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6. Ausgabe - Oase der Vier Palmen

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Südland-Botenmädchen 2<br />

Selbstversuch: Einmal Taluna sein<br />

Tal, ihr gewogenen Leser. Viele Ideen sind<br />

das, was einen kreativen Menschen auszeichnet.<br />

Dabei muss nicht jede Idee zwangsläufig<br />

auch gut sein. Mein Name ist R. und ich hatte<br />

eine Idee. Eine Idee, die vielleicht nicht zu den<br />

Guten gehört, aber eine, die vielleicht verrückt<br />

genug ist, um davon zu berichten.<br />

Ich stamme aus einer Stadt mit Flussanbindung,<br />

bin dort angesehene Lady einer vielleicht<br />

nicht hohen, dafür aber reichen Kaste. Ich bin<br />

integriert, vermögend und müsste eigentlich<br />

nahezu rundum zufrieden sein mit dem Leben,<br />

das ich führen kann. Und doch fehlt etwas.<br />

Lange war ich nicht in <strong>der</strong> Lage zu benennen,<br />

was es ist, das mir fehlen mag. Ist es <strong>der</strong><br />

Hauch von Abenteuer, <strong>der</strong> einem das Adrenalin<br />

durch die Blutbahn jagt o<strong>der</strong> doch die Freiheit,<br />

die eine angesehene Lady hinter Schleiern<br />

verbergen muss? Ist es die natürliche<br />

Umgebung, die sich einem abgeschieden von<br />

<strong>der</strong> Zivilisation bietet?<br />

Eigentlich war es eine Pagaidee, im wahrsten<br />

Sinne des Wortes, die sich an einem männerfreien<br />

Abend zusammen mit meinen Freundinnen<br />

auftat: ‚Wir gründen einen Talunastamm,<br />

einen Geheimbund‘. Die Idee reifte bei ihrer<br />

Umsetzung, die mit <strong>der</strong> Erfahrung einer von<br />

uns drei Freundinnen, die einst ein Leben als<br />

Waldmädchen führte, wohl schneller eintrat, als<br />

erwartet.<br />

Nur einen Tag später stand ich im Wald, die<br />

Fellhöschen tragend, über die ich kürzlich noch<br />

allzu gerne lästerte, umringt von den beiden<br />

Frauen, zu denen ich ab sofort Schwester<br />

sagen wollte. Ja, und irgendwie fühlte ich mich<br />

nackt. Ein Großteil meiner Haut war dem frischen<br />

Wind, wie auch den Blicken zugänglich<br />

und meine Mimik konnte ich auch nicht weiter<br />

hinter dem Schutz <strong>der</strong> städtischen Schleier<br />

verstecken. Aber gibt es überhaupt irgendeinen<br />

Grund, etwas zu verstecken? Irgendeinen<br />

außer den Männern <strong>der</strong> Städte? Nein, nicht<br />

wirklich! Ich bin zumindest tageslichttauglich,<br />

wenn nicht sogar schön. Daran ist nichts zu<br />

verbergen. Dass die Männer meinen, dass ich<br />

für diese Eigenschaft in ein Collar gehöre, ist<br />

nicht mein Fehler! Schließlich ist das die Urform!<br />

Die erste Frau ist sicherlich nicht in<br />

Schleiern und Roben auf diese Welt gekommen.<br />

Das hier ist die Natur des Menschen! Mit<br />

diesem Gedanken im Kopf konnte ich mich<br />

recht schnell an mein neues Erscheinungsbild<br />

gewöhnen. Nur <strong>der</strong> sperrige Bogen auf dem<br />

Rücken bereitete mir praktische Schwierigkeiten.<br />

Hin und wie<strong>der</strong> eckte ich mit ihm an.<br />

Die Namensfindung ging binnen Ehn vonstatten,<br />

wie auch die Rollenverteilung. Natürlich<br />

wurde die von uns mit Erfahrung die En. Wir<br />

nennen sie „M“. „B“ bestand darauf, Scout des<br />

Stammes zu werden, <strong>der</strong> sich „Sa me P.“<br />

nennen sollte. Ich, „R“, wurde, weil ich eine<br />

solche Waffe vor wenigen Ahn erst das erste<br />

Mal berührte, First Bow des jungen Stammes.<br />

O<strong>der</strong> meint <strong>der</strong> Begriff ‚First Bow‘ nicht zum<br />

ersten Mal schießen, son<strong>der</strong>n am besten<br />

schießen? Naja, auch das mochte stimmen.<br />

Wir waren alle ungeübt und hatten nicht ausgetestet,<br />

wer am zielsichersten schießt. Bald<br />

hatten wir auch ein unbewohntes Waldstück<br />

gefunden, auf dem wir ein paar Zelte und eine<br />

Feuerstelle errichten wollten, um dies fortan<br />

unser Camp zu nennen. Wir verabredeten, uns<br />

dort zu Zeiten zu treffen, zu denen wir alle<br />

zusammen unauffällig unserem Stadtleben<br />

entfliehen können würden und waren uns<br />

völlig im Klaren darüber, welche Gefahr wir<br />

eingingen. Sollte unser Doppelleben auffliegen,<br />

drohte uns zumindest das Collar. Doch<br />

davon ließen wir uns nicht abschrecken. Es<br />

überzeugte uns jedoch davon, das Zugeständnis<br />

zu machen, unsere Gesichter doch<br />

zu verdecken. Später erst beschlossen wir, um<br />

lästigen Fragen von Waldbewohnern vorzubeugen,<br />

das schwarze Tuch o<strong>der</strong> eine Maske<br />

vor Mund und Nase als Stammesabzeichen zu<br />

definieren. Gepaart mit <strong>der</strong> Tatsache, dass<br />

eine Frau zumeist über mehr Möglichkeiten<br />

verfügt, ihr Aussehen zu verän<strong>der</strong>n, wie z.B.<br />

offenes o<strong>der</strong> hochgestecktes Tragen <strong>der</strong><br />

Haare, Zopfflechten o<strong>der</strong> <strong>der</strong>artiges, waren<br />

wir uns recht sicher, zumindest nicht am Äußeren<br />

erkannt zu werden.<br />

Wer würde mich, R., so erkennen?<br />

Und trotzdem alles so einfach aussah, taten<br />

sich alsbald erste Probleme auf. Gerade hatten<br />

wir einen Ort gefunden, an dem wir uns<br />

nie<strong>der</strong>lassen wollten. Ein schöner, abgelegener<br />

Platz nahe des Handelspostens in Südland,<br />

mit Blick auf den Fayheen, als M. herausfand,<br />

dass dieser bald von einem Schmied<br />

bezogen werden würde. Unter Hochdruck<br />

schafften wir es, unsere Zelte wie<strong>der</strong> abzureißen,<br />

bevor die Bau-Kajirii begonnen, den<br />

Aushub für das neue Haus vorzunehmen. M.,<br />

unsere En, organisierte notdürftig Unterkunft<br />

bei den Ja’hesa me Seraka, zu denen sie wohl<br />

früher Kontakte unterhielt. Kurzfristig bezogen<br />

wir das Camp, dessen Eigentümer wohl auf<br />

Reisen waren und waren uns einig darüber,<br />

dass das Teilen eines Camps zu zwei Stämmen<br />

nur eine Notlösung auf Zeit sein kann.<br />

Während unsere En ihren städtischen Pflichten<br />

nachgehen musste und unsere Scout sich<br />

auf die Suche nach einem passenden Lagerplatz<br />

für die Sa me P. machte, verblieb ich<br />

allein im Camp, in dem ich mich recht sicher<br />

fühlte, da es sehr abgeschieden liegt. Doch<br />

ganz offenbar war diese Sicherheit trügerisch.<br />

Schnell versteckte ich mich unter Fellen eines<br />

Lagers auf <strong>der</strong> Plattform in einem Baum, auf<br />

<strong>der</strong> ich mich befand, als ich Schritte unter mir<br />

hörte. Offenkundig gibt es für mich in meiner<br />

neuen Eigenschaft als Jägerin noch viel zu<br />

lernen, denn natürlich entdeckten sie mich und<br />

ließen mit gezogenem Dolch mein Versteck<br />

auffliegen. Zwar war ich bewaffnet, jedoch <strong>der</strong><br />

Tatsache wegen, dass ich mit meinen Waffen<br />

kaum o<strong>der</strong> gar nicht umgehen konnte, zog ich<br />

es vor, mich den beiden Talunas zwar aufrecht,<br />

aber defensiv entgegenzustellen. Eine<br />

Taktik, die aufging, denn was wie die Befragung<br />

einer Gefangenen begann, wandelte sich<br />

alsbald zu einem freundlichen Gespräch, wie<br />

man es sich unter Jägerinnen nicht verfeindeter<br />

Stämme vorstellen möchte. Die Einladung<br />

<strong>der</strong> beiden, die nach eigener Aussage zum<br />

Stamm <strong>der</strong> Sa me Arquana gehörten, zum<br />

gemeinsamen Training auf einer nahegelegenen<br />

Ebene war zwar freundlich und aus Höflichkeit<br />

sicher für mich unabweisbar, brachte<br />

mich allerdings in massive Schwierigkeiten.<br />

Mit gezogenen Dolchen standen wir uns gegenüber,<br />

wobei ich meinen Dolch mangels<br />

Übung kaum fachgerecht halten konnte. Die<br />

an<strong>der</strong>e Arquana gab das Startsignal, wir stürzten<br />

auf einan<strong>der</strong> los und bevor ich überhaupt<br />

wusste, wie mir geschieht, lag ich unter ihr.<br />

Zwar konnte ich beim Training mit dem Bogen<br />

ein etwas besseres Bild abgeben, allerdings<br />

war die Tarnung nach diesem Beweis meines<br />

Dilettantismus kaum mehr aufrecht zu erhalten<br />

und ich gestand wi<strong>der</strong>willig ein, solche Waffen<br />

noch nie in Händen gehabt zu haben. „Jede<br />

von uns hat mal angefangen“, merkte sie an<br />

und versorgte mich mit freundlichen Tipps.<br />

Zum Glück hatte ich ihr nicht verraten, dass<br />

ich mich in unserem Stamm als erste Bogenschützin<br />

bezeichne. Welche Blamage wäre<br />

das gewesen? Nach dem ersten Beschnuppern,<br />

zu dem noch eine Dritte des Stammes<br />

<strong>der</strong> Wasser-Taluna und unsere Scout stießen,

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