dräum | ausgabe 2 | 06/2015

RAUSCH
RAUSCH
RAUSCH
RAUSCH RAUSCH
Im ungebremsten Rausch der Worte taumelt‘s
RAUSCH
RAUSCH
durch das Unbekannte, bricht mit jedem Punkt ein
neues Bild vom Schädel auf das Blatt und sucht im
trüben Geistesnebel bisher ungeahnte Kreaturen.
Kein einziges Wort verstanden, man würde doch meinen, in dieser Zug war längst abgefahren, gen Süden, wo es warm ist
Zeiten von Dolby Digital und allem, was uns heilig ist, sollte und man sowieso nichts versteht, wo es aber auch egal ist, weil
eine Durchsage mehr Erhellung in die Köpfe bringen, mehr es eh bloß ums Fressen, ums Saufen, ums Ficken und ums
Erhellung als weißes Rauschen, mehr Erhellung als blanke Schwimmen geht, die Luftmatratzen befeuern sich schließlich
nicht von alleine, und was Nutzloseres als einen unauf-
Ahnungslosigkeit oder düstere Vermutungen – achchun ib
ffgeste, fgrun ssundichen Schterng kn as inie U-schs dezt n geklappten Sonnenschirm hat es sowieso noch nirgends auf
bei richt nu unrglmeig frn ... – ich meine, ja, früher oder später der Welt gegeben – gut, da möge mancher dagegen halten,
kommt man schon drauf, was die meinen könnten – allerspätestens
dann, wenn man vor verschlossenen Zügen und toten eins zu nennen seien, tut aber keiner, denn das Bild von auf-
dass künstliche Fingernägel mindestens ex aequo auf Platz
Gleisen, vor verpassten Gelegenheiten und leeren Gesichtern gebrachten Jüngerinnen der aufgeklebten Krallen, die sich
steht – sorry, heut nicht, haben wir doch durchgesagt – mein zum hasserfüllten Augenauskratzen auf der Straße sammeln,
lieber Herr Gesangsverein, was ist, wenn's ausnahmsweis' um schreckt wohl jeden Kritiker von vornherein hinter’n Schrank.
wirklich was gegangen wär‘?, wenn die Durchsage Tod von Am Montag, ja am Montag, am Montag gehen wir alle heim
Leben trennte?, wenn der Zufall rein zufällig will, dass eben zu unsern Kindern, tätscheln, füttern, hoppern, aber am
jene kryptischen Lappalien Schicksale verändern könnten?, Wochenende, ja am Wochenende, am Wochenende trinken
sollten wir nicht endlich in Betracht ziehen, die Hörenden hörend
zu machen?, High Fidelity dort und da, Lichtfaserkabel, rungen und betreiben Massenmord an Schamgefühlen und
wir Spiritus aus Gummistiefeln, grölen Tiraden gegen Regie-
High End Lautsprecher, Rauschunterdrückung und all der Hirngewinden, das hat man sich verdient, nachdem man
Schnickschnack, könnten wir nicht langsam auch im Öffentlichen
aus den Siebzigern ins audiophile Heute schreiten?, Schicksalsberg versenkt, nachdem man Magister Ludi Josef
siegreich aus Ilion heimgekehrt, nachdem man den Ring im
führt die Nicht-Verstehenden doch endlich heraus aus ihrer Knecht aus dem Bergsee gezogen hat; heilige Maria, da wird
nicht selbst verschuldeten Unmündigkeit, gebt ihnen die man sich wohl noch n’ kleines bisschen amüsieren dürfen.
Möglichkeit, sich vorzubereiten und im unwahrscheinlichen, Am Ende sind wir alle gleich, nur manche sind halt etwas gleicher.
Die Weisheiten des Eisverkäufers gab es immer noch als
aber nicht unmöglichen Falle auf ihr Schicksal, das an euren
kümmerlichen Worten hängt, Einfluss zu nehmen!; veflucht, Extra-Kugel zum Kauf dazu. Serviette zum Einreißen gefällig?
das seid ihr uns schuldig, ihr Nuschler, ihr Stammler, ihr Rauscher,
oh, ihr Krüppel des gesprochenen Wortes! – jaja, so und über’m Kopf einreißt, Versicherung ist überflüssig, mit dem
Nein Danke, da soll mal einer kommen, der mir mein Dach
anders wetterte der Junge am Bahnsteig, sein Pappschild Wind hab ich Kontrakt, mit dem Hagel bin ich Freund, der
und seine Mahnung hochhaltend, versuchend, durchs weiße
Rauschen in den Köpfen der Passanten zu dringen, aber winen trifft man beim Einkaufen und nickt sich zu,
Blitz ist alter Schulkollege, mit der Mure geh ich golfen, La-
Tornados
gibt’s bei uns nicht – hervorragende Ausländerpolitik – und
das Erdbeben, ja, das Erdbeben hat bei uns soviel zu melden
wie unser Bundespräsident; ich mach mir da keine Sorgen.
Das Haus stand also lichterloh in Flammen, als Meier, Maier,
Mayr und Mayer – und wie sie alle heißen bei der freiwilligen
Feuerwehr – beim nächtlichen Grillfest eintrafen – so viel Hitze,
Mann, das brennt vielleicht, besser, wir gehen wieder und
lassen das Profis machen. Alles Gute zum Geburtstag schrie
fünf Minuten vorher Klein-Hannes, sprang mit der kerzenbeladenen
Torte unbedacht durch das Sesselmeer im noch
leeren Gastraum; bald würden sie alle kommen, die Meiers,
die Maiers, die Mayrs und die Mayers – und wie sie alle heißen
vom Stammtisch –, gleich würde die Festgesellschaft das
kleine Familienfest mit Lärmen und Gelächter zur ausladenden
Party-Hölle ausufern; Hannes Senior hatte Tränen in den
Augen, als er das erste Stück vom Kuchen aß, Wasabi?, gewagte
Zutat, aber schmeckt!, doch ja, kann man lassen; jetzt aber erst
mal die Glotze an – Funkenflug zu klassischer Musik, ein herrliches
Schauspiel, selbst für den verwöhnten Schaulustigen.
Zum Frühstück kam der Freier angekrochen, ganz schön harte
Nacht, zwinkerzwinker, die Hure verzog die Winkel zum
gestellten Grinsen, immerhin hatte er bezahlt, da muss man
ihm die Freude lassen; in der Kaffeekanne waren Katzen,
in der Stulle alte Socken, die Butter war aus Kindern, der
Tisch war hyperaktiv, hielt nicht still, Geldverschwendung, er
prügelte ihr das Gesicht vom Kopf, ging scheißen, kam wieder,
nahm sein Geld, zündete die Zigarette an, atmete ein,
atmete aus, atmete ein, atmete aus, durchwühlte alte Hurenfotos,
ging noch mal scheißen, zur Sicherheit, packte seine
Sachen und verschwand.
In. Der. Nacht. Kam der Arzt zum aufgewühlten
Patienten, der machte sich Sorgen noch und nöcher, hätte er
aber gar nicht gebraucht, ist schließlich alles bestens, alles in
Ordnung, wirklich alles gut, sogar das Krankenhausessen –
Moment, das kann doch nicht stimmen, das muss ein Traum
RAUSCH
RAUSCH
RAUSCH
RAUSCH
RAUSCH
RAUSCH
RAUSCH
RAUSCH
sein, bin ich durch die Dimension gefallen?, Du fällst noch,
siehst du nicht das Fallen, das Fallen, das dich umringt?, bist
du zu blind, um das Fallen zu erkennen?, aber dann fällst du
ja auch, oder? – nope, bei uns, in meiner Dimension, ist Fallen
aus der Mode, hier sieht man nur den anderen beim Fallen zu,
das ist viel bequemer und schmerzt nicht so, vor allem beim
Aufprall, naja, wirst schon sehen – Tüdelü, ich muss los! War es
nicht morgens vorhin?, wendet der aufmerksame Zuhörer/Leser/Seher
ein – da kann doch nicht erst Früh und dann wieder
Nacht sein – wissen Sie denn, wie dieser Text Früh und Nacht zu
definieren pflegt?, oder welche Zeit dort gilt, woher all das berichtet
wird? Die Zeit prickelt wie Mokka-Schaum in allen Dingen,
nicht glatt und geschmeidig, rau und wabernd vermuten
sie die Leute, die, die sich damit beschäftigen, die sich Experten
nennen und viele schlaue Gedankengänge zu Zeit und kleinsten
Teilen spinnen; das kleinste aller Teile?, na die Antwort ist
einfach: dein Penis! Hahahahahahahahahahahahahahahaha
hahahHAHAHAHAHAHAHAHAHAHAHAHA HA HA HA HA HA
HA. HA. HA. HA. HA. HA. HA. HA. HA. HA 207 ET – genau so
lautet das Kennzeichen desjenigen Unholds, der heute Nacht
meine Himbeersträucher durch einen gezielten und sicherlich
böswilligen Drift dem Erdboden gleich gemacht hat – sehen
Sie doch, SEHEN SIE DOCH DEN SIRUP!, ÜBERALL SIRUP!,
WELCH EIN MONSTER KANN SO VIEL HIMBEER AUSSIRUPEN
LASSEN!, BITTE, JESUS!; nu ma mit der Ruhe, Señor, der Sirup-Vergießer
hat also das Kennzeichen HA 207 ET, welches
Auto?, ein Antimaterie-Traktor, gut, Farbe?, schwarzes Loch, und
konnten Sie den Fahrer erkennen?, bin mir nicht sicher, sah aus
wie ein weißer Zwerg – Katsching, Katsching, Katsching spielte
die Band, extra fürn Fasching bestellt, hatten sie die vergangenen
drei Wochen alle noch schnell ein Instrument gelernt.
Besonders beliebt: die Triangel – das Klavier durfte schließlich
keiner anrühren, das Schlagzeug auch nicht, die Gitarre gehörte
dem Lehrer, das Tamburin war in ner Vitrine, die Mundharmonika
war eklig, da hatten schon so viele reingeblasen.