ZT | Ausgabe 34 — Q3/2015
Ausgabe 34 - Q3/2015
Ausgabe 34 - Q3/2015
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<strong>34</strong><br />
3. Quartal <strong>2015</strong><br />
www.zukunfttraining.de<br />
DE<br />
14,95 EUR<br />
AT<br />
14,95 EUR<br />
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17,95 CHF<br />
Z U K U N F T - T R A I N I N G<br />
DAS MAGAZIN FÜR AUS- UND WEITERBILDUNG<br />
Das vergessene Wunder<br />
Niemand kommt aus der Natur<br />
wie er in sie gegangen ist<br />
Global Leadership mit Herz und Verstand<br />
Durch persönliche Strahlkraft Welten bewegen<br />
Erfolgsfaktor Stimme<br />
3 Experimente, die zeigen, wie Sie<br />
mehr aus Ihrer Stimme herausholen<br />
IM<br />
INTERVIEW<br />
mit<br />
GABY S.<br />
GRAUPNER<br />
Finde Deine Traumfirma oder Gründe sie!<br />
Wie der Neuanfang gelingt<br />
Die kollektive Lizenz zum Scheitern<br />
Wie die Trendveranstaltung „Fuck-Up-Nights“<br />
unser Erfolgsstreben erfolgreich hinterfragt<br />
SCHATTEN<br />
SPRÜNGE<br />
SO SPRENGEN SIE IHRE GRENZEN<br />
GABY S. GRAUPNER<br />
EXPERTIN FÜR SCHATTENSPRÜNGE
Weiterbildung für Unterwegs!<br />
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35 <strong>Ausgabe</strong>n Zukunft-Training<br />
200 Fachartikel<br />
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Das Wort des Herausgebers<br />
Ready, Set, GO!<br />
Es klingelt. Ein kurzer Blick nach rechts bestätigt meine Vermutung. „Montag, 6.30 Uhr“<br />
steht auf dem grell-erleuchteten Display meines iPhones. „So. Zeit, aufzustehen.“ höre ich<br />
mich laut zu mir sagen, in der Überzeugung, dadurch einen Motivations-Schub zu bekommen.<br />
Kurz lächelt mir die Schlummer-Funktion noch entgegen, doch dann gebe ich mir<br />
den nötigen Ruck. Eine bewährte Vorgehensweise, um meinen inneren Schweinehund zu<br />
überwinden.<br />
Frederic M. Fuchs<br />
Herausgeber<br />
Zukunft-Training<br />
zukunfttraining.de/team<br />
@zukunfttraining<br />
Zugegeben, das morgentliche Ritual gehört noch zu den leichteren Aufgaben des Tages.<br />
Denn manchmal fällt es uns nicht so leicht, den ersten Schritt zu machen und über<br />
unseren Schatten zu springen. Besonders dann, wenn uns Herausforderungen als zu groß<br />
erscheinen, ist es sinnvoll, Methoden und Techniken griffbereit zu haben.<br />
Unsere Cover-Persönlichkeit Gaby S. Graupner ist Expertin auf diesem Gebiet und weiß, auf<br />
welche verschiedenen Herausforderungen wir in solchen Prozessen treffen. In unserer Titelstory<br />
»Schattensprünge <strong>—</strong> So sprengen Sie Ihre Grenzen« (S.6) und im Interview (S.40)<br />
offenbart sie hilfreiche Tools zur Bewältigung unserer gelegentlichen Handlungslethargie.<br />
Für selbstbestimmtes Handeln plädiert auch Dr. Kerstin Gernig in ihrem Beitrag »Finde<br />
Deine Traumfirma oder Gründe sie.« (S.14). Für ihr Buch »Werde was Du kannst« hat sie<br />
Unternehmer verschiedenster Hintergründe interviewed, um ihren Lesern Mut zu machen,<br />
mit dem richtigen Mind-Set ihre Träume zu realisieren.<br />
Kaum auf dem Pfad des Erfolges angekommen, müssen wir lernen, auch wieder Ruhephasen<br />
einzulegen. Neue Erkenntnisse dazu gibt es im Gespräch mit Jörg Romstötter über<br />
aktive Auszeiten in der Natur »Das vergessene Wunder« (S.28).<br />
Ein weiterer Neuzugang unter den <strong>ZT</strong>-Experten ist Andreas Dudas. Der Experte für<br />
Global Leadership und Transformation beschreibt in seinem Beitrag »Global<br />
Leadership mit Herz und Verstand« (S.22), wie man sich gekonnt auf dem internationalen<br />
Parkett bewegt.<br />
Der »Erfolgsfaktor Stimme« (S.<strong>34</strong>) ist schon lange kein Geheimnis mehr. Doch, Hand aufs<br />
Herz, wer arbeitet wirklich regelmäßig an der positiven Wirkung seiner Stimme? Als fresh-up<br />
zeigt uns Frederik Beyer drei handfeste Methoden zum täglichen Stimmtraining.<br />
Außerdem waren wir zu Besuch auf der Fuck-Up-Night Berlin. Eine weltweite Bewegung mit<br />
der Zielsetzung, das Scheitern salonfähig zu machen und es als ein Teil des größeren Prozesses<br />
zu betrachten. »Die kollektive Lizenz zum Scheitern« von Lilli Iliev (S.48).<br />
Freuen Sie sich auf eine wirklich spannende <strong>Ausgabe</strong>.<br />
Herzlichst<br />
Frederic M. Fuchs
INHALT<br />
18 14<br />
28<br />
06<br />
22<br />
48 <strong>34</strong><br />
Fotocredits<br />
Die verwendeten Fotos stammen von<br />
fotolia.de, pixeden.de oder aus dem<br />
privaten Archiv unserer Autoren.<br />
Kontakt<br />
Web<br />
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Redaktion<br />
Mediadaten<br />
www.zukunfttrainining.de<br />
anzeigen@zukunfttraining.de<br />
redaktion@zukunfttraining.de<br />
www.zukunfttraining.de/mediadaten.pdf<br />
In Zusammenarbeit mit<br />
TAM-Edition Verlag<br />
Trainer-Akademie München<br />
Coverfoto<br />
Gaby S. Graupner<br />
Copyright: Fotograf | Retoucher Philip Reichwein<br />
4 | Zukunft-Training • 3. Quartal <strong>2015</strong>
<strong>34</strong>. <strong>Ausgabe</strong> <strong>—</strong> 3. Quartal <strong>2015</strong><br />
06<br />
Schattensprünge<br />
So sprengen Sie Ihre Grenzen<br />
von Gaby S. Graupner<br />
14<br />
Finde Deine Traumfirma Oder Gründe sie<br />
So gelingt der Neuanfang<br />
40<br />
36 48<br />
22<br />
28<br />
<strong>34</strong><br />
40<br />
48<br />
von Dr. Kerstin Gernig<br />
Global Leadership mit Herz und Verstand<br />
Durch persönliche Strahlkraft (fremde) Welten bewegen<br />
von Andreas Dudas<br />
Das vergessene Wunder<br />
Niemand kommt aus der Natur<br />
wie er in sie gegangen ist<br />
Im Gespräch mit Jörg Romstötter<br />
Erfolgsfaktor Stimme<br />
3 Experimente, die zeigen, wie Sie mehr<br />
aus Ihrer Stimme herausholen<br />
von Frederik Beyer<br />
Just do it!<br />
<strong>ZT</strong> im Interview mit der Schattensprung-Expertin<br />
Gaby S. Graupner<br />
Interview<br />
Die kollektive Lizenz zum Scheitern<br />
Wie die Trendveranstaltung „Fuck-Up-Nights“<br />
unser Erfolgsstreben erfolgreich hinterfragt<br />
Berichterstattung von Lilli Iliev<br />
Zukunft-Training • 3. Quartal <strong>2015</strong> | 5
6 | Zukunft-Training • 3. Quartal <strong>2015</strong>
SCHATTEN<br />
SPRÜNGE<br />
S O S P R E N G E N S I E I H R E G R E N Z E N<br />
Viele kennen die Tendenz in sich: Erstmal nach den Gründen suchen, warum etwas nicht<br />
klappen kann. Hinter diesen Gründen verbirgt sich jedoch letztlich meist die eigene<br />
Bequemlichkeit. Statt zunächst zu überlegen, wie ein erfolgreicher Weg aussehen könnte,<br />
auch wenn er von gewohnten Denkmustern abweicht, haben wir oft innerlich schon<br />
abgelehnt. Wie kann es funktionieren, sich im Alltag flexible Denkkonzepte zu bewahren<br />
und damit ab sofort ein Schattenspringer zu werden?<br />
von Gaby S. Graupner<br />
Nach der Mittagspause oder wenn die Gruppendynamik<br />
ins Stocken gerät, mache ich mit meinen<br />
Firmenteams gerne dieses Pausenspiel: Alle<br />
Teilnehmer stehen in einem Kreis und ein Tennisball<br />
soll durch ihre Hände gehen.<br />
Sobald sie sich auf eine Vorgehensweise geeinigt haben, wird<br />
der Countdown 3-2-1 gezählt, die Stoppuhr gestartet und<br />
der Ball geht durch die Hände. Wenn er wieder beim ersten<br />
angekommen ist, wird die Zeit gestoppt und meistens stehen<br />
durchschnittlich 10 Sekunden auf der Uhr. Jetzt wird die<br />
Anforderung von mir erhöht. Der Ball muss in einer Zeit von<br />
unter 1,2 Sekunden durch alle Hände gehen.<br />
„Das geht nicht“, „So ein Schmarrn“, „Das ist unmöglich“, sind<br />
die häufigsten und noch harmlosesten Reaktionen. Beim letzten<br />
Mal meinte einer der Teilnehmer sogar, dass dies physikalisch<br />
gar nicht möglich sei und versuchte, mir dies auch pseudowissenschaftlich<br />
zu erklären. Nun, Tatsache ist: Es geht – die<br />
eine oder andere Gruppe hat es auch schon unter einer Sekunde<br />
geschafft, 0,75 Sekunden war bisher das beste Ergebnis.<br />
Zukunft-Training • 3. Quartal <strong>2015</strong> | 7
»Viele Menschen haben einen Schalter im Kopf, der auf dem „Es-geht-nicht“-Modus steht.«<br />
Was mich wirklich fasziniert, ist, dass oft der eine oder andere<br />
Kollege schon nach zwei Minuten den richtigen Lösungsansatz<br />
sagt, aber die Kollegen diesen Vorschlag gar nicht erst in<br />
Betracht ziehen, sondern sofort viele Gründe vorbringen, weshalb<br />
das nicht gehen kann.<br />
Tausend und ein Grund, warum es nicht geht<br />
Weshalb machen wir das? Weshalb setzen wir uns bei Herausforderungen<br />
sofort Grenzen und beweisen uns wortreich, wieso<br />
das gar nicht gehen kann?<br />
Egal ob ich im Training tätig bin, mit Zuhörern in meinen Vorträgen<br />
spreche oder mit Entscheidern in einem Meeting sitze,<br />
viele meiner Gesprächspartner können mir minutenlang erzählen,<br />
weshalb eine Vision, eine Idee oder sogar ein konkreter<br />
Plan nicht funktionieren wird. Menschen sind unglaublich<br />
kreativ, wenn es darum geht, Gründe und Beweise zu finden,<br />
weshalb etwas nicht funktionieren wird. Das Spannendste dabei<br />
ist, sie haben immer Recht.<br />
Viele Menschen haben einen Schalter im Kopf, der auf dem<br />
„Es-geht-nicht“-Modus steht. Wenn es nach mir ginge, würde<br />
ich ja gerne diesen Schalter einfach mal kräftig drücken, damit<br />
er auf den „Es-geht“-Modus springt. Denn, wenn die Menschen<br />
es schaffen würden, kontinuierlich im „Es-geht“-Modus<br />
zu agieren, würden sie in der gleichen Zeit genauso viele Argumente<br />
finden, warum etwas geht. Das Spannendste daran, am<br />
Ende haben sie immer Recht.<br />
Als ich vor einem Jahr beschlossen habe, für ein Jahr kein<br />
Fleisch mehr zu essen, kamen viele Menschen auf mich zu,<br />
um diese Entscheidung zu kommentieren. Da gab es die<br />
„Fleisch-ist-wichtig“-Fraktion, die mir erklärte, dass das Eiweiß<br />
im Fleisch mir fehlen würde, dass wir von der Natur als Fleischfresser<br />
bestimmt sind und es sich negativ auf meine Fitness<br />
und mein Durchhaltevermögen auswirken würde. Dann gab<br />
es noch die „Fleisch-ist-ungesund“-Fraktion, die mir erklärte,<br />
weshalb es eine sehr gute Entscheidung sei, kein Fleisch mehr<br />
zu essen; aus umwelttechnischen Gründen, weil es mich müde<br />
machen würde, weil unser Körper nicht wirklich als Fleischesser<br />
ausgelegt sei und viele Gründe mehr. Beide Parteien hatten<br />
Recht, in ihrer Welt. Wenn ich an das eine glaube, werde<br />
ich viele „Beweise“ finden, weshalb ich Recht habe. Wenn ich<br />
dagegen von der anderen Seite überzeugt bin, werde ich dafür<br />
auch viele „Beweise“ finden. Am Ende entscheiden immer<br />
Sie, ob Sie zukünftig einen Schattensprung wagen und sich für<br />
den „Es-geht“-Modus entscheiden oder eben nicht.<br />
So entkommen Sie dem „Es-geht-nicht“-Modus<br />
Wenn Ihnen, liebe Leser, dieser Sprung im ersten Schritt als<br />
zu gewagt erscheint, können Sie auch einen Zwischenmodus<br />
ansteuern. Den „Wie-könnte-es-gehen“-Modus. Manchmal<br />
brauchen wir dazu auch den Mut, so zu denken, als wären alle<br />
Ressourcen vorhanden.<br />
»Am Ende entscheiden immer<br />
Sie, ob Sie zukünftig einen<br />
Schattensprung wagen und<br />
sich für den „Es-geht“-Modus<br />
entscheiden, oder eben nicht.«<br />
Vor einiger Zeit fragte mich ein Kunde, ob ich das in seinem<br />
Unternehmen bereits gehaltene Training auch mit einer internationalen<br />
Mannschaft durchführen würde, also auf Englisch.<br />
Mein Englisch ist sozusagen ausbaufähig, obwohl ich mich in<br />
Amerika ganz gut auf Conventions und ähnlichen Veranstaltungen<br />
schlage, ein Training in dieser anderen Sprache durchzuführen,<br />
ist schon eine größere Nummer. Mein erster Impuls<br />
war also „nein“ zu sagen, doch meinem eigenen Vorsatz folgend<br />
legte ich den Schalter auf „Es-geht“-Modus und sagte:<br />
„Ja, gerne.“ Nachdem das Gespräch beendet war und ich den<br />
Hörer aufgelegt hatte, wurde mir die Tragweite meiner Entscheidung<br />
erstmals so richtig bewusst, und ich erschrak schon<br />
etwas. Das nennt man „Angst vor der eigenen Courage“. Fast<br />
hätte ich noch einmal angerufen und einen „übersehenen“<br />
Termin als Absagegrund vorgeschoben. Stattdessen stellte ich<br />
meinen Schalter auf den „Wie-könnte-es-gehen“-Modus, und<br />
8 | Zukunft-Training • 3. Quartal <strong>2015</strong>
dadurch kamen eine Reihe von Fragen auf:<br />
Wovor fürchte ich mich? Was könnte funktionieren?<br />
Was fehlt mir? Was bringe ich mit?<br />
Am Ende blieben zwei Punkte übrig: 1. Mangelnde<br />
Erfahrung, ein Training in Englisch<br />
durchzuführen – also die Angst vor zu vielen<br />
Unbekannten. 2. Ich bin mir sicher, alles<br />
in Englisch ausdrücken zu können, was mir<br />
wichtig ist – nicht perfekt, aber grundsätzlich<br />
– was ich dagegen nicht immer verstehe, ist,<br />
was mir mein Gesprächspartner tatsächlich<br />
sagen will.<br />
Das war jetzt eine ganz andere Perspektive:<br />
von „Das kann ich nicht“ zu „Zwei konkrete<br />
Punkte sind eine Herausforderung“. Und genau<br />
dafür brauchte ich eine Lösung. Ich will<br />
dieses Training durchführen, aber ich brauche<br />
ein Backup für schwierige Situationen in<br />
diesem Training, also einen versierten Dolmetscher!<br />
Da hatte ich sogar einen in meinem Kollegenkreis<br />
– es wurde ein erfolgreiches Training,<br />
an dem viel mehr klappte, als ich im<br />
Vorfeld gedacht hätte. Durch mein „Backup“<br />
fühlte ich mich sicher. Ich erzähle diese Geschichte<br />
gerne Kolleginnen oder Kollegen,<br />
wenn sie mir erzählen, dass sie eine Anfrage<br />
haben, ein Training oder einen Vortrag in<br />
englischer Sprache zu halten, aber ihre Grenzen<br />
kennen.<br />
Dabei höre ich immer wieder: „Stimmt, darüber<br />
habe ich noch nie nachgedacht. Ich<br />
habe immer nur darüber nachgedacht, warum<br />
ich es nicht machen kann und dass es<br />
noch lange dauern wird, bis mein Englisch<br />
einmal 100%ig ist.“<br />
Gaby S. Graupner<br />
Expertin für Schattensprünge<br />
Fürs Leben lernt man am besten von denen, die<br />
selbst Außergewöhnliches erlebt und es geschafft<br />
haben, dabei große Herausforderungen zu meistern.<br />
Als 18-Jährige musste sich Gaby S. Graupner von einer<br />
engstirnigen Religionsgemeinschaft lösen. Sie<br />
schmuggelte die Familie eines Freundes aus der DDR,<br />
zog allein drei Kinder groß und pflegte zwei Omas bis<br />
zu deren Tod. Nebenbei studierte sie Betriebswirtschaft<br />
und wurde Vertriebsprofi.<br />
Seit 18 Jahren hilft sie Kunden als Keynote-Speakerin<br />
und Trainerin dabei erfolgreicher im Vertrieb und im<br />
Leben zu sein. Auf ihrem Weg hat sie Hilfe bei vielen<br />
Experten gefunden und die fundierten Ratschläge<br />
und Erkenntnisse einem Praxistest unterzogen. Als<br />
Präsidentin der German Speakers Association verhalf<br />
sie ihren Berufskollegen zu einer engeren Vernetzung<br />
untereinander und warb für ein klareres Bewusstsein<br />
für Ethik und Werte. Mit ihrem Vortragsthema: „Schattensprünge<br />
– Wie Sie über sich hinauswachsen“ zeigt<br />
sie ihren Zuhörern, wie sie die eigenen Stärken so einsetzen,<br />
dass sie anspruchsvolle Lebenslagen erfolgreich<br />
meistern, und bringt dabei alle Techniken der<br />
positiven Kommunikation auf den Punkt.<br />
www.gabysgraupner.de<br />
Es ist also wichtig, zuerst einmal die gesamte<br />
Situation zu analysieren. Anstatt die Aufgabe<br />
zur Gänze als „das geht ja nie“ abzulehnen,<br />
finden Sie heraus: Was wäre möglich oder<br />
was wäre möglich, wenn Sie „xyz“ hätten.<br />
Das „fünfte“ Tischbein<br />
Stellen Sie sich einen Bistrotisch mit ei-
»Viele Menschen verharren in ihren Träumen direkt vor dem ersten Schritt.«<br />
nem Bein vor. Der Tisch ist Ihr Ziel, Ihr<br />
Wunsch oder Ihre Vision. Das Bein, welches<br />
in der Mitte angebracht ist, ist die<br />
Ressource, die Ihnen auf den ersten<br />
Blick fehlt. Angenommen, Sie haben<br />
diese Ressource aber, was wäre dann<br />
Ihr nächster Schritt? Wie würden Sie<br />
es angehen? Welche Ideen und Lösungen<br />
hätten Sie für Schritt<br />
eins, zwei, drei und/oder<br />
vier? Wenn Sie also genau<br />
wüssten, wie Schritt eins<br />
aussehen soll, befestigen<br />
Sie diesen „Schritt“ als<br />
nächstes Tischbein am<br />
Tisch hinten rechts. Danach<br />
planen Sie Schritt<br />
zwei. Überlegen Sie genau,<br />
wie Sie diesen durchführen<br />
würden und befestigen ihn<br />
rechts vorne. Ebenso verfahren Sie mit<br />
Schritt drei und vier und befestigen das<br />
jeweilige Tischbein dann links hinten<br />
und vorne. Jetzt können Sie das fünfte,<br />
mittlere Tischbein entfernen, denn Ihr<br />
Tisch steht auch mit den vier anderen<br />
Beinen. Das nenne ich die „Das-fünfte-<br />
Tischbein“-Methode.<br />
Durch das Blockieren unserer Gedanken,<br />
weil der erste Schritt vermeintlich<br />
nicht möglich ist, denken wir selten<br />
oder nie über die weiteren Schritte<br />
»Durch das Blockieren unserer<br />
Gedanken, weil der erste Schritt<br />
vermeintlich nicht möglich ist,<br />
denken wir selten oder nie über die<br />
weiteren Schritte nach.«<br />
nach. Und wir merken gar nicht, dass<br />
wir von unserem Traum vielleicht nur<br />
einen kleinen Schritt entfernt sind.<br />
Schauen Sie sich das „fünfte“ Bein an.<br />
Ist es wirklich so wichtig oder würden<br />
die anderen vier Beine ausreichen? Was<br />
hindert Sie daran, einfach mit Schritt<br />
zwei zu beginnen? Unter Umständen<br />
sehen Sie jetzt auch eine Lösung,<br />
nachdem Sie die vier anderen Schritte<br />
durchgegangen sind und sie im Detail<br />
einmal geplant haben. Der erste Schritt<br />
erscheint uns oft so schwierig oder unüberwindbar,<br />
dass wir den Wald vor lauter<br />
Bäumen nicht mehr sehen<br />
oder für einen nächsten<br />
Schritt keine Energie<br />
mehr haben.<br />
Viele Menschen verharren<br />
in ihren Träumen direkt<br />
vor dem ersten Schritt<br />
und erstarren davor wie<br />
eine Maus vor der Schlange.<br />
Oder sie springen<br />
gleich vom ersten Schritt zum Ende<br />
und träumen davon, wie schön es wäre,<br />
dieses Ziel jetzt erreicht zu haben. Dem<br />
Weg dazwischen dagegen schenken sie<br />
keine Aufmerksamkeit und sprengen so<br />
selten wirklich ihre Grenzen.<br />
BUCH-EMPFEHLUNG<br />
Goldegg Verlag<br />
248 Seiten<br />
Erstauflage, € 19,95<br />
ISBN: 978-3902991003<br />
Schattensprünge <strong>—</strong> 13 Anstöße, um über sich hinauszuwachsen<br />
Gaby S. Graupner<br />
In jedem von uns steckt ein unglaubliches Potenzial. Meistens braucht es nur<br />
kleine Anstöße, damit es zur Entfaltung kommen kann. Der persönliche Erfolg<br />
ist abhängig von überzeugendem Auftreten, klarer Sprache und offenem<br />
Umgang mit sich selbst. Alles, was dazu nötig ist, tragen Sie bereits in sich. Sie<br />
müssen es nur wagen, über Ihren Schatten zu springen. In diesem Buch finden<br />
Sie 13 konkrete Anstöße, die Ihnen dabei helfen, alle Aufgaben des Lebens<br />
erfolgreicher zu meistern.<br />
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10 | Zukunft-Training • 3. Quartal <strong>2015</strong>
Wagemutige verlieren auch mal<br />
Ja, selbstverständlich kann es auch schiefgehen.<br />
Wer etwas wagt, kann auch verlieren.<br />
Doch nie etwas zu wagen, bedeutet,<br />
bereits verloren zu haben, bevor es überhaupt<br />
losging. Nina Hagen sagte einmal:<br />
„Sie haben mich nicht auf die Schauspielschule<br />
gelassen – ich bin trotzdem auf<br />
die Bühne gegangen! Ich habe meine<br />
Meinung gesagt und mir ein neues Land<br />
zum Leben gesucht. Wenn ich mich immer<br />
nach anderen gerichtet hätte, dann wäre<br />
ich nicht ick – und ick bin ick. Wenn wir<br />
wollen, können wir die Welt anhalten!“<br />
Wenn es nötig ist, halten Sie die Welt an,<br />
aber laufen Sie nicht wie eingesperrt immer<br />
am Grenzzaun auf und ab. Sicherlich<br />
geht es nicht immer auf dem direkten<br />
Weg. Manchmal ist es vielleicht erforderlich,<br />
einen größeren Umweg zu machen<br />
oder das Ziel in kleine Häppchen zu zerlegen,<br />
oder im ersten Schritt eine Nummer<br />
kleiner zu starten. Doch wenn es Ihnen<br />
wirklich wichtig ist, Ihre Grenzen zu sprengen,<br />
sollte nichts und niemand Sie aufhalten<br />
können.<br />
Vertrauen in den Weg<br />
Die Welt ist voller Menschen, die Ihnen<br />
helfen können. Fragen Sie. Bitten Sie. Aber<br />
lassen Sie nicht los, Ihre Ziele zu verfolgen<br />
und Ihren Weg zu gehen. Wenn Sie Ihr<br />
Ziel, eine Grenze zu sprengen, genau geplant<br />
und definiert haben, wenn Sie bereit<br />
sind, Ihre Grenze zu überwinden, werden<br />
sie erstaunt sein, von welchen Menschen<br />
und aus welchen Ecken plötzlich Unterstützung<br />
kommt. Vertrauen Sie sich und<br />
der Welt.<br />
***<br />
Gaby S. Graupner<br />
»Sicherlich geht es nicht<br />
immer auf dem direkten<br />
Weg. Manchmal ist es<br />
vielleicht erforderlich,<br />
einen größeren Umweg<br />
zu machen oder das Ziel<br />
in kleine Häppchen zu<br />
zerlegen, oder im ersten<br />
Schritt eine Nummer<br />
kleiner zu starten.«<br />
Zukunft-Training • 3. Quartal <strong>2015</strong> | 11
12 | Zukunft-Training • 3. Quartal <strong>2015</strong>
<strong>ZT</strong> EXPERTEN-AUTOR WERDEN<br />
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Für Trainer, Coaches, Speaker & Berater<br />
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Zukunft-Training • 3. Quartal <strong>2015</strong> | 13
14 | Zukunft-Training • 3. Quartal <strong>2015</strong>
FINDE DEINE TRAUMFIRMA<br />
ODER GRÜNDE SIE<br />
SO GELINGT DER NEUANFANG<br />
Ein alter Menschheitstraum ist wahr geworden: Wir haben zwar noch nicht das ewige Leben,<br />
aber unsere Lebenszeit hat sich im letzten Jahrhundert fast verdoppelt. Damit ist jedoch auch<br />
die Arbeitszeit länger geworden. Ein Grund mehr, einen Beruf zu ergreifen, der der eigenen<br />
Berufung entspricht. Finde Deine Traumfirma oder gründe sie. Das ist die Herausforderung.<br />
Unsere Kultur der Wahl bietet viele Möglichkeiten, das eigene Leben selbst in die Hand zu<br />
nehmen. Worauf es ankommt, damit der Neuanfang gelingt, verrät die Expertin für Neuanfänge<br />
Dr. Kerstin Gernig.<br />
von Dr. Kerstin Gernig<br />
In Deutschland sind 12% der Berufstätigen selbständig,<br />
88% sind angestellt. Dieses Ungleichgewicht spiegelt die<br />
mentale Stimmung im Land: die Sicherheitsorientierung<br />
ist ausgeprägter als die Risikofreude. „Yes we can“ wird in<br />
Deutschland gern zitiert. Aber wird dieses Selbstvertrauen<br />
auch wirklich gelebt?<br />
Das alljährliche Stimmungsbarometer der Gallup-Umfragen<br />
zur Mitarbeiterzufriedenheit liefert dazu Zahlen. 2014 gaben<br />
15% der Befragten an, sich mit ihrem Job zu identifizieren,<br />
während 70% „Dienst nach Vorschrift“ machen und 15% sich<br />
in die innere Immigration verabschiedet haben. Diese Zahlen<br />
spiegeln brachliegende Potentiale, die mit einem Neuanfang<br />
entfaltet werden könnten. Einer der zentralen Sätze im<br />
Coaching macht aus diesem Konjunktiv einen Imperativ: „Love<br />
it, change it or leave it.“ Frei übersetzt: Werde, was du kannst!<br />
Gewiss, das ist leichter gesagt als getan.<br />
Wer sagen kann: „Ich bin geworden, was ich kann. Ich habe<br />
meinen Traumberuf. Mein Beruf entspricht meiner Berufung“,<br />
der gehört zu den glücklichen 15%, die lieben, was sie tun.<br />
Aber was ist mit den anderen?<br />
Zukunft-Training • 3. Quartal <strong>2015</strong> | 15
»Wer mit seiner Stelle unzufrieden ist, muss erst einmal eine Alternative finden.«<br />
Welchen Preis wir zahlen<br />
Man zahlt für alles einen Preis: Dafür, unbefriedigende Strukturen<br />
zu verlassen ebenso wie dafür, in unbefriedigenden Strukturen<br />
zu verharren. Wer mit seiner Stelle unzufrieden ist, muss<br />
erst einmal eine Alternative finden. Alternativen werden nicht<br />
am Reißbrett geplant, sondern brauchen Zeit, um sich zu entwickeln.<br />
Solche Phasen der Neu- und Umorientierung bieten<br />
die Chance, der inneren Stimme Raum zu geben, um zu erkennen,<br />
was einem wirklich wichtig ist. Dabei kann es helfen, auch<br />
vermeintlich verrückte Ideen zu entwickeln.<br />
»„Die Krise als Chance“ zeigt<br />
sich immer erst rückblickend.<br />
Deshalb kommt es darauf an,<br />
die eigene Unzufriedenheit<br />
nicht nur wahrzunehmen,<br />
sondern auch ernst zu<br />
nehmen.«<br />
Um zu sehen, wie das in der Praxis funktioniert, habe ich mich<br />
auf die Suche nach Menschen gemacht, die den Schritt in die<br />
Selbständigkeit gewagt und mit ungewöhnlichen Ideen ein<br />
Unternehmen aufgebaut haben. Begegnet bin ich Erst- und<br />
Seriengründern, Aus- und Umsteigern, Querdenkern und<br />
Abenteurern des Selbst. Einige von ihnen haben sich vom Babyboomer<br />
zum Midlifeboomer entwickelt und in der Mitte des<br />
Lebens mutig einen radikalen Neuanfang gewagt, indem sie<br />
sich vom Marketingmanager zum Transformationstherapeuten,<br />
vom Dirigenten zum Qigong-Meister, vom Mechaniker<br />
zum Lodge-Betreiber oder auch vom Bankdirektor zum Internetunternehmer<br />
entwickelt haben. Sie haben ausgetretene,<br />
für sie nicht mehr stimmige Pfade verlassen, um neue Wege<br />
zu beschreiten. Diese Neuanfänge habe ich in meinem Buch<br />
„Werde, was du kannst! Wie man ein ungewöhnlicher Unternehmer<br />
wird“ geschildert, um Menschen zu ermutigen, neue<br />
berufliche Perspektiven auch<br />
unabhängig von Berufsabschlüssen<br />
und Zeugnissen<br />
zu entwickeln.<br />
Was rückblickend<br />
nach Erfolgsgeschichten<br />
klingt,<br />
war häufig mit<br />
großen Herausforderungen<br />
oder auch Krisen<br />
verbunden. „Die<br />
Krise als Chance“<br />
zeigt sich immer<br />
erst rückblickend.<br />
Deshalb kommt es<br />
darauf an, die eigene<br />
Unzufriedenheit nicht nur<br />
wahrzunehmen, sondern auch<br />
ernst zu nehmen. Das ist der entscheidende<br />
erste Schritt, um etwas zu verändern.<br />
Das muss nicht gleich heißen, den Schritt in die Selbständigkeit<br />
zu wagen. Aber es bedeutet, ins Handeln zu kommen,<br />
um das, was in jedem von uns an Kreativität und Ideen steckt,<br />
auch umzusetzen – ob mit oder ohne akademische Ausbildung,<br />
als digitaler Eingeborener oder digitaler Immigrant, als<br />
Handwerker oder IT-Experte, als Selbständiger oder Angestellter.<br />
Ob wir unsere Möglichkeiten entfalten, hängt von uns ab:<br />
unserem Mut, unserer Veränderungsbereitschaft und unserer<br />
Umsetzungsenergie.<br />
Ein erster Schritt ist, sich die Frage zu stellen: Wie selbstbestimmt<br />
ist eigentlich mein Leben? Damit verbunden sind viele<br />
andere Begriffe, die umreißen, was mit Selbstbestimmung<br />
gemeint ist: Selbstachtung, Selbstbewusstsein, Selbstfindung,<br />
Selbstentfaltung, Selbstvervollkommnung, Selbstheilung,<br />
Selbständigkeit, Selbstwirksamkeit oder auch Selbstermächtigung.<br />
„Werde, was du kannst“ bedeutet, Verantwortung für<br />
die Entfaltung der eigenen Fähigkeiten zu übernehmen. Denn<br />
jeder entscheidet für sich selbst, was er aus seinem Leben<br />
macht, wie er es nutzt, was ihm wichtig ist, was ihn antreibt<br />
oder auch beflügelt, wofür es sich zu leben lohnt, was dem<br />
16 | Zukunft-Training • 3. Quartal <strong>2015</strong>
eigenen Leben Sinn gibt, was es schön und<br />
lebenswert macht. Ein gutes Coaching stellt<br />
Methoden zur Verfügung, um eingefahrene<br />
Verhaltens- und Gedankenmuster zu verlassen<br />
und neue Perspektiven einzunehmen.<br />
Was zum Neuanfang motiviert<br />
Wer Dienst nach Vorschrift macht, ist oft<br />
unzufrieden. Doch das Gefühl der Unzufriedenheit<br />
reicht nicht immer aus, um etwas<br />
zu verändern. Unzufriedenheit mobilisiert<br />
oft eher Jammer- als Handlungsenergie.<br />
Wer jammert, findet oft Vorwände, warum<br />
er nichts verändern kann und die Umstände<br />
an allem schuld sind. Wer hingegen seine Gedanken<br />
in andere Richtungen lenkt, entdeckt<br />
auch neue Wege. Es sind die starken Energien<br />
wie Leidenschaft oder auch Leidensdruck,<br />
die uns zu Veränderungen motivieren. Innere<br />
Immigration ist keine Alternative. Ob Routinen<br />
oder Stress, Burnout oder Boreout, ausgeprägte<br />
Hierarchien oder Glasdecken: wer<br />
leidet, den fordert der eigene Körper auf,<br />
einen Ausweg zu suchen. Ein Neuanfang ist<br />
möglich, nicht nur mit Mitte zwanzig, sondern<br />
auch in der Mitte des Lebens, sofern die<br />
nötige Energie im Spiel ist.<br />
Was man für den Neuanfang braucht<br />
Um den Weg hin zu einem selbstbestimmten<br />
Leben zu finden, gibt es im Grunde nur<br />
einen Menschen, der Ihnen massiv im Weg<br />
stehen kann: Das sind Sie selbst. Denn Sie<br />
bestimmen über Ihr Denken, Fühlen und<br />
Handeln. Während die Körperpflege zu den<br />
täglichen Ritualen gehört, wird die Pflege<br />
des eigenen Geistes oft vernachlässigt. Doch<br />
das, was sich im eigenen Kopf abspielt, entscheidet<br />
wesentlich über unsere Gefühle<br />
und Handlungen. Kopfkino, Glaubenssätze,<br />
Mindsets, Werte und Überzeugungen können<br />
uns genauso ausbremsen wie beflügeln.<br />
Nehmen Sie Ihre Gedanken ernst und achten<br />
Sie auf sie. Das erfordert Übung und auch<br />
Selbstdisziplin. Fragen Sie sich z. B. nicht<br />
andauernd: Kann ich das schaffen? Sondern<br />
stellen Sie die Frage mit einer kleinen<br />
Dr. Kerstin Gernig<br />
Expertin für Neuanfänge<br />
Dr. Kerstin Gernig arbeitet als Autorin, Coach und<br />
Speaker. Sie ist Expertin für Neuanfänge, nicht nur in<br />
der Theorie, sondern auch im eigenen Leben. Sie hat<br />
als Hochschuldozentin, Geschäftsführerin und Chefredakteurin<br />
gearbeitet, bevor sie sich 2011 als Business-Coach<br />
und Beraterin selbständig gemacht hat.<br />
Die Entfaltung von Potenzialen ist ihre Leidenschaft,<br />
ob bei Führungskräften, Unternehmern oder auch in<br />
Teams. Durch eigene Perspektivenwechsel – von der<br />
Wissenschaft in die Wirtschaft in die Selbständigkeit –<br />
weiß sie, wovon sie spricht, wenn es um die Entfaltung<br />
von Potenzialen geht. 2014 hat sie ihr Buch „Werde,<br />
was du kannst! Wie man ein ungewöhnlicher Unternehmer<br />
wird“ bei Murmann Publishers veröffentlicht,<br />
das vom Verlag für den deutschen Wirtschaftsbuchpreis<br />
nominiert wurde. Im Oktober 2014 wurde sie<br />
vom Bundeswirtschaftsministerium als Vorbildunternehmerin<br />
Deutschlands im Rahmen der Initiative<br />
„FRAUEN unternehmen“ ausgezeichnet.<br />
www.werdewasdukannst.de<br />
www.dr-gernig-coaching.de<br />
Buch-Empfehlung<br />
Werde, was du kannst<br />
Wie man ein ungewöhnlicher<br />
Unternehmer wird<br />
Murmann Publishers 2014<br />
Mehr unter:<br />
www.zukunfttraining.de/<br />
buecher
Wendung radikal um: Wie kann ich das schaffen?<br />
Im Coaching geht es darum, die Bremse im Kopf<br />
zu lösen und die positive Energie in den Fluss zu<br />
bringen. Es geht darum, den eigenen Stärken und<br />
Fähigkeiten zu vertrauen, um sich auf Veränderungen<br />
einlassen und neue Wege einschlagen zu<br />
können. Natürlich gilt dabei: Wer die eigene Komfortzone<br />
verlässt, bewegt sich auf unbekanntem<br />
Terrain und geht damit auch Risiken ein. Doch wer<br />
Risiken grundsätzlich ablehnt, wird auch Chancen<br />
nie ergreifen. Um sich für neue Wege vorzubereiten,<br />
lohnt es sich, ein Profil seiner Stärken zu<br />
erstellen. Das ist der sichere Boden, auf dem Sie<br />
sich – bei aller Verunsicherung, die mit Veränderungen<br />
in komplexen, sich rasch verändernden<br />
Gesellschaften verbunden ist –, weiterentwickeln.<br />
Wer Neuanfänge unterstützt<br />
In Prozessen der Veränderung brauchen Menschen<br />
Vorbilder und Sparringspartner, die sie<br />
beim Erreichen ihrer Ziele unterstützen und einen<br />
Perspektivenwechsel ermöglichen, ob als Führungskraft,<br />
als Team-Mitglied oder als Selbständiger.<br />
» In Prozessen der<br />
Veränderung brauchen<br />
Menschen Vorbilder und<br />
Sparringspartner, die sie<br />
beim Erreichen ihrer Ziele<br />
unterstützen und einen<br />
Perspektivenwechsel<br />
ermöglichen.«<br />
Die Gallup-Umfragen sind aber nicht nur Ausdruck<br />
der Arbeitnehmerzufriedenheit, sondern<br />
auch der gelebten Führungskultur. Deshalb lohnen<br />
sich kreative Reflexionsphasen, nicht nur für<br />
Aus- und Umsteiger, sondern auch für Unternehmer<br />
und ihr Team. An einem Team-Coaching-Tag<br />
erlebt sich jeder Einzelne im Spiegel des Teams,<br />
reflektiert seine Stärken und Entfaltungsspielräume,<br />
die Kommunikationskultur und Spielregeln,<br />
den Umgang mit Fehlern und die gegenseitige<br />
Wertschätzung, Erwartungshaltungen und Kooperationen:<br />
spielerisch, diskursiv, anregend –<br />
mit Impulsen für Perspektivenwechsel oder auch<br />
einen Neuanfang. Der kreative Imperativ bei der<br />
Gestaltung von Arbeit und Leben lautet: Werde,<br />
was du kannst!<br />
***<br />
Dr. Kerstin Gernig<br />
18 | Zukunft-Training • 3. Quartal <strong>2015</strong>
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Zukunft-Training • 3. Quartal <strong>2015</strong> | 19
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20 | Zukunft-Training • 3. Quartal <strong>2015</strong>
Zukunft-Training • 3. Quartal <strong>2015</strong> | 21
22 | Zukunft-Training • 3. Quartal <strong>2015</strong>
GLOBAL<br />
LEADERSHIP<br />
MIT HERZ UND VERSTAND<br />
DURCH PERSÖNLICHE STRAHLKRAFT<br />
(FREMDE) WELTEN BEWEGEN<br />
Auf globalen Märkten so sicher zu agieren wie im gewohnten Umfeld, beherrscht nicht<br />
jeder. Doch die Fähigkeiten, die man braucht, um weltweit erfolgreich Projekte umzusetzen,<br />
kann jeder erlernen. Auf die innere Stimme zu hören und aus dem Herzen zu sprechen,<br />
sind die Schlüsselfaktoren für globalen Erfolg. Doch diese scheinbar einfachsten Dinge<br />
zu kultivieren, ist im Alltag nicht so leicht umzusetzen. Wie der Weg zurück zur eigenen<br />
Intuition aussehen kann, verrät der Experte für Global Leadership Andreas Dudas.<br />
von Andreas Dudas<br />
Bangkok 2010. Ich sitze alleine und niedergeschlagen<br />
in einem riesigen Sitzungsraum. Drei Tage<br />
lang habe ich versucht, einen Joint Venture vor<br />
dem Untergang zu bewahren. Ich bin gescheitert.<br />
Kurz zuvor war ich noch guter Dinge und hatte<br />
trotz der aussichtslos scheinenden Situation an den Erfolg geglaubt.<br />
Meine Aufgabe: Als Vermittler einen der größten Bauunternehmer<br />
aus Malaysia und ein Energieunternehmen aus<br />
Thailand wieder zusammenzuschmieden. Beide hatten sich<br />
zu dem Joint Venture zusammengeschlossen, um ein großes<br />
Wasserkraftwerk in Laos zu bauen. Egoistische Ziele, Mangel<br />
an Zusammenarbeit, Stillschweigen über wichtige Tatsachen<br />
und religiöse Differenzen hatten jedoch in einem riesigen<br />
Streit geendet. Es ging um hohen Gesichtsverlust und viel<br />
Geld.<br />
Alles wie immer, aber...<br />
Ich zwang mich zur Selbstreflexion. Dies war nicht meine erste<br />
Herausforderung in einem interkulturellen Kontext. Ich<br />
wusste: Im Prinzip ist immer alles möglich und nichts verloren.<br />
Was hatte ich als Gesamtprojektleiter und Mediator falsch<br />
Zukunft-Training • 3. Quartal <strong>2015</strong> | 23
»Im Prinzip ist immer alles möglich und nichts verloren.«<br />
gemacht? Wie hätte ich anders vorgehen können? Vor rund 10<br />
Jahren konnte ich einen meiner großen Träume realisieren: in<br />
exotischen Ländern zu arbeiten. Meine abenteuerliche Reise<br />
führte mich als erstes nach Indien, wo ich es schaffte, ein Unternehmen<br />
nahe dem Abgrund wieder zum Marktführer zu<br />
machen. Auch in Vietnam, Myanmar, im Iran, Laos, Pakistan<br />
und in vielen anderen Länder holte ich Projekte unter abenteuerlichen<br />
Umständen aus Krisen und bereinigte scheinbar<br />
unlösbare Konflikte. Bei all diesen Herausforderungen stürzte<br />
ich mich immer wieder in neue Situationen. Völlig unvorbereitet,<br />
ohne Kenntnisse von Land und Leuten, ohne Crash-Kurs in<br />
interkultureller Kommunikation. Und in jenem Sitzungsraum<br />
in Bangkok wird mir klar: Wie schon so oft in der Vergangenheit<br />
hätte mich auch dieses Mal kein Training und kein Coaching<br />
dieser Welt auf das vorbereiten können, was ich antraf. Es war<br />
also alles wie immer. Trotzdem, es hatte dieses Mal nicht funktioniert.<br />
Warum?<br />
Angst im Kopf lähmt – Herz führt zum Erfolg<br />
Erst viele gedanklich intensive Stunden später erkenne ich den<br />
Grund meines Scheiterns: Ich hatte den wichtigsten Grundsatz<br />
bei solchen Projekten vernachlässigt. Den, der mir in der<br />
Vergangenheit stets geholfen hatte, Milliardenprojekte und<br />
Unternehmen in exotischen Märkten zur Nummer eins zu machen.<br />
Ich hatte nicht mehr auf mein Herz gehört! Hatte mich<br />
energetisch in den Sog von Manipulation und Fremdbestimmung<br />
der beiden Parteien ziehen lassen. Aus reiner Angst.<br />
Angst, zu versagen. Angst, den Ansprüchen nicht gerecht zu<br />
werden. Und vor allem Angst, Menschen in einer mir unbekannten<br />
Kultur mit harten Konsequenzen zu konfrontieren.<br />
Diese Angst unterbrach meinen positiven Energiefluss und<br />
meine innere Strahlkraft erlosch. Diese Angst lähmte mich<br />
und meine Intuition und brachte so das gesamte Projekt zum<br />
Erliegen.<br />
Wertschätzung, Vertrauen, Begeisterung - trotz fremder<br />
Umgebung<br />
Was für eine Einsicht. Was für eine Lektion. Gerade diese Situation<br />
brachte mir wieder das Bewusstsein, dass der gemeinsame<br />
globale Nenner für den Erfolg in fremden Kulturen drei<br />
wesentliche Dinge umfasst:<br />
1. Das verlorene Vertrauen in andere sowie in sich selbst<br />
wieder herzustellen<br />
2. Wertschätzung für Andersartigkeit zu entwickeln<br />
3. Menschen trotz größter Hindernisse und Widerstände<br />
für eine Sache zu begeistern<br />
Das klingt einfacher, als es ist. Aber alles, was wir dazu brauchen,<br />
ist eine erhöhte Wahrnehmung. Sich in ständiger Selbstreflexion<br />
zu üben und ein Höchstmaß an Glaubwürdigkeit<br />
auszustrahlen, fällt uns in fremden Kulturen um ein Vielfaches<br />
schwerer als zu Hause. Was wir als Führungskraft zu Hause<br />
schon nicht gut können, gelingt uns in der Ferne erst recht<br />
nicht.<br />
»Oft tun wir in vorauseilendem<br />
Gehorsam das, was andere<br />
von uns erwarten, nur um Lob<br />
zu erhalten.«<br />
Unsere Einzigartigkeit und Echtheit leben<br />
Seien wir uns bewusst: Wir können nur das geben, was wir<br />
bereits besitzen. Doch viele suchen immer im Außen nach<br />
Lösungen, geben stets anderen die Schuld. Top-Manager,<br />
die global agieren und argumentieren: „Mit denen da in Indien<br />
kannst du nicht arbeiten“ oder „Nur wir aus dem Westen<br />
bringen den Schwellenländern die Entwicklung“ müssen sich<br />
nicht wundern, wenn sie kläglich versagen. Menschen, die so<br />
denken und kommunizieren, zeigen nur, dass sie sich selbst<br />
nicht wertschätzen. Und wer sich selbst nicht schätzt, kann<br />
dies auch nicht nach außen tragen als Katalysator, um in einer<br />
globalisierten Welt erfolgreich mit der Andersartigkeit umzugehen.<br />
Doch wie eignen wir uns diese Wertschätzung an? Sie<br />
ist nichts anderes als der Ausdruck für den Mut, unsere Echtheit<br />
zu leben. Der größte Engpass dabei sind unsere Ängste,<br />
nicht anerkannt zu werden. Oft tun wir in vorauseilendem<br />
Gehorsam das, was andere von uns erwarten, nur um Lob zu<br />
erhalten. Das ist der definitiv falsche Weg. Was funktioniert, ist<br />
folgendes Erfolgsprinzip: Der globale Nenner „Wertschätzung<br />
für die Andersartigkeit durch den Mut, seine Echtheit aus dem<br />
Herzen zu leben.“<br />
24 | Zukunft-Training • 3. Quartal <strong>2015</strong>
Nur wer von innen strahlt, bringt andere<br />
zum Leuchten.<br />
Wer selber strahlt, kann dieses Strahlen in<br />
anderen ebenfalls auslösen und damit Welten<br />
bewegen. Authentische Menschen mit<br />
Strahlkraft erzielen in 4 wesentlichen Bereichen<br />
mit der Integrität des Herzens große<br />
Wirkung:<br />
• Sie haben die Sinnfrage ihres Seins geklärt,<br />
kennen ihre Werte und suchen<br />
sich die Umgebung, in welcher sie diese<br />
leben können.<br />
• Sie kennen ihre Stärken und Schwächen<br />
und haben den Mut, ihre Persönlichkeit<br />
zu leben.<br />
• Sie haben die Courage, offen ihre Meinung<br />
zu sagen und Feedback zu geben,<br />
bei gleichzeitiger Wertschätzung der<br />
Verschiedenartigkeit.<br />
• Sie formen keine opportunistischen<br />
Seilschaften, sondern nachhaltige Beziehungen<br />
mit Menschen.<br />
Folgt man einer einfachen Formel, so ergibt<br />
sich: Was man im Herzen fühlt, muss mit<br />
dem, was man sagt und tut, übereinstimmen.<br />
Es ergibt sich folgende Gleichung:<br />
Was das Herz sagt<br />
(4 Bereiche)<br />
X<br />
Commitment<br />
=<br />
Mut x Aktion<br />
(Worte und Taten)«<br />
Andreas Dudas<br />
Experte für Global Leadership und Transformation<br />
Andreas Dudas ist Top-100-Speaker, führender Experte<br />
für Global Leadership und Transformation, Unternehmer,<br />
Autor und Dozent an führenden Schweizer<br />
Hochschulen. Er verfügt über 25 Jahre internationale<br />
Erfahrung in leitenden Positionen in mehr als 30<br />
Ländern auf 4 Kontinenten. Er verantwortete den<br />
erfolgreichen Turnaround von Großprojekten in Milliardenhöhe<br />
und die Entwicklung von Unternehmen in<br />
komplexen Wachstumsmärkten wie Indien, inklusive<br />
Beilegung von hartnäckigen, schweren Konflikten.<br />
Ein Schwerpunkt seiner Arbeit ist die Transformation<br />
von Unternehmen und Managern in der Krise zu<br />
Organisationen und Leadern mit globalem Impact.<br />
2010 gründet er verschiedene Unternehmen und<br />
Stiftungen, um seiner Lebensaufgabe, der Schaffung<br />
von mehr Bewusstheit und dadurch Transformation<br />
bei den Menschen und Unternehmen, voll und ganz<br />
nachzukommen. Getreu dem Grundsatz „Nur wer von<br />
innen strahlt, bringt andere zum Leuchten“ fördert er<br />
die Bewusstheit für wichtige globale Erfolgsprinzipien<br />
und setzt bei Menschen und Unternehmen die entscheidenden<br />
Impulse, um schwierigste Situationen in<br />
nachhaltigen Erfolg und Profitabilität zu transformieren<br />
sowie Nachhaltigkeit und Frieden zu fördern.<br />
In seinen mitreißenden Keynotes, Referaten und<br />
Workshops kombiniert Andreas Dudas seine breite<br />
internationale Führungserfahrung mit den neusten<br />
Erkenntnissen aus Mentaltraining (Dipl. Mentaltrainer<br />
& Mediator), Quantenheilung (Matrix Inform Trainer)<br />
sowie experimentellem Lernen.<br />
www.andreasdudas.com
»Meine<br />
persönliche<br />
Definition<br />
von Global<br />
Leadership:<br />
»Menschen,<br />
die ungeachtet<br />
mentaler und<br />
geografischer<br />
Grenzen andere<br />
mitreißen und<br />
eindrückliche<br />
Spuren<br />
hinterlassen, wo<br />
immer sie sich<br />
bewegen.«<br />
Stellen sie sich als globaler Leader nun folgende<br />
Fragen:<br />
1. Folge ich in den 4 obigen Bereichen<br />
meinem Herzen?<br />
2. Wenn Nein, warum nicht ? Liegt es an<br />
falschen Glaubenssätzen oder Ängsten?<br />
Oder muss ich anders handeln<br />
und kommunizieren, um der Integrität<br />
zu folgen?<br />
3. Möchte ich wirklich etwas ändern?<br />
Wenn Ja: An welcher Stelle der Formel<br />
muss ich arbeiten?<br />
4. Muss ich falsche Glaubenssätze aufgeben,<br />
mehr Mut entwickeln (Ängste<br />
abbauen) oder mir zuerst über meine<br />
wahren Werte oder Berufung bewusst<br />
werden?<br />
Ultimativer Erfolg durch Strahlkraft<br />
Menschen, die echt sind und dadurch echt<br />
agieren, entfalten eine immense persönliche<br />
Strahlkraft. Sie begeistern, sie reißen<br />
mit und werden von anderen trotz ihrer<br />
Ecken und Kanten als glaubwürdig und<br />
berechenbar wahrgenommen. Sie bewegen<br />
sich nicht nur erfolgreich auf dem<br />
internationalen Parkett, sondern machen<br />
global einen echten Impact, denn sie tragen<br />
den Geist der Wertschätzung in die<br />
Welt hinaus und bauen zukunftsfähige<br />
und erfolgreiche Geschäftsmodelle für<br />
ihre Unternehmen. Denn nur wer im Einklang<br />
mit Natur und Mensch arbeitet, wird<br />
im 21. Jahrhundert den nachhaltigen globalen<br />
Erfolg ernten und Mehrwert für alle<br />
schaffen. Das ist meine persönliche Definition<br />
von Global Leadership: „Menschen,<br />
die ungeachtet mentaler und geografischer<br />
Grenzen andere mitreißen und eindrückliche<br />
Spuren hinterlassen, wo immer<br />
sie sich bewegen.“<br />
Wie ging es weiter?<br />
Zurück nach Bangkok: Ich widerstehe<br />
dem Impuls, abzureisen und das<br />
Projekt als definitiv gescheitert zu deklarieren.<br />
Ich besinne mich auf die erwähnte<br />
Formel und beginne wieder, aus<br />
dem Herzen zu agieren. Mein inneres<br />
Commitment steigt dadurch sofort. Ich<br />
lade alle Beteiligten noch einmal an einen<br />
Tisch. Mein Eröffnungsplädoyer ist nicht<br />
mehr von Angst, sondern von Zuversicht<br />
und Vertrauen geprägt. Ich spreche direkt<br />
aus meinem Inneren, lege meine tiefe<br />
Überzeugung dar, wie positiv und wichtig<br />
das Wasserkraftwerk für die Menschen in<br />
Laos ist. Wie es deren Alltag verbessern<br />
kann. Dann legen wir die Spielregeln fest.<br />
1. Jeder darf und soll über seine<br />
Gefühle sprechen.<br />
2. Keine gegenseitigen Vorwürfe.<br />
Wer es dennoch nicht sein lassen kann, bezahlt<br />
5 Dollar in einen gemeinsamen Topf.<br />
3. Eine gemeinsame Vision<br />
entwickeln.<br />
Alle unterschreiben das Flipchart mit den<br />
Spielregeln.<br />
Nach den üblichen Anfangsscharmützeln<br />
finden wir endlich zur gemeinsamen Vision:<br />
Nicht der Bau eines gigantischen Projekts,<br />
sondern die Produktion von Energie<br />
für einige der ärmsten Menschen der Welt<br />
steht im Fokus. Die Beschreibung dieser<br />
Vision dreht die Schwingung der Verhandlung,<br />
wir diskutieren konstruktiv und ziehen<br />
wieder an einem Strang. Wir haben<br />
plötzlich ein gemeinsames, übergeordnetes<br />
Ziel. Nach 12 Stunden dann strahlende<br />
Gesichter. Ein Neustart ist gelungen; die<br />
beiden Unternehmen einigen sich nun<br />
rasch über die weitere Vorgangsweise. Der<br />
Bau kann beginnen. Wieder einmal ist mir<br />
klar geworden: Wer als globaler Leader<br />
Welten bewegen will, hat nur eine Option:<br />
Den Mut, die eigene Strahlkraft zu entfalten,<br />
um andere zum Leuchten zu bringen.<br />
***<br />
Andreas Dudas<br />
26 | Zukunft-Training • 3. Quartal <strong>2015</strong>
AUSBILDUNG ZUM<br />
TAM-LERNARCHITEKTEN<br />
WWW.TRAINER-AKADEMIE.DE<br />
Zukunft-Training • 3. Quartal <strong>2015</strong> | 27
28 | Zukunft-Training • 3. Quartal <strong>2015</strong>
DAS VERGESSENE<br />
WUNDER<br />
NIEMAND KOMMT AUS DER NATUR<br />
WIE ER IN SIE GEGANGEN IST<br />
IM GESPRÄCH MIT JÖRG ROMSTÖTTER<br />
Jörg Romstötter erschließt die großen Potenziale der reichsten Erfolgs-Ressource<br />
der Welt – der Natur. Er weiß, dass manche Menschen noch nie wirklich in der<br />
Natur waren, verrät, warum wir alleine in die Natur gehen sollten und erklärt, wie<br />
ein „Denktag“ in der Natur am besten funktioniert. Und schlussendlich verrät der<br />
Vortragsredner und Autor im Interview, warum Natur sogar Geld drucken kann.<br />
Herr Romstötter, Ihr aktuelles Buch<br />
trägt den Titel „Das vergessene<br />
Wunder“. Wieso ein Wunder, und<br />
was genau haben wir alle vergessen?<br />
Wir haben eine sehr tiefe, schon immer ins uns liegende<br />
Wahrheit vergessen: Die Kraft und Kreativität<br />
der Natur. Die Natur hat umfassende Wirkungen auf<br />
uns, die wir sonst nirgends so einfach und tiefgreifend<br />
erfahren. Es gibt keine Umgebung, die so sehr den Prozess<br />
der Selbstreflexion anregt und unterstützt wie die<br />
Natur. Dort draußen fühlen wir uns sofort instinktiv pudelwohl<br />
und eigentümlich „zu Hause“. Wir entspannen uns äußerst schnell und<br />
gründlich und haben erstaunlich klare Gedanken. Unterwegs in Wald und<br />
Flur bringen wir nicht nur unseren Kreislauf, unsere Muskeln und unser Immunsystem<br />
artgerecht in Schwung, sondern vor allem unsere Kreativität. Wo<br />
gibt es das denn sonst in dieser Form und Intensität und noch dazu gratis<br />
und unbegrenzt? Vergessen haben wir auch, die Natur gezielt für unseren<br />
erfolgreichen Lebensweg zu nutzen. Sie ist heute bloß zur Heile-Welt-Fluchtburg<br />
und Erlebnis-Kulisse verkommen. Wir gehen zwar in die Natur, kommen<br />
aber nur kurzfristig entspannt zurück. Deshalb ändert sich dadurch nichts an<br />
unserem Alltag und wir lechzen nach der nächsten Auszeit im Grünen.<br />
Was sollten wir denn anders machen, damit wir aus der Natur mit nachhaltigen<br />
positiven Auswirkungen in unseren Alltag zurückkehren?<br />
Zukunft-Training • 3. Quartal <strong>2015</strong> | 29
Wir sollten anstatt ewig rastlos im ständigen Tun voranzuhasten,<br />
ausnahmsweise einmal das Gegenteil machen.<br />
Langsamer und bewusster werden. Körperlich<br />
wie auch in Gedanken. Sport treiben, Umherwandern<br />
oder andere Beschäftigungen aktiv wahrnehmen, um<br />
runterzukommen, anzukommen und unsere Gedanken<br />
und Gefühle in unterschiedlichen Bewegungsintensitäten<br />
zu erleben. Das ist der beste Weg um unsere<br />
bestehenden Meinungen und Einstellungen zu<br />
unseren aktuellen Themen aktiv zu „testen“. Und dann<br />
das daraus Wertvollste aus uns herauszukitzeln, indem<br />
wir einfach in der Natur verweilen und uns selbst ein<br />
wenig zuhören. Das geht in bester Güte ausschließlich<br />
allein.<br />
»...eine natürliche Umgebung hilft<br />
uns, Wichtiges zu erkennen und<br />
dauerhaft sinnvolle Schritte zu<br />
setzen, die obendrein sogar noch<br />
lukrativer sind.«<br />
Sie sagen „Wer noch nie allein in der Natur war, der war<br />
auch noch nicht wirklich in der Natur.“ Wie ist das zu verstehen<br />
und warum ist gerade das Alleinsein in der Natur<br />
ein wichtiger Schlüsselfaktor für uns Menschen?<br />
Gewisse Fragen stellen wir uns nur im Alleinsein. Wie<br />
wir auch die Antworten nur im Alleinsein finden können.<br />
Nur wenn wir allein da draußen sind, können<br />
wir überhaupt wahrnehmen, wie intensiv die Natur<br />
auf uns wirkt. Wie sie unsere Gedanken und Gefühle<br />
verändert, wie sie unseren Ideenreichtum und unsere<br />
Entscheidungsprozesse fördert. Es ist zwar unbestritten<br />
wunderschön, mit Freunden, der Familie oder dem<br />
Hund draußen zu sein. Die gesamte gigantische Wirkung<br />
der Natur können wir so nur leider nicht erleben.<br />
Nur allein wird uns klar, wohin wir wirklich wollen. Das<br />
macht uns, zurück im Alltag, ungeheuer selbstsicher.<br />
Heute wissen wir aus Studien: eine natürliche Umgebung<br />
hilft uns, Wichtiges zu erkennen und dauerhaft<br />
sinnvolle Schritte zu setzen, die obendrein sogar noch<br />
lukrativer sind. Unsere herkömmliche, oft städtische<br />
Alltagswelt hingegen fördert unser Konkurrenzverhalten,<br />
das uns zu kurzfristigen Schaden-Vermeidungs-<br />
Strategien und Dominanzverhalten und damit zu<br />
weniger lukrativen Entscheidungen verleitet. Natürliche<br />
Umgebungen schulen zudem besonders intensiv<br />
unsere emotionale Intelligenz - DIE Voraussetzung um<br />
Menschen optimal zu führen.<br />
Wie oft gehen Sie selber alleine in die Natur?<br />
Jede Woche mindestens einmal für ein paar Stunden.<br />
Und auch immer wieder für mehrere Tage am Stück.<br />
Auf jeden Fall ganz intensiv vor, während und nach<br />
30 | Zukunft-Training • 3. Quartal <strong>2015</strong>
»Wie sich unser Leben<br />
tatsächlich gestaltet, erfahren<br />
wir erst, wenn wir tun, was in<br />
uns nach außen drängt. Die<br />
Natur entlockt uns das auf ganz<br />
besonders eindrückliche Weise<br />
- nur aushalten müssen wir das<br />
wollen.«<br />
größeren Entscheidungsprozessen in meinem Leben.<br />
Dazu unternehme ich jedes Jahr meist zwei größere<br />
Naturreisen. Ohne diese Zeiten mit mir alleine in der<br />
Natur könnte ich meinen Job als Vortragsredner und<br />
Coach nicht so intensiv ausüben, wie mir dies wichtig<br />
ist.<br />
Wie können Unternehmen konkret von der Ressource Natur<br />
profitieren? Damit, dass die Mitarbeiter am Wochenende<br />
und in der Freizeit in die Natur gehen, ist es ja nicht<br />
getan.<br />
Wenn nur alle regelmäßig in die Natur gingen, wäre<br />
allein damit schon sehr viel gewonnen. Dem können<br />
Führungskräfte, die die Power der Natur verstanden<br />
und für sich assimiliert haben, leicht abhelfen, indem<br />
sie ihre Mitarbeiter sensibilisieren, wo und wie diese in<br />
ihrem Alltag überall Natur finden. Ihnen nahebringen,<br />
wie sie die Zeit dort am besten für sich nutzen. Natur<br />
finden wir meist viel häufiger und auch näher, als vielen<br />
bewusst ist. Ein Gang durchs Grüne vor und nach<br />
der Arbeit und genauso in der Pause wird Denkblockaden,<br />
Bewegungsmangel und Kleinerkrankungen<br />
zuverlässig ausschalten.<br />
In meinen Trainings und Coachings lege ich Unternehmen<br />
auch nahe, noch weiter zu denken. Da gibt<br />
es die Möglichkeit, Zeit zur Erholung in der Natur und<br />
gezielte Denktage in der Natur zu kombinieren und<br />
anzubieten. Das Unternehmen gibt so seinen Mitarbeitern<br />
nicht nur qualitativ sehr hochwertige Zeit für sich<br />
selbst zurück, sondern profitiert von neuen, durch die<br />
Kreativitätsressource Natur entstehenden Denkansätzen.<br />
»Wenn nur alle regelmäßig in die<br />
Natur gingen, wäre allein damit<br />
schon sehr viel gewonnen.«<br />
Ein solcher „Denktag“ in der Natur sieht idealerweise wie<br />
aus?<br />
Das ist sehr vielfältig. Denn die Natur in ihren unterschiedlichen<br />
Landschaftsformen zu nutzen, fließt da<br />
ebenso ein, wie verschiedene Bewegungsintensitäten,<br />
Fragestellungen und die Verweildauer. Für jede<br />
Situation und jede Herausforderung lässt sich eine<br />
ideal unterstützende Vorgehensweise kreieren. Zum<br />
Beispiel: Zunächst grenzen wir die Aufgabe oder Fragestellung<br />
ein. Wie etwa Klarheit gewinnen für einen<br />
strategischen Prozess. Dementsprechend wählen<br />
wir die Naturlandschaft, welche die dazu erwünschten<br />
Blickwinkel und Haltungen am besten fördert.<br />
Über das bewusste Ausleben von verschiedenen Bewegungsintensitäten<br />
und dem Beobachten unserer<br />
Zukunft-Training • 3. Quartal <strong>2015</strong> | 31
»Wer wirklich die passenden Menschen einstellt und diese auf<br />
Augenhöhe behandelt, der erlebt kaum Enttäuschungen.«<br />
Gedanken und Gefühle dabei, durchschreiten wir die notwendige<br />
Schleuse zur echten Naturbegegnung. Diese ist immer<br />
eine tiefe, klärende Begegnung mit uns selbst. An einem Platz,<br />
an dem wir völlig ungestört sind und an dem wir einen freien<br />
Ausblick haben, konfrontieren wir uns erneut mit unserer<br />
Frage. Spätestens hier stellen wir die ersten, meist sehr überraschenden<br />
Neuimpulse fest. Auf dem Rückweg, der identisch<br />
oder bewusst anders gewählt sein kann, kommen wir langsam<br />
wieder in unserer Alltagswelt an. Auch das ist wieder eine<br />
Schleuse, die erst so manche Idee zu Tage fördert.<br />
Sie sagen „Natur druckt Geld“ – Wie geht das? Was müssen wir vor<br />
allem tun, um dieses Geld „abzuholen“?<br />
Das schaffen wir auf dreierlei Weise: Zunächst das aktive<br />
Nutzen der Reflexionszone Natur für hochwertige Entscheidungen.<br />
Dann das Integrieren von möglichst viel Natur und<br />
Grün in unseren Lebens- und Arbeitsalltag für eine tiefere und<br />
schnellere Erholung. Und damit generell höhere Schaffenskraft,<br />
mehr Gesundheit und indirekt sogar höhere Bindung<br />
an den Arbeitgeber, durch die gelebte Work-Life-Balance.<br />
Und außerdem als sehr wichtigen zusätzlichen Punkt die<br />
Gestaltung der Arbeitsumgebung mit natürlichen Attributen<br />
wie Pflanzen, Tieren, den vier Elementen und Naturbildern.<br />
Denn diese suggerieren bei Besuchern automatisch eine höhere<br />
Qualität der Produkte und Dienstleistungen und eine<br />
höhere Kompetenz der Mitarbeiter. Wir halten uns in solchen<br />
Geschäftsräumen länger auf und akzeptieren sogar höhere<br />
Preise. Dies ist ein ganz unbewusster Vorgang, der sich in barer<br />
Münze auszahlt!<br />
„Unternehmen sind die neuen Stämme“ ist eine Ihrer Kernaussagen.<br />
Warum ist das so?<br />
Es ist völlig gleichgültig, wo wir arbeiten: Wir bedienen überall<br />
dieselben Kunden, wir tun das Gleiche, wir verdienen überall<br />
gleich, wir werden überall nach ähnlichen Standards behandelt.<br />
Wenn aber alles gleich ist, dann gibt es nur einen einzigen<br />
stichhaltigen Grund, in einem bestimmten Unternehmen zu<br />
arbeiten. Weil es für uns emotional attraktiver ist als alle anderen!<br />
Das ist eine gewaltige Chance für Unternehmen. Wir haben<br />
heute keine kollektive emotionale Heimat mehr. Wir leben<br />
in Kleinstfamilien und vereinsamen trotz Social Media immer<br />
mehr. Wir lassen da heute eine immense emotionale Power<br />
BUCH-EMPFEHLUNG<br />
Goldegg Verlag<br />
248 Seiten<br />
Erstauflage, € 19,95<br />
ISBN: 978-3902991614<br />
Das vergessene Wunder<br />
Wie wir aus der Natur Kraft, Erfolg und Inspiration schöpfen<br />
Jörg Romstötter<br />
In der Natur liegt alles, was wir brauchen! Oft fühlen wir uns schlapp, ausgelaugt<br />
und energielos – der stressige Alltag raubt uns alle Kraft. Viele Menschen leiden<br />
sogar unter psychischen Erkrankungen. Wir suchen verzweifelt nach Ablenkung,<br />
Erholung und Entspannung, aber häufig an den falschen Orten. Dabei ist es so<br />
einfach: Alles, was wir brauchen, liegt direkt vor uns: die Natur. Doch wir haben<br />
unsere natürliche Verbundenheit und unser Urvertrauen in diese mächtige<br />
Kraftquelle schon fast vergessen. Es ist Zeit, sie ganz neu zu entdecken.<br />
Bestellen unter:<br />
www.zukunfttraining.de/buecher<br />
32 | Zukunft-Training • 3. Quartal <strong>2015</strong>
ach liegen, die aktuell in Suchterkrankungen<br />
aller Art ihre Ersatzbefriedigung findet.<br />
Das ist (volks-)wirtschaftlich und ethisch<br />
unsinnig, unbezahlbar und demnächst ruinös.<br />
Die Unternehmen, die sich dieser Stammesverantwortung<br />
bewusst werden und<br />
sie anwenden, werden von den Resultaten<br />
begeistert sein. Denn wir wollen ja dazu gehören.<br />
Wir wollen uns einsetzen, wir wollen<br />
gebraucht werden. Das ist ein Urbedürfnis<br />
von uns Menschen.<br />
Ist es nicht auch gefährlich, wenn Mitarbeiter<br />
ihr Unternehmen als Stamm betrachten? Was<br />
passiert, wenn dieses Unternehmen z. B. Mitarbeiter<br />
abbauen muss? Von einem Unternehmen<br />
gekündigt zu werden, ist für viele noch rational<br />
nachvollziehbar. Aus seinem Stamm, zu<br />
dem man gehört, ausgeschlossen zu werden,<br />
hat mit Sicherheit eine viel tiefere emotionale<br />
Wirkung, die so manchen aus der Balance bringen<br />
kann.<br />
Genau da liegt das Problem. Wir sagen „Kündigung“<br />
und „müssen“. Das ist eine einseitige<br />
Willenserklärung: „Geh, ich brauche Dich<br />
nicht mehr.“ Es geht auch schlauer. Eine<br />
Trennung ist ein ganz anderes Kaliber. Da<br />
schaut man sich in die Augen und vereinbart,<br />
wie man sich trennt. Das ist aus emotionaler<br />
Sicht zwar immer noch schwer, aber<br />
möglich. Und definitiv billiger. In Zukunft<br />
werden es sich alle zweimal gut überlegen,<br />
wie sie auseinander gehen. Das gilt für Unternehmen<br />
wie Mitarbeiter. Außerdem finden<br />
sich in Gesprächen in einer schwierigen<br />
Unternehmenslage immer auch individuelle<br />
Lösungen, die eine Trennung gar nicht nötig<br />
machen. Ich denke, viele Unternehmen sind<br />
einfach nicht ehrlich, wollen nur rasch Ballast<br />
abwerfen und kündigen zackig. Wenn es in<br />
einem Trennungsprozess hart auf hart geht,<br />
dann ist vorher schon viel falsch gelaufen.<br />
Wer wirklich die passenden Menschen einstellt<br />
und diese auf Augenhöhe behandelt,<br />
der erlebt kaum Enttäuschungen.<br />
Jörg Romstötter<br />
Business-Coach<br />
Jörg Romstötter ist Diplomingenieur, Betriebsökonom<br />
und zertifizierter Business-Coach und lebt mit<br />
seiner Familie im Berchtesgadener Land. Berge und<br />
Business sind seit über zwei Jahrzehnten seine beiden<br />
großen Leidenschaften. Er ist auf dem Business-Parkett<br />
ebenso trittsicher wie in der Wildnis.<br />
Als Speaker, Trainer und Coach erschließt er für jedes<br />
Business die reichste ErfolgsRessource der Welt - die<br />
Natur. Er inspiriert und nimmt seine Kunden mit auf<br />
eine uralte und gleichzeitig sehr zeitgemäße Reise.<br />
Die Natur erschloss er sich selber in über 2.000 Tagen<br />
draußen. Unter anderem auf über 50 Reisen in<br />
den großen Naturräumen der Erde: Gebirge, Wüsten<br />
und Tundren. Zu Fuß, mit Skiern, dem Fahrrad oder<br />
dem Boot. Er gründete federführend für eine große<br />
Agrarorganisation ein Unternehmen und führte es als<br />
Vertriebsleiter und Geschäftsführer zum Erfolg. Heute<br />
gibt er sein Wissen und seinen Erfahrungsschatz<br />
zum Thema ErfolgsRessource Natur in mitreißenden<br />
Keynotes, praxisnahen Trainings und individuellen<br />
Coachings weiter.<br />
www.joerg-romstoetter.com<br />
***<br />
Vielen Dank für das Gespräch, Herr Romstötter!
<strong>34</strong> | Zukunft-Training • 3. Quartal <strong>2015</strong>
ERFOLGSFAKTOR<br />
STIMME<br />
3 EXPERIMENTE, DIE ZEIGEN, WIE SIE MEHR AUS<br />
IHRER STIMME HERAUSHOLEN<br />
Die eigene Stimme sehen die meisten als etwas Angeborenes und Unveränderliches an.<br />
Tatsächlich aber lässt sich die Stimmlage und damit die Wirkung auf andere erheblich<br />
beeinflussen – zu Ihrem persönlichen und beruflichen Vorteil. Warum es etwas Zeit und<br />
Aufmerksamkeit erfordert, aber sich in doppeltem Sinne auszahlt, eine angenehme und<br />
ausdrucksstarke Stimme aufzubauen, verrät Stimmenexperte Frederik Beyer.<br />
von Frederik Beyer<br />
Facebook, XING und Twitter sind nichts – verglichen<br />
mit ihr. Sie ist das älteste soziale Medium. Sie ist unser<br />
ureigenes, angeborenes Kommunikationsinstrument.<br />
Sie ist so einzigartig wie unser Fingerabdruck.<br />
Sie spiegelt unsere Persönlichkeit. Mit ihr können<br />
wir Kriege anzetteln oder einem Menschen unsere Liebe gestehen.<br />
Ob privat oder beruflich – wir nutzen sie täglich tausendfach:<br />
unsere Stimme.<br />
Doch noch immer wird diese wertvolle Ressource, die Stimme,<br />
oft vernachlässigt. Noch lange nicht bekommt sie die<br />
Aufmerksamkeit, die ihr gebührt. Sicher, Stimme gehört zu<br />
den Soft Skills. Doch was so „soft“ daherkommt, ist in Wahrheit<br />
ein entscheidender Erfolgsfaktor – belegt durch harte Fakten.<br />
Warum ist die Stimme ein Erfolgsfaktor?<br />
1. Wir leben in einer Ära des Wissens. Das Weltwissen verdoppelt<br />
sich innerhalb von drei Jahren. Bald schon binnen<br />
zwei Jahren. Es wird künftig also immer wichtiger,<br />
sich Wissen anzueignen, zu teilen und zu vermitteln. Sicherlich<br />
geschieht das auch schriftlich, indem wir Bücher,<br />
Zukunft-Training • 3. Quartal <strong>2015</strong> | 35
» Unsere Stimme ist keine Eigenschaft, sondern eine Fähigkeit.«<br />
Blogs und Fachzeitschriften lesen. Vor allem aber kommunizieren<br />
wir Wissen mündlich – in Vorträgen, Seminaren,<br />
Trainings, Coachings, Schulungen, Video-Tutorials,<br />
Online-Kursen und persönlichen Gesprächen. Das Hauptinstrument<br />
dabei? Unsere Stimme!<br />
2. Jeder dritte Beruf gilt mittlerweile als besonders sprechintensiv.<br />
Sei es im Meeting, auf der Fachmesse, beim<br />
Telefonieren, im Kundengespräch, bei Smalltalk oder Präsentationen:<br />
Über 30% aller Berufstätigen sind zu 100%<br />
auf ihre Stimme angewiesen.<br />
3. Was der Volksmund schon lange weiß, haben Studien<br />
mehrfach bewiesen: Der Ton macht die Musik. Was wir<br />
sagen ist weit weniger wichtig als die Tatsache, wie wir es<br />
sagen. Die Stimme hat dabei ein gehöriges Wörtchen mitzureden;<br />
sie ist neben der Körpersprache der wirksamste<br />
Schlüsselreiz in der Kommunikation.<br />
4. Stimme ist Persönlichkeit. Ein kurzer Blick auf die Herkunft<br />
des Wortes beweist es: per-sonare bedeutet hindurch-tönen<br />
bzw. durch-klingen. Die Stimme zeigt, was<br />
in uns steckt, sie spiegelt unsere Persönlichkeit: Ich bin,<br />
wie ich kling´!<br />
Vielleicht denken Sie jetzt: Schön und gut, aber ist es mit der<br />
Stimme nicht genauso wie mit meiner Augenfarbe? Einfach<br />
angeboren? Schicksal? Die gute Nachricht: Unsere Stimme ist<br />
keine Eigenschaft – wie blaue, grüne oder blaue Augen –, sondern<br />
eine Fähigkeit wie Schwimmen, Jonglieren oder Schlittschuhfahren.<br />
Und genau wie diese Fähigkeiten lässt sich auch<br />
die Stimme trainieren. Die schlechte Nachricht: stimmliche<br />
Veränderung braucht Zeit.<br />
Doch wie genau können Sie Ihre Stimme optimieren? Ich habe<br />
Ihnen hier drei der effektivsten Übungen aus meiner mehr als<br />
15-jährigen Praxis zusammengestellt.<br />
Wahrnehmung – der magische Schlüssel<br />
Angenommen, Sie laufen ein paar Schritte. Überlegen Sie<br />
dabei bewusst, welche Muskeln Sie in welcher Reihenfolge<br />
aktivieren müssen, um ein Bein vor das andere zu setzen? Sicherlicht<br />
nicht. „Laufen“ passiert unbewusst. Genauso verhält<br />
es sich auch mit der Stimme. Wenn Sie sprechen, überlegen<br />
Sie nicht, wie viel Luft Sie einatmen, wie Sie das Gaumensegel<br />
heben oder den Kiefer öffnen, um die unterschiedlichen Vokale<br />
und Konsonanten zu produzieren. Sie sprechen einfach.<br />
Unbewusst. Um dieses unbewusste Bewegungsmuster „Sprechen“<br />
bewusst zu machen und zu verändern, bedarf es einer<br />
grundlegenden Fähigkeit: Wahrnehmung. Schließlich können<br />
wir nur Dinge verändern, die wir wahrnehmen können. Führen<br />
Sie die folgenden Übungen daher weniger leistungs-, sondern<br />
eher wahrnehmungsorientiert aus.<br />
»Wenn Sie sprechen, sind<br />
Sie Ihr eigenes Instrument.<br />
Stimme ist Körper, Körper ist<br />
Stimme.«<br />
Der Körper – die Wohnung für die Stimme<br />
Wenn Sie sprechen, sind Sie Ihr eigenes Instrument. Stimme<br />
ist Körper, Körper ist Stimme. Leider trägt der moderne Business-Alltag<br />
dieser Tatsache kaum Rechnung. Stundenlang am<br />
Schreibtisch sitzen, mit vorgestrecktem Kopf auf den Laptop<br />
starren, beim Telefonieren im Auto in die Freisprechanlage<br />
brüllen – all das ist Gift für Körper und Stimme.<br />
1. Experiment:<br />
Raum nehmen<br />
Stellen Sie sich in die Mitte des Raumes. Überlegen Sie sich<br />
einen kurzen Satz, der öfters in Ihrem beruflichen Alltag vorkommt,<br />
z. B. „Herzlich willkommen, meine Damen und Herren!“<br />
Sprechen Sie diesen Satz insgesamt zwei Mal. Das erste Mal<br />
lassen Sie die Arme ganz normal neben dem Körper hängen,<br />
beim zweiten Mal heben Sie die Arme während der Einatmung<br />
seitlich nach oben, so dass sie gestreckt sind, parallel zum Boden.<br />
Die Handflächen zeigen dabei nach oben. Klingt der Satz<br />
beim zweiten Mal anders als beim ersten Mal? Sicherlich etwas<br />
voller, kräftiger? Vielleicht auch irgendwie freier oder lockerer?<br />
Beim zweiten Mal atmen Sie etwas mehr ein, nehmen sich<br />
36 | Zukunft-Training • 3. Quartal <strong>2015</strong>
im wahrsten Sinne des Wortes mehr Raum.<br />
Wenn Sie sich mehr Raum nehmen, klingt<br />
die Stimme auch raumfüllender. Die tiefere<br />
Atmung sorgt für eine tiefere Kehlkopf-Position.<br />
Und wenn der Kehlkopf entspannt tief<br />
sitzt, gibt es oberhalb – im Rachen und Mund<br />
– mehr Platz für Resonanz. Wiederholen Sie<br />
diese Übung mehrmals. Drehen Sie dann die<br />
Übung um. Wie gut gelingt es Ihnen, raumfüllend<br />
zu sprechen, auch ohne die Arme zu<br />
heben?<br />
» Verblüffend, aber wahr:<br />
Die Stimme ist – genau genommen<br />
– nicht fürs Sprechen<br />
gemacht. Evolutionsbiologisch<br />
sind Stimmlippen,<br />
Kehlkopf und Rachen<br />
auf etwas ganz anderes<br />
ausgelegt: Schutz.«<br />
Nacken und Kiefer – Saboteure oder<br />
Unterstützer?<br />
Verblüffend, aber wahr: Die Stimme ist – genau<br />
genommen – nicht fürs Sprechen gemacht.<br />
Evolutionsbiologisch sind Stimmlippen,<br />
Kehlkopf und Rachen auf etwas ganz<br />
anderes ausgelegt: Schutz. Ob physisch<br />
(beim Schlucken) oder psychisch (im Stress),<br />
schnürt es uns tatsächlich die Kehle zu. Dieser<br />
„Kloß im Hals“ ist natürlich alles andere<br />
als günstig. Die Stimme klingt hoch, hell, vielleicht<br />
gar gepresst und forciert. Besonders<br />
deutlich reagieren Kiefer und Nacken auf<br />
den täglichen Stress. Wir werden regelrecht<br />
„verbissen“ und „hartnäckig“.<br />
2. Experiment:<br />
Kaumuskel-Massage<br />
Setzen Sie sich bequem hin und fragen Sie<br />
sich: Wie groß ist – bei geschlossenem Mund<br />
– der Abstand zwischen beiden Zahnreihen?<br />
Um den Abstand besser wahrzunehmen,<br />
Frederik Beyer<br />
Experte für Stimme und Sprache<br />
Frederik Beyer lebt den „Erfolgsfaktor Stimme“. Dass er<br />
es selbst kann, beweist er als Profi-Sprecher in Radio<br />
und Fernsehen: MDR, ZDF, VOX, Sky, n-tv, N24.<br />
Frederik Beyer ist einer der gefragtesten Trainer in<br />
Sachen Stimme und Sprechen. Er unterrichtet an der<br />
Universität Erfurt, leitet Sprechtrainings im Auftrag<br />
des Weimarer Instituts für Sprechbildung, coacht als<br />
externer Lektor an der Schule des Sprechens in Wien<br />
und ist Dozent u.a. an der Hochschule der Medien<br />
Stuttgart.<br />
Dabei hat er alles andere als erfolgreich angefangen.<br />
Noch vor 12 Jahren hat er unter panischer Auftrittsangst<br />
gelitten: Zittern, Angstschweiß, weiche Knie. Ob<br />
als Sprecher oder Trainer – heute fühlt er sich auf Bühnen<br />
pudelwohl. Das spüren aus seine Klienten: Manager<br />
und Führungskräfte, Richter und Staatsanwälte,<br />
Lehrer und Referenten, Sprecher und Moderatoren.<br />
Frederik Beyer ist Fan von Kommunikation, besonders<br />
wenn sie gelingt. In Gruppenseminaren, Einzeltrainings<br />
und interaktiven Keynotes zeigt er seinen Zuhörern,<br />
warum die Stimme eine Schlüsselrolle dabei<br />
spielt und wie es ihnen gelingt, die Stimme bewusst<br />
und gezielt einzusetzen, um so noch erfolgreicher,<br />
eben „stimmiger“ zu kommunizieren.<br />
Was ihm besonders am Herzen liegt: anderen Menschen<br />
dabei zu helfen, stress- und angstfrei vor anderen<br />
zu reden. Dazu hat er gemeinsam Andreas Wenzel<br />
ein hochwirksames Mentaltraining entwickelt: „Lösungsmittel:<br />
bit.ly/beyer_cd<br />
www.frederikbeyer.de
können Sie auch die Zähne leicht zusammenbeißen und wieder lösen. Wieviel<br />
Millimeter Platz ist zwischen beiden Zahnreihen? Merken Sie sich genau<br />
diesen Abstand. Dann greifen Sie mit Daumen und Zeigefinger seitlich in die<br />
Wangentaschen, die Ellenbogen angehoben, der Mund leicht geöffnet. Spüren<br />
Sie Ihren Kaumuskel? Dann beginnen Sie diesen Muskel sanft zu massieren.<br />
Und während Sie ihn massieren, erlauben Sie dem Kinn ganz schwer zu<br />
werden, so als ob es Richtung Brust sinken will. Variieren Sie die Massage ein<br />
wenig, mal schneller, mal langsamer, mal derber, mal sanfter. Und wenn Sie<br />
etwa zwei Minuten Ihren Kaumuskel massiert haben, spüren Sie nach: Wie<br />
fühlen Sie sich jetzt? Wie empfinden Sie den Abstand zwischen Ihren Zahnreihen?<br />
Sicherlich ist er etwas größer geworden?<br />
Vertrauensstimme – im Eigenton sprechen<br />
Kennen Sie das? Sie sind unterwegs und kaufen zwischendurch ein Sandwich.<br />
Natürlich wissen Sie, dass Sie an diesem Tag vermutlich der 312. Kunde<br />
sind. Doch spätestens wenn die Verkäuferin in viel zu hoher Lage über<br />
die Theke flötet „Darf´s noch was sein, der Herr?“ – spätestens dann spüren<br />
Sie es auch. Sie sind nicht gemeint. Die Verkäuferin spricht über Sie hinweg.<br />
Dass sie Ihnen das Gefühl gibt, tatsächlich der 312. Kunde zu sein, liegt an<br />
der hohen, unpersönlichen Sprechlage.<br />
3. Experiment:<br />
Den Eigenton entdecken<br />
» Wiederholen<br />
Sie diese drei<br />
Übungen täglich<br />
ein paar Mal. Je<br />
regelmäßiger Sie<br />
diese Übungen<br />
machen, desto<br />
schneller gelingt<br />
der Transfer in<br />
den Alltag.«<br />
Nehmen Sie sich eine Viertelstunde Zeit, nur für sich, ganz allein. Machen<br />
Sie es sich im Sitzen bequem und beginnen Sie einfach genüsslich zu summen,<br />
in angenehmer Tonlage. Wichtig: Es geht bei dieser Übung nicht um<br />
Leistung, sondern um Wahrnehmung. Denken Sie einfach an Ihr Lieblingsessen,<br />
so dass Ihnen das Wasser im Munde zusammenläuft. Genießen Sie das<br />
Summen, so, als ob die Stimme von allein kommt, in bequemer Lautstärke.<br />
Machen Sie nun zusätzlich zum Summen Kaubewegungen. Die Kaubewegungen<br />
dürfen dabei groß und ausladend sein. Zusätzlich können Sie Ihr<br />
Gesicht leicht massieren. Wenn Sie das etwa eine Minute gemacht haben,<br />
fragen Sie sich: Wie klingt Ihre Stimme jetzt? Sicherlich etwas tiefer als sonst,<br />
oder? Nun legen Sie Ihre Hände auf Ihre Brust und spüren Sie, was sie spüren.<br />
Sicherlich nehmen Sie Vibrationen im Brustkorb wahr? Genau das ist Ihr<br />
“Eigenton”. In diesem Eigentonbereich fühlt sich die Stimme am wohlsten.<br />
Verlieben Sie sich einfach weiter in diese Vibrationen in Ihrem Brustkorb.<br />
Und staunen Sie, wie leicht Ihnen das fällt…<br />
Wiederholen Sie diese drei Übungen täglich ein paar Mal. Je regelmäßiger<br />
Sie diese Übungen machen, desto schneller gelingt der Transfer in den Alltag.<br />
Schließlich wollen Sie beim Telefonieren, im Meeting oder bei Vorträgen<br />
mit Ihrer Aufmerksamkeit nicht permanent bei Ihrer Stimme sein, sondern<br />
bei Ihrem Gegenüber und natürlich dem, was Sie sagen wollen. Oder?<br />
***<br />
Frederik Beyer<br />
38 | Zukunft-Training • 3. Quartal <strong>2015</strong>
0,5 + 0,5 = 1,5<br />
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Zukunft-Training • 3. Quartal <strong>2015</strong> | 39<br />
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JUST DO IT!<br />
<strong>ZT</strong> im Interview mit Schattensprung-<br />
Expertin Gaby S. Graupner<br />
Wie definieren wir Erfolg? Ist es das Erreichen<br />
festgeschriebener Absatzzahlen oder die tief<br />
empfundene Zufriedenheit am Ende eines Tages? Wie<br />
auch immer jeder für sich selbst Erfolg definiert, wichtig<br />
ist es, dafür das Schattenspringen zu lernen.<br />
Ihr aktuelles Buch trägt den Titel „Schattensprünge<br />
– 13 Anstöße, um über sich hinauszuwachsen“.<br />
Was hat Sie bewogen, dieses Buch zu<br />
schreiben?<br />
Während ich dieses Buch schrieb, gab es eine Imagekampagne<br />
für Opel und gegen Vorurteile. Eine der<br />
Aussagen lautet: „Denn die Welt ist manchmal anders,<br />
als wir denken. Wer von Zeit zu Zeit die Bilder in seinem<br />
Kopf überprüft, hat viel zu entdecken.“ Ich glaube<br />
fest daran, dass es für jeden auf dieser Welt etwas<br />
zu entdecken gibt. Ich glaube auch fest daran, dass<br />
wir nur dieses eine Leben haben und deshalb ist es so<br />
wichtig, daraus etwas zu machen.<br />
Wenn zum Beispiel eine uns gut bekannte Person<br />
oder sogar ein naher Verwandter stirbt, dann halten<br />
wir alle einmal kurz inne und sagen uns: „Ja, das Leben<br />
ist zu kurz, um es nicht voll auszukosten, es zu genießen<br />
oder die Dinge zu tun, die wir wirklich gerne<br />
tun. Wir schütteln uns kurz und machen dann genau<br />
da weiter, wo wir kurz innegehalten haben. Nur wenige<br />
Menschen ändern wirklich etwas.<br />
Das liegt aber auch daran, dass die meisten unserer<br />
Lebensschienen so tief eingefahren sind, dass wir<br />
überhaupt nicht mehr wissen, wie wir da heraus kommen<br />
sollen. Wir können uns auch nicht mehr erinnern,<br />
wie es war, bevor wir da hineingeraten sind. Oder wir<br />
fürchten uns vor dem ersten Schritt, weil uns etwas<br />
dafür fehlt, diesen zu gehen.<br />
Genau da setze ich mit meinem Buch an. „Im Anfang<br />
war das Wort“, ein Auszug aus dem Johannesevangelium<br />
und die Grundlage für das Faust (I) Zitat – „Im<br />
Anfang war die Tat“. Deshalb ist mein Buch in zwei Teile<br />
aufgeteilt: Teil 1: Die Sprache der Schattenspringer<br />
und anschließend Teil 2: Die Gedanken der Schattenspringer.<br />
Bei den einen sind es zuerst die Worte, die dann zu<br />
Taten werden, bei den anderen sind es erst die „richtigen“<br />
Gedanken, die dann über die Worte in die Tat<br />
umgesetzt werden. Jedenfalls braucht man beides,<br />
die richtigen Worte und die passenden Gedanken, um<br />
über seinen Schatten springen zu können und seine<br />
Grenzen zu sprengen.<br />
Um meine Motivation, dieses Buch zu schreiben, in einen<br />
Satz zu bringen: „Nutzen Sie Ihr Leben, Sie haben<br />
nur das eine. Jetzt, heute und morgen!<br />
Ein Schattensprung – wie definiert sich ein solcher<br />
für Sie genau?<br />
Herbert von Karajan hat einmal gesagt: „Wer alle seine<br />
Ziele erreicht, hat sie vielleicht zu niedrig gewählt“.<br />
Für mich bedeutet ein Schattensprung schon eine<br />
Anstrengung. Ob diese Anstrengung nun körperlich<br />
ist, um etwa einen Marathon zu gewinnen, oder mental,<br />
indem ich gegen meine mich einschränkenden<br />
Glaubenssätze handle und damit aus der Gewohnheit<br />
aussteige. Ob ich gegen Regeln und Verordnungen
Fotocredits: Fotograf | Retoucher Philip Reichwein
Mehr über Gaby Graupner auf:<br />
www.schattenspruenge.de
»Ein Schattensprung ist also die<br />
Entscheidung, eine Lebenssituation,<br />
in der ich unglücklich oder<br />
unzufrieden bin, zu verändern<br />
und einen Sprung in eine andere<br />
Richtung zu machen.«<br />
aus meinem Elternhaus oder von anderen sogenannten<br />
Vorbildern vorgehe oder plötzlich<br />
sehr diszipliniert oder eben genau undiszipliniert<br />
bin, entscheidet jeder für sich selbst. Ein<br />
Schattensprung bedeutet, eine Grenze zu überwinden<br />
- und wenn es nur einen Grenze ist, die<br />
ich mir vorher selbst gesteckt habe. Denn diese<br />
Grenzen zu sprengen heißt, etwas Bequemes<br />
und Gewohntes aufzugeben.<br />
Über seinen Schatten zu springen heißt nicht,<br />
Erfolge zu holen, die andere für mich ausgesucht<br />
haben. Im Gegenteil, Erfolg zu haben ist<br />
etwas ganz Persönliches. Erfolg wird von jedem<br />
anders definiert.<br />
Vor einiger Zeit war ich mit einem meiner Söhne<br />
beim Frühstücken. Bei dieser Gelegenheit<br />
fragte ich, als treusorgende Mutter, wie es denn<br />
mit seiner Meisterprüfung aussehe. Mein Sohn<br />
ist Handwerker, er liebt seinen Beruf als Maler.<br />
Den Meister zu machen, ist daher nicht so abwegig.<br />
Er lehnte sich genüsslich in seinem Stuhl zurück,<br />
sah mich strahlend an und meinte: „Mama, die<br />
Meisterprüfung zu machen, ist nicht so mein<br />
Plan. Sicherlich denkst du jetzt, ich wäre nicht<br />
erfolgreich. Aber das stimmt nicht. Meine Kollegen<br />
mögen mich, meine Kunden schätzen<br />
mich und fordern mich immer wieder an und<br />
ich liebe meine Aufgabe. Ich bin zufrieden, so<br />
wie es ist.“<br />
Mein Sohn war also der Meinung, dass ich denke,<br />
er sei nicht erfolgreich, weil er keine Meisterprüfung<br />
hat. Doch so denke ich nicht. Erfolgreich<br />
sind für mich die Menschen, die abends<br />
im Bett liegen und sagen: „Heute war ein guter<br />
Tag. Ich bin zufrieden und glücklich.“ Je öfter<br />
ein Mensch das sagen kann, desto erfolgreicher<br />
ist er in meinen Augen. Was das dann im Detail<br />
bedeutet, entscheidet jeder für sich.<br />
Ein Schattensprung ist also die Entscheidung,<br />
eine Lebenssituation, in der ich unglücklich<br />
oder unzufrieden bin, zu verändern und einen<br />
Sprung in eine andere Richtung zu machen.<br />
Wie passen die Schattensprünge zu Ihrem<br />
bisherigen Kernthema, das „Konsensitive<br />
Verkaufen“? In der Branche heißt es ja Positionierung<br />
müsse sehr spitz und klar sein. Nun<br />
trainieren Sie Verkauf und auf Ihrer Redner-<br />
Website ist die Thematik Schattensprünge der<br />
Hauptfokus. Wie passt das zusammen?<br />
Ich habe bis heute zwei Bücher geschrieben,<br />
dass eine ist eine Anleitung zum erfolgreichen<br />
Verkaufen: „Verkaufe dein Produkt, nicht deine<br />
Seele“ (2. Auflage), und natürlich „Schattensprünge“.<br />
Der rote Faden bei den beiden Büchern<br />
ist der Erfolg. In dem einen geht es um<br />
Erfolg im Berufsleben am Beispiel eines Verkäufers,<br />
und in dem anderen geht es um den Erfolg<br />
im Leben. „Schattensprünge“ ist somit die<br />
Fortsetzung.<br />
Verkäufer brauchen nicht nur die reine Verkaufstechnik,<br />
gerade sie brauchen auch viel<br />
Motivation, um immer wieder zum Kunden zu<br />
gehen. Verkäufer werden in den meisten Fällen<br />
erfolgsabhängig bezahlt. Sie sind für ihr Einkommen<br />
selbst verantwortlich und im Allgemeinen<br />
der „kleine Bruder“ des Unternehmers.<br />
Das erfordert viele Schattensprünge. In diesem<br />
Fall bedeuten Schattensprünge einerseits, seine<br />
persönlichen Ziele nicht aus den Augen zu<br />
verlieren, und andererseits, Erfolgssprache zu<br />
sprechen, sowie sich selbst und den Kunden<br />
auf Augenhöhe zu sehen.<br />
Ein kleines Beispiel zum Thema Erfolgsspra-
»Schattenspringer denken darüber<br />
nach, was möglich ist, statt sich<br />
mit dem zu beschäftigen, was nicht<br />
möglich ist.«<br />
che im Vertrieb: In vielen Fällen ist das Angebot<br />
eines Verkäufers klar definiert. Er verkauft beispielsweise<br />
passive Bauelemente. Nun erhält er<br />
viele Anfragen von interessierten Kunden nach<br />
aktiven Bauelementen (Teile aus der Elektronik),<br />
die er nicht in seinem Portfolio hat. Verkäufer, die<br />
meine Bücher nicht kennen, antworten schon<br />
mal folgendermaßen: „Leider haben wir keine<br />
aktiven Bauelemente. Die müssen Sie woanders<br />
kaufen“, und verlieren somit einen potenziellen<br />
Kunden.<br />
Haben Schattensprünge und die Art und Weise,<br />
wie wir sprechen, tatsächlich mit unserem Erfolg,<br />
ja auch mit unserem Umsatz zu tun? Gibt<br />
es eine Sprache der Schattenspringer?<br />
Ja. Führen wir das Beispiel von soeben noch etwas<br />
ausführlicher fort. Wenn ein Kunde etwas<br />
anfragt, das wir nicht anbieten, antworten Schattenspringer<br />
im Verkauf zuerst mit dem, was sie<br />
haben, sie nutzen also die Gelegenheit, Werbung<br />
für ihr Angebot zu machen, bevor sie darauf hinweisen,<br />
dass explizit dieses eine angefragte Produkt<br />
nicht in ihrem Sortiment ist.<br />
Ihre Antwort hinsichtlich der aktiven Bauelemente<br />
lautet dann also: „Wir sind Marktführer<br />
für passive Bauelemente. Bei uns erhalten Sie<br />
alle gängigen passiven Bauteile und alle Sonderanfertigungen,<br />
die Sie brauchen. Aktive Bauelemente<br />
bekommen Sie bei... Welche passiven<br />
Bauelemente setzen Sie ein?“<br />
Verkäufer, die also die Erfolgssprache der Schattenspringer<br />
sprechen, erzählen immer, was sie<br />
haben und nicht, was sie nicht haben, besonders<br />
nicht in der ersten Reaktion.<br />
Übrigens, ein weiterer Punkt, der mein erstes<br />
Buch mit dem zweiten Buch verbindet: Schattenspringer<br />
denken darüber nach, was möglich<br />
ist, statt sich mit dem zu beschäftigen, was nicht<br />
möglich ist.. Sie setzen ihre Energie und ihre Kraft<br />
mehr dafür ein, einen Weg zu finden, der das Geplante<br />
oder Gewünschte möglich macht, als dafür,<br />
zu überlegen, warum es nicht gehen könnte.<br />
„Über sich selbst hinauswachsen“ – das ist ein<br />
oft verwendeter Begriff der Motivationssprache.<br />
Wie interpretieren Sie diese Begrifflichkeit<br />
für sich?<br />
Jeder von uns hat Momente, in denen es einem<br />
nicht so gut geht, in denen wir uns schwach und<br />
unfähig fühlen. In solchen Momenten bezweifeln<br />
wir, dass es uns möglich ist, eine Aufgabe zu<br />
meistern. Das ist menschlich. Wenn wir jedoch<br />
jetzt in einer Art Motivationssprache denken<br />
oder mit uns sprechen, können wir uns sozusagen<br />
innerlich aufrichten und mit kleinen Schritten<br />
diese „große“ Aufgabe angehen. Motivationssätze<br />
können dann sein:<br />
„Ich schaffe das.“<br />
„Ich habe schon Ähnliches gut gemeistert.“<br />
„Ich gehe die ersten drei Schritte dieser Aufgabe,<br />
falls das nicht gelingt, kann ich auch aufhören.“ –<br />
Das bedeutet, die „große“ Aufgabe erst einmal in<br />
kleine Häppchen aufzuteilen.<br />
Meistens fürchten wir uns ja besonders vor dem<br />
ersten Schritt. Wenn dieser einmal überwunden<br />
ist, haben wir oft das Gefühl, dass der Rest nur<br />
noch ein Spaziergang ist.<br />
Was zeichnet einen couragierten Schattenspringer<br />
aus?<br />
Couragierte Schattenspringer laufen nicht mit<br />
einer rosaroten Brille umher und rufen: „Ich bin<br />
unverwundbar, Superman ist ein Zwerg gegen<br />
mich“, sondern sie haben sich bewusst gefragt,<br />
was das Schlimmste wäre, das passieren könnte,<br />
wenn sie mit ihrem Vorhaben scheitern, und<br />
haben für diesen Fall einen Plan B. Aber gleich-
»Trotz gegenteiliger<br />
Vorhersagen in meiner<br />
Kindheit habe ich eine<br />
Menge geschafft. Ich bin oft<br />
auf die Nase gefallen, aber<br />
auch wieder aufgestanden<br />
[…]«<br />
zeitig haben sie auch festgestellt, dass niemand ernsthaft krank wird oder sogar<br />
stirbt, wenn sie ihre Pläne in die Tat umsetzten. Sie gehen also nicht nur<br />
realistisch mit den Folgen einer Aktion um, sondern – und das ist meiner Meinung<br />
nach viel wichtiger – sie schätzen die im schlechtesten Fall möglichen<br />
negativen Folgen auch realistisch ein. Sie fürchten sich also nicht durch aktive<br />
Schwarzmalerei vor Gespenstern im Dunkeln, die gar nicht da sind.<br />
Was betrachten Sie als Ihren bisher größten und erfolgreichsten eigenen<br />
Schattensprung?<br />
Trotz gegenteiliger Vorhersagen in meiner Kindheit habe ich eine Menge geschafft.<br />
Ich bin oft auf die Nase gefallen, aber auch wieder aufgestanden, habe<br />
mich geschüttelt oder auch mal meine Wunde geleckt, um anschließend noch<br />
stärker, noch zielorientierter und noch motivierter auf das Ziel loszugehen.<br />
Mein wichtigster Schattensprung dabei bleibt meine positive Einstellung. Ich<br />
bin überzeugt davon, dass ich, und jeder Leser hier, sehr viel schaffen kann,<br />
wenn wir das wirklich wollen. Und ich glaube an das Gute im Menschen, Menschen<br />
müssen sich bei mir anstrengen, um mir zu beweisen, dass sie mir schaden<br />
wollen. Bis dahin bin ich überzeugt davon, dass sie nach bestem Wissen<br />
und Gewissen handeln, was Fehler miteinbezieht.<br />
Und wo wollen Sie in Zukunft noch hinspringen?<br />
Ich bin sehr oft in den USA und erlebe dort Keynote-Speaker(innen), die mit<br />
70 noch auf der Bühne stehen und ihre Vorträge mit Esprit und wichtigen<br />
Erkenntnissen halten. Das ist auch eines meiner Ziele, bis ins hohe Alter mit<br />
immer wieder neuem Wissen aufzutreten und dabei zu unterhalten und zu<br />
informieren sowie richtig Mut zu machen.<br />
1988 habe ich Marika Rökk, eine deutsch-österreichische Schauspielerin und<br />
Tänzerin, an ihrem 75. Geburtstag im Deutschen Theater auf der Bühne tanzen<br />
und singen gesehen. Sie liebte ihren Spagat, ihre hohen Schuhe und ihren<br />
humorvollen Umgang mit dem einen oder anderen Zipperlein. Und das ist<br />
auch mein großes Ziel – noch mindestens 25 Jahre auf den Speakerbühnen<br />
dieser Welt mit hohen Schuhen aufzutreten und einen Spagat zwischen mir<br />
und den Zuhörern zu machen, damit diese, durch mein Beispiel motiviert, ihre<br />
persönlichen Herausforderungen erfolgreich meistern können.<br />
***<br />
Vielen Dank für das Gespräch, liebe Frau Graupner!
DIE KOLLEKTIVE<br />
LIZENZ<br />
ZUM SCHEITERN<br />
Wie die Trendveranstaltung „Fuck-Up-Nights“ unser<br />
Erfolgsstreben erfolgreich hinterfragt<br />
Leistung, Selbstoptimierung, Erfolg! So befremdlich dieses Mantra der<br />
Arbeitswelt scheint, so tief ist es doch in unserem Denken verwurzelt,<br />
bei aller ironischen Distanz. Und ein gewisses Talent zur Selbstironie<br />
braucht es schon, um bei der FuckUp-Night vor Publikum über seine<br />
größten Fehler und gescheiterte Projekte zu sprechen. Warum boomt<br />
die Lust an Geschichten übers Scheitern momentan so? Und was sagt<br />
das über die Entwicklung unserer Leistungsgesellschaft?<br />
von Lilli Iliev<br />
FuckUp. Groß und leuchtend<br />
prangen die Worte über der<br />
Sprecherin auf der Bühne. Sie<br />
zupft an ihren Jeans-Shorts<br />
und begrüßt das Publikum mit<br />
den Worten „Oh Gott, ich bin jetzt schon<br />
ein bisschen aufgeregt.“ Die knapp 100<br />
Menschen, die an diesem Donnerstagabend<br />
in den Veranstaltungsraum des<br />
Kreuzberger Startup-Bootcamps passen,<br />
ermutigen die erste Rednerin mit warmem<br />
Vorschuss-Applaus. “Du machst<br />
das super!” ruft jemand ermutigend.<br />
Schon eine Stunde vor Beginn der Fuck-<br />
Up-Night stehen die Leute bis weit auf<br />
die Straße an, nur ein Drittel schafft es<br />
hinein. Vor der Bühne drängen sich die<br />
Leute im Schneidersitz nebeneinander,<br />
Klientel: 30-40, Gründer, Kreative, immer<br />
ein neues Projekt in der Tasche-Haber.<br />
Seit einigen Monaten organisiert ein<br />
kleines Team an wechselnden Orten die<br />
Berliner FuckUp-Night, eine Show des<br />
Scheiterns, ein Trend, der sich in kurzer<br />
Zeit von Mexiko aus weltweit auf inzwischen<br />
80 Länder verbreitet hat.<br />
Wie lang bleibt die Seifenblase in der<br />
Luft?<br />
Die Kölnerin beginnt von ihrem großen<br />
Traum zu erzählen, den sie sich vor ein
Fotos: Claudia Burger
Schöner Scheitern. Bei FuckUp-Nights kann jeder öffentlich versagen - und bekommt sogar Applaus dafür.<br />
paar Jahren in Berlin verwirklichte: Die eigene Bar, mitten<br />
im Szene-Kiez. Wilde Partyabende, Bands, die bis in die<br />
Morgenstunden oder auch mal bis zum Polizeieinsatz<br />
spielten, durchfeierte Sommernächte. Eine rauschende<br />
Zeit – nur die Kassenbilanz rutschte unaufhaltsam in ein<br />
immer tieferes Rot. Erst als der Strom dann auf einmal<br />
weg war – „Zipp, aus!“ – erkannte die Sprecherin, dass<br />
sie ihre Bar, ihr Baby, wie sie sagt, tatsächlich aufgeben<br />
musste. Das ganze Leben, alle Energie, die in ein Projekt<br />
gesteckt wird, all das auf einmal aufgeben zu müssen,<br />
das realisieren Viele erst, wenn es fast zu spät ist. Mit einem<br />
mal spürt das Publikum ganz unvermittelt, welch<br />
großer Schmerz mit einem solchen Verlust einhergeht,<br />
welche Selbstzweifel, Vorwürfe, auch welche existenzielle<br />
Nöte da über einem hineinbrechen können. “Wie<br />
viel man lügen muss!”, erzählt sie sichtlich bewegt. Und<br />
es stimmt ja, wie oft wohl jeder einzelne von uns flunkert,<br />
wenn er gefragt wird, wie es denn so läuft im Job.<br />
Mal beschönigt man ein Projekt, hebt die vorzeigbaren<br />
Ergebnisse hervor und verschweigt, wieviele Sachen<br />
ganz und gar nicht so gelaufen sind wie geplant.<br />
Wen kann man beschuldigen, wenn Pläne scheitern?<br />
Du kannst alles machen, was du willst, wird nicht nur<br />
im Gründerparadies Berlin suggeriert, wenn du nur hart<br />
genug arbeitest und fest genug an dich glaubst! Aber<br />
stimmt das wirklich? Die Wahrheit ist, selbst wenn der<br />
50 | Zukunft-Training • 3. Quartal <strong>2015</strong>
Businessplan wasserdicht ist, Lage und<br />
Zeitpunkt perfekt scheinen, man Tag<br />
und Nacht für sein Projekt arbeitet - eine<br />
Garantie für langfristigen Erfolg gibt es<br />
nicht. In einer immer komplexer funktionierenden<br />
Welt mit wachsendem<br />
Konkurrenz- und Erfolgsdruck wird es<br />
zunehmend schwerer, einen in sich stimmigen<br />
Plan langfristig auf Kurs zu halten.<br />
Zu vielschichtig ist oft die Interessenlage<br />
der Zielgruppen, zu unvorhersehbar<br />
und spontan die Marktentwicklung. Und<br />
doch lohnt es sich, zu versuchen, seine<br />
Visionen in die Tat umzusetzen. Das erfolgreiche<br />
Online-Bezahlsystem Paypal<br />
etwa, das sich inzwischen flächendeckend<br />
durchgesetzt hat, entsprang erst<br />
dem fünften Anlauf einer Reihe von fehlgeschlagenen<br />
Projekten, die geräuschlos<br />
wieder in die Vergessenheit entglitten.<br />
Was wäre, hätte der Gründer nach<br />
dem zweiten Versuch aufgegeben?<br />
Oftmals ist selbst für Experten auf einem<br />
bestimmten Gebiet nicht nachvollziehbar,<br />
warum das eine Projekt<br />
abhebt und das andere floppt. Doch<br />
die Enttäuschung ist groß, wenn ein<br />
ausgeklügelter Plan einfach nicht funktionieren<br />
will. Die Suche nach Gründen<br />
beginnt, die man vielleicht beheben<br />
kann, einer Stellschraube, die falsch justiert<br />
ist. Und wenn es nicht rund läuft, ist<br />
der Schuldige heute schnell gefunden.<br />
In Zeiten problemloser Selbstoptimierung<br />
per Apple Watch, Erfolgsteams<br />
und Business-Angels kann es doch nur<br />
an der eigenen mangelnden Leistung<br />
liegen. Oder? Andere schaffen es doch<br />
auch! Dass die Medienindustrie zunehmend<br />
hochglänzende Erfolgsprojekte<br />
zeigt, perfekt agierende Manager, multitaskende<br />
Power-Mütter und Väter,<br />
die nebenbei im Job brillieren, hinterlässt<br />
schleichend ein ungutes Gefühl:<br />
Lilli Iliev<br />
<strong>ZT</strong>-Redakteurin<br />
Lilli Iliev ist Literaturwissenschaftlerin und Slavistin.<br />
Sie interessiert sich nicht nur für gelungene Texte,<br />
sondern nimmt auch gern die gesellschaftlichen Bewertungskriterien<br />
gescheiterter Vorhaben unter die<br />
Lupe. Nach 6 Jahren Tätigkeit im kulturpolitischen<br />
Bereich des Berliner Abgeordnetenhauses überzeugt<br />
die Deutschbulgarin nun bei der gemeinnützigen<br />
Wissens-NGO Wikimedia Deutschland Kulturinstitutionen<br />
davon, sich für die digitale Welt zu öffnen - und<br />
sich dabei nicht vor dem Scheitern zu fürchten. Denn<br />
nur wer sich auch mal mutig vorwagt, kann lernen<br />
und wachsen. Als Lektorin und Redakteurin verfolgt<br />
sie für Zukunft Training interessante Entwicklungen,<br />
die unsere Arbeitswelt im Zuge der Digitalisierung<br />
verändern.<br />
www.zukunfttraining.de/team
Ich reiche nicht aus. Ich mache es<br />
nicht gut genug. Ich muss besser<br />
werden.<br />
Gründen birgt Risiken, Risiken<br />
bergen Absturzgefahr<br />
Mittlerweile steht die dritte<br />
Rednerin auf der Bühne. Sie<br />
erzählt so entwaffnend offen<br />
von ihrem persönlichen<br />
“FuckUp”, dass man die Solidarität<br />
des Publikums fast<br />
körperlich spüren kann. Die<br />
junge Mutter zweier Kinder<br />
hatte mit ihrem Mann eine<br />
spezielle Onlineplattform für<br />
An- und Verkauf gegründet - ein<br />
Erfolgsmagnet, den Erfahrungen<br />
internationaler Beispiele nach.<br />
Die Webseite startete vielversprechend,<br />
trotzdem suchten sich die<br />
beiden Gründer professionelle Unterstützung,<br />
um noch erfolgreicher<br />
zu werden, so die Hoffnung. Eine<br />
Agentur riet zu strukturellen Änderungen,<br />
und die Gründer befolgten<br />
fast jeden Rat, manchmal auch gegen<br />
das eigene Bauchgefühl.<br />
» Solidarität ist spürbar, Anteilnahme,<br />
auch Respekt für<br />
den Mut, sich so ungeschützt<br />
den Reaktionen auf das eigene<br />
Scheitern auszusetzen.«<br />
Bald wurden die Folgen dieses blinden<br />
Vertrauens spürbar: Eine Reihe<br />
von Chefs hatte sich um das Projekt<br />
gebildet “CEO soundso, CE wasweißich,<br />
für alles gab es einen C - nur<br />
ich saß irgendwann in einem Raum<br />
daneben, zusammen mit dem Praktikanten”,<br />
erzählt die junge Frau,<br />
die zu Beginn auf Augenhöhe mit<br />
den Ratgebern agierte, immernoch<br />
sichtlich aufgewühlt. Die Zügel<br />
schienen dem Paar immer mehr<br />
aus den Händen zu gleiten,<br />
die Rednerin fühlte sich nicht<br />
mehr auf Augenhöhe beteiligt<br />
und von der Fahrbahn<br />
gedrängt. “Irgendwann habe<br />
ich allen gesagt: Ich will jetzt<br />
auch wieder ein C sein.” An<br />
dieser Stelle brandet Szenenapplaus<br />
auf. Respektabel<br />
scheint dieser Schritt, auch<br />
weil viele junge Mütter wie selbstverständlich<br />
im Job zurückstecken.<br />
Für das gemeinsame Projekt war<br />
der Zug inzwischen abgefahren,<br />
neue Teilhaber drängten die Gründer<br />
raus.<br />
52 | Zukunft-Training • 3. Quartal <strong>2015</strong>
Hoffnung, Mut, Erlösung<br />
Warum ist es so reizvoll, Geschichten<br />
vom Scheitern zu hören? Sicher<br />
ist es Neugierde und auch ein wenig<br />
Sensationslust am Misserfolg, die<br />
so viele Menschen zu den Scheiter-<br />
Shows zieht. “Es ist wie bei diesen<br />
Vorher-Nachher-Bildern von Stars<br />
in Zeitschriften, die sonst makellose<br />
Vorbilder auch mal ungeschminkt<br />
zeigen”, meint ein Zuschauer nach<br />
der Veranstaltung. Aber von Schadenfreude<br />
ist das Publikum, zumindest<br />
an diesem Abend, weit<br />
entfernt. Solidarität ist spürbar,<br />
Anteilnahme, auch Respekt für den<br />
Mut, sich so ungeschützt den Reaktionen<br />
auf das eigene Scheitern<br />
auszusetzen. Wer hat nicht schon<br />
einmal richtig daneben gelegen<br />
mit seiner Einschätzung, wer kann<br />
tatsächlich die lückenlose Erfolgsgeschichte<br />
vorweisen, die der Lebenslauf<br />
vorgibt? Es ist das Teilen<br />
der vermeintlichen Unzulänglichkeit,<br />
die High-Performer wieder zu<br />
normalen Menschen werden lässt,<br />
mit all ihren Schwächen und Irrwegen.<br />
Die gemeinschaftliche Absage<br />
an all die Erfolgsmantras und Anforderungen<br />
ist es, die den Reiz der<br />
FuckUp-Nights ausmacht. Einmal<br />
der Leistungsgesellschaft ins Gesicht<br />
lachen und sich gegenseitig<br />
Fehler und Macken eingestehen,<br />
kann wahnsinnig erlösend sein.<br />
Das junge Paar hat sich nach durchgeheulten<br />
Nächten schließlich<br />
wieder aufgerappelt - und gleich<br />
wieder gegründet. Nun sind beide<br />
glücklich mit ihrem jungen Non-<br />
Profit-Projekt. Wieder aufzustehen,<br />
das wird an diesem Abend deutlich,<br />
ist die eigentliche Herausforderung<br />
der Arbeitswelt. Auch nach Misserfolgen<br />
nicht zu verzweifeln und vor<br />
allem den Glauben an die eigenen<br />
Fähigkeiten nicht zu verlieren, ist<br />
das eigentliche Ziel. Manchen wird<br />
das erst klar, wenn sie einmal richtig<br />
auf die Nase gefallen sind, um dann<br />
neuen Mut zu schöpfen. Denn Projekte<br />
kommen und gehen, mit sich<br />
selbst aber muss man das ganze<br />
Leben lang auskommen. Es lohnt<br />
sich, in das eigene Selbstvertrauen<br />
zu investieren, mit Zuversicht und<br />
Mut - und der FuckUp-Crowd im<br />
Rücken. Nicht als Missgünstige in<br />
Lauerstellung, sondern als Verbündete<br />
im kraftzehrenden Kampf mit<br />
der Leistungsgesellschaft.<br />
***<br />
Lilli Illiev<br />
Zukunft-Training • 3. Quartal <strong>2015</strong> | 53
IMPRESSUM<br />
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54 | Zukunft-Training • 3. Quartal <strong>2015</strong>
Zukunft-Training • 3. Quartal <strong>2015</strong> | 55
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Zukunft-Training • 3. Quartal <strong>2015</strong> | 56