6. Ausgabe - Oase der Vier Palmen
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Südland-Botenmädchen 3<br />
Selbstversuch: Einmal Taluna sein<br />
machten sich die ersten geknüpften Kontakte<br />
in unserem Doppelleben auf den Heimweg.<br />
Was so ein richtiger Taluna-Stamm sein will,<br />
das braucht eine Fahne. Mit zu den ersten<br />
Dingen, die wir in unserem Talunaleben organisierten<br />
gehörte eine Solche. Für das Design<br />
erklärte sich M. zuständig, die uns unsere<br />
neue Stammesflagge später am Abend mit<br />
Stolz präsentierte.<br />
Wessen Idee waren nur die Karos im Hintergrund?<br />
Nachdem sich alle mit dem Motiv einverstanden<br />
erklärt hatten, beschlossen M. und ich,<br />
dafür zu sorgen, dass unser neues Umfeld<br />
bald die Sa me P. kennen würde, denn Talunasein<br />
macht keinen Spaß, wenn einen niemand<br />
kennt. Wir machten uns auf zum Handelsposten<br />
Südlands. Der ursprüngliche Plan<br />
war, unsere Flagge über <strong>der</strong> Flagge <strong>der</strong> Sa me<br />
Arquana zu hissen, die bereits verbotener<br />
Weise am Leuchtturm hängt. Nachdem wir<br />
aber bereits Jägerinnen dieses Stammes<br />
kennenlernten, sie uns freundlich behandelten<br />
und ihnen wohl kaum entgangen sein konnte,<br />
dass wir keine guten Kämpferinnen sind,<br />
beschlossen wir von dieser Provokation abzusehen.<br />
Wir brachten unsere Fahne auf dem<br />
Dach unterhalb des Leuchtturms an. Wirklich<br />
bemerkenswert, dass wir dies, obwohl <strong>der</strong><br />
Handelsposten gut besucht war an jenem<br />
Abend, ungehin<strong>der</strong>t tun konnten. Offenbar<br />
wird er nicht wirklich gut bewacht.<br />
„Jetzt müssen wir zu den Sa me Arquana<br />
gehen und Miete verlangen, da sie ihren<br />
Leuchtturm auf unserem Dach stehen haben“,<br />
meinte ich scherzhaft zu M. und wir kicherten.<br />
Natürlich, das wäre keine gute Idee. Das war<br />
uns beiden bewusst und daher verwarfen wir<br />
sie schnell, um heim zu reisen und uns schlafen<br />
zu legen.<br />
Versteckt und doch zu sehen: Das Camp<br />
Nur zwei Tage später bezogen wir unser<br />
neues Camp. Im Grunde ist es zwar unvernünftig<br />
nahe an einer Stadt gelegen, in <strong>der</strong><br />
man einige von uns sogar auch noch gut<br />
kennt, aber B. meinte „hier kommt doch eh nie<br />
jemand vorbei“. Außerdem, <strong>der</strong> Nervenkitzel,<br />
<strong>der</strong> mit dieser Lage verbunden ist, ist nicht<br />
ohne Reiz. So begannen wir also, Feuerstelle<br />
und Zelte aufzubauen. Wir gruben Büsche und<br />
Schilf, denn wie<strong>der</strong> ist <strong>der</strong> Platz am Wasser<br />
gelegen, aus und pflanzten sie als Sichtschutz<br />
rund um das Lager und diskutierten dann über<br />
die Sinnhaftigkeit <strong>der</strong> Fahne, die M. aufgestellt<br />
hatte. Warum verstecken wir uns hinter Schilf<br />
und Büschen, wenn die hohe Fahne unsere<br />
Position dann doch verrät? Mein Vorschlag,<br />
die Fahne etwas abseits aufzustellen, um vom<br />
tatsächlichen Camp abzulenken und uns die<br />
Möglichkeit zu geben, eventuelle Besucher<br />
sehen zu können, bevor diese uns sehen,<br />
damit wir entscheiden können, ob wir auf den<br />
Besuch zu gehen o<strong>der</strong> vor ihm fliehen, löste<br />
Diskusionen auf. Wir konnten uns auf diese<br />
Idee nicht einigen. Schließlich verließen M.<br />
und B. gemeinsam das Camp, bevor die Idee<br />
vollends ausdiskutiert war, um weiteres<br />
Pflanzmaterial zu beschaffen. Ich blieb alleine<br />
zurück, setze mich ans Feuer und genoss die<br />
Ruhe.<br />
Doch, urplötzlich hörte ich Schritte, hektische<br />
Schritte direkt am Camp. Irgendwer schien<br />
dicht am Camp vorbei zu rennen. Ich stand auf<br />
und ging mit <strong>der</strong> Hand am Dolch nachsehen.<br />
Doch, ich fand nichts. Während ich noch suchte,<br />
hörte ich neuerlich jemanden dicht an mir<br />
vorbei rennen, diesmal mitten durch unser<br />
Camp, aus dem ich mich ein Stück entfernt<br />
hatte. Doch, als ich dort ankam, sah ich nur<br />
noch einen Schatten im Gebüsch verschwinden.<br />
Während ich wie<strong>der</strong> nachsah, passierte<br />
mich erneut jemand in dichter Nähe und hinterrücks.<br />
Verunsichert suchte ich vorsichtig<br />
den Bereich um unser Camp und neben <strong>der</strong><br />
Stadt ab, nicht wissend, ob mir von wem auch<br />
immer Gefahr drohte und mit <strong>der</strong> ungeübten<br />
Hand an <strong>der</strong> ihr nahezu nutzlosen Waffe.<br />
Nichts fand ich, gar nichts! Mich im Geiste<br />
noch fragend, ob ich mich wohl getäuscht<br />
hatte, ging ich zurück ins Camp und ließ mich<br />
wie<strong>der</strong> am Feuer nie<strong>der</strong>. Es dauerte nicht<br />
lange, bis ich wie<strong>der</strong> Geräusche hörte, diesmal<br />
von <strong>der</strong> Wasserseite. Und ich hatte Recht.<br />
Zwei Jägerinnen standen auf einmal direkt vor<br />
mir. Eine von beiden, Jess, die En <strong>der</strong> Sa me<br />
Ar<strong>der</strong>, war mir aus meinem Stadtleben bekannt.<br />
Was sagten meine Schwestern noch<br />
gleich? Hier kommt eh nie jemand vorbei?<br />
Toll! Sie grüßten mich und ich erwi<strong>der</strong>te den<br />
Gruß. Ich hielt es für keine gute Idee, die<br />
beiden zu verscheuchen, weil sie sich auf<br />
unserem Gebiet befanden. Das schlüssige<br />
Verhalten für Talunas wäre das sicherlich<br />
gewesen, aber wäre es dabei zum Kampf<br />
gekommen, ich hätte sicher verloren. Sie<br />
fragten mich, ob wir nun an dieser Stelle leben<br />
würden, wie lange und zu welchem Stamm wir<br />
gehörten. Ich klärte die beiden auf. Sie hatten<br />
sich mir nicht vorgestellt. Ich hoffte, dass Jess,<br />
die mich kennen konnte, mich in meiner Aufmachung<br />
nicht erkannt hatte; dass sie sich<br />
nicht vorstellte, weil das Talunas nicht tun, und<br />
nicht, weil sie wusste, dass ich sie kannte. Ich<br />
fragte mich verstellend, ob sie hier in <strong>der</strong> Nähe<br />
leben o<strong>der</strong> gar dieses Gebiet für sich beanspruchen.<br />
Jess antwortete, dass sie in <strong>der</strong><br />
Nähe leben, aber dies nicht ihr Gebiet ist,<br />
woraufhin ich entgegnete, dass dann wir ab<br />
sofort dieses Gebiet beanspruchen. Jess<br />
erklärte mir freundlich, aber distanziert, dass<br />
sie einen Kajiru verfolgt hatten, <strong>der</strong> ihrem<br />
Camp zu nahe kam. Sie hatten ihn wohl gefangen,<br />
aber wie<strong>der</strong> gehen lassen. Dann<br />
versandete das Gespräch und die beiden<br />
Jägerinnen wünschten mir gute Jagt und<br />
zogen sich zurück.<br />
Den Rest des Abends verbrachten M., B. und<br />
ich in gemütlicher Runde am Feuer des<br />
Camps. „Was wollen wir nun tun?“, fragte B.<br />
„Talunas müssen Glocken klauen und Wände<br />
bemalen!“. Sie hatte Recht. Irgendwie sollten<br />
wir die Städte von unserer Existenz wissen<br />
lassen. „Wir sind an<strong>der</strong>s“, sagte ich. „Wir<br />
klauen Wände und bemalen Glocken!“.<br />
Fest steht, dass wir uns in den nächsten Tagen<br />
etwas für unseren ersten Coup ausdenken<br />
müssen, ausdenken werden.<br />
Wir drei Schwestern sind uns nach den ersten<br />
Tagen einig, dass wir unser Doppelleben<br />
schön und spannend finden. Keines Falles<br />
wollen wir es trotz des hohen Risikos aufgeben.<br />
Wir werden weiter trainieren um bald<br />
auch einem Kampf nicht mehr aus dem Wege<br />
gehen zu müssen und wollen uns immer,<br />
wenn es unser Stadtleben zulässt, treffen, um<br />
unseren Geheimbund, unser Stammesleben<br />
und unsere neue Freiheit zu zelebrieren.<br />
Da wir Städterinnen sind und die Einrichtung<br />
<strong>der</strong> Zeitung unserer Region sehr schätzen,<br />
werden wir Bericht ablegen, sofern sich Spannendes<br />
und Lesenswertes ereignet.<br />
Ta Sadar Gor, Ta Sadar Sa me P!<br />
GPA – goreanische Presseagentur<br />
NL Kasra<br />
Redaktion: anonyme Einsendung