaus<br />

schieben. Die Marzocchi-Federelemente<br />

erscheinen mir gar nicht so bockhart<br />

wie ihr Ruf, zumindest die Gabel verrichtet<br />

ihre Arbeit recht ordentlich, hinten<br />

geht’s sportlich straff, aber mit akzeptabler<br />

Härte zur Sache. Nach kurzem Eingewöhnen<br />

an den nötigen Fahrstil macht die<br />

Italienerin auf jeden Fall richtig Spaß. Ich<br />

bin erleichtert – sie sieht also nicht nur gut<br />

aus, wofür ich sie schon bei ihrem Erscheinen<br />

bewundert habe, sondern ist tatsächlich<br />

die Fahrmaschine, wofür die Laverda-Fans<br />

sie lieben. Richtig guter Sporttourer,<br />

oder wofür steht noch mal die Typbezeichnung<br />

RGS? Offiziell verlautete<br />

von Laverda stets, es sei das Kürzel für<br />

Real Gran Sports, doch Insider sehen es in<br />

Wahrheit als Abkürzung für das damals<br />

mit der Gestaltung beauftragte Design-Studio<br />

„Ricciuti Giuseppe Studio“<br />

in Rom.<br />

Was GSX heißt, erscheint eindeutiger:<br />

Grand Sport, das X steht<br />

für 4 Valve, also Vierventiltechnik.<br />

So grand steht es aber mit<br />

der Sportlichkeit der GSX 1100<br />

EF nicht – zumindest macht<br />

sie einem den Umstieg von<br />

der Laverda leicht.<br />

Platz nehmen –<br />

entspannte Beinhaltung,<br />

breite, angenehm<br />

hoch montierte<br />

Lenkerstummel, so ließen<br />

sich lange Touren<br />

lässig runterspulen.<br />

Der Vierventiler mit satten 1135 cm³<br />

galt zu seiner Zeit in Sachen Durchzugskraft<br />

als das Maß der Dinge<br />

Der biedere Kraftmeier<br />

Das ganze Konzept der GSX mit<br />

wuchtiger Vollverschalung und eigenwillig<br />

kantigem Design vermittelt<br />

von den drei Kandidaten am wenigsten<br />

sportliches Flair. Dafür hat sie es faustdick<br />

unterm Tank. Der schon seit 1980 für seinen<br />

bulligen Charakter bekannte GSX-<br />

Vierventiler hat schließlich für die 1984<br />

an den Start geschobene GSX 1100 EF<br />

noch einen Hubraum-Nachschlag bekommen<br />

– 74 statt 72 Millimeter Bohrung hieven<br />

selbigen von 1075 auf 1135 cm³. Als<br />

wäre dies noch nicht genug, spendierte<br />

man dem Motor auch noch größere Einlassventile,<br />

erweiterte Ansaugkanäle und<br />

eine von 9,5 auf 9,7:1 erhöhte Verdichtung.<br />

Kein Wunder, dass die offene Auslandsversion<br />

satte 115 PS leistete. Zahmere<br />

Nockenwellen machten daraus die für<br />

Deutschland damals geforderten 100 PS,<br />

bei erfreulicherweise kaum geringerem<br />

Drehmomentwert. Was zu dem mir stets<br />

in Erinnerung gebliebenen Fabelwert von<br />

8,3 Sekunden für den Durchzug von 60<br />

bis 140 km/h im letzten Gang führte.<br />

Zugegeben, ich fand die EF bei ihrem<br />

Erscheinen, nun ja, nicht sonderlich<br />

hübsch, doch dieser Wert nötigte mir Res-<br />

Kraftwerk trifft Fachwerk: Allesamt Beispiele dafür, dass<br />

es clevere Ideen und Bärenkräfte auch schon früher gab


Im Detail: Suzuki GSX 1100 EF<br />

(1984 – 1987)<br />

Preis 1984: 12 899 Mark<br />

Daten (Typ GV71C)<br />

Motor: Luftgekühlter Vierzylinder-Viertakt-Reihenmotor,<br />

zwei<br />

obenliegende Nockenwellen, vier<br />

Ventile pro Zylinder, über<br />

Gabelschlepphebel betätigt,<br />

Hubraum 1135 cm³, Leistung<br />

74 kW (100 PS) bei 8100/min<br />

Kraftübertragung: Mehrscheiben-Ölbadkupplung,<br />

Fünfgang<br />

getriebe, Kettenantrieb<br />

Fahrwerk: Doppelschleifenrahmen<br />

aus Stahlrohr mit<br />

quadratischen Unterzügen,<br />

Telegabel, Ø 37 mm, Zweiarmschwinge<br />

aus Alu-Kastenprofilen,<br />

Zentralfederbein, Reifen 110/90<br />

V 16 vorn, 130/90 V 17 hinten,<br />

Doppelscheibenbremse vorn,<br />

Ø 280 mm, Zweikolben-Festsattel,<br />

Scheibenbremse hinten<br />

Maße und Gewichte:<br />

Radstand 1540 mm, Gewicht<br />

vollgetankt 256 kg<br />

Fahrleistungen: Höchstgeschwindigkeit<br />

218 km/h<br />

Technik<br />

Der Vierzylinder erblickte in seiner Urform<br />

bereits 1980 in der GSX 1100 E das Licht<br />

der Welt. Vier Ventile verheißen fortschrittliche<br />

Technik, doch mit der wälzgelagerten<br />

Kurbelwelle und seilzugbetätigter statt<br />

hydraulischer Kupplung muss der Anspruch<br />

wieder etwas revidiert werden. Für die<br />

1100er-Modelle ab 1984 (die EF eröffnete,<br />

die nackte E-Version und die halbverkleidete<br />

ES folgten 1985 bzw. 1986) verhalf<br />

man dem Motor mittels Änderung der<br />

Bohrung (74 statt 72 Millimeter) zu<br />

nunmehr 1135 cm³ Hubraum. Zudem<br />

vergrößerte man die Einlassventile um zwei<br />

auf 34,5 Millimeter, erweiterte die<br />

Ansaugkanäle (28 statt 27 Millimeter),<br />

spendierte dem Big Block 36er- anstelle der<br />

bisherigen 34er-Vergaser und erhöhte die<br />

Verdichtung von 9,5 auf 9,7:1.<br />

In der offenen Auslandsversion<br />

reichte dies für stramme 115 PS, für<br />

Deutschland musste mittels zahmerer<br />

Steuerzeiten und modifiziertem Auspuff<br />

wieder auf 100 PS gedrosselt werden. Für<br />

höhere Standfestigkeit sorgten ab sofort<br />

eine verstärkte Kupplung und stabilere<br />

Kolbenbolzen (20 statt 18 Millimeter)<br />

sowie ein Ölkühler, mit dessen Einzug sich<br />

auch der Ölvorrat um 300 cm³ erhöhte.<br />

Neu ist auch der Rahmen – ein<br />

Konstrukt aus Rundrohren oben mit<br />

rechteckigen Unterzügen, ein<br />

einstellbares Zentralfederbein (Full<br />

Floater-System) soll an der Hinterhand für<br />

Stabilität und Komfort sorgen. Die<br />

Vorderradgabel verzichtet auf das<br />

bisherige, eher nutzlose Anti-Dive und<br />

versucht nun via vierfach verstellbarer<br />

Druckstufendämpfung zu starkes Eintauchen<br />

beim Bremsen zu unterbinden.<br />

Gebrauchtcheck<br />

Grundsätzlich genießen Suzukis<br />

luftgekühlte 1100er, allen voran die<br />

letzte Ausbaustufe, einen guten Ruf<br />

als standfeste, langlebige Motoren.<br />

Anfangs bei den 1075er-Motoren<br />

gelegentlich aufgetretene Kupplungsprobleme<br />

oder gar Haarrisse im<br />

Zylinderkopf gehören beim 1135er<br />

dank Ölkühler der Vergangenheit an.<br />

Öl ist dennoch ein Thema: Mit<br />

zunehmender Laufleistung steigt der<br />

Schmiermittel-Verbrauch meist<br />

deutlich an – zu dünne, rasch<br />

verschleißende Ölabstreifringe an<br />

den Kolben sind die Ursache.<br />

Gelegentlich führte auch falsches Öl<br />

oder schlampige Ventilspieleinstellung<br />

zu starker Beanspruchung der<br />

Hartchromschicht der Gabelschlepphebel.<br />

Platzt diese Schicht ab,<br />

nehmen die Nockenwellen Schaden.<br />

Technik- und Verschleißteile sind für<br />

die GSX meist noch irgendwie zu<br />

bekommen, bei Verkleidungs- und<br />

Anbauteilen kann es hingegen<br />

allmählich schon eng werden. Es<br />

empfiehlt sich beim Stöbern im Netz<br />

die Suche auf weltweit auszudehnen<br />

oder sich an gut vernetzte Youngtimer-Spezialisten<br />

zu wenden, die<br />

sich häufig auf<br />

die luftgekühlten<br />

Japan-Bikes der<br />

1980er-Jahre (oft<br />

sogar quer über<br />

alle Marken)<br />

spezialisiert<br />

haben.<br />

Markt<br />

Zwischen den alten GS 1000, den<br />

Ur-Versionen der GSX 1100 und<br />

den Katana-Modellen fristet die<br />

Baureihe ab 1984, egal ob E, ES<br />

oder EF, eine Art Mauerblümchen-<br />

Dasein. Mit dem Design können<br />

sich nicht viele anfreunden, die<br />

geringe noch verzeichnete Anzahl<br />

an Maschinen (laut KBA knapp<br />

150 Stück) befindet sich in festen<br />

Händen. Wird doch mal eine<br />

angeboten, hält sich die Nachfrage<br />

in Grenzen – bereits für (teilweise<br />

deutlich) unter 2000 Euro lassen<br />

sich gut erhaltene Exemplare<br />

ergattern.<br />

Spezialisten<br />

Old-School-Superbikes<br />

Telefon 0 45 41/85 79 99<br />

www.old-school-superbikes.de<br />

Bike Side<br />

Telefon 0 72 45/10 88 23<br />

www.bikeside.de<br />

Clubs und<br />

Foren<br />

www.suzuki-classic.de<br />

www.suzukicycles.org<br />

Historie<br />

1980:Die Nachfolgerin der<br />

GS 1000 mit dem 1075-cm³-Vierventilmotor<br />

ließ aufhorchen.<br />

Der bullige Motor begeisterte,<br />

der klobige Scheinwerfer polarisierte.<br />

Preis: 11 273 Mark<br />

1985:Ein Jahr nach der voll -<br />

verkleideten EF folgte die 13<br />

Kilogramm leichtere, handlichere<br />

und günstigere GSX 1100 E für<br />

die Freunde der Naked Bikes.<br />

Preis: 10 990 Mark<br />

Im ersten Test<br />

in MOTOR-<br />

RAD 8/1984<br />

begeisterte<br />

die offene<br />

115-PS-Version<br />

mit grandiosen<br />

Fahrleistungen<br />

www.motorrad-classic.de


Auf Achse I<br />

Kawasaki GPZ 1100 UT I Laverda RGS 1000 I Suzuki GSX 1100 EF<br />

pekt ab und weckte Begehrlichkeiten.<br />

Heute finde ich ihr Aussehen herrlich<br />

schrill und würde mich eines Exemplars<br />

in meiner Garage nicht schämen.<br />

So ähnlich sieht das auch Nico Ewe,<br />

der mit Vater und dessen GSX 1100 EF im<br />

Schlepptau angereist ist. Nico selbst fährt<br />

eine nackte GSX 1100 E, bewegt heute<br />

fürs Foto die väterliche EF mit fast jungfräulichen<br />

8100 Kilometern auf der Uhr.<br />

Der 23-Jährige kennt also die Qualitäten<br />

des bulligen Vierventilers. Nach einer<br />

Pause übernehme ich die Suzuki, der Motor<br />

ist schon wieder abgekühlt und verlangt<br />

nach Chokehilfe. Da ist es also, das<br />

stets gerügte Aufheulen beim Kaltstart,<br />

das nach sofortigem Nachregeln schreit.<br />

Dumpf brummt der Motor vor sich hin,<br />

sehr dezent in der Lautstärke, untermalt<br />

von leicht heulendem Pfeifen. Von Beginn<br />

an stellt er klar, wer hier der Boss im Ring<br />

sein möchte. Mit kernigen Vibrationen,<br />

vor allem zwischen 3000 und etwa 6000<br />

Touren scheint der 1135er sein Revier<br />

markieren zu wollen wie ein muskelbepackter,<br />

tätowierter Body-Builder im Unterhemd,<br />

der vor Kraft kaum laufen kann.<br />

Dabei packt der GSX-Motor so sanft wie<br />

entschlossen schon knapp über Standgas<br />

zu, legt unglaublich gleichmäßig an Kraft<br />

zu und bräuchte eigentlich nie über 6000<br />

Touren gedreht zu werden, wobei die vollen<br />

100 Pferde erst bei 8100/min versammelt<br />

und bis zu 9000/min erlaubt sind.<br />

Stressfrei bleibt es auch in Sachen Fahrwerk,<br />

selbst bei flotter Landstraßenhatz.<br />

Der 16-Zöller vorn erweist sich als der erwartete<br />

Garant für Handlichkeit und<br />

leichtes Einlenken, ohne mit den üblichen<br />

Nachteilen wie Aufstellen beim Bremsen<br />

oder Kippeligkeit zu nerven. Alles bleibt<br />

entspannt, nur die Neigung, übers Vorderrad<br />

zu schieben, scheint sie mit der RGS<br />

zu teilen. Und einmal keilt die GSX bei<br />

lässiger, einhändiger Bummelfahrt bergab<br />

im Schiebebetrieb heftig mit dem Lenker<br />

aus. Also doch zickig? Das gelegentlich<br />

kritisierte Pendeln bei hohem Tempo<br />

bleibt zumindest mir heute verborgen, der<br />

Windschutz erweist sich als erfreulich<br />

gut. Mit der etwas stumpf wirkenden<br />

Bremse, die nach dem Zugriff der ganzen<br />

Pranke verlangt, kann man sich arrangieren.<br />

Gabel und Full Floater-System verrichten<br />

ihre Arbeit ordentlich, keine übertriebene<br />

Härte, keine allzu softe Schaukelei<br />

– das passt schon. Vom neuartigen<br />

Eintauchverhinderer beim Bremsen ist<br />

allerdings ebenso viel zu spüren wie einst<br />

beim Anti-Dive – praktisch nichts.<br />

Die GSX als Beispiel für das so häufig<br />

zitierte Phänomen der 70er- und 80er-<br />

Jahre-Bikes – „Bärenstarke Motoren in<br />

überforderten Fahrwerken“ – zu sehen,<br />

wäre ungerecht. So krass fällt auch das<br />

Fazit bei unserem Trio beileibe nicht aus,<br />

aber der Ausspruch erscheint heute nachvollziehbar.<br />

Die Motoren sind die Stars, sie<br />

verströmen auch heute noch Charme und<br />

machen im Falle von GPZ, RGS und GSX<br />

eindeutig Lust auf mehr. Mehr Tage wie<br />

diesen, an dem die in Erinnerungen<br />

schwelgenden Fahrer sich den Fahrtwind<br />

um die Nase und den Motoren um die<br />

Kühlrippen wehen lassen.<br />

◻<br />

18 Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong>


Meinung<br />

Stefan<br />

Glück<br />

Testfahrer und<br />

Youngtimer-Fan<br />

Bei ihrem Erscheinen<br />

1983 spielte die<br />

1100er-Kawa eine<br />

große Rolle in meinen<br />

feuchten Träumen. Eine<br />

fast so große wie<br />

Claudia. Doch das ist ein anderes Thema. Diese<br />

Linien, diese proklamierte Gewalt übten eine<br />

gewaltige Faszination auf mich aus. 120 PS in<br />

der offenen Version waren damals schließlich<br />

eine echte Ansage. Und jetzt, 31 Jahre später,<br />

durfte ich mal eine fahren. Endlich! Diese<br />

Linien: schön wie einst. Die Gewalt: Naja, alles<br />

ist relativ. Dennoch: Auch heute noch ist die<br />

GPZ 1100 UT ein ordentlicher Spaßmacher.<br />

Dass ich mir dennoch keine kaufen werde, liegt<br />

primär an meiner überfüllten Garage. Aber man<br />

soll ja bekanntlich niemals nie sagen...<br />

Nico<br />

Ewe<br />

GSX-Fan und Sohn<br />

des Besitzers<br />

Die Suzuki ist älter als<br />

ich, wie eigentlich die<br />

meisten Bikes aus der<br />

Sammlung meines<br />

Vaters, doch der urige<br />

Charme und der<br />

enorme Dampf des Motors in jeder Lage<br />

begeistern mich. Die vollverkleidete EF stammt<br />

aus Holland, aus erster Hand, hat letztes Jahr<br />

den Weg in unsere Garage gefunden und ist in<br />

diesem tadellosen Zustand und mit einer so<br />

geringen Laufleistung von zirka 8000<br />

Kilometern nur selten zu finden. Meine eigene,<br />

nackte GSX 1100 E ist etwas leichter und einen<br />

Tick handlicher, doch das ist für mich nicht<br />

ausschlag gebend. Maßgebend sind der bullige<br />

Motor und die Tatsache, dass so ein Bike nicht<br />

an jeder Ecke steht.<br />

Thorsten<br />

helmcke<br />

Besitzer der<br />

Laverda RGS 1000<br />

Marke und Modell<br />

haben mich schon als<br />

18-Jähriger fasziniert.<br />

Vor gut 15 Jahren habe<br />

ich mir dann den Traum<br />

von der RGS erfüllt und<br />

ein Top-Exemplar aus erster Hand mit rund<br />

23 000 Kilometern erstanden. Gefahren wird sie<br />

seither regelmäßig, auch wenn ich mit der<br />

Laverda bis heute „nur“ rund 15 000 Kilometer<br />

absolviert habe (auch meine CB 750 K6 will<br />

schließlich bewegt werden), gern auch immer<br />

wieder in deren Heimatland Italien. Größere<br />

Probleme hatte ich mit ihr bislang nicht, auf<br />

Langstrecken steckt die RGS auch Dauertempo<br />

180 klaglos weg. Eine Laverda ist ebenso<br />

einzigartig wie der Zusammenhalt der<br />

Laverda-Fans weltweit.<br />

Fotos: Archiv, Kleinschmidt, Helmcke<br />

Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> 19


Im Studio I<br />

Kawasaki H2-Eigenbau<br />

Furchtbar<br />

Schön<br />

Irgendwann stand die Frage im Raum:<br />

Wie kann man eine Kawasaki 750 H2<br />

umgestalten, damit sie ihrem legendären<br />

Ruf gerecht wird? Tobias Guckel hat die<br />

Antwort gefunden. Und ein atemberaubendes<br />

Motorrad auf die Räder gestellt.<br />

Text: Uli Holzwarth<br />

Fotos: Christian Haasz, werbeFOTO HAASZ<br />

Der Mann kann nicht anders. Aufgewachsen<br />

im magischen Dreieck<br />

des ländlichen Rappenhof, bestehend aus<br />

der großväterlichen Deltin-Tankstelle, der<br />

daneben liegenden Werkstatt und dem<br />

Zeitungsständer mit den Motorsport-Zeitschriften<br />

in Omas kleinem Laden, musste<br />

aus Tobias Guckel einfach ein „Petrol Head“<br />

werden. „Ein total Verstrahlter“, wie der<br />

40-jährige Motorradmechaniker-Meister<br />

grinsend zugibt. Einer, der schon als kleiner<br />

Bub bei jedem tankenden Motorrad die<br />

Krümmer gezählt und den speziellen<br />

Sound der Dreizylinder-Zweitakt-Kawas<br />

und der japanischen Vierzylinder für immer<br />

auf seiner Festplatte abgespeichert hat.<br />

Frühkindliche Schlüsselreize, die bis<br />

heute nachwirken. Denn es sind genau die<br />

zwei- und vierrädrigen Legenden der 70er-<br />

Jahre, die es dem passionierten Customizer<br />

angetan haben. Meistens parken die Pläne<br />

für seine spektakulären Umbauten schon<br />

länger in seinem Kopf, bis es zur Realisierung<br />

kommt. So war es auch beim<br />

„Kamikaze“-Projekt, dessen martialischer<br />

Name bereits bei den ersten Gedankenspielen<br />

2008 feststand. Und damit die konzeptionelle<br />

Richtung für den radikalen Umbau<br />

einer Kawasaki 750 H2 vorgab. Wobei Tobias<br />

diese Bezeichnung durchaus mit einem<br />

Augenzwinkern gewählt hat, denn mit<br />

lebensverneinendem Tun, egal ob auf oder<br />

abseits der Straße, hat der fröhliche Bayer<br />

nichts am Hut. Eher schon – wie kann es<br />

anders sein – mit den klassischen Kawasaki-Schriftzeichen,<br />

die sich auch auf dem<br />

20 Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de


www.motorrad-classic.de<br />

Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> 21


Im Studio I<br />

Kawasaki H2-Eigenbau<br />

Alles anders: Der Heckrahmen<br />

wurde gekürzt und verstärkt,<br />

die Fußrastenaufnahmen versetzt,<br />

der Motor komplett<br />

überholt und der Öltank aus<br />

einem Auspuffmantel gebaut<br />

22 Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong>


Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> 23


Im Studio I<br />

Kawasaki H2-Eigenbau<br />

Kurz und schlank: Der<br />

Tank stammt von einer<br />

Kawa KH 500, der Höcker<br />

ist eine Eigen kons<br />

truktion. Oben: originaler<br />

Drehzahlmesser<br />

mit Digitaltacho


Hier möchte man gerne Platz<br />

nehmen: Der stilvolle Höcker<br />

wurde aus Stahlblechen angefertigt,<br />

die Rückleuchte<br />

darin integriert (oben). Die<br />

Befestigungen sind nicht zu<br />

sehen. Links: Reduziert auf<br />

das Nötigs te, rückt der optische<br />

Schwerpunkt in die Mitte.<br />

Gabel, 18-Zoll-Räder und<br />

Bremsen einer Suzuki GSX-R<br />

750 wurden angepasst, sie<br />

fügen sich harmonisch ins Bild<br />

„Kamikaze“ steht<br />

hier für perfekte<br />

Handarbeit und<br />

eine große Detailverliebtheit<br />

Tank der „Kamikaze“ wiederfinden, farblich<br />

inspiriert vom traditionellen BP-Logo<br />

aus den – natürlich – 1970er-Jahren.<br />

Der Spritbehälter selbst entstammt einer<br />

Kawasaki KH 500, den Tobias, wie fast<br />

alle anderen Bauteile, im Lauf der Jahre<br />

für dieses Umbau-Projekt gezielt erstanden<br />

hat. Denn die Ausgangslage war sehr<br />

übersichtlich: Mehr als einen Rahmen<br />

und einen Motor, dessen Kurbelwelle sich<br />

nicht mehr drehte, gab es zu Beginn des<br />

Aufbaus im vergangenen Herbst nicht. So<br />

mussten alle in der „Kamikaze“ verbauten<br />

Komponenten entweder selbst angefertigt,<br />

frisch überholt oder aufwendig umgearbeitet<br />

werden.<br />

Was Tobias insofern in den Kram passte,<br />

weil er dieses Unikat sowieso genau<br />

auf seine Bedürfnisse abstimmen wollte.<br />

Also wurde das Fahrgestell erst einmal<br />

von Heckrahmen und allen unnötigen<br />

Halterungen befreit. Anschließend passte<br />

Tobias die Aufnahmen der Fußrasten seiner<br />

Körpergröße an, auch für Auspuff,<br />

Seitenständer und die elektrischen Bauteile<br />

schweißte er neue Halterungen ans<br />

gekürzte sowie verstärkte Rahmenheck.<br />

Eine komplette Überarbeitung erfuhr<br />

ebenfalls der Motor. Kurbelwelle, Zylinder,<br />

Kolben, Lager, einige Getriebezahnräder<br />

und die Kupplung sind neu, ebenso<br />

der selbst konfigurierte Kabelbaum.<br />

Eigenkonstruktionen sind weiterhin<br />

der aus einem Millimeter starkem Stahlblech<br />

gefertigte Höcker mit den unsichtbaren<br />

Verschraubungen und der Öltank<br />

mit Füllstandanzeige sowie Absperrhahn,<br />

der in seinem früheren Leben mal ein<br />

Supertrapp-Schalldämpfer war. Nicht zu<br />

vergessen die unzähligen, aus Alu oder<br />

Edelstahl gedrehten Buchsen oder die untere<br />

Gabelbrücke mit speziell gefertigtem<br />

Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> 25


Im Studio I<br />

Kawasaki H2-Eigenbau<br />

Gabeljoch. Aufwendig angepasst werden<br />

mussten zudem die aus einer 1100er­<br />

Suzuki entlehnte Alu-Schwinge wie auch<br />

die Jolly-Moto-Auspuffanlage, überdies<br />

Gabel, Räder und Bremsen, die eine Suzuki<br />

GSX-R 750 der ersten Serie beisteuerte.<br />

Ganz bewusst übrigens, weil den 70er-<br />

Jahre-Freak ausgerechnet mit diesem<br />

vollverkleideten 80er-Jahre-Supersportler<br />

jede Menge Erinnerungen verbinden –<br />

die GSX-R war Tobias‘ erstes Motorrad.<br />

Außerdem harmonieren die nicht übertrieben<br />

breiten 18-Zöller der Suzuki<br />

perfekt mit der „Kamikaze“, die nach<br />

dem Willen ihres Erbauers „so aussehen<br />

soll, als ob sich ein Tuner in den 70er-Jahren<br />

ihrer angenommen hätte“. Hinzu<br />

kommt, dass die schwimmend gelagerte<br />

Doppelscheibenbremse mit den frisch<br />

überholten Vierkolbenzangen bestens zu<br />

Tobias Guckels Philosophie passt.<br />

Optimieren steht nämlich auch bei<br />

seinen originalgetreuen Restaurierungen<br />

ganz oben auf der Liste, sofern es der<br />

Kunde wünscht. „Wenn sich der Fahrspaß<br />

durch den Einbau einer Doppelscheibenbremse<br />

oder einstellbarer Federbeine<br />

deutlich verbessern lässt, warum sollte<br />

ich es dann nicht machen?“, erteilt er den<br />

Gralshütern der absoluten Originalität<br />

eine Absage. Dennoch, ein wilder Stilmix<br />

wird die Werkstatt des Bayern nie verlassen.<br />

Schon gar nicht bei dem ganz auf Tobias<br />

zugeschnittenen „Kamikaze“-Projekt.<br />

Auch hier war das Ziel, trotz des gewollt<br />

radikalen Umbaus eine in sich stimmige<br />

Gesamtkomposition mit einem höchst<br />

individuellen Stil zu erschaffen. Und das<br />

ist Tobias und seinen fünf Mitstreitern bei<br />

TGS Motorcycles perfekt gelungen.<br />

Mit viel Aufwand und Liebe zum<br />

Detail wurde hier – übrigens mit dem<br />

Ein radikales<br />

unikat, wild und<br />

aggressiv gestylt<br />

mit höchster<br />

Individualität<br />

Segen des TÜV – innerhalb von drei Monaten<br />

ein Motorrad auf die Räder gestellt,<br />

das schnell, wild und aggressiv wirkt. Und<br />

damit all das verkörpert, was für den Erbauer<br />

seit Generationen den legendären<br />

Ruf der Kawasaki H2 ausmacht.<br />

Die „Kamikaze“ hat Tobias nur für sich<br />

gebaut, sie ist ein Unikat. An Ideen für<br />

ähnlichen Umbauten mangelt es freilich<br />

nicht. Schließlich arbeitet er heute dort,<br />

wo ihn die Kindheit geprägt hat – im magischen<br />

Dreieck von Rappenhof. ◻<br />

26 Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de


Umbau-Infos<br />

Rahmen: Basis Kawasaki H1, Baujahr 1973, stark modifiziert; abgeänderte Alu-<br />

Schwinge von Suzuki, Räder, Gabel, Bremsen von Suzuki GSX-R 750 (überholt und<br />

angepasst), Gabelbrücke und -Stabilisator von TGS (Eigenkonstruktionen), Ikon-Federbeine,<br />

Reifen vorn 110/80-18, hinten 160/80-18 Motor: Kawasaki 750 H2, komplett<br />

neu aufgebaut mit 800 cm³, geänderte Steuerzeiten, Jolly-Moto-Auspuff, 34er-Mikuni-<br />

Vergaser Sonstiges: Tank von KH 500, Heck, Schutzblech, Öltank, Lampenhalter<br />

von TGS (Eigenkonstruktionen), Drehzahlmesser H1 (modifiziert), Tachometer von Motogadget,<br />

Fußrasten Suzuki/Yamaha (modifiziert) Kontakt: www.tgs-motorcycles.de<br />

Die Schokoladenseite<br />

der „Kamikaze“: Aus<br />

dieser Perspektive sieht<br />

man die schöne Linie<br />

von Tank, Höcker und<br />

der abgeänderten Auspuffanlage<br />

besonders<br />

gut. Mit Spiegeln und<br />

Spritzschutz gibt es sogar<br />

den Segen des TÜV<br />

Fotos: Guckel, Haasz<br />

Lenkt die Geschicke von TGS Motorcycles:<br />

Tobias Guckel mit seiner „Kamikaze“<br />

TGS Motorcycles in Rappenhof<br />

Für alle da<br />

Seit 1998 findet man Tobias Guckels<br />

Firma TGS in Rappenhof im südöstlichen<br />

Bayrischen Wald – genau auf<br />

dem großväterlichen Grundstück, das<br />

seine Kindheit geprägt hat.<br />

Hier kümmern sich fünf Spezialisten um<br />

Motorräder aller Marken. Die Bandbreite<br />

umfasst regelmäßige Wartungsarbeiten,<br />

Reparaturen, Tuning, Umbauten und sowohl<br />

Teil- als auch Komplettrestaurierungen. Besonders<br />

am Herzen liegen Tobias und seiner<br />

Mannschaft dabei die japanischen Klassiker und<br />

Youngtimer der 1970er-, 80er- und 90er-Jahre,<br />

für die TGS auch zahlreiche technische Verbesserungen<br />

anbietet, die sich nicht zuletzt dank des<br />

stetig gewachsenen Maschinenparks im Haus<br />

realisieren lassen. Davon profitiert natürlich auch<br />

der Bau von Custom-Bikes, der für Tobias und<br />

seine Mannen zu einem immer wichtigeren<br />

Geschäftsbereich geworden ist. Etliche nationale<br />

und internationale Siege bei den einschlägigen<br />

Wettbewerben zeugen von der Kreativität der<br />

Rappenhofer Edelschmiede, die sogar eine<br />

eigene Teileproduktion betreibt und für Kunden<br />

Sonderanfertigungen anbietet. Mit Eigenbauten<br />

wie der„Kamikaze“ will Tobias zeigen, was<br />

möglich ist – und zugleich die Vorstellungskraft<br />

aller Interessierten beflügeln.<br />

Zwischenschritt: die „Kamikaze“ mit geändertem<br />

Rahmen und speziellem Höcker<br />

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Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> 27


Szene I<br />

Rudge-Familie Reters


schwarz<br />

und gold<br />

Wenn man in den USA Deutsche<br />

trifft, die sich in Kanada<br />

um englische Rudge kümmern,<br />

ist das ganz normal.<br />

Selbst, wenn der Vater mit<br />

den Söhnen auf den raren<br />

Rennern um die Wette fährt ...<br />

Text: Thomas Schmieder<br />

Fotos: Albert Hicks (1), TSR (11)<br />

Wenn der Vater mit den<br />

Söhnen: Ingo (rechts),<br />

Peter (Mitte) und<br />

Stanley Reters leben<br />

und lieben Rudge –<br />

beim Schrauben und<br />

Fahren<br />

Die brennende Sonne über Alabama<br />

lässt an diesem Oktober-<br />

Samstag die Luft flimmern,<br />

dröhnende Motoren die Erde<br />

beben, eifriges Gewusel das Fahrerlager leben –<br />

das Barber Vintage Festival gehört zu den<br />

großen Zugnummern der US-Oldieszene (siehe<br />

<strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> 2/<strong>2014</strong>). Mittendrin<br />

im riesigen Fahrerlager bleibt<br />

mein Blick an einer rabenschwarzen<br />

Rudge Ulster aus den 1930er-Jahren<br />

hängen. Hhmm, hab ich den Einzylinder-Renner<br />

jemals zuvor gesehen?<br />

Ich kann mich nicht erinnern.<br />

Über dem 75 Jahre alten Single wedelt<br />

ein Banner im warmen Wind,<br />

www.rudge.co.uk steht darauf.<br />

Der perfekte Zustand der<br />

schwarzen Schönheit zieht mich<br />

magisch an. Als ich das mechanische<br />

Kunstwerk bewundere,<br />

nähert sich ein dramatisches<br />

Röhren und Stampfen, hämmert<br />

sich unter die Schädel decke. Es<br />

ist eine weitere glänzende<br />

Rudge, eine TT-Replica mit offenen<br />

Megafonen. Staunen garantiert!<br />

Der Fahrer bittet<br />

mich, ihm beim Aufbocken zu<br />

helfen. Fahreranzug, Stiefel<br />

und Handschuhe sind perfekte<br />

Repliken im Stil der<br />

30er-Jahre, nur der Helm ist<br />

aus aktueller Produktion.<br />

„Ist leider Vorschrift“, entschuldigt<br />

sich der Pilot. Und stellt sich vor: „David<br />

Sproule aus Kanada, nice to meet you!“<br />

Wir kommen ins Gespräch. Tropfender Vergaser?<br />

Ganz normal, kein Grund zur Besorgnis:<br />

„Das Gemisch der Rennvergaser muss man vor<br />

dem Start regulieren.“ Wenn ich mehr über<br />

Rudge wissen wolle, solle ich noch kurz warten.<br />

www.motorrad-classic.de<br />

Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> 29


Szene I<br />

Rudge-Familie Reters<br />

Renn-Schönheiten: Die Linie<br />

der Ulster betört bis heute<br />

Unverhüllte Hightech der 30er-Jahre:<br />

vier offen liegende Radialventile<br />

Schwer, aber gut: Köpfe aus Bronze<br />

waren exakter herzustellen als aus Alu<br />

Wie bei Brumm-Rudges aus den 30ern:<br />

Leistungskur mit zwei Vergasern<br />

Ästhetik und Funktionalität gehen bei<br />

den Rudge-Rennern Hand in Hand<br />

Dann könne ich mich auch auf Deutsch<br />

unterhalten. Wie jetzt, 7500 Kilometer<br />

von zu Hause entfernt? Da bebt die Erde<br />

erneut: Drei weitere der raren britischen<br />

Renner rollen ins Fahrerlager.<br />

Als der erste Fahrer seinen Helm abnimmt,<br />

kommt ein schlanker junger Mann<br />

zum Vorschein. „Hi, I am Peter“, stellt sich<br />

der 21-Jährige vor. Ich bin überrascht, so<br />

einen Jüngling auf einem Motorrad von<br />

1937 zu sehen. Stark. Fast seine ganze Familie<br />

fahre hier. Als er mich als Deutschen<br />

erkennt (nicht schwer bei dem Akzent),<br />

schaltet Peter plötzlich auf Deutsch mit<br />

amerikanischem Einschlag um: „Mein<br />

Vater spricht noch Düsseldorfer Platt.“<br />

Was Ingo, sein alter Herr (67), sogleich<br />

unter Beweis stellt.<br />

Er kommt ebenfalls gerade von der<br />

bildschönen, 3,7 Kilometer langen Strecke<br />

zurück, schält sich aus dem schwarzen<br />

Einteiler. „Isch bin 1980 nach Kanada ausjewandert,<br />

weil man da einfach mehr Ellbogenfreiheit<br />

hat. Und weil datt Land so<br />

schön iss.“ Seine Familie wohnt in Ontario,<br />

Peter ist in Kanada geboren. „Tja, vor<br />

33 Jahren kam ich mit einem ganzen Container<br />

in Kanada an“, erzählt Papa Ingo,<br />

„darin waren haufenweise Teile und<br />

Maschinen, Bohrwerke und eine Kern-<br />

Drehbank. Und natürlich die 1938er-<br />

Ulster meines Vaters.“ Die Be geis terung<br />

für Rudge lebt diese Familie also über<br />

Generationen hinweg.<br />

Stanley, der zweite Sohn (36), fährt<br />

eine 1935er-TT-Replica mit Doppelvergaser.<br />

Das gibt’s doch nicht, Vater und zwei<br />

30 Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de


Söhne zeitgleich in einem Rennen, alle<br />

drei auf äußerst raren 500er-Rudge-Modellen!<br />

Vermutlich gibt es weltweit nur<br />

wenige Hundert. Und hier stehen gleich<br />

sechs Rudges zusammen – darunter eine<br />

eierschalenweiße Rudge Multi von 1913.<br />

Volles Programm. Restaurations-Experte<br />

Ingo Reters freut sich: „Heute steht für uns<br />

das Fahren im Vordergrund, für den Spaß<br />

an der Freud.“ Zum ersten Mal ist seine<br />

Familie hier, und er war gleich Dritter in<br />

seiner Rennklasse. „Fast sogar Zweiter!“<br />

Rennen und Restaurieren<br />

Witzig feixen die drei – der Dad fuhr am<br />

weitesten nach vorn! Alter und Erfahrung<br />

sind eben doch ein Pfund. Ingo ist erleichtert,<br />

dass es Peter auf der Bilderbuch-<br />

Rennstrecke vorsichtig anging, sich selbst<br />

und die seltene Ulster heil wieder zurückbrachte:<br />

„Bei einem Sturz hätte ich dich<br />

nach Südafrika verbannt, möglichst weit<br />

weg.“ Nun fachsimpeln die drei. „Du<br />

fühlst, wie der Motor mit Spätzündung in<br />

die Knie geht“, berichtet Peter. Sein älterer<br />

Bruder erklärt, wie man sich das zunutze<br />

machen kann: „Beim Reinbremsen in<br />

Kurven Zündung zurücknehmen, beim<br />

Rausbeschleunigen Frühzündung geben.“<br />

Mein Finger streicht über einen rundlichsinnlichen<br />

Satteltank. „Die baut uns ein<br />

Freund nach originalen Rudge-Zeichnungen“,<br />

sagt Peter beiläufig.<br />

Ansonsten macht diese Rudge-verrückte<br />

Familie mit ihrer Firma „Reters<br />

Restorations“ jedoch fast alles selbst an<br />

den Ren nern, vom Zylinder über die Kurbelwellen<br />

und Getriebe bis zum Tankdeckel<br />

(siehe Interview Seite 32). Hier sind<br />

echte Enthusiasten am Werk. „Ich hatte<br />

schon immer Engländer, vor allem BSA<br />

Gold Star“, sagt Ingo. Was der besondere<br />

Reiz von Rudge sei? „Nun, Rudge hatte eine<br />

kurze, aber dramatische Geschichte,<br />

baute nur von 1910 bis 1939 Motorräder.<br />

Technisch war die Marke weit vorne, hat<br />

immer viel ausprobiert, das war wirtschaftlich<br />

auch ihr Problem. Rudge verbaute<br />

bereits ab dem Jahr 1924 kopfgesteuerte<br />

Vierventilmotoren mit Stoßstangen<br />

und Vierganggetriebe. Four<br />

speed, four valves – das war doch irre zu<br />

dieser frühen Zeit!“<br />

Rudge hatte nur wenige Zweiventiler<br />

im Programm. „Ab 1926 gab’s gekoppelte<br />

Vorder- und Hinterradbremsen, ab 1932<br />

Fußschaltung“, erklärt Ingo. Den sportlichen<br />

Nimbus der Marke begründeten<br />

sensationelle Rennerfolge, wie etwa der<br />

Dreifachsieg der 350er bei der Junior-TT<br />

1930. Peter, Mechaniker-Azubi bei BMW<br />

in Kanada, weist das Greenhorn aus Germany<br />

in die Rudge-Historie ein: „Ulster<br />

heißen die Maschinen, weil Rudge mit<br />

Graham Walker beim Ulster-GP 1928 als<br />

erste Marke einen Sieg mit einem Schnitt<br />

Bote einer anderen Epoche: Die Multi<br />

entstand 1913, vorm Ersten Weltkrieg<br />

Alles was geht: die 100 Jahre alte<br />

500er-Multi im echten Rennen ...<br />

von 80 Meilen pro Stunde, also knapp 130<br />

km/h, holte.“ Fortan war die Ulster mit<br />

Vierventilkopf und zwei weit gespreizten<br />

Auspuffkrümmern die käufliche Supersportmaschine<br />

für jedermann.<br />

Ab 1930 hatten die Werksrenner halbkugelförmige<br />

Brennräume mit vollradialer<br />

Ventilanordnung und offenen Ventilfedern.<br />

„Dagegen waren die semiradialen<br />

Köpfe ab 1937 geschlossen“, erklärt Peter,<br />

„die Auslassventile standen radial, die Einlassventile<br />

parallel.“ Papa Ingo erläutert<br />

die auffälligen Bronze-Köpfe der zivilen<br />

Ableger: „Die Qualität des Alugusses war<br />

Komplex: verstellbare Riemenscheibe,<br />

21 Gänge und ultralanger Schalthebel<br />

in den 30er-Jahren noch bescheiden.“ Daher<br />

kam Bronze zum Einsatz, golden<br />

schimmernd, aber viel schwerer. „Bronze<br />

leitet die Wärme ähnlich gut ab wie Alu<br />

und ist dabei sehr elastisch.“<br />

Umgekehrt hielt das Werk an manchen<br />

Bauprinzipien fest, etwa der Gabel-<br />

Konstruktion und dem Verhältnis von<br />

Bohrung zu Hub, und das über Jahrzehnte.<br />

Stanley weist mich in die Feinheiten<br />

der piekfein restaurierten Multi von 1913<br />

ein. „Damit fuhr ihr Besitzer Kevin Grubb<br />

beim Century Race auf den dritten Platz“,<br />

erklärt er stolz. Das war ein Rennen für<br />

www.motorrad-classic.de<br />

Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> 31


Szene I<br />

Rudge-Familie Reters<br />

Zur Sache, Ingo reters<br />

Ulsters blutige Hand – Symbol irischen<br />

Freiheitskampfs und schneller Rudges<br />

mindestens hundert Jahre alte Maschinen,<br />

von denen etliche aussahen, als wären<br />

sie gerade vom Band gelaufen. „Für<br />

Kevin Grubb haben wir die Maschine vor<br />

einigen Jahren komplett restauriert.“<br />

Aus der 85er-Bohrung mit damals kurzen<br />

88 Millimeter Hub resultierten 499<br />

Kubik. Der Halbliter-Single mit Einlass<br />

über dem Auslassventil war für 7,5 PS bei<br />

2000 Touren gut. Er steht da wie am ersten<br />

Tag. „Solch ein Motorrad holte 1914 einen<br />

Senior-TT-Sieg auf der Isle of Man“, weiß<br />

Stanley. Den Namen Multi erhielt es wegen<br />

der komplexen Kraftübertragung<br />

zwischen Motor und riesigem Hinterrad:<br />

„56 Kupplungsscheiben und insgesamt<br />

21 Gänge in Form einer verstellbaren Riemenscheibe<br />

setzen den langen Antriebsriemen<br />

in Bewegung.“<br />

Mister Barber persönlich, Gründer des<br />

weltgrößten Motorrad-Museums, machte<br />

am Morgen den wilden Rudge-Reitern<br />

sei ne Aufwartung. „Er bedankte sich für<br />

unser Kommen, die 1000 Meilen lange Anreise<br />

mit ‚tollen Motorrädern’“, freut sich<br />

Ingo Reters. „Das will was heißen.“ ◻<br />

Verwegen: Peter Reters ist 21,<br />

seine Ulster 76 ...<br />

„Ich bin mit der 38er-<br />

Ulster meines Vaters<br />

aufgewachsen“<br />

Wie bist du auf die Rudge gekommen?<br />

Diese Marke war meine Initialzündung bei<br />

Motorrädern. Mein Vater kaufte 1938 eine Ulster<br />

beim Düsseldorfer Händler Jörgens, für 1200<br />

Reichsmark. Das war damals das Schnellste, was<br />

man auf der Straße fahren konnte: Das Werk<br />

garantierte 100 Meilen pro Stunde, 160 km/h!<br />

Das war selbst Ende der 50er-Jahre ein Top-Wert.<br />

Die Ulster versteckte mein Vater in Einzelteilen<br />

vor dem Kriegseinsatz. Mit diesem Motorrad<br />

wuchs ich somit auf. Dieses Exemplar habe ich<br />

dann 1980 mit nach Kanada genommen. In den<br />

50er-, 60er-Jahren wohnten wir in Düsseldorf-<br />

Lichtenbroich, dort, wo heute der Flughafen ist.<br />

Der Freund meines Vaters, Werner Ehlen, hatte<br />

eine Imperia aus Bad Godesberg, mit Rudge-<br />

Einbaumotor, „Python” genannt. Aus dieser Zeit<br />

habe ich meinen Rudge-Fimmel, deren Vierventiltechnik<br />

finde ich bis heute faszinierend.<br />

Wie wurdest du selbst zum Rudge-Experten?<br />

Bereits Anfang der 60er-Jahre half ich mit<br />

bei Res taurierungen, etwa einer originalen<br />

Hildebrand & Wolfmüller oder eines seltenen<br />

Krupp-Rollers. Seit Mitte der 70er-Jahre erstelle<br />

ich mir Ersatzteile selbst. Zunächst fertigten wir<br />

Rudge-Teile für uns, als Hobby. Doch mit der Zeit<br />

wurde daraus ein „sideline business”, ein echter<br />

Nebenerwerb. Ich hatte schon in Düsseldorf meine<br />

eigene kleine Firma „Ingo Reters Maschinenbau”,<br />

kurz IRM, baute ausgefallene Einzelteile.<br />

In Kanada machen wir vor allem Cosworth-Rennmotoren<br />

und Prototypenbau für Flugzeug- und<br />

Fahrzeugteile. Wir haben eigene Vierachs-CNC-<br />

Dreh- und Fräs-Bearbeitungszentren, unser Ding<br />

ist die anspruchsvolle mechanische Bearbeitung.<br />

Mein Sohn Stan programmiert die Maschinen je<br />

nach Anforderung ganz individuell.<br />

Was ist typisch für Reters Restorations?<br />

Wir kamen durch den Rudge Club an historische<br />

Konstruktions-Zeichnungen. Und können daher<br />

die wichtigsten Teile nachbauen. Etwa komplette<br />

Getriebe, vor allem für Rennzwecke, inklusive aller<br />

Zahnräder. Aber auch Kipp- und Schlepphebel.<br />

Das sind teure Teile, die sich nicht lohnen, wenn<br />

man nur zwei oder drei davon macht, sondern<br />

Selfmademan:<br />

Ingo Reters<br />

baut seit den<br />

70er-Jahren<br />

Rudge-Teile<br />

erst in Kleinserien von mindestens 20 oder 30<br />

Stück. An sich sind wir eher spezialisiert auf<br />

spätere Rudges, haben aber auch die 100 Jahre<br />

alte Multi komplett restauriert.<br />

Und was sind eure „Spezialitäten“?<br />

Wir gießen Zylinderköpfe selbst oder fräsen<br />

sie aus dem Vollen nach. Zylinder bieten wir<br />

mit Laufbuchse oder Nikasil-beschichtet an,<br />

ganz nach Wunsch. Zudem fertigen wir eigene<br />

Kurbelwellen, verpresst mit zehn Tonnen Druck,<br />

original waren sie anfällig verschraubt. Aus Jux<br />

und Dollerei haben wir auch schon eine Acht-<br />

Schuh-Bremse mit kleinen Einzelbelägen gebaut.<br />

Ein wenig stolz sind wir auf unsere Repliken der<br />

Brumm-Rudges mit zwei Vergasern. Nur dass wir<br />

den 500er-Motor damit bestücken und nicht –<br />

wie der Berliner Brumm seinerzeit – den 350er.<br />

Der große Single hat damit richtig Dampf – man<br />

spürt den Hammer unter dem Tank!<br />

Wo sitzen eure Kunden gewöhnlich?<br />

Nicht nur in Kanada. Durchs Internet und über<br />

den Rudge Club liefern wir Ersatzteile weltweit,<br />

bis Europa, Australien und Neuseeland.<br />

Komplett-Restaurierungen gehen naturgemäß<br />

bloß vor Ort. Vor Kurzem ließ ein Anwalt aus<br />

Texas seine Rudge mehrere Tausend Meilen zu<br />

uns bringen. Für europäische Besitzer lohnt sich<br />

der Transport in der Regel leider nicht.<br />

Wie verteilt sich die Nachfrage auf die unterschiedlichen<br />

Baureihen und Modelle?<br />

Weltweit sind noch etwa 1200 Rudges im Rudge<br />

Club registriert, davon vermutlich 50 Prozent<br />

in Teilen. Eine Rudge steht nicht bei Ebay oder<br />

mobile zum Kauf. Wie will man bei so knappem<br />

Angebot seriös den Markt beurteilen? Aber<br />

Ulster genießen wohl das höchste Renommee.<br />

Und wie liegen die Preise für eine Rudge?<br />

Bei so einem geringen Angebot gelten bei jedem<br />

Kauf eigene Gesetze. <strong>Classic</strong>-tax aus Bochum<br />

ermittelte laut <strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> für gepflegte<br />

Exemplare in Deutschland folgende<br />

Preise für Straßenmaschinen: Standard<br />

350 etwa 8400 Euro, 500 Special rund<br />

14 100 Euro, 500 Ulster zirka 15 600 Euro.<br />

Rennmaschinen sind jedoch deutlich<br />

teurer, gute Exemplare kosten gut 20 000<br />

bis knapp 30 000 Euro.<br />

Fotos: Stanley Reters<br />

Kontakt<br />

Fremdkörper: Neben sechs Rudges von<br />

Familie Reters parkt eine BMW R 1100 S<br />

Reters Restorations, 138 Anderson<br />

Avenue, Unit 11, Markham, Ontario,<br />

L6E 1A4, Canada; Telefon: 001/90 54 71-<br />

82 83; E-Mail: restore@reters.org;<br />

Internet: www.reters.org<br />

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Szene I<br />

BMW R 2<br />

34 Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong>


Volks-<br />

Radl<br />

Mit der R 2 legte BMW im Jahr 1931 den<br />

Grundstein einer populären Einzylinder-Baureihe.<br />

Und die zählt für Hans-Lothar Stegmann<br />

genauso zur Familie wie die Boxer.<br />

Er mag halt bayerische Eintöpfe. Nicht von<br />

Berufs wegen, aber aus Berufung.<br />

Text: Fred Siemer; Fotos: Siemer, Stegmann (2), BMW Group Archiv (1)<br />

wer die Entstehungsgeschichte von<br />

BMW betrachtet, mag dem alten<br />

Griechen ja noch Recht geben, der<br />

den Krieg als Vater aller Dinge bezeichnete.<br />

Aber spätestens bei der R 2 irrt Heraklit: Sie<br />

wurde aus der Not geboren. Als ehemaliger Bundeswehr-<br />

Offizier kennt Hans-Lothar Stegmann seinen Militär-Klassiker<br />

ganz gut, in Sachen BMW hat er sich gar – ausschließlich<br />

privat und höchst zivil – zum Experten hochgedient.<br />

Er weiß also, dass seine Lieblingsfirma während der 20er-<br />

Jahre des vergangenen Jahrhunderts eine eher betuchte<br />

Kundschaft bediente. Daran änderte auch der Umstand<br />

nichts, dass ab 1925 ein Einzylinder-Krad die Boxer ergänzte.<br />

Diese R 39 nämlich lag mit ihrem Preis von 1870<br />

Mark weit jenseits dessen, was der kleine Mann aufbringen<br />

konnte. Sie orientierte sich eher an leichten britischen<br />

Sportmaschinen, ohne allerdings deren Leistungskraft und<br />

Zuverlässigkeit zu erreichen – und geriet mit 855 in zwei<br />

Jahren produzierten Einheiten zum Flop.<br />

Die Weltwirtschaftskrise Ende des Jahrzehnts aber<br />

zwang BMW erneut, einen Einzylinder auf den Markt zu<br />

bringen, und dieses Mal musste er bezahlbar sein. Nicht<br />

nur DKW bewies, dass Kleinvieh, sofern kostengünstig<br />

produziert, eben auch Mist macht, außerdem lockte seit<br />

1928 die von Führerscheinpflicht und Steuern befreite<br />

200-cm³-Klasse. Dort traten schon gescheite Motorräder<br />

an, dort ließe sich dank des BMW-Rufs sogar ein Preisaufschlag<br />

durchsetzen. Schließlich wollte man keinesfalls von<br />

blauweißen Prinzipien abweichen, auch die Volks-BMW<br />

sollte ohv-Viertakter sowie Kardanantrieb bekommen. So<br />

geschah es dann, im Mai 1930 wurde ihr Hersteller beim<br />

Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> 35


Szene I<br />

BMW R 2<br />

Kardan, Kickstarter,<br />

Hackenbremse,<br />

Handschaltung –<br />

es erstaunt, wie<br />

viele interessante<br />

Details dieses kleine<br />

Motorrad bietet<br />

36 Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong>


In einer<br />

Normgarage<br />

wird restauriert<br />

und<br />

gewartet<br />

Bei günstigem<br />

Lichteinfall kann<br />

man an den Markierungen<br />

des<br />

Siebes den Benzinstand<br />

ablesen<br />

Bayerischen Revisions-Verein vorstellig,<br />

um sein Kraftrad technisch abnehmen zu<br />

lassen, 1931 ging es in den Verkauf<br />

Die R 2 wurde ein Erfolg<br />

Sofort entwickelte sich das 975 Mark teure<br />

Modell zum Kassenschlager, bis Jahresende<br />

hatte die erste Serie 4160 Kunden<br />

gefunden. Als Hans-Lothar Stegmann<br />

1935 auf die Welt kam, lief die R 2 in<br />

Serie 4 und 5 noch immer vom Band, bis<br />

zwei Jahre später die R 20 ihr Erbe antrat,<br />

waren insgesamt 15 548 Stück verkauft.<br />

Der kleine Hans-Lothar unternahm kurz<br />

darauf erste Annäherungsversuche ans<br />

Kraft rad, indem er die R 35 seines Vaters<br />

beturnte, doch Flucht und Nachkriegszeit<br />

verhinderten eine tiefere Beziehung. Immerhin<br />

blieb die Leidenschaft fürs Technische,<br />

und irgendwie wurde damals wohl<br />

auch ein Bazillus übertragen, denn mit 51<br />

er wisch te es ihn schwer: Stegmann kaufte<br />

eine R 25/3, sein erstes Motorrad, und die<br />

besitzt er bis heute. Beinahe 20 kamen, viele<br />

gingen wieder, allesamt BMW plus eine<br />

einsame Zündapp, die meisten erlebten in<br />

Stegmanns Garagenwerkstatt eine ebenso<br />

kundige wie liebevolle Restaurierung.<br />

Deswegen konnte ihn nicht schrecken,<br />

was er so um die Jahrtausendwende in<br />

einer Scheune zu Gesicht bekam. Der<br />

malerische Haufen Schrott hatte wohl 50<br />

Jahre dort gestanden, erinnerte dennoch<br />

an eine R 2 der zweiten Serie. Dumm nur,<br />

dass der Besitzer das traurige Stück selbst<br />

restaurieren wollte. Doch Stegmann kennt<br />

seine Pappenheimer, hat derlei Ankündigungen<br />

schon öfter gehört, und deshalb<br />

suchte er den ambitionierten R 2-Besitzer<br />

zehn Jahre später anlässlich einer Spa-<br />

zierfahrt mal wieder auf. Um es kurz zu<br />

machen: Der Mann hatte das Bayern-Krad<br />

aus der Scheune befreit, mehr nicht, und<br />

so wurde man sich rasch einig.<br />

Normalerweise ist Patina durchaus<br />

erwünscht, doch im vorliegenden Fall verlangte<br />

der weit fortgeschrittene Rostfraß<br />

nach neuem Lack und frischem Chrom.<br />

Zum Glück präsentierte sich die R 2 nahezu<br />

komplett, und was fehlte, konnte Stegmann<br />

dank guter Kontakte besorgen. Seit<br />

1989 ist er im BMW Veteranen-Club aktiv,<br />

um die Freuden und Leiden am rostigen<br />

Hobby zu teilen. Das Distanzstück der<br />

Vorderradachse fehlte – während einer<br />

„Tagesfahrt Mittleres Rheintal“ konnte er<br />

die Maße im BMW-Museum von Reinhardt<br />

Gaede abnehmen. Mehr Sorgen bereitete<br />

der Vergaser, ein Amal 4/012 S, der<br />

nach BMW-Angaben eigentlich an ein<br />

späteres Baujahr gehörte und – warum<br />

auch immer – statt eines SUM K 50/250<br />

montiert war. Obendrein mangelte es dem<br />

Amal leider an Schieber, Schwimmerkammerdeckel<br />

und dessen Überwurf.<br />

Alles aufzutreiben bei einem langjährigen<br />

BMW-Freund. Glück gehabt, und auch<br />

eine Bosch-Hupe fand sich, nämlich bei<br />

Stegmann im Regal. Sie war bei einer<br />

Restaurierung mal übrig geblieben.<br />

Ordnung muss sein bei einem ehemaligen<br />

Offizier. „Wenn die Teile hier und da<br />

rumfliegen, leide ich“, sagt Stegmann, und<br />

er hat ja recht. Nur systematisches Vorgehen<br />

führt eine Vollrestaurierung zum<br />

Erfolg. Alle zu strahlenden Teile werden<br />

vorher fotografiert, dann kann man nach<br />

dem Abholen auf dem Foto abstreichen,<br />

was wirklich wiedergekommen ist. Alle<br />

Schrauben werden mit Schraubenlänge,<br />

Gewindelänge, Durchmesser, Unterlegscheiben<br />

und Platz auf einer Liste notiert.<br />

Alle! Dann werden sie mechanisch und<br />

chemisch gesäubert, danach – so der Tipp<br />

des Kenners – galvanisch verzinkt und<br />

schließlich mit einer Dickschicht-Passivierung<br />

geschützt. „Das wird nicht oft<br />

angeboten, sieht aber prima nostalgisch<br />

aus, so leicht matt-chromig“, schwärmt<br />

Stegmann aus Erfahrung.<br />

Logische BMW-Konstruktion<br />

Nach und nach füllten sich seine Regale<br />

mit einbaufertigen Teilen. Zu den teureren<br />

Anschaffungen zählte eine neue Nockenwelle,<br />

zu den preiswerteren die überarbeitete<br />

Kurbelwelle: Ein Freund konnte<br />

sie richten, die Rollen des unteren Pleuellagers<br />

fertigte er selbst. Dazu besorgte er<br />

sich gelaufene Rollen, deren Oberfläche<br />

also bereits verfestigt war und die er mittels<br />

Bohrmaschine und Flex auf die erforderliche<br />

Länge von 7,88 bis 8 Millimeter<br />

kürzte. Einspannen, schleifen, ausspannen,<br />

messen, wieder einspannen... Am<br />

Ende wurden die Kanten abgerundet. Wie<br />

gut, dass Hobby-Restaurierer umsonst<br />

arbeiten. Ruck, zuck stand ein fertiger<br />

Motor auf der Werkbank. „Wenn ich was<br />

anfange, entwickle ich Tempo“, behauptet<br />

Stegmann von sich, dank der logischen<br />

BMW-Konstruktion bauten sich keine<br />

überraschenden Hindernisse auf.<br />

Anfangs schickte BMW den 200er mit<br />

offenen Ventilfedern auf die Straße, die<br />

Schmierung der gleitgelagerten Kipphebelwelle<br />

soll der aus einem Stoßstangen-<br />

Schutzrohr entweichende Ölnebel erledigen.<br />

Über das zweite Schutzrohr fließt<br />

das überschüssige Schmiermittel zurück<br />

www.motorrad-classic.de<br />

Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> 37


Szene I<br />

BMW R 2<br />

Viel leichter zu fahren als<br />

zeitgenössische Boxer ist<br />

die kleine 200er-BMW<br />

Mit der R 2 kam Farbe ins<br />

Programm, ihre Tankoberseite<br />

leuchtete in hellem Blau<br />

ins Kurbelgehäuse, dessen Entlüftung ein<br />

drittes Rohr – mittig zwischen den Stoßstangen<br />

gelegen – besorgt. Bei der zweiten<br />

Serie von 1932, zu der auch Hans-Lothar<br />

Stegmanns Maschine zählt, wölbt sich<br />

bereits eine geschlossene Haube über den<br />

Leichtmetall-Zylinderkopf. Noch ein Jahr<br />

später zeigte eine Ölsteigleitung an, dass<br />

auch BMW nicht mehr so sehr an Ölnebelschmierung<br />

glaubte. Freilich beträgt hier<br />

die Leistung dank geändertem Vergaser<br />

und Nockenwelle auch acht PS statt sechs<br />

und liegt bei 4500/min statt 3500 an. Die<br />

Einscheiben-Trockenkupplung überträgt<br />

die Motorleistung auf ein handgeschaltetes<br />

Dreiganggetriebe, das sich bei Stegmanns<br />

R 2 in recht gutem Zustand befand.<br />

Schlechter war es um den vertrackt aufgebauten<br />

und schwer zu montierenden<br />

Mechanismus des rechts (!) angebrachten<br />

Kickstarters bestellt.<br />

Rahmen aus Stahlblechprofilen<br />

Wie die Boxer-Modelle R 11 und R 16 von<br />

1929 rüstete BMW die R 2 mit einem<br />

Doppelschleifenrahmen aus U-förmigen<br />

Stahl blechprofilen aus. Der hat eingenietete<br />

Querverbindungen sowie eine<br />

zunächst gegossene, aber schon kurz nach<br />

Serienanlauf geschmiedete Lenkkopfpartie<br />

und ersetzte die alten Rahmen aus<br />

gemufften und hartverlöteten Stahlrohren.<br />

Die Blechrahmen sind tatsächlich<br />

besser als die Vorgänger, blieben dennoch<br />

eine Industrie-historische Episode: Ab<br />

Mitte der 30er-Jahre erlaubten verbesserte<br />

Schweißverfahren und neue ovale Rahmenrohre<br />

auch bei BMW wieder den Bau<br />

leichterer (und eleganterer?) Rohrrahmen.<br />

Erstmals befindet sich das Hinterachsgetriebe<br />

innen an der rechten Rahmenschleife,<br />

und deshalb musste das Trieb-<br />

38 Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de


Wer solchen Schrott wieder<br />

flottmacht, der darf auch<br />

Bücher schreiben: Hans-Lothar<br />

Stegmanns tiefgründiges Werk<br />

kostet 29 Euro und hat die<br />

ISBN 978-3-935517-33-1<br />

BMW R 2 (Serie 2 von 1932)<br />

Motor: Luftgekühlter Einzylinder-Viertaktmotor, eine unten liegende,<br />

über Kette angetriebene Nockenwelle, zwei über Stoßstangen<br />

betätigte Ventile, Bohrung/Hub 63 x 64 mm, Hubraum 198 cm³,<br />

Verdichtung 6,7:1, Leistung 6 PS bei 3500/min, Einscheiben-Trockenkupplung,<br />

klauengeschaltetes Dreiganggetriebe, Kardanantrieb<br />

Fahrwerk: Doppelschleifenrahmen aus Stahlblechprofilen,<br />

gezogene Kurzschwinge vorn mit Blattfederung, starres Hinterrad,<br />

Halbnaben-Trommelbremsen vorn und hinten, Drahtspeichen räder,<br />

Reifen vorn und hinten 25 x 3 Zoll<br />

Höchstgeschwindigkeit: zirka 90 km/h<br />

www.motorrad-classic.de<br />

Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> 39


Szene I<br />

BMW R 2<br />

Es gab kein Vertun, auch die Volks-BMW trat mit<br />

ohv-Viertakter, angeblocktem Getriebe und Kardan<br />

an, eine typisch logische BMW-Konstruktion also.<br />

Hier die Serie 1 mit „offenen“ Ventilen<br />

Vom Kindergartenalter bis in den Ruhestand<br />

mochte Hans-Lothar Stegmann am liebsten<br />

BMW. Das nennt man Markenbindung<br />

werk – in Fahrtrichtung gesehen – ein<br />

wenig nach links rücken. Erstmals auch<br />

verbaute BMW keine Kardanbremse, sondern<br />

eine Trommelbremse im Hinterrad,<br />

nach wie vor per Hacke betätigt. Das<br />

Vorderrad wird von einer gezogenen<br />

Kurzschwinge geführt, welche über eine<br />

Federstütze an einem Blattfederpaket anlenkt,<br />

die hübschen Gabelscheiden bestehen<br />

ebenfalls aus Pressstahl-Profilen. Ab<br />

Mitte 1933 verbesserte ein Reibungsstoßdämpfer<br />

die Federungseigenschaften.<br />

Auf heutigen Straßen kann Hans-<br />

Lothar Stegmann darauf locker verzichten,<br />

zumal der herrlich wieder hergerichtete<br />

Sattel viel Komfort vermittelt. Dessen<br />

Decke hatten die Scheunenjahre mächtig<br />

mitgenommen, wieder half ein BMW-<br />

Veteranenfreund. Dafür sah es ausgerechnet<br />

beim Scheinwerfer lange finster aus.<br />

Reflektor und Streuglas fehlten – um<br />

dann urplötzlich bei einem tschechischen<br />

Händler als prima Nachbauten aufzutauchen.<br />

Fertig? Noch nicht ganz. Die Suche<br />

nach einem originalen, bezahlbaren P&M-<br />

Tacho brachte erwartungsgemäß keinen<br />

Treffer, aber an den nostalgischen Ersatz<br />

von Firma Stemler hat Stegmann sich<br />

längst gewöhnt. Abschließend montierte<br />

er noch drei Spezialteile: eine Aufbockhilfe<br />

(„Man wird nicht jünger“), einen Kilometereinsteller<br />

(„Ich will wissen, wann ich<br />

tanken muss“) und eine Uhr („Damit ich<br />

sehe, wann ich Hunger haben sollte“).<br />

Die erste Ausfahrt endete mit einem<br />

zerstörten Hinterachsgetriebe. Auch so<br />

was gehört dazu. Mittlerweile jedoch zählt<br />

die R 2 längst zu Stegmanns Lieblingen.<br />

An die 400 Ausfahrten mit den BMW-<br />

Freunden oder bei Veranstaltungen hat er<br />

in den letzten 25 Jahren gemacht, und<br />

weil er auch privat gern seine Runden<br />

dreht, kommt er jährlich im Schnitt auf<br />

10 000 Oldie-Kilometer. „Es geht ja nicht<br />

nur um die Freude am Gerät“, schmunzelt<br />

er, „sondern auch um jene, sich damit fortzubewegen.“<br />

Wohl wahr, und ganz besonders<br />

genießt Hans-Lothar Stegmann diese<br />

Freude, wenn noch der Stolz über eine<br />

gelungene Restaurierung mitfährt. ◻<br />

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<strong>MOTORRAD</strong>-Heft 9/1971<br />

Von den im Herbst 1970 vorgestellten neuen<br />

BSA-Modellen konnte <strong>MOTORRAD</strong> bereits Anfang<br />

1971 das erste Modell Probe fahren – die<br />

BSA 650 Thunderbolt. Die erste Kontaktaufnahme<br />

ergab: ein kerniges Bike für kernige Typen.<br />

Fotos: mps-Fotostudio<br />

BSA 650 Thunderbolt<br />

Donnerwetter<br />

Die Charakterisierung der BSA als „Motorrad für<br />

Männer mit Mützen“ war schnell gefunden.<br />

Die Tester, die dem Bike diese flapsige Bezeichnung verliehen,<br />

gaben damit ihrer Begeisterung für die Leichtigkeit<br />

und Lässigkeit Ausdruck, mit der dieses Motorrad bewegt<br />

werden konnte. Und zu dem ein „Krachhut“ so gar nicht<br />

passen würde. Zwar bringt die neue BSA mit dem seit<br />

1962 bekannten, stets weiterentwickelten<br />

A 65-Zweizylindermotor immerhin 212 Kilogramm<br />

(Leergewicht) auf die Waage, doch spürt man davon<br />

Die Handlichkeit, die Kurvenlage und der<br />

Bums des Motors begeisterten im Test, der<br />

Lärm der offenen Tüten der zunächst gelieferten<br />

amerikanischen Version weniger<br />

82<br />

85 67<br />

Was uns 1971 noch bewegte<br />

77<br />

71<br />

15. Januar<br />

In Ägypten wird der Assuan-Staudamm eingeweiht.<br />

Hinter der 111 Meter hohen Absperrmauer<br />

werden durchschnittlich rund 150 Kubikkilometer<br />

(150 Billionen Liter) Wasser gestaut.<br />

7. Februar<br />

Einführung des aktiven und passiven Wahlrechts<br />

für Frauen in der Schweiz.<br />

13. Februar<br />

Das ZDF sendet zum ersten Mal „Disco“ mit<br />

Moderator Ilja Richter.<br />

1. März<br />

Eine neue Straßenverkehrsordnung tritt in der<br />

Bundesrepublik Deutschland in Kraft. Unter anderem<br />

wird dabei das neue achteckige Stoppschild<br />

eingeführt.<br />

8. März<br />

Joe Frazier gewinnt seinen Boxkampf und<br />

den Weltmeistertitel im Schwergewicht gegen<br />

Muhammad Ali im Madison Square Garden,<br />

New York, USA, durch einen Sieg nach Punkten.<br />

19. April<br />

Die Sowjetunion startet mit der Saljut 1 die erste<br />

Raumstation.<br />

42 Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de


eim Fahren wenig. Von der sprichwörtlichen<br />

Handlichkeit eines Fahrrads ist die Rede. Dazu<br />

das Temperament des Twins schon von ganz<br />

unten heraus – 46 PS bei 7000/min bescheinigt<br />

der TÜV Rheinland der deutschen Version.<br />

Mit den entsprechenden Schalldämpfern. Die<br />

Testmaschine rückte aber mit nahezu offenen<br />

Tüten an, wie sie in den USA und an die in<br />

Deutschland stationierten Soldaten ausgeliefert<br />

wird. Um dem Lärm Einhalt zu gebieten und<br />

um gültige Aussagen treffen zu können, ordert<br />

die <strong>MOTORRAD</strong>-Mannschaft beim Importeur<br />

Hein Gericke die deutlich leiseren Mustergutachten-Schalldämpfer.<br />

Wunderbar weich zieht<br />

der Motor von unten heraus, lässt sich ja auch<br />

mit seinem Einzelvergaser einfacher einstellen<br />

und ist pflegeleichter als mit zwei Vergasern.<br />

Das Getriebe lässt sich leicht und exakt schalten,<br />

die Sitzbank bietet reichlich Platz und der<br />

Knieschluss stimmt, die Fußhebel liegen richtig<br />

positioniert. Die Vibrationen des Motors<br />

werden sehr gedämpft an<br />

die Lenkerenden weitergegeben,<br />

dank des in Gummielementen<br />

gelagerten<br />

Lenkers. Die Fahrleistungen<br />

können sich sehen lassen: in<br />

rund sieben Sekunden<br />

sind 100 km/h erreicht,<br />

schon mit leicht gebücktem<br />

Fahrer geht die BSA über<br />

160 Sachen. Die zu Anfang<br />

gemessene „amerikanische“<br />

Version ging besser, doch war<br />

„der Krach nicht zu ertragen“,<br />

wie Tester Klacks Leverkus<br />

bemerkt. Die Schnelligkeit<br />

des Motorrads beruht jedoch<br />

zum großen Teil auf der schon<br />

erwähnten Handlichkeit.<br />

Kurvenfahren bereitet besonders<br />

großen Spaß. Der stabile<br />

Doppelrohrrahmen überzeugt,<br />

ebenso die außerordentlich<br />

gute Telegabel. Die Federbeine<br />

hinten hingegen sind sowohl zu<br />

schwer einzustellen wie auch zu<br />

hart abgestimmt. Lob wiederum erntet die hervorragende<br />

Doppelnockenbremse. Dem modernen Trend<br />

folgend und um mit den bereits auf dem amerikanischen<br />

Markt konkurrierenden Japanern mithalten zu können,<br />

werden nun auch die Schalter an den Lenkerenden praxisgerecht<br />

und sinnvoll angeordnet. Positiv hervorzuheben sei in diesem<br />

Reklame<br />

Die DKW-Werbung stammt aus guten alten Zeiten, in denen<br />

man mit einer 125er noch etwas galt und bei der Weiblichkeit<br />

landen konnte. Zumindest suggeriert dies die Anzeige...<br />

Zusammenhang auch noch die serienmäßige Seitenstütze. Ausgedehnte<br />

Touren sind hingegen durch den kleinen 11-Liter-Tank<br />

erschwert, der bei einem Spritverbrauch von rund sechs Litern/<br />

100 Kilometer die Reichweite stark begrenzt. Dennoch fällt das<br />

Fazit insgesamt positiv aus. Zitat: „Für die Eleganz des Fahrens gibt’s<br />

nur wenige Motorräder wie sie.” Donnerwetter – starke Worte.<br />

10. Dezember<br />

Bundeskanzler Willy Brandt erhält den Friedens-<br />

84<br />

82 80 68<br />

nobelpreis. Seine Ostpolitik wird als Beitrag zur<br />

82<br />

3. Mai<br />

In der DDR tritt Walter Ulbricht als Erster Sekretär<br />

des Zentralkomitees der SED zurück. Sein Nach-<br />

folger wird Erich Honecker.<br />

18. Juli<br />

Der legendäre belgische Radrennfahrer Eddy<br />

Merckx gewinnt zum dritten Mal hintereinander<br />

die Tour de France.<br />

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Überwindung der Konfrontation der Machtblöcke<br />

in Europa betrachtet.<br />

Musik<br />

In den deutschen Single-Charts stehen Hits wie<br />

„Butterfly“ von Danyel Gerard, „My Sweet Lord“<br />

von George Harrison und „Co-Co“ von The Sweet<br />

wochenlang auf Platz eins.<br />

Film<br />

In den deutschen Kinos starten Filmhits wie<br />

„Duell“ von Steven Spielberg, „Dirty Harry“ mit<br />

Clint Eastwood, „James Bond 007: Diamantenfieber“<br />

und der britisch-skurrile Klassiker „Harold<br />

und Maude“.<br />

Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> 43


Szene I<br />

Modellbauer Pere Tarragó<br />

Perfektion im<br />

Pere Tarragó ist als Klein-<br />

Detail<br />

Künstler ein ganz Großer.<br />

Seine von Hand gefertigten<br />

Motorradmodelle im<br />

Maßstab 1:5 gelten als<br />

die detailgetreuesten Nachbildungen, die es für Geld zu kaufen<br />

gibt. Wir haben den Katalanen in seiner Werkstatt besucht.<br />

Text: Alan Cathcart; Fotos: Jim Scaysbrook<br />

44 Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de


Eigentlich ist es logisch, dass Pere Tarragó in Barcelona<br />

lebt. Die katalanische Hauptstadt ist eben<br />

die europäische Motorrad-Metropole, egal was<br />

man in Paris oder Rom darüber denkt. Nirgendwo<br />

in Europa gibt es mehr motorisierte Zweiräder als hier, außerdem<br />

leben mit Marc Marquez und Pol Espargaro zwei der drei aktuellen<br />

Grand Prix-Weltmeister in dieser Stadt. Ein inspirierendes<br />

Umfeld also für Pere Tarragó, dem Schöpfer der erlesensten und<br />

aufwendigsten Miniatur-Motorradmodelle, die es in Europa –<br />

vielleicht sogar auf der ganzen Welt – zu kaufen gibt.<br />

Modelle mit atemberaubender Liebe zum Detail<br />

Früher, zu Zeiten Francos, war Barcelona außerdem der Schmelztiegel<br />

der spanischen Motorradindustrie, bis die Japaner nach<br />

dessen Tod 1975 auch diesen Markt überrollten. Die einzigen<br />

Bultacos und Montesas, die hier noch gebaut werden, sind die<br />

Modelle im Maßstab 1:5 aus Peres exquisiter Werkstatt in Molins<br />

de Rei, einer Kleinstadt im Speckgürtel Barcelonas. Es sind atemberaubende<br />

Modelle mit einer unglaublichen Liebe zum Detail,<br />

die dieser Kunst-Handwerker herstellt. Egal, ob es sich um einen<br />

Spezialauftrag für Einzelstücke zu Preisen ab 12 000 Euro aufwärts<br />

handelt. Oder um ebenfalls von Hand gefertigte Kleinserien,<br />

von denen viele Komponenten nach Peres Mustervorlage<br />

in einer benachbarten Schmuck-Manufaktur hergestellt werden.<br />

Die Bestseller in Pere Tarragós Modellreigen sind die Montesa<br />

Impala 250, von denen er zusammen mit der praktisch baugleichen<br />

175er-Schwester bislang 52 Exemplare verkauft hat, zum<br />

Nettopreis von jeweils 2050 Euro. Eine Bultaco Metralla, von der<br />

bis heute zwölf Stück einen Käufer fanden, gibt es dagegen erst<br />

für 2500 Euro (zuzüglich Mehrwertsteuer). Zu teuer? Dann passt<br />

vielleicht ja auch ein Motor für 250 Euro oder ein Tank für 150<br />

Euro als Erinnerung an glorreiche spanische Motorradzeiten ins<br />

Budget, die Pere mit speziellen Schaukästen verkauft. Komplette<br />

Motorräder werden dagegen in Holzboxen ausgeliefert, die<br />

natürlich viel schöner sind als die grobschlächtigen Bretterverschläge,<br />

in denen einst die Vorbilder verschifft wurden.<br />

Pere gehört zu den glücklichen Menschen, die ihr Hobby zum<br />

Beruf gemacht haben. Deswegen machen dem 61-Jährigen die<br />

langen Acht- bis Zehnstunden-Tage in seiner kleinen Werkstatt<br />

nichts aus, wo er aus den über 500 selbst gefertigten – oder nach<br />

seinem Muster hergestellten Einzelteilen – komplette Motorräder<br />

Montesa Impala 175 Sport<br />

Erfolgsmodell der 1960er-Jahre: Von den Montesa Impala-Modellen (175/250)<br />

hat Pere bislang 52 Stück verkauft – zum Nettopreis von 2050 Euro<br />

www.motorrad-classic.de<br />

Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> 45


Szene I<br />

Modellbauer Pere Tarragó<br />

baut, die mit ihren Vorbildern bis<br />

ins kleinste Detail identisch sind.<br />

Der berufliche Neuanfang<br />

Die Entscheidung, sich dem Modellbau<br />

mit Haut und Haaren zu<br />

verschreiben, traf der Elektronik-<br />

Ingenieur 2007, als er auf dem<br />

Höhepunkt der Wirtschaftskrise<br />

sein exklusives Hi-Fi-Geschäft in<br />

Barcelona verkaufte. „Schon als<br />

Kind habe ich Modelle gebaut.<br />

Zuerst kleine Nachbauten von<br />

Autos, dann Schiffe, Flugzeuge<br />

und schließlich auch Motorräder“,<br />

erinnert sich Pere. „Mein erstes<br />

Zweirad habe ich 1995 gebaut, es<br />

war eine 1972er-Bultaco Metralla<br />

im Maßstab 1:6. Dafür musste ich<br />

die Kette noch Glied für Glied von<br />

Hand selbst herstellen – eine zeitraubende<br />

und langweilige Arbeit.<br />

Als ich das Modell auf einer Oldtimer-Ausstellung<br />

in Barcelona<br />

zeigte, gab es jedoch eine überwältigende<br />

Resonanz – viele Besucher<br />

baten mich, für sie ebenfalls so<br />

ein Motorrad zu bauen, ohne überhaupt<br />

einen Preis zu wissen. Kurz<br />

darauf gab es in Japan einen Hersteller,<br />

der Ketten in 1:5 anbot. Damit<br />

jene passten, musste ich meine<br />

Bultaco auf diesen Maßstab umarbeiten.<br />

Dabei habe ich vieles<br />

gelernt, das mir heute noch zugute<br />

kommt. Das nächste Modell, das<br />

ich 1996 gebaut habe, war eine Montesa Brio, drei Jahre später<br />

dann eine Ossa 150, gefolgt von einer MV Agusta 175 Squalo,<br />

meinem ersten Viertakt-Modell.“<br />

Ab da begann Pere darüber nachzudenken, den Modellbau<br />

zum Beruf zu machen: „Letztlich war es die erneut auf der Oldtimer-Messe<br />

in Barcelona gezeigte Montesa Impala, deren großes<br />

Echo mit vielen Anfragen 2005 dann den Ausschlag für den beruflichen<br />

Neuanfang gab. Es war wirklich ein verlockender Gedanke,<br />

künftig nur noch das zu machen, was man liebt! Und das<br />

auch noch von zu Hause aus, ohne über horrende Ladenmieten,<br />

Wie bei den Großen: Die Fertigung des Rahmens aus<br />

Messingrohren erfolgt mit Hilfe einer Rahmenlehre<br />

die Bezahlung der Angestellten<br />

oder die nervtötende Pendelei ins<br />

Zentrum von Barcelona nachdenken<br />

zu müssen. Der Verkauf<br />

des Ladens war der richtige Entschluss<br />

zum richtigen Zeitpunkt.<br />

Seitdem baue ich nur noch Modelle,<br />

und mit jedem neuen lerne<br />

ich neue Techniken dazu, um eine<br />

größtmögliche Authentizität meiner<br />

Modelle zu erreichen.“<br />

Alle Teile funktionieren<br />

In der Tat sind es die Authentizität<br />

und die Detailtreue, die Tarragós<br />

Kreationen ebenso auszeichnen<br />

wie ihre Funktionalität. Gut, die<br />

Motoren laufen nicht. Das ist aber<br />

der einzige Unterschied zu den<br />

fünf Mal größeren Originalen. So<br />

dreht sich beispielsweise der Kardan<br />

der BMW R 32, die er 2009<br />

gebaut hat – nur eben angetrieben<br />

vom Hinterrad und nicht<br />

vom detailgetreu nachgebauten<br />

Boxermotor. Selbiges gilt ebenso<br />

für die Ketten der anderen Bikes,<br />

während sich Kickstarter oder<br />

Ganghebel wie bei den Vorbildern<br />

bewegen lassen. Selbst Gabeln<br />

und Stoßdämpfer federn<br />

und dämpfen wie bei den Großen,<br />

obwohl kein Öl darin ist! Sogar<br />

komplexe Bauteile wie die<br />

Trommelbremsen lassen sich vorbildgetreu<br />

bedienen, ja selbst die<br />

Beleuchtung funktioniert dank einer kleinen Lithium-Batterie!<br />

Es sind eben echte Eins-zu-fünf-Repliken, nicht aus Plastik gefertigt,<br />

sondern aus authentischen Materialien wie Stahl, Blech, Blei<br />

oder Aluminium. Pere baut sie mit Techniken, die auch bei der<br />

Produktion der echten Maschinen zum Einsatz kommen, was<br />

vom Sandguss über das Wachsausschmelzverfahren, die maschinelle<br />

Bearbeitung auf der Drehbank bis hin zur Kohlefaser-Verarbeitung<br />

bei komplexen Formen reicht.<br />

Wenn Pere eine neue Replika in Angriff nimmt – gleichgültig,<br />

ob Einzelauftrag oder Serienfertigung – muss er für die exakte<br />

Bultaco Metralla 62<br />

2A impala G Benelli Verkaufsschlager: 250 GP Sowohl das Bultaco Original als auch Metrella<br />

das 1:5-Kleinserien-Modell<br />

der 250er-Bultaco waren beliebt. Das Modell kostet 2500 Euro (plus Steuer)<br />

46 Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de


Spanisches Trio: Die Montesaund<br />

Bultaco-Modelle werden<br />

in Kleinserie gefertigt. Ebenso<br />

die Motoren und Tanks, die<br />

es sogar einzeln gibt (rechts)<br />

Unten: Von der MV Agusta<br />

750 S hat Pere Tarragó bisher<br />

drei Exemplare auf Bestellung<br />

gebaut. Besonders aufwendig<br />

ist hier der Nachbau des Tanks,<br />

für dessen Gestaltung sogar ein<br />

Tonmodell angefertigt wurde<br />

BMW R 32<br />

Ansichten eines Einzelstücks: Das Modell der BMW R 32 gleicht dem<br />

Vorbild bis ins Detail. Selbst der Kardanantrieb funktioniert perfekt<br />

www.motorrad-classic.de<br />

Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> 47


Schritt für Schritt zum Meisterstück<br />

1 2<br />

3 4<br />

5 6<br />

7<br />

1 Den Anfang macht bei jedem Modell<br />

der Rahmen, der aber nur bei Einzelstücken<br />

aus Stahlrohren geschweißt wird<br />

2 Aus dem Vollen gefräst: die Motoren<br />

3 Bremstrommeln mit Belägen 4 Unglaubliche<br />

Detailtreue bei den Vergasern<br />

5 Ebenso bei den aus massivem Aluminium<br />

gefrästen Naben samt Kettenrad<br />

6 Die Tanks werden aus Messingblechen<br />

orginalgetreu geformt 7 Meister-Stücke:<br />

Jedes Modell wird ausschließlich von<br />

Pere Tarragó zusammengebaut<br />

Reproduktion erst einmal eine originale<br />

Maschine auftreiben. Ein<br />

Grund, weshalb er bislang überwiegend<br />

spanische Bikes nachgebaut<br />

hat, weil die für ihn problemlos<br />

verfügbar sind.<br />

Als nächstes Modell hat sich<br />

Pere die 250er-Ossa-Trialmaschine<br />

von Mick Andrews vorgenommen.<br />

Bei meinem Besuch stand<br />

eine originale Maschine gerade<br />

auf seiner Werkbank und wurde<br />

akribisch vermessen. „Ich mache<br />

von einem Motorrad etwa 600 bis<br />

800 Fotos, um von Hand Zeichnungen<br />

aller Details anfertigen zu<br />

können, die dann auf den Maßstab<br />

1:5 übertragen werden. Handbücher<br />

und Reparaturanleitungen<br />

sind ebenfalls wertvolle Hilfen,<br />

bevor ich mit dem Bau eines Modells<br />

beginne. Dieser Ablauf ist immer<br />

gleich, egal ob ich ein Einzelstück<br />

oder eine Kleinserie baue“,<br />

erklärte Pere. Je nach Schwierigkeitsgrad<br />

braucht er zwischen 500<br />

und 600 Stunden, bis ein neues<br />

Modell fertiggestellt ist. Jeder einzelne<br />

Schritt wird dabei sorgfältig<br />

in einem Konstruktionsbuch festgehalten.<br />

Am längsten dauerte<br />

bislang die 1:5-Nachbildung der<br />

250er-Vierzylinder-Benelli, auf<br />

der Tarquino Provini 1964 den<br />

spanischen Grand Prix im nahen<br />

Montjuich Park gewonnen hatte:<br />

Exakt 618 Stunden benötigte Pere<br />

dafür. „Das war allerdings das<br />

schwierigste Modell, das ich bisher<br />

gemacht habe. Mit besonders<br />

zeitraubenden Details wie dem<br />

feingliedrigen Motor oder den vier<br />

Vergasern. Normalerweise brauche<br />

ich etwa 500 Stunden, um ein<br />

komplett neues Modell auf die<br />

Räder zu stellen.“<br />

MV Agusta 175 Squalo<br />

Sowohl als zivile Variante mit Beleuchtung oder als Production<br />

Racer zu haben: die 175er-MV Agusta Squalo aus den 50er-Jahren<br />

48 Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de


Gebaut wie die Großen<br />

Als Erstes baut Pere immer das<br />

Fahrgestell. Das Muster entsteht<br />

aus verschweißten Stahlrohren,<br />

das für den Bau einer Rahmenlehre<br />

herhalten muss. Für die „Serienproduktion“<br />

setzt Pere jedoch auf<br />

Messingrohre, weil deren Verarbeitung<br />

einfacher und kostengünstiger<br />

ist – der Preis für ein Modell<br />

soll ja nicht ins Unermessliche<br />

steigen. Danach sind die Räder<br />

mit den filigranen Trommelbremsen<br />

dran. Die Urform für Letztere<br />

entstehen auf der Drehbank, für<br />

die Serie nutzt Pere jedoch das<br />

Sandgussverfahren. „Zum Glück<br />

habe ich in der Nachbarschaft<br />

eine Goldschmiede, die für mich<br />

kleine Komponenten mit höchster<br />

Präzision zu einem bezahlbaren<br />

Preis herstellt. Sonst könnte ich<br />

die Modelle nicht zu halbwegs erschwinglichen<br />

Preisen anbieten.“<br />

Die Felgenkränze fräst er aus<br />

massiven Alublöcken, für die Benelli<br />

und andere Rennmaschinen-<br />

Modelle bezieht er sie allerdings<br />

von besagter Goldschmiede. Das<br />

Bohren der Löcher und das penible<br />

Einspeichen erledigt er selbst.<br />

„Für mich wegen der Monotonie<br />

die unangenehmste Arbeit beim<br />

Aufbau eines Modells“, so Pere.<br />

Anschließend fertigt er von<br />

Hand die restlichen Bauteile. So<br />

entstehen nach und nach anhand der detaillierten Konstruktionszeichnungen<br />

Komponenten wie Gabel und Stoßdämpfer,<br />

Bedienhebel oder die Instrumente. Bei den Kleinserien werden<br />

diese Teile von der Goldschmiede in größeren Stückzahlen entweder<br />

gegossen oder von CNC-Maschinen nach Programmen<br />

von Peres 35-jährigem Sohn Jordi bearbeitet. Der kümmert sich<br />

zudem um die Herstellung der Reifen, die aus einem speziellen<br />

flüssigen Gummi in zweiteiligen Formen gegossen werden. Diese<br />

CNC-Formen erhalten dann mit Hilfe von Computerprogrammen<br />

durch Funkenerosion ihr charakteristisches Reifenprofil.<br />

Fein gemacht: Alle Tanks baut Pere von Hand. Er<br />

verkauft sie im dekorativen Schaukasten für 150 Euro<br />

Erst jetzt ist der Motor dran,<br />

den Pere aus dem Vollen fräst.<br />

Ebenso die Kühlrippen, die einzeln<br />

entstehen und dann – Stück<br />

für Stück – an die Zylinder geklebt<br />

werden. Sollte dies aufgrund der<br />

Formgebung des Vorbilds zu knifflig<br />

sein, baut er ein Plastikmodell,<br />

fertigt eine Negativform und gießt<br />

die Kühlrippen aus flüssigem<br />

Aluminium nach. Eine bewährte<br />

Tech nik, insbesondere bei den<br />

Kleinserien. Es folgen Tank und<br />

Verkleidungen, wobei der Klein-<br />

Künstler die Formen von Spritbehälter<br />

und Kotflügeln penibel aus<br />

Messingblechen herausarbeitet.<br />

Für die Serienmodelle nimmt er<br />

von den fertigen Teilen ebenfalls<br />

eine Negativform ab, um sie zu<br />

reproduzieren. Die Lackierung<br />

übernimmt Jordi, während der<br />

korrekte Farbton vom PC gemischt<br />

wird. Als Letztes erfolgt der Zusammenbau,<br />

den Pere nicht aus<br />

der Hand gibt. Echte Handarbeit<br />

also, die dieses Etikett zu Recht<br />

trägt, selbst wenn die „Volumen-<br />

Modelle“ auch ein paar Teile aus<br />

industrieller Fabrikation besitzen.<br />

Die Frage nach dem Lieblingsmodell<br />

seiner bislang 20 verschiedenen<br />

Kreationen stellt sich für<br />

Pere nicht, er mag sie alle. „Ich genieße<br />

einfach den ganzen Entstehungsprozess<br />

eines Modells, die<br />

Dinge, die ich dabei immer wieder lernen kann – das hört bei aller<br />

Routine nie auf. Besonders viel Spaß hat mir der Bau des Tanks<br />

der 750er-MV gemacht, dessen komplexe Form sehr schwierig<br />

nachzubilden war. Letztlich brauchte ich sogar ein Tonmodell,<br />

um davon die korrekte Form für die Blechteile zu erhalten!“<br />

Und, was kommt als Nächstes? „Mein Traummotorrad, das ich<br />

schon seit Jahren bauen will: eine Norton Manx. Für mich das<br />

schönste Rennmotorrad, das jemals gebaut wurde!“ Eine echte<br />

Herausforderung, weiß der Katalane. Dabei beherrscht keiner<br />

die große Kunst im Kleinen so perfekt wie Pere Tarragó.<br />

◻<br />

Benelli 250 GP<br />

Infos und Kontakt<br />

Pere Tarragós Preziosen gibt es nicht im<br />

Laden zu kaufen. Wer sich für eines seiner<br />

derzeit drei Kleinserien-Modelle interessiert oder<br />

gar ein Einzelstück in Auftrag geben möchte,<br />

sollte sich direkt mit ihm in Verbindung setzen<br />

(siehe unten). Die hier angegebenen Preise sind<br />

Nettopreise, zu denen noch die Mehrwertsteuer<br />

zu addieren ist.<br />

www.classicmotormodels.com<br />

Das bislang aufwendigste Modell: Genau 618 Stunden<br />

dauerte der Bau der 250er-Vierzylinder-Benelli von 1964<br />

www.motorrad-classic.de<br />

Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> 49


Szene I<br />

Nachrichten, Termine, Tipps<br />

Zeit-Maschinen<br />

Die Ausstellung in Spenge am 17./18.Mai im<br />

Autohaus Oldenbürger hat bereits Tradition<br />

und erfreut sich bei Young- und Oldtimer-Fans<br />

über die Region hinaus großer Beliebtheit.<br />

Fotos: Wiedemann<br />

Zum 14. Mal lädt der Stammtisch<br />

<strong>Classic</strong> Bikes zu dieser Ausstellung,<br />

die bei vielen Motorradfahrern, besonders<br />

bei den Freunden der klassischen<br />

Motorräder der 70er-Jahre, einen hohen<br />

Stellenwert hat. Die Veranstaltung hat<br />

sich in den letzten Jahren einen Namen<br />

gemacht und ist weit über die Grenzen<br />

des Kreises Herford hinaus bekannt. „Es<br />

gibt keine Veranstaltung die mir bekannt<br />

ist, bei der so viele, zum Teil toprestaurierte<br />

Motorräder dieser Jahre zu sehen<br />

sind“, weiß Michael Wiedemann vom<br />

Stammtisch zu berichten. Egal ob alte<br />

Zweitaktmaschinen von Kawasaki, Suzuki<br />

und Herkules oder eine aus Hessen kommende<br />

Suzuki RE 5 Wankel, fast alles<br />

ist zu sehen, was das Herz eines Klassi-<br />

Fotos: Schmieder<br />

Königswelle trifft<br />

Kompressor und Stoßstangen:<br />

NSU SS 500<br />

(oben) und BMW WR<br />

750 Replika als Vertreter<br />

mobiler Tradition<br />

Klassiker im Ruhrpott<br />

Jeden März bietet die Dortmunder Motorradmesse eine<br />

Präsentations-Plattform für Clubs und Privatleute mit<br />

„Klassiker-Show“ und vielen Infoständen. Höhepunkte<br />

<strong>2014</strong>: Eine AWD S 1100, die bereits 1925 ein Rennen im Pott<br />

gewann, eine 350er-Peugeot von 1904 (ohne Kupplung und<br />

Getriebe!) oder eine 1925er-Megola mit dem typischen<br />

5-Zylinder-Umlaufmotor im Vorderrad. Toll waren auch eine<br />

Windhoff vom Ende der 20er-Jahre mit längs eingebautem<br />

750er-Vierzylinder und eine NSU SS 500 von 1931 (kl. Foto).<br />

Stets dicht umlagerter Oldtimer-Star war jedoch der Nachbau<br />

einer BMW WR 750-Rennmaschine von 1929 mit Kompressor-Boxer<br />

am BMW-Stand. www.zweiradmessen.de<br />

Ganze Arbeit<br />

Foto: Babic<br />

Mezzomille, also „halber Tausender“, heißt dieser filigrane<br />

Yamaha SR 500-Umbau, den die Hamburger Spezialisten<br />

KEDO UND KAFFEEMASCHINE gemeinsam entwarfen. Im<br />

Mittelpunkt steht eine Tank-Sitzbank-Kombination aus Aluminium;<br />

viele Anbauteile wurden durch handgefertigte<br />

Komponenten ersetzt oder ganz weggelassen, wodurch<br />

ein bildschöner, leichter CAFÉ RACER MIT 130 KILO-<br />

GRAMM LEERGEWICHT UND 40 PS entstand.<br />

Der komplette Umbau ist teuer<br />

und daher ein Einzelstück, doch<br />

viele der Spezialteile finden<br />

sich im neuen Kedo-Katalog.<br />

Infos: www.kedo.de und<br />

www.kaffee-maschine.net<br />

Reduziert aufs<br />

Wesentliche –<br />

und wohl gerade<br />

deshalb<br />

bildschön<br />

50 Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong>


Die Stars der Siebziger<br />

– hier trifft man<br />

auf Wankel-Suzis,<br />

zweitaktende Kawa-<br />

Drillinge und bollernde<br />

Engländer<br />

Foto: fact<br />

Intern<br />

Kawasaki aus der Titelgeschichte steht zum Verkauf.<br />

Besitzer Ralph Schmitt hat sich aus Platz- und Zeitgründen<br />

dazu entschlossen, seine GPZ 1100 UT zum Verkauf anzubieten<br />

(siehe auch mobile.de). Für die 2012 bei Bike Side<br />

überholte, sehr gepflegte 1985er-GPZ mit rund 37 500 km<br />

und TÜV bis 8/2015 werden 3799 Euro (inklusive Originalauspuffanlage)<br />

aufgerufen. Tel.: 015 20/7 12 52 30<br />

kerfreundes begehrt. In einer Reihe werden<br />

die Honda Four-Modelle, die Klassiker<br />

schlechthin, mit den Kawasaki Z-Modellen<br />

stehen. In den letzten Jahren<br />

konnten auch zunehmend englische Motorräder<br />

als Ausstellungsstücke gewonnen<br />

werden. Sie haben ihren besonderen<br />

Reiz, zumal sie auf unseren Straßen noch<br />

seltener zu sehen sind. In diesem Jahr hat<br />

sich ein Liebhaber mit toprestaurierten<br />

und prämierten Suzuki Katanas angekündigt.<br />

Sie werden der Ausstellung eine<br />

weitere besondere Note verleihen. Natürlich<br />

dürfen auch italienische Diven nicht<br />

fehlen, die in den 70er-Jahren mit ihrem<br />

bollernden Sound und tollen Fahrleistungen<br />

auf sich aufmerksam machten.<br />

www.stammtisch-classic-bikes.de<br />

Foto: ADAC Sachsen e.V.<br />

Großes Spektakel<br />

Die ADAC Sachsenring <strong>Classic</strong> rückt näher,<br />

der Ticketverkauf rollt an. Ab sofort<br />

sind Wochenendtickets für die spektakuläre<br />

Klassik-Rennveranstaltung vom 16. bis 18.5.<br />

bei allen CTS Eventim-Vorverkaufsstellen oder<br />

unter www.sachsenring-classic.de erhältlich.<br />

Mit Preisen ab 25 Euro bleibt das Ganze<br />

erschwinglich, wer sich das Special <strong>Classic</strong><br />

Ticket für 99 Euro gönnt, erhält eine Menge<br />

attraktiver Zusatzleistungen, unter anderem<br />

Verpflegungscoupons, Sonderparkplatz und<br />

Fangeschenk. Zutritt zum Fahrerlager (es wird<br />

sieben Fahrerlager geben, also gar zwei mehr<br />

als bei den Motorrad-Grand Prix-Läufen) ist<br />

ohnehin gewährleistet, die Nähe zu den zahlreichen<br />

Akteuren in den insgesamt zwölf<br />

Zweirad-Klassen wird groß geschrieben. Eines<br />

der vielen Highlights düfte dabei sicher der<br />

Lauf in der Pro Superbike sein.<br />

Die von 1991 bis 2001 auch über die<br />

Grenzen Deutschlands hinaus bekannte und<br />

beliebte Rennserie kehrt nun rund 20 Jahre<br />

später zurück und mit ihr auch einige der Stars von damals: allen<br />

voran der als Mister Superbike bekannte Peter Rubatto mit seiner<br />

Bimota-Yamaha. Auch Michael Galinski hat seine Teilnahme (auf<br />

Yamaha OW01) zugesagt, und der Hohenstein-Ernstthaler Sachsenring-Instruktor<br />

und -Kenner André Friedrich wird als Lokalmatador<br />

mit einer original hergerichteten Yamaha starten.<br />

Im Rahmen einer Sonderausstellung<br />

wird auch die DKW 350 SS,<br />

GP-Siegerin von 1939, zu sehen<br />

sein. André Friedrich (u.) wird in<br />

der Pro Superbike Gas geben<br />

Je oller, je doller: In seiner Baujahrklasse<br />

hat jeder Siegchancen<br />

ADAC <strong>Classic</strong><br />

Revival <strong>2014</strong><br />

Zum 12. Mal ruft der ADAC zur Jagd<br />

auf den begehrten Klassiker-Pokal.<br />

In sechs Klassen (je nach Fahrzeug-Baujahr)<br />

und einer Sonderklasse für junge,<br />

nach 1993 geborene Fahrer starten die<br />

Teilnehmer zu insgesamt 26 übers Jahr<br />

und ganz Deutschland verteilten Wertungsläufen.<br />

Die erste Veranstaltung<br />

geht bereits am 3. Mai über die Bühne,<br />

die reguläre Einschreibefrist endet jedoch<br />

erst am 31. Mai <strong>2014</strong>. Alle Teilnehmer<br />

erhalten eine Urkunde, die drei Erstplatzierten<br />

jeder Klasse einen Pokal und<br />

die Einladung zur feierlichen Siegerehrung<br />

am 25. Oktober. Weitere Infos unter<br />

www.adac.de/klassik<br />

www.motorrad-classic.de<br />

Fotos: ADAC Sachsen e.V.<br />

Gewinnspiel<br />

<strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong>-Abonnenten (wie alle anderen Mitglieder im<br />

<strong>MOTORRAD</strong>-Helden-Club) haben die Möglichkeit, eines von insgesamt<br />

30 exklusiven Club-Paketen für die ADAC Sachsenring<br />

<strong>Classic</strong> zu gewinnen. Infos und Teilnahme-Coupon in der dieser<br />

Ausgabe beigelegten Programmvorschau oder online unter<br />

www.motorrad-helden.de


Szene I<br />

Nachrichten, Termine, Tipps<br />

Mick Woollett †<br />

Foto: Bilski<br />

Fahrer und Fans der Sechszylinder-Fraktion, egal<br />

ob Benelli, Kawasaki, Honda oder Sonstige,<br />

kommen vom 27. bis 29. Juni beim 16. westsächsischen<br />

Sechszylindertreffen voll auf ihre Kosten.<br />

Die Erholungseinrichtung Waldfrieden liegt idyllisch<br />

in der Natur, Zimmerbestellung ist ebenso<br />

möglich wie Campen im eigenen Zelt. Infos: Tel.<br />

0 37 41/52 82 65 bzw. michael.rohland@gmx.de<br />

Foto: Cathcart<br />

Der legendäre britische Motorradsport-Journalist<br />

starb am 18. Februar mit 84 Jahren.<br />

So bewegt sein Leben als einstiger Gespann-Rennfahrer<br />

im Seitenwagen, als brillanter Reporter oder<br />

glänzender Fotograf und zuletzt als Buchautor und<br />

Verfasser von insgesamt elf Standard-Werken war,<br />

so friedlich ist Mick Woollett zu Hause im Schlaf<br />

von uns gegangen. Der in vielerlei Hinsicht als Vorreiter aktive, bei<br />

Rennfahrern in aller Welt bekannte Brite hat die Welt der Berichterstattung<br />

rund ums Motorrad bereichert und wird uns allen als exzellenter<br />

Journalist und liebenswerter Mensch in Erinnerung bleiben.<br />

Foto: Motorworld<br />

Youngtimer-Treffen<br />

Die MOTORWORLD Region Stuttgart eröffnet<br />

die Saison am 3./4. Mai mit einem Youngtimer-<br />

Treffen. Alle Bikes bis Bj. 1984 sind willkommen,<br />

die schönsten Maschinen werden in verschiedenen<br />

Kategorien prämiert. Der auf klassische Motorräder<br />

spezialisierte Händler Premiummotorrad<br />

wird besonders edle Exponate präsentieren,<br />

<strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> wird<br />

natürlich ebenfalls vor Ort<br />

sein. www.motorworld.de<br />

Kaffee-Brenner<br />

Eine Hommage an Schorsch Meiers legendäre<br />

1939er-TT-Siegermaschine: Auf Basis einer BMW R<br />

100 R Mystic haben Georg Godde und<br />

Holger Maninger aus Gelsenkirchen<br />

diesen drahtig-eleganten Café Racer<br />

gebaut. Zum klassisch schwarz<br />

lackierten, weiß handlinierten Alu-<br />

Tank passt die bordeauxrote Eigenbau-Sitzbank<br />

auf dem geänderten<br />

Rahmenheck<br />

perfekt. Die Spezial-Krümmer<br />

sind<br />

mit zwei Superbike-Auspuffen<br />

von Leo Vince<br />

bestückt.<br />

www.<br />

cafemoto.de<br />

Godde peilt 80<br />

PS bei 180 Kilogramm<br />

als „ideale<br />

Basis für die<br />

Landstraße“ an<br />

Foto: fotoheilemann.de<br />

Termine<br />

April<br />

12./13. 4.: Oldtimer- & Teilemarkt für Auto<br />

und Motorrad; 67061 Ludwigshafen a. Rhein,<br />

Tel. 01 72/6 82 66 60, www.hansenmaerkte.de<br />

27. 4.: 10. Aachener Oldtimertreffen an<br />

der DEKRA-Prüfstelle; 52070 Aachen,<br />

Tel. 02 41/55 36 77, www.msc-aachen.de<br />

Mai<br />

1. 5.: 33. Motorrad-Veteranenrallye des<br />

MSC Dom-Esch; 53881 Euskirchen,<br />

Tel. 02251/56659<br />

3./4. 5.: Technorama, Oldtimer- & Teilemarkt;<br />

Messegelände Ulm, 89073 Ulm,<br />

Tel. 0731/189680, www.technorama.de<br />

3./4. 5.: Saisonstart MOTORWORLD mit<br />

Youngtimer-Treffen; MOTORWORLD (vormals<br />

Meilenwerk) Böblingen, 71034 Böblingen,<br />

Tel. 07031/30694-0, www.motorworld.de<br />

4. 5.: 8. Wittelsbacher Oldtimertreffen &<br />

Klassikfahrt für Fzg. bis Bj. 1990; 86551<br />

Aichach, Tel. 0 82 31/70 13 13,<br />

www.mc-lech-schmuttertal.de<br />

10./11.5.: Großes Oldtimertreffen<br />

„Brazzeltag“ am Technik Museum;<br />

67346 Speyer, Tel. 0 62 32/67 08 68,<br />

www.brazzeltag.de<br />

16.-18. 5.: 10. ADAC-Niedersachsen-<br />

Motor rad-<strong>Classic</strong>; 29345 Unterlüß,<br />

Tel. 0 51 02/90 11 51,<br />

www.oldtimer-motorrad-classic.de<br />

29.5.: Vatertagsausfahrt der Hercules-IG<br />

e.V.; 53604 Bad Honnef, Tel. 0202/7 86 71 52,<br />

www.herculesig.de<br />

31. 5.: 24. Meßkircher Oldtimer Teilemarkt;<br />

88605 Meßkirch, Tel. 0 75 75/29 17,<br />

www.oldtimerteile-markt.de<br />

Juni<br />

13./14. 6.: 15. British Bike Meeting;<br />

47608 Geldern, Tel. 01 72/7 35 61 65,<br />

www.cbbc-niederrhein.de<br />

13.-15.6.: 33. Bockhorner Oldtimertreffen<br />

& Oldtimer- und Teilemarkt;<br />

26345 Bockhorn, Tel. 0 44 53/73 33,<br />

www.bockhorner-oldtimermarkt.de<br />

21.6.: 10. Donnersberg Klassik für<br />

Motorräder bis Bj. 1984;<br />

67304 Kerzenheim, Tel. 063 51/66 85,<br />

www.amc-kerzenheim.de<br />

27.-29.6.: Edelweiß <strong>Classic</strong>, Benefiz-Rallye<br />

für Fahrzeuge bis Baujahr 1987;<br />

83471 Berchtes gaden, Tel. 0172/8 90 02 86,<br />

www.edelweiss-classic.de<br />

27.-29.6.: 9. Moto Guzzi Le Mans-<br />

Treffen; Hotel Stubenberg,<br />

06485 Gernrode, Tel. 0172/7 337064,<br />

Guzzi-Treffen@web.de<br />

28.6.: 35. Schmirglertreffen für<br />

Motorräder; 82327 Tutzing/Kampberg,<br />

Tel. 081 58/29 65, www.mvc-tutzing.de<br />

28.6.: 9. Horex & Oldtimer<br />

Motorrad-Treffen;<br />

56410 Montabaur, Tel. 026 02/4327,<br />

www.motorrad-museum-montabaur.de<br />

29.6.: Limbächer & Limbächer<br />

Oldtimer Festival; 70794 Filderstadt-<br />

Bernhausen, Tel. 0711/79 73 0315,<br />

www.limbaecher.de<br />

Angaben ohne Gewähr. Wenn Ihr Event hier genannt werden soll, mailen Sie Zeit, Ort und Veranstalter an termine@motorrad-classic.de oder tragen es selbst in die Datenbank unter www.motorrad-classic.de/termine ein.<br />

Ein Anspruch auf Abdruck besteht nicht.<br />

52 Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de


Markt I<br />

Preisliste<br />

Preisspiegel<br />

Foto: Siemer<br />

Youngtimer<br />

Hier finden Sie die aktuellen Preise von über 450<br />

Motorrad-Klassikern der Baujahre 1970 bis 1990.<br />

Angebot und Nachfrage<br />

gelten auch bei Motorrädern<br />

als die entscheidenden<br />

Faktoren für die<br />

Preisfindung. Vorausgesetzt, diese sind in<br />

einer größeren Menge vorhanden und somit<br />

kalkulierbar. Bei Klassikern hapert es<br />

jedoch daran: Dem knappen, für Laien<br />

kaum einschätzbaren Angebot steht eine<br />

ungewisse Nachfrage gegenüber. Ohne<br />

Spezialwissen läuft man Gefahr, für einen<br />

Oldie Mondpreise zu bezahlen – oder sein<br />

Schätzchen zu billig abzugeben.<br />

In <strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> veröffentlichen<br />

wir deshalb regelmäßig eine Preisübersicht<br />

für Klassiker, die wir zusammen mit<br />

den Experten von classic-tax erstellt haben.<br />

In dieser Ausgabe haben wir über 450<br />

Modelle der Baujahre 1970 bis 1990 unter<br />

die Lupe genommen. Um ein noch bes-<br />

seres Gefühl für den Klassiker-Markt zu<br />

vermitteln, geben wir darüber hinaus die<br />

ehemaligen Neupreise des letzten Modelljahres<br />

an, und zwar in D-Mark.<br />

Als „Zustand gepflegt“ gelten hier<br />

Bikes, die sich im weitgehend mängelfreien<br />

Originalzustand befinden und nur<br />

kleinere Gebrauchsspuren aufweisen. Verbrauchte<br />

Kräder mit deutlichen Mängeln<br />

und eingeschränkter Fahrbarkeit bekommen<br />

dagegen die Zustandsnote „schlecht“.<br />

Es sind Motorräder, die eine brauchbare<br />

Restaurationsbasis darstellen.<br />

Alle angegebenen Preise sind Richtwerte,<br />

die bei besonders gut erhaltenen<br />

oder perfekt restaurierten Fahrzeugen<br />

auch mal deutlich überschritten werden<br />

können. Andererseits rechtfertigen Fehlteile<br />

oder bestimmte 27-PS-Drosselvarianten<br />

einen entsprechenden Nachlass.<br />

classic-tax aus Bochum betreibt<br />

Marktbeobachtung und erstellt<br />

Bewertungen für Oldtimer, Youngtimer<br />

und alle Arten von Liebhaberfahrzeugen.<br />

Die Klassik-Experten<br />

stehen in ständigem Dialog mit<br />

Clubs, Händlern und Auktionshäusern,<br />

besuchen europaweit Fachmessen<br />

und werten neben Internet-<br />

Offerten jeden Monat mehr als 60<br />

Fachzeitschriften im In- und Ausland<br />

aus. Eine komplette Liste aller<br />

Bewertungspartner gibt es unter<br />

www.classic-tax.de. Wer es ganz eilig<br />

hat, kann für 9,95 Euro eine Online-<br />

Bewertung (Home Check) des Bikes<br />

selbst erstellen. Anmerkungen,<br />

Fragen, Kritik? Bei classic-tax freut<br />

man sich über Rückmeldungen.<br />

Neupreis<br />

D-Mark<br />

Baujahre<br />

kW/PS<br />

Zustand:<br />

gepflegt<br />

Preise in Euro<br />

Zustand:<br />

schlecht<br />

Neupreis<br />

D-Mark<br />

Benelli<br />

R 60/6 5992 1973-76 30/40 5200 1900<br />

250 2C/Sport 3820 1972-88 20/27 2300 800 R 60/7 6850 1976-78 30/40 5200 1900<br />

250 Quattro/254/304 4980 1976-89 20/27 2600 1000 R 65 8890 1978-85 35/48 3600 1300<br />

354/Sport 7610 1979-84 28/38 3600 1100 R 65 9850* 1985-93 20/27 3500 1200<br />

500 Quattro 5995 1974-80 32/44 4000 1300 R 65 LS 9490 1982-85 37/50 3600 1300<br />

650 Tornado 6295 1968-75 33/45 5700 1900 R 65 GS 9850* 1987-92 37/50 4300 1700<br />

650 Tornado/654 6980 1980-86 37/50 3600 1100 R 75/5 4996 1969-73 37/50 5900 2400<br />

750 Sei 9820 1973-77 55/75 12300 3500 R 75/6 7110 1973-76 37/50 5500 2200<br />

900 Sei 10 500 1978-89 59/80 8400 2900 R 75/7 7985 1976-77 37/50 5900 2400<br />

Bimota<br />

K 75 13 350 1986-96 55/75 3300 1000<br />

KB 1 24 130 1978-82 63/85 12800 6300 K 75 S 15 850 1985-95 55/75 3300 1000<br />

YB 4 E.I. 40 360 1987-90 89/121 15300 7000 R 80/7 7990 1977-84 37/50 5500 1900<br />

YB 6 34 980 1988-89 103/140 9600 3200 R 80 G/S 10 250 1980-87 37/50 5100 1900<br />

BMW<br />

R 80 GS 11 810 1987-96 37/50 3500 1200<br />

R 45 7690 1978-85 20/27 3900 1800 R 80 11 850 1984-92 37/50 3500 1600<br />

R 50/5 3696 1969-73 24/32 5500 2100 R 80 ST 9890 1982-84 37/50 3600 1600<br />

R 60/5 3996 1969-73 30/40 5500 2100 R 80 RT 11 590 1982-84 37/50 3700 1700<br />

*Neupreis von 1990; **Nicht offiziell in D angeboten, daher kein Preis verfügbar; K. N. = Keine Notierungen; Stand: Juli 2013<br />

Baujahre<br />

kW/PS<br />

Zustand:<br />

gepflegt<br />

Preise in Euro<br />

Zustand:<br />

schlecht<br />

70 Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de


Neupreis<br />

D-Mark<br />

Baujahre<br />

kW/PS<br />

Zustand:<br />

gepflegt<br />

Preise in Euro<br />

Zustand:<br />

schlecht<br />

R 90/6 7110 1973-76 44/60 6900 2900<br />

R 90 S 9130 1973-76 49/67 10 800 3000<br />

R 100/7 8590 1976-78 44/60 5900 2700<br />

R 100/T 11 190 1978-84 49/67 4900 2100<br />

R 100 S 10 190 1976-78 48/65 6100 2100<br />

R 100 RS 14 790 1976-84 51/70 6100 2100<br />

R 100 RS 16 710 1986-89 44/60 3900 1600<br />

R 100 RT 14 790 1978-84 51/70 5100 1700<br />

R 100 RT 17 200 1987-96 44/60 3700 1500<br />

R 100 CS 12 190 1980-84 51/70 5900 2700<br />

R 100 GS 13 950 1987-96 44/60 6100 2200<br />

K 100 15 900 1983-90 66/90 3800 1500<br />

K 100 LT 19 930 1986-91 66/90 3800 2100<br />

K 100 RT 18 200 1984-89 66/90 5600 2800<br />

K 100 RS 18 850 1983-93 74/100 5500 2700<br />

K 1 21000 1988-93 74/100 6000 2900<br />

BSA<br />

B 50 500 Super Sport 4255 1971-72 25/34 7700 3200<br />

A 65 Thunderbolt 650 4903 1965-73 34/46 7300 1800<br />

A 65 Lightning 650 5272 1965-73 38/52 7500 1900<br />

Rocket 3 750 6469 1968-73 40/54 10800 5000<br />

Cagiva<br />

SST 350 7900 1980-86 20/27 1500 600<br />

T4 500 E 8490 1988-89 31/42 1700 600<br />

Alazurra 650 8970 1985-87 37/50 2500 700<br />

Elefant 650 12 390 1985-88 37/50 2500 700<br />

Elefant 750 13 490 1988-90 45/61 2600 800<br />

Ducati<br />

250 Scrambler 2700 1968-74 13/18 4200 1700<br />

350 Scrambler 2930 1969-74 17/24 5600 2300<br />

350 Desmo 3950 1971-74 19/29 7200 2700<br />

350 GTV 6020 1975-80 17/24 4400 1800<br />

450 Scrambler 3250 1969-74 20/27 7500 2700<br />

500 GTV/GTL 5780 1975-80 30/40 4900 2100<br />

500 SL Pantah 9131 1979-83 34/46 5900 2400<br />

600 SL Pantah 10 000 1981-83 42/57 6100 2500<br />

750 F1 18 499 1985-87 59/80 12800 9700<br />

750 Paso 13 990 1986-90 54/73 3300 1300<br />

750 GT 6495 1971-74 44/60 17700 8400<br />

750 S 8000 1972-74 47/64 19200 8800<br />

750 SS (Rundmotor) 9850 1973-74 54/73 37300 17500<br />

750 SS (eckig) 11580 1975-77 50/68 23500 12500<br />

851 S 29 990 1988-89 75/102 4600 2000<br />

860 GT/GTS 7900 1974-78 48/65 5600 2200<br />

900 SS 12 028 1975-82 53/72 26500 19600<br />

Darmah 900 SD 10 433 1977-83 50/68 7800 3200<br />

Darmah 900 SS 10 410 1978-80 50/68 7800 3200<br />

900 SS Hailwood Repl. 13 200 1980-84 68/80 11800 5500<br />

900 S2 12 361 1983-84 48/65 6500 3000<br />

906 Paso 15 990 1989-90 57/78 3200 1000<br />

1000 Hailwood Repl. 15 990 1985-86 56/76 10800 5000<br />

1000 S2 15 990 1985-86 56/76 12600 5500<br />

Enfield India<br />

Bullet 350 4990* seit 1955 13/17 4100 1500<br />

Gilera<br />

500 Saturno 11500 1988-91 28/38 8800 3600<br />

Neupreis<br />

D-Mark<br />

Baujahre<br />

kW/PS<br />

Zustand:<br />

gepflegt<br />

Preise in Euro<br />

Zustand:<br />

schlecht<br />

Harley-Davidson<br />

XL 883 Sportster 12190 1986-95 37/50 5700 2100<br />

XL 900 Sportster 9135 1957-72 30/40 10500 4800<br />

XL 1000 Sportster 15 620 1973-86 37/50 6900 3900<br />

XLCR 1000 11980 1977-78 44/60 15700 8200<br />

XR 1000 18 060 1983-84 49/67 16700 8800<br />

XL 1100 Sportster 16 670 1986-87 37/50 6900 3900<br />

FLH 1200 Electra Glide 13 950 1970-80 46/63 12800 7100<br />

FX 1200 Super Glide 14 198 1971 43/58 12300 6900<br />

FX 1200 Super Glide 12 460 1972-80 43/58 12300 6900<br />

XL 1200 Sportster 15 640 1988-94 47/64 6600 2500<br />

FXS 1340 Low Rider 24 580 1983-93 33/45 12300 6800<br />

FXST 1340 Softail 24 770 1984-92 33/45 12800 6900<br />

FXE/R 1340 Super Glide 21180 1982-94 33/45 11600 5400<br />

FXWG 1340 Wide Glide 24 670 1980-86 47/64 11300 5300<br />

FLH 1340 Electra Glide 23 935 1980-84 49/67 13300 7300<br />

FLHT 1340 E. Glide 28 270 1984-98 44/60 13300 7300<br />

Hercules<br />

K 125 Military 7150* 1971-90 9/12 2500 400<br />

Honda<br />

CB 125 2098 1970-76 10/13 2400 900<br />

CB 125 J/S 2698 1975-79 10/13 2200 700<br />

CB 125 T 3352 1978-86 13/17 1600 600<br />

XL 125 2658 1976-79 10/13 2200 900<br />

CM 185 T 3276 1978-80 13/17 900 200<br />

XL 185 S 3708 1979-82 12/16 2000 800<br />

CM 200 T 3808 1980-83 13/17 900 200<br />

MTX 200 R 5108 1983-88 20/27 1200 300<br />

XL 200 R 4527 1983-84 13/17 1000 200<br />

CB 250 3048 1968-73 22/30 3400 1300<br />

CB 250 N 4840 1978-84 13/17 2600 1000<br />

CB 250 RS 3593 1980-85 19/26 1000 200<br />

CB 250 T 3878 1977-78 20/27 2600 1000<br />

CJ 250 T 3688 1976-79 13/17 2300 900<br />

CL 250 3017 1968-72 22/30 3400 1300<br />

CL 250 S 4328 1982-84 13/17 1000 200<br />

CM 250 C 4088 1982-85 13/17 1000 200<br />

NX 250 7080 1988-94 19/26 1600 400<br />

XL 250 3818 1974-78 15/20 2400 700<br />

XL 250 S 5428 1978-82 13/17 1200 300<br />

XL 250 R 5408 1982-87 18/24 1000 200<br />

CB 350 3548 1968-74 26/36 3700 1500<br />

CB 350 F 4298 1972-74 25/34 4400 1900<br />

XL 350 R 6090 1985-88 20/27 1000 200<br />

CJ 360 T 3958 1976-79 25/34 3500 1300<br />

CB 400 F 4878 1974-77 27/37 3900 1700<br />

CB 400 N 5148 1978-83 32/43 2200 800<br />

CB 400 T/A 4218 1974-79 20/27 3700 1300<br />

CM 400 T 5148 1980-84 32/43 1400 300<br />

NS 400 R 10128 1984-86 53/72 3500 1300<br />

CB 450 4248 1965-74 33/45 5900 2700<br />

CB 450 N 5188 1984-86 32/43 1500 400<br />

CB 450 S 6810 1986-90 32/43 1600 400<br />

CL 450 4248 1968-72 32/43 5800 2100<br />

CB 500 F 6328 1972-77 35/48 5100 2000<br />

CB 500 T 5018 1975-77 31/42 4400 1800<br />

www.motorrad-classic.de<br />

Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> 71


Markt I<br />

Preisliste<br />

Neupreis<br />

D-Mark<br />

Baujahre<br />

kW/PS<br />

Zustand:<br />

gepflegt<br />

Preise in Euro<br />

Zustand:<br />

schlecht<br />

CX 500 6753 1978-83 37/50 3700 1500<br />

CX 500 E 7457 1982-85 37/50 2600 900<br />

CX 500 C 6753 1980-83 37/50 3900 1600<br />

CX 500 Turbo 13 203 1981-85 60/82 8100 3400<br />

FT 500 4699 1982-84 20/27 1300 400<br />

GL 500 7873 1982-85 37/50 2700 900<br />

VF 500 F/F2 9933 1984-87 51/70 2200 700<br />

VT 500 E 7900 1983-87 37/50 2300 800<br />

VT 500 C 7793 1984-86 37/50 2500 800<br />

XBR 500/S 6650 1985-90 32/44 1600 400<br />

XL 500 S 5370 1979-82 20/27 3700 1500<br />

XL 500 R 5398 1982-85 20/27 2700 900<br />

GB 500 Clubman 7770 1989-90 28/38 4500 2600<br />

CB 550 F/K 5948 1975-78 37/50 4800 1900<br />

CBX 550 F/F2 7508 1982-85 44/60 3900 1700<br />

CBR 600 F 12 150 1987-98 68/93 3800 1600<br />

XL 600 LM/RM 8670 1985-88 32/44 2500 800<br />

XL 600 V Transalp 10 350 1987-99 37/50 4700 1800<br />

XR 600 8700 1987-97 32/44 2200 700<br />

XR 600 R 7650 1983-88 32/44 1500 400<br />

VT 600 C Shadow 9930 1988-00 30/41 2800 800<br />

CB 650 6972 1979-83 46/63 3700 1500<br />

CB 650 C/SC 7163 1980-83 46/63 1700 400<br />

CBX 650 E 8575 1983-87 55/75 1900 400<br />

CX 650 C 7743 1984-85 48/65 2000 600<br />

CX 650 E 8238 1982-85 48/65 2000 600<br />

CX 650 Turbo 13 838 1982-85 74/100 5100 2000<br />

GL 650 8814 1983-85 48/65 3100 1000<br />

NTV 650 10145 1988-98 44/60 1900 600<br />

NX 650 Dominator 9395 1988-00 33/45 2200 800<br />

XRV 650 Africa Twin 12 880 1988-90 37/50 3700 1500<br />

CB 750 7368 1969-78 46/63 11800 5600<br />

CB 750 C 8613 1980-83 57/77 5100 1900<br />

CB 750 F1 6908 1975-78 49/67 5900 2100<br />

CB 750 K 8613 1978-84 57/77 5500 2000<br />

CB 750 F/F2 8772 1980-84 58/78 4700 1800<br />

CBX 750 10138 1984-86 67/91 3300 800<br />

VF 750 S 9791 1982-84 60/82 2800 900<br />

VF 750 C 9173 1983 60/82 2500 800<br />

VF 750 F 10 508 1983-85 66/90 2800 900<br />

VFR 750 F 14 550 1985-89 74/100 3900 1700<br />

VFR 750 F 15 570 1989-97 74/100 3200 1000<br />

VFR 750 R RC 30 28 795 1988-93 74/100 18600 12300<br />

VT 750 C 10 225 1987 48/63 3600 1100<br />

XLV 750 R 10 048 1983-86 45/61 3400 1100<br />

CB 900 F Bol d’Or 10 422 1978-84 70/95 4500 1700<br />

CB 900 F2 11573 1981-84 70/95 2900 1000<br />

CBR 1000 F 16 495 1987-02 74/100 3100 1000<br />

CBX 11262 1978-81 74/100 7800 3700<br />

CBX Pro Link 14 203 1981-83 74/100 8200 3900<br />

GL 1000 Gold Wing 9244 1975-80 57/78 7400 3100<br />

VF 1000 F 13 658 1984-87 74/100 2600 800<br />

VF 1000 R 19 263 1984-86 74/100 5500 2100<br />

CB 1100 F 11643 1982-85 74/100 3500 1300<br />

CB 1100 R 16 703 1980-85 74/100 6900 3000<br />

GL 1100 Gold Wing 11327 1980-83 61/83 8100 4000<br />

VF 1100 C 13 213 1984-86 74/100 2600 800<br />

*Neupreis von 1990; **Nicht offiziell in D angeboten, daher kein Preis verfügbar; K. N. = Keine Notierungen; Stand: Juli 2013<br />

Neupreis<br />

D-Mark<br />

Baujahre<br />

kW/PS<br />

Zustand:<br />

gepflegt<br />

Preise in Euro<br />

Zustand:<br />

schlecht<br />

VT 1100 C 14 480 1988-95 74/100 3900 1600<br />

GL 1200 18 978 1984-87 69/94 8400 4100<br />

GL 1500/6 24 830 1988-99 74/100 9600 4700<br />

Jawa<br />

250 Typ 592 1480 1969-74 10/13 3300 400<br />

250 California 2190 1969-74 12/16 3600 600<br />

350 Typ 634 3300 1973-84 17/23 2900 700<br />

350 California 2790 1969-74 17/23 3700 600<br />

Kawasaki<br />

KH 125 2798 1977-81 7/10 900 200<br />

KMX 125 4690 1986-88 13/17 1100 200<br />

KMX 200 5490 1988-90 13/17 1200 200<br />

Z 200 2900 1977-79 13/17 1300 200<br />

250 S1 Mach I/KH 3852 1971-79 19/26 3200 1200<br />

EL 250 6070 1988-94 20/27 1500 300<br />

GPZ 250 4740 1983-84 13/17 1100 200<br />

KL 250 3530 1977-84 13/17 1100 200<br />

KLR 250 6060 1984-92 13/17 1200 200<br />

Z 250/A 4480 1978-83 20/27 1300 300<br />

Z 250 C 3870 1980-84 13/17 1200 200<br />

Z 250 Ltd. 3980 1980-83 13/17 1200 200<br />

GPZ 305 6060 1983-90 25/34 1000 200<br />

350 S2 Mach II 3890 1971-73 33/45 3500 1300<br />

KH 400 4500 1976-78 30/40 3500 1300<br />

GPZ 400 6690 1983-86 37/50 1500 300<br />

Z 400 4020 1974-79 20/27 3100 1100<br />

Z 400 F/J 5680 1980-83 20/27 1200 200<br />

Z 440 5110 1980-84 20/27 2600 1000<br />

Z 440 Ltd. 5240 1980-86 20/27 3100 1100<br />

Ltd. 450 7390 1985-88 37/50 1900 600<br />

500 H1 Mach III 5200 1969-75 44/60 5200 2900<br />

GPZ 500 S 8290 1987-93 44/60 1700 600<br />

GPZ 550 7940 1981-90 48/65 3300 1100<br />

Z 500 6218 1979-80 37/50 2700 1000<br />

Z 550/F/GT 6790 1981-86 37/50 2500 700<br />

Z 550 Ltd. 6880 1980-84 37/50 2500 700<br />

GPX 600 10 590 1988-90 63/85 3400 1200<br />

GPZ 600 R 10 590 1985-89 60/82 3400 1200<br />

KLR 600 7440 1984-90 31/42 1700 600<br />

ZL 600 9990 1986-89 54/74 2500 700<br />

KLR 650/Tengai 8990 1987-92 30/41 2500 700<br />

Z 650/F 7000 1976-83 50/67 4100 1700<br />

Z 650 SR 7348 1979-82 48/65 2700 1000<br />

750 H2 Mach IV 5300 1972-75 52/71 9800 3900<br />

GPX 750 R 12 640 1987-90 74/100 2800 1000<br />

GPZ 750 9990 1981-88 64/87 2000 600<br />

GPZ 750 R 10 690 1985-86 68/92 2000 600<br />

VN 750 10 690 1986-90 48/65 2500 700<br />

Z 750 6500 1976-79 38/51 5100 1900<br />

Z 750 E/L/Sport 8440 1980-88 59/80 2400 700<br />

Z 750 GT 9190 1982-89 57/78 1600 400<br />

Z 750 Ltd. 8300 1980-84 57/78 1500 400<br />

Z 750 Turbo 9990 1983-88 74/100 5000 1900<br />

ZXR 750 15 790 1989-95 74/100 2900 1000<br />

900 Z1 8500 1972-75 60/82 7800 3400<br />

GPZ 900 R 13 900 1984-93 74/100 3500 1200<br />

GPZ 1000 RX 14 490 1986-88 74/100 3300 1100<br />

72 Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de


Neupreis<br />

D-Mark<br />

Baujahre<br />

kW/PS<br />

Zustand:<br />

gepflegt<br />

Preise in Euro<br />

Zustand:<br />

schlecht<br />

1000 GTR 16 200 1986-94 74/100 2700 1000<br />

Z 1000 9100 1977-79 63/85 7400 2500<br />

Z 1 R 9800 1978-80 66/90 7400 2500<br />

Z 1000 Mk.2 9808 1979-80 69/94 7200 2400<br />

Z 1000 ST 10 218 1979-81 71/97 3500 1300<br />

Z 1000 J 10 200 1981-84 72/98 3200 1100<br />

Z 1000 R 10 750 1983 74/100 5500 2100<br />

Z 1000 Ltd. 10 200 1981-83 70/95 2900 1000<br />

ZL 1000 13 690 1987-89 74/100 2900 1000<br />

ZX 10 15 390 1988-90 74/100 2700 900<br />

GPZ 1100 10 480 1981-88 74/100 3100 1100<br />

Z 1100 ST 10 780 1981-84 71/97 2700 900<br />

Z 1300 16 090 1979-89 74/100 7700 3200<br />

VN 15 SE 14 690 1988-95 47/64 4900 2000<br />

Laverda<br />

500 6860 1976-80 33/45 3300 1200<br />

500 SFC 7680 1982-84 33/45 3500 1300<br />

750 GT 6600 1970-73 38/52 7800 4800<br />

750 SF 6800 1971-73 45/61 8100 4900<br />

750 SF 3 7100 1975-78 37/50 8300 4900<br />

750 SFC 10 500 1971-78 55/75 18200 9700<br />

1000/3C 9600 1973-75 57/78 5100 2400<br />

1000 3CL 9995 1976-80 57/78 5100 2400<br />

1000 Jota 12 500 1980-86 63/86 6600 3200<br />

1000 RGS 12 688 1982-86 63/86 6800 3400<br />

1000 SFC 16 970 1985-90 70/95 6800 3200<br />

1200 TS 11748 1978-82 63/86 7000 3600<br />

Moto Guzzi<br />

V 35/II/III 7995 1978-88 20/27 3500 1300<br />

Falcone 500 4580 1971-76 24/32 6300 3000<br />

V 50/II/III 6615 1978-83 36/49 3600 1600<br />

V 50 Monza 6995 1981-84 36/49 3900 1700<br />

V 65/II 7888 1981-87 37/50 2800 1000<br />

V7 Special 750 5890 1969-71 37/50 7600 4400<br />

V7 Sport 750 7995 1972-74 53/72 9800 4800<br />

750 S3 9600 1975-76 53/72 7500 4300<br />

850 Le Mans 10 560 1976-78 52/70 8500 4500<br />

850 Le Mans II 11350 1979-80 54/74 7800 4400<br />

850 Le Mans III 12 220 1981-84 56/76 7600 4500<br />

850 T 7160 1974-75 42/57 8000 4500<br />

850 T3 9200 1975-80 43/59 6200 3100<br />

850 T3 California 10 950 1975-80 43/59 8300 4600<br />

850 T4 10 550 1980-83 43/59 4800 2000<br />

850 T5 10 550 1983-88 49/67 5900 2400<br />

V7 GT 850 6995 1972-74 47/64 9800 4900<br />

V7 California 850 7795 1972-74 47/64 10400 5200<br />

V 1000 Convert 9695 1975-84 45/61 6400 3800<br />

1000 California II 13 490 1981-87 49/67 8100 4500<br />

1000 California III 14 880 1987-92 49/67 5200 2800<br />

1000 SP 11850 1978-84 45/61 7100 3600<br />

1000 SP II 12 650 1984-87 49/67 4700 2500<br />

1000 SP III 16 800 1988-92 52/71 4500 2200<br />

1000 G5 10 400 1978-85 45/61 7200 3600<br />

1000 GT 12 390 1987-93 49/67 6400 3200<br />

1000 Le Mans IV 13 350 1985-87 60/81 7100 3600<br />

1000 Le Mans V 14 650 1988-92 60/81 7400 3800<br />

Neupreis<br />

D-Mark<br />

Baujahre<br />

kW/PS<br />

Zustand:<br />

gepflegt<br />

Preise in Euro<br />

Zustand:<br />

schlecht<br />

Moto Morini<br />

125/T 4950 1976-86 10/13 2300 1000<br />

250 T 3960 1977-80 13/17 2800 1100<br />

250 J 4995 1980-85 17/23 3400 1300<br />

3 ½ 4800 1973-82 26/35 5500 2600<br />

3 ½ K2 6699 1983-86 20/27 2600 1200<br />

Dart 350/400 8849 1988-90 20/27 2500 1100<br />

500 T/S 7040 1978-81 30/41 7100 3500<br />

500 Sei 7985 1982-85 30/41 7800 4100<br />

MV Agusta<br />

125 Sport 3135 1975-77 9/12 5100 2400<br />

350/Sport 5252 1970-79 20/27 6400 3700<br />

750 GT 14 250 1970-75 56/76 44100 37000<br />

750 S 14 250 1970-75 56/76 54000 41400<br />

750 SS 16 500 1975-77 56/76 56900 43700<br />

800 S America 15 384 1977-80 60/82 35300 30200<br />

900 S Daytona 27 940 1977-78 78/105 38300 31400<br />

Corona 1000 25 600 1979-81 78/105 44100 38100<br />

GP 1100 32 400 1979-82 88/119 68700 K. N.<br />

MZ<br />

ETZ 125 1680 1985-91 7/10 1000 200<br />

TS 125 1799 1973-85 7/10 1700 300<br />

ETS 150 1598 1969-73 9/12 2500 1000<br />

ETZ 150 1680* 1985-91 9/12 1100 200<br />

ES 250/2 3015 1967-73 14/19 2600 1100<br />

ETS 250 2390 1969-74 14/19 2500 1000<br />

TS 250 2490 1973-76 14/19 2400 800<br />

TS 250/1 2490 1976-81 13/17 2300 800<br />

ETZ 250 1980 1981-89 13/17 1400 300<br />

Norton<br />

Commando 750 5900 1967-74 44/60 8600 3800<br />

Commando 850 6800 1973-77 37/51 8400 3700<br />

Suzuki<br />

GP 125 3031 1978-81 7/10 1000 200<br />

GT 125 2870 1974-78 10/13 1500 300<br />

RV 125 3522 1977-81 6/8 1500 300<br />

GT 185 3290 1976-78 11/15 1500 200<br />

GT 200/X5 3731 1979-81 13/17 1400 200<br />

DR 250 4739 1982-89 13/17 1400 200<br />

GN 250 4570 1982-99 13/17 1100 200<br />

GT 250/X7 4461 1973-81 20/27 2000 600<br />

GSX 250 E 4579 1980-83 13/17 1500 300<br />

RG 250 7699 1984-88 33/45 3500 1600<br />

RGV 250 9590 1988-93 43/58 3500 1500<br />

TS 250 4461 1972-81 13/17 1900 400<br />

TS 250 X 5770 1985-89 20/27 1500 300<br />

SP 370 4590 1978-80 20/27 2400 800<br />

GT 380 4690 1972-80 20/27 3200 1200<br />

DR 400 S 5112 1980-82 20/27 1100 200<br />

GN 400 4494 1980-83 20/27 1100 200<br />

GS 400 3999 1976-83 20/27 2000 900<br />

GSX 400 5249 1980-88 20/27 1200 300<br />

GSX 400 F Katana 4995 1981-84 30/41 1400 300<br />

GS 450 5319 1980-89 20/27 1400 300<br />

DR 500 S 4499 1982-84 20/27 2000 800<br />

GS 500 E 6211 1979-83 20/27 2500 900<br />

www.motorrad-classic.de<br />

Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> 73


Markt I<br />

Preisliste<br />

Neupreis<br />

D-Mark<br />

Baujahre<br />

kW/PS<br />

Zustand:<br />

gepflegt<br />

Preise in Euro<br />

Zustand:<br />

schlecht<br />

GS 500 E 6850 1988-00 34/46 2000 800<br />

GT 500 4870 1976-77 28/38 3500 1300<br />

RG 500 12184 1984-89 70/95 7600 3200<br />

GS 550 E 7011 1977-84 36/49 2700 1000<br />

GS 550 EM Katana 5499 1980-83 37/50 2700 1000<br />

GSX 550 6999 1982-88 37/50 2700 1000<br />

GT 550 5420 1972-77 35/48 4500 1700<br />

DR 600 S/R 7250 1984-90 33/45 2700 900<br />

GSX 600 F 10 630 1987-98 63/86 2600 900<br />

GS 650 G Katana 6250 1981-84 54/73 2700 1000<br />

LS 650 Savage 7590 1986-00 20/27 2500 800<br />

DR 750 S Big/800 Big 9690 1987-90 37/50 2900 1100<br />

VS 750 11250 1986-91 37/50 3200 1100<br />

GS 750 7190 1976-80 46/63 2900 1100<br />

GSX 750 E 8249 1980-82 59/80 2800 900<br />

GSX 750 ES 8999 1983-88 66/90 2700 900<br />

GSX 750 F 12 740 1989-99 74/100 2400 800<br />

GSX 750 S Katana 7950 1980-84 60/82 5500 2100<br />

GSX-R 750 14 550 1984-92 74/100 5900 2200<br />

GSX-R 750 R 23 990 1986-92 74/100 9400 4400<br />

GT 750 6900 1972-76 51/70 7800 3400<br />

GS 850 9633 1978-81 58/79 2800 1000<br />

GS 1000/S 10 573 1978-82 66/90 3500 1300<br />

GS 1100 10 299 1986-88 69/94 3500 1300<br />

GSX 1100 S Katana 9849 1980-84 74/100 6900 2700<br />

GSX 1100 E 9045 1980-84 74/100 3500 1300<br />

GSX 1100 F 15 310 1988-97 74/100 3300 1200<br />

GSX 1100 EF 12 999 1984-87 74/100 3800 1500<br />

GSX-R 1100 16 590 1986-89 74/100 5500 2100<br />

VS 1400 15 030 1987-03 49/67 5800 2100<br />

RE-5 Wankel 8700 1974-77 46/63 7800 3600<br />

Triumph<br />

Daytona 500 5090 1970-73 30/40 7600 3100<br />

Trident 750 7950 1968-75 44/60 8300 3700<br />

Tiger 750 6700 1972-80 33/45 8600 3900<br />

Bonneville 750 6800 1973-80 36/48 7800 3400<br />

Yamaha<br />

DT 125 E 3120 1973-81 7 /10 1600 600<br />

RD 125 2585 1974-76 13/17 1400 300<br />

RD 125 LC 3420 1982-86 13/17 1000 200<br />

DT 175 MX 3483 1977-80 11 /15 1300 300<br />

RD 200 3523 1975-80 13/17 1500 300<br />

DS 7 3245 1971-73 22/30 2600 900<br />

DT 3 250 3149 1972-77 14/18 1900 400<br />

DT 250 MX 4283 1977-80 12 /16 1200 200<br />

RD 250 4504 1973-80 28/38 2900 1200<br />

SR 250 4107 1980-83 13/17 900 200<br />

RD 250 LC 4857 1980-83 28/38 2200 800<br />

TDR 250 8180 1988-90 37/50 2400 700<br />

TZR 250 9180 1987-91 37/50 3300 1200<br />

XS 250 4193 1978-80 13/17 1900 700<br />

XT 250 4880 1980-90 13/17 1300 200<br />

RD 350 4067 1973-76 24/32 3300 1200<br />

RD 350 LC 5388 1980-83 34/46 2600 900<br />

RD 350 LC YPVS 7180 1983-90 37/50 3800 1500<br />

XT 350 6910 1985-95 20/27 1500 300<br />

XS 360 3952 1976-78 20/27 2000 700<br />

*Neupreis von 1990; **Nicht offiziell in D angeboten, daher kein Preis verfügbar; K. N. = Keine Notierungen; Stand: Juli 2013<br />

DT 400 MX 4619 1975-81 15/21 1900 400<br />

RD 400 4640 1976-80 32/43 3300 1200<br />

XS 400 4868 1978-82 20/27 2100 800<br />

XS 400 DOHC 5480 1982-87 33/45 1700 400<br />

XS 400 SE 4968 1980-83 20/27 2000 700<br />

RD 500 12 070 1984-89 65/88 7600 3400<br />

SR 500 6160 1978-99 20/27 3500 1300<br />

XS 500 5298 1976-80 36/49 2800 1100<br />

XT 500 6610 1976-90 20/27 3500 1300<br />

XV 500 SE 7225 1981-87 34/49 1300 200<br />

XV 535 7750 1988-03 36/46 2500 800<br />

XJ 550 6130 1981-85 37/50 1600 400<br />

XT 550 5480 1982-84 28/38 1500 300<br />

XZ 550 5680 1982-84 37/50 1400 200<br />

FZR 600 12 750 1988-94 67/91 2300 700<br />

SRX 600 6390 1986-90 33/45 2900 900<br />

XJ 600 8900* 1984-91 53/73 3200 1100<br />

XT 600 8025 1984-90 33/45 1900 400<br />

XT 600 Z Ténéré 8985 1983-89 34/46 2900 900<br />

XJ 650 7780 1980-87 52/71 2100 700<br />

XJ 650 Turbo 12 288 1982-84 66/90 4500 1800<br />

XS 650 6505 1975-83 37/50 4100 1700<br />

XS 650 SE 6915 1979-83 36/48 3100 1000<br />

FZ 750 Genesis 14 415 1985-94 74/100 2200 700<br />

FZX 750 Fazer 11325 1987-89 69/94 2400 700<br />

FZR 750 R OW-01 37100 1987-90 74/100 13700 9200<br />

TX 750 5995 1972-74 46/63 2800 1000<br />

XS 750 7318 1976-80 54/74 4700 1900<br />

XS 750 SE 8695 1980-83 37/50 2800 1000<br />

XTZ 750 Super Ténéré 11980 1987-96 51/69 2800 1000<br />

XJ 750 9878 1984-86 64/87 2500 700<br />

XJ 750 Seca 8075 1982-84 60/81 2500 700<br />

XV 750 SE 7225 1981-87 36/49 2300 800<br />

XS 850 7915 1980-82 58/79 4700 1900<br />

XJ 900 10 488 1983-84 71/97 3200 1100<br />

XJ 900 F/N 12 590 1984-94 72/98 3200 1100<br />

TR 1 8878 1980-83 52/71 3400 1200<br />

FZR 1000 Genesis 18 300 1987-96 74/100 2500 800<br />

XV 1000 SE 10 355 1982-85 50/68 2800 900<br />

XV 1000/1100 Virago 12 870 1986-89 46/62 2600 800<br />

XS 1100 10 498 1978-83 70/95 4800 2000<br />

XS 1.1 Sport 11178 1981-83 70/95 4100 1800<br />

FJ 1100 13 488 1984-86 74/100 3400 800<br />

FJ 1200 15 850 1986-97 74/100 2900 1100<br />

Vmax k. A.** 1984-02 107/145 4900 2000<br />

XVZ 12 T 19 500 1984-89 71/97 3700 1500<br />

XVZ 13 T 22 350 1989-92 72/98 3800 1600<br />

Zündapp<br />

KS 125 Sport 3458 1970-77 13/17 2900 1100<br />

KS 175 Watercooled 4475 1977-81 13/17 3200 1200<br />

Vorschau<br />

Neupreis<br />

D-Mark<br />

Baujahre<br />

kW/PS<br />

In der nächsten Ausgabe<br />

finden sie den Preisspiegel<br />

für die Klassiker vor 1970<br />

Zustand:<br />

gepflegt<br />

Preise in Euro<br />

Zustand:<br />

schlecht<br />

74 Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de


Leserbriefe<br />

Fotos: Daams, Hilti, Kleine,<br />

Schaaf, Lehnert, Gargolov<br />

Die R 69 S ist Eyke Isensees Traummotorrad<br />

Rudi Lehnert fährt seine CB 350 seit 1973<br />

Leser Schaaf: Grundplatte nicht lösen<br />

Jochen Kleines umgebaute Ducati<br />

Die 250er-Schnell-Horex im Schweizer Exil<br />

Auch Uli Eckhardt bewegt die MTX<br />

BMW begeistert<br />

Die R 69 S ließ Leser Eyke Isensee<br />

in Jugend-Erinnerungen schwelgen.<br />

<strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> 3/<strong>2014</strong><br />

Liebes <strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong>-Team, schon<br />

zu Pennäler-Zeiten – ich bin Jahrgang<br />

1951 – war die R 69 S meine Traummaschine.<br />

Es waren ästhetische Gründe, aus<br />

denen ich mich in dieses Motorrad verguckt<br />

hatte. Die abfallende Linie vom<br />

Lenkkopf über Tank, Sattel und Schutzblech<br />

bis zum Tonnenrücklicht hat mich<br />

fasziniert. Für die organischen Formen<br />

von Motor und Getriebe gilt das gleiche.<br />

Hier galt „form follows function“. Da kamen<br />

die /5er mit Motor und Getriebe im<br />

Samsonite-Koffer-Look einfach nicht mit,<br />

gleichwohl ich später über mehrere Jahre<br />

eine R 100 CS mit viel Genuss gefahren<br />

bin. Als Zeitsoldat hatte ich 1972 endlich<br />

das Geld, um mir meine Traummaschine<br />

zu kaufen. Ich fuhr sie auch später noch<br />

während des Studiums. Nachdem der Motor<br />

aufgrund eines abgerissenen Pleuels<br />

unbrauchbar geworden war, wurde er<br />

repa riert und landete Mitte der 70er in<br />

einem BMW-Geländegespann. Nach einer<br />

Saison wurde das Gespann verkauft. Wir<br />

waren die Einzigen, die zum Wettbewerb<br />

auf eigener Achse fuhren. Darüber hinaus<br />

hatte unser Gespann ein deutlich höheres<br />

Gewicht bei deutlich weniger Leistung als<br />

die Konkurrenz. Im Rahmen des damals<br />

um sich greifenden Mainstreams fanden<br />

eine R 75-Gabel und ein 75/5-Motor ihren<br />

Platz im Schwingenfahrwerk. Finanzielle<br />

und andere private Unebenheiten des Lebens<br />

verhinderten aber die Fertigstellung<br />

dieses Projektes. In den nächsten Jahren<br />

schlich sich der Gedanke ein, mit dem<br />

Verkauf des R 69 S-Motors einen ganz<br />

großen Fehler gemacht zu haben. Nun<br />

war guter Rat teuer, was durchaus wörtlich<br />

zu nehmen ist. Die Preise für brauchbares<br />

Schwingen-Material stiegen kontinuierlich,<br />

was besonders für die Motoren<br />

zutraf. Ein ganz großes Glück spielte mir<br />

dann einen 69 S-Motor samt Getriebe in<br />

die Hände, die auf den Einbau warten.<br />

Nun ist es nicht mehr weit bis zur Rente.<br />

Ich denke, ich werde mich nicht langweilen!<br />

Mit freundlichen Grüßen<br />

Eyke Isensee, Wolfenbüttel<br />

Four-Fahrt<br />

So mancher Leser kann sich an der<br />

Honda CB 350 nicht sattsehen.<br />

<strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> 3/<strong>2014</strong><br />

Liebe <strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong>-Redaktion, die<br />

CB 350 F ist eine Augenweide an klassischer<br />

Linienführung. Doch nicht alles an<br />

diesem Modell ist original. Dass die Honda<br />

der 1970er-Jahre in lang gezogenen, welligen<br />

Kurven Probleme machen, habt Ihr<br />

vermerkt. Nicht aber, dass deswegen viele<br />

Fahrer die originalen Stoßdämpfer gegen<br />

Konis getauscht haben. So auch beim<br />

Studiomodell, daher fehlen jetzt die beiden<br />

schönen Chromhülsen am Hinterbau.<br />

Auch meine liegen im Karton. Ich gebe<br />

euch recht, in „Flake Matador Red“ sieht<br />

sie am besten aus. Das „Bacchus Olive<br />

Green“ – Originallack von 1973 – hat etwas<br />

vom „British Racing Green“. Die Polybauer-Verkleidung<br />

meines Modells unterstützt<br />

dieses Erscheinungsbild. Über die<br />

Optik kann man geteilter Meinung sein,<br />

ist aber ein zeitgenössischer Umbau und<br />

damit historisch wohl nicht zu beanstanden.<br />

Genauso wie der Becker-Fettkasten,<br />

der sich hinter den beiden linken Schalldämpfern<br />

dezent versteckt, er hat 1978<br />

mit 550 Mark ein Vermögen gekostet, ist<br />

aber bis heute – mit 61 000 Kilometern –<br />

noch immer top. Nach Überarbeitung des<br />

Zylinderkopfs und Generalinspektion der<br />

Vergaser summt meine kleine Four wieder<br />

bei allen Drehzahlen.<br />

Rudi Lehnert, per E-Mail<br />

Spurensuche<br />

Die in der letzten Ausgabe gezeigte<br />

Schnell-Horex hat Schweizer Spuren.<br />

<strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> 3/<strong>2014</strong><br />

Sehr geehrte Redaktion, in Ausgabe<br />

3/<strong>2014</strong> habe ich den Bericht über die<br />

Schnell-Horex gelesen – bravo! Genau<br />

diese 250er stand jahrelang im Museum<br />

von meinem Vater. Und zuvor in Deutschland<br />

mal unter Wasser. Das hat mich veranlasst,<br />

das ganze Motorrad zu zerlegen<br />

und zu konservieren. Die Schwinge war<br />

übrigens auch gebrochen! Viele Grüße<br />

Hansjörg Hilti, Arnegg (Schweiz)<br />

Jugendliebe<br />

Nicht nur Thomas Schmieder ist<br />

ein bekennendes „Kind der 80er“.<br />

<strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> 3/<strong>2014</strong><br />

Hallo, vielen, vielen Dank an Thomas<br />

Schmieder für den ergreifenden Fahrbericht<br />

der MTX 80. Auch ich bin ein „Kind<br />

der 80er“ und habe 1984 alles getan, um<br />

so eine begehrte MTX 80 zu bekommen.<br />

Heißt, ich habe meine Eltern angefleht<br />

und ihnen sonst was versprochen, um das<br />

nötige Kleingeld für eine gebrauchte Maschine<br />

von meinem Sparbuch abheben zu<br />

dürfen. Mutti war sehr verständnisvoll<br />

und hat schließlich ihr okay gegeben. Ein<br />

paar Wochen später war ich dann stolzer<br />

Besitzer einer schicken Honda-Enduro,<br />

und man hat sich mit 16 Jahren wirklich<br />

gefühlt wie ein Großer auf der (nach<br />

www.motorrad-classic.de Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> 75


Leserbriefe<br />

Federbein-Umbau) hochbeinigen Geländemaschine.<br />

Es war eine sehr schöne und<br />

ereignisreiche Zeit, und ich beneide Herrn<br />

Schmieder sehr um das Erlebnis, nach 30<br />

Jahren noch mal die Jugend auf einer<br />

MTX 80 für kurze Zeit zurückzuholen.<br />

<strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> ist eine prima aufgemachte<br />

Zeitschrift, man kann beim<br />

Durchblättern immer so schön in Erinnerungen<br />

schwelgen. Danke dafür!<br />

Uli Eckhardt, per E-Mail<br />

Schrauber-Tipp<br />

Ein Profi hat einige Anmerkungen zum<br />

korrekten Einstellen der Zündung.<br />

<strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> 3/<strong>2014</strong><br />

Hallo liebe <strong>Classic</strong>-Schreiber, zu Ihrem<br />

Artikel „Kontaktsuche“, der soweit gut<br />

recherchiert ist, erlaube ich mir einen<br />

Beitrag zu leisten. Seit nunmehr 35 Jahren<br />

arbeite ich in meiner Honda-Motorradwerkstatt<br />

und justiere für meine Kundschaft<br />

zu deren Zufriedenheit Zündungen<br />

mit Unterbrecher. Dabei fällt mir<br />

immer wieder auf, dass so manche<br />

Schrauber – wohl vorbelastet vom Autoverteiler<br />

– nach dem Einstellen der Unterbrecher<br />

die Grundplatte lösen, um<br />

den Zündzeitpunkt verzweifelt am<br />

Ende oder gar jenseits der werksseitigen<br />

Langlöcher in der Platte zu suchen<br />

(siehe Foto vorhergehende Seite).<br />

Beim Lösen der Grundplatte geht jedoch<br />

die vorherige Unterbrechereinstellung<br />

meist flöten. In der Praxis hat<br />

es sich bewährt, die Grundplatte ungefähr<br />

in der Mitte der Langlöcher zu<br />

fixieren und den Zündzeitpunkt<br />

mit dem Abrisspunkt des Unterbrechers<br />

mittels Prüflampe zu<br />

bestimmen. Dabei stellt sich<br />

meistens heraus, dass sich<br />

der Unterbrecherabstand<br />

von alleine bei ca. 0,35 bis<br />

0,40 einpendelt. Dass anschließend<br />

mit dem Stroboskop<br />

die Funktion des Fliehkraftverstellers<br />

bei laufendem<br />

Motor auf die maximale<br />

Frühverstellung geprüft wird,<br />

ist logisch. Das nachträgliche Lösen<br />

der Grundplatte zum Verdrehen ist<br />

und bleibt tückisch und verstellt alles.<br />

Werner Schaaf, Rastatt<br />

Norton-Negierer<br />

Die Norton-Kaufberatung bestätigt<br />

Leser Henne in seinen Vorurteilen.<br />

<strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> 3/<strong>2014</strong><br />

Hallo liebes <strong>Classic</strong>-Team, die Kaufberatung<br />

zur Norton Commando war toll und<br />

interessant, hat dabei leider alle meine<br />

Vorurteile und Befürchtungen bezüglich<br />

(alten) englischen Autos und Motorrädern<br />

mehr als bestätigt. Bei diesen geballt auftretenden<br />

Konstruktions- und Verarbeitungsmängeln<br />

(nicht nur bei Norton) waren<br />

der Niedergang und das Aus der klassischen<br />

englischen Motorrad-Industrie<br />

unvermeidlich. Mit einer solchen Norton<br />

würde ich mich nicht weiter von zu Hause<br />

wegtrauen, wie ich wieder heimlaufen<br />

kann. Aus meiner Sicht also am besten<br />

einen großen Bogen um eine Commando<br />

machen. Wer es wirklich nicht lassen<br />

kann, sollte sich das Ding einfach geputzt<br />

in die Vitrine stellen, denn auch die sehr<br />

teuren Überholungen machen daraus<br />

keinen zuverlässigen Tourer für den Fahrspaß<br />

am Wochenende (und schon gar<br />

nicht im Alltag). Der Nachdruck des Suzuki<br />

GS 1000-Tests war zutreffend und hat<br />

viele gute Erinnerungen in mir geweckt<br />

(ich hatte mir 1978 meine rote GS 1000<br />

neu gekauft). Ich fahre seit mehr als 40<br />

Jahren Motorrad und habe in dieser<br />

Zeit zirka 30 Maschinen (zeitgleich meist<br />

mehrere) besessen. Zurzeit fahre ich einen<br />

Oldie (BMW R 100 CS, rot-schwarz, mit<br />

H-Zulassung), eine Yamaha FZ1 Fazer,<br />

eine Triumph Street Triple R und einen<br />

Aprilia-Roller Leonardo 150. Macht weiter<br />

so, ich freue mich schon auf die nächste<br />

Ausgabe von <strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong>.<br />

Heribert Henne, Ober-Ramstadt<br />

Junge Oldies<br />

Kawasaki GPZ 900 R und Yamaha FJ<br />

1100 bewegen auch nach 30 Jahren<br />

noch – nicht nur die Gemüter.<br />

<strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> 2/<strong>2014</strong><br />

Hallo Leute, ich habe den Leserbrief von<br />

Andreas Otti gelesen. Ich kann mich<br />

erinnern, dass im Rallyesport 1984 einige<br />

900er eingesetzt wurden. Ich denke,<br />

Martin Hopmann und Günther Heil waren<br />

unter anderem GPZ-Fahrer. Vielleicht<br />

kann ja Helmut Dähne was dazu sagen.<br />

Der ist damals mit der Bimota-Suzuki<br />

in der gleichen Klasse gefahren. Bei den<br />

Superbikes sind die 900er-GPZ wohl nicht<br />

eingesetzt worden, ich kann mich zumindest<br />

nicht daran erinnern. Viele Grüße<br />

Christian Zipfel<br />

Hallo, als ich den Bericht von den Kultbikes<br />

FJ 1100 und GPZ 900 R gelesen<br />

habe, habe ich erst gemerkt, wie schnell<br />

die Zeit vergeht, die Mopeds mutierten zu<br />

Youngtimern (und jetzt sogar zu H-Kennzeichen-tauglichen<br />

Oldies, die Redaktion).<br />

Der Leserbrief von Andreas Otti animierte<br />

mich zu diesen Zeilen. Ob nun die GPZ im<br />

Rennsporteinsatz war oder nicht, ist doch<br />

egal. Wenn es in den Fingern juckt und<br />

sich eine Idee in den Kopf eingebrannt<br />

www.motorrad-classic.de


hat, dann los. Eine meiner FJ musste dran<br />

glauben und wurde für ein relativ kleines<br />

Budget umgebaut, insbesondere das<br />

Fahrwerk. Der Motor hat nach diversen<br />

Erleichterungen und Umbaumaßnahmen<br />

jetzt 147,5 PS am Hinterrad, die Krümmeranlage<br />

hat Schüle gebaut. Auch ohne<br />

Rennsportgeschichte macht die FJ einen<br />

Heidenspaß bei Youngtimer-Rennen,<br />

selbst wenn jetzt einige die Hände über<br />

den Kopf schlagen. Ruhig Blut! Es stehen<br />

auch einige originale FJ in der Garage.<br />

Meiner „normalen“ FJ 1200 mit dem<br />

ersten Motor fehlen noch rund 6500 Kilometer<br />

bis zur 300 000er-Marke. Natürlich<br />

stehen noch einige andere Yamahas (unter<br />

anderem eine XJ 900 N wie in <strong>Classic</strong><br />

vorgestellt) in der Garage und einige<br />

Horex. Darunter eine Resident, umgebaut<br />

als Café Racer. Weiter so! Mit freund lichen<br />

Grüßen<br />

Dieter Fietze, Mitbegründer der FJ-IG<br />

Sammel-Wut<br />

Die Oldie-Kollektion von Leser Joller<br />

wächst und gedeiht.<br />

<strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> 1/<strong>2014</strong><br />

Liebe Redaktion, in meiner E-Mail für Heft<br />

1/<strong>2014</strong> habe ich geschrieben, dass ich an<br />

der 250er-Kollektion gemäß Eurem Bericht<br />

„arbeite”. Nun ist es so weit: Sie stehen<br />

alle in meiner Sammlung – unisono in<br />

Blau. Und weil Ihr in besagtem Heft auch<br />

über die T 500 berichtet habt, habe ich mir<br />

so eine Suzuki ebenfalls zugelegt – Baujahr<br />

1970, in Blau. Natürlich habe ich alle<br />

Originalteile aufgehoben. Ich baue mir<br />

meine Motorräder, wie sie mir gefallen,<br />

aber ich kann sie jederzeit in den Originalzustand<br />

zurückversetzen. Das nächste<br />

250er-Projekt ist schon in der Mache, eine<br />

Kawasaki A1 (seid auch ihr schuld...). Und<br />

nicht vergessen: immer so weitermachen!<br />

Das gefällt mir, auch wenn ich wohl bald<br />

expandieren muss. Beste Grüße<br />

Alex Joller, Hochdorf (Schweiz)<br />

Den Geschmack<br />

getroffen<br />

Die letzte Ausgabe mit der Vogel-Ducati<br />

MHR kam bei Leser Kleine gut an.<br />

<strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> 3/<strong>2014</strong><br />

Liebe <strong>Classic</strong>-Redaktion, mit Heft 3/<strong>2014</strong><br />

habt Ihr meinen Geschmack voll getroffen!<br />

Nicht nur die Themen Norton<br />

Commando und Ducati MHR haben mich<br />

persönlich interessiert, auch die ausführlichen<br />

und gut recherchierten Berichte<br />

haben mir gefallen. Endlich scheint Ihr<br />

erkannt zu haben, dass es über alte Motorräder<br />

Interessanteres zu berichten gibt,<br />

als die von Tragatsch zitierten Firmen-<br />

www.motorrad-classic.de<br />

geschichten. Wenn ich mir die Ducati<br />

in meiner Garage anschaue, sehe ich,<br />

dass Detlef, von dem ich sie aus erster<br />

Hand vor zehn Jahren gekauft habe,<br />

bei seinem Umbau ähnliche Ideen<br />

wie Gerold Vogel gehabt hat. Detlef<br />

war Betriebsschlosser in einer Druckerei<br />

und somit Herr über einen<br />

ansehnlichen Maschinenpark. Tolle<br />

Sachen sind ihm eingefallen: Am<br />

Alu-Kupplungs-Innenläufer störten<br />

ihn die von den Stahlscheiben verursachten<br />

Eindrücke auf der Verzahnung. Sein<br />

neuer Innenläufer erhielt deshalb statt<br />

der Zähne Nuten, in die jeweils eine Leiste<br />

aus Werkzeugstahl eingelegt und von innen<br />

mit M3-Schrauben befestigt wurde.<br />

Sollten diese Leisten in 100 Jahren wieder<br />

Abdrücke haben, können sie noch einmal<br />

umgedreht werden! Neben vielen Ersatzteilen<br />

erhielt ich beim Kauf einen Satz<br />

Schablonen für alle Motordichtungen, aus<br />

5-mm-Plexiglas gefräst. Kupplungsdruckzylinder,<br />

Anlasserfreilauf, Fußrasten, Sitzbank<br />

– alles Eigenkonstruktionen. Im Gesamteindruck<br />

dem Vogel-Konzept sehr<br />

ähnlich, sieht meiner Meinung nach die<br />

von Detlef gebaute Ducati durch das<br />

Weglassen der Seitenteile noch kerniger<br />

aus. Natürlich läuft sie auch manchmal<br />

mit Conti-Tüten. Laufleistung des 1000er-<br />

Gleitlagermotors ohne Überholung: bislang<br />

120 000 Kilometer – and still going<br />

strong! Leider fehlt bei meiner Ducati der<br />

Taglioni-Schriftzug. Beste Grüße<br />

Jochen Kleine, per E-Mail<br />

Blau-Mann: die Zweitakt-Sammlung von Alex Joller<br />

Fotos: Fietze, Joller<br />

Dieter Fietze und seine FJ lieben es schräg<br />

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SZENE I<br />

Der alte Schrauber<br />

Rostlöser<br />

Wieso kann ein gelernter Maurer und pensionierter<br />

Bundeswehr-Offizier hoffnungslos vergammelte<br />

Wracks in herrliche Hingucker verwandeln? „Wieso<br />

nicht?“, fragt Torsten Bischof zurück und flext<br />

unverdrossen weiter.<br />

Text: Fred Siemer; Fotos: Siemer, Bischof<br />

78 Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de


Ein langer Weg führte vom<br />

Ausgangs- (unten) zum Iststand.<br />

Aber wer Torsten kennt, der<br />

weiß: Es war ein schneller Weg<br />

Lebenslange Treue wurde bislang nur der<br />

sorgenden Gattin sowie der sorglos bollernden<br />

Guzzi zugesagt. Hat eine umgebaute<br />

Yamaha XS 400 da überhaupt Chancen?<br />

Gegen trostlose Wintermonate,<br />

in denen gestandene<br />

Männer – mit<br />

Schatz-das-musst-du-lesen-Lektüre<br />

im Schoß – einen Sessel verunzieren,<br />

teilnahmslos die Katze streicheln<br />

und leere Blicke aus dem Fenster<br />

werfen, gegen solche erschütternden<br />

Phasen seelischer Verwüstung also kennt<br />

Torsten Bischof ein Mittel. Ebay. Wohl wissend<br />

um die eigene Abhängigkeit, stets<br />

bemüht auch um den Frieden seiner vierköpfigen<br />

Familie, ersteigert er beizeiten<br />

ein paar Zentner Schrott. Der muss nicht<br />

mehr anspringen, der muss nicht mehr<br />

rollen, befreit aber auf jeden Fall von<br />

fiesen Vorahnungen, und so kann Torsten<br />

bis in den goldenen Oktober hinein auf<br />

Eifelsträßchen gute Laune tanken. Wenn<br />

dann Kälte und Eis regieren, widmet er<br />

sich, gerne auch an Weihnachten und<br />

Neujahr, mal einer Gabelbrücke, um die<br />

eigene Laune aufzupolieren, oder flext<br />

ein Rahmenheck ab, um innerbetriebliche<br />

Spannungen zu entschärfen.<br />

Schon seit vielen Jahren alarmiert den<br />

58-Jährigen, wenn in seiner Garage ausschließlich<br />

intakte Motorräder parken,<br />

doch seit der lang gediente Pionier den<br />

Ruhestand genießen soll und die beiden<br />

Mädels weitgehend selbstständig tun, hat<br />

sich das Problem verschärft. Früher füllten<br />

die Wartungs- und Verbesserungsarbeiten<br />

an drei, vier Motorrädern manchmal jede<br />

freie Minute, heute erledigt er solche<br />

Fingerübungen zwischen Aufstehen und<br />

Frühstück. Den Winter 2010/2011 konnten<br />

anderthalb Honda XBR 500 retten, aus<br />

denen bis Mai ein wunderschöner und<br />

stilsicher aufgebauter Café Racer entstand.<br />

Diese intensiven Monate und das<br />

gelungene Ergebnis seiner harten Arbeit,<br />

so hoffte Torsten, könnten ihn ausnahmsweise<br />

noch ins nächste Frühjahr tragen,<br />

doch er sollte sich irren.<br />

Bereits Mitte November belasteten ihn<br />

erste Attacken von Langeweile, kurz vor<br />

Weihnachten half nur noch ein entschlossenes<br />

Gebot: Für 151,01 Euro ersteigerte<br />

www.motorrad-classic.de<br />

Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> 79


SZENE I<br />

Der alte Schrauber<br />

er eine Yamaha XS 400, bei der jedes einzelne<br />

Teil um den Gnadenschuss flehte.<br />

Doch Torsten hat keine Waffe mehr und<br />

Mitleid sowieso nicht. Er sieht nur den<br />

eigenen Nutzen: Arbeit für Wochen und<br />

Monate. Damit sich die Schufterei am<br />

Ende lohnt, müssen die ersteigerten<br />

Schätzchen gewisse Bedingungen erfüllen.<br />

Etwa keinen Wasserkühler besitzen.<br />

So was mag Torsten nicht. Auch sollten sie<br />

ein gewisses Alter nicht überschreiten.<br />

Sonst spielt Torstens TÜV-Mann nicht<br />

mehr mit. Sie müssen wenig kosten, damit<br />

die Familienkasse überlebt. Und die benötigten<br />

Teile sollten massenhaft vorhanden<br />

sowie problemlos zu beschaffen sein, damit<br />

das auch so bleibt. Aus der Schnittmenge<br />

dieser Anforderungen ragen –<br />

mehr noch als eine XBR – aufreizende<br />

Krafträder wie XS 400 oder CB 450 heraus.<br />

Die Wahl des alten Yamaha-Fans wurde<br />

noch dadurch erleichtert, dass seine Rest-<br />

XS zwar keine Schlüssel und Papiere, aber<br />

dafür zwei restaurierungsfähige Koni-Federbeine<br />

besaß. Damit war der Kaufpreis<br />

eigentlich schon gerechtfertigt.<br />

Wer umbaut, will Schöpfer sein<br />

Torsten hatte beruflich lange Zeit mit Uniformen<br />

zu tun. Vielleicht mag er deshalb<br />

keine uniformen Motorräder. Er will<br />

Schöpfer sein, Herr seiner Ideen und Gefühle,<br />

und deshalb wählt er seine Objekte<br />

mit Bedacht, besitzt von Anfang an eine<br />

sehr bestimmte Vorstellung ihres zukünftigen<br />

Erscheinungsbildes. In der XS, schon<br />

unter engagierten Großstadtkurieren als<br />

zu lahm verschrien, entdeckte er sportliches<br />

Potenzial. Die Demontage förderte<br />

zwar eine 27-PS-Nockenwelle ans Tageslicht,<br />

aber solche Kleinigkeiten beirren<br />

Torsten nicht: Nur Tage später zappelten<br />

frisch aus den USA die wahrscheinlich<br />

letzten XS-tauglichen und nagelneuen<br />

K&N-Luftfilter im Netz, wenige Wochen<br />

drauf folgte ebenfalls aus Übersee die<br />

gewünschte Hochleistungsnocke. Also<br />

Sport. Aber mit einem Schuss Humor:<br />

Wenn schon keine beeindruckenden PS-<br />

Zahlen zu erwarten waren, sollte das Ding<br />

wenigstens mit furchterregendem Namen<br />

schocken. Fortan hieß es Frau Mahlzahn,<br />

nach dem roten Drachen aus der Augsburger<br />

Puppenkiste.<br />

Selten wurde ein Reptil so auseinandergenommen.<br />

Um Frau Mahlzahns<br />

Sportsgeist zu befördern, flexte Torsten<br />

unnötigen Ballast wie Kabelhalterungen<br />

oder Helmschloss einfach weg, auch<br />

Anlasser, Serienschutzbleche, Sitzbank<br />

und überhaupt alles, was der Japaner gern<br />

gewichtig auslegt, flog auf den Schrott.<br />

Angestrebte 180 Kilo vollgetankt bedeuteten<br />

strenge Diät für das zukünftige Eifel-<br />

Ungeheuer. Gleichzeitig musste es eine<br />

wahre Flut von kleinen, mittleren, großen<br />

und ganz großen Umbaumaßnahmen<br />

über sich ergehen lassen (siehe dazu<br />

Umbau-Info auf Seite 77).<br />

Die Vielzahl dieser Maßnahmen lässt<br />

eine beinahe anarchische Lust am Bauen<br />

vermuten, doch das Ergebnis kündet<br />

Jedes Motorrad ein Bekenntnis. Zum Straßen<br />

Es verlangt Entschlossenheit, um einen derart stumpfen Motor (rechts) wieder glänzen zu lassen (links). Und es bereitet Schmerzen


Umbau-Info<br />

sport, ja, gewiss. Dieses hier auch zu den Helden der Kindheit<br />

Aus einem Forum flog Torsten<br />

der Tipp zu, die Vergaser<br />

mit einer Backpulver-Lösung<br />

zu reinigen. Nach dem<br />

Einwirken hart und gründlich<br />

abbürsten, das Ergebnis<br />

kann sich sehen lassen.<br />

Gerade solche Forschungsarbeiten<br />

machen Laune,<br />

dank Internet sind Recherche<br />

und Meinungsaustausch<br />

keine Grenzen gesetzt<br />

●●<br />

Vorderradkotflügel Ricambi, gekürzt<br />

●●<br />

Stahlflexbremsleitung Melvin<br />

●●<br />

Bremssattel glasperlengestrahlt<br />

●●<br />

Kegelrollenlager im Lenkkopf<br />

●●<br />

Handbremspumpe Brembo PS 16<br />

●●<br />

linke Lenkerarmatur von Suzuki SV 650<br />

●●<br />

rechte Lenkerarmatur (Licht, Startknopf, Not-Aus)<br />

entfallen<br />

●●<br />

Kurzhubgasgriff Tomaselli<br />

●●<br />

Lenker LSL Touring Sport<br />

●●<br />

LED-Frontblinker Hatch<br />

●●<br />

Kabelbaum Eigenbau<br />

●●<br />

kein Anlasser, kein Freilauf, keine Übertragungsteile<br />

●●<br />

Motorgehäuse-Verschlussstopfen mit Sicherung<br />

●●<br />

Motorseitendeckel poliert<br />

●●<br />

Nockenwelle 1M0 (38 PS)<br />

●●<br />

Luftfilter K&N, RC 130/2<br />

●●<br />

Benzinfilter<br />

●●<br />

Standardbenzinhahn (kein Unterdruck)<br />

●●<br />

offene Ansaugbrücke<br />

●●<br />

Batteriekasten ohne Luftfilteraufnahmen<br />

●●<br />

Seitendeckel mit Lufteinlässen und VA-Gittern<br />

●●<br />

Höckerunterkonstruktion Eigenbau<br />

●●<br />

Sicherungskasten Hella<br />

●●<br />

Höckersitzbank Norton <strong>Classic</strong>, an XS angepasst<br />

●●<br />

Sitzpolster Eigenbau, rotes Wildleder<br />

●●<br />

Startnummernfelder (Anfertigung)<br />

●●<br />

Tankdekor, Drachentribals (Anfertigung)<br />

●●<br />

LED-Multifunktionsblinker von Hatch mit Rücklicht<br />

und Bremslicht<br />

●●<br />

lastunabhängiges Blinkrelais<br />

●●<br />

Kettenschutz VA, Eigenbau<br />

●●<br />

Nummernschildträger Spiegler<br />

●●<br />

Krümmer schwarz lackiert<br />

●●<br />

Auspuffendtöpfe original, aber schwarz lackiert<br />

●●<br />

Auspuffhalterungen VA, Eigenbau<br />

●●<br />

Stoßdämpfer Koni<br />

●●<br />

reflektierende rote Zierstreifen auf beiden Felgen<br />

●●<br />

Reifen vorne und hinten Heidenau<br />

●●<br />

Kettenkit D.I.D<br />

●●<br />

Heckkotflügel Eigenbau<br />

●●<br />

Rahmen, Hauptständer, Batteriekasten,<br />

Schwinge, Gabeltauchrohre, obere Gabelbrücke<br />

mit Lenkeraufnahmen, Bremsstrebe, originale<br />

Auspuffhalter sandgestrahlt und rot pulverbeschichtet<br />

●●<br />

alle Schrauben VA<br />

●●<br />

kein Seitenständer<br />

●●<br />

Rahmen gekürzt<br />

●●<br />

keine Soziusfußrasten<br />

●●<br />

Tank, Seitendeckel, Vorderradkotflügel und<br />

Höcker Sonderlackierung (Opel, Phantom Black)<br />

●●<br />

Zwei Lenkerendenspiegel<br />

●●<br />

Nachbau einer Fußrastenanlage Pichler XS 400 RS2<br />

●●<br />

Zwei Keyster-Vergaser-Reparaturkits<br />

●●<br />

größere Hauptdüsen (z. Zt. 160)<br />

●●<br />

schwarzer Klarglas-Rundscheinwerfer<br />

●●<br />

Sigma-Tacho mit Beleuchtungsrahmen (originale<br />

Armaturen komplett entfallen)<br />

www.motorrad-classic.de<br />

Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> 81


SZENE I<br />

Der alte Schrauber<br />

Zum Sportler gehört ein Höcker, und wenn das Teil für den XS-Heckrahmen zu schmal<br />

ist, dann wird es eben geweitet (unten). Dank Laubsägearbeit werden K&N-Luftfilter<br />

sichtbar, und an der Nähmaschine steppt Torsten ein Sitzpolster ab<br />

Vorher und nachher: Vor der XS 400 hat sich Torsten um eine fast noch vollständige<br />

Honda XBR 500 gekümmert (unten), danach um eine dicke Yamaha XS 750. Bei allen<br />

Objekten walten größte Phantasie und strengste Haushaltsdisziplin<br />

ebenso von einem ausgeklügelten Plan<br />

und geduldiger Recherche, von preußischem<br />

Fleiß und ästhetischem Gespür.<br />

Kleine Ideen können Torsten tagelang<br />

elektrisieren: Löcher in die Seitendeckel<br />

sägen, diese dann mit Edelstahlgittern<br />

schließen, damit dahinter die K&N-Filter<br />

durchschimmern können. Hammer! Große<br />

Schweinereien erledigt er mit militärischer<br />

Disziplin: Motorteile müssen gereinigt<br />

oder poliert werden. Fertig. Und<br />

körperliche Strapazen gehören dazu:<br />

Beim Schleifen von Lackteilen kommt die<br />

Haut an den Fingern genauso runter wie<br />

früher beim Mauern mit Kalksandstein. So<br />

ist das. Nur diese Demut während der<br />

Arbeit macht den Blick frei für tolle<br />

Konzepte und garantiert den piekfeinen<br />

Auftritt des fertigen Projekts.<br />

Im Sommer wird gefahren<br />

Frau Mahlzahn – zerlegt und geprüft,<br />

erträumt und wieder aufgebaut in zwei<br />

Wintern – trägt über rotem Fahrgestell das<br />

kleine Schwarze, bollert im Leerlauf fröhlich<br />

vor sich hin, quittiert Gasstöße mit<br />

mutigem Fauchen und macht mit all ihren<br />

tollen Details denkbar ungeniert auf Hingucker.<br />

Im April 2013 erhielt sie den TÜV-<br />

Segen, mittlerweile ist sie längst Eifelerprobt,<br />

denn da ist Torsten konsequent:<br />

Sowohl Motorräder als auch Sommer sind<br />

zum Fahren da. Ein Mal hat er sein heimisches<br />

Revier sogar verlassen und das XS-<br />

Treffen im Bergischen Land angesteuert.<br />

Seitdem ist er Preisträger. Mit Urkunde für<br />

den besten Umbau. Eigentlich braucht<br />

Torsten so was nicht. Er genügt sich selbst.<br />

Aber er braucht Inspirationen, und er<br />

möchte andere inspirieren.<br />

Deswegen pflegt er eine quietschvergnügte<br />

Website, die all seine Tricks verrät,<br />

Pleiten, Pech und Pannen nicht auslässt,<br />

brav sämtliche Kosten auflistet, aber im<br />

Kern den Straftatbestand der Verführung<br />

Nichtsahnender erfüllt. Wie teuer ist<br />

eine billige CB 450 gerade bei Ebay? Wer<br />

Torsten auf www.alter-schrauber.de besucht,<br />

erfährt außerdem, dass er auch original<br />

kann, und zweitens, dass man sich<br />

aktuell keine Sorgen um ihn machen<br />

muss: Zur Liste der von ihm aufgebauten<br />

Motorräder zählen nicht nur seine wunderschön<br />

radikalisierte und lebenslang<br />

unverkäufliche Guzzi, sondern auch eine<br />

blitzsauber restaurierte, aber längst verkaufte<br />

Laverda 500 SFC. Den aktuellen<br />

Winter sollte eine XS 750 verkürzen, denn<br />

sogar in diesem Kardan-Dreizylinder sieht<br />

Torsten Bischof sportliche Talente schlummern.<br />

Leider wurde er lange vor Weihnachten<br />

fertig, deshalb steht jetzt eine<br />

weitere XS 400 auf der Bühne. Die Cup-<br />

Version, quasi Sport pur. Man muss Torsten<br />

nicht verstehen. Aber man muss sich fast<br />

immer über ihn freuen.<br />

◻<br />

82 Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de


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Auf Achse I<br />

Solo electra<br />

Als die<br />

laufen lernten<br />

Seit Jahrzehnten baut Solo keine Zweiräder mehr. Dabei war die Marke aus<br />

Sindelfingen technologisch weit vorn und produzierte das erste Elektrozweirad<br />

mit Straßenzulassung. Text: Michael Pfeiffer; Fotos: Stefan Wolf, mps-Fotostudio<br />

Weihnachten 2013, die Geschenke<br />

sind verteilt und<br />

die Verwandtschaft besucht.<br />

Zeit, endlich einmal wieder auf<br />

einer bekannten Auktionsplattform den<br />

Zweiradmarkt abzugrasen. Ein witziges<br />

Gefährt erregt Aufmerksamkeit: Solo<br />

electra, 153 Euro, mal mitbieten. Aus Spaß<br />

wird Ernst, denn niemand will das Solo<br />

wirklich haben, für 223, 50 Euro geht es<br />

in den Besitz des Autors über. Solo? Ja<br />

genau! In Sindelfingen-Magstadt bauten<br />

fleißige Schwaben in den 70ern bis zu<br />

60 000 Mofas und Mopeds pro Jahr zu-<br />

sammen. Das electra war die Antwort auf<br />

die Öl krise 1973, als autofreie Sonntage<br />

und die Weissagungen des Club of Rome<br />

das nahe Ende des Erdölzeitalters erwarten<br />

ließen. In diese Zeit passte, zumindest<br />

nach den Plänen von Solo, ein Elektromofa,<br />

was in Zusammenarbeit mit Bosch<br />

84 Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de


Herrlicher 70er-Jahre-Lifestyle: das Solo electra als netter<br />

Begleiter für Sie, Einhell-Ladegerät<br />

Zwei Baumarkt-Batterien reichen fürs Erste, Ladebuchse und<br />

Lichtanlage provisorisch verkabelt. Mittig: der Fahrschalter<br />

Das erste Mofa-Cockpit mit Voltmeter: Wenn die Nadel<br />

auf Gelb fällt, dann hat man noch 500 Meter Reichweite<br />

Doppelt untersetzt: Der Motor dreht 4500/min, Keilriemen<br />

und Kette reduzieren verlustreich die Drehzahl des 10-Zöllers<br />

entwickelt wurde. Der Stuttgarter Weltkonzern<br />

spendierte den Motor, einen<br />

24-Volt-Antrieb mit 500 Watt Leistung.<br />

Zwei hintereinander geschaltete 12-Volt-<br />

Akkus liefern den Strom.<br />

Strom an und los geht’s!<br />

Die rudimentäre Verkabelung des Solos<br />

stellt auch bekennende Strom-Verachter<br />

wie den Autor vor keine großen Aufgaben.<br />

Die fehlende Ladebuchse inklusive<br />

Anschlüsse findet sich genauso wie ein<br />

passendes 24-Volt-Ladegerät im Auktionshaus.<br />

Sogar das gut 40 Jahre alte Voltmeter<br />

im Cockpit zeigt Grün an. Die beiden<br />

35-Ah-Batterien gehen für knapp 100<br />

Euro beim Baumarkt über den Ladentisch.<br />

Ein Dreh am Stromgriff, und schon dreht<br />

sich nach einem lauten „Klack“ das Hinterrad.<br />

Die erste Probefahrt ist ein echtes<br />

Erlebnis. Obwohl der Motor nur 500 Watt<br />

mobilisiert, schiebt das Solo recht spontan<br />

an. Gewöhnungsbedürftig: Es gibt keine<br />

Leistungssteuerung, nur null oder eins.<br />

Also volle Power oder gar nichts. Das<br />

kann in engen Kurven schon mal zu<br />

brenzligen Situationen führen.<br />

Die Betriebsanleitung erklärt: „Eine<br />

stufenlose Regulierung des Motors wäre<br />

nach dem heutigen Stand der Technik<br />

zwar möglich, aber sie ist im Augenblick<br />

noch nicht so ausgereift. Wir haben uns<br />

deshalb für die betriebssichere Ein- und<br />

Ausschaltmethode entschieden.“ Naja.<br />

Wer also nicht die vollen 25 km/h auskosten<br />

will, soll gefälligst „periodisch einund<br />

ausschalten“, so die Empfehlung.<br />

Nach einiger Übung hat man es drauf,<br />

lässt den Motor frühzeitig anschieben und<br />

ebenso vorrausschauend wieder ausgehen.<br />

Erschreckend kurz sind dabei die<br />

Rollwege. Der Grund: Die zweistufige<br />

Übersetzung des Motors läuft immer mit.<br />

Zwar gibt es eine Rutschkupplung mit<br />

Zukunftsweisend: Solo fotografiert auf dem<br />

Stuttgarter Flughafen, zeitgenössische Mode<br />

www.motorrad-classic.de<br />

Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> 85


Auf Achse I<br />

Solo electra<br />

Solo-Geschäftsführer Andreas Emmerich und Autor vor der Firmenzentrale<br />

in Sindelfingen, letztes Solo electra-Mofa mit schicken Gussrädern<br />

Freilauf direkt auf der Motorwelle, aber<br />

der Keilriemenantrieb muss mitbewegt<br />

werden. Dort entsteht eine immense Reibleistung,<br />

was nicht nur den Fahrwiderstand<br />

hoch hält, sondern so auch die<br />

Reichweite arg einschränkt. Von gut 35<br />

Kilometern ist in der Betriebsanleitung<br />

die Rede. Unser electra schaffte bestenfalls<br />

zehn, auch durch fleißiges Mittreten<br />

am Berg, was dank Mofatretkurbeln mit<br />

Kettenantrieb geht, kommt man nicht<br />

weiter. Nach ein paar Fahrten gab auch<br />

der erste Satz Batterien den Geist auf,<br />

neue 52-Ah-Akkus sollen es nun richten.<br />

Optisch kommt das Solo bestens an.<br />

Nahe zu jedem Passanten zaubert das<br />

ulkige Gefährt ein Lächeln ins Gesicht.<br />

Oder ist es etwa Mitleid?<br />

◻<br />

Interview<br />

Im Interview: Solo-Geschäftsführer<br />

Andreas Emmerich<br />

„Viel zu früh<br />

dran“<br />

Die Firmengeschichte von Solo<br />

weist Höhen und Tiefen auf. Anfang<br />

der 80er-Jahre verabschiedeten<br />

Sie sich von der Zweiradfertigung.<br />

Woran lag es?<br />

Wir haben es eigentlich verpasst<br />

uns auf eine Sache zu konzentrieren.<br />

Wenn man sich mal überlegt,<br />

wir waren einmal auf dem gleichen<br />

Stand wie Stihl. Wobei der<br />

Herr Stihl immer gesagt hat: „Wir<br />

bauen nur Motorsägen!“ Wir haben<br />

bei uns im Haus Stromgeneratoren,<br />

Außenbordmotoren,<br />

Mofas und Mopeds gemacht. Man<br />

hat sich immer von dem wegbewegt,<br />

was man gut konnte und<br />

dadurch den Kern vernachlässigt.<br />

Eine gute Zeit war es dennoch,<br />

als wir damals an diesem Standort<br />

Mofas und Mopeds gebaut<br />

haben. Aber dann kamen Führerschein<br />

und Helmpflicht, der<br />

Markt brach innerhalb von zwei,<br />

drei Jahren zusammen. Wir standen<br />

plötzlich mit einem Haufen<br />

Leute da, die nichts mehr zu tun<br />

hatten. Dann mussten wir erst<br />

einmal wieder in unsere Kernkompetenz<br />

investieren.<br />

Wann begann für Solo eigentlich<br />

die Zweiradphase?<br />

Ende der 60er-Jahre wurde das<br />

Zweirad als neuer Zielmarkt definiert.<br />

Wir waren Zweitaktspezialisten,<br />

und in den Mofas und<br />

Mopeds waren Zweitaktmotoren<br />

drin. Also waren wir eigentlich<br />

dafür prädestiniert, in diesem<br />

Markt erfolgreich zu sein. Die<br />

ersten Prototypen wurden dann<br />

noch mit einem Fremdmotor, einem<br />

Anker-Laura-Motor gebaut.<br />

Relativ schnell entwickelten wir<br />

einen eigenen Zweitaktmotor,<br />

bald auch mit Automatik-Kupplung.<br />

Unser Motor war dabei mit<br />

einem Flüssigkeitsmantel versehen.<br />

Damit hatte er eine bessere<br />

Wärmeableitung. Das Thema Mofa<br />

war für uns sehr vielseitig und<br />

wir drei Brüder waren genau im<br />

richtigen Alter, um damit herumzufahren.<br />

Der Roland war auch<br />

dabei, der berühmte Regisseur.<br />

Wie kam es dann zu einem<br />

Elek tromofa, dem Solo electra?<br />

Wir dachten damals, ein Elektrofahrzeug<br />

wäre die Zukunft. Wir<br />

waren tatsächlich der erste Hersteller,<br />

der so ein Fahrzeug produziert<br />

hat. Mit der damaligen<br />

Batterietechnik war das allerdings<br />

ein absolutes No-go. Wir waren<br />

einfach viel zu früh dran. Mein<br />

Vater erzählte mir einmal, er<br />

hätte einen Solo electra-Kunden<br />

in der Schweiz gehabt. Der wäre<br />

zwar sehr zufrieden gewesen mit<br />

dem Fahrzeug, allerdings hätte<br />

er so viele Batterien gebraucht,<br />

dass er dieselbe Strecke auch mit<br />

dem Taxi hätte fahren können,<br />

das wäre kostenmäßig aufs<br />

gleiche rausgekommen (lacht).<br />

Was waren denn die größten<br />

Schwachpunkte des electra?<br />

Da gab es viele. Die kleinen<br />

10-Zoll-Räder hatten einen immensen<br />

Rollwiderstand, die Steuerung,<br />

es gab ja nur null oder<br />

eins. Oder der Keilriemenantrieb,<br />

da fehlte ein Freilauf. Aber der<br />

größte Schwachpunkt waren eigentlich<br />

die Batterien. Die waren,<br />

wie heute auch noch, nicht haltbar<br />

und leistungsstark genug. Außerdem<br />

war es einfach zu teuer.<br />

Warum eigentlich?<br />

Wir haben nur etwa 1200 Stück<br />

gebaut. Ursprünglich war es auch<br />

gar nicht für den Straßenverkehr<br />

gedacht, sondern für die Nutzung<br />

in großen Fabriken. Wir hatten<br />

bis vor einiger Zeit noch eines<br />

hier im Betrieb. Die Antriebstechnik<br />

ist ziemlich robust. Aber unser<br />

großes Problem war auch der<br />

Vertrieb. Wir hatten ja gar kein<br />

Händlernetz. Deswegen haben<br />

wir zunächst über den Versandhandel<br />

verkauft. Bei Quelle. Aber<br />

das electra war auch am Markt<br />

vorbei entwickelt. Damals wurde<br />

einfach drauflos entwickelt, weil<br />

man das eben so machte.<br />

Bosch war Motorenzulieferer, die<br />

Batterien kamen von Berga. Der<br />

Rest wurde bei Ihnen gebaut?<br />

Ja, wir haben die Rahmen hier<br />

geschweißt und auch kunststoffbeschichtet.<br />

In der Spitze arbeiteten<br />

1200 Leute hier am Standort<br />

Sindelfingen-Magstadt, und wir<br />

haben 60 000 Fahrzeuge im Jahr<br />

produziert.<br />

Was macht Solo heute?<br />

Wir sind einer der letzten Kleinmotorenhersteller<br />

in Deutschland.<br />

Wir sind da Spezialisten. Wir<br />

bauen beispielsweise rückentragbare<br />

Spritzen, da sind wir Marktführer.<br />

Oder auch bei den Benzinmotor-getriebenen<br />

Trennscheiben<br />

sind wir Technologieführer. Dazu<br />

haben wir noch eine kleine, aber<br />

feine Flugmotorenherstellung.<br />

Das sind Zweizylinder-Zweitakter<br />

in Leichtbauweise für Segelflugzeuge.<br />

Der Stärkste hat über 60<br />

PS, wiegt aber nur 23 Kilogramm.<br />

Geheimer<br />

Prototyp:<br />

Am Ende<br />

glaubte Solo<br />

selbst nicht<br />

mehr an den<br />

Elektroantrieb.<br />

Ein<br />

Verbrenner<br />

passte prima<br />

in die Box<br />

86 Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de


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Was die Macher von <strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong><br />

Suzuki GT 750<br />

Schrauben<br />

Ein heftig rauchender rechter oberer<br />

Auspuff, aus der Entlüftung drückendes<br />

Getriebeöl: Der Fachmann ahnt, da scheint<br />

etwas Größeres im Busch zu sein. Der Wasserbüffelmotor<br />

besitzt als große Besonderheit<br />

den Primärtrieb zwischen erstem und<br />

zweitem Zylinder. Der danebenliegende<br />

Kurbelwellendichtring ist eine alte Schwachstelle.<br />

Selbstverständlich war dieser bei<br />

meiner GT hin. Folge eins: Bei Vollgas pustet<br />

sie Frischgas ins Getriebe statt in den Brennraum.<br />

Folge zwei: Der Besitzer hadert mit<br />

dem Schicksal. Folge drei: Der Motor muss<br />

raus, total zerlegt und Kurbelwelle auseinandergezogen<br />

und mit neuen Dichtringen versehen<br />

wieder zusammengepresst werden.<br />

Eine Megaschraubernummer und nichts für<br />

schwache Nerven.<br />

Erstaunlicherweise ging die Demontage<br />

ziemlich schmerzfrei vonstatten. Weder rissen<br />

Stehbolzen ab, noch fanden sich verschlissene<br />

Teile. Selbst die Kolben, die immerhin<br />

schon 60 000 Kilometer auf den Böden<br />

haben, konnten wieder verwendet werden.<br />

Die Kurbelwelle, satte 20 Kilogramm<br />

schwer, wurde an Spezialist Bernd Braun<br />

spediert (www.crankup.de), der kaum eine<br />

Woche später die revidierte und blitzblank<br />

gesäuberte Welle wieder zurückschickte.<br />

Wie immer ungleich schwerer: das ganze<br />

Puzzle wieder zusammenzusetzen. Wer<br />

glaubt, Zweitakter seien einfach aufgebaut,<br />

kennt die GT 750 nicht. Das fängt an beim<br />

Schneckenantrieb für die Wasserpumpe und<br />

endet noch lange nicht bei dem federbelasteten<br />

Schnappmechanismus für den Kickstarter.<br />

Nein, die Ölpumpenwelle wird ebenfalls<br />

durch einen Schneckenantrieb bewegt.<br />

Immerhin liegen diese noch senkrecht im<br />

Gehäuse und können beim Zusammenbau<br />

noch einigermaßen leicht eingefädelt werden.<br />

Der Drehzahlmesserantrieb aber schießt<br />

den Vogel ab: Der muss schräg von oben ins<br />

schon wieder montierte Kurbelgehäuse eingesetzt<br />

werden. Dabei lagert die Stahlwelle<br />

in einer Aluhülse, die wiederum über eine<br />

winzige Bohrung per Schraube gesichert<br />

wird. Die hatten wohl ziemlich viel Zeit in<br />

den 70ern bei Suzuki am Band. Kaum sechs<br />

Nächte später kann der Rumpfmotor wieder<br />

in den Rahmen eingebaut werden. Immerhin:<br />

Die Kurbelwelle dreht sich auch noch<br />

nach dem Anziehen der 26 Gehäuseschrauben<br />

mit drei Schlüsselweiten. Glück!<br />

Werkstatt-Stillleben:<br />

Wenn der<br />

Motor wieder<br />

drin ist, die Deckel<br />

im Neonlicht<br />

glänzen und die<br />

Kurbelwelle sich<br />

noch drehen lässt,<br />

dann ist das<br />

Schrauberglück<br />

perfekt. Allerdings<br />

sind noch<br />

einige Nachtschichten<br />

nötig<br />

Der Zylinderblock<br />

zeigt schön, wie<br />

as ym metrisch der<br />

GT 750-Motor<br />

auf gebaut ist.<br />

Die Stehbolzengewinde<br />

mussten<br />

nachgeschnitten<br />

werden, dafür<br />

waren die Zylinderlaufbahnen<br />

noch einigermaßen<br />

in Ordnung<br />

Fotos: Michael Pfeiffer<br />

88 Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de


gerade so machen.<br />

Grundmotor wieder im Fahrwerk, Gehäusedeckel<br />

aufpoliert, Kettenschutz statt Fettkettenkasten<br />

Demontage ohne große Probleme, Stehbolzen,<br />

Kupplung und Getriebe intakt. Links die Ölpumpe<br />

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NachDruck<br />

Fotos: mps-Fotostudio, Archiv<br />

Bestseller und Herausforderer:<br />

Lesen Sie hier noch einmal den<br />

ersten Vergleich zwischen Yamaha<br />

XJ 900 und Honda CB 900 F<br />

Bol d’Or aus dem Jahr 1983<br />

90 Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de


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Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> 91


NachDruck<br />

92 Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de


www.motorrad-classic.de<br />

Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> 93


NachDruck<br />

94 Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de


Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> 95


NachDruck<br />

96 Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de


ückBlick<br />

Die beiden<br />

900er<br />

aus heutiger Sicht<br />

Honda CB 900 F Bol d’Or Yamaha XJ 900<br />

„Die XJ 900 war technisch solide, das wenig<br />

inspirierende Konzept mir aber zu bieder“<br />

Fotos: Archiv, Bilski (1)<br />

Ich erinnere mich<br />

noch, als wäre es<br />

erst gestern gewesen,<br />

selbst im<br />

Abstand von nunmehr<br />

drei Jahrzehnten:<br />

Der Vergleichstest<br />

in MO-<br />

Supertest-Autor Horst<br />

von Saurma (59) von TORRAD war gerade<br />

„sport auto“ war vor erschienen, und<br />

seinem Namenswechsel<br />

als Horst Viesel-<br />

Geschichte wie fast<br />

ich als Autor der<br />

mann unterwegs – jedes Wochenende<br />

von 1981 bis 1986 in heimatlichen Gefilden<br />

rund um Det-<br />

als Test-Redakteur<br />

bei <strong>MOTORRAD</strong> mold unterwegs –<br />

auf dem Bike natürlich.<br />

Und auch dort – wie fast immer – das<br />

gleiche Frage-und-Antwort-Spiel zwischen<br />

Redakteur und Gleichgesinnten: „Sag mal,<br />

was hältst du von der und der Maschine,<br />

in diesem Fall der neuen XJ 900?“ Ich sag:<br />

„Lies doch den aktuellen Vergleich mit der<br />

Bol d’Or!“ „Aber ich will es auch von dir hören.“<br />

„Okay, meine persönliche Meinung ist:<br />

Gegen die Honda macht sie keine Schnitte.“<br />

Darauf einer der Bikerfreunde: „Aber ich<br />

will doch auch keine Zuvis fahren wie du.“<br />

Achselzucken beim Autor: „Warum fragst du<br />

mich dann?“ „Weil ich’s wissen will: Ist sie<br />

nun besser oder schlechter?“ „Kommt drauf<br />

an.“ „Ja, worauf denn?“ „Mein Gott, auf<br />

den, der drauf sitzt – und auch darauf, was<br />

man damit anstellen will.“ Der Dialog endete<br />

für mich (als Ex-Bol d’Or-Besitzer, der sein<br />

gestripptes und fahrwerkstechnisch rudimentär<br />

getuntes Motorrad – Konis! – ein<br />

paar Jahre zuvor auf dem Ring eingangs<br />

Hohenrain-Schikane mit Aussicht auf eine<br />

Top-Platzierung final zerstört hatte) mit<br />

einem etwas beschämenden Totschlag-Argument:<br />

„Als bekennender Bol d’Or-Fan hättest<br />

du den Vergleichstest ja eigentlich gar<br />

nicht schreiben dürfen!“ Ich höre mich noch<br />

leise sagen: „Aber ich finde, der ist neutral<br />

geschrieben.“ Das Ende vom Lied: Die<br />

Yamaha-Dichte stieg in den folgenden Wochen<br />

und Monaten signifikant an: Norbert<br />

P., Wolfgang W. und Karsten K. – alles andere<br />

als Weicheier – wechselten erhobenen<br />

Hauptes auf Yamaha XJ 900. Angesichts der<br />

fahrerischen Virtuosität, die sie unter dem<br />

Zeichen der drei gekreuzten Stimmgabeln<br />

an den Tag legten, musste auch ich dem XJ<br />

900-Konzept wohl oder übel zustimmen. An<br />

den objektiven Stärken der Yamaha gibt es<br />

tatsächlich nichts zu rütteln: entspannte Sitzposition<br />

für Fahrer und Beifahrer(in), weitgehend<br />

problemlose Umgangsformen, nicht<br />

zuletzt dank des Kardanantriebs, hohe Reisetauglichkeit,<br />

ein vergleichsweise günstiger<br />

Preis und die sprichwörtliche Zuverlässigkeit<br />

bescherten dem etwas rauen Charakter aus<br />

Iwata über die Jahre hinweg einen soliden,<br />

um nicht zu sagen: wenig ekstatischen<br />

Freundeskreis. Die sehr engagierte Yamaha-<br />

Händlerschaft im Landkreis Lippe tat damals<br />

in dieser Hinsicht sicher ein Übriges... Meine<br />

Meinung hat sich dadurch freilich bis heute<br />

nicht geändert: Das technisch solide, aber<br />

schon vor 30 Jahren wenig inspirierende<br />

Konzept hat auch nach drei Jahrzehnten Reifezeit<br />

nichts von seiner Biederkeit ablegen<br />

können. Eine Honda CB 900 F Bol d’Or dagegen<br />

– das wär’s doch, oder?<br />

„Für mich gehört speziell die Ur-XJ 900 zu den<br />

schönsten japanischen Naked Bikes“<br />

Den 900er-Vergleichstest<br />

von<br />

Horst habe ich<br />

1983 geradezu<br />

verschlungen. Obwohl<br />

sie den Kürzeren<br />

gezogen hatte,<br />

Uli Holzwarth (49) schlug mein Herz<br />

gefallen Formen sofort für die Yamaha.<br />

Gefühlt kam<br />

und Zuverlässigkeit<br />

der Yamaha XJ 900 die große Schwester<br />

meiner damaligen<br />

XJ 650 zwar mindestens vier Jahre zu spät,<br />

aber mit Kardanantrieb und der hübschen<br />

Cockpitverkleidung besaß sie für mich genügend<br />

Eigenständigkeit, um gegen Hondas<br />

Bestseller bestehen zu können. Damit stand<br />

ich wohl nicht alleine, denn die XJ 900 fand<br />

selbst 1994, im zwölften Verkaufsjahr, noch<br />

viele Liebhaber, die sich am – wie Horst es<br />

nennt – „uninspirierten Konzept“ erfreuten.<br />

Das bot technisch tatsächlich nur Hausmannskost,<br />

begeisterte aber vom Start weg<br />

mit einer überragenden Zuverlässigkeit.<br />

Außerdem finde ich, dass der schmale Zweiventiler<br />

mit mittiger Steuerkette, klassischem<br />

dohc-Layout, filigranen Kühlrippen und den<br />

gebürsteten Seitendeckeln zu den prachtvollsten<br />

Japan-Vierzylindern zählt. Überhaupt<br />

gehört für mich gerade die Ur-XJ 900<br />

mit ihrem neckischen Bikini-Windschild, den<br />

verstellbaren Alu-Lenkstummeln und den<br />

zeitlos-fließenden Formen zu den schönsten<br />

unverkleideten Japan-Bikes. Das von der<br />

ab 1984 nachträglich angebrachten, recht<br />

plumpen rahmenfesten Halbschale nicht<br />

gerade profitiert hat, um es gelinde auszudrücken.<br />

Dennoch, so uninspiriert, wie Horst<br />

es empfand, erscheint mir das Konzept der<br />

XJ im Rückblick gar nicht. Dass sie als Kardan-Big<br />

Bike nicht auf Teufel komm raus<br />

den Sportler raushängen ließ wie die im Lauf<br />

der Jahre spürbar gereifte Bol d’Or, hatte ja<br />

einen triftigen Grund: Für diese Rolle war im<br />

Yamaha-Programm bereits die FJ 1100 vorgesehen,<br />

die zu diesem Zeitpunkt kurz vor<br />

der Serienreife stand. Und rund ein Jahr später<br />

zusammen mit der Kawasaki GPZ 900 R<br />

eine neue Ära bei den sportlichen Big Bikes<br />

einleiten sollte, der selbst die Honda CB 900<br />

F nichts mehr entgegenzusetzen hatte.<br />

www.motorrad-classic.de<br />

Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> 97


Szene I<br />

Motorräder der Polizei<br />

Kurz nach dem<br />

Krieg gehen zwei<br />

Schutzmänner des<br />

Polizeikreises B1-<br />

Landkreis Bonn mit<br />

ihrem BMW R 71-<br />

Gespann auf Streife<br />

Kraft ihres<br />

Amtes<br />

Motorräder sind schnell und wendig. Vorteile, die sich vor rund 90<br />

Jahren erstmals auch die Polizei in den Metropolen zunutze machte,<br />

um der stark wachsenden Verkehrsdichte und Kriminalität Herr<br />

zu werden. Hier ist die Geschichte der deutschen Polizei-Maschinen.<br />

Text: Thomas Reinwald; Fotos: Archiv Reinwald<br />

98 Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de


Berlin war zu Beginn der<br />

„Roaring Twenties“ die<br />

erste deutsche Großstadt,<br />

in der Polizisten<br />

auf Motorrädern patroullierten. Im Gegensatz<br />

zu den schwerfälligen und oftmals<br />

auch unzuverlässigen Automobilen<br />

waren die Ordnungshüter mit ihren Maschinen<br />

auf den verstopften Straßen der<br />

deutschen Hauptstadt einfach schneller<br />

vor Ort, um Verkehrsrowdys oder Straftäter<br />

zu verfolgen.<br />

Die oberste Polizeibehörde war jedenfalls<br />

überzeugt vom Potenzial der schweren<br />

Krafträder. Besonders geeignet erschien<br />

die erste BMW. Und so wurden bereits<br />

kurz nach der Präsentation einige<br />

R 32-Modelle in München geordert. Auch<br />

die lokale Industrie durfte sich freuen:<br />

1920<br />

Die D-Rad-Werke<br />

lieferten Seitenwagen-Typen,<br />

mit denen<br />

drei Gendarmen als „schnelle Eingreiftruppe“<br />

zum Tatort gelangen konnten.<br />

Den Berliner Behördenfuhrpark bereicherten<br />

darüber hinaus einige Harley-<br />

Davidson – in den 1920er-Jahren war es<br />

vor allem der amerikanische Hersteller,<br />

der Polizeimotorräder anbot, die sowohl<br />

in den USA als auch in vielen anderen<br />

Ländern eine größere Verbreitung fanden.<br />

Ein Resultat des hohen Engagements von<br />

Harley beim Werben um behördliche Abnehmer<br />

weltweit. Doch Berlin setzte nicht<br />

nur bei den Motorrädern auf amerikanisches<br />

Know-how, sondern auch bei der<br />

Geschwindigkeitsüberwachung. Mit Hilfe<br />

eines US-Patents – einem speziellen Tachometer<br />

– konnten die Motorrad-Polizisten<br />

den Beweis für die Raserei erbringen.<br />

Als Einsatzkräder kamen dafür jedoch<br />

nicht die schweren Kaliber von BMW,<br />

D-Rad oder Harley-Davidson zum Zug,<br />

sondern leichte und agile 250er-Zweitakter<br />

von Zündapp. Sehr zum Leidwesen so<br />

mancher Temposünder, denn die Polizeikräder<br />

waren als solche nicht identifizierbar,<br />

nicht einmal über das Kennzeichen.<br />

Damals besaßen die Behördenmaschinen<br />

gewöhnliche Kennzeichen ihres Zulassungsbezirks.<br />

Alles andere als einheitlich war dagegen<br />

die Beschaffungspolitik der Polizeibehörden.<br />

Während man beispielsweise<br />

in Nürnberg auf lokale Hersteller setzte,<br />

kaufte Bremen Anfang der 1930er-Jahre<br />

bei Ardie ein (Typ „Jubiläumsmodell“).<br />

Andere Amtsstuben orderten auch bei<br />

kleineren Unternehmen, etwa Standard<br />

oder Tornax. Im ländlichen Raum kamen<br />

häufig auch kleinvolumige Modelle zum<br />

Einsatz, wie zum Beispiel Motorfahrräder<br />

mit dem 74er-Fichtel & Sachs-Zweitakter<br />

oder 98er-Miele. Maschinchen also, mit<br />

denen die Polizisten bestenfalls Präsenz<br />

zeigen konnten. In den Städten bevor-<br />

Ein Berliner Uniformierter posiert hier<br />

auf einer BMW R 32. Ballhupe und<br />

Scheinwerfer waren Polizei-Extras, das<br />

Kennzeichen dagegen ganz regulär<br />

Demonstrationsfahrt: Bei diesem Korso wurde laut damaligem Pressetext die<br />

Funktion der neuen Tachometer aus den USA vorgeführt, mit denen man<br />

die Geschwindigkeitsüberschreitungen zu schneller Autos messen konnte<br />

Die „Schnelle Eingreiftruppe“ der Berliner<br />

Polizei wurde in den frühen 1920er-<br />

Jahren mit solchen D-Rad-Gespannen<br />

ausgerüstet, um rascher durch den Verkehr<br />

zu kommen als mit einem Auto<br />

Ab 1925 wurden für die Berliner Polizei<br />

leichte und wendige Zündapp<br />

K 249 angeschafft – mit Hupe und<br />

Scheinwerfer. Der Tachometer rechts<br />

wurde übers Vorderrad angetrieben<br />

Die Behörden in<br />

Thüringen bevorzugten<br />

Belgische FN-<br />

Einzylinder für<br />

den Polizeieinsatz<br />

1930<br />

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Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> 99


Szene I<br />

Motorräder der Polizei<br />

zugte man jedoch eher starke Motorräder,<br />

um für Verfolgungsjagden gewappnet zu<br />

sein. Besonders in Dresden scheint man<br />

diesen Aspekt im Blickpunkt gehabt zu<br />

haben, denn von dort ergingen Aufträge<br />

an Mars (1000er mit Seitenwagen) und<br />

Wanderer (750er-V2-Gespanne). In Brandenburg,<br />

Breslau und München kam<br />

BMW zum Zug, während Köln für den<br />

Polizeidienst englische Einzylinder von<br />

Ariel wählte, und der Zulassungsbezirk<br />

Thüringen belgische FN-Singles bestellte.<br />

Große Typenvielfalt im Einsatz<br />

Diese enorme Typenvielfalt zeigt, wie<br />

wenig organisiert die Einkaufspolitik der<br />

Ordnungskräfte in jener Zeit war. Einzige<br />

Gemeinsamkeit: der zusätzliche Anbau<br />

von Ballhupe, Tachometer und einer<br />

Lichtanlage. Ansonsten glichen die Motorräder<br />

den serienmäßigen Pendants.<br />

Daran änderte sich auch nach Hitlers<br />

Machtergreifung 1933 erst einmal nichts.<br />

Im Zuge der nationalsozialistischen Diktatur<br />

mit zunehmendem militärischen<br />

Drill der Polizei kam es 1936 zu einer<br />

Restrukturierung, bei der die Polizei vereinheitlicht<br />

wurde. Bis dahin war auch<br />

die Typenvielfalt bei den Dienstkrädern<br />

einer Monokultur gewichen, für den Polizeieinsatz<br />

wurden fast nur noch BMW-<br />

Motorräder – sowohl Einzylinder als auch<br />

Boxer – angeschafft.<br />

In den Kriegsjahren ab 1939 war die<br />

Polizei in den militärischen Dienst integriert.<br />

Jedem Bataillon wurde eine bestimmte<br />

Anzahl an Polizisten zugeordnet,<br />

darunter bis zu sechs Motorradfahrer. Deren<br />

Maschinen trugen anstelle der spezifischen<br />

Wehrmachtskennzeichen das Kürzel<br />

„Pol“ für Polizei. Den größten Teil des<br />

Fuhrparks stellten damals BMW und NSU,<br />

vereinzelt kamen auch neue Zündapp DS<br />

350 und große, zu diesem Zeitpunkt aber<br />

schon veraltete Victoria-Bergmeister KR<br />

VI-Gespanne zum Einsatz. Außerdem ergänzten<br />

erbeutete Maschinen der Kriegsgegner<br />

den Polizei-Fuhrpark, der überwiegend<br />

aus den BMW-Boxern R 11 und<br />

R 71 sowie R 4-Einzylindertypen bestand.<br />

Die „überschweren Kräder“ Zündapp KS<br />

750 oder BMW R 75 waren dem Militär<br />

vorbehalten.<br />

Dies änderte sich erst unmittelbar<br />

nach Kriegsende. Weil die Polizei in allen<br />

neuen Regierungsbezirken sofort über<br />

fahrbare Untersätze verfügen sollte, gaben<br />

die Besatzungsmächte grünes Licht<br />

für den Bau großer Motorräder, der sonst<br />

nur im Ausnahmefall erlaubt war. Im<br />

Krieg wurden jedoch fast alle Werke mehr<br />

oder minder stark beschädigt, außerdem<br />

waren in den Nachkriegswirren viele ausgelagerte<br />

Fertigungsmaschinen gestohlen<br />

worden. Angesichts dieser widrigen Umstände<br />

konnten die ersten Polizeikräder<br />

Auf dem Land mussten die Beamten<br />

auf kleinen Maschinen Präsenz zeigen.<br />

Hier ein Dorfpolizist in Schleswig-Holstein<br />

1939 auf seiner 98er-Wanderer<br />

Momentaufnahme in einer Polizeiwerkstatt während des Zweiten Weltkriegs:<br />

Hier kümmern sich die Monteure um einige BMW R 11-Gespanne<br />

Weiße Dienstjacke mit Schärpe: Diese Aufnahme vom 29. Januar 1939 zeigt<br />

die Kradstaffel der Polizei in Komstau auf ihren NSU-Motorrädern<br />

Gut gelaunte Polizeitruppe hinter der<br />

NSU 501 OSL, die mit 130 km/h schnell<br />

genug für eine Täterverfolgung war<br />

1940<br />

100 Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de


nur mit viel Mühe hergestellt werden. In<br />

den Nürnberger Zündapp-Werken wurden<br />

aus Restbeständen KS 750-Gespanne<br />

gebaut. Ähnlich verhielt es sich in München<br />

bei BMW, wo etliche R 75-Modelle<br />

den Krieg relativ unbeschadet überstanden<br />

hatten und dann beispielsweise nach<br />

Nordrhein-Westfalen in schwarzer Polizeilackierung<br />

geliefert wurden. Die beiden<br />

äußerst robusten „überschweren<br />

Wehrmachtsgespanne“ waren eine ideale<br />

Ergänzung für den Polizeidienst, da sie<br />

ausreichend Leistung besaßen, um Bösewichte<br />

zu verfolgen oder drei Mann mit<br />

voller Ausrüstung zu befördern.<br />

Auf Grund der wirtschaftlich schlechten<br />

Lage nach 1945 ergab sich in Deutschland<br />

ein vollkommen unterschiedliches<br />

Bild im Hinblick auf den Polizei-Fuhrpark.<br />

Während beispielsweise bei der Schutzpolizei<br />

in Bonn BMW R 71-Modelle reaktiviert<br />

wurden, fuhren die Gendarmen in<br />

Aachen und Nürnberg auf Zündapp KS<br />

500 Streife. Im geteilten Berlin patroullierte<br />

die Polizei auf NSU-Zweizylindern und<br />

Vorkriegs-BMW-Boxern. Jene des Ostsektors<br />

waren an den Kennzeichen mit englischen<br />

und kyrillischen Schriftzeichen zu<br />

erkennen. In den Fuhrparks der sowjetischen<br />

Besatzungszone fanden sich ab<br />

1947 jedoch nur noch EMW-Einzylinder.<br />

In den ländlichen Regionen des Westens<br />

mangelte es der Polizei an fahrbaren Untersätzen.<br />

Um Präsenz zu zeigen, fuhren<br />

die Beamten hier oft sogar mit ihren eigenen<br />

Maschinen Streifendienst.<br />

Ein unhaltbarer Zustand, zumal die<br />

Modellvielfalt bei den Polizeikrädern Ende<br />

der 40er-, Anfang der 50er-Jahre viel<br />

Zeit und Geld für Wartung und Reparatur<br />

verschlang. Deshalb strebten die Behörden<br />

eine Vereinheitlichung des Fuhrparks<br />

an. Dabei genossen die großen Städte aufgrund<br />

ihrer höheren Verkehrsdichte eine<br />

Bevorzugung. Sie bekamen größere Motorräder<br />

zugeteilt, abgelegenere Bezirke<br />

mussten weiterhin mit kleinen Maschinen<br />

auskommen. Dorfpolizisten wurden immerhin<br />

mit modernen 200er-Zündapp<br />

oder NSU Lux ausgestattet.<br />

Die Polizei als Image-Politur<br />

Zu Beginn der 1950er-Jahre erlebte die<br />

deutsche Zweiradindustrie einen enormen<br />

Aufschwung. Dennoch buhlten viele<br />

Hersteller mit speziell aufgebauten Motorrädern<br />

auch um die Gunst der amtlichen<br />

Einkäufer. Vor allem Zündapp, NSU<br />

und BMW erkannten das große Potenzial<br />

der Behördenkräder. Neben der gesicherten<br />

Zahlung lockte nämlich die Aussicht<br />

auf Folgeaufträge. Außerdem profitierten<br />

auch die zivilen Modelle vom hohen<br />

Ansehen der Behördenmaschinen.<br />

Damals galt<br />

1950<br />

noch, dass nur das Beste<br />

Kurz nach dem<br />

Krieg fuhr die<br />

Nürnberger Polizei<br />

Zündapp-<br />

Wehrmachtgespanne,<br />

montiert aus<br />

Restbeständen.<br />

Gut besucht<br />

waren Veranstaltungen<br />

der<br />

Polizei-Artisten<br />

Diese BMW R 6 mit dem typischen Polizeikennzeichen<br />

während des Krieges war mit massiven Zylinderschutzbügeln<br />

und ledernen Packtaschen ausgerüstet. Stabil genug auch<br />

für Fitnessübungen, wie man hier sehen kann<br />

Die Polizei der schwäbischen Metropole Stuttgart<br />

präferierte die NSU Max, deren Behörden-<br />

Variante lederne Packtaschen besaß. Die Kräder<br />

wurden im nahen Neckarsulm gebaut<br />

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Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> 101


Szene I<br />

Motorräder der Polizei<br />

für die Polizei gut genug war. So führten<br />

einige Hersteller spezielle Behörden-Ausführungen<br />

in ihrem Programm, die mit<br />

kompletter Ausstattung oft auf den leistungsstärksten<br />

Modellen basierten. BMW<br />

präsentierte sein R 51/3-Gespann und<br />

Zündapp die KS 601 mit Seitenwagen,<br />

während NSU seine Max mit Packtaschen<br />

und dezenten Schutzbügeln anbot. Damit<br />

wurde ganz nebenbei der Wettbewerb<br />

zwischen BMW und Zündapp um die<br />

bessere Umsetzung des Boxermotorenkonzepts<br />

in die Behörden getragen, der<br />

letztlich zugunsten der Münchner entschieden<br />

wurde – zumindest, was die<br />

Auftragseingänge aus den Amtsstuben<br />

anging.<br />

Wie wichtig den Zweiradherstellern<br />

das Werbepotenzial der Polizeimotorräder<br />

war, zeigte sich im Jahre 1958. Nach<br />

dem Einbruch beim Motorradabsatz<br />

schwächelten auch die Verkäufe der Mopeds.<br />

NSU stellte daher den Landespolizisten<br />

des Kreises Dortmund-Lünen extra<br />

weiß lackierte 50er-Quicklys zur Verfügung.<br />

So eine spezielle Lackierung für die<br />

Polizeiorgane war damals nichts Außergewöhnliches.<br />

Auch die ab 1956 angebotene<br />

Polizei-Supermax war weiß.<br />

Bei BMW hielt man dagegen an der<br />

schwarzen Lackierung mit weißen Zierlinien<br />

selbst für den Behördendienst fest.<br />

Die Zündapp KS 601 wurde serienmäßig<br />

bekanntlich vor allem in Grün ausgeliefert.<br />

Für den Staatsdienst wurde sie anfangs<br />

schwarz lackiert. Als für die Polizei<br />

der Farbton “Tannengrün“ eingeführt<br />

wurde, gab es diesen auch für Zündapp-<br />

Maschinen. Unabhängig von der Farbwahl<br />

galt aber sowohl für die Mopeds als<br />

auch für die Motorräder, dass sich die angebotenen<br />

Behördenausführungen weder<br />

in der Motorisierung noch im Fahrwerk<br />

von den Serienmodellen unterschieden.<br />

Unterschiedlich war auch die Einkaufspolitik<br />

der Polizeibehörden. Viele<br />

Städte kauften bei lokalen Herstellern.<br />

So wurden Nürnbergs Straßen zunächst<br />

durch Zündapp-Gespanne überwacht,<br />

in München war BMW präsent, in Stuttgart<br />

bevorzugte man NSU, in Bad Homburg<br />

sah man Maschinen von Horex im<br />

Fuhrpark. In Regionen ohne solchen Lokalpatriotismus<br />

waren die Einkäufer ungebundener.<br />

Düsseldorf deckte seinen Bedarf<br />

überwiegend mit 175er-Tornax und<br />

250er-Adler, dazu gab es einige Motorroller<br />

von Vespa, die von Hoffmann in Lizenz<br />

gebaut wurden. Der Regierungsbezirk in<br />

Münster orderte 250er-DKW-Zweitakter,<br />

in Hannover fuhren die Ordnungshüter<br />

auf 250er-KR-Typen von Victoria. Beliebt<br />

war weiterhin die BMW R 25/3, die in<br />

1960<br />

Hamburg oder Köln<br />

eingesetzt wurde.<br />

Dass die Aufträge<br />

Diese weiße Supermax gab es ab<br />

1956 als spezielle Polizei-Variante, die<br />

es gegen BMW aber schwer hatte. Am<br />

Heck erkennt man hier die Funkeinheit<br />

Zu Beginn der 1950er-Jahre bot BMW der Polizei das Topmodell R 51/2 als Gespann<br />

an, von dem man sich auch Aufträge von Zoll und Bundespost erhoffte.<br />

Das Gespann kann als Grundstein für das Behördenprogramm gesehen werden<br />

BMW-Gespanne waren Mitte der 50er-<br />

Jahre weit verbreitete Fahrzeuge bei<br />

der Polizei. Die Aufnahme zeigt eine<br />

R 51/3 mit Seitenwagen in Bayreuth<br />

Polizeiveranstaltungen waren<br />

in den 1950ern gut besucht. Fürs<br />

Spektakel sorgten dabei vor<br />

allem die Motorrad-Artisten<br />

Viel Verkehr, viele Ordnungshüter: Das<br />

Foto zeigt einen Pulk Berliner Verkehrspolizisten<br />

auf BMW R 67/2, die auf das<br />

Signal zur Ausfahrt warten<br />

102 Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de


der Behörden nicht ohne waren, belegen<br />

die Zulassungszahlen der frühen 1950er-<br />

Jahre: Exakt 8565 Neuanmeldungen wurden<br />

1951 regis triert, im Jahr darauf waren<br />

es schon 12 782 Polizeikräder, 1953 stieg<br />

die Zahl gar auf 15 514 Motorräder. Als<br />

große technische Neuerung eroberten<br />

Mitte der 50er-Jahre Blaulicht und Martinshorn<br />

die Polizeimaschinen.<br />

Zu jener Zeit wurde einigen Motorrad-<br />

Beamten auch die Teilnahme an Zuverlässigkeitsveranstaltungen<br />

erlaubt, um sich<br />

mit Spitzenfahrern zu messen. Der bekannteste<br />

Motorsportler aus Polizeikreisen<br />

war Georg „Schorsch“ Meier, der den<br />

Grundstein für seine außergewöhnliche<br />

Sportkarriere bereits vor dem Krieg auf<br />

seinem Dienstmotorrad gelegt hatte, bevor<br />

er von BMW in den Rennstall übernommen<br />

wurde. Das dramatisch schwindende<br />

Interesse am Motorrad ausgangs<br />

der 50er-Jahre bedeutete zugleich das Ende<br />

der behördlichen Sportunterstützung.<br />

Parallel dazu schwand auch bei Polizei,<br />

Zollverwaltung, der Deutschen Bundespost<br />

und dem Bundesgrenzschutz die<br />

Nachfrage nach neuen Zweirädern stark.<br />

Bestellungen aus den Polizeipräsidien<br />

gingen nun vornehmlich an deutsche<br />

Autohersteller. Mainz war eine der ersten<br />

Städte, die ab 1958 ihre BMW R 50 durch<br />

den Kleinwagen Isetta ersetzten. Weitere<br />

Städte und Bundesländer folgten. Letztlich<br />

war es jedoch diese Abkehr vom motorisierten<br />

Zweirad, die – einhergehend<br />

mit dem Sterben vieler Zweiradhersteller<br />

– den Weg für BMW als Behördenlieferant<br />

der nächsten Jahrzehnte ebnen sollte!<br />

So war es 1959 zwölf BMW R 25/3<br />

vorbehalten, die bis dahin wichtigste<br />

Neuerung für den Polizeidienst einzuführen:<br />

Diese für München bestimmten Maschinen<br />

waren die ersten, die mit einem<br />

modernen Funkgerät auf Streife gingen.<br />

Jetzt konnten die Motorradpolizisten<br />

während der Fahrt mit der Zentrale kommunizieren<br />

– ein großer Vorteil! Die üppigen,<br />

trichterförmigen Sprechvorrichtungen<br />

am Lenker prägten bis in die 1970er-<br />

Jahre das Bild der Polizeimaschinen. Klar,<br />

dass fortan alle neu angeschafften Motorräder<br />

dieses Funkgerät besaßen.<br />

Und die Zeit war reif für neue, schnellere<br />

Motorräder, weil sich ja auch die Leistungsspirale<br />

des dramatisch wachsenden<br />

Verkehrsaufkommens immer schneller<br />

drehte. Alle Bestellungen gingen nun<br />

nach München zu BMW, dem einzig<br />

verbliebenen Hersteller leistungsstarker<br />

Motorräder. Im Jahr 1963 beschloss unter<br />

anderem das Innenministerium in Nordrhein-Westfalen,<br />

100 neue „Funkstreifen-<br />

Motorräder“ anzuschaffen, was deren<br />

Gesamtzahl damals auf 780 Stück erhöhte.<br />

Weitere Bundesländer folgten, weshalb<br />

die Schwingen-BMW mit 500 und<br />

Die bedeutendste<br />

Neuerung für<br />

Motorradpolizisten<br />

war die<br />

Einführung der<br />

Freisprechfunkanlagen<br />

mit<br />

trichterförmiger<br />

Sprechmuschel<br />

und Lautsprecher<br />

ab 1959<br />

Ab 1969 stand den Funkstreifen<br />

diese Version zur Verfügung. Die<br />

R 60/5 mit Avon-Vollverkleidung<br />

und verstellbarer Scheibe erlaubte<br />

ermüdungsfreie Dauerfahrten<br />

Eine Schwingen-BMW der Berliner<br />

Polizei Mitte der 60er mit Hoheitswappen<br />

auf dem vorderen Schutzblech<br />

und Heckaufbau für den Sprechfunk<br />

Schwingen-BMW mit<br />

Heinrich-Vollverkleidung.<br />

Die weiße<br />

Polizei-Variante war<br />

1965 selten, da dominierte<br />

noch Schwarz<br />

1970<br />

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Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> 103


szene I<br />

Motorräder der Polizei<br />

600 cm³ alsbald zum gewohnten Straßenbild<br />

zählten. Von den zivilen Varianten<br />

unterschied sie neben Blaulicht und<br />

Funkgerät noch die beiden Packtaschen<br />

am Heck sowie zwei starke Fanfaren. In<br />

der zweiten Hälfte der 60er-Jahre kamen<br />

vereinzelt Vollverkleidungen dazu. Gefertigt<br />

wurde der Nachrüst-Wetterschutz<br />

von Gläser oder Heinrich.<br />

Mit Einführung der /5-Baureihe bot<br />

BMW ab 1969 mit der 50 PS starken R<br />

75/5 erstmalig eine spezielle Version für<br />

den Polizeieinsatz an. Die voluminöse,<br />

weiße Verkleidung vom englischen Zulieferer<br />

Avon mit dem markanten Schriftzug<br />

„Polizei“ war im Straßenverkehr unübersehbar.<br />

Elegant gelöst war die Unterbringung<br />

von Funkgerät, Fanfare und Blaulicht<br />

in diversen Kästchen am Heck und<br />

innerhalb der großflächigen Verkleidung.<br />

Diese Maschine war der Auftakt zu<br />

einem speziellen Behördenprogramm, das<br />

bis zum heutigen Tage gepflegt wird. Die<br />

Behörden-Versionen wurden mit jedem<br />

Modellwechsel weitergeführt, ab 1975 in<br />

der Farbkombination grün-weiß.<br />

Als BMW 1976 mit der R 100 RS das<br />

erste Serienmotorrad mit Vollverkleidung<br />

präsentierte, gab es davon ebenfalls einen<br />

Polizeiableger. Ebenso von der noch großzügiger<br />

verschalten RT-Variante, zunächst<br />

mit Boxermotor, ab 1985 auch mit dem<br />

liegenden Dreizylinder der K 75. Behördliche<br />

Knausrigkeit gebar sogar eine voll<br />

verschalte Polizei-Variante der R 45, doch<br />

deren 27 PS waren vom zusätzlichen Gewicht<br />

völlig überfordert.<br />

Ausländische Behörden interessierten<br />

sich dagegen fast ausschließlich für die<br />

stärksten Motorisierungen. Weshalb BMW<br />

die R 100-Modelle in maßgeschneiderten<br />

Varianten anbot, an der sowohl die amerikanische<br />

Polizei Gefallen fand als auch die<br />

französische Gendarmerie.<br />

Ein ganz besonderer Erfolg gelang den<br />

Bayern dabei in England. In dem traditionell<br />

von Triumph beherrschten Behördenmarkt<br />

suchten Vertreter bereits 1973 nach<br />

Alternativen für die veralteten und sehr<br />

wartungsintensiven Twins. Dabei hatten<br />

sie natürlich auch ein Auge auf die Spezialversionen<br />

von BMW geworfen. Doch<br />

britische Lokalpatrioten plädierten weiterhin<br />

für die Unterstützung der siechenden<br />

einheimischen Industrie. Aber damit<br />

war selbst auf der Insel auf Dauer kein<br />

Staat zu machen. Und so durfte man sich<br />

1979 in München bereits über den tausendsten<br />

Boxer freuen, der in den englischen<br />

Polizeidienst übernommen wurde.<br />

Eine bayerische Erfolgsgeschichte, die<br />

bis heute anhält. Mittlerweile fährt nämlich<br />

die Polizei in allen Teilen der Welt auf<br />

die ausgefeilten<br />

1980<br />

Behördenkräder<br />

von BMW ab. ◻<br />

Die Polizei-Ausführung<br />

der 800er-BMW<br />

schützte den Piloten<br />

Ende der 1970er-Jahre<br />

mit der serienmäSSigen<br />

RT-tourenverkleidung.<br />

Abweichend von<br />

den Serienmodellen<br />

kamen hier schon<br />

die Brembo-Bremszangen<br />

zum Einsatz,<br />

auch Solositz und<br />

Taschen waren der<br />

Polizei vorbehalten<br />

Ein Blick hinter die Gläser-Verkleidung der<br />

BMW R 65: Gut zu erkennen ist die in den<br />

Tank eingelassene Bedieneinheit des<br />

Funkgeräts. Auch für die hubraumstärkeren<br />

Boxer gab es den „Behörden-Tank“<br />

Diese ab 1978 angebotene Behörden-Variante<br />

war eine 45 PS<br />

starke BMW R 65 mit RS-Solositzbank<br />

und einer Vollverkleidung<br />

vom Spezialisten Gläser<br />

Auch die Dreizylinder-K-Reihe wurde<br />

ab 1985 ins Behördenprogramm<br />

übernommen. Beliebt war vor allem<br />

die K 75 RT-Version, in einigen<br />

Bundesländern bis heute im Dienst<br />

104 Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de


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YOUNGTIMER – DIE LIEBESERKLÄRUNG AN DIE 70ER, 80ER UND 90ER JAHRE.


Sport I<br />

Japauto-Honda 950 SS<br />

Gewieft,<br />

la France<br />

Der erste japanische 1000er-<br />

Vierzylinder kommt aus Frankreich.<br />

Der Pariser Honda-Händler<br />

und -Importeur Japauto baute<br />

den skurrilen Langstreckenrenner<br />

auf Basis der CB 750 Four und<br />

siegte damit 1972 und 1973 beim<br />

Bol d’Or-24-Stunden-Rennen.<br />

Text: Alan Cathcart; Übersetzung: Gerhard Eirich;<br />

Fotos: Fabrice Berry<br />

Die Legende besagt, dass der Sieg von Dick Mann<br />

auf einem Honda Formula 750-Werksrenner<br />

bei den 200 Meilen von Daytona im März 1970<br />

einen Wendepunkt in der Geschichte des Motorradrennsports<br />

darstellt, weil die japanischen Reihen vier zylinder<br />

hier ihre Dominanz im von Production Racern bestimmten<br />

Straßenrennsport begründeten. Dieser Auftaktsieg von Hondas<br />

Ikone CB 750 auf der großen Weltbühne, die mit ihrem Einzug in<br />

die Ausstellungsräume der Händler ein Jahr zuvor das Erscheinungsbild<br />

des Motorrads komplett verändert hatte, markierte<br />

den Beginn einer neuen Ära im modernen Straßenrennsport, darin<br />

sind sich nahezu alle Betrachter der Zweirad-Historie einig.<br />

Obwohl dies, genauer betrachtet, nicht so ganz stimmt.<br />

Bereits am 13. September 1969 hatte Frankreichs größter<br />

Honda-Händler und -Importeur, die in Paris ansässige Firma<br />

Japauto, eine CB 750 beim klassischen Bol d’Or-24-Stunden-Rennen<br />

zum Sieg geführt. Das war gerade mal einige Wochen nach<br />

dem Erhalt der ersten von nachfolgend sprichwörtlich vielen<br />

Tausend verkauften Bikes, die in den Verkaufsräumen im Schatten<br />

des Arc de Triomphe den Besitzer wechselten. Der Japauto-<br />

Patron Christian Vilaséca war ein weitsichtiger Unternehmer,<br />

der nach dem Tod seiner Großvaters 1961 die familieneigene<br />

große General Motors-Vertretung übernommen hatte und<br />

schließlich 1966 Japauto gründete, um Honda-Automobile zu<br />

importieren. Seine erste Bestellung lautete über 150 Exemplare<br />

des kleinen Sportflitzers S 800, die praktisch über Nacht unters<br />

Volk gebracht wurden. Doch Vilaséca wollte auch im Zweiradgeschäft<br />

mitmischen, denn er war überzeugt, dass Honda die<br />

Dominanz auf dem schnell wachsenden Motorradmarkt erringen<br />

würde. Er sollte recht behalten, und das Debüt der Honda<br />

CB 750 auf der Tokyo Motor Show im Oktober 1968 sorgte für die<br />

Initialzündung des fortan explosiven Wachstums von Japauto,<br />

die sich schnell zu Europas größtem Motorradhändler entwickelten,<br />

mit über 1000 verkauften Neufahrzeugen pro Jahr.<br />

106 Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de


Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> 107


Sport I<br />

Japauto-Honda 950 SS<br />

Ermüdungsfrei<br />

schnell fahren<br />

– der ideale<br />

Langstreckenrenner<br />

Die 180-mm-Trommelbremse muss mit<br />

ran und braucht einen kräftigen Tritt<br />

Öltemperatur? Keine Info. Nur ein Schauglas<br />

hilft, den Ölstand zu kontrollieren<br />

Der von 61 auf 70 mm aufgebohrte Motor<br />

erweist sich als kultivierter Bulle mit 85 PS<br />

108 Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de


Wir alle haben einschneidende Momente und Erlebnisse in<br />

unserem Leben zu verzeichnen, tragische (wie beim Verfolgen<br />

der News am 11. September 2001 oder beim Tod von Elvis 1977)<br />

oder ganz einfach unvergessliche, wie zum Beispiel das Erleben<br />

von Mike Hailwoods Comeback-Rennen bei der TT auf der Isle<br />

of Man. Oder Colin Edwards zu beobachten, wie er sich beim<br />

Kampf um die Superbike-Weltmeisterschaft in Imola auf seinem<br />

Honda-V-Twin gegen die beiden Werks-Ducatis von Troy Bayliss<br />

und Ruben Xaus zur Wehr setzt – für viele das spannendste<br />

Straßenrennen aller Zeiten. In meinem Fall gibt es ein Erlebnis,<br />

das mit all diesen genannten auf einer Stufe steht – der Tag, an<br />

dem ich zum ersten Mal die CB 750 in natura erblickte, im Sommer<br />

1969. Ich lebte zu der Zeit in Paris und arbeitete in einer der<br />

kleinen Straßen, die vom Arc de Triomphe wegführen. Oft nutzte<br />

ich den Heimweg für einen kleinen Fußmarsch zur nahegelegenen<br />

Japauto-Niederlassung, wo ich sie dann erblickte, die Zukunft<br />

des Motorrads, eine auf dem Podest stehende Symphonie<br />

in Rot und Gold, mit vier, ja, bitte mitzählen, vier verchromten<br />

Auspufftöpfen und der ersten Scheibenbremse, die ich an einem<br />

Bike bis dahin gesehen hatte. Die Welt hatte sich verändert.<br />

Exotischer und erfolgreicher Renner<br />

Ich erinnere mich, dass ich bei einer meiner immer häufiger werdenden<br />

Stippvisiten, die ich unternahm, um die Honda anzuhimmeln<br />

(vielleicht würden sie mich ja mal Probe sitzen lassen),<br />

einen verschmutzten Straßenrenner mit Doppelscheibenbremse<br />

vorn im Rampenlicht erblickte, daneben ein Pokal und ein Banner<br />

mit einer Aufschrift, die besagte, dass diese Japauto-Honda<br />

am Wochenende zuvor das Bol d’Or-24-Stunden-Rennen in<br />

Montlhéry gewonnen hatte. Ich war beschämt, dass ich davon<br />

nichts gewusst hatte, aber dieser Sieg zerstreute meine letzten<br />

Zweifel an der Zuverlässigkeit dieser japanischen Vierzylinder-<br />

Konstruktion. Denn nicht zuletzt diese hatte Christian Vilaséca<br />

zum Sieg verholfen. Ich begann zu sparen, um mir meine eigene<br />

CB 750 bei Japauto zu kaufen, doch bald darauf verließ ich<br />

Frankreich, um in Südafrika zu arbeiten, so kam es nicht mehr<br />

dazu. Doch ich behielt die Entwicklung von Japauto im Auge,<br />

also auch die Entwicklung der Japauto 950 SS, angetrieben von<br />

einem aufgebohrten CB 750-Motor, den die Firma selbst kreierte<br />

und damit zwei weitere Bol d’Or-Siege einfuhr: 1972 mit den<br />

Piloten Gérard Debrock und Roger Ruiz und nochmals 1973, erneut<br />

mit Debrock und dem neuen Teamgefährten Thierry Tchernine.<br />

Diese beiden erkämpften den Sieg in einem mörderischen<br />

Rennen bei sintflutartigem Regen. Zu Ehren des Siegerbikes<br />

schuf Frankreichs größter Honda-Händler mit Zustimmung des<br />

Werks eine Replika auf CB 750-Basis – die 1000 VX. Diese trug<br />

ebenfalls die exzentrische Verkleidung, die so meilenweit weg<br />

war von allem bisher Dagewesenen.<br />

Die Japauto war damals eine außergewöhnliche Erscheinung,<br />

und sie ist es noch heute. Um die 250 Exemplare wurden<br />

in den folgenden fünf Jahren gebaut, bevor Vilaséca die Produktion<br />

1978 einstellte. Mit dem bevorstehenden Erscheinen von<br />

Hondas neuem dohc-16-Ventiler CB 900 F im Februar 1979<br />

machte die Existenz eines aufgebohrten ohc-Achtventilers wie<br />

in der Japauto keinen Sinn mehr. 72 Japauto-Exemplare wurden<br />

nach Spanien verkauft, ein lukratives Nebengeschäft für den<br />

umtriebigen Vilaséca, außerdem auch 30 Exemplare der 500 VX,<br />

die auf dem CB 450-Twin basierte. Weil in Spanien unter dem<br />

Franco-Regime ein Importverbot für japanische Bikes herrschte,<br />

um die einheimischen Marken Bultaco, Montesa, Ossa und Derbi<br />

vor exotischer Konkurrenz zu schützen, behauptete man bei<br />

Jap auto, mindestens 51 Prozent der Bauteile stammten aus nichtjapanischer<br />

Produktion. Dank dieses Kniffs konnten die exklusiven,<br />

zahlungskräftigen spanischen Kunden doch noch eine vierzylindrige<br />

Honda erstehen – made in Frankreich. Die Chance,<br />

eine dieser französischen Bike-Ikonen in Magny-Cours als eine<br />

Art Hommage an die legendären Bol d’Or-Rennen zu fahren, bedeutete<br />

für mich so etwas wie eine Erfüllung einer längst überfälligen<br />

Mission. Über 40 Jahre lang hatte ich mich gefragt, wie<br />

sich eine Japauto wohl fährt, und nun konnte ich es herausfinden<br />

– dank Patrick Massé, der sein erstes Bike, eine CB 750, im<br />

Alter von 20 Jahren natürlich bei Japauto gekauft hatte. Patrick<br />

und seine Frau Veronique sind die Gründer des französischen<br />

1000 VX-Clubs, und als leidenschaftliche Fans der Pariser Marke<br />

fahren beide ein Japauto-Original-Exemplar, neben vielen anderen<br />

Bikes, die alle einen CB 750-Motor in einem der vielen Zubehör-Rahmen<br />

tragen. Egli, Dresda, Seeley, Rickman, Moto Martin,<br />

Segoni, Japauto, PEM – alle sind sie vertreten, Okay, eine deutsche<br />

Eckert und eine Bimota HB1 fehlen noch – wenn also jemand<br />

eine verkaufen möchte . . . Ihr Hauptaugenmerk liegt aber<br />

doch auf Japauto, und im Laufe der Jahre haben sie sich auch ein<br />

gut bestücktes Lager mit Original-Ersatzteilen geschaffen. Als es<br />

also eines Tages darum ging, zum 30. Jubiläum eine Replika des<br />

1973er-Siegerbikes zu bauen, um die Fahrer Debrock und Tchernine<br />

zu einem Demonstrationslauf beim Coupes Moto Legende<br />

an den Start zu schicken, konnte Patrick helfen. Er zog alle not-<br />

Die ausladende Verkleidung macht nicht schneller, bietet<br />

aber guten Schutz vor Wind und Ermüdungserscheinungen<br />

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Sport I<br />

Japauto-Honda 950 SS<br />

Historie<br />

Bol d’Or-Sieger<br />

Das legendäre Bol d’Or-Rennen, ein 24-Stunden-Langstreckenlauf, wird<br />

seit 1922 (mit Unterbrechungen) ausgetragen. Bol d’Or-Siege haben von<br />

jeher einen ganz besonderen Stellenwert. Den ersten Honda-Sieg, ja<br />

eines japanischen Bikes überhaupt, konnte eine serienmäßige CB 750<br />

des Japauto-Teams 1969 erringen. Die von Japauto getunte 950 SS fuhr<br />

1972 und 1973 den Sieg ein, bewegt von den Fahrern Gérard Debrock/<br />

Roger Ruiz (1972) bzw. Debrock/Thierry Tchernine (1973).<br />

Routinier Debrock<br />

auf dem Weg<br />

zum Sieg 1973<br />

Fotos: Archiv<br />

Thierry Tchernine<br />

im legendären<br />

Regenrennen<br />

1973<br />

wendigen Originalteile aus seinem Lager, um eine Serien-CB 750<br />

K2 von 1974 in eine originalgetreue Kopie der 1973 siegreichen<br />

Maschine zu verwandeln – und das in nur zwei Monaten Bauzeit.<br />

Aber wo ist eigentlich das Original-Siegerbike? „Wenn es<br />

noch existieren würde, hätten wir den Aufwand nicht getrieben“,<br />

grinst Patrick, „aber die wenigsten Japauto-Team-Bikes<br />

haben überlebt und sind nie komplett. Es ist schwer nachzuvollziehen,<br />

aber Christian Vilaséca bewahrte keinen der Langstreckenrenner<br />

auf, nicht einmal die Siegerbikes. Sie wurden alle<br />

zerlegt und dienten als Teileträger für die Renner des Folgejahres<br />

oder stark modifiziert als Versuchsfahrzeuge der Weiterentwicklung.<br />

Er war nicht an der Vergangenheit interessiert, nur an der<br />

Zukunft.“ Eigentlich ziemlich japanisch, diese Einstellung.<br />

Nun wartet also diese detailgetreue Replika des 1973 erfolgreichen<br />

Bikes in der Boxengasse von Magny-Cours, und kein Geringerer<br />

als Thierry Tchernine gibt mir aufmunternde Tipps, wie<br />

man dieses Motorrad bewegen muss. Thierry hatte die Massé-<br />

Replika bereits bei einer Reihe von Veranstaltungen gefahren<br />

und bestätigte die hohe Authentizität der Maschine. „Dieses<br />

Motorrad zu fahren, spult die Zeit zurück“, erklärt er begeistert.<br />

„Es ist kaum zu glauben, dass dieses Bike nicht das originale<br />

Siegermotorrad von damals ist. Besonders der Motor agiert so geschmeidig<br />

und sanft, verzeiht fast alles und zieht so bullig von<br />

Daten<br />

Japauto-Honda 950 SS<br />

Motor: Luftgekühlter Reihenvierzylinder-Viertaktmotor, eine<br />

obenliegende Nockenwelle, je zwei kipphebelbetätigte Ventile pro<br />

Zylinder, Bohrung x Hub 70 x 63 mm, Verdichtung 9:1, Hubraum<br />

970 cm³, Leistung 85 PS bei 8500/min (am Hinterrad gemessen),<br />

vier Keihin-Vergaser, Ø 28 mm<br />

Kraftübertragung: Mehrscheiben-Ölbadkupplung, Fünfganggetriebe,<br />

Kettenantrieb<br />

Fahrwerk: Doppelschleifenrahmen aus Stahlrohr, hydraulisch gedämpfte<br />

Telegabel vorn, Ø 35 mm, Zweiarmschwinge aus Stahl mit<br />

zwei Koni-Federbeinen hinten, Akront-Drahtspeichenräder 1.85/2.50<br />

v./h. mit Reifen 100/90-19 vorn und 120/90-18 hinten, Doppelscheibenbremse<br />

vorn, Ø 296 mm, Trommelbremse hinten, Ø 180 mm<br />

Maße und Gewichte:Radstand 1500 mm, Lenkkopfwinkel<br />

62 Grad, Gewicht 208 kg (mit Öl, ohne Benzin)<br />

Höchstgeschwindigkeit: 235 km/h<br />

Clubinfos: http://1000vx-club.pagesperso-orange.fr<br />

110 Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de


Neun Millimeter mehr Bohrung<br />

(unten) verhelfen zu 970 cm³<br />

Unterm Kleid eine fast normale CB: Der lange Radstand und die relativ flach stehende<br />

Gabel lassen eher auf Stabilität als auf Handlichkeit des 208-Kilogramm-Renners schließen<br />

www.motorrad-classic.de Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> 111


Sport I<br />

Japauto-Honda 950 SS<br />

Die wuchtig<br />

wirkende 950 SS<br />

lässt sich leichter<br />

einlenken, als<br />

erwartet<br />

Die Batterie sitzt, von Gummibändern<br />

gehalten, im mächtigen Heckbürzel<br />

Kein krampfhafter Leichtbauwahn –<br />

der Kickstarter darf an Bord bleiben<br />

In lang gezogenen, schnellen Kurven besticht<br />

die 950 SS mit souveräner Stabilität<br />

112 Motorrad <strong>Classic</strong> 4/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de


unten raus, dass du sogar in engen Kehren nie den ersten Gang<br />

brauchst. Ein idealer Langstreckenrenner, der den Fahrer selbst<br />

bei forciertem Ritt nicht zu sehr fordert. Sogar wenn du müde<br />

bist, kannst du mit dem Bike noch sehr schnell unterwegs sein.“<br />

Um das Bein beim Aufsitzen über die Japauto zu schwingen,<br />

muss man sich wegen des ausladenden Sitzhöckers, der die Batterie<br />

beherbergt, auf die Zehenspitzen stellen. Einmal im Sattel<br />

sitzend stellt man jedoch fest, dass die Sitzbank mit ihren 805<br />

Millimetern nicht zu hoch geraten ist und der Fahrerhintern sich<br />

perfekt am eingebuchteten Höcker abstützt. So eingekeilt verharrt<br />

der Pilot bis zum nächsten Boxenstopp, umherrutschen<br />

oder gar Hanging-off ist nicht angesagt, ja eigentlich unmöglich.<br />

Eine halb aufrechte, fast entspannte Sitzposition erlaubt lange<br />

Etappen ohne den Fahrer zu ermüden oder dessen Handgelenke<br />

zu stark zu belasten, obwohl der Pilot weit über den voluminösen,<br />

aber nicht zu sperrigen Tank gestreckt agiert. Einen Ölkühler,<br />

um die Temperatur der sechs Liter Schmierstoff im grünen<br />

Bereich zu halten, gibt es nicht. Stattdessen muss ein Schauglas<br />

zur Kontrolle des Ölstands bei den Boxenstopps genügen. Die<br />

einzige Anzeige, die es im Auge zu behalten gilt, ist also der<br />

Drehzahlmesser. Der rote Bereich beginnt bei 10 500/min, eigentlich<br />

zu spät für einen Big-Bore-Motor mit 970 cm³ und einem<br />

Bohrung-/Hubverhältnis von 70 x 63 mm. 1000 Umdrehungen<br />

weniger sind besser, empfiehlt Patrick. Die 85 PS des sanft getunten<br />

Motors stehen bei 8500/min zur Verfügung, das maximale<br />

Drehmoment liegt bei 7200/min an. Der beste Weg, diesen böse<br />

knurrenden, bulligen Motor zu behandeln, ist auf der Drehmomentwelle<br />

ab 3000 Touren aufwärts zu surfen und bei rund<br />

8000/min zu schalten. So ist jederzeit gute Beschleunigung<br />

garantiert für ein Bike dieser Ära. Die Japauto gibt sich aber nicht<br />

so bissig wie die Godier/Genoud-Kawasaki, die Bol d’Or-Siegermaschine<br />

von 1975, die ich vor einigen Jahren fahren durfte.<br />

Dafür bot der elastische, mehr verzeihende Honda-ohc-Motor<br />

sicher die bessere Charakteristik, um eben jenes schwierige<br />

Regenrennen 1973 zu gewinnen.<br />

Die Verkleidung – nicht schön, aber effektiv<br />

Diese seltsam aussehende, aber effektive Verkleidung hatte sicher<br />

ihren Anteil am Erfolg im Regen, wie Debrock 1973 zugab.<br />

Doch er ergänzte: „Als wir im Mai für das Rennen in Le Mans<br />

testeten, konnten wir keine vernünftigen Rundenzeiten erzielen.<br />

Also nahmen wir die Verkleidung ab und waren sofort zwei Sekunden<br />

schneller – mit einem nackten Motorrad! Aber Monsieur<br />

Vilaséca bestand darauf, mit Verkleidung zu fahren, und er sollte<br />

recht behalten.“ Die Japauto-Verkleidung ist ebenso ungewöhnlich<br />

im Design wie in ihrer Effektivität, denn vor 40 Jahren hatte<br />

die Langstrecken-Konkurrenz schlanke, windschnittige Schalen<br />

im GP-Stil, oder eben überhaupt keine. Der Nachteil einer gut<br />

schützenden Verkleidung ist oft eine gewisse Entkoppelung des<br />

Fahrers, das Gefühl, losgelöst vom Bike zu sein wegen der alles<br />

umspannenden Schale, die es erschwert, in Kurven die richtige<br />

Linie zu finden. Die Japauto weist diesen Nachteil allerdings<br />

kaum auf, vielleicht auch, weil die flache Scheibe dem Piloten<br />

gute Sicht darüber und nicht nur hindurch bietet.<br />

Eine weitere Überraschung war, dass sich die 950 SS trotz<br />

ihres ellenlangen Radstands von 1500 Millimetern und des Lenkkopfwinkels<br />

der 35-mm-Showa-Seriengabel von nur 62 Grad<br />

nicht so schwer und behäbig einlenken ließ wie befürchtet. Klar,<br />

sie ist nicht gerade ein 250er-GP-Renner, und das Einlenken des<br />

19 Zoll großen Vorderrads erfordert etwas Kraftaufwand, doch<br />

ich hatte, speziell in den Schikanen von Magny-Cours, nicht mit<br />

so leichtfüßigen Richtungswechseln gerechnet. Die Japauto verhielt<br />

sich superstabil in den schnellen, lang gezogenen Kurven,<br />

vermittelte ein solides und verlässliches Fahrgefühl. Kein allzu<br />

körperbetontes Fahren, trotz der Fahrwerksgeometrie. Allerdings<br />

erwies sich die Federung alles andere als vertraueneinflössend,<br />

wenn das Bike mit beiden Rädern wüst trampelnd über<br />

die Querfugen rumpelte, bevor ich auf die lange Hauptgerade<br />

einbog. Als ebenso enttäuschend entpuppten sich die Bremsen,<br />

296-Millimeter-Stahlscheiben, in die Zange genommen von<br />

Tokico-Einkolbensätteln aus der CB 500. Deren Aufbau ermöglichte<br />

schnellere Wechsel der Bremsbeläge beim Boxenstopp,<br />

obwohl Debrock/Tchernine dies in ihrem siegreichen Rennen<br />

1973 gar nicht nötig hatten. Wohl wegen des Regenwetters, das<br />

harte Bremsmanöver gar nicht zuließ, womit hoher Verschleiß<br />

vermieden wurde. Doch verglichen mit zeitgenössischen Bremsen,<br />

etwa denen einer Ducati 750 SS des Folgejahres, wirken<br />

die Japauto-Stopper schlicht dürftig. Man muss heftig am Hebel<br />

ziehen und gleichzeitig hart aufs Pedal für die hintere Trommelbremse<br />

treten, um so etwas wie Verzögerung zu erzielen.<br />

Auch das Getriebe erwies sich als sensibel zu behandelnde<br />

Schaltbox, die einen geduldigen Fahrer verlangt, vor allem beim<br />

Hochschalten. Zweimal sprang bei der Japauto der Gang heraus,<br />

Sekunden nach dem Schaltvorgang, als ich den Gang längst eingerastet<br />

wähnte, was jedoch offenbar nicht der Fall war. Gangwechsel<br />

erfordern also Zeit, was jedoch angesichts des bulligen<br />

Charakters des Motors kein so großes Thema darstellt. Hochschalten<br />

ohne zu kuppeln funktioniert übrigens recht gut –<br />

Thierry Tchernine gab sogar zu, weder beim Rauf- noch beim<br />

Runterschalten jemals gekuppelt zu haben. Gasbefehle werden<br />

nur recht verzögert umgesetzt, der Gasgriff erwies sich als<br />

schwergängig, was kurze Gasstöße beim Runterschalten deutlich<br />

erschwerte.<br />

Ungeachtet aller kleinen Kritikpunkte – die Japauto punktet<br />

vor allem mit dem Vertrauen, das sie vermittelt. Sie fühlt sich<br />

stimmig, solide und gut verarbeitet an. Ganz eindeutig ein Kind<br />

der 1970er, ein zukunftsweisendes Motorrad, das ebenso effektiv<br />

in seiner Bauweise war wie einzigartig im Design. Ein Motorrad,<br />

wie es heute eben nicht mehr gebaut wird.<br />

◻<br />

Fahrer und Fan: Thierry Tchernine (links) neben der Japauto-<br />

Replika und dem langjährigen Japauto-Fan Patrick Massé<br />

www.motorrad-classic.de


Vorschau I<br />

Ausgabe 5/<strong>2014</strong> erscheint am 23. Mai <strong>2014</strong><br />

Velocette<br />

LE II<br />

Ungewöhnlicher<br />

kann ein Motorrad<br />

kaum aussehen,<br />

dabei war die kleine<br />

Velocette fürs<br />

breite Publikum<br />

gedacht. Ebenso<br />

extravagant die<br />

Technik, doch nun<br />

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Die LE funktioniert<br />

prächtig<br />

und fährt sich<br />

kinderleicht<br />

Low-Budget-Pantah<br />

Ein Leser zeigt mit seinem<br />

Umbau einer Ducati Pantah,<br />

dass unbegrenzter Fahrspaß<br />

auch bei einem limitierten<br />

Budget möglich ist<br />

Trial-Legende<br />

Munstermann<br />

Rudi Munstermann<br />

hat den Trialsport<br />

über 50 Jahre lang<br />

mit Leib und Seele<br />

begleitet, sein Fourstroke-Trial<br />

gilt in<br />

der Szene längst als<br />

Klassiker. Porträt<br />

eines unermüdlichen<br />

Kämpfers<br />

Fotos: Schmieder, Siemer (2); Themenänderungen vorbehalten<br />

Impressum<br />

ISSN 0937-9495<br />

<strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong><br />

Leuschnerstraße 1<br />

70174 Stuttgart<br />

Telefon 0711/182-1374<br />

Telefax 0711/182-1781<br />

E-Mail: motorradclassic@motorpresse.de<br />

Redaktionelle Gesamtleitung<br />

und Chefredakteur<br />

Dipl.-Ing. (FH) Michael Pfeiffer<br />

Chef vom Dienst<br />

Matthias Ackermann<br />

Redaktion<br />

Uli Holzwarth (Ltg.), Gerhard Eirich<br />

Schlussredaktion<br />

Lothar Kutschera<br />

Grafische Gestaltung<br />

Stefan Weber (verantwortlich),<br />

Katrin Sdun, Sonja Pfeiffer<br />

Bildbearbeitung und Endseitenproduktion<br />

Stefan Widmann (Ltg.), Iris Heer, Sabine Heilig-<br />

Schweikert, Yvonne Hertler, Catherine Pröschild<br />

Bildredaktion<br />

Yvonne Hertler, Katrin Sdun<br />

Archiv<br />

Ralph Söhner<br />

Mitarbeiter an diesem Heft<br />

Alan Cathcart, Thomas Reinwald, Thomas<br />

Schmieder, Fred Siemer, Horst von Saurma<br />

Fotografen<br />

Fabrice Berry, fact, Christian Haasz/werbeFOTO<br />

Haasz, Jim Scaysbrook, Stefan Wolf<br />

Verlag<br />

Motor Presse Stuttgart GmbH & Co. KG<br />

Leuschnerstraße 1<br />

70174 Stuttgart<br />

Postfach: 70162 Stuttgart<br />

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Peter-Paul Pietsch<br />

Stellvertretende Verlagsleitung<br />

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Anzeigenleiter: Marcus Schardt,<br />

verantwortlich für den Anzeigenteil: Carmen Brix<br />

Herstellung: Rainer Jüttner (verantwortlich)<br />

Druck: Neef + Stumme premium printing<br />

GmbH & Co. KG, 29378 Wittingen<br />

<strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> erscheint acht Mal<br />

jährlich. Lieferung durch den Verlag,<br />

Post, Buch- und Zeitschriftenhandel. Höhere<br />

Gewalt entbindet den Verlag von der<br />

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Alle Rechte vorbehalten.<br />

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Einzelpreis 5,70 €; Jahresabonnement über<br />

acht Ausgaben frei Haus: 42,90 € im Inland<br />

(A: 48,20 €; CH: 78,80 SFr).<br />

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