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Lernen sichtbar machen in der Praxis

Die Website Lernen sichtbar machen ist ein Begleitangebot zu John Hatties Studien „Visible Learning“. Nebst zahlreichen Beschreibungen und Materialien zu Wirkfaktoren für erfolgreiches Lernen veröffentlicht das Projektteam der Pädagogischen Hochschule FHNW alle zwei Monate einen kostenlosen Newsletter. Darin werden Praxisbeispiele publiziert, Missverständnisse geklärt und Hinweise auf weiterführende Informationen gegeben. Im Sondernewsletter Sommer 2015 zeigen Lehrpersonen in Praxisberichten auf, wie Lernen sichtbar zu machen im Unterricht gelingt. Lassen Sie sich inspirieren!

Die Website Lernen sichtbar machen ist ein Begleitangebot zu John Hatties Studien „Visible Learning“. Nebst zahlreichen Beschreibungen und Materialien zu Wirkfaktoren für erfolgreiches Lernen veröffentlicht das Projektteam der Pädagogischen Hochschule FHNW alle zwei Monate einen kostenlosen Newsletter. Darin werden Praxisbeispiele publiziert, Missverständnisse geklärt und Hinweise auf weiterführende Informationen gegeben. Im Sondernewsletter Sommer 2015 zeigen Lehrpersonen in Praxisberichten auf, wie Lernen sichtbar zu machen im Unterricht
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<strong>Lernen</strong> <strong>sichtbar</strong> <strong>machen</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Praxis</strong>


Newsletter <strong>Lernen</strong> <strong>sichtbar</strong> <strong>machen</strong>(Son<strong>der</strong>ausgabe)www.lernen<strong>sichtbar</strong><strong>machen</strong>.netDas Projekt <strong>Lernen</strong> <strong>sichtbar</strong> <strong>machen</strong>wird von <strong>der</strong> Stiftung MercatorSchweiz und dem DachverbandLehrer<strong>in</strong>nen und Lehrer Schweizunterstützt und geför<strong>der</strong>t.


VorwortDieser Son<strong>der</strong>newsletter enthält ausschliesslich <strong>Praxis</strong>berichte und ersche<strong>in</strong>t <strong>in</strong> neuem Design. Teil 1behandelt <strong>Lernen</strong> <strong>sichtbar</strong> <strong>machen</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Schule und im Unterricht. In Teil 2 geht es um <strong>Lernen</strong><strong>sichtbar</strong> <strong>machen</strong> <strong>in</strong> Aus- und Weiterbildung von Lehrpersonen.Von Wolfgang BeywlTeil 1: Schule und UnterrichtMonika Pfister postuliert <strong>in</strong> ihrem Vorwort, dassLehrpersonen dann systematisch vorankommen,wenn sie sich ihre Ziele und ihr Handeln bewusst<strong>machen</strong>. Wichtig sei, sich gezielt, vertieft undlängerfristig mit e<strong>in</strong>er Herausfor<strong>der</strong>ung ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>zusetzenund dabei darauf zu achten, welchenLernzuwachs die Schüler<strong>in</strong>nen und Schülererreichen.An <strong>der</strong> Alexan<strong>der</strong> von Humboldt-Grundschule<strong>in</strong> den USA haben Zusammenarbeit, das <strong>Lernen</strong><strong>sichtbar</strong> <strong>machen</strong> und Evaluation dazu geführt,dass sich die ehemals schwache Schule heutedeutlich über dem durchschnittlichen Leistungsniveauvergleichbarer Schulen bewegt.Anne Marufke vom Alexan<strong>der</strong> von Humboldt-Gymnasium <strong>in</strong> Hessen beschreibt für e<strong>in</strong>eDeutschstunde exemplarisch, wie <strong>der</strong> aktuelleLernstand <strong>der</strong> Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler mittelsfarbiger Karteikarten erhoben und die <strong>Lernen</strong>denaktiviert werden können. UnterschiedlicheMethoden (<strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e zum Thema Feedback)aus den Büchern zu <strong>Lernen</strong> <strong>sichtbar</strong> <strong>machen</strong>werden <strong>in</strong> den täglichen Unterricht <strong>in</strong>tegriert.Paul Seiler beschreibt e<strong>in</strong>e Unterrichts<strong>in</strong>tervention,die auslösen soll, dass sich Schüler<strong>in</strong>nenund Schüler vermehrt im Plenum melden. Dabeiwerden <strong>Lernen</strong>de, die dies nicht freiwillig tun,von <strong>der</strong> Lehrperson per E-Mail kontaktiert, und<strong>der</strong> nachfolgende Dialog stärkt die Lehrer-Schüler-Beziehung.In e<strong>in</strong>em Interview mit unserer Redaktion berichtetAnke Meyer über Advance Organizerund Gruppen-M<strong>in</strong>dmaps als Unterrichtsmethoden.Teil 2: Aus- und WeiterbildungKlaus Zierer nennt <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Vorwort siebenPunkte für e<strong>in</strong>e erfolgreiche Lehrerfort- und -weiterbildung.Jürg Brühlmann stellt das Modell «Model<strong>in</strong>g mitMetalog» (MmM) vor. Dabei beobachten Novizene<strong>in</strong>e erfahrene Person während <strong>der</strong> Berufsausführung.Diese erläutert mittels «verbalenUntertiteln» (Metalog) ihr Handeln und ihreEntscheidungen.Monique Struck beschreibt e<strong>in</strong>e schul<strong>in</strong>terne«LLL» (von Lehrpersonen, für Lehrpersonen unddurch Lehrpersonen) -Weiterbildung zu <strong>Lernen</strong><strong>sichtbar</strong> <strong>machen</strong>. Im Zentrum stehen Unterrichtund <strong>Lernen</strong>. Zentral ist <strong>der</strong> Perspektivenwechsel<strong>der</strong> Lehrperson: «das <strong>Lernen</strong> mit den Augen <strong>der</strong><strong>Lernen</strong>den sehen», um Handlungsmöglichkeitenfür sich selbst, das Team und die Schule zu eröffnen.Frie<strong>der</strong>ike Dushe berichtet von ihren Erfahrungenals Leiter<strong>in</strong> von Supervisionsgruppen. Sie bestätigen,dass <strong>in</strong> <strong>der</strong> geme<strong>in</strong>samen Reflexion vonLehrpersonen grosse Potentiale liegen.Das Projektteam von <strong>Lernen</strong> <strong>sichtbar</strong> <strong>machen</strong>wünscht Ihnen ertragreiche Lektüre sowie <strong>in</strong>spirierendeSommerferien.Prof. Dr. Wolfgang BeywlLeiter Professur für Bildungsmanagement,Schul- und Personalentwicklungan <strong>der</strong> PädagogischenHochschule FHNW. InstitutWeiterbildung und BeratungLeitung <strong>Lernen</strong> <strong>sichtbar</strong> <strong>machen</strong>wolfgang.beywl@fhnw.ch


<strong>Lernen</strong> <strong>sichtbar</strong> <strong>machen</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Praxis</strong>«Die Aufgabe sollte se<strong>in</strong>, nach empirischen Belegen zu fragen, was ambesten bei <strong>der</strong> Lehrerbildung funktioniert, und diese Belege <strong>der</strong>selben kritischenBewertung zu unterziehen, wie sie auch <strong>in</strong> den an<strong>der</strong>en Fel<strong>der</strong>n<strong>der</strong> Lehrer- und Schulforschung üblich ist.»<strong>Lernen</strong> <strong>sichtbar</strong> <strong>machen</strong>, Hattie 2015, S. 1338


Teil 1<strong>Lernen</strong> <strong>sichtbar</strong> <strong>machen</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong>Schule und im Unterricht05 Wissen was wirkt – das eigene Unterrichtenimmer wie<strong>der</strong> bewusst reflektieren – e<strong>in</strong>Vorwort von Monika Pfister07 Leistungstief adieu! E<strong>in</strong>e Schule aufErfolgskurs11 Aktivierung und schnelles Feedback mit <strong>der</strong>Kartenmethode15 Beziehungspflege per Mail: Zurückhaltende<strong>Lernen</strong>de erreichen17 Advance Organzier und Concept-Mapp<strong>in</strong>g –wirkmächtige UnterrichtsmethodenTeil 2<strong>Lernen</strong> <strong>sichtbar</strong> <strong>machen</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong>Aus- und Weiterbildung23 Das Potential <strong>der</strong> Lehrerweiterbildung – undwas man dabei beachten muss – e<strong>in</strong> Vorwortvon Prof. Dr. Klaus Zierer25 Lehrerausbildner geben Berufsgeheimnisseweiter – mit Metalog31 Lehrpersonen gestalten Weiterbildungen fürLehrpersonen – das kommt an35 Supervision: die Perspektive <strong>der</strong> <strong>Lernen</strong>denproduktiv nutzen[CDU1]Inhalt


Teil 1:<strong>Lernen</strong> <strong>sichtbar</strong> <strong>machen</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong>Schule und im Unterricht«Es s<strong>in</strong>d weniger die „Methoden“ an sich, son<strong>der</strong>n die Pr<strong>in</strong>zipien deseffektiven Lehrens und <strong>Lernen</strong>s, auf die es ankommt.»<strong>Lernen</strong> <strong>sichtbar</strong> <strong>machen</strong>, Hattie 2015, S. 28810


Wissen was wirkt – das eigene Unterrichtenimmer wie<strong>der</strong> bewusst reflektierenWissen wir, wie Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler <strong>in</strong> Unterrichtsstunden wirklich lernen? Erkennen wir, wanne<strong>in</strong> Kompetenzzuwachs bei <strong>Lernen</strong>den stattgefunden hat? Lehrpersonen und Bildungsverantwortlicheaus unterschiedlichen Fachrichtungen beschäftigen sich immer wie<strong>der</strong> von Neuem mit diesenFragen. Von Monika PfisterAls Leiter<strong>in</strong> des Netzwerks Luzerner Schulenhabe ich e<strong>in</strong>en vertieften E<strong>in</strong>blick <strong>in</strong> die Arbeitvon Lehrpersonen. In fachspezifischen Teilnetzwerkenthematisieren und tauschen wir folgendeThemen aus: Unterrichtsgestaltung, Unterrichtsmaterialien,Beziehung zu <strong>Lernen</strong>den aufbauenund pflegen, Umgang mit Heterogenität, Reflexionskulturaufbauen und pflegen, arbeiten mitPortfolios, Elternarbeit usw. E<strong>in</strong>e zentrale Frageist <strong>in</strong> allen Diskussionen: Was macht den Unterrichtwirksam?In den letzten zwei Jahren habe ich oft mit <strong>der</strong>Hattie Studie gearbeitet. Im Buch <strong>Lernen</strong> <strong>sichtbar</strong><strong>machen</strong> für Lehrpersonen (2014) ist aufgeführt,was zu e<strong>in</strong>em erfolgreichen Unterrichtbeitragen kann. Ich schreibe bewusst «beitragenkann», weil die Erfahrung zeigt, dass es immere<strong>in</strong> Zusammenspiel von Verschiedenem ist.Das Bewusst<strong>machen</strong> – Erfahrungen ausdem Netzwerk Luzerner SchulenWenn ich mit Thesen aus dem Buch arbeite unddie Lehrpersonen anhand <strong>der</strong> Thesen ihre Arbeit<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em spezifischen Bereich reflektieren lasse,haben diese oft e<strong>in</strong> «AHA-Erlebnis». Sie erkennen,dass sie vieles schon wissen und auch <strong>machen</strong>.In <strong>der</strong> Diskussion stellt sich oft heraus, dasszwar vieles unternommen, aber nicht bewusst <strong>in</strong>die Unterrichtsvorbereitung, Umsetzung undReflexion e<strong>in</strong>geplant wird und somit auch nichtbewusst daran gearbeitet werden kann. Grundsätzlichkönnen Lehrpersonen nur dann gezieltan etwas arbeiten, wenn es ihnen bewusst ist und<strong>in</strong> ihre Ziele e<strong>in</strong>fliesst.<strong>Lernen</strong> <strong>sichtbar</strong> <strong>machen</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Schule undim UnterrichtIn den fachspezifischen Gruppierungen <strong>in</strong>nerhalbdes Netzwerks ist viel Raum für das Bewusstwerden,die Reflexion, für das «vone<strong>in</strong>an<strong>der</strong>profitieren dürfen» und «geme<strong>in</strong>sam etwasfür den Unterrichtsalltag entwickeln können».Die Erfahrungen zeigen, dass die Frage <strong>der</strong> Nachhaltigkeitwichtig und zugleich schwierig zu beantwortenist. Trotzdem zeigen sie auch, dassLehrpersonen, die bereit s<strong>in</strong>d, über eigenes Verhalten,über Unterrichtsgestaltung und Beziehungspflegenachzudenken, e<strong>in</strong>e grössereChance haben, bei ihren Schüler<strong>in</strong>nen und SchülernPositives zu bewirken. Das Bewusstse<strong>in</strong> beiLehrpersonen, dass <strong>Lernen</strong>de das Recht haben zuwissen, was sie warum lernen sollen, hat positiveAuswirkungen auf den Lernerfolg. Das be<strong>in</strong>haltet,dass <strong>Lernen</strong>de ernst genommen werden, dassman sich für sie <strong>in</strong>teressiert, und dass man Erfolgemit ihnen feiern kann. Dies braucht unteran<strong>der</strong>em e<strong>in</strong>e positive Fehlerkultur, Wertschätzung,e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>stitutionalisierte Feedbackkulturund an<strong>der</strong>es mehr. Und genau Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzungendarüber s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Kreisen von Lehrpersonenund Schulleitungen zu führen. Diskussionens<strong>in</strong>d dann erfolgreich, wenn das eigene Verhaltenreflektiert wird, mögliche Strategien entwickeltwerden und alle Beteiligten sich gezielt etwasvornehmen. Und das <strong>machen</strong> wir im NetzwerkLuzerner Schulen.Warum gel<strong>in</strong>gt es uns dennoch nicht immer,<strong>Lernen</strong> <strong>sichtbar</strong> zu <strong>machen</strong>?Lehrpersonen wissen meistens ganz genau, waspädagogisch und didaktisch s<strong>in</strong>nvoll ist. Warumsie nicht so handeln, wie sie es grundsätzlich gut5


f<strong>in</strong>den, begründen sie meistens mit Zeitknappheitund mit den ihnen zur Verfügung stehenden(zu ger<strong>in</strong>gen) Ressourcen. Ich b<strong>in</strong> überzeugt, dassdies Gründe s<strong>in</strong>d. Mehr noch vermute ich aber,dass unser System viele wichtige Diskussionenund Lernmethoden gar nicht zulässt. Stundenplänes<strong>in</strong>d vollgepackt, es wird immer noch sehrfachspezifisch unterrichtet. Lernfortschrittewerden oft nur kurzfristig im fachlichen Bereichgetestet. Zu viele e<strong>in</strong>zelne Lehrpersonen s<strong>in</strong>dverantwortlich für den Lernerfolg e<strong>in</strong>es e<strong>in</strong>zelnenSchülers und an<strong>der</strong>es mehr. Weiterbildungens<strong>in</strong>d zu oft so angelegt, dass vor allem konsumiertwird und zu wenig reflektiert und gezieltan weiteren Unterrichtsentwicklungsschrittengearbeitet wird. Um die oben erwähnten Situationenoptimieren zu können, brauchen wir dieAus- und Weiterbildungs<strong>in</strong>stitutionen, die Politik,Vertreter<strong>in</strong>nen und Vertreter von Verbändenund vor allem motivierte, kreative und vielseitig<strong>in</strong>teressierte Lehrpersonen und Schulleitungen.Und wir brauchen nicht zuletzt Netzwerke,die Diskussionen lancieren und Unterrichtsentwicklungengeme<strong>in</strong>sam angehen.Man soll nicht von e<strong>in</strong>em zum an<strong>der</strong>en Themahüpfen, son<strong>der</strong>n sich gezielt und längerfristig mite<strong>in</strong>er Sache vertieft ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzen, bewusstreflektieren und schauen, was <strong>der</strong> Lernzuwachsist. Auch die Website <strong>Lernen</strong> <strong>sichtbar</strong> <strong>machen</strong>bietet Anregungen, mit denen gezielt gearbeitetwerden kann. Im Glossar s<strong>in</strong>d zum Beispiel vieleBegriffe umschrieben, die sich dafür eignen, denUnterricht und das eigene Verhalten zu reflektieren.Nutzen wir die bereits zusammengefasstenErkenntnisse.QuellenHattie, John A. C. (2014): <strong>Lernen</strong> <strong>sichtbar</strong> <strong>machen</strong>für Lehrpersonen. Überarbeitete deutschsprachigeAusgabe von «Visible learn<strong>in</strong>g for teachers»,besorgt von Wolfgang Beywl und KlausZierer. Baltmannsweiler: Schnei<strong>der</strong> Verlag Hohengehren.Netzwerk Luzerner SchulenDas «Netzwerk Luzerner Schulen» ist e<strong>in</strong> freiwilligerVerbund von Schulen, welche ihre Tätigkeiten geme<strong>in</strong>samreflektieren, planen und zielorientiert weiterentwickeln.Die Netzwerkschulen haben mit <strong>der</strong> Koord<strong>in</strong>ationsstellee<strong>in</strong>e Vere<strong>in</strong>barung. Mit <strong>der</strong> Vere<strong>in</strong>barung beauftragensie e<strong>in</strong>e Person (Netzwerkbeauftragte),welche die Zusammenarbeit und die Organisationmit <strong>der</strong> Koord<strong>in</strong>ationsstelle vor Ort sicherstellt.Die Netzwerkschulen bestimmen Aktivitäten undEntwicklungen des Netzwerks mit. Im Netzwerk wirdbedürfnisorientiert mit <strong>der</strong> Basis gearbeitet.www.volksschulbildung.lu.chMonika PfisterLeiter<strong>in</strong> Netzwerk LuzernerSchulen, Schweizmonika.pfister@lu.ch6


Bildquelle: edutopia.orgLeistungstief adieu! E<strong>in</strong>e Schule auf ErfolgskursVor zehn Jahren war die Leistung <strong>der</strong> Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler an <strong>der</strong> Humboldt-Grundschule <strong>in</strong>Prescott Valley im Bundesstaat Arizona, USA, beson<strong>der</strong>s schwach. Nur fünf Jahre später gewann dieSchule mehrere Auszeichnungen und liegt heute deutlich über dem Leistungsniveau vergleichbarerSchulen. Evaluation, Zusammenarbeit und das <strong>Lernen</strong> <strong>sichtbar</strong> <strong>machen</strong> führten zu diesem Erfolg.Von Stefan Lohri und Fabian Ste<strong>in</strong>erAls die Humboldt-Grundschule e<strong>in</strong>e neue Schulleitungbekam, stand sie kurz davor, das Label«un<strong>der</strong>-perform<strong>in</strong>g» (leistungsschwach) zu erhalten.Um dem entgegenzuwirken, hat dieSchule den Weg zu e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>ternen Evaluationskulture<strong>in</strong>geschlagen, bei welchem die Stärkenund Schwächen <strong>der</strong> Schüler<strong>in</strong>nen und Schülerim Zentrum stehen.Zum Arbeitsalltag <strong>der</strong> Lehrpersonen zählt e<strong>in</strong>egeme<strong>in</strong>same Nutzung <strong>der</strong> erhobenen Daten zumLeistungsstand aller Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler.So können sich alle des schulischen Standes <strong>der</strong><strong>Lernen</strong>den vergewissern und jeweils effizient imS<strong>in</strong>ne <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> zusammen das künftige Handelnplanen. Die Daten-Transparenz bzw. dasSichtbar<strong>machen</strong> ermöglicht e<strong>in</strong>en Austauschüber den eigenen Unterricht und führt zu e<strong>in</strong>emUmdenken – das kollaborative Arbeiten im Kollegenkreissteht im Zentrum und die Entwicklung<strong>der</strong> <strong>Lernen</strong>den hat erste Priorität.DatenerhebungBevor e<strong>in</strong> Sichtbar<strong>machen</strong> <strong>der</strong> Daten umgesetztund die Zusammenarbeit möglich gemacht werdenkonnte, musste e<strong>in</strong>e Evaluationskultur geför<strong>der</strong>twerden: Es wurde darauf h<strong>in</strong>gearbeitet,dass die Lehrpersonen über e<strong>in</strong> Verständnis füre<strong>in</strong>e umfassende Datenerhebung verfügen undim Rahmen <strong>der</strong> Erhebung verschiedene Methodene<strong>in</strong>setzen, um die Leistungen <strong>der</strong> Schüler<strong>in</strong>nenund Schüler zu ermitteln.Durch die formative Evaluation des Unterrichts,ist es den Lehrpersonen möglich, den Unterrichtlaufend anzupassen. Die formative Evaluationgibt Rückschlüsse auf das eigene Unterrichten,<strong>in</strong>dem sich die Lehrperson des Lernstandes <strong>der</strong>Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler vergewissert. Dieserwird auf verschiedene Arten ermittelt, zum Beispielmit Hilfe von Lernstandkontrollen o<strong>der</strong> <strong>der</strong>Beobachtung von Lernaktivitäten.Bildquelle: edutopia.org


«Lehrpersonen müssen die Lern<strong>in</strong>tentionen und Erfolgskriterien ihrerLehrsequenzen kennen und wissen, wie gut sie diese Kriterienpunkte füralle <strong>Lernen</strong>den erreichen. Sie müssen die nächsten Schritte identifizieren– im Lichte <strong>der</strong> Lücke zwischen dem aktuellen Wissen und den Erkenntnissen<strong>der</strong> <strong>Lernen</strong>den sowie im Lichte <strong>der</strong> Erfolgskriterien des „Woh<strong>in</strong>gehst du?“, „Wie kommst du voran?“ und „Woh<strong>in</strong> geht es danach?“»<strong>Lernen</strong> <strong>sichtbar</strong> <strong>machen</strong>, Hattie 2015, S. 2818


E<strong>in</strong>e Möglichkeit, damit die Lehrpersonen dieLernaktivitäten beobachten können, bietet <strong>der</strong>E<strong>in</strong>satz von Peer-Tutor<strong>in</strong>g. Bei dieser Methodes<strong>in</strong>d die Peers, die Mitschüler<strong>in</strong>nen und Mitschüler,als Co-Lehrende für <strong>Lernen</strong>de tätig, wasihnen Selbstregulierung und Kontrolle über daseigene <strong>Lernen</strong> zulässt. Die Lehrperson bleibt imH<strong>in</strong>tergrund und kann wichtige Erkenntnisseüber den Lernstand <strong>der</strong> jeweiligen Schüler<strong>in</strong>nenund Schüler erlangen.Sichtbar<strong>machen</strong>Die Lehrpersonen <strong>der</strong> Humboldt-Grundschuleentwickelten <strong>in</strong> den letzten Jahren eigene Methoden,um die Daten <strong>sichtbar</strong> zu <strong>machen</strong> undum mit diesen geme<strong>in</strong>sam weiterzuarbeiten.E<strong>in</strong> Beispiel ist e<strong>in</strong>e Wand mit verschiedenfarbigendurchsichtigen Plastik-Hängetaschen, auf<strong>der</strong> dargestellt wird, wie sich die <strong>in</strong> 3-Wochen-Abständen gemessenen fachlichen Leistungen<strong>der</strong> Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler über die verschiedenenKompetenzniveaus bewegen. Die Visualisierungist für alle Lehrpersonen <strong>sichtbar</strong>, die<strong>Lernen</strong>den h<strong>in</strong>gegen haben ke<strong>in</strong>en Zugang.Austauschen und zusammen entwickelnDer Austausch <strong>der</strong> Daten ermöglicht es, dass dieLehrpersonen diese geme<strong>in</strong>sam und fortwährenddiskutieren, zusammen den Unterricht und Interventionenbesprechen und entwickeln.UmsetzenUnterricht und Interventionen s<strong>in</strong>d differenziertsowie fortlaufend auf die jeweiligen Schülerbedarfeangepasst. Es folgen neue Erhebungen,Austausch über die Daten und Anpassungendurch Unterrichtsentwicklung. E<strong>in</strong>e von <strong>der</strong>Humboldt-Schule selbst entwickelte Interventionstellt «I Choose» dar. Sie ermöglicht denLehrpersonen e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>terne Differenzierung <strong>in</strong>nerhalb<strong>der</strong> eigenen Klasse vorzunehmen, ohnedabei zusätzliche Unterrichtszeit aufwenden zumüssen. Schüler<strong>in</strong>nern und Schüler, die kurz vorEnde des Tages e<strong>in</strong> bestimmtes Unterrichtszielerreicht haben, können wählen, wie sie die letzten30 M<strong>in</strong>uten ihres Schultages gestalten wollen.Sie verlassen das Schulzimmer, um an <strong>der</strong>von ihnen gewählten Aktivität teilzunehmen.Die im Klassenzimmer verbleibenden Schüler<strong>in</strong>nenund Schüler haben das Unterrichtsziel nichterreicht: Sie werden nun <strong>in</strong> Kle<strong>in</strong>gruppen von<strong>der</strong> Lehrperson o<strong>der</strong> von älteren Mitschüler<strong>in</strong>nenund Mitschülern, die sich freiwillig gemeldethaben (Peer-Tutor<strong>in</strong>g), betreut, damit das Erreichendes Unterrichtsziels sichergestellt werdenkann.Sehen Sie nachfolgend e<strong>in</strong>en Video-Beitrag zu «IChoose».Quellenedutopia.org (April 2015): Mak<strong>in</strong>g Student DataPart of the Conversation. Abgerufen am14.05.2015.Hattie, John A. C. (2015, 3. Auflg.): <strong>Lernen</strong><strong>sichtbar</strong> <strong>machen</strong>. Überarbeitete deutschsprachigeAusgabe von «Visible learn<strong>in</strong>g», besorgtvon Wolfgang Beywl und Klaus Zierer. Baltmannsweiler:Schnei<strong>der</strong> Verlag Hohengehren.The Humboldt Schools. Abgerufen am14.05.2015.Stefan LohriPrimarlehrperson undProjektmitglied von <strong>Lernen</strong><strong>sichtbar</strong> <strong>machen</strong>stefan.lohri@fhnw.chFabian Ste<strong>in</strong>erBSc Psychologie, Projektmitgliedvon <strong>Lernen</strong> <strong>sichtbar</strong><strong>machen</strong>fabian.ste<strong>in</strong>er@fhnw.ch9


«Die wichtigsten Feedback-Fragen s<strong>in</strong>d: „Woh<strong>in</strong> gehe ich?“ Lern<strong>in</strong>tentionen/Ziele/Erfolgskriterien,„Wie komme ich voran?“ Selbstbewertungund Selbste<strong>in</strong>schätzung) und „Woh<strong>in</strong> geht es danach?“ Fortschreiten,neue Ziele).»<strong>Lernen</strong> <strong>sichtbar</strong> <strong>machen</strong>, Hattie 2015, S. 21010


Aktivierung und schnelles Feedback mit <strong>der</strong>KartenmethodeDie Alexan<strong>der</strong>-von-Humboldt-Schule im hessischen Lauterbach ist e<strong>in</strong> Gymnasium, welches sich seite<strong>in</strong>igen Jahren verstärkt mit <strong>der</strong> Frage beschäftigt, wie die Qualität des Unterrichts weiter verbessertwerden kann. E<strong>in</strong>e konstruktive Unterrichtsatmosphäre soll geschaffen und <strong>der</strong> Lernzuwachs <strong>der</strong> <strong>Lernen</strong>densoll erhöht werden, ohne die Lehrpersonen zusätzlich zu belasten. Dabei spielt das Schulmotto«Je<strong>der</strong> Schüler ist uns wichtig» e<strong>in</strong>e grosse Rolle. Im Ganztagskonzept <strong>der</strong> Schule s<strong>in</strong>d nebenverschiedenen sportlichen, musischen und künstlerischen Aktivitäten auch viele <strong>in</strong>dividuelle För<strong>der</strong>kursevon <strong>Lernen</strong>den für <strong>Lernen</strong>de zu f<strong>in</strong>den. Von Anne MarufkeIn Gesprächsrunden zur Unterrichtsentwicklungwerden vermehrt Grundkonzeptionen von Unterrichtund Methoden thematisiert, die den Unterrichtfür <strong>Lernen</strong>de und Lehrpersonen verbessernsollen. Auf freiwilliger Basis tauschen sichKolleg<strong>in</strong>nen und Kollegen über empirisch lernwirksameUnterrichtsstrategien aus, z. B. zuFeedback-Methoden o<strong>der</strong> zur Herstellung vonTransparenz für die <strong>Lernen</strong>den. VerschiedeneForschungsergebnisse und dazu passende Methodenwerden jeweils vorgestellt. Diese werdendann von e<strong>in</strong>igen Lehrpersonen im Unterrichterprobt und anschliessend <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gesprächsgruppeevaluiert. Dieser produktive Austauschgeht auch über die Gruppe h<strong>in</strong>aus. Immer mehrKolleg<strong>in</strong>nen und Kollegen zeigen sich an e<strong>in</strong>zelnenMethoden <strong>in</strong>teressiert und übernehmen vorgestellteIdeen auf Probe <strong>in</strong> ihren Unterricht.E<strong>in</strong> Beispiel: Lernstand <strong>sichtbar</strong> <strong>machen</strong>Im Folgenden wird e<strong>in</strong>e Deutsch-Stunde e<strong>in</strong>er5. Klasse vorgestellt, <strong>in</strong> welcher verschiedene, anden Ergebnissen von <strong>Lernen</strong> <strong>sichtbar</strong> <strong>machen</strong>(2015) orientierte Methoden angewendet werden.Die Stunde ist am Ende e<strong>in</strong>er Reihe zu denWortarten angesiedelt und dient dazu, den Schüler<strong>in</strong>nenund Schülern den Lernstand aufzuzeigen,also welche Punkte sie schon gut beherrschenund welche Unterthemen e<strong>in</strong>er Wie<strong>der</strong>holungbedürfen. Wie zu Beg<strong>in</strong>n je<strong>der</strong> Stundewird den <strong>Lernen</strong>den mitgeteilt, was das Ziel <strong>der</strong>Stunde ist und wo sich die Klasse auf ihrem Lernwegbef<strong>in</strong>det. Danach folgt e<strong>in</strong>e Aufgabe, die fürdie Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler zur Rout<strong>in</strong>e gewordenist:Um die Kenntnisse <strong>der</strong> Personalformen und Zeitenzu überprüfen, werden den <strong>Lernen</strong>den zehnVorgaben diktiert (bspw. 3. Ps. Pl. Plusquamperfekt(schlafen), was <strong>in</strong> «sie hatten geschlafen»umgewandelt werden soll, o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>sherum).Während <strong>der</strong> Bearbeitungszeit läuft e<strong>in</strong> für alle<strong>sichtbar</strong>er Timer an <strong>der</strong> Tafel, <strong>der</strong> es den <strong>Lernen</strong>denermöglicht, sich ihre Arbeitszeit selbst e<strong>in</strong>zuteilen.Zudem wird so e<strong>in</strong>e zügige Bearbeitung<strong>der</strong> Aufgabe gesichert und durch die schrittweiseVerkürzung <strong>der</strong> Bearbeitungszeit wird das <strong>Lernen</strong><strong>sichtbar</strong> gemacht. E<strong>in</strong> weiterer Punkt, <strong>der</strong>für die Verwendung des Timers spricht, ist <strong>der</strong>Spassfaktor, da nach Ablauf <strong>der</strong> Bearbeitungszeitjeweils e<strong>in</strong> an<strong>der</strong>es Geräusch e<strong>in</strong>gestellt werdenkann (Vogelzwitschern, Explosion usw.). DieAufgabe gewährleistet <strong>in</strong>sgesamt bereits zu Beg<strong>in</strong>n<strong>der</strong> Stunde e<strong>in</strong>e hohe Aktivierung <strong>der</strong> <strong>Lernen</strong>den.Je<strong>der</strong> <strong>Lernen</strong>de hat nach ca. 8 M<strong>in</strong>utenetwas geleistet und ist dadurch im Arbeitsmodusfür die weitere Stunde. Die Kontrolle <strong>der</strong> Lösungerfolgt folgen<strong>der</strong>massen: E<strong>in</strong>e Schüler<strong>in</strong> o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>Schüler liest ihre / se<strong>in</strong>e Lösung vor, die an<strong>der</strong>en<strong>Lernen</strong>den heben daraufh<strong>in</strong> entwe<strong>der</strong> ihre grüne(«Ich stimme mit <strong>der</strong> Lösung übere<strong>in</strong>») o<strong>der</strong> ihrerote Karte («Ich habe e<strong>in</strong>e abweichende Lösung»).Davon ausgehend kann im Plenum aufverschiedene noch vorhandene Schwierigkeitene<strong>in</strong>gegangen werden und die Schüler<strong>in</strong>nen &Schüler können gezielt angesprochen werden.Im weiteren Stundenverlauf werden die Rückmeldekartenunter an<strong>der</strong>em auch bei <strong>der</strong> Kontrollee<strong>in</strong>er Aufgabe zur Bestimmung von Wortarten<strong>in</strong> ganzen Sätzen e<strong>in</strong>gesetzt. Auch hier erfolgtdie Rückmeldung <strong>der</strong> <strong>Lernen</strong>den schnell11


und klar identifizierbar. Während dieser Rückmeldephasenist es für die Lehrperson wichtig,sich Knackpunkte zu notieren, um im weiterenVerlauf <strong>der</strong> E<strong>in</strong>heit auf noch vorhandeneSchwierigkeiten e<strong>in</strong>gehen zu können. Den Abschluss<strong>der</strong> Stunde bildet die Reflexionsphase. An<strong>der</strong> Tafel stehen die den <strong>Lernen</strong>den aus an<strong>der</strong>enStunden schon bekannten Satzanfänge wie z. B.«Ich kann schon gut…», «Ich habe noch Problemebei…», «Ich habe jetzt verstanden / nochnicht verstanden…», welche e<strong>in</strong>e weitere Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzungmit dem eigenen Lernstand erfor<strong>der</strong>n.Zusätzlich bildet dies die Grundlage für dieHausaufgabe, <strong>in</strong> welcher jede Schüler<strong>in</strong> und je<strong>der</strong>Schüler <strong>in</strong>dividuell ihre / se<strong>in</strong>e <strong>in</strong> <strong>der</strong> Stundeerkannten Schwierigkeiten aufarbeiten soll.H<strong>in</strong>weise zur E<strong>in</strong>führung <strong>der</strong> MethodeBezüglich <strong>der</strong> vorgestellten Stunde ist hervorzuheben,dass die <strong>Lernen</strong>den bereits seit zwei Monatenmit den beiden farbigen Karteikarten gearbeitethaben, sie also mit dem Ablauf vertrauts<strong>in</strong>d und genau wissen, was sie beim Vergleichen<strong>der</strong> Aufgaben zu tun haben. Anfangs waren dieKarten natürlich e<strong>in</strong> willkommenes Highlightfür die <strong>Lernen</strong>den, was <strong>in</strong> den ersten Stunden füretwas Unruhe bei <strong>der</strong>en Verwendung gesorgthat.Bei <strong>der</strong> E<strong>in</strong>führung ist e<strong>in</strong>erseits darauf geachtetworden, den <strong>Lernen</strong>den transparent zu <strong>machen</strong>,warum diese Karten für sie als auch für die Lehrpersonnützlich s<strong>in</strong>d. An<strong>der</strong>erseits ist es enormwichtig klarzustellen, dass alle <strong>Lernen</strong>den ehrlichmit ihren Lösungen umgehen müssen.12


Es ist unbed<strong>in</strong>gt darauf zu achten, dass den <strong>Lernen</strong>denbewusst ist, dass mit den Karten ke<strong>in</strong>eBewertungssituation verbunden ist, son<strong>der</strong>n sieals Mittel zur Verbesserung ihrer Leistungen unddes Unterrichtens e<strong>in</strong>gesetzt werden.Die Methode ist anfangs für die Lehrperson vielleichtetwas abschreckend, da <strong>der</strong>en volle Wirkungerst e<strong>in</strong>setzt, wenn sich auf Seiten <strong>der</strong> <strong>Lernen</strong>denund <strong>der</strong> Lehrenden e<strong>in</strong>e Rout<strong>in</strong>e entwickelthat. Inzwischen ist <strong>der</strong> Umgang mit diesemRückmelde<strong>in</strong>strument zur Rout<strong>in</strong>e geworden.Die Karten bef<strong>in</strong>den sich immer im Hausaufgabenheftund ihre Verwendung wird von vielenSchüler<strong>in</strong>nen und Schülern mittlerweile e<strong>in</strong>gefor<strong>der</strong>t.E<strong>in</strong>satzmöglichkeiten <strong>der</strong> MethodeNatürlich s<strong>in</strong>d die Karten nur begrenzt e<strong>in</strong>setzbar:Zur Abfrage von Antworten, wo es e<strong>in</strong>erichtige Lösung gibt (z. B. <strong>in</strong> den vorgestelltenGrammatikfel<strong>der</strong>n o<strong>der</strong> im Bereich <strong>der</strong> Rechtschreibung),o<strong>der</strong> zur Erstellung e<strong>in</strong>es Me<strong>in</strong>ungsbildesist dieses Rückmelde<strong>in</strong>strument sehrzu empfehlen. In an<strong>der</strong>en Bereichen wie <strong>der</strong> Diskussionvon bestimmten Themenfel<strong>der</strong>n ist ihreAnwendbarkeit begrenzt. Abschliessend ist zusagen, dass die Karten <strong>in</strong> bestimmten Unterrichtsphasene<strong>in</strong>e hohe Lernaktivität unterstützenund e<strong>in</strong>e produktive Transparenz hergestelltwird, was die relativ kurze E<strong>in</strong>führungszeit aufjeden Fall wert ist.Vorteile <strong>der</strong> Methode im ÜberblickDurch die roten und grünen Karten- ergibt sich schnell e<strong>in</strong> Überblick über denLernstand <strong>der</strong> Klasse (sowohl für die Lehrpersonals auch für die <strong>Lernen</strong>den);- ist e<strong>in</strong>e Identifizierung von falschen Lösungenohne grossen Aufwand möglich, wase<strong>in</strong>e gezielte Rückfrage und e<strong>in</strong>e Klärung imPlenum ermöglicht;- müssen sich alle <strong>Lernen</strong>den mit <strong>der</strong> eigenenLösung ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzen, die Antwort bewertenund e<strong>in</strong>schätzen, was die Lernaktivitätpositiv bee<strong>in</strong>flusst;- s<strong>in</strong>d die <strong>Lernen</strong>den motiviert – beson<strong>der</strong>sdie jüngeren <strong>Lernen</strong>den mögen es, ihre Ergebnissedurch die Karten mitzuteilen.QuellenHattie, John A. C. (2015, 3. Auflg.): <strong>Lernen</strong> <strong>sichtbar</strong><strong>machen</strong>. Überarbeitete deutschsprachigeAusgabe von «Visible learn<strong>in</strong>g», besorgt vonWolfgang Beywl und Klaus Zierer. Baltmannsweiler:Schnei<strong>der</strong> Verlag Hohengehren.Anne MarufkeLehrer<strong>in</strong> an <strong>der</strong> Alexan<strong>der</strong>von-Humboldt-SchuleLauterbach13


«Se<strong>in</strong>e [Cornelius-Whites] These ist, dass, „um die Lehrer-Schüler-Beziehungenzu verbessern und <strong>der</strong>en Vorteile zu nutzen, Lehrpersonen lernensollten, die Entwicklung <strong>der</strong> <strong>Lernen</strong>den zu för<strong>der</strong>n“, <strong>in</strong>dem sie zeigen, dassihnen das <strong>Lernen</strong> e<strong>in</strong>es jeden E<strong>in</strong>zelnen persönlich am Herzen liegt ….»<strong>Lernen</strong> <strong>sichtbar</strong> <strong>machen</strong>, Hattie 2015, S. 143nach Timperley, Wilson, Barrar und Fung 200714


Beziehungspflege per E-Mail:Zurückhaltende <strong>Lernen</strong>de erreichenIm Deutschunterricht an e<strong>in</strong>er kantonalen Fachmittelschule sollen sich möglichst alle Schüler<strong>in</strong>nenund Schüler mit freiwilligen und gehaltvollen Wortmeldungen <strong>in</strong> Diskussionen im Klassenverbandbeteiligen. Die gewählte Unterrichts<strong>in</strong>tervention soll bewirken, dass sich auch bisher unbeteiligteSchüler<strong>in</strong>nen und Schüler eher zu Wort melden. Von Paul SeilerE<strong>in</strong>e mit <strong>der</strong> Intervention zur För<strong>der</strong>ung vonDiskussionen verbundene Erhebung erfasste fürjede Schüler<strong>in</strong> und jeden Schüler die Wortmeldungen<strong>in</strong> quantitativer und qualitativer H<strong>in</strong>sichtund machte <strong>der</strong>en Verteilung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Klasse<strong>sichtbar</strong>.Die Auswertungen (mit <strong>der</strong> Klasse) dieser Untersuchungzeigten, dass sich e<strong>in</strong>zelne Schüler<strong>in</strong>neno<strong>der</strong> Schüler über zwei Erhebungsphasen, d. h.über acht Lektionen, nicht freiwillig zu Wortmeldeten. Ich wollte daher abschliessend klären,weshalb sich diese Schüler<strong>in</strong>nen und Schülernicht beteiligt hatten.För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Lehrer-Schüler-BeziehungWesentlich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er für den Lernerfolg för<strong>der</strong>lichenLehrer-Schüler-Beziehung ist e<strong>in</strong> Verhalten<strong>der</strong> Lehrperson, das deutlich macht, dass ihretwas an den <strong>Lernen</strong>den und ihrem Lernerfolgliegt und dies kommuniziert (vgl. Hattie 2015,S. 143).Die Lehrer-Schüler-Beziehung ist mit e<strong>in</strong>er Effektstärkevon d = 0,75 e<strong>in</strong>er <strong>der</strong> wirkstärkstenvon John Hattie identifizierten Faktoren.Indem den Schüler<strong>in</strong>nen und Schülern, welchesich nie freiwillig zu Wort gemeldet hatten, dieAufgabe gestellt wurde, per E-Mail Fragen zurNicht-Teilnahme und zum weiteren Vorgehenzu beantworten, wurde ihnen gezeigt, dass mansich für sie <strong>in</strong>teressiert. Dies auf nicht bedrängendeArt – um auch mit den sehr zurückhaltenden<strong>Lernen</strong>den <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Dialog zu kommen. DieWahl, die Kommunikation per E-Mail zu führen,bietet den <strong>Lernen</strong>den die Zeit, zu reflektierenund entsprechend zu formulieren.Folgende Fragen habe ich gestellt:«Was wünscht du dir von an<strong>der</strong>en, dass es dirbeim nächsten Mal leichter fällt, e<strong>in</strong>en freiwilligenBeitrag im Plenum zu leisten?»«Was nimmst du dir selbst vor zu tun, damit esdir beim nächsten Mal leichter fällt, e<strong>in</strong>en Beitragim Plenum zu leisten?»Mit <strong>der</strong> ersten Frage wird signalisiert, dass mansich bemüht, auf die Bedürfnisse <strong>der</strong> <strong>Lernen</strong>dene<strong>in</strong>zugehen und daran <strong>in</strong>teressiert ist, unter welchenBed<strong>in</strong>gungen sich die Schüler<strong>in</strong>nen undSchüler besser im Plenum e<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gen können.Mit <strong>der</strong> zweiten Frage soll die Verantwortung fürdas <strong>Lernen</strong> zu e<strong>in</strong>em Teil zurück an die <strong>Lernen</strong>dengegeben werden.Der nachstehende E-Mail-Auszug und Austauschverdeutlicht, wie Empathie gezeigt un<strong>der</strong>klärt wird, welche Ziele bzw. pädagogischenAbsichten mit dem Handeln angestrebt s<strong>in</strong>d.Ausserdem wird <strong>der</strong> Schüler<strong>in</strong> bzw. dem SchülerMut zugesprochen. Auch dies s<strong>in</strong>d H<strong>in</strong>weise aufe<strong>in</strong> lernenden-zentriertes Handeln, welches gemässJohn Hattie (2015) e<strong>in</strong>e positive Lehrer-Schüler-Beziehung ausmacht. Des Weiterenwird kommuniziert, dass das Klassenzimmer e<strong>in</strong>Ort ist, an dem Fehler gemacht werden dürfen.Dies entspricht auch dem 6. Wegweiser von <strong>Lernen</strong><strong>sichtbar</strong> <strong>machen</strong> (Hattie 2015, S. 281):«Schulleitende und Lehrpersonen müssen Schulen,Lehrerzimmer und Klassenzimmer schaffen,<strong>in</strong> denen Fehler als Lerngelegenheiten willkommens<strong>in</strong>d, <strong>in</strong> denen das Verwerfen von fehlerhaftemWissen und Erkenntnissen begrüßt wird15


E-Mail <strong>der</strong> Lehrperson an <strong>Lernen</strong>deHallo XXXXXXXXX,E-Mail <strong>Lernen</strong>de an LehrpersonGuten Tag Herr Seiler,Ich war noch nie <strong>der</strong> Typ, <strong>der</strong> sich gerne freiwillig meldet.Ich melde mich selten freiwillig, weil ich es nicht gernehabe, wenn Sie bei e<strong>in</strong>er Antwort nachhaken und e<strong>in</strong>emweitere Fragen stellen, mit <strong>der</strong> Absicht, e<strong>in</strong>en <strong>in</strong>Verlegenheit zu br<strong>in</strong>gen und unsicher zu <strong>machen</strong>.Ich wünsche Ihnen noch e<strong>in</strong> schönes Wochenende.Mit freundlichen Grüssenxxherzlichen Dank für de<strong>in</strong>e Mail, die es mir erlaubt, aufde<strong>in</strong>e Vorbehalte respektive Ängste e<strong>in</strong>zugehen.Dass ich häufig bei Antworten nachhake, hat nichts damitzu tun, dass ich dich verlegen o<strong>der</strong> unsicher <strong>machen</strong>möchte (das ist nie me<strong>in</strong> Ziel), son<strong>der</strong>n mit me<strong>in</strong>em Bestreben,dass ihr eure Antwort präzisiert, weiterdenkt –den Gedanken klarer formuliert. Damit versuche ich ganzbewusst auch, die Diplomsituation und e<strong>in</strong>e häufig anzutreffendeLebenssituation nachzuahmen.Wir kommen dauernd <strong>in</strong> die Situation, unsere erstgenannteAntwort zu präzisieren, zu überdenken, uns nichtmit dem Erstbesten zufrieden zu geben. Für jeden ist dase<strong>in</strong> gewisser Stress, und ich denke, dass es <strong>in</strong>nerhalb desgeschützten Raums Schule s<strong>in</strong>nvoll ist, diese Stresssituatione<strong>in</strong>zuüben und darauf zu reagieren. Schule ist e<strong>in</strong>Raum, <strong>in</strong> dem man Fehler <strong>machen</strong> darf, e<strong>in</strong> Raum, <strong>in</strong> demsich Fähigkeiten und Fertigkeiten schrittweise entwickelnsollen, e<strong>in</strong> Raum, wo man an Grenzen herangeführt wirdund lernt, diese zu überschreiten.Hab also den Mut, dich mit de<strong>in</strong>en Gedanken und Beiträgenzu melden, auch wenn ich manchmal nachfrage, bis<strong>der</strong> Gedanke klar formuliert im Raum steht.Mit freundlichen GrüssenPaul Seilerund <strong>in</strong> denen sich die Teilnehmenden sicher fühlenkönnen, um zu lernen, neu zu lernen undWissen und Erkenntnisse zu erkunden.»Wirkung <strong>der</strong> MassnahmeIm H<strong>in</strong>blick auf das eigentliche Evaluationsverfahren(freiwillige Wortmeldung) zeigte sichke<strong>in</strong>e Verbesserung. Doch ich kann nun alsLehrperson das Kommunikationsverhalten auf<strong>der</strong> Grundlage <strong>der</strong> Antwort besser akzeptierenund das Verhalten e<strong>in</strong>ordnen.E<strong>in</strong>e <strong>Lernen</strong>de hat nach <strong>der</strong> E-Mail-Massnahmeund <strong>in</strong> Absprache mit mir begonnen, das Mediumzu nutzen, um bei Unklarheiten nachzufragen.Der Hemmschwelle nachzufragen, wenn etwasunklar ist, welche im Unterricht zu hochwar, konnte so entgegengewirkt werden. Dennochsuchte ich zusätzlich das Gespräch undsprach <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e darüber, dass die aktive Mitarbeitim Unterricht me<strong>in</strong>es Erachtens e<strong>in</strong> wesentlicherAspekt des Lernerfolgs sei. Ihre16Fragen per E-Mail waren jeweils konkret undzeigten, dass sie sich durchaus mit dem Stoff ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>gesetzthat. Ich denke o<strong>der</strong> hoffe, dasssie erkannt hat, dass es mir wichtig ist, sie <strong>in</strong> ihrenLernfortschritten zu begleiten und ihre <strong>in</strong>dividuelleBef<strong>in</strong>dlichkeit zu respektieren.QuellenSeiler, Paul (2015): "Luuise-Projekt «Gleichverteilungvon Wortbeiträgen <strong>in</strong> Klassendiskussionenför<strong>der</strong>n»". In: Gymnasium Helveticum, Jg.69, 1, S. 9-10.[http://www.vsg-sspes.ch/fileadm<strong>in</strong>/files/GH/GH_01_2015.pdf]Abgerufen am14.05.2015.Hattie, John A. C. (2015, 3. Auflg.): <strong>Lernen</strong><strong>sichtbar</strong> <strong>machen</strong>. Überarbeitete deutschsprachigeAusgabe von «Visible learn<strong>in</strong>g», besorgtvon Wolfgang Beywl und Klaus Zierer. Baltmannsweiler:Schnei<strong>der</strong> Verlag Hohengehren.Paul SeilerLehrperson an Fachmittelschule <strong>der</strong> OberwalliserMittelschule St. Ursula Brig (Fachbereich Deutschund Geschichte)paul.seiler@oms-brig.ch


Advance Organizer und Concept-Mapp<strong>in</strong>g –wirkmächtige UnterrichtsmethodenDr. Anke Meyer ist Studienrät<strong>in</strong> am Berufskolleg Lübbecke, e<strong>in</strong>er Bündelschule im dualen Bildungssystem.Sie unterrichtet Sozialpädagogik an <strong>der</strong> Fachschule für Sozialpädagogik (Berufsausbildungzur K<strong>in</strong><strong>der</strong>gartenlehrperson, Anm. d. R.) sowie Deutsch / Kommunikation und Erziehungswissenschaftenan <strong>der</strong> Fachoberschule Gesundheit und Soziales. In e<strong>in</strong>em Interview mit <strong>der</strong> Redaktion <strong>Lernen</strong><strong>sichtbar</strong> <strong>machen</strong> berichtet sie über den E<strong>in</strong>satz von Advance Organizer und Gruppen-M<strong>in</strong>dmapsals Unterrichtsmethoden, die das <strong>Lernen</strong> <strong>in</strong> ihrem Unterricht <strong>sichtbar</strong> <strong>machen</strong> lässt.Von Helena Follmer<strong>Lernen</strong> <strong>sichtbar</strong> <strong>machen</strong>: Sie strukturierenIhre Unterrichtsreihen jeweils mit bestimmtenMethoden, die das <strong>Lernen</strong> <strong>sichtbar</strong> <strong>machen</strong>.Was s<strong>in</strong>d das für Methoden?Dr. Anke Meyer: Ich beg<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>e Unterrichtsreihejeweils mit e<strong>in</strong>em eher assoziativen AdvanceOrganizer und lasse die Schüler<strong>in</strong>nen undSchüler zur Vertiefung des Wissens gegen Endee<strong>in</strong>er Reihe strukturierte Gruppen-M<strong>in</strong>dmaps(vgl. Concept Mapp<strong>in</strong>g) auf den Boden auslegen.Ich setze diese Methoden <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e im FachgebietErziehungswissenschaften für die Vermittlung<strong>der</strong> Psychoanalyse und von Lerntheoriene<strong>in</strong>.Zum Advance Organizer: Wenn ich e<strong>in</strong> Themae<strong>in</strong>führe, so steht <strong>der</strong> zentrale Begriff, beispielsweiseLerntheorien, begleitet von e<strong>in</strong>er Lupe an<strong>der</strong> Wand. Ergänzt wird <strong>der</strong> Begriff um weitereThemenbereiche, die ich meist mit e<strong>in</strong>em Bildverknüpfe. Das ähnelt im Pr<strong>in</strong>zip e<strong>in</strong>er M<strong>in</strong>dmap,wenn ich den zentralen Begriff den Themenbereichengrafisch zuordnen würde. Aberich lasse es im Assoziativen, <strong>in</strong>dem die projiziertenBegriffe und Bil<strong>der</strong> von den Schüler<strong>in</strong>nenund Schülern frei gedeutet werden. Damit aktiviereich das Vorwissen <strong>der</strong> <strong>Lernen</strong>den und erhaltezugleich e<strong>in</strong>e Rückmeldung über ihrenWissensstand. Manchmal haben die <strong>Lernen</strong>denzum Beispiel bereits im Biologieunterricht E<strong>in</strong>blicke<strong>in</strong> die Lerntheorie <strong>der</strong> Klassische Konditionierungerhalten und können diese demPawlowschen Hund zuordnen. Ich versuche, alltagsnahe,witzige o<strong>der</strong> <strong>in</strong> unterschiedlicherWeise gefühlsanregende Bil<strong>der</strong> e<strong>in</strong>zusetzen, diee<strong>in</strong>e Reaktion bei den <strong>Lernen</strong>den hervorrufen.Zum Operanten Konditionieren o<strong>der</strong> <strong>Lernen</strong> amErfolg habe ich z. B. e<strong>in</strong>en Cartoon von e<strong>in</strong>emMann e<strong>in</strong>gesetzt, <strong>der</strong> e<strong>in</strong>er Frau Blumen schenkt.Daraufh<strong>in</strong> küsst die Frau den Mann, <strong>der</strong> ihr imAnschluss daran e<strong>in</strong>e ganze Schubkarre voll Blumenvorbeibr<strong>in</strong>gt. E<strong>in</strong> halbes Jahr später zeigteich denselben Cartoon <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em an<strong>der</strong>en Zusammenhang.Die <strong>Lernen</strong>den konnten sich zu me<strong>in</strong>erÜberraschung an den Advance Organizer zurLerntheorie <strong>Lernen</strong> am Erfolg gut er<strong>in</strong>nern. DenAdvance Organizer setze ich nicht nur zur Vorstrukturierunge<strong>in</strong>er Unterrichtsreihe e<strong>in</strong>, son<strong>der</strong>nauch zwischendurch. Damit halte ich geme<strong>in</strong>sammit den <strong>Lernen</strong>den fest, wo wir mitdem Lernstoff stehen und was wir noch erreichenwollen. Ausserdem dient diese Visualisierung,das Gesamtthema bildhaft <strong>in</strong> Er<strong>in</strong>nerungzu rufen.Zum strukturierten Gruppen-M<strong>in</strong>dmap (vgl.Concept Mapp<strong>in</strong>g): Wenn ich Gruppen-M<strong>in</strong>dmapszum ersten Mal e<strong>in</strong>führe, gebe ich dabeie<strong>in</strong>e klare Struktur vor. Dazu schreibe ich zunächstdie zentralen Begriffe <strong>der</strong> Unterrichtsreiheauf kle<strong>in</strong>e Kärtchen. Die <strong>Lernen</strong>den ziehen,je nachdem wie viel sie sich zutrauen, e<strong>in</strong>o<strong>der</strong> zwei Kärtchen und entscheiden, ob sie alle<strong>in</strong>o<strong>der</strong> zu zweit arbeiten möchten. Sie habendie Aufgabe, die Begriffe im Stuhlkreis zu erklären.Dafür dürfen sie sich 10-15 M<strong>in</strong>uten vorbereiten.17


«Die Kunst besteht also dar<strong>in</strong>, angemessen anspruchsvolle Ziele zu setzen,e<strong>in</strong>e Selbstverpflichtung ('commitment') zur Zielerreichung zu <strong>in</strong>itiierenund die Absicht zu wecken, Strategien zur Zielerreichung umzusetzen.»<strong>Lernen</strong> <strong>sichtbar</strong> <strong>machen</strong>, Hattie 2015, S. 19418


Alle Begriffe stehen ausserdem gut <strong>sichtbar</strong> aufgrossen farbigen Mo<strong>der</strong>ationskarten. In <strong>der</strong>Mitte des Stuhlkreises liegt auf e<strong>in</strong>er Wolke dasThema <strong>der</strong> Unterrichtsreihe, <strong>in</strong> diesem FalleLerntheorien. Die <strong>Lernen</strong>den melden sich mit<strong>der</strong> erarbeiteten Lerntheorie – sei es KlassischeKonditionierung o<strong>der</strong> <strong>Lernen</strong> am Modell – zuWort, um diese zu def<strong>in</strong>ieren. Das Kärtchen mitdem entsprechenden Begriff wird <strong>der</strong> Wolke zugeordnet.Ich lege anschliessend als Unterkategoriee<strong>in</strong>e weitere Karte dazu, z. B. Phasen desModellernens, und frage nach diesen Phasen. Dieentsprechende Karte wird ergänzt und erklärt.Wenn die Lerntheorie des <strong>Lernen</strong>s am Modellabgearbeitet ist, wird mit <strong>der</strong> nächsten Lerntheoriegenauso weiterverfahren bis die M<strong>in</strong>dmapvollständig ist. Wer Schwierigkeiten beim Erklärenhat, darf sich Unterstützung holen. OffeneFragen werden geme<strong>in</strong>sam geklärt. Die Gruppen-M<strong>in</strong>dmapkann erweitert werden, wenn den<strong>Lernen</strong>den noch Begriffe fehlen.<strong>Lernen</strong> <strong>sichtbar</strong> <strong>machen</strong>: Was geschieht mitden erarbeiteten, strukturierten Gruppen-M<strong>in</strong>dmaps <strong>der</strong> <strong>Lernen</strong>den?Dr. Anke Meyer: Zum Abschluss übertragen die<strong>Lernen</strong>den die am Boden des Klassenzimmersausgelegte M<strong>in</strong>dmap für sich auf e<strong>in</strong> Blatt. Gegebenenfallswerden die M<strong>in</strong>dmaps auch von den<strong>Lernen</strong>den selbst fotografiert und via social mediaKanäle gegenseitig zur Verfügung gestellt.Ich bevorzuge die analoge Version, denn ich b<strong>in</strong>überzeugt, dass sich die <strong>Lernen</strong>den beim Abschreibenund Skizzieren <strong>der</strong> M<strong>in</strong>dmap das Erarbeitetebesser e<strong>in</strong>prägen können als mit <strong>der</strong> fotografiertenGrafik. Anschliessend erstellen sie mitden zentralen Begriffen <strong>der</strong> M<strong>in</strong>dmap <strong>in</strong>dividuelleKarteikarten, die sie später zur Wie<strong>der</strong>holung<strong>der</strong> Lern<strong>in</strong>halte nutzen.<strong>Lernen</strong> <strong>sichtbar</strong> <strong>machen</strong>: Bei <strong>der</strong> strukturiertenGruppen-M<strong>in</strong>dmap geben Sie diewichtigen Begriffe vor, die Ihre <strong>Lernen</strong>denerläutern, zuordnen, <strong>in</strong> Beziehung zue<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzen und eventuell mit Beispielen veranschaulichen.Welche Vorteile sehen Sie <strong>in</strong><strong>der</strong> Vorgabe <strong>der</strong> zentralen Begriffe für Ihre<strong>Lernen</strong>den?Dr. Anke Meyer: Wenn ich die zentralen Begriffezunächst vorgebe, so s<strong>in</strong>d sie für alle <strong>Lernen</strong>dene<strong>in</strong>heitlich vorhanden, wenn sie diese zue<strong>in</strong>em späteren Zeitpunkt wie<strong>der</strong>holen und damitwie<strong>der</strong>um eigene M<strong>in</strong>dmaps legen, um denLernstoff zu visualisieren. Die strukturiertenM<strong>in</strong>dmaps dienen neben <strong>der</strong> Erarbeitung desThemas ebenfalls zur Aufarbeitung des Prüfungsstoffsvor den Klausuren, <strong>in</strong> welchen die<strong>Lernen</strong>den komplexe Fälle analysieren.Es ist e<strong>in</strong>e gute Methode, um den Lernstoff vonüber e<strong>in</strong>em Jahr frühzeitig aufzuarbeiten und ihnzum Abschluss verfügbar zu haben.Zudem dient die M<strong>in</strong>dmap bei <strong>der</strong> Fallanalyse <strong>in</strong><strong>der</strong> Klausur als Strukturhilfe.23


Das Vorgehen <strong>der</strong> strukturierten Gruppen-M<strong>in</strong>dmap lässt sich nach <strong>der</strong> E<strong>in</strong>führung h<strong>in</strong>gegenbeliebig variieren. Im Vorfeld können die<strong>Lernen</strong>den beispielsweise wimmeln, wobei siesich gegenseitig ihre Karten zunächst erklären,bevor sie dies <strong>in</strong> <strong>der</strong> grossen Runde anwenden.Ausserdem können die Begriffe auf den Karten <strong>in</strong>Kle<strong>in</strong>gruppen o<strong>der</strong> als Hausaufgaben erarbeitetwerden. Die M<strong>in</strong>dmap kann ebenfalls auf e<strong>in</strong>enkonkreten Fall angewendet und mit zusätzlichenKarten ergänzt werden, also nicht nur im H<strong>in</strong>blickauf die Wie<strong>der</strong>holung von Unterrichts<strong>in</strong>halten.Insbeson<strong>der</strong>e <strong>in</strong> <strong>der</strong> Fachoberschule(Klasse 10 bis 12, Anm. d. R.) rege ich die <strong>Lernen</strong>denan, mit diesen Karten e<strong>in</strong> Karteisystemaufzubauen, damit sie die Begriffe je<strong>der</strong>zeit lernenkönnen. Ähnlich wie sie es im Fremdsprachenunterrichtkennen. Das Fachgebiet Erziehungswissenschaftenhat zudem den Auftrag,Lernmethoden und Lernstrategien zu vermitteln,die <strong>Lernen</strong>den <strong>in</strong> allen Fächern anwendenkönnen.Das komb<strong>in</strong>iert sich an unserer Schule mit e<strong>in</strong>eran<strong>der</strong>en Methode, nämlich mit <strong>der</strong> sogenannten«Punkt-Konto-Methode». Für jedes Quartal könnensich die <strong>Lernen</strong>den Punkte für Mitarbeit,Lernpartnerschaften, beson<strong>der</strong>e Leistungen undnach Absprache mit <strong>der</strong> Klasse auch für Hausaufgabenerwerben. Wenn die <strong>Lernen</strong>den die Karteikarten<strong>der</strong> M<strong>in</strong>dmap für <strong>in</strong>dividuelle Lernpartnerschaftenvon m<strong>in</strong>destens 90 M<strong>in</strong>uten alsHausaufgaben e<strong>in</strong>setzen, so erhalten sie dafürPunkte auf ihr Konto. Aus dem Punktekontoergibt sich die Note für die «Sonstigen Leistungen»,die neben den Klausuren e<strong>in</strong> wichtiger Bestandteil<strong>der</strong> Gesamtnote s<strong>in</strong>d.<strong>Lernen</strong> <strong>sichtbar</strong> <strong>machen</strong>: Wo liegen dieChancen und Herausfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Gruppen-M<strong>in</strong>dmapsfür Ihren Unterricht?Dr. Anke Meyer: E<strong>in</strong>e Chance dieser Methodeist, dass sie sich im Unterricht vielfältig variierenlässt, wie ich oben bereits dargelegt habe. E<strong>in</strong>eweitere Chance sehe ich dar<strong>in</strong>, dass sich damitdie Selbstständigkeit <strong>der</strong> <strong>Lernen</strong>den und ihr Methodenwissenim H<strong>in</strong>blick auf ihre Studierfähigkeitför<strong>der</strong>n lassen. Am Ende <strong>der</strong> 12. Klasse legendie <strong>Lernen</strong>den e<strong>in</strong>e grössere Abschlussprüfung <strong>in</strong>vier Fächern ab und müssen dabei über das Wissene<strong>in</strong>es ganzen Jahres verfügen. Wie schon erwähnt,müssen sie sich beim <strong>Lernen</strong> organisierenund strukturieren. Die M<strong>in</strong>dmap-Methode kannihnen dabei helfen, ebenso kann die Methodee<strong>in</strong>e Hilfestellung bei konkreten Fallanalysen <strong>in</strong>den Klausuren se<strong>in</strong>. Die Herausfor<strong>der</strong>ung dieserMethode liegt jedoch nach wie vor <strong>in</strong> <strong>der</strong> selbstständigenAnwendung e<strong>in</strong>er M<strong>in</strong>dmap auf e<strong>in</strong>neues Thema.<strong>Lernen</strong> <strong>sichtbar</strong> <strong>machen</strong>: Sie haben im Vorfel<strong>der</strong>wähnt, dass Ihre <strong>Lernen</strong>den gernemit diesen Strukturhilfen arbeiten. Woranwird dies <strong>sichtbar</strong>?Dr. Anke Meyer: Wenn ich e<strong>in</strong> allgeme<strong>in</strong>es, offenesFeedback zum Unterricht anfor<strong>der</strong>e, erhalteich oft die Antwort, dass diese Gruppen-M<strong>in</strong>dmaps für das Verständnis des Themas geholfenhaben. Bei den Reflexionsgesprächen direktim Anschluss an die Erarbeitung <strong>der</strong> Gruppen-M<strong>in</strong>dmapss<strong>in</strong>d die Reaktionen durchwegpositiv. Dabei weiss man jedoch nicht, ob dieRückmeldungen <strong>der</strong> <strong>Lernen</strong>den dazu dienen,sich im Unterricht gut zu verkaufen. Ich habeden E<strong>in</strong>satz dieser Methode bisher noch nie systematischevaluiert. Was ich h<strong>in</strong>gegen feststelle,ist, dass die Lernatmosphäre beim Erarbeiten vonGruppen-M<strong>in</strong>dmaps oft sehr angeregt ist, dabeiviele Diskussionen und Nachfragen zum Themaentstehen, die ich bei an<strong>der</strong>en Unterrichtsmethodennicht immer so erlebe. Weitere Indikatorens<strong>in</strong>d für mich, dass die <strong>Lernen</strong>den bei Gruppen-M<strong>in</strong>dmapsoft länger beim Thema verweilenund weniger unruhig s<strong>in</strong>d als sonst im Unterricht.Ausserdem tauchen die Karteikarten mitden Begriffen aus den M<strong>in</strong>dmaps <strong>in</strong> <strong>der</strong> Prüfungsvorbereitung<strong>der</strong> <strong>Lernen</strong>den auf.20


<strong>Lernen</strong> <strong>sichtbar</strong> <strong>machen</strong>: Abschliessende<strong>in</strong>e Frage zum Lernerfolg. Stellen Sie <strong>in</strong> IhremUnterricht anhand dieser Verfahren e<strong>in</strong>enpositiven Effekt auf den Lernerfolgfest?Dr. Anke Meyer: Ohne diese Methoden systematischausgewertet zu haben, gehe ich davon aus,dass sie e<strong>in</strong>en positiven Lernerfolg aus<strong>machen</strong>.Die Tatsache, dass sich die <strong>Lernen</strong>den frühzeitigund selbstständig mithilfe <strong>der</strong> Gruppen-M<strong>in</strong>dmapssowie ihrer Karteikarten auf die Prüfungenvorbereiten, ist bereits e<strong>in</strong> Erfolg. Die zentralenBegriffe werden durch den regelmässigen E<strong>in</strong>satzvon Gruppen-M<strong>in</strong>dmaps im Unterricht fortlaufendauf Karteikarten festgehalten, die sie zurWie<strong>der</strong>holung des Lernstoffes nutzen.Helena Follmer(Interviewer<strong>in</strong>)Primarlehrperson undProjektmitglied von <strong>Lernen</strong><strong>sichtbar</strong> <strong>machen</strong>helena.follmerzellmeyer@fhnw.chDr. Anke Meyer(Interviewte)Studienrät<strong>in</strong>am Berufskolleg Lübbeckedr.anke.meyer@berufskolleg-lk.de<strong>Lernen</strong> <strong>sichtbar</strong> <strong>machen</strong>:Advance Organizer & Concept Mapp<strong>in</strong>gDie Schlussfolgerungen zu den e<strong>in</strong>gesetzten Unterrichtsmethodenvon Dr. Anke Meyer werden durchForschungsbefunde gestützt. Der Advance Organizerist e<strong>in</strong>e kognitive Lernhilfe, die im Vorh<strong>in</strong>e<strong>in</strong> gegebenwird. Sie schlägt zum e<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>e Brücke zwischendem Vorwissen und dem neuen Lernstoff und nimmtzum an<strong>der</strong>en e<strong>in</strong>e Vorstrukturierung <strong>der</strong> Lern<strong>in</strong>haltevor. Die Gruppen-M<strong>in</strong>dmap als visualisierte Zusammenfassungund Organisation <strong>der</strong> Lern<strong>in</strong>halte wir<strong>der</strong>st zur Vertiefung des Wissens e<strong>in</strong>gesetzt. Hierbeiwird auf das Concept Mapp<strong>in</strong>g h<strong>in</strong>gewiesen, welchese<strong>in</strong>e hohe Effektstärke (d = 0,60) auf die Lernleistungaufweist. Das Concept Mapp<strong>in</strong>g unterscheidet sich<strong>in</strong>sofern von <strong>der</strong> regulären M<strong>in</strong>dmap, als es vonmehreren zentralen Begriffen ausgeht, die mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong><strong>in</strong> Beziehung gesetzt werden (vgl. Hattie 2015).QuellenHattie, John A. C. (2015, 3. Auflg.): <strong>Lernen</strong> <strong>sichtbar</strong><strong>machen</strong>. Überarbeitete deutschsprachigeAusgabe von «Visible learn<strong>in</strong>g», besorgt vonWolfgang Beywl und Klaus Zierer. Baltmannsweiler:Schnei<strong>der</strong> Verlag Hohengehren.Weiterführende LiteraturKrapp, Andreas & Weidemann Bernd (2006,5. Auflg.): Pädagogische Psychologie. We<strong>in</strong>heim,Basel: Beltz Verlag.21


Teil 2:<strong>Lernen</strong> <strong>sichtbar</strong> <strong>machen</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong>Aus- und Weiterbildung«Die Aufgabe sollte se<strong>in</strong>, nach empirischen Belegen zu fragen, was ambesten bei <strong>der</strong> Lehrerbildung funktioniert, und diese Belege <strong>der</strong>selben kritischenBewertung zu unterziehen, wie sie auch <strong>in</strong> den an<strong>der</strong>en Fel<strong>der</strong>n<strong>der</strong> Lehrer- und Schulforschung üblich ist.»<strong>Lernen</strong> <strong>sichtbar</strong> <strong>machen</strong>, Hattie 2015, S. 13320


Das Potential <strong>der</strong> Lehrerweiterbildung – und wasman dabei beachten mussLange Zeit lag <strong>der</strong> Fokus <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lehrerbildung auf <strong>der</strong> ersten und zweiten Phase: das universitäreStudium und <strong>der</strong> daran anschließende Vorbereitungsdienst. Mittlerweile liegt hierzu e<strong>in</strong>e Vielzahl anModellen vor, über <strong>der</strong>en Effektivität bis heute nur wenig bekannt ist, und zu denen dr<strong>in</strong>gen<strong>der</strong> Forschungsbedarfbesteht. Von Klaus ZiererJohn Hattie berechnete <strong>in</strong> <strong>Lernen</strong> <strong>sichtbar</strong> <strong>machen</strong>für Lehrpersonen (2014) für die Lehrerbildunglediglich e<strong>in</strong>e Effektstärke von d = 0,12.Wenig erforscht zeigt sich e<strong>in</strong>e dritte Phase, dieerst langsam <strong>in</strong> das Bewusstse<strong>in</strong> <strong>der</strong> Verantwortlichenfür die Lehrerbildung wächst: Lehrerfortundweiterbildung. Überraschen<strong>der</strong>weise könnenentsprechende Programme für sich e<strong>in</strong>eweitaus höhere Effektstärke vorweisen, nämlichd = 0,51. Wodurch kommen diese Unterschiedezustande? E<strong>in</strong> Blick auf erfolgreiche Fort- undWeiterbildungsprogramme kann zur Beantwortungdieser Frage erste Impulse geben. Im Anschlussan Timperley, Wilson, Barrar und Fung(2007) lassen sich sieben Punkte nennen:1. Erfolgreiche Lehrerfort- und -weiterbildungens<strong>in</strong>d nicht nur e<strong>in</strong>tägig, son<strong>der</strong>n umfassene<strong>in</strong>en längeren Zeitraum.2. Externe Experten s<strong>in</strong>d im Vergleich zuschul<strong>in</strong>ternen Initiativen effektiver.3. Die Aktivierung und Beteiligung <strong>der</strong> Lehrpersonenwährend e<strong>in</strong>er Lehrerfort- und -weiterbildung ist Grundlage für den Erfolg.4. Entscheidend für die Verän<strong>der</strong>ung des Unterrichtsstilsist das H<strong>in</strong>terfragen und Reflektieren<strong>der</strong> eigenen Lehrerrolle im Unterricht;sie sollten dementsprechend im Rahmenvon Lehrerfort- und -weiterbildung e<strong>in</strong>enzentralen Platz e<strong>in</strong>nehmen.5. Die Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung im Kollegium überkonkurrierende Ideen und Vorstellungen zuSchule und Unterricht und die kritisch-konstruktiveKooperation zwischen Lehrpersonenist zwar nicht h<strong>in</strong>reichend, aber notwendig,damit Lehrerfort- und -weiterbildungerfolgreich ist.6. Schulleitungen nehmen auch <strong>in</strong> diesemKontext e<strong>in</strong>e Schlüsselrolle e<strong>in</strong> und sollten23


daher <strong>in</strong> alle Phasen <strong>der</strong> Lehrerfort- und -weiterbildung <strong>in</strong>volviert werden.7. Nicht entscheidend für den Erfolg e<strong>in</strong>erLehrerfort- und -weiterbildung s<strong>in</strong>d Fragen<strong>der</strong> F<strong>in</strong>anzierung o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Freistellung.Es lohnt sich, diese Ergebnisse zu nutzen und daraufh<strong>in</strong>eigene Lehrerfort- und -weiterbildungsmassnahmenzu h<strong>in</strong>terfragen. In gleicher Weisedürfte diese Perspektive auch helfen, die Lehrerbildung<strong>in</strong> <strong>der</strong> ersten und zweiten Phase weiterzuentwickeln.Beispielsweise bedarf <strong>der</strong> traditionelleFokus, <strong>der</strong> die Fachkompetenz (mit e<strong>in</strong>erger<strong>in</strong>gen Effektstärke von d = 0,09) <strong>in</strong>s Zentrumrückt, e<strong>in</strong>er Ergänzung um e<strong>in</strong>e Berücksichtigungentsprechen<strong>der</strong> pädagogischer und didaktischerKompetenzen – im H<strong>in</strong>blick auf das Fach,den Unterricht, die <strong>Lernen</strong>den, die Lehrerrolle,das Kollegium und die Schule. Erst dann kann dieso wichtige Fachkompetenz ihre volle Wirkungentfalten und <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em entsprechenden Unterrichtzum Leben erweckt werden. Damit verb<strong>in</strong>detsich e<strong>in</strong>e Kernthese aus den Arbeiten JohnHatties: Entscheidend ist gar nicht so sehr, wasLehrpersonen <strong>machen</strong>, son<strong>der</strong>n vielmehr, wie siedarüber denken.Letztendlich kann auf diesem Weg auch die Integration<strong>der</strong> Phasen gel<strong>in</strong>gen und die Herausfor<strong>der</strong>ungdes Lehrer-Werdens ebenso erfolgreichangegangen werden wie die des Lehrer-Bleibens(vgl. Zierer, 2014).QuellenHattie, John A. C. (2015, 3. Auflg.): <strong>Lernen</strong><strong>sichtbar</strong> <strong>machen</strong>. Überarbeitete deutschsprachigeAusgabe von «Visible learn<strong>in</strong>g», besorgtvon Wolfgang Beywl und Klaus Zierer. Baltmannsweiler:Schnei<strong>der</strong> Verlag Hohengehren.Timperley, H., Wilson, A., Barrar, H., & Fung, I.Y. Y. (2007). Teacher professional learn<strong>in</strong>g anddevelopment: Best evidence synthesis iteration.Well<strong>in</strong>gton, New Zealand: M<strong>in</strong>istry of Education.Zierer, Klaus (2014): Hattie für gestresste Lehrer.Baltmannsweiler: Schnei<strong>der</strong>.Klaus ZiererProfessor für Erziehungswissenschaftenan <strong>der</strong> Carl vonOssietzky Universität Oldenburg,DeutschlandAb 01.09.2015 Lehrstuhl fürSon<strong>der</strong>pädagogik, PhilosophischSozialwissenschaftlicheFakultät an <strong>der</strong> UniversitätAugsburg, Deutschland24


Lehrerausbildner geben Berufsgeheimnisse weiter –mit MetalogUnterrichten ist mehr als die Umsetzung e<strong>in</strong>er Vorbereitung. Auch die besten Drehbücher müssen <strong>in</strong><strong>der</strong> konkreten Unterrichtssituation <strong>in</strong>terpretiert, angepasst und manchmal völlig umgestellt werden.Erfahrene Lehrpersonen tun das selbstverständlich und regelmässig aus <strong>der</strong> E<strong>in</strong>schätzung <strong>der</strong> Situationheraus. E<strong>in</strong> Beobachter würde kaum etwas davon bemerken. Doch wie können wir solche «Berufsgeheimnisse»unseren jungen Kolleg<strong>in</strong>nen und Kollegen weitergeben? Von Jürg BrühlmannMethoden <strong>der</strong> Ausbildung <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Praxis</strong>Als berufliche Tätigkeiten kennen wir nebendem Live-Unterricht auch Konferenzen, Teamabsprachen,Elterngespräche, Runde Tische, E<strong>in</strong>zelberatungen,Vor- und Nachbereitung, Korrekturenund Notengebung, Organisation vonExkursionen, Material bereitstellen, Räume <strong>in</strong>szenieren,Mitarbeit <strong>in</strong> Projekten etc.Für mögliche Interventionen von <strong>Praxis</strong>lehrpersonen(PLP) auf das <strong>Lernen</strong> von angehendenLehrpersonen / Studierenden können wir grundsätzlichdrei zeitliche Punkte unterscheiden: DasHandeln <strong>der</strong> Studierenden VOR – WÄHREND –NACH ihrem Handeln im <strong>Praxis</strong>feld (Berufssituation)(vgl. Abbildung 01).«WÄHREND» <strong>der</strong> Berufssituation me<strong>in</strong>t allediese und weiteren Tätigkeiten, welche zum Berufsauftraggehören. Sie müssen angehendenLehrpersonen vermittelt werden. «VOR» und«NACH» <strong>der</strong> Berufssituation me<strong>in</strong>t Zeit, welchefür und mit <strong>der</strong> lernenden Person verbrachtwird, um ihr <strong>Lernen</strong> zu unterstützen. Die Unterrichtsvor-und -nachbereitung gehört <strong>in</strong> diesemModell zur Berufssituation.Im Folgenden fokussiert dieser Beitrag das HandelnWÄHREND <strong>der</strong> Berufssituation. Die Ergebnisse<strong>der</strong> Studie <strong>Lernen</strong> <strong>sichtbar</strong> <strong>machen</strong> (Hattie2015) zeigen auf, dass im H<strong>in</strong>blick auf den Wissenszuwachsund das Verhalten <strong>der</strong> Lehrperson Ziele <strong>der</strong> Studierendenklären bisherige Erfahrungenund Lernstände <strong>der</strong> Studierendenanalysieren Herausfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong>bevorstehenden Berufssituationdef<strong>in</strong>ieren Studierende arbeiten alle<strong>in</strong>e Studierende werden beobachteto<strong>der</strong> gefilmt PLP arbeitet und wirdvon Studierenden beobachtet Studierende + PLP arbeitengeme<strong>in</strong>sam (vorbereiten,Co-Teach<strong>in</strong>g, auswerten) <strong>in</strong> <strong>der</strong> Situation Studierendeanleiten, anweisen Berufssituationen auswerten(Wahrnehmungen,Beobachtungen,Feedbacks, Videofilmeetc.) Konsequenzen ziehen,neue Ziele setzen etc.Abbildung 01: Zeitliche Punkte <strong>der</strong> Berufssituation25


«Weiterbildungssett<strong>in</strong>gs, die sich mit Blick auf das Wissen und Verhalten<strong>der</strong> Lehrperson am effektivsten zeigen, s<strong>in</strong>d: Beobachtung <strong>der</strong> tatsächlichenMethoden im Klassenzimmer; Micro-Teach<strong>in</strong>g; Video/Audio-Feedback.»<strong>Lernen</strong> <strong>sichtbar</strong> <strong>machen</strong>, Hattie 2015, S. 143f.24


das Sett<strong>in</strong>g Unterrichtssituation, also WÄH-REND des Unterrichts (mittlere Spalte Abbildung01), als am effektivsten bezeichnet wird(vgl. z.B. S. 144).In <strong>der</strong> mittleren Spalte s<strong>in</strong>d u. a. zwei Variantendes <strong>Lernen</strong>s skizziert, welche <strong>in</strong> GesundheitsundSozialberufen o<strong>der</strong> <strong>in</strong> Unterrichtsberufenangewendet werden können: «Kollegiales Unterrichts-Coach<strong>in</strong>g/ kooperatives Unterrichten»und «Model<strong>in</strong>g mit Metalog».Modell «Kollegiales Unterrichts-Coach<strong>in</strong>g» / kooperatives Unterrichten(Annelies Kreis, Fritz C. Staub)<strong>Lernen</strong>de und erfahrene Berufspersonen bereitengeme<strong>in</strong>sam vor, unterrichten geme<strong>in</strong>sam,tauschen sich während kle<strong>in</strong>en Pausen o<strong>der</strong>während <strong>der</strong> Arbeit immer wie<strong>der</strong> aus und reflektierenanschliessend. Dieses Modell wird hiernicht weiter erläutert.Stärke des ModellsIm Voraus co-konstruierte, geme<strong>in</strong>sam umgesetzteund ausgewertete Situationen, geme<strong>in</strong>sames<strong>Lernen</strong>. Mitschwimmen im «courant normal».Herausfor<strong>der</strong>ungenErfahrene Lehrpersonen und Studierende s<strong>in</strong>d<strong>in</strong>volviert, deshalb hohe Ansprüche an Rollenklarheit.Gefahr des Verwischens und Ausbalancierensvon <strong>in</strong>dividuellen Verantwortungen:Welche Wirkungen «gehören» zu Studierenden?Modell «Model<strong>in</strong>g mit Metalog» (MmM)(Weiterentwicklung Cognitive Apprenticeship,Jürg Brühlmann)Die lernende Person beobachtet e<strong>in</strong>e erfahrenePerson WÄHREND <strong>der</strong> Berufssituation (Model<strong>in</strong>g/ Modellverhalten). Die Berufsperson versucht,ihre beruflichen Überlegungen, Beobachtungenund Entscheidungen laufend transparentzu <strong>machen</strong>, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e durch begleitendemündliche Erläuterungen ihres Tuns o<strong>der</strong> ihrerEntscheidungen – mit «verbalen Untertiteln»(Metalog).Stärke des ModellsSituationen werden <strong>in</strong> <strong>der</strong> Situation selbst mitfachlichen H<strong>in</strong>weisen unterlegt und damit e<strong>in</strong>deutiger<strong>in</strong>terpretierbar. Der «Dok-Film» wirdmit Ton kommentiert (untertitelt) und kann sokognitiv besser verarbeitet werden.Herausfor<strong>der</strong>ungHohe Fachlichkeit, emotionale und reflexivePräsenz <strong>in</strong> <strong>der</strong> Situation, Umgang mit zwei Ebenen<strong>der</strong> Kommunikation, mögliche Irritationenbei den Schüler<strong>in</strong>nen und Schülern.H<strong>in</strong>weiseModel<strong>in</strong>g mit Metalog lässt sich grundsätzlich <strong>in</strong>allen beruflichen Situationen anwenden: Teamsitzungen,Lernberatung, Elterngespräche, Unterricht,Vorbereitungen etc. Es wird gezielt undzeitlich begrenzt e<strong>in</strong>gesetzt: z.B. um e<strong>in</strong>e Situationnochmals genau anzusehen o<strong>der</strong> um neueStudierende zu <strong>in</strong>formieren.Wesentliche Voraussetzungen für das Gel<strong>in</strong>gen Situatives professionelles Bewusstse<strong>in</strong> <strong>der</strong>PLP: Ich weiss, was ich warum und wie tue,was wie auf mich wirkt und neue Entscheidungenverursacht. Angepasste Adressierung von professionellenÜberlegungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Situation an die <strong>Lernen</strong>den,Eltern, Teamkolleg<strong>in</strong>nen und Teamkollegenetc., aber nicht an die beobachtendenStudierenden. Optimale Unterstützung durch räumlichekohärente Inszenierung <strong>der</strong> drei Rollen (Professional(erfahrene Lehrperson), Klient/<strong>in</strong>(Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler), Praktikant/<strong>in</strong>(Studierende / angehende Lehrpersonen):Die beobachtende Person geht möglichst <strong>in</strong>Distanz zum arbeitenden System, sie sollteaber von möglichst allen Personen gesehenwerden, und ihre körperliche Aufmerksamkeitist auf die arbeitende Person gerichtet.27


Regeln für die Platzierung <strong>der</strong> beobachtendenPerson (Student/<strong>in</strong>, gilt auch für beobachtendePLP)1. Beobachter/<strong>in</strong> sollte von möglichst allen Anwesendengesehen werden können2. Körperausrichtung <strong>der</strong> Beobachter/<strong>in</strong> auf diearbeitende Person3. Beobachter/<strong>in</strong> bleibt ausserhalb des arbeitendenSystems (Distanz grösser, ausserhalbKreis, Zurückrücken vom Tisch)<strong>Praxis</strong>beispiele von MmM(Der Metalogtext ist unterstrichen und kursiv geschrieben)Beispiel Unterrichtsbeg<strong>in</strong>nVariante 1:Informationen primär zur OrganisationGuten Morgen mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong>, wir <strong>machen</strong> ja jeweilsunser Ritual zu Beg<strong>in</strong>n, Leonie, Du bistheute dran mit dem «L» (Leonie mo<strong>der</strong>iert dasRitual) ... Super, danke Leonie, morgen ist dannNiklaus dran, gell, schon zum zweiten Mal, seitwir letzten Herbst damit begonnen haben.Variante 2:Informationen primär zur Rolle und Position <strong>der</strong>LehrpersonGuten Morgen mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong>, Leonie, heute bistDu dran, so, da setze ich mich wie immer ansPult, ihr macht das ja schon länger ganz alle<strong>in</strong>e.Beispiel ElterngesprächVariante 1:Problemloses ErstgesprächBegrüssung. Platzierung, Smalltalk. Das ist ja unsererstes Gespräch, da erkläre ich jeweils zuerst,wie das abläuft. Ich schlage vor, wir tauschen zuerstunsere Ziele und Erwartungen aus, dannsammeln wir die Themen und starten mit den fürSie wichtigsten Fragen und Anliegen.Variante 2:Erstgespräch mit KonfliktklärungenBegrüssung, Platzierung. Danke, dass Sie gekommens<strong>in</strong>d. Wir s<strong>in</strong>d hier zum ersten Mal zusammenfür e<strong>in</strong> Elterngespräch. Nach unserem Telefonvor zwei Wochen gehe ich davon aus, dasswir e<strong>in</strong> paar D<strong>in</strong>ge zu klären haben. In e<strong>in</strong>er solchenSituation ist es wichtig, dass wir das Gesprächtransparent strukturieren. Ich schlageIhnen vor, dass wir uns folgende Gesprächspunktevornehmen. .... Wichtig ist mir auch, dassSie Ihre Anliegen ebenfalls e<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gen können.Haben Sie weitere Anliegen?Beispiel Unterrichtsvorbereitung(Kann man sich als Selbstgespräch vorstellen, <strong>in</strong>dem die PLP all ihre Gedanken und Überlegungentransparent macht)Ich b<strong>in</strong> zwar müde von heute, trotzdem werdeich nun noch das Material versorgen und die Planungfür morgen <strong>machen</strong>. Wenn ich das auf späterverschiebe, wird es nicht besser. An<strong>der</strong>ekommen am Morgen sehr früh, das ist nichtme<strong>in</strong>e Zeit. Heute Morgen war ja diese Frage vonM., die nehme ich mit ihm während <strong>der</strong> selbsttätigenBeschäftigungsphase nochmals auf, das <strong>in</strong>teressiertkaum alle. Dann s<strong>in</strong>d die Aufgaben vonletzter Woche, die e<strong>in</strong>gesammelt werden sollten.Drandenken sollte ich auch an... Zum Ritualhabe ich mir überlegt, dass... Der Druck ist gross,übermorgen ist die Prüfung angesagt... Ich werdealso noch e<strong>in</strong>e Übungs- und Repetitionsphasee<strong>in</strong>planen. Seit Hattie nutze ich Phasen mit Peer-Tutor<strong>in</strong>g und reziprokem <strong>Lernen</strong>, das soll ja sehrwirksam se<strong>in</strong>. Früher hatte ich für die Planunge<strong>in</strong>e Checkliste, heute mache ich das freihändig.Ach, ich sollte jetzt ja noch Frau Erika Mustermannanrufen, die hat nur kurz Zeit, bevor sieabends noch Büros re<strong>in</strong>igt. Habe ich vergessenauf dem Handy zu timen.28


Model<strong>in</strong>g mit Metalog und <strong>Lernen</strong> <strong>sichtbar</strong><strong>machen</strong>Model<strong>in</strong>g mit Metalog kann zu mehr Klarheit <strong>der</strong>Lehrperson (d = 0,75) führen. Durch den Metalogwerden durch die Lehrperson Handlungen begründetund Ziele deutlich, nicht nur für die angehendeLehrperson, son<strong>der</strong>n auch für die <strong>Lernen</strong>den.Der Unterricht gew<strong>in</strong>nt dadurch anmehr Klarheit <strong>in</strong> <strong>der</strong> Organisation / Struktur.Des Weiteren entspricht <strong>der</strong> Ansatz von «Model<strong>in</strong>gmit Metalog» e<strong>in</strong>em <strong>der</strong> effektivsten Bildungssett<strong>in</strong>gs:«Beobachtung <strong>der</strong> tatsächlichenMethoden im Klassenzimmer» (Hattie 2015,S. 144). Durch den Metalog werden die Beobachtungen,wie oben geschil<strong>der</strong>t, mit fachlichenH<strong>in</strong>weisen unterlegt, was die Beobachtungene<strong>in</strong>deutiger <strong>in</strong>terpretierbar und somit mit grosserWahrsche<strong>in</strong>lichkeit das Sett<strong>in</strong>g noch effektivermacht. Auch ermöglicht bzw. unterstützt <strong>der</strong>Ansatz e<strong>in</strong>en <strong>der</strong> sieben von Timperley, Wilson,Barrar und Fung (2007) ausf<strong>in</strong>dig gemachtenPunkte für e<strong>in</strong>e für das Lernverhalten <strong>der</strong> <strong>Lernen</strong>denerfolgreiche Lehrerfort- und -weiterbildung:H<strong>in</strong>terfragen <strong>der</strong> von den Lehrpersonenbis dah<strong>in</strong> verwendeten Argumenten und Vorstellungenbezüglich des <strong>Lernen</strong>s (vgl. a. O., S.144).Durch den Metalog werden diese <strong>sichtbar</strong> gemachtund somit auch diskutierbar.E<strong>in</strong>en Artikel zu «Model<strong>in</strong>g mit Metalog» f<strong>in</strong>denSie hier:Brühlmann, Jürg (2005): Model<strong>in</strong>g mit Metalog<strong>in</strong> <strong>der</strong> Berufspraktischen Ausbildung. bzl-onl<strong>in</strong>e,Beiträge zur Lehrerbildung, 23 (3).QuellenHattie, John A. C. (2015, 3. Auflg.): <strong>Lernen</strong><strong>sichtbar</strong> <strong>machen</strong>. Überarbeitete deutschsprachigeAusgabe von «Visible learn<strong>in</strong>g», besorgtvon Wolfgang Beywl und Klaus Zierer. Baltmannsweiler:Schnei<strong>der</strong> Verlag Hohengehren.Timperley, H., Wilson, A., Barrar, H., & Fung, I.Y. Y. (2007). Teacher professional learn<strong>in</strong>g anddevelopment: Best evidence synthesis iteration.Well<strong>in</strong>gton, New Zealand: M<strong>in</strong>istry of Education.Jürg BrühlmannEntwickler von Model<strong>in</strong>g mitMetalog <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lehrerausbildungund LeiterPädagogische Arbeitsstelle,Dachverband Lehrer<strong>in</strong>nenund Lehrer Schweiz (LCH)jbruehlmann@gmail.com29


«Es ist wichtig, Lehrpersonen während des Lernprozesses <strong>in</strong> ausreichendemMass aktiv zu beteiligen, um ihr Wissen so zu vertiefen und ihre Fähigkeitenso zu erweitern, dass dies die Schülerleistungen verbessert.»<strong>Lernen</strong> <strong>sichtbar</strong> <strong>machen</strong>, Hattie 2015, S. 144nach Timperley, Wilson, Barrar und Fung 200732


Lehrpersonen gestalten Weiterbildung fürLehrpersonen – das kommt anAn <strong>der</strong> Schule Mell<strong>in</strong>gen-Wohlenschwil konzipieren Lehrpersonen für Lehrpersonen <strong>in</strong>terne Weiterbildungen.Auch die Organisation und Durchführung liegt <strong>in</strong> den Händen <strong>der</strong> Lehrpersonen. Derfächer- und stufenübergreifende Austausch über die <strong>Praxis</strong> sowie <strong>Lernen</strong> <strong>sichtbar</strong> <strong>machen</strong> als <strong>in</strong>haltlicherFokus standen im Mittelpunkt <strong>der</strong> Weiterbildung. Von Monique StruckDie pädagogische Kommission des AargauischenLehrer<strong>in</strong>nen- und Lehrer-Verbands alv hat nachAuse<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung mit den Erkenntnissen <strong>der</strong>Hattie-Studie <strong>der</strong> alv-Geschäftsleitung u. a. denAntrag gestellt, dass Weiterbildungsangebote zuErkenntnissen aus <strong>Lernen</strong> <strong>sichtbar</strong> <strong>machen</strong> ausgebautwerden (Marcel Brünggel, Präsident <strong>der</strong>Pädagogischen Kommission des alv, SchulblattAG/SO 7/15, S. 10).Das Projekt «LLL»Die Schule Mell<strong>in</strong>gen-Wohlenschwil, an welcherrund 140 Lehrpersonen unterrichten, entschiedsich bereits im Herbst 2013, Anfang 2015e<strong>in</strong>e solche <strong>in</strong>terne Weiterbildung durchzuführen.In Sachen schul<strong>in</strong>terner Weiterbildung geht dieSchule seit 2010 e<strong>in</strong>en neuen Weg. Die Schulleitunggeht davon aus, dass eigens für die Schulekonzipierte Weiterbildungen den Ansprüchen<strong>der</strong> Schule besser gerecht werden als Weiterbildungen«von <strong>der</strong> Stange». Den Lehrpersonenfehlten bei den bisherigen Angeboten oft <strong>der</strong>Stufen- bzw. <strong>der</strong> <strong>Praxis</strong>bezug. In <strong>der</strong> Konsequenz<strong>in</strong>itiierte sie das Projekt «LLL» (von Lehrpersonen,für Lehrpersonen und durch Lehrpersonen).Getragen und unterstützt wird das Projekt vomSchulverband Mell<strong>in</strong>gen-Wohlenschwil und denGeme<strong>in</strong>den. Im Vor<strong>der</strong>grund steht nicht <strong>der</strong>Theorieunterricht, son<strong>der</strong>n das eigene Reflektieren,Tun, Erleben und Ausprobieren. 2010 fan<strong>der</strong>stmals e<strong>in</strong>e Weiterbildung mit diesem Konzeptstatt, damals zum Thema «Gesund und leistungsfähigim Spannungsfeld <strong>der</strong> Schule» – mit grossemErfolg.Das Projektteam «LLL» für die diesjährige <strong>in</strong>terneWeiterbildung zu <strong>Lernen</strong> <strong>sichtbar</strong> <strong>machen</strong> bestandaus fünf Lehrpersonen aller Stufen.Zeitplan08.201309.201311.201301.201403.201407.201409.201412.201401.2015•Ablauf LLL-Projekt zu <strong>Lernen</strong> <strong>sichtbar</strong><strong>machen</strong>•Auswahl <strong>der</strong> Projektleitung "LLL" 2015durch zentrale Schulleitung•Zusammenstellung des Projekteams durchdie Projekt- und zentrale Schulleitung• Kick-Off• Tagungsbesuch zu <strong>Lernen</strong> <strong>sichtbar</strong> <strong>machen</strong>•Vorgehensplan, Ziele und Inhalte erarbeitet•Konzeptpräsentation beizentraler Schulleitung und Schulleitung•Inhalte ausgearbeitet•Programm festgelegt•E<strong>in</strong>ladungen•Weiterbildungsdokumentation erstellt•Hot-Run (Probelauf)•Durchführung Weiterbildung "LLL"03.2015Abbildung 01: «LLL»-Phasen im Überblick31


Ziel <strong>der</strong> Weiterbildung: Die Teilnehmenden sollendie Grundzüge von John Hatties <strong>Lernen</strong><strong>sichtbar</strong> <strong>machen</strong> erleben und verstehen. Zudemsollen sie konkrete Handlungsmöglichkeiten fürsich und die Schule erkennen. Im Zentrum standendabei <strong>der</strong> Unterricht und das <strong>Lernen</strong>. Mit e<strong>in</strong>erKick-off-Veranstaltung, zusammen mitProf. Dr. Wolfgang Beywl (Pädagogische HochschuleFHNW), startete die Planung <strong>der</strong> <strong>in</strong>ternenWeiterbildung (vgl. Abbildung 01).Als Grundlagen dienten die beiden Werke vonJohn Hattie <strong>Lernen</strong> <strong>sichtbar</strong> <strong>machen</strong> (2013) und<strong>Lernen</strong> <strong>sichtbar</strong> <strong>machen</strong> für Lehrpersonen (2014)sowie die Erfahrungen und Ressourcen <strong>der</strong> fünfProjektmitglie<strong>der</strong>.Zusammen def<strong>in</strong>ierte das Projektteam die Zieleund die geeignete Struktur für die Weiterbildung.Das aktive Tun und das eigene Reflektierensollten im Vor<strong>der</strong>grund stehen. Aus Erfahrungwusste das Projektteam, dass <strong>der</strong> Austauschuntere<strong>in</strong>an<strong>der</strong>, gekoppelt mit neuem Wissen undeigener Aktivität, Erfolgsfaktoren von «LLL»s<strong>in</strong>d. Gemäss Hattie (2014) ist die Zusammenarbeitvon Lehrpersonen zentral für den Lernerfolg<strong>der</strong> Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler. Es braucht e<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>samesVerständnis von Lernfortschritt. Dasbedeutet, «dass Lehrpersonen e<strong>in</strong> Verständnisuntere<strong>in</strong>an<strong>der</strong>, <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>er Schule und ambesten zwischen Schulen dazu haben, was dieVorstellungen von Herausfor<strong>der</strong>ung undSchwierigkeit s<strong>in</strong>d, wenn das Curriculum umgesetztwird. Damit lässt sich sicherstellen, dass andie <strong>Lernen</strong>den angemessen höhere Erwartungenvon Herausfor<strong>der</strong>ungen gestellt werden» (Hattie2014, S. 66). Der Austausch ist e<strong>in</strong> Anfang <strong>in</strong>Richtung geme<strong>in</strong>sames Verständnis und somitauch e<strong>in</strong>en Schritt h<strong>in</strong> zu <strong>Lernen</strong> <strong>sichtbar</strong> <strong>machen</strong>.Begrüssung und GruppenarbeitAgenda und E<strong>in</strong>führung <strong>in</strong> <strong>Lernen</strong> <strong>sichtbar</strong> <strong>machen</strong>LernboxLerncoach<strong>in</strong>gLernboxZwischenraumPauseLernboxLernatmosphäreMittagessen und AustauschLernbox<strong>Lernen</strong>PauseM<strong>in</strong>d-Sets, Diskussion und AbschlussAbbildung 02: WeiterbildungstagLernboxbe <strong>in</strong>spiredLernboxFehlerkulturDie «LLL»-Weiterbildung verfolgte e<strong>in</strong> weiteresZiel, ganz im S<strong>in</strong>ne von <strong>Lernen</strong> <strong>sichtbar</strong> <strong>machen</strong>:Die Teilnehmenden sollten unterstützt werden,32


das <strong>Lernen</strong> mit den Augen <strong>der</strong> <strong>Lernen</strong>den zu sehen(e<strong>in</strong>e Kernaussage bei Hattie 2013, z.B.S. 27), also e<strong>in</strong>en Perspektivenwechsel von <strong>der</strong>Lehrerrolle <strong>in</strong> die Schülerrolle vorzunehmen.Dies, um Emotionen zu wecken und die Lehrpersonenhautnah erfahren zu lassen, worauf esbeim Unterrichten ankommt und welchen E<strong>in</strong>flusssie dabei haben.<strong>Lernen</strong> mit den Augen <strong>der</strong> Schüler<strong>in</strong>nenund Schüler sehenDer Weiterbildungstag wurde drei Mal mit <strong>in</strong>sgesamt110 Teilnehmenden wie folgt durchgeführt:Er glie<strong>der</strong>te sich grob <strong>in</strong> vier Teile(vgl. Abbildung 02).Die Veranstaltung startete mit <strong>der</strong> Begrüssungund E<strong>in</strong>führung, welche u.a. zwei kurze Gruppenarbeitenzur Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung mit denThemen von <strong>Lernen</strong> <strong>sichtbar</strong> <strong>machen</strong> be<strong>in</strong>halteteund e<strong>in</strong> rund e<strong>in</strong>stündiges Referat über dieBücher und die Ergebnisse aus John Hatties Studien.Die Teilnehmenden konnten am Morgen und amNachmittag jeweils aus drei Lernboxen e<strong>in</strong>e auswählen(vgl. Beispiel: Lernbox «Fehlerkultur»).Der Name «Lernbox» wurde bewusst gewählt,denn die Teilnehmenden nahmen <strong>in</strong> den runde<strong>in</strong>e<strong>in</strong>halb Stunden die Schülerrolle e<strong>in</strong> und erlebtendas <strong>Lernen</strong> mit den Augen <strong>der</strong> <strong>Lernen</strong>den.Im Anschluss an jede Lernbox wurden die Lehrpersonene<strong>in</strong>geladen, kurz <strong>in</strong>nezuhalten undmittels Reflexionsfragen (Was war neu für mich?Was nehme ich mit? Wie setze ich das Gelernte<strong>in</strong> me<strong>in</strong>em Unterricht um?) für sie persönlichwichtige Punkte festzuhalten.Den Abschluss <strong>der</strong> Veranstaltung bildete das Plenumnach <strong>der</strong> besuchten Lernbox am Nachmittag.Thema waren dabei die acht Geisteshaltungen– «M<strong>in</strong>d Frames» – von John Hattie, die dieGrundhaltungen e<strong>in</strong>er Lehrperson zusammenfassen.Auch hatten die Teilnehmenden Gelegenheit,Unklarheiten zu thematisieren und diskutieren.Beispiel: Lernbox «Fehlerkultur»Das Machen von eigenen Fehlern und <strong>der</strong> Umgang damit standen hier im Mittelpunkt. Die Teilnehmenden erlebtenhautnah, was die Reaktionen auf Fehler beim E<strong>in</strong>zelnen auslösen können.Dafür wurden Gruppen gebildet und herausfor<strong>der</strong>nde Aufgaben gestellt, wobei e<strong>in</strong> Grossteil nur durch Fehlversuchegelöst werden konnte. Nach den Gruppenaufgaben wurde vom Lernbox-Leiter e<strong>in</strong>e kurze Präsentation gehalten, <strong>in</strong><strong>der</strong> lernför<strong>der</strong>liche Fehlerkulturen thematisiert und konkrete <strong>Praxis</strong>beispiele vorgestellt wurden. Darauf folgte e<strong>in</strong>eklassische Testsituation. Die Teilnehmenden mussten knifflige Testfragen <strong>in</strong> 10 M<strong>in</strong>uten lösen, l<strong>in</strong>ks und rechts wurdenSichtsperren aufgestellt, damit nicht geschummelt werden konnte. Der Test war herausfor<strong>der</strong>nd angelegt undkaum <strong>in</strong> <strong>der</strong> vorgegeben Zeit zu lösen. Dies simulierte die häufig vorkommende Situation von Schüler<strong>in</strong>nen undSchüler. Nachdem <strong>der</strong> Test geme<strong>in</strong>sam korrigiert worden war, gab es Reflexionszeit zu den Fragen: Wie war dieSituation? Wie kann man die Angst, Fehler zu <strong>machen</strong> e<strong>in</strong>dämmen? Was ist e<strong>in</strong> Fehler?Beobachtungen e<strong>in</strong>er Teilnehmer<strong>in</strong>: …und so fühlen sich <strong>Lernen</strong>de…Bereits zu Beg<strong>in</strong>n <strong>der</strong> Gruppenaufgaben wurden e<strong>in</strong>e Nervosität, e<strong>in</strong>e gesunde Portion Ehrgeiz und Motivation spürbar.Die Gruppe wollte alle Aufgaben <strong>in</strong> <strong>der</strong> vorgegeben Zeit lösen. Bei <strong>der</strong> ersten Aufgabe (e<strong>in</strong>en <strong>in</strong> <strong>der</strong> leerenWe<strong>in</strong>flasche <strong>in</strong>nenliegenden Korken, mit wenig zur Verfügung stehenden Werkzeugen, herauslösen, ohne die Flaschezu beschädigen) wurde viel diskutiert aber nichts ausprobiert. Wahrsche<strong>in</strong>lich wollte man sich nicht blamieren, <strong>in</strong>demman e<strong>in</strong>en Fehler macht. Zahlreiche Fragen wurden an den Lernbox-Leiter gestellt, obschon die Aufgabe klar formuliertwar. Wohl <strong>in</strong> <strong>der</strong> Hoffnung, e<strong>in</strong>en H<strong>in</strong>weis zu erhalten.Bei <strong>der</strong> klassischen Testsituation kam dann e<strong>in</strong>e Unruhe im Raum auf, man wusste nicht, was zu erwarten war. Dieanschliessenden Rückmeldungen im Plenum zeigten, dass e<strong>in</strong> «Aha» o<strong>der</strong> das Umblättern des Tests noch mehr Stressausgelöst hatte o<strong>der</strong> dass man an <strong>der</strong> eigenen Intelligenz zweifelte, als man merkte, dass die Zeit nicht ausreicht undman gewisse Fragen nicht verstanden hat, aber an<strong>der</strong>e bereits den Ansche<strong>in</strong> machten, schon fertig zu se<strong>in</strong>. DenAnsche<strong>in</strong> deswegen, weil schlicht e<strong>in</strong>ige nicht nachgeschaut hatten, ob auch auf <strong>der</strong> Rückseite des Tests noch weitereTestfragen s<strong>in</strong>d – und dies obschon wir es doch besser wissen sollten… Die abschliessende Diskussion zu Fragen wiefolgenden regten zum weiteren Nachdenken an: Was kann man also im Unterrichtsalltag <strong>machen</strong>, um die Angst vorFehler zu hemmen? Was ist überhaupt e<strong>in</strong> Fehler?E<strong>in</strong>e gelungene Lernbox, um das <strong>Lernen</strong> mit den Augen <strong>der</strong> <strong>Lernen</strong>den zu sehen.33


An e<strong>in</strong>er Litfasssäule konnten die Teilnehmendenmit Post-its während des ganzen Tages Themennotieren, die sie als relevant für die Weiterarbeitansehen o<strong>der</strong> Punkte, die für sie am Weiterbildungstagsehr zentral waren und s<strong>in</strong>d. DiePost-its wurden von den Teilnehmenden amSchluss des Tages mit farbigen Punkten gewichtet.Die Statements aller Weiterbildungstagewurden dann <strong>der</strong> Zentralen Schulleitung undden Standortleitungen zur Weiterverwendungund Weiterplanung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Klausur übergeben.Die Nachbearbeitung zeigte, dass die Rückmeldungenaus den Kollegien fast durchwegs positivwaren, das Konzept sehr gut angekommen undauf grosse Akzeptanz und Anerkennung gestossenwar. Der Weiterbildungstag wurde als sehrgew<strong>in</strong>nbr<strong>in</strong>gend und vor allem bedeutsam beurteilt.Rückblickend war das Projekt für die e<strong>in</strong>zelnenTeammitglie<strong>der</strong> sehr bereichernd. Die Mitglie<strong>der</strong>konnten ihre unterschiedlichen Ressourcenpositiv e<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gen und das eigene Wissen erweitern.Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite war die Projektarbeitneben den Unterrichtspensen von 70-100 % sehr<strong>in</strong>tensiv und verlangte von den Teammitglie<strong>der</strong>nFlexibilität und e<strong>in</strong> grosses Engagement. Wobeisich die <strong>in</strong>tensive Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung und <strong>der</strong>grosse E<strong>in</strong>satz absolut gelohnt haben, wenn mandas Ergebnis anschaut.QuellenHattie, John A. C. (2013): <strong>Lernen</strong> <strong>sichtbar</strong> <strong>machen</strong>.Überarbeitete deutschsprachige Ausgabevon «Visible learn<strong>in</strong>g», besorgt von WolfgangBeywl und Klaus Zierer. Baltmannsweiler:Schnei<strong>der</strong> Verlag Hohengehren.Hattie, John A. C. (2014): <strong>Lernen</strong> <strong>sichtbar</strong> <strong>machen</strong>für Lehrpersonen. Überarbeitete deutschsprachigeAusgabe von «Visible learn<strong>in</strong>g for teachers»,besorgt von Wolfgang Beywl und KlausZierer. Baltmannsweiler: Schnei<strong>der</strong> Verlag Hohengehren.Monique StruckLehrer<strong>in</strong> an <strong>der</strong> Real- undSekundarschule SEREALMell<strong>in</strong>gen-Wohlenschwil,Schweizund Projektleiter<strong>in</strong> von«LLL» 2015moniquestruck@outlook.deWie geht es weiter? Die Schule Mell<strong>in</strong>gen-Wohlenschwilsetzt sich auch <strong>in</strong> Zukunft <strong>in</strong>tensiv mitdem Thema «Unterricht» ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>, um e<strong>in</strong>emöglichst grosse Nachhaltigkeit zu gewährleisten.Die Arbeit <strong>in</strong> den Unterrichts-Teams wirdim neuen Schuljahr 2015/16 weiter ausgebaut.Die kollegiale Hospitation und die Intervisionwerden durch den Start des «Luuise»-Projekts imHerbst 2015 komplettiert.38


Supervision: Die Perspektive <strong>der</strong> <strong>Lernen</strong>denproduktiv nutzenAls Schulpsycholog<strong>in</strong> mit über zwölfjähriger Erfahrung habe ich diverse Supervisionsgruppen geleitetbzw. leite solche, <strong>in</strong> denen entwe<strong>der</strong> Lehrpersonen e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>zigen Schule o<strong>der</strong> verschiedener Schulenbzw. Schulformen teilnehmen. Supervisionsangebote gibt es auch für Schulleiter<strong>in</strong>nen und Schulleiter.Die Untersuchungsergebnisse sowie die Schlussfolgerungen von <strong>Lernen</strong> <strong>sichtbar</strong> <strong>machen</strong> for<strong>der</strong>ne<strong>in</strong>e Kultur, «<strong>in</strong> <strong>der</strong> Lehrkräfte mehr Zeit geme<strong>in</strong>sam mit <strong>der</strong> Planung und ihrer kritischen Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzungverbr<strong>in</strong>gen und <strong>in</strong> <strong>der</strong> sie <strong>in</strong> Lehrergruppen zusammenarbeiten, um die empirischen Belegeihrer Wirkungen bei den <strong>Lernen</strong>den zu <strong>in</strong>terpretieren» (Hattie 2014, S. 194). Von Frie<strong>der</strong>ikeDusheMe<strong>in</strong>e <strong>Praxis</strong>erfahrungen werden durch die Untersuchungsergebnissebestätigt, dass <strong>in</strong> <strong>der</strong> geme<strong>in</strong>samenReflexion von Lehrpersonen grossePotentiale liegen, sich über die eigene Rolle undHaltung bewusst zu werden, die Wirkungen undE<strong>in</strong>flussmöglichkeiten auf die Gestaltung <strong>der</strong>Aufgaben als Lehrperson zu kennen und zu nutzenund die eigenen Handlungsmöglichkeiten zuerweitern. In <strong>der</strong> Unterstützung <strong>der</strong> Lehrpersonenleiten mich vor allem zwei Aspekte:1. Alles, was wir tun o<strong>der</strong> lassen, muss sich letztendlichauf das Kerngeschäft Unterricht bzw.auf den Prozess des <strong>Lernen</strong>s sowie den Erfolg<strong>der</strong> <strong>Lernen</strong>den und auf das Erreichen des jeweilsbestmöglichen Bildungsabschlussesrichten.2. Unterricht ist e<strong>in</strong> Beziehungsgeschäft. Unterrichtenbedeutet immer auch e<strong>in</strong> In-Beziehung-Treten.Dabei bietet die Lehrkraft Beziehungan – entscheidend ist aber, wie die<strong>Lernen</strong>den jeweils die Lehrer-Schüler-Beziehungwahrnehmen.GeisteshaltungenHattie (2014) benennt acht Geisteshaltungen, diees bei Lehrpersonen zu stärken gilt. U.a. gehörtdazu die Überzeugung von Lehrpersonen, dass eszu ihrer Rolle gehört, positive Beziehungen <strong>in</strong>den Klassen und im Lehrerzimmer zu entwickeln(vgl. Hattie 2014, S. 189). Gleichzeitig weist erdarauf h<strong>in</strong>, dass Verän<strong>der</strong>ungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Haltungnicht schnell erreichbar s<strong>in</strong>d, son<strong>der</strong>n e<strong>in</strong>gebettetse<strong>in</strong> müssen <strong>in</strong> die bisherigen Erfahrungenund Hypothesen von Lehrpersonen.Häufig genug existiert die Me<strong>in</strong>ung, man müsstemehr Fortbildungen zu diesem o<strong>der</strong> jenemThema anbieten, und wenn man nur genügendLehrkräfte auf diese Art und Weise zum jeweiligenThema mit Wissen versorgt habe, ergäbensich erhoffte Verbesserungen. Das ist sicher richtig,wenn es um spezifisches (Fach-)Wissen geht,welches E<strong>in</strong>gang f<strong>in</strong>det <strong>in</strong> die <strong>Praxis</strong>. Wissen alle<strong>in</strong>reicht aber <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel nicht, wenn langjährige,stabile Verhaltensweisen verän<strong>der</strong>t werdensollen. Hier braucht es zunächst e<strong>in</strong>mal die Reflexionauf <strong>der</strong> Haltungsebene. Der eigentlicheLernprozess für Lehrende f<strong>in</strong>det im Ausprobierenund <strong>in</strong> <strong>der</strong> Anwendung statt. Dies muss selbsterfahren werden, um überhaupt als Möglichkeitzur Verfügung zu stehen. So ist es z. B. zwar e<strong>in</strong>fachzu sagen: «Versetz Dich mal <strong>in</strong> die Perspektivedes Schülers o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Mutter». Wenn die Fähigkeitzum echten Perspektivenwechsel nichtgeübt und vertraut ist, dann bleibt es trotz Auffor<strong>der</strong>ungoft bei <strong>der</strong> eigenen Perspektive. Lehrpersonenmüssen zunächst den Unterschied spürendürfen, ob sie – jedes Mal bei positiven Absichten– lediglich aus <strong>der</strong> eigenen Wahrnehmungsperspektivegut gehandelt haben und <strong>in</strong>wieferndies auch aus Sicht ihrer <strong>Lernen</strong>den <strong>der</strong>Fall ist. Es kommt nicht alle<strong>in</strong> auf die Intentionan, son<strong>der</strong>n <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e auf die Wirkung des eigenenLehr-Verhaltens. Wir müssen lernen, <strong>in</strong>Wirkungen zu denken, aus <strong>der</strong> Perspektive desGegenübers.35


«So viele Veranstaltungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lehrerfortbildung drehen sich um diebesten Praktiken, neue Unterrichtsmethoden und die Infragestellung vonBewertungsverfahren. Diese Fortbildung setzt jedoch viel zu spät e<strong>in</strong>, umheute o<strong>der</strong> morgen e<strong>in</strong>en Unterschied zu bewirken. Dabei sche<strong>in</strong>en wirdie genannten sicheren und nicht bedrohlichen Themen zu mögen. Woist die Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung darüber, wie wir lernen, über die empirischenBelege zum vielfältigen <strong>Lernen</strong> <strong>der</strong> Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler und darüber,wie man an<strong>der</strong>s lernen kann?»<strong>Lernen</strong> <strong>sichtbar</strong> <strong>machen</strong> für Lehrpersonen, Hattie 2014, S. 18638


Die Lehrer-Schüler-BeziehungDie Lehrer-Schüler-Beziehung hat e<strong>in</strong>e <strong>der</strong>grössten Effektstärken zu verzeichnen. Fragtman Lehrpersonen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Supervision, dann gibtes wohl kaum jemanden, die nicht bestätigenwürde, dass ihr o<strong>der</strong> ihm e<strong>in</strong>e gute Beziehung zuden <strong>Lernen</strong>den wichtig ist. Fragt man weiter,woran sie e<strong>in</strong>e gute Beziehung o<strong>der</strong> e<strong>in</strong> gutes Gesprächerkennen würden, nennen sie häufig beobachtbareKriterien, die wie<strong>der</strong>um Aufschlussüber die zugrundeliegenden Werte geben. Ichrege an, auch zu beantworten, woran sich e<strong>in</strong>egute Lehrer-Schüler-Beziehung aus Sicht <strong>der</strong><strong>Lernen</strong>den fest <strong>machen</strong> liesse. Dies richtet denFokus auch und zunehmend stärker auf die <strong>Lernen</strong>den.Was brauchen sie, um e<strong>in</strong>e vertrauensvolleBasis zu erleben, um Wertschätzung fürihre Entwicklung und ihren <strong>in</strong>dividuellen Lernprozesszu erfahren und dabei von e<strong>in</strong>er authentischwirkenden Lehrperson begleitet zu werden?Anregungen dazu f<strong>in</strong>den sich bei Carl Rogers(2009) „Therapeutenvariablen“: Empathie,Wertschätzung, Kongruenz.In <strong>der</strong> Supervision können Lehrkräfte ihre Anliegenvortragen. Dabei spielt es ke<strong>in</strong>e Rolle, obes sich um e<strong>in</strong> Anliegen handelt, bei dem es umdie Person e<strong>in</strong>es <strong>Lernen</strong>den geht o<strong>der</strong> um e<strong>in</strong>enKonflikt mit e<strong>in</strong>er an<strong>der</strong>en Lehrperson o<strong>der</strong> umBelastungen durch bestimmte Aspekte des Berufs.Entscheidend ist, dass die Lehrkraft <strong>in</strong> <strong>der</strong> Supervisionzunächst erlebt, dass sie verstanden wird.Dies geschieht vor ihrem eigenen Bedeutungsh<strong>in</strong>tergrund.Im Beispiel mit <strong>der</strong> o<strong>der</strong> dem <strong>Lernen</strong>dengeht es auch darum, dass ihr o<strong>der</strong> se<strong>in</strong>Verhalten und Erleben verstanden werden kann.Die Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Supervisionsgruppe leistenhier e<strong>in</strong>en wichtigen Beitrag. Durch das Nachfragen<strong>der</strong> Teilnehmenden, durch die verschiedenenErklärungsansätze bzw. Hypothesen kannsich <strong>der</strong> Blick auf die Situation, die Möglichkeiten,die D<strong>in</strong>ge zu betrachten, erweitern. Dadurchergeben sich manchmal fast automatisch Alternativen<strong>der</strong> Bewertung o<strong>der</strong> des Handelns, sodass die Teilnehmenden mit neuen Optionen aus<strong>der</strong> Supervision h<strong>in</strong>ausgehen. In solchen Gruppensett<strong>in</strong>gswird e<strong>in</strong> wichtiger Anstoss Hattiesaufgenommen: den Wert <strong>der</strong> Zusammenarbeitvon Lehrkräften zu schätzen. Es handelt sich <strong>in</strong>gewisser Weise auch um kooperatives <strong>Lernen</strong> –hier <strong>der</strong> Lehrkräfte.Supervision: E<strong>in</strong>e lohnende InvestitionGruppensupervisionen erfor<strong>der</strong>n zusätzlicheZeit – <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel alle vier bis sechs Wochen ca.zwei Zeitstunden. Häufig wird die Supervisionzunächst als e<strong>in</strong> Mehr an Belastung erlebt. Nache<strong>in</strong>igen wenigen Sitzungen jedoch sehen dieTeilnehmenden dar<strong>in</strong> meist e<strong>in</strong>e lohnende Investition,wenn nämlich die Funktionen und positivenFolgen <strong>der</strong> Reflexionen wahrgenommenwerden können. Es handelt sich <strong>in</strong> gewisser37


Weise auch um kooperatives <strong>Lernen</strong> – hier <strong>der</strong>Lehrkräfte. Supervision trägt durch...… Entlastung von belastenden beruflichen Aspekten;… Klärung <strong>der</strong> eigenen Rolle und Aufgaben;… Klärung von Beziehungen;… Hypothesen zum jeweiligen Anliegen;… Erarbeitung neuer Perspektiven, E<strong>in</strong>stellungenund / o<strong>der</strong> Handlungsmöglichkeiten;zur Erweiterung des professionellen Handlungsrepertoiressowie <strong>der</strong> Professionalisierung desLehrerhandelns und auch zur Steigerung <strong>der</strong> beruflichenund persönlichen Zufriedenheit vonLehrkräften bei.Aus me<strong>in</strong>er Erfahrung heraus lohnt sich Folgendeseng zu verzahnen: Zum e<strong>in</strong>en <strong>der</strong> Wissenserwerb,z.B. über Fortbildung, welche den beruflichen<strong>Praxis</strong>transfer und das Kerngeschäft mitden Gel<strong>in</strong>gensfaktoren des <strong>Lernen</strong>s fokussiert.Zudem s<strong>in</strong>d diese Fortbildungsangebote idealerweiseauf die Persönlichkeitsentwicklung vonK<strong>in</strong><strong>der</strong>n und Jugendlichen gerichtet. Zum an<strong>der</strong>enwird <strong>der</strong> Wissenserwerb um Aspekte <strong>der</strong> Reflexionund Supervision angereichert. Die Supervisionals Sett<strong>in</strong>g bietet <strong>der</strong> Lehrperson e<strong>in</strong>en geschütztenRahmen, um über Anliegen aus <strong>der</strong>Rolle als Lehrkraft heraus – ohne Auswirkungenirgendwelcher Art befürchten zu müssen – sprechenzu können. Dabei erweitert sie ihr Handlungsrepertoire,um wie<strong>der</strong> o<strong>der</strong> weiterh<strong>in</strong> guteprofessionelle Beziehung und Unterricht anbietenzu können.QuellenHattie, John A. C. (2014): <strong>Lernen</strong> <strong>sichtbar</strong> <strong>machen</strong>für Lehrkräfte. Überarbeitete deutschsprachigeAusgabe von «Visible learn<strong>in</strong>g for teachers»,besorgt von Wolfgang Beywl und KlausZierer. Baltmannsweiler: Schnei<strong>der</strong> Verlag Hohengehren.Rogers, Carl (2009). E<strong>in</strong>e Theorie <strong>der</strong> Psychotherapie,<strong>der</strong> Persönlichkeit und <strong>der</strong> zwischenmenschlichenBeziehungen. Re<strong>in</strong>hardt Verlag.Frie<strong>der</strong>ike DusheSchulpsychologische Dezernent<strong>in</strong>,Nie<strong>der</strong>sächsische Landesschulbehörde/Regionalabteilung Braunschweig,DeutschlandFrie<strong>der</strong>ike.Dushe@nlschb.nie<strong>der</strong>sachsen.deReduzierung als Gew<strong>in</strong>n – e<strong>in</strong> BeziehungsangebotFrau Lipuch, e<strong>in</strong>e erfahrene Lehrer<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Grundschule, berichtet <strong>in</strong> <strong>der</strong> Supervisionsgruppe von Olena aus <strong>der</strong> zweitenKlasse. Olena werde zu Hause auf vielfache Weise vernachlässigt und sei kognitiv eher schwach, weshalb sie <strong>in</strong> <strong>der</strong> Schulean verschiedenen För<strong>der</strong>maßnahmen teilnimmt. Frau Lipuch ist als Klassenlehrer<strong>in</strong> nicht zufrieden mit <strong>der</strong> schulischenSituation für die Schüler<strong>in</strong>. Die Supervisionsgruppe ist aufgefor<strong>der</strong>t, sich <strong>in</strong> die Klassenlehrkraft und <strong>in</strong> die Schüler<strong>in</strong> h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>zuversetzenund wahrzunehmen, wie es sich anfühlt, Frau Lipuch bzw. Olena zu se<strong>in</strong>.Die Anmutungen und Identifikationen <strong>der</strong> Gruppe (vere<strong>in</strong>facht und zusammengefasst):- Ich als Klassenlehrer<strong>in</strong> b<strong>in</strong> zwar verantwortlich für Olena, sehe sie aber kaum, da sie den überwiegenden Teil desSchultages <strong>in</strong> För<strong>der</strong>veranstaltungen und damit nicht <strong>in</strong> <strong>der</strong> Klasse ist.- Ich als Olena b<strong>in</strong> hier und da und dort, verstehe alles nicht so richtig, b<strong>in</strong> irgendwie nicht so wie die an<strong>der</strong>n, die alleden ganzen Tag zusammen s<strong>in</strong>d. Ich habe ke<strong>in</strong>e richtigen Freund<strong>in</strong>nen o<strong>der</strong> Erwachsene, zu denen ich gehen kann.Frau Lipuch entwickelt mit Unterstützung <strong>der</strong> Gruppe die Haltung, dass zunächst die Gestaltung e<strong>in</strong>er guten Lehrer-Schüler-Beziehungals Grundlage zum <strong>Lernen</strong> wichtiger sei als die e<strong>in</strong>zelnen För<strong>der</strong>maßnahmen. Sie entscheidet sich dafür,Olena aus den e<strong>in</strong>zelnen Maßnahmen herauszunehmen und sie <strong>in</strong> ihrem Klassenverband zu unterrichten.38


42«Das Hauptargument <strong>in</strong> diesem Buch, das starken E<strong>in</strong>flüssen an unserenSchulen zugrunde liegt, bezieht sich darauf, wie wir denken! Es ist e<strong>in</strong> Setvon Geisteshaltungen, die jede unserer Handlungen und Entscheidungenan e<strong>in</strong>er Schule untermauern. Es s<strong>in</strong>d folgende Überzeugungen: dass wirEvaluatoren, Change-Agents, adaptive Lernexperten, Menschen, die Feedbacküber ihre Wirkung for<strong>der</strong>n, s<strong>in</strong>d; dass wir am Dialog und an <strong>der</strong> Herausfor<strong>der</strong>ungteilnehmen; dass wir Vertrauen zu allen entwickeln; dass wir<strong>in</strong> Fehlern Chancen sehen; dass wir begierig darauf aus s<strong>in</strong>d, die Botschaft<strong>der</strong> Kraft, des Spaßes und des E<strong>in</strong>flusses, die wir auf das <strong>Lernen</strong> haben, zuverbreiten.»<strong>Lernen</strong> <strong>sichtbar</strong> <strong>machen</strong> für Lehrpersonen, Hattie 2014, S. 183


ImpressumProf. Dr. Wolfgang BeywlFachhochschule NordwestschweizPädagogische HochschuleInstitut Weiterbildung und BeratungLeiter Professur für Bildungsmanagementsowie Schul- undPersonalentwicklungBahnhofstrasse 65210 W<strong>in</strong>dischT +41 56 202 80 38wolfgang.beywl@fhnw.ch


Folgende Hochschulen <strong>der</strong> FachhochschuleNordwestschweiz FHNW bieten Weiterbildung an:– Hochschule für Angewandte Psychologie– Hochschule für Architektur, Bau und Geomatik– Hochschule für Gestaltung und Kunst– Hochschule für Life Sciences– Musikhochschulen– Pädagogische Hochschule– Hochschule für Soziale Arbeit– Hochschule für Technik– Hochschule für WirtschaftFachhochschule NordwestschweizPädagogische HochschuleInstitut Weiterbildung und BeratungBahnhofstrasse 65210 W<strong>in</strong>dischT +41 56 202 90 00iwb.ph@ fhnw.chwww.fhnw.ch/ph/iwb

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