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Das Magazin für Technik und Management<br />

AUSGABE 03 || Oktober 2005<br />

Die Lebensadern<br />

der Wolkenkratzer<br />

Wie die Erfi ndung von Fangklemmen<br />

die Architektur revolutionierte<br />

Das Rennen beginnt<br />

im Kopf<br />

Die Planung visionärer Formel-1-Strecken<br />

Zu Lande, zu Wasser<br />

und in der Luft<br />

Ausgeklügelte Logistiklösungen für Airbus


„UNSER SPEZIALIST“<br />

CHRISTIAN RAUSCH<br />

Für die meisten Menschen ist<br />

Kuala Lumpur unendlich weit entfernt.<br />

Nicht für Christian Rausch,<br />

denn seit seinem Praktikum bei<br />

DaimlerChrysler fühlt er sich mit<br />

der malaysischen Metropole eng<br />

verbunden. Der Wirtschaftsingenieur<br />

mit einem Faible für Fremdsprachen<br />

war fasziniert von der<br />

Vielfalt in dem asiatischen Land.<br />

Durch seine ungebrochene Neugier<br />

hat Rausch die Fülle seiner<br />

Erfahrungen ständig erweitern<br />

können: in der Projektplanung, in<br />

der Prozessoptimierung. Heute<br />

setzt der <strong>Brunel</strong> Mitarbeiter seine<br />

Qualifikationen für die Qualitätssicherung<br />

bei Airbus Bremen ein.


editorial<br />

AUSGABE 03 || Oktober 2005<br />

Der Spezialist<br />

Liebe Leserin, lieber Leser,<br />

während der Vorbereitungen zur dritten Ausgabe von „Der Spezialist“ haben<br />

mich nicht nur die Artikel des Magazins begeistert. Die gute Zusammen-<br />

arbeit zwischen Ihnen und unseren Mitarbeitern hat <strong>Brunel</strong> eine heraus-<br />

ragende Entwicklung ermöglicht, auf die ich vor dem Hintergrund unserer<br />

kurzen Firmengeschichte besonders stolz bin: Im Jahr unseres 10-jährigen<br />

Bestehens konnten wir bereits unseren 1.000. Mitarbeiter begrüßen. Ich<br />

werde alles daransetzen, dass wir diese Entwicklung im gemeinsamen Inte-<br />

resse fortsetzen können.<br />

Was erwartet Sie in dieser Ausgabe? Im Fokus steht das Thema Asien, das<br />

wir aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchten. Das wirtschaftliche Auf-<br />

streben der Region ist allgemein bekannt, Projekte mit atemberaubenden<br />

Größenordnungen kennen die Interessierten, kulturelle Unterschiede die<br />

Reiselustigen. Besonderheiten wie die Ingenieurausbildung in China oder<br />

Hintergründe kultureller Unterschiede zwischen Koreanern und Deutschen<br />

und deren Einflüsse auf die Geschäftswelt kennen nur wenige. Anlass für<br />

uns, Ihnen diese Blickwinkel zu eröffnen.<br />

Der Formel-1-Rennstreckenbauer Hermann Tilke berichtet über Heraus-<br />

forderungen beim Bau des Shanghai International Circuit. Hintergründe zur<br />

Bergung eines der größten Porzellanschätze der Ming-Dynastie durch den<br />

Unterwasserarchäologen Franck Goddio rundet das Fokusthema Asien ab.<br />

Wir machen Sie bekannt mit zwei Querdenkern aus Bremen, deren Erfindung<br />

auf der „IENA“ mit einer Goldmedaille ausgezeichnet wurde, und widmen<br />

uns in der Rubrik „History“ Elisha Graves Otis, dem Erfinder des absturzsiche-<br />

ren Fahrstuhls. Die Aufgaben des Airbus Traffic Center in Hamburg stehen im<br />

Blickpunkt der Rubrik „Aus den Branchen“ und wir stellen ein Projekt einer<br />

<strong>Brunel</strong>-Mitarbeiterin aus dem Airbuswerk Nordenham vor. Zudem gewäh-<br />

ren wir Ihnen einen Blick in das Innenleben von Windenergieanlagen.<br />

Auch für diese Ausgabe von „Der Spezialist“ hoffen wir, dass Sie beim<br />

Lesen viel Freude haben. Gerne können Sie wieder das Leserforum für Ihre<br />

Anregungen nutzen: leserforum@derspezialist.de. Vielen Dank!<br />

Mit herzlichen Grüßen<br />

Geschäftsführer <strong>Brunel</strong> <strong>GmbH</strong><br />

der Spezialist<br />

03


kurz notiert<br />

Die Architektur auf<br />

Rekordjagd<br />

Waren es vor 20 Jahren noch westliche Weltstädte wie New York und Chicago, die den<br />

architektonischen Wettlauf um neue Bestmarken dominierten, sind es heute vor allem die<br />

asiatischen Metropolen. Die Gigantomanie hat in der Architektur Asiens Einzug gehalten.<br />

04<br />

1.<br />

2.<br />

3.<br />

500 m<br />

400 m<br />

300 m<br />

200 m<br />

100 m<br />

0<br />

0 1.000 m 2.000 m 3.000 m 4.000 m<br />

der Spezialist<br />

1. 2. 3.<br />

DEN HIMMEL STÜRMEN<br />

1. Taipei 101,<br />

das zz. höchste<br />

Gebäude der Welt<br />

Erbaut: 1998 bis 2003<br />

Ort: Taipeh, Taiwan<br />

Höhe: 508 m<br />

Nutzung: Bürogebäude<br />

Im Vergleich:<br />

3. Kölner Dom<br />

Erbaut: 1248 bis 1880<br />

Ort: Köln, Deutschland<br />

Höhe: 157 m<br />

Nutzung: Kathedrale<br />

DIE WEITE ÜBERWINDEN<br />

1. Akashi Kaikyo Brücke,<br />

die zz. längste Hängebrücke<br />

der Welt<br />

Erbaut: 1988 bis 1998<br />

Ort: zwischen den Inseln Honshu<br />

und Awaji bei Kobe, Hyogo, Japan<br />

Länge: 3.911 m<br />

Typ: Hängebrücke<br />

2. Drei-Schluchten-Staudamm,<br />

der zz. längste Staudamm<br />

der Welt<br />

Erbaut: 1993 bis voraussichtl. 2009<br />

Ort: Schluchten Qutang, Wuxia<br />

und Xiling, China<br />

Länge: 2.310 m<br />

Typ: Staudamm<br />

Im Vergleich:<br />

3. Golden Gate Bridge<br />

Erbaut: 1933 bis 1937<br />

Ort: San Francisco, USA<br />

Länge: 2.737 m<br />

Typ: Hängebrücke<br />

2. Petronas Towers,<br />

das zz. zweithöchste<br />

Gebäude der Welt<br />

Erbaut: 1992 bis 1998<br />

Ort: Kuala Lumpur, Malaysia<br />

Höhe: 452 m<br />

Nutzung: Multifunktionsgebäude


inhalt<br />

AUSGABE 03 || Oktober 2005<br />

› seite 07<br />

1853 ebnete Otis’ Erfindung<br />

den Weg für den<br />

Boom der Wolkenkratzer<br />

› seite 14<br />

Dipl.-Ing. Hermann Tilke<br />

plant weltweit<br />

spektakuläre Formel-1-<br />

Rennstrecken<br />

› seite 27<br />

Der Bau des A380 von<br />

Airbus erfordert eine komplexe<br />

Transportlogistik<br />

Der Spezialist<br />

Seite 07<br />

Seite 10<br />

Seite 14<br />

Seite 19<br />

Seite 22<br />

Seite 27<br />

Seite 31<br />

Seite 35<br />

Seite 38<br />

Seite 42<br />

Seite 45<br />

Seite 46<br />

Seite 47<br />

history: DIE LEBENSADERN DER WOLKENKRATZER<br />

der Spezialist<br />

inhalt<br />

Elisha G. Otis erfand die erste automatische Absturzsicherung für Aufzüge<br />

im fokus: PERSPEKTIVENWECHSEL IM REICH DER MITTE<br />

Das Reich der Mitte avanciert zu einem Land der Superlative<br />

im gespräch: DAS RENNEN BEGINNT IM KOPF<br />

Dipl.-Ing. Hermann Tilke über Konstruktionen von visionären Rennstrecken<br />

ansichtssache: DER ERFOLG LIEGT IM WISSEN UM DEN UNTERSCHIED<br />

Korea-Experte Bastian Broer über interkulturelles Teambuilding<br />

technische projekte: RIESEN MIT KOMPLEXEM INNENLEBEN<br />

Jens Dobberitz rüstet die Rohrtürme von Windenergieanlagen aus<br />

aus den Branchen: ZU LANDE, ZU WASSER UND IN DER LUFT<br />

Dipl.-Ing. Friedrich-Wilhelm Preuss entwickelt Logistiklösungen für Airbus<br />

technische projekte:<br />

KLEINTEILE, ALUMINIUMBOXEN UND EINE LOGISTIKEXPERTIN<br />

Dipl.-Ing. Janna Kornemann als Logistikexpertin bei Airbus Nordenham<br />

querdenken: EIN KLEINES STÜCK BRASILIEN<br />

Manfred Dieckmann vereint Erfindergeist mit Leidenschaft für Kaffee<br />

mitarbeiter und karriere: ZULIEFERER UNTER DIE LUPE GENOMMEN<br />

Christoph Rochelmeyer unterstützte <strong>Brunel</strong> Energy in Singapur<br />

panorama: AUF DER JAGD NACH DEM WEISSEN GOLD<br />

Archäologe Franck Goddio auf der Suche nach verlorenen Schätzen<br />

das Quiz für spezialisten<br />

Termine<br />

impressum<br />

05


› 01


Die Lebensadern der<br />

Wolkenkratzer<br />

history<br />

Die Idee entstand bei der schweren körperlichen Arbeit in einer amerikanischen Bettenfabrik:<br />

Der Mechaniker Elisha Graves Otis erfand die erste automatische Absturzsicherung für Auf-<br />

züge und ebnete damit endgültig den Weg für den Boom der Wolkenkratzer.<br />

TEXT › Christina Denker<br />

Man schrieb das Jahr 1853, als der Mann mit dem<br />

Zylinder die aufgeregte Menschenmenge zur<br />

Gelassenheit aufrief. Das Publikum auf der Welt-<br />

ausstellung im New Yorker Crystal Palace wurde<br />

Zeuge einer technischen Revolution: Gerade noch<br />

hatte der junge Ingenieur in der Ausstellungs-<br />

halle hoch oben auf einer Plattform gestanden,<br />

die nur von einem einzigen Seil gehalten wurde.<br />

Das Tragseil wurde gekappt, doch der von der<br />

Menge erwartete Absturz blieb aus. Stattdessen<br />

stoppte die Plattform auf ihrem Weg nach unten<br />

sicher in den Führungsschienen. Dieser Mann war<br />

Elisha Graves Otis, der im ausgehenden 19. Jahr-<br />

hundert mit der automatischen Absturzsicherung<br />

für Fahrstühle den Grundstein für den Bau mehr-<br />

stöckiger Gebäude gelegt hat.<br />

DIE AUTOMATISCHE ABSTURZSICHERUNG<br />

EBNETE DEN WEG FÜR DIE WOLKENKRATZER<br />

Zwar waren Hebesysteme bereits den alten Ägyp-<br />

tern bekannt, doch galten sie wegen des fehlen-<br />

den Fangmechanismus als zu gefährlich, um auch<br />

Menschen zu befördern. Otis’ Entwicklung der<br />

Fangklemmen, auf denen das Prinzip der Absturz-<br />

sicherung auch heute noch beruht, kam den Archi-<br />

tekten gerade recht. Die Stadt wuchs: Manhattan<br />

war bereits zur Mitte des 19. Jahrhunderts dicht<br />

besiedelt, insbesondere Downtown und die Wall<br />

Street platzten aus allen Nähten. Die Gebäude<br />

waren bis dahin drei bis höchstens vier Stock-<br />

werke hoch, auch die ersten Stahlskelettbauten<br />

konnten nicht höher hinaus.<br />

Die Karriere von Elisha Graves Otis begann<br />

Anfang der 50er Jahre als Mechaniker in einer<br />

Bettenfabrik in Yonkers, einer Kleinstadt im<br />

Bundesstaat New York. Um sich den mühsamen<br />

Matratzentransport durch die einzelnen Stock-<br />

werke zu ersparen, entwickelte der Mechaniker<br />

in seiner Freizeit technische Lösungsansätze.<br />

Die Idee der Fangklemmen kam der Bettenfabrik<br />

jedoch nicht mehr zu Gute, da diese kurze Zeit<br />

später Konkurs anmelden sollte. Von Existenz-<br />

ängsten geplagt, wollte Otis, wie viele andere zu<br />

dieser Zeit, als Goldsucher sein Glück versuchen.<br />

Die Abreise trat er nie an. Denn: Einige Unterneh-<br />

men waren an seinen Entwicklungen interessiert<br />

und die ersten Aufträge für Lastenaufzüge lagen<br />

vor. Er gründete das erste Fahrstuhlgeschäft. 1853<br />

installierte Otis die ersten absturzsicheren Trans-<br />

portaufzüge der Welt – für eine Möbelfirma und<br />

einen Bilderrahmenhersteller. Der sich daraufhin<br />

einstellende Erfolg seines Unternehmens „Union<br />

Elevator Works“ war durchschlagend.<br />

Bereits zwei Jahre später, 1855, entwickelte er<br />

einen Fahrstuhl mit Dampfantrieb. Nach wie-<br />

derum zwei Jahren wird in New York der erste<br />

reine Personenaufzug in Betrieb genommen. Eli-<br />

sha Graves Otis hat den Menschen die Absturz-<br />

angst genommen. 1861 ließ sich Otis seinen<br />

Fahrstuhl patentieren. Etwa zehn Jahre später<br />

beförderten in den USA bereits über 2.000 dampf-<br />

DIE OTIS ELEVATOR<br />

COMPANY<br />

Der kanadische Einwanderer<br />

Otis verkaufte seinen<br />

ersten absturzsicheren<br />

Aufzug im Jahre 1853. Über<br />

150 Jahre später ist die Otis<br />

Elevator Company eines<br />

der weltweit führenden<br />

Unternehmen der Branche.<br />

Mit über 60.000 Mitarbeitern<br />

rund um den Globus<br />

verteilt, verkauft das<br />

Unternehmen jährlich über<br />

100.000 Fahrstühle und<br />

Rolltreppen. Alle 72 Stunden<br />

befördern Fahrstühle<br />

der Otis Elevator Company<br />

einmal die gesamte Erdbevölkerung.<br />

›01<br />

Otis stellte seine technische<br />

Neuerung 1853 auf<br />

der Weltausstellung im<br />

New Yorker Crystal Palace<br />

vor. Der Crystal Palace war<br />

die Hauptaustellungshalle<br />

während der „Great Exhibition<br />

of Art and Industry“,<br />

bei der mehr als 5.000<br />

Aussteller vertreten waren.<br />

der Spezialist 07


history<br />

›02<br />

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts<br />

strebte die<br />

Architektur New Yorks<br />

immer höher dem Himmel<br />

entgegen. Doch die<br />

ambitionierten Visionen<br />

der Architekten ließen sich<br />

erst mit dem Aufkommen<br />

von sicheren Personenaufzügen<br />

umsetzen.<br />

08<br />

der Spezialist<br />

betriebene Fahrstühle die Menschen sicher in die<br />

oberen Stockwerke von Gebäuden und wieder<br />

zurück auf den Boden. Dennoch steckten die Ent-<br />

wicklungen noch in den Kinderschuhen. Gerade<br />

in der Antriebstechnik lag noch viel Potenzial, das<br />

zunächst hydraulisch, dann elektrisch erschlossen<br />

wurde. 1878 ging es mit dem ersten hydraulisch<br />

betriebenen Lift schon 34 Meter in die Höhe.<br />

Überall wurde jetzt mit Fahrstuhl gebaut. Stadt-<br />

bilder veränderten sich in kürzester Zeit. Um 1890<br />

wurde mit der Erfindung des Stahlskelettbaus der<br />

Bau von Wolkenkratzern möglich. Und natürlich<br />

brauchte man dazu Aufzüge. Innerhalb nur dreier<br />

Jahrzehnte hat die Entwicklung des amerikani-<br />

schen Erfinders mit kanadischen Wurzeln den<br />

Bau moderner Hochhäuser möglich gemacht. Das<br />

Fahrstuhlgeschäft boomte und Konkurrenzfirmen<br />

wurden gegründet. Das Unternehmen Otis belie-<br />

ferte jedoch die ersten Adressen: So wurden Otis-<br />

Fahrstühle 1881 im Weißen Haus in Washington,<br />

1889 im Pariser Eiffelturm und 1902 im Flatiron<br />

Building in New York installiert.<br />

DIE ERFINDUNG EINES KANADISCHEN EIN-<br />

WANDERERS SORGT 1881 SOGAR IM WEISSEN<br />

HAUS IN WASHINGTON FÜR FURORE<br />

Und es sollte immer höher hinausgehen. 1903<br />

beförderte der erste von Otis konstruierte elek-<br />

trische Seilaufzug Besucher des 55 Meter hohen<br />

Beaver Building in New York. Der getriebelose Seil-<br />

aufzug folgte dem einfachen Prinzip des Flaschen-<br />

zuges: Angetrieben wurde er von einer Maschine<br />

mit Treibscheibe, einer elektrischen Steuerung<br />

und einem Gegengewicht. Die Tragseile liefen<br />

über Rillen in der Treibscheibe und verbanden<br />

› 02


den Fahrkorb mit dem Gegengewicht. Der elek-<br />

trische Antrieb ermöglichte es, dass Fahrstühle in<br />

beliebigen Höhen über dem Erdboden installiert<br />

werden konnten. Und schneller als ihre Vorgänger<br />

waren sie auch. Die 1931 ins Empire State Building<br />

eingebauten Lifte fuhren mit einer für damalige<br />

Verhältnisse beachtlichen Geschwindigkeit von<br />

6,1 Metern pro Sekunde.<br />

› 03<br />

IN DEN USA FAHREN TÄGLICH UNGEFÄHR<br />

575 MILLIONEN MENSCHEN MIT DEM AUFZUG<br />

Ganz allein kann das heutige Unternehmen, die<br />

Otis Elevator Company, die Entwicklung der Fahr-<br />

stuhltechnik jedoch nicht für sich beanspruchen.<br />

Auch aus Europa kamen Impulse: Bereits 1877<br />

entwickelte der deutsche Ingenieur Friedrich<br />

Koepe, Angestellter bei Thyssen, das Prinzip eines<br />

Antriebssystems mit Treibscheibe und Gegenge-<br />

wicht. Die neue Technik diente jedoch nicht der<br />

Personenbeförderung, sondern wurde im Berg-<br />

bau eingesetzt. Das Förderseil wurde nicht mehr<br />

fest angebunden und aufgewickelt, sondern lief<br />

frei über ein Antriebsrad. Die Kraft wird aus-<br />

schließlich durch die Reibung zwischen Seil und<br />

Treibscheibe übertragen. 1880 stellte Werner von<br />

Siemens in Mannheim einen elektrisch betriebe-<br />

nen Fahrstuhl vor. Der von dem Erfinder konstru-<br />

ierte Aufzug hing nicht an einem Seil, sondern<br />

arbeitete sich an einer Zahnstange in die Höhe<br />

und war damit nur von begrenztem Nutzen. Erst<br />

die Zusammenführung dieser Systembausteine<br />

– Fangvorrichtung, Treibscheibe und Elektrik –<br />

ebnete den weiteren Weg für moderne Aufzugs-<br />

anlagen.<br />

Bereits im Jahr 2003 wurden allein in den USA<br />

täglich 575 Millionen Menschen in der Vertikalen<br />

befördert. Auch, wenn sich die Sicherheitstechnik<br />

von Aufzügen seit Otis’ Erfindung erheblich wei-<br />

terentwickelt hat, fußt sie immer noch auf den<br />

vom kanadischen Einwanderer entwickelten Prin-<br />

zipien. Das gilt auch für die höchsten Gebäude der<br />

Welt. Rast der Fahrstuhl zu rasch in die Tiefe, wird<br />

über einen elektronischen Sensor, der die Sinkge-<br />

schwindigkeit überwacht, ein Mechanismus aus-<br />

gelöst, der zuerst den Strom abschaltet und die<br />

Bremsen greifen lässt. Stoppt die Aufzugskabine<br />

immer noch nicht, sorgen Fangzangen mit ihren<br />

keilförmigen Klammern, die sich gegen die Füh-<br />

rungsschiene der Kabine pressen, für sekunden-<br />

schnellen Stillstand.<br />

history<br />

›03<br />

1861 starb Elisha Graves<br />

Otis mit nur 49 Jahren.<br />

Seine Söhne führten die<br />

Geschäfte ihres Vaters<br />

mit großem Erfolg weiter:<br />

Bereits 1870 gab es mehr<br />

als 2.000 Fahrstühle in<br />

den USA.<br />

›04<br />

Der höchste Wolkenkratzer<br />

der Welt, „Taipei 101“, ist<br />

508 Meter hoch und ragt<br />

im Finanzzentrum von<br />

Taipeh (Taiwan) in den<br />

Himmel. Der 1,8 Milliarden<br />

Dollar teure Gigant<br />

hat noch einen weiteren<br />

Weltrekord zu bieten: den<br />

schnellsten Fahrstuhl<br />

der Welt mit einer Fahrgeschwindigkeit<br />

von<br />

17 Metern pro Sekunde.<br />

› 04<br />

der Spezialist 09


im fokus<br />

Perspektivenwechsel<br />

im Reich der Mitte<br />

Das Reich der Mitte ist erwachsen geworden. Nachdem China jahrzehntelang günstiger<br />

Produktionsstandort für westliche Marken war, avanciert es immer mehr zum Innovations-<br />

motor. Mehr als 600.000 Nachwuchsingenieure strömen jährlich aus den Universitäten<br />

des Landes, um in einer nie da gewesenen Know-how-Offensive anzutreten.<br />

TEXT › Anja Gleber<br />

Es scheint, als wolle man sich auf seine Wurzeln als einstige<br />

innovative Vorreiterkultur während der Song-Dynastie zwi-<br />

schen 960 und 1279 besinnen, als die großen chinesischen<br />

Erfindungen wie das Schießpulver, der Kompass, der Buch-<br />

druck und das Papier den Alltag von Millionen Menschen<br />

revolutionierten. Denn die Volksrepublik China hat eine unge-<br />

heure Dynamik erfasst und schließt zu den industrialisier-<br />

ten Ländern wirtschaftlich auf. Seit Beginn der Reform- und<br />

Öffnungspolitik Chinas im Jahre 1978 hat die schrittweise<br />

Hinwendung zu einer marktwirtschaftlichen Struktur große<br />

Wachstumskräfte freigesetzt, was die wirtschaftlichen Kenn-<br />

zahlen belegen.<br />

IN WENIGEN JAHREN WIRD DIE SECHSTGRÖSSTE VOLKS-<br />

WIRTSCHAFT UND DIE DRITTGRÖSSTE HANDELSNATION<br />

DER WELT EIN LAND DER SUPERLATIVE SEIN<br />

Das Land beeindruckt durch jährliche wirtschaftliche Zuwachs-<br />

raten zwischen neun und zehn Prozent. Chinas Anteil an der<br />

Weltindustrieproduktion stieg seit 1995 von fünf auf zwölf<br />

Prozent. Der deutsche Anteil liegt bei acht Prozent. Inzwischen<br />

ist China die sechstgrößte Volkswirtschaft und die drittgrößte<br />

Handelsnation der Welt. Über 50 Prozent des Bruttoinlands-<br />

produktes wird durch die Industrieproduktion realisiert. 2002<br />

war das deutsche Handelsvolumen mit China zum ersten Mal<br />

größer als das mit Japan, wobei sich die Struktur der deutschen<br />

Importe aus China in den letzten Jahren stark gewandelt hat:<br />

Christbaumschmuck, Kinderspielzeug und Bekleidung werden<br />

nach wie vor in China eingekauft, doch nehmen Elektronik-<br />

produkte, Maschinen und technische Komponenten stark an<br />

Bedeutung zu.<br />

10<br />

der Spezialist<br />

So ist China längst nicht mehr<br />

nur als verlängerte Werkbank der<br />

Welt zu betrachten, wo ausschließ-<br />

lich Massenware produziert wird.<br />

Denn zunehmend agieren chinesi-<br />

sche Technologieunternehmen auf<br />

Geschäftsfeldern, auf denen west-<br />

liche Industrieunternehmen tradi-<br />

tionell stark sind: Beispielsweise<br />

zeigen sich diese Tendenzen im<br />

Werkzeug- und Maschinenbau, in<br />

der Automobilindustrie, der Infor-<br />

›05<br />

Die Architekten Cervera &<br />

Pioz möchten den Himmel<br />

erobern – der geplante<br />

Bionic Tower soll eine Höhe<br />

von 1.228 Metern erreichen<br />

und nach bionischen<br />

Gesichtspunkten gebaut<br />

werden. Er wird frühestens<br />

2020 fertig gestellt sein.<br />

› 05


mations- und Kommunikationstechnologie sowie in der Bio-<br />

technologie. Die Shanghai Auto Industry Corporation (SAIC)<br />

kündigte jüngst an, ab 2007 erstmals ein Auto zu bauen, ohne<br />

auf die seit 20 Jahren bestehende Kooperation mit einem deut-<br />

schen Automobilkonzern zurückzugreifen.<br />

Der chinesische Computerhersteller Lenovo, mit Sitz in<br />

Peking, kann sich mit seinen High-Tech-Produkten bereits<br />

heute mit den Branchenführern messen. Im Mai 2005 über-<br />

nahm Lenovo das PC-Geschäft von IBM und steht nun an dritter<br />

Stelle am Weltmarkt. Ein weiteres Beispiel, was die Zielstrebig-<br />

keit und den Ehrgeiz der Chinesen dokumentiert, kommt aus<br />

der Stadt Shenzhen. Der Fernsehingenieur und Gründer des<br />

Fernsehherstellers TCL, Li Dougsheng, hat im vergangenen Jahr<br />

die Fernsehsparte des französischen Thompson-Konzerns über-<br />

nommen und stieg damit zur Nummer eins im Weltmarkt auf.<br />

Seit der Übernahme erhöhte er die Zahl der Forschungskräfte<br />

in Shenzhen von 400 auf 600, allesamt fließend Englisch spre-<br />

chende Ingenieure und Techniker.<br />

Mit dem Ziel, das Wirtschafts-<br />

wachstum durch den Beitrag von<br />

Wissenschaft und Technologie wei-<br />

ter zu erhöhen, will die chinesische<br />

Regierung das Forschungs- und Ent-<br />

wicklungssystem weiter ausbauen.<br />

Die Gesamtausgaben für Wissen-<br />

schaft und Technologie verdoppel-<br />

ten sich zwischen 1999 und 2003<br />

von 146 Mrd. auf 346 Mrd. Yuan,<br />

was etwa 35 Mrd. Euro entspricht.<br />

Seitens der Regierung sind 53 natio-<br />

nale High-Tech-Zonen eingerichtet<br />

worden. Die zunehmende Bedeu-<br />

tung der Hochtechnologie zeigt sich<br />

schließlich in der Anzahl der Stu-<br />

denten im Bereich der Ingenieur-<br />

wissenschaften.<br />

› 06<br />

›06<br />

Die 300 Stockwerke des<br />

Bionic Tower bieten auf<br />

einer Gesamtfläche von<br />

zwei Millionen Quadratmetern<br />

rund 100.000 Menschen<br />

Platz, die dort leben<br />

und arbeiten werden.<br />

der Spezialist<br />

11


im fokus<br />

12<br />

Während in Deutschland über Ingenieurmangel und abge-<br />

brochene Studiengänge geklagt wird, absolvierten in China<br />

im Jahr 2003 über 600.000 Nachwuchsingenieure ihre Inge-<br />

nieurstudiengänge. Angestrebt werden jedoch weitaus höhere<br />

Absolventenzahlen: Die Pekinger Wissenschaftsakademie ver-<br />

kündet, bis 2020 die Zahl der Ingenieure in China verdreifachen<br />

zu wollen. Insgesamt gibt es 1.552 höhere Bildungseinrichtun-<br />

gen, wozu nicht nur die Universitäten zählen, sondern auch so<br />

genannte Vocational Colleges, die mit den hiesigen Berufsschu-<br />

len zu vergleichen sind. Von den 121 Universitäten genießen<br />

die Tsinghua und die Peking Universität einen internationalen<br />

Ruf. Der Wachstumsmarkt China kann damit auf einen großen<br />

Pool qualifizierter Ingenieure zurückgreifen, um die steigende<br />

Nachfrage nach Ingenieurleistungen in den Branchen Maschi-<br />

nenbau, IT und Telekommunikation sowie Elektrotechnik und<br />

Bauingenieurwesen zukünftig zu bedienen.<br />

Aber wie sieht die Ingenieurausbildung vor Ort aus? Wäh-<br />

rend in Europa der Schwerpunkt der Ingenieurausbildung eben<br />

auch in der Reflexion des Erlernten in der praxisorientierten<br />

der Spezialist<br />

Anwendung liegt, beschränkt man<br />

sich in China auf die Reproduktion<br />

von Detailwissen. Die Ausbildung<br />

ist kulturell bedingt eher theore-<br />

tisch angelegt. Zukünftig eigenver-<br />

antwortliches Handeln steht für die<br />

Ingenieure nicht im Vordergrund<br />

ihrer Ausbildung. Im Vergleich zu<br />

europäischen Absolventen ist nach<br />

Erfahrungen des Delegiertenbüros<br />

der Deutschen Wirtschaft in Peking<br />

insbesondere ein Systemdenken und<br />

das Abstraktionsvermögen bei chi-<br />

nesischen Jungingenieuren weniger<br />

ausgeprägt. Dagegen verfügen sie<br />

jedoch zumeist über ein detaillier-<br />

teres Fachwissen in den Disziplinen.<br />

Chinesische Studenten nutzen daher<br />

verstärkt das Studium an Spitzen-<br />

›07<br />

Der Drei-Schluchten-<br />

Staudamm ist eines der<br />

anspruchsvollsten Bauprojekte<br />

weltweit. Nach<br />

der Fertigstellung des<br />

Bauwerks wird sich der<br />

Stausee über eine Länge<br />

von 663 Kilometern<br />

erstrecken.<br />

›07


universitäten in den USA und Europa für eine Management-<br />

karriere im Heimatland. Rund ein Viertel aller Promotions-<br />

abschlüsse im Bereich Natur- und Ingenieurwissenschaften<br />

entfallen in den USA jährlich auf chinesische Studenten.<br />

CHINA DRÄNGT MIT IMMER NEUEN HÖCHSTLEISTUNGEN<br />

AN DIE INTERNATIONALE SPITZE. LÄNGST STAMMEN VIELE<br />

TECHNISCHE REKORDE AUS DEM REICH DER MITTE<br />

Ihre Leistungsfähigkeit im internationalen Vergleich demons-<br />

triert die chinesische Nation bereits mit realisierten und<br />

geplanten Megaprojekten wie Brücken, Gebäuden und ins-<br />

besondere auch dem Drei-Schluchten-Staudamm, die an Aus-<br />

maß alles bisher da Gewesene in den Schatten stellen. So ist<br />

die Lu-Pu-Brücke in Shanghai mit einer Spannweite von 550<br />

Metern und einer Gesamtlänge von 3.900 Metern die längste<br />

Bogenbrücke der Welt und löst damit die New-River-Gorge-<br />

Brücke in den USA ab. Bis zum Jahre 2009 soll mit dem<br />

Hangzhou-Brückenbauprojekt eine über 36 Kilometer lange,<br />

6-spurige Autobahnbrücke über das ostchinesische Meer fer-<br />

tig gestellt werden, die die Verkehrsverbindung zwischen den<br />

beiden Wirtschaftszentren Shanghai und Ningbo um circa 120<br />

Kilometer verkürzt. Lediglich die in Italien geplante Messina-<br />

Brücke, die Sizilien mit dem Festland verbinden soll, wäre um<br />

65 m länger. Ebenso ist es die Stadt Shanghai, die den Schau-<br />

platz für ein in der Menschheitsgeschichte einmaliges Gebäude-<br />

projekt darstellt: Architekten sind derzeit mit der Planung des<br />

Bionic Tower beschäftigt – eines<br />

Gebäudes, das aufgrund seiner bio-<br />

nischen, an die Natur angelehnten,<br />

architektonischen Bauweise eine<br />

Höhe von 1.228 Metern realisieren<br />

kann. Für die Eroberung des Him-<br />

mels werden 368 Aufzüge im Einsatz<br />

sein.<br />

›08<br />

In Deutschland müssen wir nun<br />

eingestehen, dass wir uns unter<br />

Umständen zu lange auf unserem<br />

Status als High-Tech-Land ausgeruht<br />

haben und das Potenzial der empor-<br />

kommenden Wirtschaftsmacht nicht<br />

ernst genug genommen haben. Mitt-<br />

lerweile dringen chinesische Pro-<br />

dukte massiv in jene Branchen vor,<br />

in denen Technologie made in Ger-<br />

many traditionell Spitze war. Umso<br />

mehr gilt es jetzt, unserem Status als<br />

High-Tech-Land gerecht zu werden<br />

und verstärkt in die Forschung zu in-<br />

vestieren. Zudem sind Innovationen<br />

schneller in konkrete Produkte und<br />

Dienstleistungen zu überführen.<br />

im fokus<br />

›08<br />

Für den Bau der 3.900<br />

Meter langen Lu-Pu-Brücke<br />

wurden mehr als 35.000<br />

Tonnen Stahl verbaut. Seit<br />

ihrer Fertigstellung im Jahr<br />

2003 verbinden sechs Fahrspuren<br />

die östliche und<br />

westliche Hälfte Shanghais<br />

miteinander.<br />

der Spezialist 13


im gespräch<br />

Das Rennen beginnt im Kopf<br />

Während die Formel-1-Piloten alle zwei Wochen mit atemberaubender Geschwindigkeit über<br />

die weltweit verteilten Rennstrecken hetzen, ist der Aachener Ingenieur Hermann Tilke mit<br />

den Visionen des Rennsports beschäftigt. Der Hobbyrennfahrer konstruiert die großen Renn-<br />

strecken unserer Zeit.<br />

INTERVIEW › Corinna Laubach<br />

Für Spezialisten ist er der heimliche Star der rasan-<br />

ten Formel 1. Der Aachener Ingenieur Hermann<br />

Tilke baut die Strecken, auf denen sich die Fahrer<br />

spannende Rennen liefern. Mit spektakulären<br />

Streckenbauten in Bahrain und Shanghai machte<br />

er zuletzt auf sich aufmerksam. Im August ist das<br />

jüngste Projekt eingeweiht worden: der Istanbul<br />

Racing Circuit.<br />

Der Spezialist: Herr Tilke, Ihr Name ist eng ver-<br />

bunden mit vielen großen Formel-1-Strecken. Wie<br />

sind Sie zum Streckenbau gekommen?<br />

Hermann Tilke: Seitdem ich 18 Jahre alt bin, fahre<br />

ich Autorennen. Als ich mich nach dem Bauinge-<br />

nieurstudium selbstständig gemacht habe, wollte<br />

ich gerne in der Rennbranche tätig werden und<br />

bin dann durch kleine Planungsaufträge am Nür-<br />

burgring in dieses Geschäft gelangt. Mittlerweile<br />

mache ich das seit mehr als 20 Jahren.<br />

Der Spezialist: Hat man Vorteile beim Planen<br />

einer Rennstrecke, wenn man selber als Fahrer<br />

aktiv ist?<br />

Hermann Tilke: Das denke ich schon. Zum einen<br />

kann man die Fahrdynamik der Strecke besser<br />

beurteilen und durch Gespräche mit Formel-1-Fah-<br />

rern auch deren Anforderungen besser verstehen.<br />

Dann gibt es das große Feld der Infrastruktur um<br />

die Strecke herum. Wenn man viele Rennen selbst<br />

14<br />

der Spezialist<br />

mitgemacht hat, kann man die Organisations-<br />

abläufe besser planen und beurteilen.<br />

Der Spezialist: Sie legen großen Wert auf eine<br />

rundum funktionierende Anlage. Welchen Stel-<br />

lenwert hat der Zuschauer?<br />

Hermann Tilke: Der Zuschauer ist für die großen<br />

Publikumsstrecken wie die Formel-1-Grand-Prix-<br />

Kurse der Wichtigste in diesem ganzen Spiel, wie<br />

bei anderen Sportanlagen auch. Der Rennfah-<br />

rer kommt an zweiter Stelle. Dies ist zumindest<br />

unsere Philosophie.<br />

Der Spezialist: Was braucht es, um eine gelungene<br />

Strecke als Endergebnis zu haben?<br />

Hermann Tilke: Zuerst einmal muss das Grund-<br />

stück natürlich einigermaßen tauglich sein.<br />

Schön ist, wenn die Gelände eine reizvolle Topo-<br />

grafie haben, da ist es auch für den Planer leichter.<br />

Und zudem muss ausreichend Platz da sein. Wir<br />

bekommen häufig Grundstücke angeboten, die<br />

von den Bodenverhältnissen nicht immer die bes-<br />

ten sind. Das sind keine Filetstückchen. Wir haben<br />

schon auf ehemaligen Mülldeponien, in Abbau-<br />

oder auf Sumpfgebieten wie in China gebaut. Da<br />

ist es bautechnisch nicht immer einfach.<br />

Der Spezialist: Stichwort China. In Shanghai<br />

haben Sie auf Pfählen gebaut.<br />

Hermann Tilke stammt aus<br />

Olpe im Sauerland. Nach<br />

dem Abitur studierte der<br />

heute 50-Jährige an der<br />

Rheinisch-Westfälischen<br />

Technischen Hochschule in<br />

Aachen Bauingenieurwesen<br />

und entschied sich im<br />

Anschluss für die Selbstständigkeit.<br />

Seit 1984<br />

arbeitet der Hobbyrennfahrer<br />

an nationalen und<br />

internationalen Projekten<br />

in den Bereichen Ingenieurwesen,<br />

Architektur<br />

und Elektrotechnik. Einen<br />

Namen machte er sich als<br />

Planer von Formel-1-Rennstrecken.<br />

Hermann Tilke<br />

führt heute gemeinsam<br />

mit dem Architekten Peter<br />

Wahl die Tilke <strong>GmbH</strong> mit<br />

rund 150 Mitarbeitern.


Hermann Tilke: Ja, man muss sich auf alles ein-<br />

stellen, was man vorfindet. In Shanghai war das<br />

eine 300 Meter tiefe, nicht standfeste Boden-<br />

schicht. Dieses Sumpfgebiet war besonders span-<br />

nend und spektakulär. Dort mussten wir die ganze<br />

Strecke inklusive der Gebäude auf 40.000 Pfähle<br />

stellen, die zwischen 20 und 40 Meter lang sind.<br />

Alle Geländeaufbauten haben wir mit Styropor<br />

ausgeführt, weil Styropor 90 Prozent leichter als<br />

Erde ist. Darüber haben wir dann zwei Meter Erde<br />

gegeben, um Anpflanzungen zu ermöglichen.<br />

DIE EIGENE RENNERFAHRUNG IST BEI DER<br />

PLANUNG EINER GRAND-PRIX-STRECKE GOLD<br />

WERT<br />

Der Spezialist: Waren Sie das erste Mal mit einer<br />

so schwierigen Vorgabe konfrontiert? Oder konn-<br />

ten Sie bereits auf Erfahrungen zurückgreifen?<br />

Hermann Tilke: Nein, was dieses Extrem angeht,<br />

so haben wir uns zum ersten Mal damit ausein-<br />

ander setzen müssen. Dazu kommt eine Heraus-<br />

forderung, die sich jedes Mal neu stellt: Wir haben<br />

meistens nur sehr wenig Zeit zum Planen und<br />

Bauen, im Extremfall sind dies nur eineinhalb<br />

Jahre. Da muss man sich spezielle Techniken<br />

aneignen, damit die Anlage zum Stichtag fertig<br />

ist. Ein Formel-1-Rennen lässt sich nicht verschie-<br />

ben.<br />

Der Spezialist: Wie viel Planungsfreiraum haben<br />

Sie bei den Strecken? Können Sie individuell pla-<br />

nen?<br />

Hermann Tilke: Ja und nein. Die Vorgaben selbst<br />

sind in der Regel dürftig. Entscheidend ist natür-<br />

lich das Land, das man zur Verfügung hat, die<br />

Größe und der Zuschnitt und zudem natürlich das<br />

› 09<br />

›09<br />

Hermann Tilke nutzt die<br />

Gespräche mit den Piloten,<br />

um die Strecke auf ihre<br />

Bedürfnisse abzustimmen.<br />

Zudem kommt dem 50-<br />

Jährigen seine persönliche<br />

Rennerfahrung zugute.<br />

der Spezialist 15


›10<br />

Auf der 5,451 Kilometer<br />

langen Grand-Prix-Strecke<br />

in Shanghai wird eine<br />

Höchstgeschwindigkeit<br />

von 326 km/h erreicht. Der<br />

Rundenrekord von 1:32:238<br />

wurde von Michael Schumacher<br />

aufgestellt.<br />

16<br />

der Spezialist<br />

Budget, für das wir bauen dürfen. Das engt dann<br />

Freiheiten ein, obwohl wir theoretisch jede Frei-<br />

heit haben.<br />

Der Spezialist: Gibt es für Sie Vorlieben bei der<br />

Streckenplanung?<br />

Hermann Tilke: Für mich persönlich ist es sehr<br />

spannend, wenn ich die Strecke das erste Mal<br />

abfahren kann, der Beton fließt und die Gebäude<br />

wachsen.<br />

Der Spezialist: Man liest, Ihnen ist es wichtig, den<br />

Anlagen eine kulturelle Identität zu geben …<br />

CHINESISCHE SYMBOLE WIE DAS YING-YANG-<br />

ZEICHEN DIENEN ALS IDEENGEBER FÜR DIE<br />

BESONDERHEITEN DER RENNSTRECKE<br />

Hermann Tilke: Richtig, die Rennstrecken sol-<br />

len zum einen von der einheimischen Bevölke-<br />

rung gut angenommen werden, zum anderen<br />

aber auch nach außen hin unverwechselbar und<br />

wiedererkennbar sein. Gerade wenn es um die<br />

Formel 1 geht, will sich ein Land in der Welt prä-<br />

sentieren und da muss das gesamte Bauwerk ent-<br />

sprechend passen.<br />

Der Spezialist: Bei der Formel 1 kommt man nicht<br />

umhin nach der Sicherheit zu fragen. Welchen<br />

Stellenwert hat die in Ihren Planungen?<br />

Hermann Tilke: Sicherheit hat natürlich den größ-<br />

ten Stellenwert. Keiner will Unfälle mit schlim-<br />

men Ausgängen, allerdings lassen sich Unfälle<br />

auch nicht gänzlich vermeiden. Fahrer machen<br />

Fehler, die Technik versagt und das soll auch so<br />

sein. Wir versuchen Risiken zu minimieren, aber<br />

eine abschließende Sicherheitsgarantie gibt es<br />

nicht.<br />

Der Spezialist: Die Kurvenplanung soll eine Ihrer<br />

Spezialitäten sein.<br />

› 10<br />

Hermann Tilke: In China haben wir beispiels-<br />

weise von guten und bösen Kurven in Anlehnung<br />

an das Ying-Yang-Zeichen gesprochen. Wir haben<br />

da eine Kurve, in die man sehr schnell hineinfährt,


in der Biegung dann aber verlangsamen muss. Im<br />

Volksmund nennen wir das Hundekurve. Sie zieht<br />

sich zu, wird sozusagen immer enger und plötzlich<br />

geht einem die Straße aus. Das ist sehr schwierig<br />

zu fahren. Und eben diese „böse“ Kurve haben wir<br />

quasi an anderer Stelle als „Gute“ gespiegelt. Diese<br />

Kurve macht auf und wird immer weiter.<br />

Der Spezialist: Apropos Kurve, wie wichtig ist der<br />

Straßenbelag?<br />

Hermann Tilke: Der Belag ist extrem wichtig,<br />

ohne ihn funktioniert überhaupt nichts. Wenn<br />

der Belag nicht hält, ist die ganze Strecke nichts<br />

wert, so dass wir dieses Thema auch besonders<br />

betrachten. Im Laufe der Jahre haben wir uns viel<br />

spezielles Know-how angeeignet. Die Belastung<br />

einer Rennstrecke kann man einfach nicht mit der<br />

Belastung einer normalen Fahrbahn vergleichen.<br />

Der Spezialist: Welches Material setzen Sie ein?<br />

Hermann Tilke: Das ist ein Polymerbitumen, das<br />

mit einer besonderen Rezeptur mit Mineralien<br />

jedes Mal aufs Neue designed wird. Es ist nicht<br />

so, dass man die Mineralien für den Asphalt in<br />

Malaysia aus Deutschland holen könnte, so dass<br />

wir immer wieder am jeweiligen Ort mit den<br />

lokalen Materialien leben müssen. Das Klima hat<br />

natürlich auch einen Einfluss auf die Zusammen-<br />

setzung. In Bahrain kann der Asphalt schon ein-<br />

mal eine Temperatur von 70 Grad aufweisen und<br />

trotzdem darf er nicht wegfließen.<br />

Der Spezialist: Hat sich der Streckenbau mit der<br />

technologischen Entwicklung der Fahrzeuge ver-<br />

ändert?<br />

Hermann Tilke: Es gibt eine ständige, stetige Ver-<br />

änderung. Man muss bereits bei der Planung ver-<br />

suchen, in die Zukunft zu schauen, und erspüren,<br />

wo die Reise hingeht, aber zudem auch die Fehler<br />

der Vergangenheit betrachten. Es ist ein steter<br />

Fluss und Erfahrungseinsatz. Wir legen bei unse-<br />

ren Planungen das jeweils schnellste Auto und<br />

Motorrad zu Grunde, das auf dieser Strecke fahren<br />

wird. Die Bahn wird bei den Berechnungen immer<br />

auf den jeweils Schnellsten, der dort fährt, ausge-<br />

legt.<br />

GUTE KONSTRUKTEURE VERSUCHEN, DIE<br />

TRENDS DER ZUKUNFT HEUTE ZU ERKENNEN<br />

Der Spezialist: Sie haben eben angesprochen, dass<br />

man versucht, die Zukunft zu erspüren. Welche<br />

Herausforderungen warten noch?<br />

Hermann Tilke: Die Herausforderungen liegen im<br />

Detail. Wir versuchen beispielsweise, mit Arbei-<br />

ten in der dritten Dimension immer mehr an die<br />

Grenze des Machbaren zu gehen. So etwas wäre<br />

beispielsweise die Konstruktion eines Strecken-<br />

abschnitts, in dem ein Rad abhebt, was fahrdyna-<br />

misch eine Herausforderung ist. Ein weiteres Ziel<br />

sind Kurven, in denen man verschiedene Linien<br />

fahren kann.<br />

Der Spezialist: Herr Tilke, vielen Dank für das<br />

Gespräch.<br />

INFO<br />

im gespräch<br />

Die Grand-Prix-Strecke in<br />

Shanghai ist der Form des<br />

chinesischen Schriftzeichens<br />

„Shang“ nachempfunden,<br />

was „das Höchste“<br />

bedeutet.<br />

›11<br />

2004 wurde der erste<br />

Grand Prix auf der neuen<br />

Rennstrecke in Shanghai<br />

gefahren. Rubens<br />

Barrichello konnte mit<br />

seinem Sieg in die Annalen<br />

des Shanghai-Grand-Prix<br />

eingehen.<br />

› 11<br />

der Spezialist 17


› 12


ansichtssache<br />

Der Erfolg liegt im Wissen<br />

um den Unterschied<br />

Wenn sich internationale Unternehmen erweitern wollen, müssen sie viele Untiefen<br />

umschiffen. Denn was in Deutschland als gute Sitte gilt, kann in Korea zum Eklat führen.<br />

Bastian Broer, Experte für interkulturelles Teambuilding, bereitet Unternehmer und<br />

Mitarbeiter auf die neuen Erfahrungen vor.<br />

INTERVIEW › Anja Gleber<br />

Der Spezialist: Herr Broer, Sie beraten seit mehre-<br />

ren Jahren erfolgreich Unternehmen bei Internatio-<br />

nalisierungsvorhaben und Kooperationsprojekten<br />

in Fragen des interkulturellen Managements. Wel-<br />

che Relevanz hat die jeweilige Kultur eines Landes<br />

für das Geschäftsleben?<br />

Bastian Broer: Manager lernen in ihrer Soziali-<br />

sation kulturelle Grundmuster, die sie im Berufs-<br />

leben anwenden und verfeinern. Diese Muster<br />

manifestieren sich in Kulturstandards, die sehr<br />

stark von Rahmenbedingungen abhängig sind. In<br />

Deutschland sind wir zu Recht stolz auf das duale<br />

Ausbildungssystem, das eigenverantwortlich han-<br />

delnde Fachleute hervorbringt, die es gewohnt<br />

sind, zielorientiert in multifaktorellen Umfeldern<br />

zu arbeiten. In Korea fehlt ein Berufsschulwesen<br />

nach deutscher Strickart weitgehend. Fachleute<br />

werden „on the job“ angelernt. Profis verstehen<br />

sich also als Personen, die nicht eigenverantwort-<br />

lich handeln, sondern Vorgaben vom Chef mög-<br />

lichst schnell ausführen.<br />

DER KULTURELLE HINTERGRUND IST<br />

ENTSCHEIDEND FÜR DIE HERANGEHENS-<br />

WEISE<br />

Es ist daher nicht leicht, aus Deutschland vertraute<br />

ergebnisreflektierende Selbstprüfungsverfahren<br />

in einer koreanischen Fabrik einzuführen. Das<br />

kulturelle Umfeld hat die Basis dafür nicht<br />

bereitet. Die Kultur bestimmt letztlich, welche<br />

Organisationsformen, welche Herangehenswei-<br />

sen an Aufgabenstellungen und welcher Umgang<br />

zwischen Geschäftspartnern als angemessen gel-<br />

ten. Diese Kulturstandards überlappen sich zwar<br />

häufig zwischen unterschiedlichen Kulturen,<br />

sind jedoch nicht deckungsgleich. Erfolgreiche<br />

Geschäftsleute sind daher gut beraten, eine Orien-<br />

tierung für sich zu erarbeiten, welche eigenen<br />

Verhaltensweisen in der Fremdkultur regelmäßig<br />

sanktioniert werden, also den Geschäftserfolg<br />

nachhaltig einschränken können.<br />

Der Spezialist: Sie betreuen im Schwerpunkt Un-<br />

ternehmen, die planen, auf dem koreanischen<br />

Markt aktiv zu werden bzw. bereits ihre Geschäfts-<br />

aktivitäten vor Ort aufgenommen haben. Woraus<br />

schöpfen Sie Ihr Expertenwissen über die Spiel-<br />

regeln in der koreanischen Geschäftskultur?<br />

Bastian Broer: Zum einen aus der aktuellen<br />

Erhebung koreanischer Kulturstandards im Ma-<br />

nagement, zum anderen aus der Didaktisierung<br />

der Kulturunterschiede in zeitlich komprimier-<br />

ten Trainings. Die koreanischen Kulturstandards<br />

erheben wir regelmäßig sowohl qualitativ durch<br />

Tiefeninterviews vor Ort als auch quantitativ<br />

durch Befragungen deutscher Manager in Korea.<br />

Ergänzt werden diese Erhebungen durch den Er-<br />

fahrungsschatz eines erfolgreichen koreanischen<br />

Kaufmanns, der als koreanischer Co-Trainer die<br />

Bastian Broer ist am<br />

Institut für Interkulturelles<br />

Management (IFIM)<br />

Experte für die ostasiatischen<br />

Länder Japan und<br />

Korea sowie für interkulturelles<br />

Teambuilding.<br />

Seit Januar 1996 hat Broer<br />

am IFIM in Rheinbreitbach<br />

mehr als 800 Fach- und<br />

Führungskräfte auf eine<br />

erfolgreiche Zusammenarbeit<br />

mit koreanischen<br />

und japanischen Partnern<br />

vorbereitet. Er studierte<br />

„Übersetzen“ in den<br />

Sprachen Chinesisch und<br />

Japanisch an der Universität<br />

in Bonn und war von<br />

1984 bis 1986 Stipendiat<br />

des DAAD in Peking.<br />

der Spezialist 19


ansichtssache<br />

›12<br />

Das koreanische<br />

Schriftzeichen, phonetisch<br />

„kyeong je“, bedeutet<br />

„Wirtschaft“. Im Gegensatz<br />

zu den vielen in Ostasien<br />

üblichen Logogramm-<br />

Schriften handelt es sich<br />

bei dem koreanischen<br />

Alphabet „Hangul“ um<br />

eine Buchstabenschrift mit<br />

40 Zeichen. „Hangul“ ist<br />

eine 1446 im Auftrag von<br />

König Sejong entwickelte<br />

Schrift, die als leicht<br />

erlernbar gilt.<br />

›13<br />

Nach dem Koreakrieg<br />

von 1950 bis 1953 setzte<br />

in der südkoreanischen<br />

Hauptstadt ein rascher<br />

Modernisierungsprozess<br />

ein. Heute liegt das im<br />

14. Jahrhundert erbaute<br />

ehemalige Stadttor Seouls<br />

„Namdaemun Gate“ im<br />

Zentrum der koreanischen<br />

Millionenstadt und<br />

Wirtschaftsmetropole.<br />

20<br />

der Spezialist<br />

IFIM-Trainings zusammen mit einem deutschen<br />

Trainer leitet.<br />

Der Spezialist: Durch die Globalisierung der<br />

Wirtschaft müsste das Wissen um interkulturelle<br />

Zusammenarbeit zunehmend an Bedeutung ge-<br />

winnen. Können Sie einen solchen Trend bestäti-<br />

gen?<br />

Bastian Broer: Die deutsche Wirtschaft befindet<br />

sich in einem Strukturwandel weg vom Export-<br />

weltmeister hin zum Global Player mit Enga-<br />

gements in mehreren Märkten. Immer größere<br />

Anteile des Umsatzes werden international akqui-<br />

riert, immer größere Teile der Belegschaft sitzen<br />

im Ausland und steigende Anteile des Ergebnisses<br />

werden im Ausland erwirtschaftet. Interkultu-<br />

relle Kompetenz erhält durch diesen Trend einen<br />

höheren Stellenwert. Wenn beispielsweise das<br />

Wohl eines deutschen Traditionsunternehmens<br />

vom Erfolg seines Asien-Engagements abhängt,<br />

dann dient die interkulturelle Kompetenz der ver-<br />

antwortlichen Manager letztlich der Absicherung<br />

seines Fortbestehens. Daran lässt sich erkennen,<br />

dass zuweilen die interkulturelle Kompetenz des<br />

Managements ebenso wichtig ist wie die Fähig-<br />

keiten, gute Produkte zu angemessenen Preisen<br />

herstellen zu können.<br />

› 13<br />

Der Spezialist: Können Sie uns einige Bei-<br />

spiele kultureller Differenzen nennen, in denen<br />

Koreaner im Geschäftsleben anders vorgehen als<br />

Deutsche?<br />

Bastian Broer: Es beginnt mit der Kontaktauf-<br />

nahme. Wir in Deutschland sind es gewohnt,<br />

Arbeitsbeziehungen aufzubauen, indem wir über<br />

ein gemeinsames Thema diskutieren. Koreaner<br />

spielen sich gegenseitig Kommunikationsbälle<br />

zu, um möglichst viele gemeinsame Themen zu<br />

finden – das können auch die eigenen Kinder im<br />

selben Alter sein. Ebenso kennt man in Korea<br />

keine Meetings westlichen Zuschnitts, in denen<br />

hierarchieübergreifend diskutiert wird, um Ent-<br />

scheidungen zu treffen. In der beziehungsorien-<br />

tierten und streng hierarchischen Arbeitskultur<br />

Koreas muss jeder Betroffene zunächst im Vierau-<br />

gengespräch überzeugt werden, bevor das Ergeb-<br />

nis in der Chefrunde verkündet wird – und das ist<br />

dann für alle Beteiligten verbindlich. Wenn nun<br />

ein deutscher Unternehmer von einem Meeting<br />

erwartet, dort etwas entscheiden zu können, wird<br />

er bei seinen koreanischen Kollegen auf Unver-<br />

ständnis stoßen.<br />

UNTERSCHIEDE SIND VOR ALLEM IM HIERAR-<br />

CHIEGEFÄLLE DEUTLICH ERKENNBAR<br />

Der Spezialist: Sie haben unter anderem Koope-<br />

rationsprojekte deutscher Automobilkonzerne in<br />

Korea begleitet. Auf welche Umstellungen in der<br />

Arbeitskultur muss sich ein deutscher Ingenieur<br />

einstellen?<br />

Bastian Broer: Deutsche Ingenieure erleben in<br />

Korea zweierlei: In der Rolle des Lehrenden genie-<br />

ßen Ingenieure hohes Ansehen. In der Rolle des<br />

Kollegen sind sie hingegen weniger angesehen<br />

als etwa die Verantwortlichen des Verkaufs. Denn<br />

„produzieren kann letztlich jeder, es auf den Markt<br />

zu bringen ist die Kunst“. Deutsche Ingenieure<br />

tun sich dann zumeist schwer damit, keine Ent-


scheidungsträger mehr zu sein, sondern eher die<br />

Rolle des Zuarbeiters einzunehmen. Eigenverant-<br />

wortliches Arbeiten kennt man in unserem Sinne<br />

nicht. An Stelle dessen werden pragmatische<br />

Lösungsansätze für die vom Chef gestellten Auf-<br />

gaben gefordert. Auch das deutsche Teamarbeits-<br />

verständnis deckt sich nicht mit der koreanischen<br />

Idee der Gruppenarbeit. Diese fokussiert auf die<br />

Interaktion „Ich und mein Chef“ und weniger auf<br />

das „Wir im Orchester“. Auch die Arbeitszeiten –<br />

insbesondere im Bereich Entwicklung – sind<br />

selbst für europäische Vielarbeiter gewöhnungs-<br />

bedürftig. Eine gängige Frage in Korea ist etwa:<br />

„Wie lange können Sie ohne Schlaf arbeiten?“<br />

Der Spezialist: Ist das Thema „Frauen in Führungs-<br />

positionen“ ein Thema?<br />

Bastian Broer: Ja, es gibt sie, die erfolgreichen ko-<br />

reanischen Business Women wie beispielsweise<br />

die Modedesignerin Ji-Won Park. Aber dennoch<br />

bleiben sie eine Minderheit. Die obersten Füh-<br />

rungsetagen sind in Korea häufig den Männern vor-<br />

behalten oder aber Familienmitgliedern der Grün-<br />

derfamilie. Als Teil einer Gründerfamilie steht auch<br />

Koreanerinnen eine steile Karriere an die Spitze<br />

großer Unternehmen offen. Doch traditionell ver-<br />

walten die Frauen in Korea zu Hause die Finanzen,<br />

während die Männer das Geld erwirtschaften.<br />

DIE FÄHIGKEIT, KULTURELLE UNTERSCHIEDE<br />

ZU IDENTIFIZIEREN, IST ENTSCHEIDEND FÜR<br />

DEN WIRTSCHAFTLICHEN ERFOLG<br />

Der Spezialist: Wird die Bedeutung der interkul-<br />

turellen Kompetenz als Schlüsselqualifikation<br />

für die Etablierung deutscher Unternehmen im<br />

koreanischen Markt aus Ihrer Sicht genügend<br />

ernst genommen?<br />

Bastian Broer: Dies ist ganz unterschiedlich. Die<br />

an sich gut gemeinte Gleichsetzung von deut-<br />

schen und koreanischen Kulturstandards unter<br />

dem Deckmäntelchen einer globalen Businesswelt<br />

führt in manchen Firmen zu der Einschätzung,<br />

ein allgemeiner Erfahrungsschatz im globalen<br />

Managen reiche aus, auch mit koreanischen Part-<br />

nern gut auszukommen. Schließlich geht es doch<br />

weltweit letztlich ums Geschäft. Man wiegt sich<br />

in dem Glauben, dass die kulturellen Differenzen<br />

mit der Zeit abflachen werden. Dem ist meiner<br />

Erfahrung nach nicht so.<br />

Aber es gibt auch Firmen, die sehr großen Wert<br />

darauf legen, Mitarbeiter und Projektverantwort-<br />

liche systematisch auf die Besonderheiten der<br />

Kooperation mit koreanischen Partnern vorzu-<br />

bereiten. Die in Korea stationierten Entsandten<br />

deutscher Firmen sind sich weitgehend einig in<br />

ihrer Ansicht, dass interkultureller Kompetenz<br />

gerade in der Zusammenarbeit mit koreanischen<br />

Partnern eine entscheidende Rolle zufällt.<br />

Der Spezialist: Herr Broer, haben Sie vielen Dank<br />

für das Gespräch.<br />

Bastian Broer: Danke.<br />

› 14<br />

ansichtssache<br />

›14<br />

Die koreanische Modedesignerin<br />

Ji-Won Park<br />

aus Seoul studierte an der<br />

Ewha-Frauenuniversität<br />

und an der Parsons School<br />

of Design in New York. Mit<br />

ihrer Mode gelang es ihr,<br />

sich einen Platz im oberen<br />

Segment des New Yorker<br />

Modemarktes zu sichern.<br />

der Spezialist 21


technische projekte<br />

Stählerne Riesen mit<br />

komplexem Innenleben<br />

Dem <strong>Brunel</strong>-Spezialisten Jens Dobberitz weht frischer Wind um die Nase: Der Ingenieur<br />

für Maschinenbautechnik ist in seinem aktuellen Projekt bei der REpower Systems AG<br />

verantwortlich für die Ausrüstung der Rohrtürme von Windenergieanlagen.<br />

TEXT › Jens Dobberitz, <strong>Brunel</strong> Niederlassung Kiel<br />

Windenergieanlagen sind aerodynamisch ange-<br />

triebene Anlagen. Ähnlich wie bei Flugzeugen<br />

erzeugt ein Druckunterschied am aerodynami-<br />

schen Profil der Rotorblätter einen Auftrieb, der<br />

in ein Drehmoment zum Antrieb eines Genera-<br />

tors umgesetzt wird. Moderne Windenergieanla-<br />

gen weisen heute beachtliche Abmessungen und<br />

hohe Nennleistungen auf. Mittlerweile werden<br />

die umweltfreundlichen Energieerzeuger mit<br />

einer Nabenhöhe von bis zu 130 Metern und einer<br />

Spitzenleistung von fünf Megawatt gebaut.<br />

22<br />

Ein deutscher Anlagenbauer für die Herstel-<br />

lung und den Betrieb leistungsfähiger Wind-<br />

energieanlagen in dieser Größenordnung ist die<br />

REpower Systems AG mit Hauptsitz in Hamburg.<br />

Seit der Gründung im Jahr 2001 baut das Techno-<br />

logieunternehmen so genannte Auftriebsläufer,<br />

mit denen die höchsten Wirkungsgrade erzielt wer-<br />

den können. Das Unternehmen konzentriert sich<br />

auf die Entwicklung, Produktion und Installation<br />

von Multi-Megawatt-Anlagen und hat bereits im<br />

Herbst 2004 in Brunsbüttel, Schleswig-Holstein,<br />

die bis dato größte Windenergieanlage mit einer<br />

Leistung von fünf Megawatt in Betrieb genommen.<br />

Die hergestellten Windenergieanlagentypen<br />

variieren in ihren Leistungen und ihren Größen-<br />

ordnungen. So liegt die Spannweite der Nennleis-<br />

tungen zwischen 1.500 und 5.000 Kilowatt. Die<br />

kleinste Anlage hat einen Rotordurchmesser von<br />

70 Metern, die Größte weist dagegen 126,5 Meter<br />

aus. Ein Großteil der Windenergieanlagen der<br />

der Spezialist<br />

REpower Systems AG wird mittlerweile im Aus-<br />

land aufgestellt. Mit Tochter- und Beteiligungs-<br />

unternehmen sowie über Lizenzpartnerschaften<br />

bedient das Technologieunternehmen für Wind-<br />

energie die europäischen Wachstumsmärkte<br />

Frankreich, Portugal, Großbritannien und Italien<br />

sowie die viel versprechenden Überseemärkte<br />

Japan, China und Australien.<br />

DIE TECHNISCHEN EINBAUTEN IN DEN ROHR-<br />

TÜRMEN MÜSSEN FÜR JEDE WINDKRAFTAN-<br />

LAGE INDIVIDUELL ANGEPASST WERDEN<br />

Meine Aufgabe bei der REpower Systems AG im<br />

Entwicklungszentrum Rendsburg ist es, die Wind-<br />

energieanlagen aus der Produktions- und Absatz-<br />

planung für den On- und Offshorebetrieb mit Ein-<br />

bauten im Rohrturm zu versehen. Hierzu erstelle<br />

und überarbeite ich Konstruktionszeichnungen<br />

aller Anlagentypen. Zur Prüfung des Fertigungs-<br />

fortschritts der Rohrtürme sowie zur Einarbeitung<br />

von sich kurzfristig ändernden Vorgaben von Kun-<br />

denseite stehe ich mit den Herstellern der Türme<br />

in direktem Kontakt. Zu berücksichtigen sind die<br />

Besonderheiten unterschiedlicher Anlagentypen.<br />

Es werden z. B. für die gleiche Anlage verschie-<br />

dene Turmhöhen angeboten. Große Türme haben<br />

im Inneren in aller Regel einen Fahrkorb und eine<br />

Materialwinde. Offshoreanlagen sind zudem<br />

stark korrosionsgefährdet. So müssen meer-<br />

wasser beständigere Werkstoffe verwendet und<br />

INFO<br />

Die kinetische Energie<br />

des Windes steigt mit<br />

der dritten Potenz seiner<br />

Geschwindigkeit. Windenergieanlagen<br />

nutzen<br />

die Bewegungsenergie des<br />

Windes. Der Wind erzeugt<br />

beim Vorbeiströmen an<br />

den Rotorblättern einen<br />

Auftrieb, der diese in Rotation<br />

versetzt. Physikalisch<br />

bedingt sind maximal<br />

59,3 Prozent der Energie<br />

nutzbar. Das zeigte Albert<br />

Betz bereits 1920. Seine<br />

Theorie zur Formgebung<br />

der Rotorblätter ist auch<br />

heute noch Grundlage<br />

für die Auslegung von<br />

Windenergieanlagen.<br />

›15<br />

Der Rohrturm, auf den die<br />

bis zu mehrere hundert<br />

Tonnen schwere Maschinengondel<br />

und der Rotor<br />

aufgesetzt werden, ist ein<br />

hochbelastetes technisches<br />

Bauteil. Er muss<br />

selbst bei widrigsten<br />

Bedingungen den Schwingungen<br />

der Gondel und<br />

den auftretenden Windkräften<br />

sicher widerstehen.


› 15


technische projekte<br />

›16<br />

Das Fundament sorgt<br />

nicht nur für die stabile<br />

Verankerung der gesamten<br />

Windkraftanlage, sondern<br />

beherbergt auch wichtige<br />

elektronische Bauteile wie<br />

die Steuerelektronik und<br />

den Transformator.<br />

›17<br />

Die Innenausstattung<br />

der Türme ist wegen der<br />

räumlichen Enge eine<br />

enorme Herausforderung.<br />

Eine Windenergieanlage<br />

kann mit Aufzügen, einem<br />

Feuerlöschsystem oder<br />

einer Aussichtsplattform<br />

ausgerüstet werden. Einige<br />

dienen auch als Standort<br />

für Mobilfunkantennen.<br />

24<br />

der Spezialist<br />

bestimmte Baugruppen vollständig gekapselt<br />

werden. Die Verschiedenheit der Türme erfordert,<br />

dass die Einbauten individuell angepasst werden<br />

müssen. Ziel des Projektes ist es des Weiteren, die<br />

Ausrüstung der zahlreichen Rohrturmvarianten<br />

der einzelnen Anlagentypen weiter zu standardi-<br />

sieren, um den Entwicklungs- und Konstruktions-<br />

aufwand zu reduzieren.<br />

Die Vielzahl an elektrischen und elektrome-<br />

chanischen Komponenten einer Windkraftan-<br />

lage sowie das Erfordernis, die großen Türme für<br />

Inspektionen begehbar zu machen und Aufzüge<br />

zur Verfügung zu stellen, machen die Ausrüstung<br />

einer Windenergieanlage aufgrund des begrenz-<br />

ten Bauraumes durch die schlanke und mate-<br />

rialsparende Gestaltung der Türme zu einer kom-<br />

plexen Aufgabe. Bei den Komponenten handelt es<br />

sich beispielsweise um Transformatoren, Schalt-<br />

anlagen, Umrichter und Kabelsysteme sowie<br />

Plattformen, Aufzüge und Steigeinrichtungen.<br />

DIE SCHLANKE UND KOSTENGÜNSTIGE<br />

KONSTRUKTION IST EINE ANSPRUCHSVOLLE<br />

AUFGABE<br />

Die Rohrtürme werden in zwei Varianten kon-<br />

zipiert: Zum einen kann der Transformator im<br />

Turm untergebracht werden, zum anderen wird<br />

›17<br />

› 16<br />

er außerhalb des Turmes installiert. Bei Letzteren<br />

ist der Aufwand zur Anordnung der Innenausstat-<br />

tungselemente zumeist niedriger. Die Variante<br />

„Trafo im Turm“ erfordert eine effektive Ordnung<br />

des Innenlebens der aus zwei bis vier Segmenten<br />

bestehenden Stahltürme, die mit Flanschverbin-<br />

dungen verschraubt werden. Mit Berücksichti-<br />

gung von Auflagen und Sicherheitsabständen<br />

lassen sich große Transformatoren nur bedingt<br />

im Turm unterbringen. Je kleiner der Turm im<br />

Durchmesser, desto schwieriger ist es, die Einbau-<br />

ten komplett und nach allen Sicherheitskriterien<br />

überschaubar zu installieren. Kommt dann der<br />

Wunsch eines Kunden nach einem Service-Lift<br />

dazu, ist die Abteilung Konstruktion/Optimierung<br />

mit ihrer Erfahrung aus der Projektierung von<br />

mehr als 1.300 Windenergieanlagen gefordert.<br />

Ist der Trafo im Turm untergebracht, so müssen<br />

eine Vielzahl an Kabeln wie Netzkabel, Umrichter-<br />

kabel und Rotorkabel auf geringstem Raum verlegt<br />

werden. Im Rahmen meines Projektes hatte ich<br />

die Gelegenheit, ein prototypisches Kabelbahn-<br />

system zur gebündelten Verlegung der einzel-


nen Kabel im Inneren des Turmes zu entwickeln.<br />

Hauptschwierigkeiten lagen in der Führung des<br />

Systems über zwei Ebenen, dem Biegeradius der<br />

massigen und steifen Kabel sowie den Bau- und<br />

Sicherheitsvorschriften. Hier galt es, einen Kom-<br />

promiss zu finden zwischen Zweckmäßigkeit und<br />

Realisierbarkeit. Heute kann das Kabelsystem für<br />

jeden Turm übernommen werden.<br />

Häufig wird unter Zeitdruck gearbeitet, da<br />

Spezifikationen der Anlagen oft erst sehr spät<br />

festgelegt oder zwischenzeitlich modifiziert wer-<br />

den. Zur Einhaltung der Lieferfristen benötigen<br />

die Turmhersteller aber die Zeichnungen, um<br />

mit der Fertigung rechtzeitig beginnen zu kön-<br />

nen. Alle Ausstattungszeichnungen werden rech-<br />

nergestützt angefertigt. Um die verschiedenen<br />

Baukomponenten anschaulich konfigurieren zu<br />

können, werden 3-D-CAD-Anwendungstools ver-<br />

wendet. Diese erlauben es, bereits in der Entwick-<br />

lungsphase für die komplexe Bauraumgestaltung<br />

Schwierigkeiten mit einzelnen Komponenten ein-<br />

facher zu erfassen. Regelmäßig finden durch das<br />

Projektteam Besuche bei den Turmherstellern<br />

sowie an den Aufstellungsorten statt, um Detail-<br />

fragen zur Ausrüstung direkt am Objekt klären zu<br />

können.<br />

Aufgrund der Vielfalt der Türme und der dif-<br />

ferierenden Betreibervorgaben bleibt die Verein-<br />

heitlichung der Innenausstattung für alle Anla-<br />

gentypen weiterhin ein herausforderndes Ziel. So<br />

lassen sich heute bereits schon Standards etwa<br />

bei gegebenem Plattformdurchmesser definieren,<br />

indem stets gleiche Transformatoren, Umrichter<br />

und Schaltanlagen vorgeschrieben werden. An<br />

weiteren Standardisierungsaspekten arbeitet das<br />

Team systematisch weiter.<br />

technische projekte<br />

›18<br />

Eine der derzeit größten<br />

Windenergieanlagen<br />

namens 5M hat einen<br />

Rotordurchmesser von<br />

126 Metern. Allein der<br />

Rotor wiegt 18 Tonnen.<br />

Die Anlage wurde von der<br />

REpower Systems AG<br />

entwickelt und gebaut<br />

und verfügt über eine<br />

Nennleistung von fünf<br />

Megawatt.<br />

› 18<br />

der Spezialist 25


SAINT-NAZAIRE<br />

PAUILLAC > LANGON<br />

(Fluss: Garonne)<br />

PAUILLAC<br />

LANGON<br />

LANGON > TOULOUSE<br />

(Strecke: Grand Gabarit)<br />

TOULOUSE<br />

CÁDIZ<br />

SEE-TRANSPORT<br />

MOSTYN<br />

BROUGHTON<br />

BROUGHTON > MOST YN<br />

(Fluss: Dee)<br />

ENDMONTAGE<br />

HAMBURG<br />

FLUSS-TRANSPORT STRASSEN-TRANSPORT<br />

NEAPEL


Zu Lande, zu Wasser<br />

und in der Luft<br />

aus den branchen<br />

Für das größte Passagierflugzeug der Welt benötigt Airbus eine komplexe Transportlogistik.<br />

Der Chef des Traffic Center Hamburg, Dipl.-Ing. Friedrich-Wilhelm Preuss, und sein zwei-<br />

köpfiges Team unterstützen die Produktionsabteilungen von Europas größtem Flugzeugbauer<br />

mit ausgeklügelten Logistiklösungen.<br />

TEXT › Dr. Marc Förster<br />

Aus unzähligen Bauteilen wird in der Endmontagehalle „Luc<br />

Lagardère“ im französischen Toulouse der A380 zusammenge-<br />

baut. Die Teilkomponentenfertigung ist, wie für die anderen<br />

Airbus-Modelle auch, auf alle 16 europäischen Airbus-Standorte<br />

verteilt. Schon das stellte bislang an die Transportlogistik einen<br />

enormen Koordinationsaufwand. Nun haben die Baustufen,<br />

aus denen das 73 Meter lange und 79,8 Meter breite Großraum-<br />

flugzeug in Toulouse zusammengesetzt wird, weitaus größere<br />

Dimensionen als die der herkömmlichen Modelle. Allein das<br />

Rumpfheck, das in Hamburg für die Endline in Toulouse gefer-<br />

tigt wird, weist eine Länge von 24 Metern bei einem Gewicht<br />

von über 20 Tonnen auf. Diese Teile lassen sich nicht mehr mit<br />

dem Airbus-Supertransporter „Beluga“ transportieren. Dazu<br />

mussten andere Lösungen her.<br />

FÜR ALLE BAUSTUFEN DES AIRBUS A380 WURDEN<br />

JEWEILS SPEZIFISCHE TRANSPORTGESTELLE KONZIPIERT<br />

Der gelungene Jungfernflug des Großraumflugzeuges am<br />

27. April war Zeugnis der effektiven A380-Transportlogistik,<br />

die seit etwa eineinhalb Jahren für die Serienproduktion vor-<br />

bereitet wird. „Auf Grund der Baugrößen und Gewichte muss-<br />

ten wir für die zu transportierenden Baustufen zusätzlich zum<br />

bestehenden Verfahren ein multimodales Transportsystem ent-<br />

wickeln. Die Teile werden nun per Seeschiff, Binnenschiff und<br />

Tieflader durch Europa transportiert. Dabei reisen alle Baustu-<br />

fen auf eigens dafür konzipierten Transportgestellen, die sie bis<br />

nach Toulouse nicht verlassen“, so Friedrich-Wilhelm Preuss,<br />

Manager des Traffic Center Hamburg.<br />

Aber auch an den Transportbeziehungen zwischen Stade,<br />

Nordenham und Hamburg mussten Modifikationen im A380-<br />

Teiletransport vorgenommen wer-<br />

den. Stade, Zentrum für Kohlefa-<br />

serverbundwerkstoffe (CFK) von<br />

Airbus Deutschland, stellt die Sei-<br />

tenleitwerke für alle Airbus-Flug-<br />

zeuge her. Aufgrund der besonde-<br />

ren Ladehöhe von 10,5 Metern des<br />

A380-Leitwerkes (14,08 Meter hoch,<br />

fertig montiert auf dem Flugzeug)<br />

ist ein Straßentransport über große<br />

Strecken ungeeignet. Daher erfolgt<br />

›19<br />

Kleinere Bauteile werden<br />

mit den schiffseigenen<br />

Kranen verladen. Für die<br />

größten Bauteile steht<br />

dem Airbus-Werk in Hamburg-Finkenwerder<br />

eine<br />

65 Meter lange und 23<br />

Meter breite RoRo-Brücke<br />

zur Verfügung. Diese kann<br />

mehr als 200 Tonnen<br />

bewegen.<br />

› 19<br />

der Spezialist 27


›20<br />

Zu Lande, zu Wasser und<br />

in der Luft: Die Transportflotte<br />

von Airbus ist<br />

überall zu finden. Aufgrund<br />

der ungewöhnlichen<br />

Abmessungen der einzelnen<br />

Bauteile des A 380<br />

stießen die herkömmlichen<br />

Transportwege an ihre<br />

Grenzen, neue Lösungen<br />

mussten entwickelt<br />

werden.<br />

28<br />

der Spezialist<br />

für diese Bauteile ein so genannter „gebrochener Transport“,<br />

ebenso auch von Nordenham nach Hamburg. Nordenham ist<br />

das Zentrum für Großblechfertigung und Schalenbau der Air-<br />

bus-Flugzeuge. Die Schalencontainer sind durch ihre Abmes-<br />

sungen (sechs Meter breit, zwölf Meter lang, acht Meter hoch)<br />

und ein Gewicht von 40 Tonnen zu groß und zu schwer für die<br />

Straße. Sie werden deshalb in Nordenham auf Pontons geladen<br />

und mit Schleppern über Weser und Elbe zur Sektionsmontage<br />

nach Hamburg verbracht.<br />

FÜR DIE GRÖSSTMÖGLICHE EFFIZIENZ DES LOGISTIK-<br />

NETZWERKS MÜSSEN DIE TRANSPORTWEGE ZWISCHEN<br />

DEN STANDORTEN STÄNDIG KONTROLLIERT WERDEN<br />

Die Aufgabe von Preuss und seinem zweiköpfigen Team ist es,<br />

neben der Logistikkoordination für die Airbus-A380-Bauteile<br />

auch für die übrigen Airbus-Programme die Auslastung der<br />

fünf Beluga-Transporter zu gewährleisten. Dazu gehört auch<br />

die Sicherstellung der Verfügbarkeit von Transportgestellen<br />

für den Luft- und Seetransport, also<br />

die Abstimmung des Leergestell-<br />

Rücktransportes sowie die Wartung<br />

und Instandhaltung. „Wir bilden mit<br />

unserem Team die Schnittstelle zu<br />

den relevanten internen wie exter-<br />

nen Prozessbeteiligten. So haben wir<br />

sowohl engen Kontakt zu der Ferti-<br />

gung der A380-Rumpfsektionen im<br />

Airbus-Werk Hamburg als auch einen<br />

direkten Draht zum eingeschalteten<br />

Dienstleister Traffic Center Tou-<br />

louse, der die einzelnen Transporte<br />

außerhalb von Airbus verantwortet<br />

sowie auch zu den Behörden und<br />

den jeweiligen Station Managers“,<br />

erklärt Preuss.<br />

› 20<br />

Die „Ville de Bordeaux“, eigens in<br />

China für den Bauteiletransport zwi-


schen Hamburg (Rumpfsektionen), Mostyn bei Liverpool (Trag-<br />

flächen), St. Nazaire (Rumpfteile) und Cádiz (Höhenleitwerk)<br />

und Pauillac bei Bordeaux, gebaut, verfügt mit 22 Metern Breite<br />

und 13 Metern Höhe über die weltweit größte Heckklappe einer<br />

Roll-on-Roll-off-Fähre und ist seit Sommer 2004 im Einsatz. Ihr<br />

Bau war Ergebnis von grundsätzlichen Entscheidungen zu Pro-<br />

duktionsstandorten sowie der Festlegung der Baustufengrößen<br />

für die Endline. „Die Liegezeit im Hafen sollte so kurz wie mög-<br />

lich sein. Die Beladungszeit für die Rumpfsektionen liegt in<br />

Hamburg durch den Einsatz eines speziellen Multi-Purpose<br />

Vehicles [MPV], auf dem die Baustufen transportiert werden,<br />

unter den betriebsbedingten Liegezeiten, etwa für die Treib-<br />

stoffaufnahme und Abfallbeseitigung“, erläutert der Center<br />

Manager.<br />

AM ENDE IHRER REISE MÜSSEN DIE BAUTEILE NOCH<br />

EINE BESONDERE HÜRDE ÜBERWINDEN: DIE HAUSECKEN<br />

ZEHN FRANZÖSISCHER DÖRFER<br />

Ab Pauillac kommen dann Binnenschiffe zum Einsatz, die in<br />

den Niederlanden für diese Aufgabe konstruiert worden sind.<br />

Im Flusshafen von Langon werden die Bauteile auf Tieflader<br />

umgeladen, die in drei Nächten die unhandliche Fracht die rest-<br />

liche Strecke bis nach Toulouse transportieren. Immerhin müs-<br />

sen die Fahrer trotz umfangreicher Ausbaumaßnahmen der<br />

Strecke die wertvolle Fracht noch an Hausecken in zehn fran-<br />

zösischen Dörfern vorbeimanövrieren. Zudem können die Stra-<br />

ßentransporte in Frankreich nur unter der Woche stattfinden so<br />

› 21<br />

dass über das CAP (Component-Avail-<br />

ability-Programm) eine entspre-<br />

chend vorausschauende Planung<br />

erforderlich ist. In Toulouse verlässt<br />

nach etwa vier Wochen Endmontage<br />

ein neuer A380 den größten Indus-<br />

triebau Europas in Richtung Ham-<br />

burg per Flug. In Hamburg erfolgt<br />

wiederum in nur vier Wochen die<br />

komplette Innenausstattung sowie<br />

die Lackierung, bei der z. B. 600 Kilo-<br />

gramm Lack in Matterhornweiß auf<br />

die Außenhaut des Flugzeugs aufge-<br />

bracht werden.<br />

Die Transportexperten haben für<br />

den Serienlauf ab 2008 bereits wich-<br />

tige Erfahrungen und Erkenntnisse<br />

aus den eineinhalb Jahren A380-<br />

Transportlogistik ziehen können.<br />

So wird im Traffic Center Hamburg<br />

der anlaufenden Serienproduktion<br />

gelassen entgegengeschaut. Schließ-<br />

lich ist man bei Airbus Deutschland<br />

gut vorbereitet, kennt die Prozess-<br />

beteiligten und hält die entspre-<br />

chenden Fertigungs-, Montage- und<br />

Logistikkapazitäten bereit. „Wir sind<br />

mitten drin im Serienanlauf: Die<br />

,Ville de Bordeaux‘ läuft bereits jetzt<br />

einmal im Monat aus. Die Frequenz<br />

steigern wir auf zweimal, dann auf<br />

viermal pro Monat im Jahre 2008.<br />

Dann lassen sich etwa 50 Flugzeuge<br />

pro Jahr herstellen. So wird ständig<br />

weiter optimiert und überlegt, wie<br />

Transporte und Prozesse noch effi-<br />

zienter gestaltet werden können“,<br />

erklärt Preuss die aktuelle Rolle sei-<br />

nes Traffic Center. Bereits jetzt schon<br />

wird über ein Schwesterschiff der<br />

„Ville de Bordeaux“ nachgedacht,<br />

das mit einem geringeren Tiefgang<br />

speziell für den Flügeltransport aus-<br />

aus den branchen<br />

›21<br />

Dipl.-Ing. Friedrich-<br />

Wilhelm Preuss steht vor<br />

der „Ville de Bordeaux“.<br />

Die chinesische Werft<br />

Jinling Shipyards stellte<br />

das 150 Meter lange und<br />

24 Meter breite Transportschiff<br />

2004 fertig. Seitdem<br />

transportiert es die sperrigen<br />

Bauteile des größten<br />

Passagierflugzeuges der<br />

Welt zu den einzelnen<br />

Produktionsstandorten in<br />

Europa.<br />

der Spezialist 29


aus den branchen<br />

gelegt wäre. Denn im Hafen von Mostyn haben die Kapitäne<br />

nicht nur mit durchschnittlich neun Metern Tidenhub, sondern<br />

auch mit einer sich stetig verändernden Fahrrinne zu kämp-<br />

fen. Auch sind die letzten Entscheidungen für den zukünftigen<br />

Rücktransport der Transportgestelle und die Erweiterungen<br />

der Transportkapazitäten, z. B. für die angestrebte Airbus-A380-<br />

Produktion von einem Flugzeug pro Woche, noch nicht vollends<br />

abgeschlossen.<br />

NEUE HERAUSFORDERUNGEN WARTEN SCHON:<br />

DAS LANGSTRECKENFLUGZEUG AIRBUS A350 UND DER<br />

MILITÄRTRANSPORTER AIRBUS A400M<br />

Für das Traffic Center Hamburg gehen die Planungen über das<br />

Tagesgeschäft mit dem A380 hinaus. So wurden bereits der<br />

Einsatz eines GPS-basierten Tracking getestet und die Planun-<br />

gen für den A350, den Nachfolger des Langstreckenflugzeuges<br />

30<br />

der Spezialist<br />

Airbus A330, der ab 2010 zur Auslie-<br />

ferung bereitstehen soll, begonnen.<br />

Die Rumpfteile des Airbus A350 wer-<br />

den zwar wieder mit dem „Beluga“<br />

zu transportieren sein, jedoch wer-<br />

den sich, bedingt durch den verän-<br />

derten Werkstoffeinsatz (höherer<br />

Anteil an Faserverbundwerkstoffen)<br />

und die damit verbundenen geringe-<br />

ren Gewichte neue Optionen für den<br />

Transport größerer Bauteile bzw.<br />

ganzer Baugruppen ergeben. Ebenso<br />

laufen die Transportvorbereitungen<br />

für den Transall-Nachfolger A400M,<br />

der bereits ab 2006 in Sevilla mon-<br />

tiert wird, auf Hochtouren.<br />

›22<br />

Ein multimodales Transportsystem<br />

geht auf die<br />

indviduellen Bedingungen<br />

der Bauteile ein. Die für<br />

die Straße zu schweren<br />

und zu großen Schalencontainer<br />

werden in<br />

Nordenham auf Pontons<br />

geladen und anschließend<br />

über Weser und Elbe<br />

nach Hamburg verschifft.<br />

› 22


technische projekte<br />

Kleinteile, Aluminiumboxen<br />

und eine Logistikexpertin<br />

In heutigen Unternehmen müssen eine Unmenge an Waren-, Güter- und Datenströmen auf-<br />

einander abgestimmt werden, um den Anforderungen der verschiedenen Abteilungen gerecht<br />

zu werden. Die <strong>Brunel</strong> Mitarbeiterin Janna Kornemann, derzeit im Projekt bei Airbus in Ham-<br />

burg, optimierte Verpackung und Versand von Kleinstbauteilen bei Airbus in Nordenham.<br />

TEXT › Dr. Marc Förster<br />

Die Herausforderungen für Produktionsunternehmen haben<br />

sich in den letzten Jahren verändert. Schnell am Markt zu sein<br />

und die höchste Kundenindividualisierung realisieren zu kön-<br />

nen, sind zentrale Differenzierungskriterien. Niedrige Preise<br />

sowie hohe Qualität und damit die Beherrschung von Prozessen<br />

und Technologien werden als selbstverständlich vorausgesetzt.<br />

Supply-Chain-Management und Lean Production stehen heute<br />

für die optimale Gestaltung und Auslegung von Strukturen und<br />

Prozessen in Produktion und Logistik, deren Auswirkungen auf<br />

Produktivität, Qualität und Lieferfähigkeit unbestritten sind.<br />

DER ERFOLG EINES LOGISTIKKONZEPTS HÄNGT<br />

AUCH ENTSCHEIDEND VON DER INTERDISZIPLINARITÄT<br />

DES TEAMS AB<br />

Die Planung und Gestaltung von Zulieferstrukturen und Abläu-<br />

fen erfordert überbetrieblich wie innerbetrieblich eine exakte<br />

Analyse der Güter-, Waren- und Informationsströme. Dazu<br />

bedarf es Fachkräfte, die sowohl von produktionstechnischer<br />

Seite, logistischer Perspektive als auch aus wirtschaftlicher<br />

Sicht den Gesamtzusammenhang erfassen. Eine Spezialistin<br />

für die Neuorganisation und Umstrukturierung von Prozessen<br />

ist die <strong>Brunel</strong> Projektmitarbeiterin Dipl.-Wirtschaftsingeni-<br />

eurin Janna Kornemann von der Niederlassung Bremen. Mit<br />

einem Studium des Wirtschaftsingenieurwesens an der Fach-<br />

hochschule Wilhelmshaven hat Frau Kornemann den Grund-<br />

stein für ihre berufliche Zukunft als Projektingenieurin gelegt.<br />

Sie belegte im Kombinationsstudiengang der Ingenieurwissen-<br />

schaft und Betriebswirtschaftslehre die Schwerpunkte Simulie-<br />

rung und Optimierung in der Produktion (Logistik) sowie Soft-<br />

wareentwicklung.<br />

Die Wirtschaftsingenieurin konn-<br />

te 2002 das erste Mal ihre Kennt-<br />

nisse als Projektingenieurin für<br />

<strong>Brunel</strong> unter Beweis stellen. Für<br />

einen international tätigen Auto-<br />

mobilhersteller verantwortete sie<br />

die Betreuung eines Dienstleisters,<br />

der Rohbau-Karosserien konserviert,<br />

verpackt und in die Auslandswerke<br />

verschickt. Hier hatte sie sich so gut<br />

in die Projektaufgabe eingearbei-<br />

› 23<br />

›23<br />

Janna Kornemann<br />

im Gespräch mit Uwe<br />

Aszmons, Meister für<br />

Oberflächenschutz im<br />

Airbus-Werk Nordenham<br />

der Spezialist 31


technische projekte<br />

tet, dass der Auftraggeber sie – in Absprache mit <strong>Brunel</strong> – zur<br />

Fortführung des Projektes kurzerhand selbst verpflichtete. Ihr<br />

Engagement für <strong>Brunel</strong> setzte Frau Kornemann 2004 weiter<br />

fort. Von August 2004 bis Ende Juni 2005 arbeitete die <strong>Brunel</strong><br />

Spezialistin für die Airbus Deutschland <strong>GmbH</strong> in Nordenham.<br />

Hier ergänzte sie in der Zentralplanung und Logistik ein inter-<br />

disziplinäres Team mit Mitarbeitern aus Fertigung, Versand<br />

und Plant Logistics.<br />

EINE EFFIZIENTE SUPPLY-CHAIN WAR OBERSTES ZIEL DES<br />

ANSPRUCHSVOLLEN LOGISTIKPROJEKTES<br />

„Airbus in Nordenham produziert über 140 verschiedene<br />

Rumpfschalen in einem weitestgehend automatisierten Pro-<br />

duktionsprozess. Bauteile und Komponenten kommen aus den<br />

Airbus-Werken Varel, Bremen und Hamburg sowie von exter-<br />

nen Lieferanten. In Nordenham werden sie in die Rumpfschalen<br />

eingebaut. Danach erfolgt die Auslieferung für die Weiterver-<br />

arbeitung an die Werke Bremen, Augsburg, Oberpfaffenhofen,<br />

Toulouse, St. Nazaire und Hamburg. Pro Monat verlassen etwa<br />

300 Rumpfschalen mit beachtlichen Abmaßen die Produktions-<br />

stätte. Es geht hier um Bauteile mit Größenordnungen von bis<br />

zu 4 mal 10 Metern für den A380. Mit Produktionsprozessen wie<br />

Laserschweißen, Glare-Schalen-Herstellung, flexibler Profilbe-<br />

arbeitung und Airbus-A380-Montageanlagen bei Verwendung<br />

modernster Werkstoffe mit speziellen Materialeigenschaften<br />

gehört das Werk in Nordenham zu den weltweit innovativsten<br />

Standorten im Flugzeugbau“, erklärt die studierte Wirtschafts-<br />

ingenieurin.<br />

32<br />

Im Fokus ihrer Tätigkeit bei Airbus in Nordenham stand<br />

die verantwortliche Durchführung einzelner Logistikprojekte.<br />

Zudem unterstützte sie die Abwicklung von Wareneingangs-,<br />

Versand- und Transportaktionen, die Entwicklung von Infor-<br />

mationsverarbeitungssystemen sowie die Verwaltung und<br />

Weiterentwicklung von IT-Ressourcen.<br />

MEHR ALS 300 RUMPFSCHALEN VERLASSEN AIRBUS<br />

NORDENHAM JEDEN MONAT. EINE ENORME PLANERISCHE<br />

AUFGABE FÜR ALLE PROJEKTBETEILIGTEN<br />

Im Zentrum ihrer Arbeit stand die ablauforganisatorische<br />

Optimierung von Verpackung und Versand der Kleinstbauteile<br />

im Sinne einer effizienten Supply Chain. Mit dem Ziel, einen<br />

der Spezialist<br />

reibungsloseren Prozess zwischen<br />

Fertigung und Versand zu ermög-<br />

lichen, hat die Spezialistin detail-<br />

lierte Ablaufanalysen zu den Belie-<br />

ferungs- und Verpackungsprozessen<br />

vorgenommen sowie Datenanaly-<br />

sen über den Warenverkehr mit den<br />

anderen Werken durchgeführt. „Da<br />

systemtechnisch keine gebündelten<br />

Informationen vorlagen, musste ich<br />

Daten zum Warenverkehr manuell<br />

erheben“, erklärt die Wirtschaftsin-<br />

genieurin Kornemann.<br />

Die Ablaufanalyse war die Grund-<br />

lage, um Prozesslücken sowie mög-<br />

liche Optimierungen aufzeigen zu<br />

können. „Ich habe zunächst den<br />

ursprünglichen, ablauftechnisch ge-<br />

wachsenen Prozess analysiert, um<br />

Fehlerquellen im Versandbereich<br />

lokalisieren und beheben zu kön-<br />

nen. Mein Ziel war es, im laufenden<br />

Prozess Handling-Schritte einzuspa-<br />

›24<br />

Die Airbus-A380-Rumpfschalen<br />

mit maximalen<br />

Ausmaßen von 4 mal<br />

10 Metern werden zur<br />

Weiterverarbeitung zu<br />

den weiteren Produktionsstandorten<br />

innerhalb<br />

Europas transportiert.<br />

›25<br />

Für das Bewegen der<br />

Transportcontainer samt<br />

Rumpfschalen werden<br />

Spezialfahrzeuge genutzt,<br />

die die nötige Zugkraft<br />

und Wendigkeit zum<br />

Rangieren besitzen.<br />

› 24


en und damit die Durchlaufzeiten zu reduzieren. Ursprünglich<br />

wurden die Bauteile zum Verpacken in den Versandbereich<br />

gebracht. Sie mussten nach dem Kennzeichnen zwei Mal ,ange-<br />

fasst‘ werden, erklärt die Spezialistin ihren Ansatzpunkt zur<br />

Prozessverbesserung.<br />

Durch direktes Einpacken nach dem Kennzeichnen der Bau-<br />

teile im Fertigungsbereich konnte der Materialfluss so modifi-<br />

ziert werden, dass jetzt deutliche Zeitersparnisse realisierbar<br />

sind. Die Bauteile sind schneller kommissionier- und verladbar,<br />

da nur noch wenige nach dem Prozessschritt „Kennzeichnung“<br />

je nach Warenempfänger sortiert und umgepackt werden müs-<br />

sen. Bauelemente, die an die Nordwerke zur Weiterverarbeitung<br />

gehen, können jetzt direkt nach der Kennzeichnung empfänger-<br />

bezogen in eigens konstruierte Container verladen werden.<br />

Täglich erfolgt der Austausch der Standard-Transportbehälter.<br />

Durch den Einsatz von Standard-Plastikboxen zur Verpackung<br />

in Alu-Transportbehälter wird der Verbrauch von Pappkartons<br />

reduziert. Dies hat erfreuliche Auswirkungen auf die Umwelt<br />

und die Entsorgungskosten reduzieren sich auch.<br />

Mit der Direktverpackung im<br />

Prozessschritt „Kennzeichnung“ hat<br />

Airbus Nordenham einen weiteren<br />

wichtigen Schritt in Richtung Lean<br />

Production gemacht. „Die guten Er-<br />

gebnisse des Projekts sind auch ein<br />

Zeugnis der ausgezeichneten funk-<br />

tionsübergreifenden Arbeit mit<br />

allen Fertigungsbereichen im Werk<br />

Nordenham und den ,Werken der<br />

Nordlinien‘; dazu gehören die Werke<br />

in Varel, Bremen, Hamburg und<br />

Stade“, erklärt die Wirtschaftsinge-<br />

nieurin Janna Kornemann.<br />

INFO<br />

› 25<br />

Zentrum für Großblechfertigung<br />

und Schalenbau<br />

der Airbus-Flugzeuge<br />

ist das Werk Nordenham.<br />

Hochmoderne und<br />

automatisierte Fertigungstechnologien<br />

zeichnen<br />

den Standort aus. Zur<br />

Fertigung der › Rumpfscha- 29<br />

len für den doppelstöckigen<br />

Airbus A380 wurde<br />

eigens eine 208 Meter<br />

lange und 78 Meter breite<br />

Halle gebaut. Weitere<br />

Schwerpunkte liegen in<br />

der Profilfertigung, dem<br />

Laserschweißen und dem<br />

Metallkleben für alle<br />

Airbus-Typen.<br />

der Spezialist 33


› 26


querdenken<br />

Ein kleines Stück Brasilien<br />

in den eigenen vier Wänden<br />

Manfred Dieckmann hat seine Leidenschaft zum Beruf gemacht: Seit 1968 ist der Experte<br />

im Kaffeegeschäft tätig. Doch die Qualität des Kaffees nahm aus seiner Sicht stetig ab. Grund<br />

genug für ihn und Jörg Hartwich, eine Röstmaschine für den Hausgebrauch zu entwickeln.<br />

TEXT › Christina Denker<br />

Eigentlich waren es handelsübliche Brotback-<br />

automaten, die Manfred Dieckmann auf die Idee<br />

brachten, einen Haushaltskaffeeröster zu ent-<br />

wickeln. „Das müsste doch auch mit Kaffee mög-<br />

lich sein“, dachte sich der Kaufmann, der während<br />

seiner 25-jährigen Beschäftigung bei EDUSCHO<br />

insbesondere für den Rohkaffeeeinkauf verant-<br />

wortlich war. Dahinter stand der Wunsch nach<br />

einer Tasse Kaffee, die so schmeckt, wie der Erfin-<br />

der es von früher kannte. „Kaffee ist eben nicht<br />

gleich Kaffee“, so Dieckmann, der in Branchen-<br />

kreisen als Fachmann des von den Arabern ent-<br />

deckten Muntermachers gilt.<br />

DIE LUST AUF EINEN BESONDEREN KAFFEE<br />

WECKTE DEN ERFINDERGEIST IN MANFRED<br />

DIECKMANN UND JÖRG HARTWICH<br />

Allem voran sind es zwei Dinge, die der 53-Jäh-<br />

rige dafür verantwortlich macht, warum Kaffee<br />

oft nicht mehr so schmeckt, wie er eigentlich<br />

schmecken könnte: die Massenherstellung und<br />

der ruinöse Preiskampf um den Rohkaffee. „Viele<br />

Kaffeemarken ähneln sich im Geschmack, weil<br />

die Großröster dazu gezwungen werden, ihre<br />

Qualitäten herabzusetzen. Reine Hochlandkaffees<br />

passen nicht mehr in die Kalkulationen und wer-<br />

den deshalb häufig durch billigere Robustasorten<br />

ersetzt“, erklärt der Experte, der bereits seit über<br />

30 Jahren im Kaffeegeschäft tätig ist: 1968 als<br />

Auszubildender in einer kleinen Kaffee-, Tee- und<br />

Tabakfabrik in Bremen tätig, wechselte Dieck-<br />

mann 1974 zu EDUSCHO und war dort bereits zu<br />

Beginn für die Qualitätskontrolle des Rohkaffees<br />

zuständig. Ende der 70er Jahre übernahm der<br />

Kaufmann Verantwortung als Einkaufsleiter im<br />

Bremer Unternehmen.<br />

DURCH MASSENANBAU UND NIEDRIGSTE<br />

PREISE FINDEN HÄUFIGER DURCHSCHNITT-<br />

LICHE SORTEN DEN WEG IN DIE KAFFEETÜTE<br />

Der immer häufiger ausbleibende Genuss beim<br />

Griff zur Tasse Kaffee weckte schließlich den<br />

Pioniergeist des Experten, der befand, dass es an<br />

der Zeit sei, die Einzigartigkeit von Kaffee wie-<br />

der neu zu entdecken. Und damit reifte auch die<br />

Idee einer sanfteren Röstung der Bohnen, die den<br />

Kaffee nicht nur schmackhafter, sondern auch<br />

bekömmlicher macht.<br />

Den Anfang dieser Entwicklung, an dessen<br />

Endpunkt ein Kaffeeröster für den Hausgebrauch<br />

stehen sollte, markierten einfache Hilfsmittel: ein<br />

drehbarer Drahtkorb, gefüllt mit grünen Kaffee-<br />

bohnen, und eine handelsübliche Heißluftpistole.<br />

Die Komponenten, auf einem schlichten Holzbrett<br />

arrangiert, verhalfen Manfred Dieckmann zu sei-<br />

ner ersten Tasse selbst gerösteten Kaffees. Das<br />

Ergebnis überzeugte den Kaffeekenner bereits<br />

auf Anhieb, indes sollte es noch rund anderthalb<br />

Jahre dauern, bis der Prototyp des „Röstmeisters“<br />

entworfen wurde. Maßgeblichen Anteil daran<br />

›26<br />

Manfred Dieckmann und<br />

Jörg Hartwich ergänzen<br />

ihre Talente: Dieckmann<br />

war jahrzehntelang<br />

Rohkaffee-Einkaufsleiter<br />

und hat ein gutes Auge<br />

für die Qualität. Hartwich<br />

hingegen ist der Techniker,<br />

er kennt sich mit Röstanlagen<br />

aus. Aus dieser Kombination<br />

entstand die<br />

erste Röstmaschine für<br />

den Hausgebrauch.<br />

der Spezialist 35


querdenken<br />

›27<br />

In Deutschland werden<br />

jährlich ca. 568.000<br />

Tonnen des schwarzen<br />

Muntermachers importiert.<br />

Kaffee ist, neben<br />

Erdöl, das meistgehandelte<br />

Produkt der Welt.<br />

36<br />

der Spezialist<br />

hatte Dieckmanns Kollege Jörg Hartwich. Der<br />

Elektriker und Techniker war selbst 17 Jahre lang<br />

bei EDUSCHO beschäftigt und zeichnete zuletzt<br />

für die Röstanlagen verantwortlich. Das Know-<br />

how des Röstexperten und die Kenntnisse Dieck-<br />

manns um die Kaffeebohne und ihre Aromen<br />

ermöglichten schließlich die Entwicklung eines<br />

ausgereiften Prototyps, der kurz darauf bereits in<br />

Serie produziert werden konnte.<br />

Um stets ein qualitativ hochwertiges und<br />

gleichmäßig durchgeröstetes Endprodukt zu<br />

erzeugen, nimmt die Elektronik bei jedem Röst-<br />

vorgang im Inneren des Geräts in den ersten<br />

zehn Sekunden eine Umgebungsanalyse vor.<br />

Überprüft wird etwa die Raumtemperatur. Auf<br />

Basis dieser Analyse passt der Haushaltsröster<br />

die unterschiedlichen Prozessparameter aneinan-<br />

der an. Die erste Phase des Röstvorganges ist die<br />

Vortrocknung der 300 Gramm grünen Kaffeeboh-<br />

› 27<br />

nen. Hier wird den Bohnen sechseinhalb Minuten<br />

lang die Restfeuchte entzogen. Im zweiten Schritt<br />

erfolgt die Kernröstung, die innerhalb einer<br />

gewissen zeitlichen Bandbreite liegt: Sie dauert<br />

je nach beabsichtigter Röststufe zwischen drei<br />

und sechseinhalb Minuten bei einer Temperatur<br />

von knapp 200 Grad Celsius. Während dieser Zeit<br />

werden die Bohnen schwebend im Heißluftstrom<br />

gleichmäßig geröstet. Ob dies gelungen ist, lässt<br />

sich einfach anhand des Farbverlaufes des in der<br />

Hand zerriebenen Endproduktes beweisen.<br />

2004 WURDE DER RÖSTMASCHINE AUF DER<br />

ERFINDER- UND NEUHEITENMESSE IENA DIE<br />

GOLDMEDAILLE VERLIEHEN<br />

Der Erfolg des Erfinderduos aus Bremen ließ<br />

nicht lange auf sich warten. Auf der internatio-<br />

nalen Erfinder- und Neuheitenmesse in Nürn-


erg „IENA“ wurde der mittlerweile patentierte<br />

„Röstmeister“ 2004 mit einer Goldmedaille aus-<br />

gezeichnet. Bis heute haben Manfred Dieckmann<br />

und Jörg Hartwich bereits 2.000 Haushaltskaffee-<br />

röster verkauft. Mit diesem Gerät können sich<br />

nun auch Privathaushalte ganz individuell an die<br />

hohe Kunst der Zubereitung von Kaffee und auch<br />

Espresso herantasten.<br />

DIE INDUSTRIELLE RÖSTUNG UND KÜHLUNG<br />

DES KAFFEES IST KÜRZER<br />

In den Großröstereien geht es anders zu: Dort wird<br />

der Rohkaffee bei etwa 260 Grad Celsius, also bei<br />

wesentlich höheren Temperaturen, geröstet. Hier<br />

beträgt die Röstzeit aber nur zwischen andert-<br />

halb und drei Minuten. Auch das Verfahren zum<br />

Abkühlen der Bohnen differiert. Es wird Wasser,<br />

statt wie beim „Röstmeister“ Luft verwendet. „Des-<br />

halb kann ein handelsübliches Kilo Kaffee häufig<br />

bis zu etwa fünf Prozent aus Wasser bestehen“,<br />

so Dieckmann. Und noch ein Unterschied: In den<br />

Röstanlagen werden die Bohnen liegend befeuert,<br />

› 28<br />

INFO<br />

was eine gleichmäßige Röstung schwierig macht.<br />

Das hat zur Folge, dass die Bohnen außen scharf<br />

gebrannt, aber oftmals nicht gleichmäßig durch-<br />

geröstet sind, erklärt Dieckmann. Im nächsten<br />

Arbeitsprozess streben die Bohnen auf den Fließ-<br />

bändern dann dem Vermahlen entgegen.<br />

DIE ERFINDER IMPORTIEREN FÜR IHRE<br />

KUNDEN VERSCHIEDENE HOCHWERTIGE<br />

KAFFEESORTEN<br />

Und die Konkurrenz? Zwar gebe es, räumt Dieck-<br />

mann ein, in Deutschland weitere Anbieter klei-<br />

ner Kaffeeröster, die mit dem Bremer Produkt<br />

indes nicht vergleichbar seien. Außerdem, meint<br />

Dieckmann, sei der „Röstmeister“ gerade wegen<br />

seiner Fähigkeit zur Reproduzierbarkeit nicht zu<br />

schlagen. Nun ist ein optimal funktionierender<br />

Kaffeeröster eine Sache und die Beschaffung des<br />

entsprechenden Rohkaffees eine andere. Aber<br />

auch daran haben die Bremer Strategen gedacht.<br />

Drei Sorten Rohkaffee aus unterschiedlichen Her-<br />

kunftsländern und eine Sorte für Espresso bieten<br />

die Bremer neben ihrem „Röstmeister“ feil.<br />

Siehe Gewinnspiel auf Seite 45<br />

querdenken<br />

Der globale Kaffeeanbau konzentriert sich größtenteils auf<br />

Kaffee der Sorten Arabica und Robusta. Es kristallisiert sich jedoch<br />

ein deutlicher Trend Richtung Robusta-Sorten heraus: Waren es<br />

1960 / 61 noch 80 Prozent Arabica und 20 Prozent Robusta, so sind<br />

es heute nur noch 66 Prozent Arabica und 34 Prozent Robusta.<br />

Die Robusta verträgt eine höhere Temperatur und Luftfeuchtigkeit<br />

und gedeiht auch in niedrigen Hochlagen. Sie ist koffeinhaltiger,<br />

reicht jedoch geschmacklich nicht an die Arabica heran.<br />

Die Arabica ist etwas temperatursensibler und hat daher<br />

klimatisch engere Anbaugrenzen. Sie belohnt dafür mit einer<br />

feinen Säure und einem vollen Aroma.<br />

›28<br />

Bei der Ernte der Bohnen<br />

unterscheidet man<br />

zwischen der Stripping-<br />

und der Pickingmethode:<br />

Bei ersterer werden alle<br />

Bohnen zur gleichen Zeit<br />

gepflückt. Das wirkt sich<br />

jedoch negativ auf die<br />

Qualität aus. Beim Picking<br />

werden nur die wirklich<br />

reifen Bohnen gepflückt,<br />

diese Sorten sind von<br />

besonderer Qualität. Auch<br />

in der Aufbereitung gibt<br />

es Unterschiede: Bei der<br />

aufwändigeren Nassaufbereitung<br />

von Arabicas wird<br />

eine sehr gute Qualität<br />

erzielt, während bei der<br />

Trockenaufbereitung der<br />

Robusta-Sorte vor allem<br />

die Quantität im Vordergrund<br />

steht.<br />

der Spezialist 37


mitarbeiter und karRiere<br />

Zulieferer unter die<br />

Lupe genommen<br />

Christoph Rochelmeyer konnte schon in seinem Studium wichtige Erfahrungen für sein<br />

späteres Berufsleben sammeln. Während eines Praktikums in Singapur war er am Aufbau von<br />

<strong>Brunel</strong> Energy, einer Division von <strong>Brunel</strong> International N. V., beteiligt, die sich dem boomenden<br />

Markt der integrierten Inspektionsleistungen verschrieben hat.<br />

TEXT › Christoph Rochelmeyer<br />

Seine günstige Lage an einem der Knotenpunkte der Welt hat<br />

Singapur dazu verholfen, sich zu einem wichtigen Zentrum für<br />

Handel, Kommunikation und Tourismus zu entwickeln. Eng-<br />

lisch ist seine Verkehrs-, Handels- und Verwaltungssprache. Es<br />

wird von über 600 deutschen Unternehmen als Standort für<br />

Aktivitäten in Südostasien genutzt. Europäische oder amerika-<br />

nische Manager, Mitarbeiter oder Repräsentanten international<br />

agierender Unternehmen erwartet hier westlicher Standard.<br />

38<br />

Durch mein 18-wöchiges Praktikum bei <strong>Brunel</strong> Energy in<br />

Singapur hatte ich Gelegenheit, meine bisherigen Einblicke<br />

über Markt und Mentalität der Menschen in Südostasien wei-<br />

ter zu vertiefen. Bereits von Juli 2004 bis Januar 2005 bot sich<br />

mir ein erstes Bild der Viermillionenstadt während eines Prak-<br />

tikums bei der „Singaporean-German Chamber of Industry and<br />

Commerce“ (SGC).<br />

BRUNEL ENERGY WÄHLT KOOPERATIONSPARTNER FÜR<br />

INTEGRIERTE INSPEKTIONSDIENSTLEISTUNGEN AUS<br />

Meine Aufgabe bei <strong>Brunel</strong> Energy: „Partnership Drive and Com-<br />

petitor Analysis“. Ich unterstütze das Team in Singapur bei der<br />

Suche und Auswahl von Kooperationspartnern für Inspektions-<br />

dienstleistungen, um den weiteren Ausbau dieses Geschäfts-<br />

feldes zu fördern. Konkret sollten mehrere zuverlässige Partner<br />

für die Produktionsstandorte USA und Europa gefunden wer-<br />

den. Zudem schloss sich als weitere Aufgabe eine Wettbewer-<br />

beranalyse vor Ort in Singapur an.<br />

Innerhalb des an der Amsterdamer Börse notierten Unter-<br />

nehmens <strong>Brunel</strong> International N. V. (Muttergesellschaft der<br />

<strong>Brunel</strong> <strong>GmbH</strong>) ist <strong>Brunel</strong> Energy eine auf die Rohstoffgewin-<br />

nung und Energieerzeugung spezialisierte Division. Mit Büros<br />

der Spezialist<br />

in 23 Ländern unterstützt <strong>Brunel</strong><br />

Energy mit einzelnen Spezialisten<br />

oder Teams Projekte der interna-<br />

tionalen Öl- und Gasindustrie, der<br />

Energieerzeugungs- sowie der petro-<br />

chemischen Industrie. Seit Mitte der<br />

90er Jahre bietet <strong>Brunel</strong> Energy in<br />

Singapur durch die Übernahme von<br />

Oil Tools Engineering neben sei-<br />

nem Kerngeschäft der Personal- und<br />

Projektplanung auch Inspektions-<br />

›29<br />

Mit 24 Jahren studiert<br />

Christoph Rochelmeyer<br />

im 7. Semester „European<br />

Business Studies“ an der<br />

Fachhochschule Landshut.<br />

Von Februar bis Juni 2005<br />

unterstützte er <strong>Brunel</strong><br />

Energy in Singapur mit<br />

einer Partneranalyse zu<br />

Inspektionsdienstleistungen<br />

und setzte damit<br />

den Grundstein für den<br />

Ausbau dieses Geschäftsfeldes.<br />

› 29


› 30


mitarbeiter und karRiere<br />

›30<br />

Nachdem Singapur mehr<br />

als 140 Jahre unter Fremdherrschaft<br />

stand, machte<br />

es am 9. August 1965 den<br />

wichtigen Schritt in die<br />

Unabhängigkeit. Einige<br />

Eigenheiten der britischen<br />

Kolonialherrschaft sind<br />

dennoch geblieben: Es<br />

herrscht auch heute noch<br />

Linksverkehr in Singapur.<br />

40<br />

›31<br />

Christoph Rochelmeyer<br />

und das <strong>Brunel</strong> Energy<br />

Team Singapur<br />

der Spezialist<br />

dienstleistungen für die Öl- und Gasindustrie in der Region<br />

an. Das ist brunelweit einzigartig. Die fertigungsbegleitenden<br />

Inspektionsdienstleistungen sollen den Kunden garantieren,<br />

dass angeforderte Materialien, Bauteile und Komponenten in<br />

einwandfreier Qualität hergestellt werden. Sämtliche Schritte<br />

des Herstellungsprozesses wie Einkauf, Fertigung, Probebe-<br />

trieb, Montage, Inbetriebnahme und Transport können kompe-<br />

tent überwacht werden. Das Know-how der Inspektoren reicht<br />

dabei vom einfachen Hochdruckkessel bis hin zum Aufbau von<br />

kompletten Förder- und Verarbeitungsanlagen.<br />

DIE INTERNATIONALE NACHFRAGE NACH INSPEKTIONS-<br />

DIENSTLEISTUNGEN HAT STARK ZUGENOMMEN<br />

Die Nachfrage nach integrierten Inspektionsdienstleistun-<br />

gen hat sich über die Region hinaus stark entwickelt. Um die<br />

› 31<br />

wachsenden Bedarfe zu decken, ist<br />

es Ziel von <strong>Brunel</strong> Energy, das regi-<br />

onale Netzwerk mit hoch qualifizier-<br />

ten Inspekteuren und kompetenten<br />

Partnerfirmen zu einem globalen<br />

Netzwerk auszubauen. Dieses soll<br />

es in Zukunft ermöglichen, Inspek-<br />

tionsdienstleistungen für etablierte<br />

Konzerne der Öl- und Gasindustrie<br />

weltweit über das Büro in Singapur<br />

anzubieten.<br />

Die Suche nach geeigneten Ko-<br />

operationspartnern für den Ausbau<br />

von Inspektionskapazitäten begann<br />

auf Basis von etwa 15.000 Unterneh-<br />

men aus einem einschlägigen Busi-


ness Directory. Im Team arbeitete ich mit Louis Harrewijn, dem<br />

zuständigen Regional Account Manager, und dem Inspection<br />

Manager Goh Ping Kiong Anforderungsprofile für potenzielle<br />

Kooperationspartner aus, mit denen wir diese später bewerten<br />

konnten. Da das Projekt zeitlich beschränkt war, konzentrierte<br />

ich mich auf die Länder mit den höchsten Auftragsvolumina<br />

wie Großbritannien, die USA oder Frankreich. Letztlich waren<br />

lediglich 60 – 80 Unternehmen interessant für uns. Aufgrund<br />

unserer hohen Anforderungen an die Kompetenz der Inspek-<br />

tionsleistungen reduzierte sich nach zahlreichen Websitere-<br />

cherchen, Gesprächen und Leistungsbewertungen diese Anzahl<br />

auf verbleibende zwei Unternehmen, die für eine zukünftige<br />

Partnerschaft in Frage kamen. Diese werden Versuchsinspek-<br />

tionen durchführen, um den vorgegebenen Standard zu bestä-<br />

tigen. Dann ist der Weg für eine längerfristige Partnerschaft<br />

frei.<br />

Das Ziel, den weltweit wachsenden Bedarf an qualitativ<br />

hochwertigen Inspektionen mit einem ausgebauten Dienst-<br />

leistungsangebot abzufedern, wird <strong>Brunel</strong> Energy mittelfris-<br />

tig erreichen. Das Team kann in Singapur neben etablierten<br />

Engineeringprojekten für die Öl- und Gasindustrie zukünftig<br />

auch intensiviert fertigungsbegleitende Inspektionsdienstleis-<br />

tungen anbieten.<br />

VON DER KOLONIE ZUM WIRTSCHAFTSSTANDORT<br />

Sir Stamford Raffles, Beamter der British East India Company, entdeckte 1819 das kleine Fischerdorf Singapur auf<br />

der Suche nach einer Handelsstation. Die Lage war für den Handel ideal. Das Dorf lag an einem Knotenpunkt,<br />

der die Verbindung zwischen Indien und China auf dem Seeweg markierte. Durch diese Seestraße erfolgte der<br />

Handel mit chinesischem Tee und Seide nach Europa. Knapp 50 Jahre nach seiner Entdeckung wurde Singapur<br />

zur britischen Kronkolonie.<br />

Die Kolonialzeit, unterbrochen durch eine dreijährige japanische Besetzung im Zweiten Weltkrieg, endete 1963<br />

mit der Entlassung in eine Föderation. Nach ideologischen Konflikten mit den Bündnispartnern Malaysia, Sabah<br />

und Sarawak wurde Singapur 1965 ausgeschlossen und fand im gleichen Jahr den Weg in die Souveränität.<br />

Heute hat Singapur über vier Millionen Einwohner und der Hafen<br />

Singapur gilt als einer der geschäftigsten Container-Umschlagplätze<br />

der Welt. Englisch ist die Verkehrs-, Handels- und Verwaltungssprache.<br />

Mit einem Zusammenspiel aus konfuzianisch orientierter,<br />

staatlich-öffentlich kommunizierter Ethik, strengen Gesetzen sowie<br />

einem hohen Grad an Überwachung verzeichnet Singapur eine der<br />

niedrigsten Kriminalitätsraten der Welt.<br />

Erfreulicherweise gelang es mir<br />

nach kurzer Zeit, eine erste Grund-<br />

lage für den Aufbau eines globa-<br />

len Netzwerkes von Subunterneh-<br />

mern zu legen. Aus dem Praktikum<br />

nehme ich neben den Arbeitser-<br />

gebnissen auch einige persönliche<br />

Erfahrungen mit nach Deutschland.<br />

Die Arbeit im internationalen Team<br />

war sehr fruchtbar und unkompli-<br />

ziert. Und: Singapur ist eine Stadt,<br />

in der man sich als Europäer auf<br />

Anhieb wohl fühlen kann. So werde<br />

ich voraussichtlich nach Beendi-<br />

gung meines Studiums im August<br />

2006 wieder nach Singapur zurück-<br />

kehren, um meine Diplomarbeit zu<br />

schreiben. Vielleicht kann ich dann<br />

von den geknüpften Kontakten pro-<br />

fitieren.<br />

www.brunelenergy.net<br />

mitarbeiter und karRiere<br />

der Spezialist 41


panorama<br />

Auf der Jagd nach dem<br />

weißen Gold<br />

Die Suche nach verlorenen Schätzen ist heute eine technische Herausforderung. Das Team<br />

um Franck Goddio, Gründer des europäischen Instituts für Unterwasserarchäologie, nutzt viel-<br />

fältige technische Hilfsmittel, um die Fundorte der versunkenen Schiffe aufzuspüren.<br />

TEXT › Jan-Helge Weimann FOTOS › Christoph Gerigk, © Franck Goddio/Hilti Foundation<br />

„Weißes Gold“ lockte philippinische Schatzsucher im Frühjahr<br />

2001 in die Tiefen des südchinesischen Meeres. Über ein halbes<br />

Jahrtausend lagerte dort das prachtvolle Porzellan aus Zeiten<br />

der Ming-Dynastie im Rumpf der „Santa Cruz“. Die chinesische<br />

Dschunke kenterte 1490 und überdauerte 511 Jahre unentdeckt<br />

15 Kilometer vor der philippinischen Küste, bis keramische<br />

Bruchstücke in den Netzen einheimischer Dynamitfischer den<br />

42<br />

der Spezialist<br />

Unglücksort verrieten. Die Fischer<br />

riskierten private Expeditionen in<br />

die Tiefe. Etliche Schatzsucher erlit-<br />

ten dabei Dekompressionsverletzun-<br />

gen, einige ließen sogar ihr Leben.<br />

Experten des philippinischen Natio-<br />

nalmuseums fanden Einzelteile des<br />

›40<br />

Während der Ming-Dynastie<br />

wurde der private<br />

Überseehandel durch den<br />

Kaiser verboten. Doch<br />

trotz drakonischer Strafen<br />

blühte der Schmuggel mit<br />

feinster Keramik in dieser<br />

Epoche auf.<br />

› 40


wertvollen Porzellans auf dem Schwarzmarkt und beschlossen<br />

eine archäologische Unterwasserexpedition.<br />

DIE ARCHÄOLOGEN GRENZEN DAS SUCHAREAL DURCH<br />

AUFWÄNDIGE ARCHIVRECHERCHEN RELATIV GENAU EIN<br />

Archäologische Unterwasserexpeditionen beginnen in der<br />

Regel in historischen Archiven, wo durch jahrelange Recher-<br />

chen ein Expeditionsgebiet auf ein Suchareal eingegrenzt wird,<br />

in dem man das versunkene Objekt vermutet. Dieses Gebiet<br />

wird anschließend nach ungewöhnlichen Erhebungen des<br />

Meeresgrundes abgesucht. Der kombinierte Einsatz von Side-<br />

Scan Sonar, Magnetometer und Echolot ermöglicht dabei die<br />

Erfassung auffälliger Erhebungen und deren Kartografisie-<br />

rung: Ersteres erfasst seitlich des Bootes positionierte Objekte<br />

auf dem Meeresgrund und gibt einen Hinweis auf deren Größe.<br />

Das Magnetometer überprüft anschließend, ob das erfasste<br />

Objekt eine Abweichung der Schwankungen des Erdmagnetfel-<br />

des bewirkt. Die noch fehlende Tiefenmessung verrichtet ein<br />

Echolot anhand der Zeitdifferenz eines ausgesendeten, vom<br />

Meeresgrund reflektierten und empfangenen Impulses. Zur<br />

Bergung der „Santa Cruz“ konnte Franck Goddio, Gründer des<br />

europäischen Instituts für Unterwasserarchäologie, auf die Vor-<br />

arbeit der Dynamitfischer aufsetzen. Als langjähriger Koopera-<br />

tionspartner des philippinischen Nationalmuseums bekam er<br />

den Auftrag, die Expedition zu leiten.<br />

› 41<br />

Im Juni 2001 inspizierte Franck<br />

Goddio mit seinem 32-köpfigen Team<br />

den Fundort bei unzähligen Tauch-<br />

gängen. „Ein Navigationsfehler“, so<br />

vermutet der französische Unterwas-<br />

serarchäologe, „ist der Grund für die<br />

Kollision mit einem Felsen unter der<br />

Wasseroberfläche, der die Dschunke<br />

32 Meter tief sinken ließ.“ 600 Meter<br />

von der felsigen Untiefe entfernt,<br />

befreiten die Bergungstaucher einen<br />

›41<br />

Franck Goddio und<br />

ein Mitarbeiter beurteilen<br />

den Zustand vieler Fundstücke<br />

als ausgezeichnet.<br />

Die Beladetechnik der<br />

chinesischen Händler war<br />

berühmt. Sie nutzten<br />

den Laderaum vollständig<br />

aus und stabilisierten die<br />

Ware durch ein bestimmtes<br />

Stapelverfahren.<br />

›42<br />

Der Fundort der „Santa<br />

Cruz“ offenbart eine antike<br />

Handelsroute, die abseits<br />

der bekannten Strecken<br />

liegt. Sie legt nahe, dass<br />

die damaligen Bewohner<br />

der Philippinen in großem<br />

Wohlstand lebten, da die<br />

Preise für chinesisches Porzellan<br />

zu dieser Zeit enorm<br />

hoch waren.<br />

› 42<br />

der Spezialist 43


panorama<br />

Monat später den 25 Meter langen, knapp sechs Meter brei-<br />

ten Schiffsrumpf von abgelagerten Muscheln, Seepocken und<br />

Korallen. Mit einem fast noch vollständigen Schiffsrumpf ist<br />

das Wrack die am besten erhaltene Dschunke der Ming-Dynas-<br />

tie, die jemals gefunden worden ist.<br />

INSGESAMT BARGEN FRANCK GODDIO UND SEIN<br />

32-KÖPFIGES TEAM MEHR ALS 15.000 FUNDSTÜCKE<br />

Mit einer speziell für archäologische Unterwassereinsätze kon-<br />

struierten Apparatur wurde das Wrack von Sand und Schlick<br />

befreit. Standardisierte Abläufe folgten: DGPS-gestützte Posi-<br />

tionierung jedes Fundstückes, Erstellung eines darauf basie-<br />

renden Ausgrabungsplanes, Kartografisierung des Fundorts<br />

in netzartiger Struktur auf dem Meeresgrund. Gegen Ende der<br />

zweieinhalb Monate dauernden Expedition bargen Goddio und<br />

sein Team insgesamt 15.000 Fundstücke, darunter kunstvolle<br />

Teller, Schalen, Krüge und Vasen, die in Kisten und Hebeballons<br />

verpackt durch Taucher an die Wasseroberfläche transportiert<br />

wurden.<br />

44<br />

Auch enthüllten die Forscher die Geheimnisse um die<br />

berühmte Pack- und Lagertechnik, für die die chinesischen Kauf-<br />

leute bekannt waren. Denn die „Santa Cruz“ ist das erste Schiff,<br />

bei dem die Ladung trotz Kenterns noch fast vollständig intakt<br />

war. So konnten die Archäologen die einzigartige Packtechnik,<br />

bei der sich die Ladung gegenseitig stabilisierte und kein Raum<br />

ungenutzt blieb, ausreichend studieren. In Meerwasser gerei-<br />

nigt, gekennzeichnet und schrittweise entsalzt, erstrahlt ein<br />

BUCHTIPP<br />

VERSUNKENE SCHÄTZE<br />

Archäologische Entdeckungen unter Wasser<br />

Herausgeber: Franck Goddio<br />

Verlag: Konrad Theiss Verlag <strong>GmbH</strong><br />

Seitenzahl: 184 mit 200 farbigen Abbildungen<br />

ISBN: 3 8062 1931 1<br />

Preis: 42,00 Euro<br />

Die „Santa Cruz“ ist eine von vielen Entdeckungen des Unterwasserarchäologen<br />

Frank Goddio. In seinem Buch bietet der<br />

Forscher mit fundierten archäologischen und historischen Informationen<br />

und großformatigen Unterwasserfotografien einen<br />

Einblick in eine andere Welt.<br />

der Spezialist<br />

Großteil der zerbrechlichen Schätze<br />

heute im Philippinischen Natio-<br />

nalmuseum in Manila als einer der<br />

größten Funde der Ming-Dynastie.<br />

Das Wrack der „Santa Cruz“ liegt<br />

noch ungeborgen vor der Westküste<br />

der philippinischen Hauptinsel Lu-<br />

zon. Um sie zu konservieren, wurde<br />

sie mit weichem, sauerstoffarmem<br />

Schlick bedeckt. Ihre Bergung wäre<br />

zwar technisch zu realisieren, der<br />

Aufwand für die Restauration des<br />

morschen Holzes würde die Hebung<br />

jedoch nicht rechtfertigen.<br />

› 43<br />

›43<br />

Der beschriebene Fund der<br />

chinesischen Dschunke<br />

„Santa Cruz“ ist nur eine<br />

von vielen Ausgrabungen<br />

des wohl bekanntesten<br />

Unterwasserarchäologen<br />

der Welt. Mit modernster,<br />

teils selbst entwickelter<br />

Technik und steter Beharrlichkeit<br />

entdeckten Franck<br />

Goddio und sein Team<br />

unter anderem die versunkenen<br />

Königsviertel von<br />

Alexandria und Wrackteile<br />

der gesunkenen Flotte<br />

Napoleons, die sich 1798<br />

in der Seeschlacht bei<br />

Abukir den Briten unter<br />

Admiral Nelson nicht<br />

erwehren konnte.


das quiz<br />

AUSGABE 03 || Oktober 2005<br />

GEWINNEN SIE ...<br />

... EINEN KAFFEE-RÖSTER FÜR ZU HAUSE ODER EINE VON FÜNF<br />

ELEKTRISCHEN KAFFEEMÜHLEN UND TESTEN SIE IHR WISSEN.<br />

Unter allen richtigen Einsendungen verlosen wir eine innovative Röstmaschine „Röstmeister“<br />

sowie fünf hochwertige elektrische Kaffeemühlen mit Espresso-Mahlwerk. Bitte reichen Sie Ihre<br />

Lösung bis zum 10. November 2005 (Poststempel) via Postkarte ein, die Sie am Ende des Heftes fi nden.<br />

Frage 01: Der größte Kaffeeexporteur in die Bundesrepublik Deutschland ist Brasilien. Seit einiger<br />

Zeit macht den Südamerikanern ein anderes Land Konkurrenz, dessen günstiger Roh-<br />

kaffee die Preise auf dem Weltmarkt hat einbrechen lassen. Welches Land ist gemeint?<br />

a. Indonesien<br />

b. Republik Südafrika<br />

c. Vietnam<br />

Frage 02: Erst die Röstung macht die Bohne: Warum muss Kaffee sofort nach dem Röstvorgang<br />

auf niedrigere Temperaturen gekühlt werden?<br />

a. Um später ein optimales Vermahlungsergebnis gewährleisten zu können<br />

b. Um chemische Prozesse, die während des Röstvorganges in der einzelnen<br />

Bohne ablaufen, zu stoppen<br />

c. Um die Poren der Bohne zu verschließen und damit zu verhindern,<br />

dass sich das Kaffeearoma unter Einfl uss von Sauerstoff verfl üchtigt<br />

Frage 03: Durch welche Verfahren werden industriell verarbeitete Kaffeebohnen üblicherweise<br />

entkoffeiniert?<br />

a. Mit Hilfe von Kohlendioxid und organischen Lösungsmitteln<br />

b. Mit Hilfe eines Elektronenbades, in dem das Koffein vorsichtig<br />

herausgelöst wird<br />

c. Durch eine zehnsekündige Erhitzung der Bohnen auf 700 Grad nach<br />

dem abgeschlossenen Röstvorgang<br />

RESPONSE<br />

der Spezialist


termine<br />

termine<br />

AUSGABE 03 || Oktober 2005<br />

› 30.11.– 3.12.<br />

Die Euromold präsentiert<br />

die gesamte Prozesskette<br />

vom Design über den Prototyp<br />

bis zur Serie.<br />

46<br />

›23. – 24.11.<br />

Die <strong>Brunel</strong> <strong>GmbH</strong> ist<br />

Aussteller auf Europas<br />

größter Jobbörse für<br />

Studenten, Absolventen<br />

und Young Professionals<br />

der Spezialist<br />

oktober bis dezember 2005<br />

29. Nov. – 1. Dez. 2005<br />

30. Nov. – 3. Dez. 2005<br />

23. – 24. Nov. 2005<br />

03. Oktober 1957<br />

08. November 1895<br />

15. Dezember 1832<br />

Messen und veranstaltungen<br />

RAILWAY INTERIORS EXPO 2005, KÖLN MESSE<br />

Auf der Railway Interiors Expo in Köln wird es neben vielfältigen Produkten<br />

für den Innenausbau von Eisenbahnen auch das Open Technology Forum<br />

geben. Der beliebte Kongress beschäftigt sich mit Trends in der Bahneinrich-<br />

tung, dem Kundenservice sowie dem Reisekomfort in den Eisenbahnen.<br />

www.railwayinteriors-expo.com<br />

EUROMOLD, EXHIBITION CENTER, FRANKFURT AM MAIN<br />

Die Weltmesse für Werkzeug- und Formenbau, Design und Produktentwick-<br />

lung hat sich seit ihrem elfjährigen Bestehen zu einer festen Größe in der<br />

Messelandschaft entwickelt. Zur EuroMold 2005 werden mehr als 60.000<br />

Besucher und ca. 1.600 Aussteller aus Europa und Übersee erwartet.<br />

www.euromold.com<br />

ABSOLVENTENKONGRESS, MESSEZENTRUM KÖLN<br />

Auf dem Absolventenkongress können Unternehmen und interessierte<br />

Studierende ins Gespräch kommen. Neben offenen Stellen gibt es auch in<br />

diesem Jahr Vorträge und Firmenpräsentationen sowie eine umfassende<br />

Berufsberatung für Ingenieure. Der Kongress ist eine Kommunikationsplatt-<br />

form für Unternehmen und Studierende. www.absolventenkongress.de<br />

Meilensteine<br />

Die UdSSR schickt mit „ Sputnik 1 “ den ersten künstlichen Satelliten ins Welt-<br />

all und läutet damit den Beginn der Weltraumforschung ein.<br />

Der deutsche Physikprofessor Wilhelm Conrad Röntgen entdeckt bei Ex-<br />

perimenten mit Kathodenstrahlröhren die später nach ihm benannte Rönt-<br />

genstrahlung, eine unsichtbare elektromagnetische Strahlung, die feste<br />

Körper durchdringt.<br />

Der französische Bauingenieur Alexandre Gustave Eiffel wird geboren. Er<br />

ist unter anderem für die tragende Konstruktion der Freiheitsstatue in New<br />

York verantwortlich.


impressum<br />

AUSGABE 03 || Oktober 2005<br />

REDAKTIONSANSCHRIFT<br />

Redaktion „Der Spezialist“<br />

<strong>Brunel</strong> <strong>GmbH</strong><br />

World Trade Center<br />

Birkenstraße 15<br />

28195 Bremen<br />

redaktion@derspezialist.de<br />

www.derspezialist.de<br />

HERAUSGEBER<br />

<strong>Brunel</strong> <strong>GmbH</strong><br />

VERANTWORTLICHER<br />

REDAKTEUR (V. I. S. D. P.)<br />

Carsten Siebeneich,<br />

Geschäftsführer <strong>Brunel</strong> <strong>GmbH</strong><br />

REDAKTION<br />

Dialog Public Relations,<br />

GfG / Gruppe für Gestaltung <strong>GmbH</strong><br />

KONZEPT UND GESTALTUNG<br />

GfG / Gruppe für Gestaltung <strong>GmbH</strong><br />

FOTOGRAFIE (COPYRIGHTS)<br />

Sofern nicht abweichend, alle Angaben als Bildnummern.<br />

Corbis (01 – 03, 27, 30), picture-alliance/dpa (04, 07 – 08, 10),<br />

Cerver & Pioz (05 – 06), Tilke <strong>GmbH</strong> (09, 11, S. 17), Getty<br />

Images (13), FashionStock (14), REpower Systems AG<br />

(15 – 18), Airbus Deutschland <strong>GmbH</strong> (19 – 25), Dieckmann<br />

Aroma Kaffee <strong>GmbH</strong> & Co. KG (26), akg (28, S. 41), C. Rochelmeyer<br />

(29, 31), F. Goddio/Hilti Foundation (40 – 43),<br />

DRUCK<br />

Druckerei Girzig + Gottschalk <strong>GmbH</strong><br />

ERSCHEINUNGSWEISE<br />

3 Ausgaben / Jahr<br />

Auflage 31.000 Stück<br />

ILLUMINATION?<br />

INSPIRATION?<br />

INNOVATION.<br />

EINE KLEINE IDEE KANN SO GROSS WERDEN:<br />

1854 entwickelt der deutschstämmige Heinrich Göbel in den<br />

USA das Prinzip Glühlampe. 25 Jahre später legt Thomas<br />

Alva Edison mit weiteren technischen Entwicklungen, wie<br />

der Einführung einer Schraubfassung, den Grundstein für<br />

den Erfolg der Glühlampe. Die Welt leuchtet auf.<br />

Innovationen. Zwei außergewöhnliche Ingenieure schaffen<br />

Neues und verändern die Welt. Wenn wir heute über Inno-<br />

vationen reden, müssen wir über Persönlichkeiten reden.<br />

Über Menschen, die Dinge bewegen können. Reden wir.<br />

www.brunel.de<br />

specialists | projects | management<br />

Projektpartner für Technik und Management<br />

<strong>Brunel</strong> <strong>GmbH</strong><br />

World Trade Center<br />

Birkenstr. 15<br />

28195 Bremen<br />

Tel.: 0421 / 1 69 41 - 0<br />

contact@brunel.de


UNSERE FIRMENADRESSE<br />

Bitte senden Sie die gewünschten Informationen an:<br />

Name / Vorname<br />

Firma<br />

Abteilung<br />

Straße / Hausnummer<br />

PLZ / Ort<br />

Telefon<br />

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E-Mail<br />

MEINE QUIZ-LÖSUNG<br />

Frage 1: a b c<br />

Frage 2: a b c<br />

Frage 3: a b c<br />

Bitte senden Sie den möglichen Gewinn an:<br />

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ANTWORT<br />

Redaktion „Der Spezialist“<br />

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falls Marke<br />

zur Hand.<br />

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Wir senden Ihnen schnellstmöglich unsere aktuellen Unterlagen oder informieren Sie über kompetente<br />

Ansprechpartner. Bitte nennen Sie uns Ihre Anschrift.<br />

JA, wir möchten gerne mehr über das gesamte Dienstleistungsangebot von <strong>Brunel</strong> wissen.<br />

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