30 Jahre Rotpunktverlag.
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<strong>30</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Rotpunktverlag</strong>.<br />
Engagierte Bücher für engagierte Leserinnen und Leser.
Impressum<br />
© <strong>Rotpunktverlag</strong> 2007<br />
www.rotpunktverlag.ch<br />
Druck und Bindung: fgb · freiburger<br />
graphische betriebe · www.fgb.de<br />
Inhalt<br />
Editorial 4<br />
Eine kurze Geschichte des Verlags 6<br />
10 <strong>Jahre</strong> <strong>Rotpunktverlag</strong> als Aktiengesellschaft 15<br />
Hans Baumann: Der springende Punkt 16<br />
AutorInnen- und HerausgeberInnen-Galerie 18<br />
Karin Beindorff: <strong>Rotpunktverlag</strong> zum Geburtstag 24<br />
Erich Hackl: Von notwendiger und<br />
wahrscheinlicher Literatur 27<br />
Rotpunkt-Statistik <strong>30</strong><br />
Das heutige Verlagsteam 33<br />
Unsere Buchtipps 34–41<br />
Sponsoren 42<br />
3
4<br />
Editorial<br />
Der <strong>Rotpunktverlag</strong> sei ja ein quicklebendiger Verlag, hat<br />
kürzlich eine Autorin geschrieben. Kein Wunder, der Verlag<br />
ist auch erst junge <strong>30</strong> <strong>Jahre</strong> alt. Andererseits sind die<br />
Zeiten für das Buch und für das geschriebene Wort ganz<br />
allgemein schwierig, sehr schwierig sogar. Insofern grenzt<br />
es an ein Wunder, dass ein nichtkommerzieller Verlag<br />
ohne kapitalkräftigen Großkonzern oder finanzkräftigen<br />
Mäzen im Hintergrund drei Jahrzehnte überdauert.<br />
Zwei Gründe dürften für diese Kontinuität ausschlaggebend<br />
sein: die »Neugründung« des Verlags als Publikumsaktiengesellschaft<br />
1997 mit stetig wachsendem Aktienkapital<br />
und eine Programmpolitik, die sich bewährt hat.<br />
Unser Programm besteht aus den drei Abteilungen<br />
Belletristik (Schweiz und Lateinamerika), politisches Sachbuch<br />
und Freizeitführer (vor allem Wanderführer). Das<br />
politische Sachbuch ist und bleibt das Herzstück des Verlags,<br />
der seine Identität in der Tradition der Aufklärung<br />
sucht. Das heißt, dass nicht »ewige« oder »neue Wahrheiten«<br />
uns interessieren, sondern das Suchen, das<br />
In-Zweifel-Ziehen, die Skepsis, das Fragen und Nachfragen.<br />
Aber auch die klare Antwort, wenn es sie gibt, auch wenn<br />
sie unbequem ist und dem Mainstream nicht entspricht.<br />
Das sind Eigenschaften, die auch einem literarischen Werk<br />
gut anstehen – und auch einem Wanderführer.<br />
Der Verlag hat sich nicht nur einen Namen als Plattform<br />
für eigenständige, engagierte Autorinnen und Autoren<br />
gemacht, er ist in den letzten <strong>Jahre</strong>n auch stetig gewachsen,<br />
nicht in großen Sprüngen, aber kontinuierlich.<br />
Gewachsen ist die Anzahl der neuen Titel, die wir jährlich<br />
herausgeben, aber auch die Anzahl der Neuauflagen;<br />
gewachsen ist die Anzahl der Beschäftigen im Verlag, und<br />
gewachsen ist der Umsatz.<br />
Gewachsen ist nicht zuletzt auch die Anzahl jener, die<br />
in irgendeiner Weise am Zustandekommen der Bücher beteiligt<br />
sind und im Auftragsverhältnis mitarbeiten: die<br />
Übersetzerinnen, die Herausgeber, die Mitglieder der<br />
Beiräte, die Korrektorinnen, die Fotografen, Gestalterinnen,<br />
Zeichnerinnen, Kartografen, die Drucker und Buchbinder<br />
usw. Das sind bei der <strong>Jahre</strong>sproduktion unseres<br />
Kleinverlags insgesamt rund 120 Personen!<br />
Wirksam unterstützt werden wir auch von unseren<br />
mittlerweile 403 Aktionärinnen und Aktionären, die unsere<br />
Arbeit ideell mittragen. Und von unseren Vertreterinnen<br />
und Vertretern sowie den zahlreichen Buchhändlerinnen<br />
und Kulturveranstaltern, die mithelfen, dass unsere Bücher<br />
unter die Leute kommen.<br />
Ihnen allen sei an dieser Stelle gedankt – sie machen<br />
möglich, dass unsere Arbeit Früchte trägt.<br />
Das Team des <strong>Rotpunktverlag</strong>s<br />
Zürich, im Frühjahr 2007<br />
5
6<br />
Eine kurze Geschichte des Verlags<br />
Aus dem Geist des Widerspruchs<br />
An der Wiege des <strong>Rotpunktverlag</strong>s stand ein Widerspruch:<br />
Die Parteileitung der POCH beschloss 1976, einen parteiunabhängigen<br />
Verlag zu gründen. Zum einen wurde<br />
»Kultur« als politisch relevant erkannt – auch für eine<br />
Partei; zum andern aber konnte kulturelles Schaffen nicht<br />
Parteibeschlüssen unterworfen werden, sollte es politisch<br />
wirksam sein. Die Bücher sollten Partei ergreifen, aber<br />
nicht Parteiliteratur sein. Der Kulturbegriff war allerdings<br />
geprägt vom Denken der Neuen Linken in den 1970er-<br />
<strong>Jahre</strong>n: Kultur war auf jeden Fall politisch, bewusst oder<br />
unbewusst, und man wollte eine Kultur fördern, die<br />
bewusst politisch eingreifend war. Das erste Werk des <strong>Rotpunktverlag</strong>s<br />
waren Fidel Castros Ausgewählte Reden zur<br />
internationalen Politik 1965–1976; als Druckvorlage diente<br />
das mit Kugelkopfschreibmaschine gehämmerte Übersetzungsmanuskript.<br />
Wenig später kam es in der Zürichseegemeinde<br />
Erlenbach zu einem Zensurfall: Eine Lehrerin<br />
wurde entlassen, weil sie mit ihrer Klasse Ich heisse Thomy<br />
von Walter Matthias Diggelmann gelesen hatte, in dem<br />
das Wort »vögeln« vorkommt. Der Fischer Taschenbuch<br />
Verlag überließ dem <strong>Rotpunktverlag</strong> die Druckvorlagen,<br />
und dieser druckte nun Auflage um Auflage. Diggelmanns<br />
kurzer Roman über Schweizer Jugendliche traf den Nerv<br />
der Zeit und sicherte dem Verlag als (bis heute!) meistverkauftes<br />
Buch in der Gründungsphase das Überleben.<br />
Vom Ehrenamt zur Professionalität<br />
Der <strong>Rotpunktverlag</strong> war in den ersten <strong>Jahre</strong>n ein Freizeitund<br />
Freiwilligenprojekt. Ein Verlagskollektiv in häufig<br />
wechselnder Besetzung entschied über das Verlagsprogramm;<br />
projektbezogene Gruppen kümmerten sich<br />
mehr oder weniger termingerecht um die einzelnen Veröffentlichungen.<br />
Das Erinnerungsbuch zu 10 <strong>Jahre</strong>n 68er-<br />
Bewegung, Zwüschehalt, erschien im Oktober 1979.<br />
Klebestift und Japanmesser gehörten in dieser Zeit zum<br />
Handwerkszeug. Der Satz fand bald gegen Bezahlung<br />
auf den ersten elektronischen Linotypes statt und kam in<br />
langen Bahnen auf den Schneidetisch im winzigen Verlagsraum<br />
neben dem Parteisekretariat an der Freyastrasse 20.<br />
Wurde der Buchhandel zunächst noch vom Verlag direkt<br />
beliefert, so übernahm schon bald buch2000 die Auslieferung<br />
in der Schweiz und Prolit jene in Westdeutschland.<br />
Wichtig waren die regelmäßigen Sitzungen des Verlagskollektivs,<br />
an denen – oder oft auch anschließend in rauchgeschwängerten<br />
Kreis-4-Kneipen – die Buchideen geboren<br />
wurden: Frauen, Gene, Millionen etwa oder Muchachos.<br />
Immer wieder blieben Leute aus einzelnen Buchprojekten<br />
im Verlagskollektiv hängen: Andreas Simmen, Silvia Ferrari.<br />
Diese sollten dann zukunftsweisend die auch heute noch<br />
bestehenden Sparten prägen. So stand Silvia Ferrari für die<br />
schweizerische Belletristik, unter anderem mit der Furore<br />
machenden Entdeckung von Ruth Schweikert und ihrem<br />
Erstling Erdnüsse. Totschlagen, oder Andreas Simmen für<br />
die lateinamerikanische Belletristik (etwa Roque Daltons<br />
Armer kleiner Dichter, der ich war). Allmählich kristallisierte<br />
sich ein Team heraus, in dem trotz räumlicher Nähe die<br />
POCH-Mitglieder bald in der Minderheit waren. Aber diese<br />
Frage spielte für den Verlag schon keine Rolle mehr.<br />
1991 wurde die erste bezahlte Stelle geschaffen, die mit<br />
Heinz Scheidegger (Administration und Herstellung) be-<br />
7
8<br />
setzt wurde. Damit begann die Professionalisierung. Eine<br />
geregelte Büropräsenz und damit Erreichbarkeit sollte<br />
gesichert werden.<br />
Schluss mit Sponti: Das Gestaltungskonzept<br />
Der nächste Professionalisierungsschritt bestand 1993 im<br />
Abschied vom Spontitum in der Buchgrafik. Die Gestalterin<br />
Agnès Laube erarbeitete ein erstes Gesamtgestaltungskonzept<br />
für den Verlag, das Vorschauen, Prospekte, Briefpapier<br />
und andere Drucksachen ebenso umfasste wie<br />
die Buchumschläge selber. Jede Reihe (Sachbuch, Belletristik,<br />
Reihe WoZ im <strong>Rotpunktverlag</strong>) erhielt ein einheitliches,<br />
zeitgemäßes und funktionales Design. Diese<br />
sichtbare Reihenbildung hatte Rückwirkungen auf die<br />
Programmgestaltung, denn nun musste für die einzelnen<br />
Reihen, damit sie sich als solche legitimieren konnten,<br />
auch der Nachschub gesichert werden. Es mussten also<br />
regelmäßig für alle Reihen Novitäten gefunden und produziert<br />
werden. Mit einem Redesign im Jahr 2000, das<br />
heute noch in Anwendung ist, verabschiedete sich Agnès<br />
Laube als Gestalterin vom Verlag.<br />
In der Naturpunkt-Wanderbuch-Reihe dehnte sich der<br />
Gestaltungswille auch auf den Inhalt aus: Jedes Buch verfügt<br />
über genau definierte Textarten, die sich in allen Titeln<br />
der Reihe wieder finden, dazu kommen Serviceteil und<br />
Routenskizzen; die Fotografie nimmt einen gewichtigen<br />
Platz ein. Diese Reihe wurde von Markus Kaufmann initiiert<br />
und auch gestaltet; den Auftakt bildete 1996 Dominik<br />
Siegrists Pässespaziergang.<br />
Die Politik geht wandern<br />
Wie kamen aber Wanderbücher überhaupt in einen linken<br />
politischen Verlag? Die »Vernetzungswanderung«<br />
TransALPedes von Wien nach Nizza im <strong>Jahre</strong> 1992 hat die<br />
Die Gestaltung der Buchumschläge im Laufe der Zeit – Konzepte von Agnès Laube<br />
Das Politische Buch<br />
Belletristik<br />
Wanderbuch<br />
neue Reihen<br />
»Attac-Texte«<br />
93<br />
95<br />
seit<br />
04<br />
Urchuchi<br />
93<br />
Naturpunkt-Konzept:<br />
Markus Kaufmann<br />
seit<br />
05<br />
96<br />
93<br />
seit<br />
96<br />
seit<br />
06<br />
Werkausgabe C. A. Loosli<br />
seit<br />
00<br />
seit<br />
00<br />
seit<br />
00<br />
Gestaltungskonzept v. l. n. r.<br />
Patrizia Grab<br />
Barbara Willi<br />
Beate Becker<br />
Die <strong>Jahre</strong>szahlen beziehen<br />
sich nicht auf die Erscheinungstermine<br />
der Bücher, sondern<br />
auf das Gestaltungskonzept.<br />
9
10<br />
Brücke geschlagen. Die ökologische Linke erkannte die<br />
Alpen als hochpolitischen Raum (mit den über den ganzen<br />
Alpenbogen virulenten Problembereichen Verkehr, Tourismus,<br />
Energie, Landwirtschaft). Alpenglühn von Dominik<br />
Siegrist, Harry Spiess, Jürg Frischknecht, Gerhard Stürzlinger<br />
und François Labande war eher noch ein politisches<br />
Sach- als ein Wanderbuch, was auch im asketischen<br />
Umgang mit der Fotografie zum Ausdruck kommt. Tourismuskritik<br />
und die Suche nach Alternativen zum Massentourismus<br />
waren auch Thema bei mehreren Rotpunkt-<br />
Büchern von Ueli Mäder und dem Arbeitskreis Tourismus<br />
und Entwicklung (etwa Wärme in der Ferne) und ebneten<br />
ebenfalls den Weg. So starteten die Wanderbücher<br />
1995 mit Ursula Bauers und Jürg Frischknechts Genre<br />
bildendem Grenzschlängeln (5. Auflage 2005) fulminant:<br />
Das erste »Lesewanderbuch« war da. »Man sieht nur,<br />
was man weiß«, lautet die Botschaft dieses Genres, das<br />
nebst den eigentlichen Wanderinformationen eine<br />
große Fülle von Hintergrundwissen zu den durchwanderten<br />
Regionen vermittelt. Das geheime Erfolgsrezept besteht<br />
aber auch in der unverhohlenen Freude der meisten<br />
Wanderbuchautorinnen und -autoren sowie des Verlags<br />
am Kulinarischen. So führte Antipasti und alte Wege<br />
10 <strong>Jahre</strong> später zu Urchuchi von Martin Weiss.<br />
Eine zusätzliche spezielle Ausprägung des Lesewanderbuchs<br />
ist das »Literarische Wanderbuch«, dessen Prototyp<br />
Beat Hächler (als Herausgeber) mit Das Klappern der<br />
Zoccoli geschaffen hat.<br />
Wichtig ist die Unterstützung des Verlags durch den<br />
Wander-Fachbeirat, dem Daniel Anker, Thomas Bachmann,<br />
Ursula Bauer, Fredi Bieri, Markus Lüthi, Dominik Siegrist<br />
und Marco Volken angehören; sie helfen mit bei der<br />
Auswahl der Titel, bei der Konzipierung der Bücher und<br />
begleiten einzelne Projekte bis hin zum Lektorat.<br />
Ein Buch macht Politik<br />
Trotz Wandern bleibt der <strong>Rotpunktverlag</strong> natürlich ein<br />
politischer Verlag. In politische Debatten zu intervenieren,<br />
aber auch Vergessenes und Verdrängtes wieder ins öffentliche<br />
Bewusstsein zu bringen, gehört zur Tradition der<br />
Aufklärung, der sich der Verlag verschrieben hat. Das politische<br />
Sachbuch ist seit Gründung des Verlags dessen<br />
Herzstück, und die Mehrzahl der publizierten Titel gehört<br />
in diese Abteilung.<br />
Gerade in diesem Bereich definiert sich Erfolg nicht<br />
allein über die verkauften Stückzahlen. Viele der Rotpunkt-<br />
Sachbücher bewähren sich als Grundlagentexte und<br />
Argumentarien in der täglichen Arbeit politischer Gruppen,<br />
Fachkommissionen oder an Universitäten. So Konzern<br />
Europa, das erklärt, wer mit welcher Zielsetzung den<br />
europäischen Binnenmarkt durchgesetzt hat, oder die<br />
ebenso präzise wie prägnante Analyse des Nahostkonflikts<br />
von Alain Gresh (Israel – Palästina). Aber auch Fredi Lerchs<br />
Muellers Weg ins Paradies, eine brillante kulturhistorische<br />
Darstellung der Berner Nonkonformistenszene in den<br />
1960er-<strong>Jahre</strong>n, war gemessen an den hohen Anforderungen<br />
an die Leserschaft sicher ein – relativer – Erfolg.<br />
Ein Buch der Reihe WoZ im <strong>Rotpunktverlag</strong> (die bis zu<br />
ihrer Einstellung 2005 Teil der Rotpunkt-Sachbuchabteilung<br />
war), hat selber Politik gemacht. Stefan Kellers<br />
Grüningers Fall löste Mitte der 90er-<strong>Jahre</strong> schweizweite<br />
Diskussionen aus und bewirkte die postume – und zwar<br />
politische und juristische! – Rehabilitation des St. Galler<br />
Polizeihauptmanns Paul Grüninger, der kurz vor dem Zweiten<br />
Weltkrieg österreichische Juden vor den Nazis gerettet<br />
und damit gegen damals geltende Gesetze verstoßen<br />
hatte.<br />
Bei den Spanienkämpfern, denen weitere Rotpunkt-<br />
Titel gewidmet sind (zuletzt Ralph Hugs Buch über Walter<br />
11
12<br />
Wagner), steht die Rehabilitation noch aus; auch sie haben<br />
zu den wenigen gehört, die das Richtige »zur falschen Zeit«<br />
getan haben.<br />
Literarische Wandlungen<br />
Im Bereich der Belletristik hat der Verlag vielleicht die<br />
größten Wandlungen seit Gründung des Verlags<br />
durchgemacht. Seit Beginn standen Bücher aus Lateinamerika<br />
im Programm, und die lateinamerikanische<br />
Literatur galt zu Zeiten der Revolutionen als das »erste<br />
befreite Territorium« des Subkontinents. Die Bücher<br />
von Roque Dalton, Rodolfo Walsh oder Mario Benedetti<br />
standen für solche Ansprüche.<br />
Inzwischen haben sich die Dinge geändert. Bei Autoren<br />
wie Horacio Castellanos Moya, Rodrigo Rey Rosa, Yanick<br />
Lahens, Andrea Blanqué oder Antonio Dal Masetto steht<br />
nicht mehr die Realität, wie man sie sich wünscht, im<br />
Zentrum des Interesses, sondern die Realität, wie man sie<br />
vorfindet. Diese wird mit dem Maximum an Schonungslosigkeit<br />
und Präzision beschrieben, das möglich ist. Gerade<br />
deshalb ist es immer noch eine politische Literatur;<br />
aber mit dem Guerillakampf und dem »beispielgebenden<br />
Modell Kuba« haben diese Autorinnen und Autoren nichts<br />
mehr am Hut.<br />
Mit der Schweizer Literatur, die nach wie vor Teil des<br />
Rotpunkt-Programms ist und bleiben wird, haben wir uns in<br />
den letzten <strong>Jahre</strong>n etwas schwer getan. Wir haben im Lauf<br />
der <strong>Jahre</strong> manche Autoren entdeckt, ihre ersten, zweiten,<br />
dritten Bücher herausgebracht und sie dann an andere Verlage<br />
»verloren« – oder aber wir konnten uns nicht entschließen,<br />
weitere Bücher von ihnen zu veröffentlichen,<br />
weil sie uns nicht überzeugten. Wir haben aber gute<br />
Gründe für die Annahme, dass sich auch in diesem Bereich<br />
die Dinge in Zukunft ändern werden.<br />
Ein ganz besonderer Meilenstein in der Geschichte des<br />
Verlags ist ja auch mit dem Namen eines Schweizer Autors<br />
verbunden: Carl Albert Loosli. Wir publizieren zurzeit<br />
eine siebenbändige Ausgabe seiner Werke, von der bis<br />
jetzt drei Bände erschienen sind. Die ersten Diskussionen<br />
dazu gehen auf das Jahr 2000 zurück. Darauf folgte die<br />
lange Phase der Geldsuche, denn ein solches Unterfangen<br />
wäre angesichts der immensen Editions- und Redaktionsarbeit<br />
ohne Unterstützung nicht realisierbar gewesen.<br />
Dank großzügigem (vor allem privatem) Mäzenatentum<br />
war es 2005 endlich möglich, grünes Licht zu geben.<br />
Fredi Lerch und Erwin Marti arbeiten seit Januar 2006 als<br />
befristete Angestellte des Verlags an diesem großen Vorhaben.<br />
Die Qualität der geleisteten Arbeit in editorischer<br />
und gestalterischer Hinsicht hat zusammen mit der intensiven<br />
Öffentlichkeitsarbeit zum erhofften, aber nicht<br />
unbedingt erwarteten großen Erfolg geführt.<br />
Auch bei der Schweizer Belletristik kann das Rotpunkt-<br />
Lektorat auf die Unterstützung durch einen Beirat zählen,<br />
der in Frage kommende Mansukripte liest und begutachtet.<br />
Dieser Beirat besteht aus Lisa Briner, Silvia Ferrari, Annelie<br />
Geißler, Tamaris Mayer und Stefan Keller.<br />
Vom Kollektiv zur Aktiengesellschaft<br />
Ein markanter Meilenstein in der Professionalisierung in<br />
den 1990er-<strong>Jahre</strong>n war die Gründung der Aktiengesellschaft.<br />
Die ursprüngliche Genossenschaft überführte den<br />
Verlagsbetrieb in eine nichtgewinnorientierte AG und<br />
blieb aber selber die Hauptaktionärin. Zum Zweck der Kapitalmobilisierung<br />
durch die AG wurde eine weitere<br />
Stelle geschaffen, die mit Franziska Nyffenegger besetzt<br />
wurde. Im Frühjahr 1997, kurz vor der offiziellen Gründung<br />
der AG, kam es zum großen Eklat zwischen Heinz Scheidegger<br />
und dem Rest des Verlagskollektivs. Wir mussten<br />
13
14<br />
uns von Heinz trennen, denn die Ansichten darüber, wie der<br />
Verlag funktionieren sollte, waren zu weit auseinander<br />
geraten. Diese Zäsur leitete eine gewisse Arbeitsteilung im<br />
Verlagsbetrieb ein. Herstellung und Öffentlichkeitsarbeit<br />
wurden eigenständige Stellen. 1998 wurde mit dem definitiven<br />
Wechsel von Andreas Simmen von der WOZ-Redaktion<br />
zum Verlag die Programmleitung professionalisiert,<br />
dann mit der geregelten Mitarbeit von Thomas Heilmann<br />
auch Vertrieb und Finanzen.<br />
Arbeitsteilung bedeutet nicht unbedingt exzessive<br />
Hierarchisierung, und so ist die Hierarchie immer noch so<br />
flach wie möglich. Aber es gibt heute eine Verlagsleitung,<br />
die von Thomas Heilmann (Geschäftsführer) und Andreas<br />
Simmen (Programmleiter) gemeinsam wahrgenommen<br />
wird. Das Team ist auf sechs fest angestellte Personen angewachsen,<br />
dazu ermöglicht der Verlag Berufseinsteigerinnen<br />
und Berufseinsteigern, in einem halbjährigen<br />
Praktikum Einblicke in die Branche zu gewinnen.<br />
10 <strong>Jahre</strong> <strong>Rotpunktverlag</strong><br />
als Aktiengesellschaft<br />
Seit 1997 beteiligen sich Leserinnen und Leser an der<br />
Sicherung der verlegerischen Kontinuität: Bereits<br />
403 Personen haben sich bisher für die Zeichnung einer<br />
oder mehrerer Aktien (Nominalwert Fr. 500.–) und damit<br />
für die Unterstützung unseres ambitionierten Programms<br />
entschieden. Aktionärinnen und Aktionäre können alle<br />
Bücher mit 25 Prozent Aktionärsrabatt beziehen. Dividenden<br />
in Form von Büchergutscheinen des <strong>Rotpunktverlag</strong>s<br />
konnten bisher keine ausgeschüttet werden.<br />
Im Verwaltungsrat sitzen derzeit Judith Henzmann<br />
(Präsidentin, Verlegerin im Versus Verlag), Thomas Heilmann<br />
und Andreas Simmen.<br />
Die Entwicklung des Verlags seit Gründung<br />
der Aktiengesellschaft:<br />
1997 2007<br />
Aktienkapital Fr. 220 050.– Fr. 779 550.–<br />
Buchumsatz Fr. 280 000.– (1996) Fr. 910 000.– (2006)<br />
Bez. Stellenprozent 160 % 395 %<br />
Novitäten pro Jahr 11 21<br />
Erhältliche Titel 99 (1.1.1997) 175<br />
15
16<br />
Der springende Punkt<br />
Hans Baumann, geboren 1936, Studium der Germanistik,<br />
Kunstgeschichte und Philosophie. Er lebt in Burgdorf und<br />
schreibt für Bücher, Kataloge und Zeitungen Texte zur<br />
bildenden Kunst.<br />
So könnte es gewesen sein: ein später Winterabend, die wichtigsten Arbeiten<br />
erledigt, Zeit für ein Glas Wein und für den Stapel ungelesener Zeitungen.<br />
Darunter die WOZ und dort eine Notiz mit dem Titel »rpv will es<br />
wissen«. Darin stand, das Kollektiv des <strong>Rotpunktverlag</strong>s habe beschlossen,<br />
eine Aktiengesellschaft zu gründen, um mehr Titel produzieren und besser<br />
für sie werben zu können. Noch am selben Abend bestellte ich die Informationen,<br />
und kaum waren diese eigetroffen, zeichnete ich zwei Aktien. Ich<br />
erhielt die Nummern 16 und 17, und so bin ich ahnungslos zu einem der<br />
ersten Aktionäre geworden.<br />
Weshalb dieser rasche Entschluss? Die erste Antwort, die mir einfällt:<br />
weil ich fand, das sei eine gute Sache. Aber das klingt gar allgemein und<br />
wirkt deshalb nicht befriedigend. Also versuche ich, in die Tiefe zu gehen<br />
und zunächst einmal Gründe auszuschließen. Sicher hat mir kein Anlageberater<br />
diese Investition empfohlen, obgleich sie nicht schlecht in mein<br />
Portefeuille passte, denn dieses enthielt Aktien eines hoch subventionierten<br />
Theaters, des städtischen Hallenbads und einer ungewöhnlichen,<br />
aber damals bereits Konkurs gegangenen Buchhandlung.<br />
Es war auch nicht Filz im Spiel, ich kannte weder Autorinnen und Autoren<br />
des Verlags persönlich noch Leute aus dem Kollektiv. Vielleicht dachte ich<br />
aber Folgendes: Wenn diese genossenschaftlich organisierten Leute sich<br />
entschließen müssen, eine Aktiengesellschaft zu gründen, sich also dieselbe<br />
Rechtsform zu geben wie Nestlé, Novartis und UBS, muss die Lage kri-<br />
tisch sein, und selbst dann braucht der Schritt Mut. Dies sollte man im Rahmen<br />
des Möglichen belohnen.<br />
Andere positive Gründe fallen mir ein. Einem Leser und in mittlerem<br />
Grade Büchersüchtigen, der immerhin von schwereren Formen wie der<br />
Bibliophilie verschont geblieben ist, sind Verlage Lieferanten des Suchtmittels.<br />
Mehr noch: sie erscheinen ihm als bewundernswerte, geheimnisvolle<br />
Alchimistenküchen, wo sich Geist in sinnlich fassbare Form verwandelt,<br />
in schön gestaltete Materie, die aber das Potenzial hat, wiederum<br />
zu Geist zu werden. Daran einen ganz kleinen Anteil zu besitzen, ist eine<br />
große Versuchung, erst recht, wenn damit die Aussicht verbunden ist, jedes<br />
Jahr ein Buch frei wählen zu können.<br />
Längst nicht jeder Verlag hätte mich allerdings in diese Versuchung führen<br />
können. Ich hatte zwar keine persönlichen Beziehungen zum <strong>Rotpunktverlag</strong>,<br />
doch kannte und schätzte ich seit <strong>Jahre</strong>n seine Haltung und seine<br />
Bücher, die auf überzeugende Art Ausblicke in verschiedenste Richtungen<br />
öffnen. Zum Beispiel: Verschwommene Erinnerungen an die Kindheit erhielten<br />
durch Peter Kambers Schüsse auf die Befreier klare Konturen, und<br />
durch Stefan Kellers Grüningers Fall erschien jene Zeit in neuem Licht.<br />
Fredi Lerch erschloss mit Begerts letzte Lektion eine Welt, von der ich gehört,<br />
die ich aber nie betreten hatte, mit Erdnüsse. Totschlagen beeindruckte<br />
mich die junge Autorin Ruth Schweikert. Bahnhofsbuffets der<br />
Schweiz von Hans Jörg Rieger und Charlotte Spindler führte mich an bekannte<br />
Orte und machte Lust auf unbekannte, und Grenzschlängeln von Ursula<br />
Bauer und Jürg Frischknecht stellte mir die Routen vom Inn an den Genfersee<br />
so anschaulich vor Augen, dass ich die Mühsale der Wanderungen<br />
gar nicht auf mich nehmen musste.<br />
So ist die einleuchtendste Antwort auf die Frage, weshalb ich zum frühen<br />
Kleinstaktionär des <strong>Rotpunktverlag</strong>s geworden sei, doch die erste: Das ist<br />
eine gute Sache. Bis heute.<br />
17
Ohne sie läuft gar nichts: Das sind die Autorinnen<br />
und Autoren, die Herausgeberinnen und Herausgeber<br />
des <strong>Rotpunktverlag</strong>s.<br />
Cristian Alarcón<br />
Eliseo Alberto<br />
Vassilis Alexakis<br />
Memo Anjel<br />
Daniel Anker<br />
Philipp Bachmann<br />
Thomas Bachmann<br />
Hans-Peter Bärtschi<br />
Werner Bätzing<br />
Alois Bischof<br />
Andrea Blanqué<br />
Beatrice Blazek<br />
Susan Boos<br />
Marco Thomas Bosshard<br />
Daniel Bourgeois<br />
Monica Cantieni<br />
Erwin Carigiet<br />
Horacio Castellanos Moya<br />
Enrique Cirules<br />
Georges Corm<br />
Antonio Dal Masetto<br />
18 19<br />
Enrico Danieli<br />
Bettina Dyttrich<br />
Luis Enrique Eguren<br />
Cornelia Falk<br />
Silvia Fantacci<br />
Hans Fässler<br />
Heinz Dieter Finck<br />
Rainer Fischbach<br />
Elsbeth Flüeler<br />
Marina Frigerio Martina<br />
Daniel Ganzfried<br />
Frank Garbely<br />
André Gorz<br />
Alain Gresh<br />
Wolfgang Hafner<br />
Daniel Haller<br />
Louisa Hanoune<br />
Evelyn Hanzig-Bätzing<br />
David Harvey<br />
Christoph Hennig<br />
Ueli Hintermeister<br />
Werner Hochrein<br />
Uwe Hoering<br />
Werner Hörtner<br />
Markus Hostmann
Judith Huber<br />
Ralph Hug<br />
Andreas Hüser<br />
Elisabeth Hüttermann<br />
Al Imfeld<br />
Stefan Keller<br />
Jochen Kelter<br />
Michael Kleider<br />
Andreas Knutti<br />
Florianne Koechlin<br />
Gabriel Kolko<br />
Christoph Kuhn<br />
Heinrich Kuhn<br />
Remo Kundert<br />
Yanick Lahens<br />
Danièle Lenzin<br />
Fredi Lerch<br />
Beat Leuthardt<br />
Carl Albert Loosli<br />
Ueli Mäder<br />
Liam Mahony<br />
Christian Marazzi<br />
Urs Marti<br />
Armand Mattelart<br />
Daniel Maximin<br />
François Meienberg<br />
Susanne Merhar<br />
20 21<br />
Tomás Moulian<br />
Silvia Müller<br />
Peter Niggli<br />
Anne Nivat<br />
Émile Ollivier<br />
Jean-Claude Paye<br />
Riccardo Petrella<br />
Carlo Petrini<br />
Rosa A. Plumelle-Uribe<br />
Christine Plüss<br />
Lydia Portmann<br />
Ignacio Ramonet<br />
Bruno Rauch<br />
Sabine Reichen<br />
Claude Reichler<br />
Jens Renner<br />
Rodrigo Rey Rosa<br />
Viola Rohner<br />
John Rose<br />
Maria Roselli<br />
Theres Roth-Hunkeler<br />
Daisy Rubiera Castillo<br />
Anna Ruchat
Hanna Rutishauser<br />
Daniel Sebastian Saladin<br />
Edgardo Santaliz<br />
Saral Sarkar<br />
Vandana Shiva<br />
Dominik Siegrist<br />
Olivier Sillig<br />
Reto Solèr<br />
Lisa Stadler<br />
Beat Sterchi<br />
Elisa Streuli<br />
Gerhard Stürzlinger<br />
Hans Stutz<br />
Franco Supino<br />
Lotta Suter<br />
Emmanuel Todd<br />
Vincenzo Todisco<br />
Werner van Gent<br />
Alexander B. Voegele<br />
Erhard von Büren<br />
Paul L. Walser<br />
Martin Weiss<br />
Anke Weschenfelder<br />
Jürgen Wiegand<br />
Margrit Wiegand<br />
Georges Wieland<br />
22 23<br />
Pit Wuhrer<br />
Yusuf Yesilöz<br />
Michael Zeuske<br />
Autorinnen und<br />
Autoren,<br />
Herausgeberinnen<br />
und Herausgeber<br />
ohne Foto<br />
Ifi Amadiume<br />
Daniel Ammann<br />
Miguel Angel Asturias<br />
Belén Balanya<br />
Aspiazu René Bascopé<br />
Ursula Bauer<br />
Andreas Bellasi<br />
Mario Benedetti<br />
Thomasen Bennholdt<br />
Margarete Berg<br />
Claudia Berker<br />
Wolfgang Binder<br />
Alfred Blatter<br />
Valérie Boillat<br />
Jean-Michel Bonvin<br />
José Bové<br />
Rea Brändle<br />
Helmbrecht Breinig<br />
Hanspeter Bundi<br />
Hanni Burkhalter<br />
Marcel Burri<br />
Richard Buth<br />
Fidel Castro<br />
Paulo Collen<br />
David Dabydeen<br />
Roque Dalton<br />
Bernard Degen<br />
René Depestre<br />
Armand Deriaz<br />
Matthias Diemer<br />
Walter M. Diggelmann<br />
François Dufour<br />
Marianne Fehr<br />
Rosario Ferré<br />
Anita Fetz<br />
Gaby Fierz<br />
Jürg Fischer<br />
Jürg Frischknecht<br />
Jaquelin G.<br />
Hans Peter Gansner<br />
Michael T. Ganz<br />
Magali García Ramis<br />
Willi Gerster<br />
Peter Glauser<br />
Thomas Göttin<br />
Hans-Martin Große-<br />
Oetringhaus<br />
Karin Grütter<br />
Marianne Gujer<br />
Beat Hächler<br />
Pierre Harrisson<br />
Wolfgang Fritz Haug<br />
André Herrmann<br />
Vilma Hinn<br />
Hansruedi Hitz<br />
Karl Hofmaier<br />
Gunter Holzmann<br />
Martha Honey<br />
Elisabeth Hörler<br />
Hans Hutter<br />
Monika Jäggi<br />
Elisabeth Joris<br />
Peter Kamber<br />
Elisabeth Kästli<br />
Christoph Keller<br />
Stephen Kinzer<br />
Bernd Klees<br />
Christina Koch<br />
Peter Krebs<br />
Patrick Landolt<br />
Anni Lanz<br />
Maurice Lemoine<br />
Mario Macías<br />
Otto Marchi<br />
Erwin Marti<br />
Dieter Masuhr<br />
Annegret Mathari<br />
Mechthild Maurer<br />
Richie Meiler<br />
Ernst Meili<br />
Francisco Metzi<br />
Marc Philippe Meystre<br />
Maria Mies<br />
Chrónis Míssios<br />
Marion Molteno<br />
Perikles Monioudis<br />
Ghania Mouffok<br />
H. U. Müller<br />
Sambal Oelek<br />
Michael Opielka<br />
P. M.<br />
Mario Payeras<br />
Silvia Pérez-Vitoria<br />
Jean-Philippe Rapp<br />
Heinz Reber<br />
Ursula Riederer<br />
Hans Jörg Rieger<br />
Gilberte Rist<br />
Jean-Michel Rodrigo<br />
Lilo Roost-Vischer<br />
Fabrizio Sabelli<br />
Hans Saner<br />
Stephen Schlesinger<br />
Marcus X. Schmid<br />
Peter A. Schmid<br />
Hanspeter Schmid<br />
Michael Schornstheimer<br />
Frank Schulz-Nieswandt<br />
Michael Schwan<br />
Ruth Schweikert<br />
Ramón José Sender<br />
Wally Serote Mongane<br />
Andreas Simmen<br />
Charlotte Spindler<br />
Beat Stauffer<br />
Albert Sterr<br />
Dominique Strebel<br />
Res Strehle<br />
Liliane Studer<br />
Stefan Studer<br />
Albert Tanner<br />
Abdou Touré<br />
Gian Trepp<br />
Artun Ünsal<br />
Manuel Vargas<br />
C. F. Vaucher<br />
Gino Vermicelli<br />
Marco Volken<br />
Claudia von Werlhof<br />
Rodolfo Walsh<br />
Maja Wicki<br />
Barbara Willi-Halter<br />
Patrick Wülser<br />
Ruedi Wyss<br />
John Ya-Otto<br />
Jean Ziegler<br />
Rolf Zimmermann<br />
Manfred Züfle<br />
(Vollständigkeit<br />
ohne Gewähr)<br />
Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter der<br />
vergangenen <strong>30</strong> <strong>Jahre</strong><br />
Peter Baumgartner<br />
Giulietta Block<br />
Traute Boie-Scherr<br />
Maren Brauner<br />
Fabienne Brunner<br />
Andrea Buschor<br />
Flavio Canonica<br />
Markus Ernst<br />
Dieter Fahrni<br />
Silvia Ferrari<br />
Erika Fiedler<br />
Corina Freudiger<br />
Franziska Furrer<br />
Andi Gähwiler<br />
Annelie Geißler<br />
Marco Gitermann<br />
Patrizia Grab<br />
Jürgen Grieser<br />
Ulrike Groeger<br />
Marianne Gujer<br />
Christian Hafner<br />
Nadine Hagen<br />
Roberto Heer<br />
Thomas Heilmann<br />
Barbara Heuberger<br />
Gabi Hildesheimer<br />
Vilma Hinn<br />
Jeannine Horni<br />
Claudia Hürlimann<br />
Monique Jaquet<br />
Heidi Kägi<br />
Markus Kaufmann<br />
Ursula Keel<br />
Matthias Klemm<br />
Christina Koch<br />
Dania Koch<br />
Agnès Laube<br />
Barbara Laubheimer<br />
Fredi Lerch<br />
Erwin Marti<br />
Enzo Mascioli<br />
Tamaris Mayer<br />
Lukas Meier<br />
Toni Moos<br />
Isabel Morf<br />
Eva-Maria Neuburger<br />
Katharina Niederberger<br />
Franziska Nyffenegger<br />
Christoph Pally<br />
Ulrich Pfamatter<br />
Nick Regli<br />
Linus Reichlin<br />
Hans Jörg Rieger<br />
Berchtold Rüegg<br />
Monica Rüegg<br />
Siranus Sarak<br />
Barbara Sauser<br />
Patrick Schär<br />
Heinz Scheidegger<br />
Niklaus Scherr<br />
Kurt Schlatter<br />
Anne-Sophie Scholl<br />
Andreas Simmen<br />
Daisy Sommer<br />
Yvonne Staat<br />
Verena Strunk<br />
Rebecca Suter<br />
Alice Zimmermann<br />
Michael Zobel<br />
(Vollständigkeit<br />
ohne Gewähr)
24<br />
<strong>Rotpunktverlag</strong> zum<br />
Geburtstag<br />
Karin Beindorff, geboren 1952 in Hannover, Studium der Soziologie,<br />
Psychologie, Politikwissenschaften und Philosophie; seit<br />
1989 Redakteurin beim Deutschlandfunk und dort seit 10 <strong>Jahre</strong>n<br />
für Feature und Politische Literatur zuständig.<br />
Als Redakteurin einer politischen Literatursendung werde ich häufig<br />
gefragt: Wie entscheidet man eigentlich angesichts der unüberschaubaren<br />
Fülle von Neuerscheinungen, welche Bücher zu rezensieren sich lohnt?<br />
Welche Lektüre soll man warum empfehlen, auf welche Bücher aufmerksam<br />
machen, welche mit Nichtachtung strafen, oder vor welchen sollte man<br />
gar warnen? Was ist ein wichtiges Buch?<br />
Ich habe gelernt, mithilfe eines Instruments meine Auswahl zu treffen,<br />
das ich begründete Willkür nenne. Von der Vorstellung objektiver Kriterien<br />
jedenfalls muss man sich, nimmt man den Verstand der Hörer ernst, verabschieden.<br />
Hinter solch angeblich objektiven Maßstäben, sagt mir mein<br />
Argwohn, versteckt sich meist die Angst vor einem Fehlurteil, einer öffentlichen<br />
Blamage. Interessen, Bildung, Erfahrung, die genaue Beobachtung<br />
politischer, kultureller und nicht zuletzt wirtschaftlicher Entwicklungen<br />
schaffen die Voraussetzung für ein manchmal spontanes und notwendigerweise<br />
immer subjektives Urteil.<br />
Zweimal im Jahr türmen sich auf den Schreibtischen der Literaturredakteure<br />
die Kataloge der Verlage und verheißen mehr oder weniger sensationelle<br />
Neuerscheinungen. Man verbringt Tage damit, diese Angebote zu<br />
studieren, herauszufiltern, welche Themen und Autoren in die öffentliche<br />
Debatte gebracht werden sollten, welche Bücher Erkenntnisgewinne<br />
versprechen, die politische Auseinandersetzung gar beeinflussen könnten.<br />
Mit ein paar <strong>Jahre</strong>n Erfahrung habe ich mir angewöhnt, zuerst einmal jene<br />
Kataloge aus dem großen Haufen zu fischen, die von eher kleinen und vor<br />
allem von den großen Multimedia-Konzernen unabhängigen Verlagen<br />
geschickt wurden. Verlage, die ein erkennbares Profil haben, die sich auf<br />
Themengebiete spezialisiert haben und die ihre Bücher an die Leser bringen<br />
wollen, weil Buch und Verlag etwas zu sagen haben.<br />
Der Verleger Kurt Wolff hat sein Credo kurz und knapp so beschrieben:<br />
Man verlege entweder Bücher, von denen man meint, die Leute sollen sie<br />
lesen, oder von denen man meint, sie wollen sie lesen. Für Letztere brauche<br />
es nur eine Verlagstätigkeit, die weder Geschmack noch Enthusiasmus<br />
erfordere, man liefere nur die Ware, die gefordert sei. Und diese Unterscheidung<br />
zwischen Sollen und Wollen gilt noch heute; für Belletristik ebenso<br />
wie für sogenannte Sachbücher – eine Unterscheidung übrigens, die mir als<br />
Leserin immer ein wenig fragwürdig erschienen ist.<br />
Trotz hartem Konkurrenzkampf mit den großen Medienkonzernen, die<br />
diverse Verlage unter einem Dach vereinen, haben sich eine Reihe kleiner,<br />
unabhängiger Verlage behauptet, die auch heute noch die große Mehrzahl<br />
der meiner Meinung nach wirklich wichtigen und lesenswerten Bücher<br />
herausbringen – die Bücher, die wir lesen sollen. Zunächst einmal sehen<br />
diese Verlage nicht bloß auf Themen, die die Talkshows und kurzatmigen<br />
Feuilletons gerade entdecken und ausgiebig durchkauen, um sie dann sofort<br />
wieder zu vergessen. Verleger, Lektoren und Autoren der Kleinen<br />
sehen oft dorthin, wo andere gern den Mantel des Schweigens ausbreiten.<br />
Raul Hilbergs große Studie über die Vernichtung der europäischen Juden,<br />
die heute so gerne als Standardwerk und Pflichtlektüre apostrophiert<br />
wird, wäre zum Beispiel nie auf Deutsch herausgekommen, wenn der kleine<br />
linke Berliner Verlag Olle & Wolter das hohe Risiko der Veröffentlichung<br />
nicht auf sich genommen hätte – in einer Zeit, in der das Thema des<br />
nationalsozialistischen Massenmords und Hilbergs Umgang damit noch im<br />
Ruch des Anstößigen stand und größere Buchunternehmen mit besseren<br />
finanziellen Möglichkeiten die Herausgabe verweigert haben.<br />
Mit Politikerbiografien, Ratgebern und repräsentativ aufgemachten<br />
Geschichtsbänden, in denen zum x-ten Male angeblich Neues über<br />
Bismarck, Napoleon oder Hitler ausgebreitet wird, mag sich schnell viel Geld<br />
verdienen lassen, doch es sind die kleineren Verlage, in denen Bücher<br />
25
26<br />
erscheinen, die uns helfen, das selbstständige Denken zu behaupten und<br />
über den beschränkten Horizont des politischen Nachrichtenalltags hinauszusehen.<br />
Diese Bücher unterrichten uns im Detail über die Funktionsmechanismen<br />
der Weltwirtschaft, über Macht und Interessenpolitik, über die<br />
Hintergründe von kalten und heißen Kriegen, sie verschaffen den oppositionellen<br />
sozialen und politischen Bewegungen ein Forum, kurz: sie decken<br />
auf, indem sie Zusammenhänge herstellen.<br />
Wer verstehen will, warum der Nahostkonflikt bis heute nicht gelöst<br />
werden konnte, wer begreifen will, warum in Lateinamerika Politiker wie Evo<br />
Morales oder Hugo Chavez gewählt werden, wer verstehen will, was hinter<br />
der Einschränkung der demokratischen Rechte in den sogenannten westlichen<br />
Demokratien steckt oder wer nicht vor dem ideologischen Dauerfeuer<br />
des Neoliberalismus geistig kapitulieren will, muss mehr als nur Zeitungen<br />
lesen. In der politischen Literatur sind – anders als in den Massenmedien –<br />
noch immer die Stimmen derer präsent, die gegen den Strom schwimmen,<br />
die dem Druck zum Mitmachen widerstehen.<br />
Literatursendungen müssen in diese Nischen sehen, in denen geistige<br />
Produktivität und Kritikfähigkeit zu Hause sind. Sie sollen keine Reklame<br />
machen, sie sollen zum Denken anregen, aufklären, verstören, Widerspruch<br />
heraufbeschwören, manchmal auch intelligent unterhalten, aber sie dürfen<br />
keine Propaganda betreiben, einen Markt bedienen oder gar dem Publikum,<br />
der herrschenden Meinung oder irgendwelchen Moden nach dem Munde<br />
reden.<br />
Die Lektüre ist in diesen Zeiten der Kommerzialisierung von allem und<br />
jedem vielleicht das letzte Refugium des selbstbewussten Individuums.<br />
In Abwandlung eines Adorno-Gedankens ließe sich sagen, dass Politische<br />
Literatur, die diesen Namen verdient, dem Weltlauf zu widerstehen<br />
habe, der den Menschen immerzu die Pistole auf die Brust setzt. Wenn ein<br />
Verlag und seine Autoren den Atem für <strong>30</strong> <strong>Jahre</strong> Schwimmen gegen den<br />
Strom des Weltlaufs aufbringen können, ist die Zeit für Resignation jedenfalls<br />
noch längst nicht gekommen.<br />
Von notwendiger und<br />
wahrscheinlicher Literatur<br />
Erich Hackl, geboren 1954 in Steyr, studierte Germanistik und<br />
Hispanistik in Salzburg und Málaga. Ab 1977 Lektor und Lehrer in<br />
Madrid und Wien, seit 1983 freier Schriftsteller und Übersetzer<br />
sowie Herausgeber von Werken unbekannter oder an den Rand<br />
gedrängter Autoren. Seinen Erzählungen liegen authentische Fälle<br />
zugrunde.<br />
Für die spanische Schriftstellerin Belén Gopegui, die sich nicht für ihre Überzeugung<br />
geniert, dass eine sozialistische Revolution nottut, gibt es zwei<br />
Arten von Literatur: die notwendige und die wahrscheinliche. Erstere<br />
weigert sich, die bestehenden gesellschaftlichen Verhältnisse anzuerkennen.<br />
Ihre Autoren, Autorinnen können sich bessere vorstellen, gerechtere,<br />
herrschaftsfreie, und diese Vorstellung prägt ihre Stoffe und deren Gestalt.<br />
Sie suchen, schreibend, nach Gefährten, Zeitgenossen auch unter denen,<br />
die ihnen vielleicht vorausgegangen sind. Sie wollen die würgende Einsamkeit<br />
loswerden, die weihevolle Beschwichtigung, die Sage von der Vergeblichkeit<br />
allen Tuns. Sie sind respektvoll, weil sie ihre Protagonisten aus<br />
den Kategorien von Scheitern und Erfolg entlassen. Sie verteidigen deren<br />
Würde, die von Unterlegenen, und zeigen die Niederlage nicht als natürliche<br />
Folge vermessener Hoffnungen, sondern als vorläufiges Ende einer Geschichte,<br />
deren Ausgang noch unentschieden ist. Jedes neue Projekt steigert<br />
ihre Erschöpfung, ihre Verzweiflung, ihre Selbstzweifel. Sie laufen<br />
Gefahr zu verstummen. Auch deshalb ist ihre Literatur notwendig.<br />
Die wahrscheinliche Literatur (die bevorzugt im Gewand des Romans<br />
auftritt) versteht sich auf das Erzählen erfundener Geschichten, die<br />
sich um einen wahren Kern drehen. Aber ihre Plausibilität gewinnen sie<br />
nicht durch das, was an ihnen real ist. Vielmehr halten sie sich an die Bauernregel,<br />
derzufolge es in erster Linie darum geht, das Erzählte zum<br />
Funktionieren zu bringen. Durch das Zutun des Autors, der die Fakten mit-<br />
27
28<br />
tels seiner Einfälle ergänzt oder abändert, entsteht bei den Lesern das<br />
Gefühl, sich in einer vertrauten Welt zu bewegen, in der man seine Erfahrungen<br />
schon gemacht hat. Sie nehmen für authentisch, was erfunden<br />
ist. Dies gibt dem Autor (sofern er auch als Ideologe tätig ist) Gelegenheit,<br />
seine Literatur mit dem Satz von der Wahrheit der Lüge zu rechtfertigen.<br />
Spanien ist in den letzten Jahrzehnten zu einem Kernland dieser Literatur<br />
geworden, reich an läppischen wie herzzerreißenden Geschichten, die zur<br />
Wahrscheinlichkeit drapiert werden. Das entsprechende Zeitwort heißt<br />
novelar, weiterspinnen, ausstaffieren, zum Roman umformen. Die Verfasser<br />
reden, wenn sie auf ihr Werk angesprochen werden, gern und mit Begeisterung<br />
davon, wie lebendig und vertraut ihnen ihre erfundenen Gestalten<br />
im Lauf des Schreibens doch geworden seien, wie diese sie überallhin begleitet,<br />
mit ihnen Tisch, Bett, Zahnbürste, Zugabteil und Wartezimmer<br />
geteilt hätten. Diese Literatur riskiert nichts. Sie ist immer schon da, wie der<br />
Igel im Märchen. Sie ist effizient, schonend, sauber (auch wenn sie sich<br />
als schmutzig geriert), und sie tut nicht weh. Am meisten erstaunt die Geduld<br />
der Autoren, die Tag für Tag an ihr schreiben. (Die wahrscheinliche<br />
Literatur bleibt selten unter 250 Seiten.)<br />
Lange Zeit hat die wahrscheinliche Literatur in Lateinamerika ein Schattendasein<br />
geführt. Oder haben wir, in Anspruch genommen von den sozialen<br />
Erhebungen und nationalen Befreiungskämpfen, nur die notwendige<br />
Literatur wahrgenommen, egal ob sie nun lesenswert oder missglückt war?<br />
Ihre Kenntnis verdankten wir in der Regel Einzelgängern, die aus inniger<br />
Verbundenheit mit Menschen in einem oder mehreren Ländern des Kontinents<br />
und aus Begeisterung für Literatur den Drang verspürten, sie auf<br />
Deutsch zugänglich zu machen. Übersetzen, Anvertrauen nicht so sehr als<br />
Beruf, sondern aus Berufung. Und die Literatur kam einigermaßen direkt auf<br />
uns, nicht über weitere Instanzen. Inzwischen haben sich – auch als Folge<br />
der Neuen Weltordnung – die Mechanismen der Vermittlung geändert.<br />
An die Stelle der besessenen Liebhaber sind Agenten, Agenturen getreten.<br />
Ihre Professionalität in Ehren – aber die meisten von ihnen könnten ebenso<br />
gut mit Birnen, Chips oder Zement handeln. Schlimmer ist, dass auf Deutsch<br />
nur noch selten Bücher lateinamerikanischer Autoren erscheinen, die<br />
nicht vorher in Spanien publiziert worden sind, im Paradies der Wahrschein-<br />
lichkeitsliteratur, dessen Verlage das Monopol im Handel mit und in der<br />
Verbreitung von spanischsprachiger Literatur beanspruchen. Der Weg in<br />
andere Sprachen und Kulturen führt über den freien spanischen Markt, der<br />
so frei nicht ist – er beansprucht Gehorsam, auch ästhetischen, Unterwerfung<br />
unter das Diktat der Wahrscheinlichkeit. Entsprechend dürftig ist,<br />
was dort und auch bei uns in den letzten <strong>Jahre</strong>n mehrheitlich an lateinamerikanischer<br />
Literatur vorgeführt worden ist, zusammengeschusterte Romane,<br />
allesamt wie von Vargas Llosa ersonnen und ausgeführt. Auch wenn sie<br />
noch so stark von einem sozialen oder politischen Impuls ergriffen sind – die<br />
Leichtfertigkeit, mit der die Autoren die Geschichten anrühren und ausführen,<br />
nimmt ihnen ihre Bedeutung. Verkaufen sie sich gut? Nicht besser<br />
als Literatur, die notwendig wäre, vermute ich. Einst wurde die Literatur<br />
als erstes freies Territorium Lateinamerikas bezeichnet. Jetzt, in der spanischen<br />
Expositur, erweist sich, dass sie nicht freier ist als die Literaturen<br />
anderswo. Das behauptete Ende der Utopien nach dem Zusammenbruch<br />
des realen Sozialismus, der den eigenen Leuten die Utopien längst ausgetrieben<br />
hatte, fällt mit der Vorherrschaft einer pragmatischen, an den<br />
Gesetzen der Wahrscheinlichkeit orientierten, politisch resignativen Literatur<br />
zusammen. Die gab es auch früher schon, nur nicht im selben Ausmaß.<br />
Zugenommen hat auch die aggressive Selektion der Medienindustrie, die<br />
Eilfertigkeit und Ahnungslosigkeit ihrer Beschäftigten.<br />
Trotzdem halten sich kleine antikapitalistische Verlage. Einer von ihnen,<br />
der <strong>Rotpunktverlag</strong> in Zürich, wird dieser Tage dreißig. Er lässt sich nicht<br />
in die Knie zwingen, er macht weiter. Weil er sich der notwendigen Literatur<br />
verschrieben hat, ist er unerlässlich. Deshalb lieben wir ihn. Sofern man<br />
Verlage, als Autor oder Autorin, überhaupt lieben soll.<br />
29
Rotpunkt-Statistik<br />
<strong>30</strong> <strong>Jahre</strong> Verlagsdasein sind auch ein Grund, mal über die Bücher zu gehen. Dabei ist<br />
folgende Statistik und Hitparade entstanden, die sogar langjährige rpv-Kennerinnen und<br />
Kenner zum Staunen bringen dürfte.<br />
Bei einigen Titeln mussten wir schätzen. Zum Teil war nicht mehr eruierbar, wann eine weitere Auflage erschienen ist oder wie groß die Auflage<br />
war. Wir sind dann von den Druckaufträgen und nicht von den Lieferscheinen ausgegangen.<br />
<strong>30</strong><br />
28<br />
26<br />
24<br />
22<br />
20<br />
18<br />
16<br />
14<br />
12<br />
10<br />
8<br />
6<br />
4<br />
2<br />
0<br />
80<br />
75<br />
70<br />
65<br />
60<br />
55<br />
50<br />
45<br />
40<br />
35<br />
<strong>30</strong><br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
Anzahl Neuerscheinungen und<br />
Nachauflagen pro Jahr (Einzeltitel)<br />
76 77 78 79 80 81 82 83 84 85 86 87 88 89 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 00 01 02 03 04 05 06<br />
Anzahl Neuerscheinungen und Nachauflagen<br />
pro Jahr (Gesamtauflage in Tausend)<br />
76 77 78 79 80 81 82 83 84 85 86 87 88 89 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 00 01 02 03 04 05 06<br />
1976<br />
1978<br />
<strong>Jahre</strong>sproduktion Neuerscheinungen und Nachauf-<br />
1980<br />
1982<br />
1984<br />
1986<br />
1988<br />
1990<br />
1992<br />
1994<br />
1996<br />
1998<br />
2000<br />
2002<br />
2004<br />
2006<br />
lagen in Meter (Summe aller Buchrückenbreiten)<br />
0 100 200 <strong>30</strong>0 400 500 600 700 800 900 1000 1100 1200 1<strong>30</strong>0<br />
1976<br />
1978<br />
<strong>Jahre</strong>sproduktion Neuerscheinungen<br />
1980<br />
1982<br />
1984<br />
1986<br />
1988<br />
1990<br />
1992<br />
1994<br />
1996<br />
1998<br />
2000<br />
2002<br />
2004<br />
2006<br />
und Nachauflagen in Tonnen<br />
0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 <strong>30</strong><br />
1976<br />
1978<br />
1980<br />
1982<br />
1984<br />
1986<br />
1988<br />
1990<br />
1992<br />
1994<br />
1996<br />
1998<br />
2000<br />
2002<br />
2004<br />
2006<br />
Produzierte Buchseiten in Millionen<br />
0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18<br />
<strong>30</strong> 31
Hitparade einmal anders, aber genauso<br />
unterhaltsam wie am Radio: Die Top 3<br />
Alle 849 719 Bücher (<strong>30</strong>3 verschiedene Titel),<br />
die in den letzten <strong>30</strong> <strong>Jahre</strong>n gedruckt wurden,<br />
haben …<br />
… eine Gesamtlänge von 15 km 906 m 42 cm<br />
… ein Gesamtgewicht von 337t517kg740g<br />
… einen Gesamtumfang von 225 066 269 Seiten.<br />
Das Durchschnittsbuch des Verlags<br />
hat eine Rückenbreite von 1,87 cm,<br />
ist 397 g schwer<br />
und hat einen Umfang von 265 Seiten.<br />
Dünnste Bücher in Millimeter<br />
1. Studer Zukunft am Chasseral (88) 5,5<br />
2. Burri Nagra: Bohren für die Endlagerlösung (85) 6<br />
2. Oelek Leidplanken (87) 6<br />
2. Gujer Südafrika – ein Paradies für Weisse? (87) 6<br />
Dickste Bücher in Millimeter<br />
1. Loosli Werke Band 1: Anstaltsleben (06) 51<br />
2. Lerch Muellers Weg ins Paradies (01) 50<br />
2. P. M. Pukaroa (99) 50<br />
3. N/F * Rechte Seilschaften (98) 47<br />
Leichteste Bücher in Gramm<br />
1. Attac Nestlé (05) 99<br />
2. Diggelmann Ich heisse Thomy (84) 114<br />
3. Burri Nagra: Bohren für die Endlagerlösung (85) 115<br />
Schwerste Bücher in Gramm<br />
1. L/W * Die lachenden Aussenseiter (93) 1354<br />
2. Weiss Urchuchi – Deutschschweiz … (06) 1322<br />
3. Weiss Urchuchi – Tessin und Misox (06) 1216<br />
Am wenigsten Seiten<br />
1. Burkhalter Der König und das Mädchen (80) 36<br />
2. Oelek Leidplanken (87) 54<br />
3. Gujer Südafrika - ein Paradies für Weisse? (87) 76<br />
Am meisten Seiten<br />
1. Lerch Muellers Weg ins Paradies (01) 824<br />
2. N/F * Rechte Seilschaften (98) 784<br />
3. Zeuske Schwarze Karibik (04) 754<br />
Kleinste Gesamtauflage<br />
1. Studer Zukunft am Chasseral (88) 500<br />
2. Gerster Sozialdemokraten und Kommunisten (80) 515<br />
3. Sterr Die Linke in Lateinamerika (97) 572<br />
Größte Gesamtauflage<br />
1. Diggelmann Ich heisse Thomy (84) 17 000<br />
2. B/F * Antipasti und alte Wege (99) 15 032<br />
3. Keller Grüningers Fall (98) 12 933<br />
Größtes Gesamtgewicht in Kilogramm<br />
1. Weiss Urchuchi – Deutschschweiz … (05) 10 873,450<br />
2. Hächler Das Klappern der Zoccoli (00) 10 449,164<br />
3. B/F * Grenzschlängeln (95) 9405,795<br />
Längste Buchstrecke (Rücken an Rücken) in Meter<br />
1. Hächler Das Klappern der Zoccoli (00) 436,392<br />
2. B/F * Grenzschlängeln (95) 409,504<br />
3. B/F * Antipasti und alte Wege (99) 285,608<br />
Bei den Titeln sind jeweils alle Auflagen zusammengezählt.<br />
In Klammer ist das Erscheinungsjahr der Erstauflage aufgeführt.<br />
* B/F = Bauer/Frischknecht, L/W = Landolt/Wyss,<br />
N/F = Niggli/Frischknecht<br />
Das heutige Verlagsteam<br />
Im <strong>Rotpunktverlag</strong> sind heute sechs Personen fest angestellt. Seit 1990 gibt es auch<br />
eine Praktikumsstelle, die alle sechs Monate neu besetzt wird. Thomas Heilmann<br />
ist Geschäftsführer und für Buchhaltung, Vertrieb und Werbung zuständig. Andreas<br />
Simmen ist Programmleiter und Lektor, Barbara Sauser arbeitet im Lektorat mit,<br />
unterstützt aber auch Anne-Sophie Scholl in der Öffentlichkeitsarbeit. Patrizia Grab<br />
und Ulrike Groeger und sind als Herstellerinnen für Umbruch, Gestaltung und<br />
Druck der Bücher verantwortlich. Die Praktikumsstelle hat derzeit Patrick Schär inne.<br />
Auf den folgenden Seiten stellen wir Ihnen Bücher vor, die uns aus verschiedenen<br />
Gründen besonders lesenswert scheinen.<br />
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Armer kleiner Dichter, der ich war<br />
Andreas Simmen, 1954 geboren und aufgewachsen<br />
im Prättigau (GR), lebt seit 1974 in Zürich. Begann<br />
als Verlagslektor bei der NSB. Nach Auslandsaufenthalten<br />
von 1985 bis 1998 Redaktor bei der<br />
Wochenzeitung WOZ, nacheinander in den<br />
Ressorts Kultur, Inland, Ausland. Verantwortlich für<br />
die deutsche Ausgabe von Le Monde diplomatique.<br />
Beim <strong>Rotpunktverlag</strong> seit 1983 als regelmäßiger<br />
Freiwilliger, seit 1998 fest angestellter Programmleiter.<br />
Als Verlag muss man manchmal das Unmögliche in Angriff nehmen. In früheren Zeiten konnte<br />
man das rechtfertigen mit dem Diktum von Mario Benedetti, dass am Beginn der Revolution<br />
»der Angriff aufs Unmögliche« stehe. Die Revolution zu machen ist nicht die Aufgabe<br />
eines Verlags. Immer wieder das Unmögliche zu tun jedoch schon.<br />
Den Roman Armer kleiner Dichter, der ich war ins Deutsche zu übersetzen war ein Angriff<br />
aufs Unmögliche. Der Roman war postum erschienen, nachdem der salvadorianische<br />
Dichter-Revolutionär Roque Dalton 1975 von seinen eigenen Genossen aufgrund einer gefälschten<br />
Denunziation »hingerichtet« worden war.<br />
Das Buch war unmöglich, es war unübersetzbar und unverkäuflich. Wir haben beschlossen,<br />
es zu machen, wir haben es übersetzt und wir haben es auch ein wenig verkauft,<br />
denn es war und ist eines der interessantesten Bücher aus und über Zentralamerika. Es ist<br />
ein Roman über El Salvador und zugleich ein Roman über das Schreiben eines Romans<br />
über El Salvador. Er zeichnet eine ganze Dichtergeneration, die in den 60er-<strong>Jahre</strong>n ihren Weg<br />
zwischen Bohème und revolutionärerer Avantgarde suchte. Ein »Roman«, der viele Genres<br />
enthält: Erzählung, episches Gedicht, szenische Groteske, Testimonio, Essay, Tagebuch …<br />
Ein hochkomplexes Buch, dessen Übersetzung ins Deutsche übrigens auch den salvadorianischen<br />
Flüchtlingen geschuldet ist, jenen, die vor dem Krieg in die Schweiz geflüchtet<br />
waren und dem Rotpunkt-Lektorat bei den unzähligen Anspielungen, Wortspielen, Dialektund<br />
Kraftausdrücken behilflich waren.<br />
Israel – Palästina<br />
Thomas Heilmann, geboren 1949 in Basel, studierte<br />
Nationalökonomie an der Universität Basel, war<br />
bei der Gründung des <strong>Rotpunktverlag</strong>s dabei, ist<br />
seither für dessen Finanzen zuständig, seit 2001<br />
Geschäftsleiter. Bevor der Verlag zu seiner Hauptbeschäftigung<br />
wurde, arbeitete er für die POCH<br />
als Redaktor und auf dem Zentralsekretariat, dann<br />
bei der Outdoor-Ausrüstungsfirma Transa, war<br />
Mitgründer der Alternativen Bank ABS und in deren<br />
Verwaltungsrat (Präsident 1995–2001). Außerdem<br />
ist er Stiftungsrat bei der Pensionskasse NEST-<br />
Sammelstiftung. Lebt seit 1973 in Zürich.<br />
Mit dem Kampf des palästinensischen Volkes um seine Rechte (eigener Staat in den Grenzen<br />
von 1967 mit Jerusalem als Hauptstadt, Rückkehrrecht der 1948 Vertriebenen) solidarisiere<br />
ich mich seit bald 40 <strong>Jahre</strong>n. Die Leiden der Palästinenserinnen und Palästinenser sind<br />
nicht zuletzt eine Folge des europäischen Faschismus und Antisemitismus, für die sie durch<br />
die Gründung Israels auf Beschluss der damaligen Großmächte in Stellvertretung büßen<br />
müssen. Alain Gresh gelingt es auf vorbildliche Weise, die historischen Zusammenhänge<br />
und deren Mystifikationen zu entwirren und die Kernpunkte herauszuschälen, die für<br />
eine gerechte Lösung unabdingbar sind. Nur die Durchsetzung der elementaren Menschenrechte<br />
und des Völkerrechts kann Frieden bringen. Gresh macht klar, dass diese Tatsache<br />
für eine aufgeklärte Linke unumgehbar ist. Greshs Buch besticht durch seine Sachlichkeit<br />
und ergreift gerade dadurch auf einem ideologisch und emotional minenverseuchten<br />
Terrain überaus klar Partei: für das palästinensische Volk. Ein sehr wichtiges Buch für alle,<br />
die sich jenseits der Schlagworte mit den Hintergründen des Kernkonflikts im Nahen<br />
Osten auseinandersetzen wollen.<br />
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Demokratie. Das uneingelöste Versprechen<br />
Barbara Sauser, geboren 1974 in Bern, studierte<br />
Slavistik und Musikwissenschaft in Fribourg und<br />
Kazan (Russland). Erste Erfahrungen in der<br />
Buchbranche sammelte sie als Praktikantin in<br />
Deutschland und Polen. Nach Studienabschluss<br />
folgte ein Volontariat im Diogenes Verlag, seit<br />
2002 arbeitet sie im <strong>Rotpunktverlag</strong> in den<br />
Bereichen Lektorat und Presse. Lebt seit 2001<br />
in Zürich.<br />
Eine Bekannte von mir arbeitete eine Zeit lang in einem Verlag mit »TV-affinen« Büchern:<br />
Für jede neue Fernsehserie wirft der Verlag mehrere Titel auf den Markt – für jeden<br />
Geschmack etwas. Die Bücher müssen innert wenigen Wochen abverkauft werden, dann ist<br />
schon die nächste Serie aktuell. Im Vergleich dazu (und dem damit verbundenen Zynismus)<br />
ist die Arbeit mit einem Sachbuch wie Demokratie von Urs Marti natürlich ein Privileg.<br />
Die Zusammenarbeit mit AutorInnen und Medien ist von persönlichem Interesse auf allen<br />
Seiten geprägt. Werke wie dieses sind auch in ein paar <strong>Jahre</strong>n noch aktuell.<br />
In fünf Kapiteln untersucht Urs Marti, Privatdozent für Politische Philosophie an der<br />
Universität Zürich, die Grundlagen und Hintergründe der Demokratie. Linke und<br />
rechte Demokratiekritik analysierend, sucht er nach Wegen zu einer Verbesserung dieser<br />
Staatsform. Er schreibt klar und sachlich, und breitet sein Wissen nie aus, um damit zu<br />
brillieren. Er nimmt seine Leserinnen und Leser ernst und bezieht klar Stellung. Deshalb ist<br />
das Buch mehr als eine Studie, es ist auch eine politische Geste – ein konstruktiver Beitrag<br />
zu einer demokratischen Demokratiediskussion.<br />
Das Klappern der Zoccoli<br />
Anne-Sophie Scholl, geboren 1973, Studium der<br />
Anglistik, Hispanistik und der Soziologie. Arbeitsund<br />
Studienaufenthalte in Kuba, Frankreich,<br />
England und Spanien. Tätigkeit im Freilichtmuseum<br />
Ballenberg, im Kornhausforum Bern und im<br />
Stapferhaus Lenzburg. Seit 2006 im <strong>Rotpunktverlag</strong><br />
für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit zuständig,<br />
daneben freie Projekte. Lebt in Bern.<br />
Dunkelgrün bewaldet drängen sich die Bergausläufer in engem Zickzack aneinandergereiht<br />
das Onsernonetal hinauf. Eingangs des vorletzten Dorfes im Tal thront herrschaftlich und<br />
verschlossen der mächtige Palazzo: die »Barca«, lässt sich im Buch lesen. Aline Valangin war<br />
die charismatische Gastgeberin, in ihrem Refugium im Süden gaben sich in den <strong>30</strong>er-<strong>Jahre</strong>n<br />
des vergangenen Jahrhunderts alle die Hand. Tucholsky und Max Ernst, Ignazio Silone,<br />
Max Bill und Meret Oppenheim waren hier. Die Hausherrin selber hatte literarische Ambitionen:<br />
»In dieser wilden, unwirtlichen Gegend voller Geröllhalden und böser Abstürze<br />
suchten die Schmuggler ihren Weg«, schreibt sie in einem ihrer Romane über das Dorf an<br />
der Grenze.<br />
Den Weg der Schmuggler sucht auch das Wanderbuch, erkundet dabei jedoch nicht nur<br />
vergessene Passübergänge und versteckte Pfade. Das Klappern der Zoccoli entführt in<br />
die literarische Topografie der Sonnenstube und entziffert das Vermächtnis stiller Zeugen<br />
der Kulturgeschichte. Die Gegenwart der Vergangenheit wird greifbar. Die Landschaft<br />
hat Geschichte und sie hat Geschichten. Dank zahlreichen Literaturtipps bleibt das Tessin<br />
auch dann nah, wenn der Wandersommer schon längst in die Ferne gerückt ist, sie verführen<br />
zu weiteren Erkundungstouren auf dem bequemen Lesesofa.<br />
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38<br />
Vom Wert der Arbeit<br />
Patrizia Grab, geboren 1978 in Zürich, machte<br />
einen KV-Abschluss, um eine »solide« Grundausbildung<br />
zu haben, schlug unmittelbar nach der Lehre<br />
den grafischen Weg ein und produzierte schon bald<br />
Bücher in einem Lehrmittelverlag in Aarau. Im Jahr<br />
2000 gründete sie »grabpa«, um teilweise als<br />
Selbstständige zu arbeiten. Im Februar 2004 übernahm<br />
sie die Herstellung im <strong>Rotpunktverlag</strong>. Lebt<br />
in Olten.<br />
Dieses Buch ist aus herstellerischer Sicht mein »Herz«-Buch: Vor fast drei <strong>Jahre</strong>n machte ich<br />
das Gestaltungskonzept dafür und letztes Jahr den Umbruch. Das Buch war während<br />
meiner ganzen Zeit beim <strong>Rotpunktverlag</strong> präsent. Gelesen habe ich es leider nur auszugsweise,<br />
aber – und das spricht für dieses Buch – es ist etappenweise lesbar: Kurze »Fenster«<br />
mit Geschichten und Porträts, eine Chronik, die »Längsschnitte« am Ende jedes Kapitels<br />
und natürlich die unzähligen Bilder lassen einen in diesem Buch schmökern.<br />
In diesem Buch über die Schweizer Arbeiterbewegung steckt eine Menge Arbeit und<br />
Herzblut von vielen Schreibenden, die recherchiert und formuliert haben, einem Redaktionsteam<br />
unter der Leitung von Stefan Keller, von Roland und Anne Gretler, die tagelang in<br />
brütender Hitze ihr Archiv nach den besten Bildern durchforstet haben, vom Verlag, der<br />
gerechnet und gestaltet hat, der Lithografin Susanne Bobzien von DPI, die unzählige Bilder<br />
gescannt und optimiert hat, der Korrektorin Andrea Linsmayer, die alles nochmals kontrolliert<br />
hat; von den Leuten der Basler Druck + Verlag AG, besonders von Martin Enggist, die<br />
es möglich gemacht haben, dieses Buch in der Schweiz zu drucken, von unseren Vertretern,<br />
die das Buch in die Buchhandlungen und von Buchhändlerinnen und Buchhändler, die<br />
das Werk an die Lesenden bringen, sowie von dem mir wichtigsten Menschen, der mich<br />
geistig unterstützt hat. Das Ergebnis macht mich stolz und war die Arbeit wert.<br />
Zwischen diesen Buchdeckeln stecken also unzählige Stunden Arbeit. Das allein ist doch<br />
schon ein Grund, dieses Buch zu lesen und zu würdigen.<br />
Urchuchi<br />
Ulrike Groeger, geboren 1978 in Grimma (Sachsen),<br />
aufgewachsen in Leipzig, studierte Verlagsherstellung<br />
an der Hochschule für Technik, Wirtschaft<br />
und Kultur (FH). Nach Studienabschluss 2003<br />
kam sie nach Zürich und arbeitete als Herstellerin<br />
im Orell Füssli Verlag. Seit Frühjahr 2007 unterstützt<br />
sie Patriza Grab in der Herstellung. Lebt in<br />
Zürich.<br />
Seit März dieses <strong>Jahre</strong>s arbeite ich als Herstellerin im <strong>Rotpunktverlag</strong>. Zu den ersten<br />
Büchern vom <strong>Rotpunktverlag</strong>, die ich mir bewusst angeschaut habe, gehören die Urchuchi-<br />
Bücher.<br />
Mir als Herstellerin gefällt die Aufmachung, die Gestaltung der Bücher, die Kombination<br />
von Bild und Text, die Ausstattung mit zwei Lesebändchen. Es ist eine schöne Herausforderung,<br />
so ein Buch zu gestalten, zu setzen und produktionstechnisch zu betreuen.<br />
Als Leserin gefällt mir das Konzept der Urchuchi-Reihe. Es werden aus verschiedenen<br />
Regionen Restaurants, Beizen, Ausflugsziele vorgestellt, die aus den jeweiligen Gebieten<br />
besondere Spezialitäten und Leckereien anbieten. Und man findet sie leicht, denn das<br />
ist endlich mal ein Buch mit einer Übersichtskarte. Einige Restaurants habe ich ausprobiert<br />
und kann sie nur weiterempfehlen. Ich habe raffinierte Spezialitäten gegessen, von<br />
denen ich vorher noch nie gehört hatte.<br />
Die Urchuchi gibt es bereits für die Regionen Deutschschweiz und Graubünden sowie<br />
fürs Tessin und Misox. Ein weiterer Band ist bereits in Arbeit. Er deckt den französischsprachigen<br />
Teil der Schweiz und das Wallis ab. Somit kann man bald in der gesamten<br />
Schweiz mit der Urchuchi essen gehen.<br />
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Die Schattmattbauern<br />
Patrick Schär wurde 1974 im ländlichen Appenzellerland<br />
geboren. Er studierte Germanistik, Medienwissenschaft<br />
und Kunstgeschichte in Konstanz,<br />
Bologna und Basel, wo er bis heute geblieben ist.<br />
Zurzeit lernt er beim <strong>Rotpunktverlag</strong> die Verlagsarbeit<br />
kennen und ist auf der Suche nach seinem<br />
Traumjob.<br />
Der Name Loosli wurde während meines ganzen Studiums nie erwähnt. Einzig von den<br />
Schattmattbauern hatte ich schon gehört; das sei der »erste Kriminalroman der Schweiz«.<br />
Diese Klassifizierung wird dem Buch nicht gerecht! Loosli ist mehr als ein Conan Doyle.<br />
Fritz Grädel, verdächtigt des Mordes am alten Schattmattbauer Rees Rösti, wird zwar freigesprochen,<br />
doch Recht führt hier nicht automatisch zu Gerechtigkeit. Loosli interessieren<br />
die biografischen und psychologischen Hintergründe der Figuren. Einsamkeit, Erniedrigung,<br />
verschmähte Liebe und verletzter Stolz sind Motive für einen bösartigen und am Ende erfolgreichen<br />
Plan.<br />
Genuss bietet eine weitere Ebene dieser »bernisch-schweizerischen Gesittungs-, Gesellschafts-<br />
und Rechtsgeschichte«: Detailliert bringt uns Loosli die ländliche Gesellschaft<br />
des 19. Jahrhunderts näher, die dörflichen Würdenträger und politischen Machtverhältnisse,<br />
die Revolution der Milchwirtschaft, Rosszucht und -handel, das Justizsystem, den Anschluss<br />
des Dorfes ans Fernsprechnetz, die Bedeutung der Dragoner oder den Hitzesommer 1893.<br />
Erst ganz am Ende der Geschichte, fast <strong>30</strong> <strong>Jahre</strong> nach der Tat, wird der Tod des alten Rösti<br />
aufgeklärt. Da ist der gebrochene Fritz Grädel bereits in der psychiatrischen Anstalt gestorben.<br />
Wir aber sind um ein Stück schweizerischer Vergangenheit reicher. Und um<br />
den wunderbaren Klang längst vergessener alter Wörter wie Kanaster, Krauterer, Jucharte,<br />
Rehposten, Doppelmulchen, kummetscheu oder Seelendurchmesser.<br />
Unsere Buchtipps<br />
auf einen Blick:<br />
Urs Marti<br />
Demokratie. Das uneingelöste<br />
Versprechen<br />
Martin Weiss<br />
Urchuchi<br />
Schweizer Restaurants<br />
mit Geschichten und Gerichten<br />
Deutschschweiz und Graubünden<br />
Roque Dalton<br />
Armer kleiner Dichter,<br />
der ich war<br />
Beat Hächler (Hrsg.)<br />
Das Klappern der Zoccoli<br />
Literarische Wanderungen im<br />
Tessin<br />
Martin Weiss<br />
Urchuchi<br />
Südschweizer Restaurants<br />
mit Geschichten und Gerichten<br />
Tessin und Misox<br />
Alain Gresh<br />
Israel – Palästina<br />
Die Hintergründe eines<br />
unendlichen Konflikts<br />
Valérie Boillat u. a.<br />
Vom Wert der Arbeit<br />
Schweizer Gewerkschaften –<br />
Geschichte und Geschichten<br />
Carl Albert Loosli,<br />
Die Schattmattbauern<br />
Werke Band 3: Kriminalliteratur<br />
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Alternative Bank ABS<br />
Leberngasse 17<br />
4601 Olten<br />
www.abs.ch<br />
Basler Druck+Verlag AG, bdv<br />
Kirschgartenstrasse 5<br />
4010 Basel<br />
www.bdv.ch<br />
buch2000<br />
Centralweg 16<br />
8910 Affoltern am Albis<br />
www.buch2000.ch<br />
42<br />
Herzlichen Dank<br />
Die Planung eines Festes und die Herstellung einer Jubiläumsbroschüre sind für jeden<br />
Verlag ein großer zeitlicher Zusatzaufwand. Und bei allem Einsatz – ohne die großzügigen<br />
Spenden wäre die Finanzierung eines Verlagsjubiläums gar nicht möglich gewesen.<br />
Wir danken allen, die uns unterstützt haben!<br />
City-Druck AG<br />
Kernstrasse 37<br />
8004 Zürich<br />
www.citydruck.ch<br />
Comedia Buchhandlung<br />
Katharinengasse 20<br />
9000 St. Gallen<br />
www.comedia-sg.ch<br />
Le Monde diplomatique<br />
www.monde-diplomatique.de<br />
mediaforum.ch<br />
Birmensdorferstrasse 360<br />
8055 Zürich<br />
www.medienjobs.ch<br />
Buchhandlung am Helvetiaplatz<br />
Stauffacherstrasse 60<br />
8004 Zürich<br />
www.helvetiabuch.ch<br />
Hirschmatt Buchhandlung AG<br />
Hirschmattstrasse 26<br />
6003 Luzern<br />
www.hirschmatt.ch<br />
Lektorama Korrekturservice<br />
Freyastrasse 20<br />
8004 Zürich<br />
Libromania Liechti<br />
Länggassstrasse 12<br />
<strong>30</strong>12 Bern<br />
www.libromania.ch<br />
Münstergass-Buchhandlung AG<br />
Münstergasse 35<br />
<strong>30</strong>11 Bern<br />
www.muenstergass.ch<br />
NEST Sammelstiftung Pensionskasse<br />
Limmatstrasse 275<br />
8037 Zürich<br />
www.nest-info.ch<br />
Photolito AG<br />
Industriestrasse 12<br />
8625 Gossau<br />
www.photolitho.ch<br />
Stauffacher Buchhandlungen AG<br />
Neuengasse 25–37<br />
<strong>30</strong>11 Bern<br />
www.stauffacher.ch<br />
Tomac Computer Concept AG<br />
Sihlfeldstrasse 53/55<br />
8003 Zürich<br />
www.tomac.ch<br />
Transa Backpacking AG<br />
Ackerstrasse 21<br />
8005 Zürich<br />
www.transa.ch<br />
Travel Book Shop<br />
Rindermarkt 20<br />
8001 Zürich<br />
www.travelbookshop.ch<br />
Wega Buchhandlung<br />
Via dal Mulin 4<br />
7500 St. Moritz<br />
www.wega-stmoritz.ch<br />
WOZ Die Wochenzeitung<br />
Hardturmstrasse 66<br />
8031 Zürich<br />
www.woz.ch<br />
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