24.06.2015 Aufrufe

ZT | Ausgabe 34 — Q3/2015

Ausgabe 34 - Q3/2015

Ausgabe 34 - Q3/2015

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

<strong>34</strong><br />

3. Quartal <strong>2015</strong><br />

www.zukunfttraining.de<br />

DE<br />

14,95 EUR<br />

AT<br />

14,95 EUR<br />

CH<br />

17,95 CHF<br />

Z U K U N F T - T R A I N I N G<br />

DAS MAGAZIN FÜR AUS- UND WEITERBILDUNG<br />

Das vergessene Wunder<br />

Niemand kommt aus der Natur<br />

wie er in sie gegangen ist<br />

Global Leadership mit Herz und Verstand<br />

Durch persönliche Strahlkraft Welten bewegen<br />

Erfolgsfaktor Stimme<br />

3 Experimente, die zeigen, wie Sie<br />

mehr aus Ihrer Stimme herausholen<br />

IM<br />

INTERVIEW<br />

mit<br />

GABY S.<br />

GRAUPNER<br />

Finde Deine Traumfirma oder Gründe sie!<br />

Wie der Neuanfang gelingt<br />

Die kollektive Lizenz zum Scheitern<br />

Wie die Trendveranstaltung „Fuck-Up-Nights“<br />

unser Erfolgsstreben erfolgreich hinterfragt<br />

SCHATTEN<br />

SPRÜNGE<br />

SO SPRENGEN SIE IHRE GRENZEN<br />

GABY S. GRAUPNER<br />

EXPERTIN FÜR SCHATTENSPRÜNGE


Weiterbildung für Unterwegs!<br />

Die App von Zukunft-Training <strong>—</strong> für iPhone & iPad.<br />

35 <strong>Ausgabe</strong>n Zukunft-Training<br />

200 Fachartikel<br />

Online & Offline lesen<br />

Jetzt Kostenfrei<br />

herunterladen unter:<br />

www.zukunfttraining.de/app


Das Wort des Herausgebers<br />

Ready, Set, GO!<br />

Es klingelt. Ein kurzer Blick nach rechts bestätigt meine Vermutung. „Montag, 6.30 Uhr“<br />

steht auf dem grell-erleuchteten Display meines iPhones. „So. Zeit, aufzustehen.“ höre ich<br />

mich laut zu mir sagen, in der Überzeugung, dadurch einen Motivations-Schub zu bekommen.<br />

Kurz lächelt mir die Schlummer-Funktion noch entgegen, doch dann gebe ich mir<br />

den nötigen Ruck. Eine bewährte Vorgehensweise, um meinen inneren Schweinehund zu<br />

überwinden.<br />

Frederic M. Fuchs<br />

Herausgeber<br />

Zukunft-Training<br />

zukunfttraining.de/team<br />

@zukunfttraining<br />

Zugegeben, das morgentliche Ritual gehört noch zu den leichteren Aufgaben des Tages.<br />

Denn manchmal fällt es uns nicht so leicht, den ersten Schritt zu machen und über<br />

unseren Schatten zu springen. Besonders dann, wenn uns Herausforderungen als zu groß<br />

erscheinen, ist es sinnvoll, Methoden und Techniken griffbereit zu haben.<br />

Unsere Cover-Persönlichkeit Gaby S. Graupner ist Expertin auf diesem Gebiet und weiß, auf<br />

welche verschiedenen Herausforderungen wir in solchen Prozessen treffen. In unserer Titelstory<br />

»Schattensprünge <strong>—</strong> So sprengen Sie Ihre Grenzen« (S.6) und im Interview (S.40)<br />

offenbart sie hilfreiche Tools zur Bewältigung unserer gelegentlichen Handlungslethargie.<br />

Für selbstbestimmtes Handeln plädiert auch Dr. Kerstin Gernig in ihrem Beitrag »Finde<br />

Deine Traumfirma oder Gründe sie.« (S.14). Für ihr Buch »Werde was Du kannst« hat sie<br />

Unternehmer verschiedenster Hintergründe interviewed, um ihren Lesern Mut zu machen,<br />

mit dem richtigen Mind-Set ihre Träume zu realisieren.<br />

Kaum auf dem Pfad des Erfolges angekommen, müssen wir lernen, auch wieder Ruhephasen<br />

einzulegen. Neue Erkenntnisse dazu gibt es im Gespräch mit Jörg Romstötter über<br />

aktive Auszeiten in der Natur »Das vergessene Wunder« (S.28).<br />

Ein weiterer Neuzugang unter den <strong>ZT</strong>-Experten ist Andreas Dudas. Der Experte für<br />

Global Leadership und Transformation beschreibt in seinem Beitrag »Global<br />

Leadership mit Herz und Verstand« (S.22), wie man sich gekonnt auf dem internationalen<br />

Parkett bewegt.<br />

Der »Erfolgsfaktor Stimme« (S.<strong>34</strong>) ist schon lange kein Geheimnis mehr. Doch, Hand aufs<br />

Herz, wer arbeitet wirklich regelmäßig an der positiven Wirkung seiner Stimme? Als fresh-up<br />

zeigt uns Frederik Beyer drei handfeste Methoden zum täglichen Stimmtraining.<br />

Außerdem waren wir zu Besuch auf der Fuck-Up-Night Berlin. Eine weltweite Bewegung mit<br />

der Zielsetzung, das Scheitern salonfähig zu machen und es als ein Teil des größeren Prozesses<br />

zu betrachten. »Die kollektive Lizenz zum Scheitern« von Lilli Iliev (S.48).<br />

Freuen Sie sich auf eine wirklich spannende <strong>Ausgabe</strong>.<br />

Herzlichst<br />

Frederic M. Fuchs


INHALT<br />

18 14<br />

28<br />

06<br />

22<br />

48 <strong>34</strong><br />

Fotocredits<br />

Die verwendeten Fotos stammen von<br />

fotolia.de, pixeden.de oder aus dem<br />

privaten Archiv unserer Autoren.<br />

Kontakt<br />

Web<br />

Anzeigen<br />

Redaktion<br />

Mediadaten<br />

www.zukunfttrainining.de<br />

anzeigen@zukunfttraining.de<br />

redaktion@zukunfttraining.de<br />

www.zukunfttraining.de/mediadaten.pdf<br />

In Zusammenarbeit mit<br />

TAM-Edition Verlag<br />

Trainer-Akademie München<br />

Coverfoto<br />

Gaby S. Graupner<br />

Copyright: Fotograf | Retoucher Philip Reichwein<br />

4 | Zukunft-Training • 3. Quartal <strong>2015</strong>


<strong>34</strong>. <strong>Ausgabe</strong> <strong>—</strong> 3. Quartal <strong>2015</strong><br />

06<br />

Schattensprünge<br />

So sprengen Sie Ihre Grenzen<br />

von Gaby S. Graupner<br />

14<br />

Finde Deine Traumfirma Oder Gründe sie<br />

So gelingt der Neuanfang<br />

40<br />

36 48<br />

22<br />

28<br />

<strong>34</strong><br />

40<br />

48<br />

von Dr. Kerstin Gernig<br />

Global Leadership mit Herz und Verstand<br />

Durch persönliche Strahlkraft (fremde) Welten bewegen<br />

von Andreas Dudas<br />

Das vergessene Wunder<br />

Niemand kommt aus der Natur<br />

wie er in sie gegangen ist<br />

Im Gespräch mit Jörg Romstötter<br />

Erfolgsfaktor Stimme<br />

3 Experimente, die zeigen, wie Sie mehr<br />

aus Ihrer Stimme herausholen<br />

von Frederik Beyer<br />

Just do it!<br />

<strong>ZT</strong> im Interview mit der Schattensprung-Expertin<br />

Gaby S. Graupner<br />

Interview<br />

Die kollektive Lizenz zum Scheitern<br />

Wie die Trendveranstaltung „Fuck-Up-Nights“<br />

unser Erfolgsstreben erfolgreich hinterfragt<br />

Berichterstattung von Lilli Iliev<br />

Zukunft-Training • 3. Quartal <strong>2015</strong> | 5


6 | Zukunft-Training • 3. Quartal <strong>2015</strong>


SCHATTEN<br />

SPRÜNGE<br />

S O S P R E N G E N S I E I H R E G R E N Z E N<br />

Viele kennen die Tendenz in sich: Erstmal nach den Gründen suchen, warum etwas nicht<br />

klappen kann. Hinter diesen Gründen verbirgt sich jedoch letztlich meist die eigene<br />

Bequemlichkeit. Statt zunächst zu überlegen, wie ein erfolgreicher Weg aussehen könnte,<br />

auch wenn er von gewohnten Denkmustern abweicht, haben wir oft innerlich schon<br />

abgelehnt. Wie kann es funktionieren, sich im Alltag flexible Denkkonzepte zu bewahren<br />

und damit ab sofort ein Schattenspringer zu werden?<br />

von Gaby S. Graupner<br />

Nach der Mittagspause oder wenn die Gruppendynamik<br />

ins Stocken gerät, mache ich mit meinen<br />

Firmenteams gerne dieses Pausenspiel: Alle<br />

Teilnehmer stehen in einem Kreis und ein Tennisball<br />

soll durch ihre Hände gehen.<br />

Sobald sie sich auf eine Vorgehensweise geeinigt haben, wird<br />

der Countdown 3-2-1 gezählt, die Stoppuhr gestartet und<br />

der Ball geht durch die Hände. Wenn er wieder beim ersten<br />

angekommen ist, wird die Zeit gestoppt und meistens stehen<br />

durchschnittlich 10 Sekunden auf der Uhr. Jetzt wird die<br />

Anforderung von mir erhöht. Der Ball muss in einer Zeit von<br />

unter 1,2 Sekunden durch alle Hände gehen.<br />

„Das geht nicht“, „So ein Schmarrn“, „Das ist unmöglich“, sind<br />

die häufigsten und noch harmlosesten Reaktionen. Beim letzten<br />

Mal meinte einer der Teilnehmer sogar, dass dies physikalisch<br />

gar nicht möglich sei und versuchte, mir dies auch pseudowissenschaftlich<br />

zu erklären. Nun, Tatsache ist: Es geht – die<br />

eine oder andere Gruppe hat es auch schon unter einer Sekunde<br />

geschafft, 0,75 Sekunden war bisher das beste Ergebnis.<br />

Zukunft-Training • 3. Quartal <strong>2015</strong> | 7


»Viele Menschen haben einen Schalter im Kopf, der auf dem „Es-geht-nicht“-Modus steht.«<br />

Was mich wirklich fasziniert, ist, dass oft der eine oder andere<br />

Kollege schon nach zwei Minuten den richtigen Lösungsansatz<br />

sagt, aber die Kollegen diesen Vorschlag gar nicht erst in<br />

Betracht ziehen, sondern sofort viele Gründe vorbringen, weshalb<br />

das nicht gehen kann.<br />

Tausend und ein Grund, warum es nicht geht<br />

Weshalb machen wir das? Weshalb setzen wir uns bei Herausforderungen<br />

sofort Grenzen und beweisen uns wortreich, wieso<br />

das gar nicht gehen kann?<br />

Egal ob ich im Training tätig bin, mit Zuhörern in meinen Vorträgen<br />

spreche oder mit Entscheidern in einem Meeting sitze,<br />

viele meiner Gesprächspartner können mir minutenlang erzählen,<br />

weshalb eine Vision, eine Idee oder sogar ein konkreter<br />

Plan nicht funktionieren wird. Menschen sind unglaublich<br />

kreativ, wenn es darum geht, Gründe und Beweise zu finden,<br />

weshalb etwas nicht funktionieren wird. Das Spannendste dabei<br />

ist, sie haben immer Recht.<br />

Viele Menschen haben einen Schalter im Kopf, der auf dem<br />

„Es-geht-nicht“-Modus steht. Wenn es nach mir ginge, würde<br />

ich ja gerne diesen Schalter einfach mal kräftig drücken, damit<br />

er auf den „Es-geht“-Modus springt. Denn, wenn die Menschen<br />

es schaffen würden, kontinuierlich im „Es-geht“-Modus<br />

zu agieren, würden sie in der gleichen Zeit genauso viele Argumente<br />

finden, warum etwas geht. Das Spannendste daran, am<br />

Ende haben sie immer Recht.<br />

Als ich vor einem Jahr beschlossen habe, für ein Jahr kein<br />

Fleisch mehr zu essen, kamen viele Menschen auf mich zu,<br />

um diese Entscheidung zu kommentieren. Da gab es die<br />

„Fleisch-ist-wichtig“-Fraktion, die mir erklärte, dass das Eiweiß<br />

im Fleisch mir fehlen würde, dass wir von der Natur als Fleischfresser<br />

bestimmt sind und es sich negativ auf meine Fitness<br />

und mein Durchhaltevermögen auswirken würde. Dann gab<br />

es noch die „Fleisch-ist-ungesund“-Fraktion, die mir erklärte,<br />

weshalb es eine sehr gute Entscheidung sei, kein Fleisch mehr<br />

zu essen; aus umwelttechnischen Gründen, weil es mich müde<br />

machen würde, weil unser Körper nicht wirklich als Fleischesser<br />

ausgelegt sei und viele Gründe mehr. Beide Parteien hatten<br />

Recht, in ihrer Welt. Wenn ich an das eine glaube, werde<br />

ich viele „Beweise“ finden, weshalb ich Recht habe. Wenn ich<br />

dagegen von der anderen Seite überzeugt bin, werde ich dafür<br />

auch viele „Beweise“ finden. Am Ende entscheiden immer<br />

Sie, ob Sie zukünftig einen Schattensprung wagen und sich für<br />

den „Es-geht“-Modus entscheiden oder eben nicht.<br />

So entkommen Sie dem „Es-geht-nicht“-Modus<br />

Wenn Ihnen, liebe Leser, dieser Sprung im ersten Schritt als<br />

zu gewagt erscheint, können Sie auch einen Zwischenmodus<br />

ansteuern. Den „Wie-könnte-es-gehen“-Modus. Manchmal<br />

brauchen wir dazu auch den Mut, so zu denken, als wären alle<br />

Ressourcen vorhanden.<br />

»Am Ende entscheiden immer<br />

Sie, ob Sie zukünftig einen<br />

Schattensprung wagen und<br />

sich für den „Es-geht“-Modus<br />

entscheiden, oder eben nicht.«<br />

Vor einiger Zeit fragte mich ein Kunde, ob ich das in seinem<br />

Unternehmen bereits gehaltene Training auch mit einer internationalen<br />

Mannschaft durchführen würde, also auf Englisch.<br />

Mein Englisch ist sozusagen ausbaufähig, obwohl ich mich in<br />

Amerika ganz gut auf Conventions und ähnlichen Veranstaltungen<br />

schlage, ein Training in dieser anderen Sprache durchzuführen,<br />

ist schon eine größere Nummer. Mein erster Impuls<br />

war also „nein“ zu sagen, doch meinem eigenen Vorsatz folgend<br />

legte ich den Schalter auf „Es-geht“-Modus und sagte:<br />

„Ja, gerne.“ Nachdem das Gespräch beendet war und ich den<br />

Hörer aufgelegt hatte, wurde mir die Tragweite meiner Entscheidung<br />

erstmals so richtig bewusst, und ich erschrak schon<br />

etwas. Das nennt man „Angst vor der eigenen Courage“. Fast<br />

hätte ich noch einmal angerufen und einen „übersehenen“<br />

Termin als Absagegrund vorgeschoben. Stattdessen stellte ich<br />

meinen Schalter auf den „Wie-könnte-es-gehen“-Modus, und<br />

8 | Zukunft-Training • 3. Quartal <strong>2015</strong>


dadurch kamen eine Reihe von Fragen auf:<br />

Wovor fürchte ich mich? Was könnte funktionieren?<br />

Was fehlt mir? Was bringe ich mit?<br />

Am Ende blieben zwei Punkte übrig: 1. Mangelnde<br />

Erfahrung, ein Training in Englisch<br />

durchzuführen – also die Angst vor zu vielen<br />

Unbekannten. 2. Ich bin mir sicher, alles<br />

in Englisch ausdrücken zu können, was mir<br />

wichtig ist – nicht perfekt, aber grundsätzlich<br />

– was ich dagegen nicht immer verstehe, ist,<br />

was mir mein Gesprächspartner tatsächlich<br />

sagen will.<br />

Das war jetzt eine ganz andere Perspektive:<br />

von „Das kann ich nicht“ zu „Zwei konkrete<br />

Punkte sind eine Herausforderung“. Und genau<br />

dafür brauchte ich eine Lösung. Ich will<br />

dieses Training durchführen, aber ich brauche<br />

ein Backup für schwierige Situationen in<br />

diesem Training, also einen versierten Dolmetscher!<br />

Da hatte ich sogar einen in meinem Kollegenkreis<br />

– es wurde ein erfolgreiches Training,<br />

an dem viel mehr klappte, als ich im<br />

Vorfeld gedacht hätte. Durch mein „Backup“<br />

fühlte ich mich sicher. Ich erzähle diese Geschichte<br />

gerne Kolleginnen oder Kollegen,<br />

wenn sie mir erzählen, dass sie eine Anfrage<br />

haben, ein Training oder einen Vortrag in<br />

englischer Sprache zu halten, aber ihre Grenzen<br />

kennen.<br />

Dabei höre ich immer wieder: „Stimmt, darüber<br />

habe ich noch nie nachgedacht. Ich<br />

habe immer nur darüber nachgedacht, warum<br />

ich es nicht machen kann und dass es<br />

noch lange dauern wird, bis mein Englisch<br />

einmal 100%ig ist.“<br />

Gaby S. Graupner<br />

Expertin für Schattensprünge<br />

Fürs Leben lernt man am besten von denen, die<br />

selbst Außergewöhnliches erlebt und es geschafft<br />

haben, dabei große Herausforderungen zu meistern.<br />

Als 18-Jährige musste sich Gaby S. Graupner von einer<br />

engstirnigen Religionsgemeinschaft lösen. Sie<br />

schmuggelte die Familie eines Freundes aus der DDR,<br />

zog allein drei Kinder groß und pflegte zwei Omas bis<br />

zu deren Tod. Nebenbei studierte sie Betriebswirtschaft<br />

und wurde Vertriebsprofi.<br />

Seit 18 Jahren hilft sie Kunden als Keynote-Speakerin<br />

und Trainerin dabei erfolgreicher im Vertrieb und im<br />

Leben zu sein. Auf ihrem Weg hat sie Hilfe bei vielen<br />

Experten gefunden und die fundierten Ratschläge<br />

und Erkenntnisse einem Praxistest unterzogen. Als<br />

Präsidentin der German Speakers Association verhalf<br />

sie ihren Berufskollegen zu einer engeren Vernetzung<br />

untereinander und warb für ein klareres Bewusstsein<br />

für Ethik und Werte. Mit ihrem Vortragsthema: „Schattensprünge<br />

– Wie Sie über sich hinauswachsen“ zeigt<br />

sie ihren Zuhörern, wie sie die eigenen Stärken so einsetzen,<br />

dass sie anspruchsvolle Lebenslagen erfolgreich<br />

meistern, und bringt dabei alle Techniken der<br />

positiven Kommunikation auf den Punkt.<br />

www.gabysgraupner.de<br />

Es ist also wichtig, zuerst einmal die gesamte<br />

Situation zu analysieren. Anstatt die Aufgabe<br />

zur Gänze als „das geht ja nie“ abzulehnen,<br />

finden Sie heraus: Was wäre möglich oder<br />

was wäre möglich, wenn Sie „xyz“ hätten.<br />

Das „fünfte“ Tischbein<br />

Stellen Sie sich einen Bistrotisch mit ei-


»Viele Menschen verharren in ihren Träumen direkt vor dem ersten Schritt.«<br />

nem Bein vor. Der Tisch ist Ihr Ziel, Ihr<br />

Wunsch oder Ihre Vision. Das Bein, welches<br />

in der Mitte angebracht ist, ist die<br />

Ressource, die Ihnen auf den ersten<br />

Blick fehlt. Angenommen, Sie haben<br />

diese Ressource aber, was wäre dann<br />

Ihr nächster Schritt? Wie würden Sie<br />

es angehen? Welche Ideen und Lösungen<br />

hätten Sie für Schritt<br />

eins, zwei, drei und/oder<br />

vier? Wenn Sie also genau<br />

wüssten, wie Schritt eins<br />

aussehen soll, befestigen<br />

Sie diesen „Schritt“ als<br />

nächstes Tischbein am<br />

Tisch hinten rechts. Danach<br />

planen Sie Schritt<br />

zwei. Überlegen Sie genau,<br />

wie Sie diesen durchführen<br />

würden und befestigen ihn<br />

rechts vorne. Ebenso verfahren Sie mit<br />

Schritt drei und vier und befestigen das<br />

jeweilige Tischbein dann links hinten<br />

und vorne. Jetzt können Sie das fünfte,<br />

mittlere Tischbein entfernen, denn Ihr<br />

Tisch steht auch mit den vier anderen<br />

Beinen. Das nenne ich die „Das-fünfte-<br />

Tischbein“-Methode.<br />

Durch das Blockieren unserer Gedanken,<br />

weil der erste Schritt vermeintlich<br />

nicht möglich ist, denken wir selten<br />

oder nie über die weiteren Schritte<br />

»Durch das Blockieren unserer<br />

Gedanken, weil der erste Schritt<br />

vermeintlich nicht möglich ist,<br />

denken wir selten oder nie über die<br />

weiteren Schritte nach.«<br />

nach. Und wir merken gar nicht, dass<br />

wir von unserem Traum vielleicht nur<br />

einen kleinen Schritt entfernt sind.<br />

Schauen Sie sich das „fünfte“ Bein an.<br />

Ist es wirklich so wichtig oder würden<br />

die anderen vier Beine ausreichen? Was<br />

hindert Sie daran, einfach mit Schritt<br />

zwei zu beginnen? Unter Umständen<br />

sehen Sie jetzt auch eine Lösung,<br />

nachdem Sie die vier anderen Schritte<br />

durchgegangen sind und sie im Detail<br />

einmal geplant haben. Der erste Schritt<br />

erscheint uns oft so schwierig oder unüberwindbar,<br />

dass wir den Wald vor lauter<br />

Bäumen nicht mehr sehen<br />

oder für einen nächsten<br />

Schritt keine Energie<br />

mehr haben.<br />

Viele Menschen verharren<br />

in ihren Träumen direkt<br />

vor dem ersten Schritt<br />

und erstarren davor wie<br />

eine Maus vor der Schlange.<br />

Oder sie springen<br />

gleich vom ersten Schritt zum Ende<br />

und träumen davon, wie schön es wäre,<br />

dieses Ziel jetzt erreicht zu haben. Dem<br />

Weg dazwischen dagegen schenken sie<br />

keine Aufmerksamkeit und sprengen so<br />

selten wirklich ihre Grenzen.<br />

BUCH-EMPFEHLUNG<br />

Goldegg Verlag<br />

248 Seiten<br />

Erstauflage, € 19,95<br />

ISBN: 978-3902991003<br />

Schattensprünge <strong>—</strong> 13 Anstöße, um über sich hinauszuwachsen<br />

Gaby S. Graupner<br />

In jedem von uns steckt ein unglaubliches Potenzial. Meistens braucht es nur<br />

kleine Anstöße, damit es zur Entfaltung kommen kann. Der persönliche Erfolg<br />

ist abhängig von überzeugendem Auftreten, klarer Sprache und offenem<br />

Umgang mit sich selbst. Alles, was dazu nötig ist, tragen Sie bereits in sich. Sie<br />

müssen es nur wagen, über Ihren Schatten zu springen. In diesem Buch finden<br />

Sie 13 konkrete Anstöße, die Ihnen dabei helfen, alle Aufgaben des Lebens<br />

erfolgreicher zu meistern.<br />

Bestellen unter:<br />

www.zukunfttraining.de/buecher<br />

10 | Zukunft-Training • 3. Quartal <strong>2015</strong>


Wagemutige verlieren auch mal<br />

Ja, selbstverständlich kann es auch schiefgehen.<br />

Wer etwas wagt, kann auch verlieren.<br />

Doch nie etwas zu wagen, bedeutet,<br />

bereits verloren zu haben, bevor es überhaupt<br />

losging. Nina Hagen sagte einmal:<br />

„Sie haben mich nicht auf die Schauspielschule<br />

gelassen – ich bin trotzdem auf<br />

die Bühne gegangen! Ich habe meine<br />

Meinung gesagt und mir ein neues Land<br />

zum Leben gesucht. Wenn ich mich immer<br />

nach anderen gerichtet hätte, dann wäre<br />

ich nicht ick – und ick bin ick. Wenn wir<br />

wollen, können wir die Welt anhalten!“<br />

Wenn es nötig ist, halten Sie die Welt an,<br />

aber laufen Sie nicht wie eingesperrt immer<br />

am Grenzzaun auf und ab. Sicherlich<br />

geht es nicht immer auf dem direkten<br />

Weg. Manchmal ist es vielleicht erforderlich,<br />

einen größeren Umweg zu machen<br />

oder das Ziel in kleine Häppchen zu zerlegen,<br />

oder im ersten Schritt eine Nummer<br />

kleiner zu starten. Doch wenn es Ihnen<br />

wirklich wichtig ist, Ihre Grenzen zu sprengen,<br />

sollte nichts und niemand Sie aufhalten<br />

können.<br />

Vertrauen in den Weg<br />

Die Welt ist voller Menschen, die Ihnen<br />

helfen können. Fragen Sie. Bitten Sie. Aber<br />

lassen Sie nicht los, Ihre Ziele zu verfolgen<br />

und Ihren Weg zu gehen. Wenn Sie Ihr<br />

Ziel, eine Grenze zu sprengen, genau geplant<br />

und definiert haben, wenn Sie bereit<br />

sind, Ihre Grenze zu überwinden, werden<br />

sie erstaunt sein, von welchen Menschen<br />

und aus welchen Ecken plötzlich Unterstützung<br />

kommt. Vertrauen Sie sich und<br />

der Welt.<br />

***<br />

Gaby S. Graupner<br />

»Sicherlich geht es nicht<br />

immer auf dem direkten<br />

Weg. Manchmal ist es<br />

vielleicht erforderlich,<br />

einen größeren Umweg<br />

zu machen oder das Ziel<br />

in kleine Häppchen zu<br />

zerlegen, oder im ersten<br />

Schritt eine Nummer<br />

kleiner zu starten.«<br />

Zukunft-Training • 3. Quartal <strong>2015</strong> | 11


12 | Zukunft-Training • 3. Quartal <strong>2015</strong>


<strong>ZT</strong> EXPERTEN-AUTOR WERDEN<br />

JET<strong>ZT</strong> BEWERBEN<br />

Für Trainer, Coaches, Speaker & Berater<br />

bewerbung@zukunfttraining.de<br />

Zukunft-Training • 3. Quartal <strong>2015</strong> | 13


14 | Zukunft-Training • 3. Quartal <strong>2015</strong>


FINDE DEINE TRAUMFIRMA<br />

ODER GRÜNDE SIE<br />

SO GELINGT DER NEUANFANG<br />

Ein alter Menschheitstraum ist wahr geworden: Wir haben zwar noch nicht das ewige Leben,<br />

aber unsere Lebenszeit hat sich im letzten Jahrhundert fast verdoppelt. Damit ist jedoch auch<br />

die Arbeitszeit länger geworden. Ein Grund mehr, einen Beruf zu ergreifen, der der eigenen<br />

Berufung entspricht. Finde Deine Traumfirma oder gründe sie. Das ist die Herausforderung.<br />

Unsere Kultur der Wahl bietet viele Möglichkeiten, das eigene Leben selbst in die Hand zu<br />

nehmen. Worauf es ankommt, damit der Neuanfang gelingt, verrät die Expertin für Neuanfänge<br />

Dr. Kerstin Gernig.<br />

von Dr. Kerstin Gernig<br />

In Deutschland sind 12% der Berufstätigen selbständig,<br />

88% sind angestellt. Dieses Ungleichgewicht spiegelt die<br />

mentale Stimmung im Land: die Sicherheitsorientierung<br />

ist ausgeprägter als die Risikofreude. „Yes we can“ wird in<br />

Deutschland gern zitiert. Aber wird dieses Selbstvertrauen<br />

auch wirklich gelebt?<br />

Das alljährliche Stimmungsbarometer der Gallup-Umfragen<br />

zur Mitarbeiterzufriedenheit liefert dazu Zahlen. 2014 gaben<br />

15% der Befragten an, sich mit ihrem Job zu identifizieren,<br />

während 70% „Dienst nach Vorschrift“ machen und 15% sich<br />

in die innere Immigration verabschiedet haben. Diese Zahlen<br />

spiegeln brachliegende Potentiale, die mit einem Neuanfang<br />

entfaltet werden könnten. Einer der zentralen Sätze im<br />

Coaching macht aus diesem Konjunktiv einen Imperativ: „Love<br />

it, change it or leave it.“ Frei übersetzt: Werde, was du kannst!<br />

Gewiss, das ist leichter gesagt als getan.<br />

Wer sagen kann: „Ich bin geworden, was ich kann. Ich habe<br />

meinen Traumberuf. Mein Beruf entspricht meiner Berufung“,<br />

der gehört zu den glücklichen 15%, die lieben, was sie tun.<br />

Aber was ist mit den anderen?<br />

Zukunft-Training • 3. Quartal <strong>2015</strong> | 15


»Wer mit seiner Stelle unzufrieden ist, muss erst einmal eine Alternative finden.«<br />

Welchen Preis wir zahlen<br />

Man zahlt für alles einen Preis: Dafür, unbefriedigende Strukturen<br />

zu verlassen ebenso wie dafür, in unbefriedigenden Strukturen<br />

zu verharren. Wer mit seiner Stelle unzufrieden ist, muss<br />

erst einmal eine Alternative finden. Alternativen werden nicht<br />

am Reißbrett geplant, sondern brauchen Zeit, um sich zu entwickeln.<br />

Solche Phasen der Neu- und Umorientierung bieten<br />

die Chance, der inneren Stimme Raum zu geben, um zu erkennen,<br />

was einem wirklich wichtig ist. Dabei kann es helfen, auch<br />

vermeintlich verrückte Ideen zu entwickeln.<br />

»„Die Krise als Chance“ zeigt<br />

sich immer erst rückblickend.<br />

Deshalb kommt es darauf an,<br />

die eigene Unzufriedenheit<br />

nicht nur wahrzunehmen,<br />

sondern auch ernst zu<br />

nehmen.«<br />

Um zu sehen, wie das in der Praxis funktioniert, habe ich mich<br />

auf die Suche nach Menschen gemacht, die den Schritt in die<br />

Selbständigkeit gewagt und mit ungewöhnlichen Ideen ein<br />

Unternehmen aufgebaut haben. Begegnet bin ich Erst- und<br />

Seriengründern, Aus- und Umsteigern, Querdenkern und<br />

Abenteurern des Selbst. Einige von ihnen haben sich vom Babyboomer<br />

zum Midlifeboomer entwickelt und in der Mitte des<br />

Lebens mutig einen radikalen Neuanfang gewagt, indem sie<br />

sich vom Marketingmanager zum Transformationstherapeuten,<br />

vom Dirigenten zum Qigong-Meister, vom Mechaniker<br />

zum Lodge-Betreiber oder auch vom Bankdirektor zum Internetunternehmer<br />

entwickelt haben. Sie haben ausgetretene,<br />

für sie nicht mehr stimmige Pfade verlassen, um neue Wege<br />

zu beschreiten. Diese Neuanfänge habe ich in meinem Buch<br />

„Werde, was du kannst! Wie man ein ungewöhnlicher Unternehmer<br />

wird“ geschildert, um Menschen zu ermutigen, neue<br />

berufliche Perspektiven auch<br />

unabhängig von Berufsabschlüssen<br />

und Zeugnissen<br />

zu entwickeln.<br />

Was rückblickend<br />

nach Erfolgsgeschichten<br />

klingt,<br />

war häufig mit<br />

großen Herausforderungen<br />

oder auch Krisen<br />

verbunden. „Die<br />

Krise als Chance“<br />

zeigt sich immer<br />

erst rückblickend.<br />

Deshalb kommt es<br />

darauf an, die eigene<br />

Unzufriedenheit nicht nur<br />

wahrzunehmen, sondern auch<br />

ernst zu nehmen. Das ist der entscheidende<br />

erste Schritt, um etwas zu verändern.<br />

Das muss nicht gleich heißen, den Schritt in die Selbständigkeit<br />

zu wagen. Aber es bedeutet, ins Handeln zu kommen,<br />

um das, was in jedem von uns an Kreativität und Ideen steckt,<br />

auch umzusetzen – ob mit oder ohne akademische Ausbildung,<br />

als digitaler Eingeborener oder digitaler Immigrant, als<br />

Handwerker oder IT-Experte, als Selbständiger oder Angestellter.<br />

Ob wir unsere Möglichkeiten entfalten, hängt von uns ab:<br />

unserem Mut, unserer Veränderungsbereitschaft und unserer<br />

Umsetzungsenergie.<br />

Ein erster Schritt ist, sich die Frage zu stellen: Wie selbstbestimmt<br />

ist eigentlich mein Leben? Damit verbunden sind viele<br />

andere Begriffe, die umreißen, was mit Selbstbestimmung<br />

gemeint ist: Selbstachtung, Selbstbewusstsein, Selbstfindung,<br />

Selbstentfaltung, Selbstvervollkommnung, Selbstheilung,<br />

Selbständigkeit, Selbstwirksamkeit oder auch Selbstermächtigung.<br />

„Werde, was du kannst“ bedeutet, Verantwortung für<br />

die Entfaltung der eigenen Fähigkeiten zu übernehmen. Denn<br />

jeder entscheidet für sich selbst, was er aus seinem Leben<br />

macht, wie er es nutzt, was ihm wichtig ist, was ihn antreibt<br />

oder auch beflügelt, wofür es sich zu leben lohnt, was dem<br />

16 | Zukunft-Training • 3. Quartal <strong>2015</strong>


eigenen Leben Sinn gibt, was es schön und<br />

lebenswert macht. Ein gutes Coaching stellt<br />

Methoden zur Verfügung, um eingefahrene<br />

Verhaltens- und Gedankenmuster zu verlassen<br />

und neue Perspektiven einzunehmen.<br />

Was zum Neuanfang motiviert<br />

Wer Dienst nach Vorschrift macht, ist oft<br />

unzufrieden. Doch das Gefühl der Unzufriedenheit<br />

reicht nicht immer aus, um etwas<br />

zu verändern. Unzufriedenheit mobilisiert<br />

oft eher Jammer- als Handlungsenergie.<br />

Wer jammert, findet oft Vorwände, warum<br />

er nichts verändern kann und die Umstände<br />

an allem schuld sind. Wer hingegen seine Gedanken<br />

in andere Richtungen lenkt, entdeckt<br />

auch neue Wege. Es sind die starken Energien<br />

wie Leidenschaft oder auch Leidensdruck,<br />

die uns zu Veränderungen motivieren. Innere<br />

Immigration ist keine Alternative. Ob Routinen<br />

oder Stress, Burnout oder Boreout, ausgeprägte<br />

Hierarchien oder Glasdecken: wer<br />

leidet, den fordert der eigene Körper auf,<br />

einen Ausweg zu suchen. Ein Neuanfang ist<br />

möglich, nicht nur mit Mitte zwanzig, sondern<br />

auch in der Mitte des Lebens, sofern die<br />

nötige Energie im Spiel ist.<br />

Was man für den Neuanfang braucht<br />

Um den Weg hin zu einem selbstbestimmten<br />

Leben zu finden, gibt es im Grunde nur<br />

einen Menschen, der Ihnen massiv im Weg<br />

stehen kann: Das sind Sie selbst. Denn Sie<br />

bestimmen über Ihr Denken, Fühlen und<br />

Handeln. Während die Körperpflege zu den<br />

täglichen Ritualen gehört, wird die Pflege<br />

des eigenen Geistes oft vernachlässigt. Doch<br />

das, was sich im eigenen Kopf abspielt, entscheidet<br />

wesentlich über unsere Gefühle<br />

und Handlungen. Kopfkino, Glaubenssätze,<br />

Mindsets, Werte und Überzeugungen können<br />

uns genauso ausbremsen wie beflügeln.<br />

Nehmen Sie Ihre Gedanken ernst und achten<br />

Sie auf sie. Das erfordert Übung und auch<br />

Selbstdisziplin. Fragen Sie sich z. B. nicht<br />

andauernd: Kann ich das schaffen? Sondern<br />

stellen Sie die Frage mit einer kleinen<br />

Dr. Kerstin Gernig<br />

Expertin für Neuanfänge<br />

Dr. Kerstin Gernig arbeitet als Autorin, Coach und<br />

Speaker. Sie ist Expertin für Neuanfänge, nicht nur in<br />

der Theorie, sondern auch im eigenen Leben. Sie hat<br />

als Hochschuldozentin, Geschäftsführerin und Chefredakteurin<br />

gearbeitet, bevor sie sich 2011 als Business-Coach<br />

und Beraterin selbständig gemacht hat.<br />

Die Entfaltung von Potenzialen ist ihre Leidenschaft,<br />

ob bei Führungskräften, Unternehmern oder auch in<br />

Teams. Durch eigene Perspektivenwechsel – von der<br />

Wissenschaft in die Wirtschaft in die Selbständigkeit –<br />

weiß sie, wovon sie spricht, wenn es um die Entfaltung<br />

von Potenzialen geht. 2014 hat sie ihr Buch „Werde,<br />

was du kannst! Wie man ein ungewöhnlicher Unternehmer<br />

wird“ bei Murmann Publishers veröffentlicht,<br />

das vom Verlag für den deutschen Wirtschaftsbuchpreis<br />

nominiert wurde. Im Oktober 2014 wurde sie<br />

vom Bundeswirtschaftsministerium als Vorbildunternehmerin<br />

Deutschlands im Rahmen der Initiative<br />

„FRAUEN unternehmen“ ausgezeichnet.<br />

www.werdewasdukannst.de<br />

www.dr-gernig-coaching.de<br />

Buch-Empfehlung<br />

Werde, was du kannst<br />

Wie man ein ungewöhnlicher<br />

Unternehmer wird<br />

Murmann Publishers 2014<br />

Mehr unter:<br />

www.zukunfttraining.de/<br />

buecher


Wendung radikal um: Wie kann ich das schaffen?<br />

Im Coaching geht es darum, die Bremse im Kopf<br />

zu lösen und die positive Energie in den Fluss zu<br />

bringen. Es geht darum, den eigenen Stärken und<br />

Fähigkeiten zu vertrauen, um sich auf Veränderungen<br />

einlassen und neue Wege einschlagen zu<br />

können. Natürlich gilt dabei: Wer die eigene Komfortzone<br />

verlässt, bewegt sich auf unbekanntem<br />

Terrain und geht damit auch Risiken ein. Doch wer<br />

Risiken grundsätzlich ablehnt, wird auch Chancen<br />

nie ergreifen. Um sich für neue Wege vorzubereiten,<br />

lohnt es sich, ein Profil seiner Stärken zu<br />

erstellen. Das ist der sichere Boden, auf dem Sie<br />

sich – bei aller Verunsicherung, die mit Veränderungen<br />

in komplexen, sich rasch verändernden<br />

Gesellschaften verbunden ist –, weiterentwickeln.<br />

Wer Neuanfänge unterstützt<br />

In Prozessen der Veränderung brauchen Menschen<br />

Vorbilder und Sparringspartner, die sie<br />

beim Erreichen ihrer Ziele unterstützen und einen<br />

Perspektivenwechsel ermöglichen, ob als Führungskraft,<br />

als Team-Mitglied oder als Selbständiger.<br />

» In Prozessen der<br />

Veränderung brauchen<br />

Menschen Vorbilder und<br />

Sparringspartner, die sie<br />

beim Erreichen ihrer Ziele<br />

unterstützen und einen<br />

Perspektivenwechsel<br />

ermöglichen.«<br />

Die Gallup-Umfragen sind aber nicht nur Ausdruck<br />

der Arbeitnehmerzufriedenheit, sondern<br />

auch der gelebten Führungskultur. Deshalb lohnen<br />

sich kreative Reflexionsphasen, nicht nur für<br />

Aus- und Umsteiger, sondern auch für Unternehmer<br />

und ihr Team. An einem Team-Coaching-Tag<br />

erlebt sich jeder Einzelne im Spiegel des Teams,<br />

reflektiert seine Stärken und Entfaltungsspielräume,<br />

die Kommunikationskultur und Spielregeln,<br />

den Umgang mit Fehlern und die gegenseitige<br />

Wertschätzung, Erwartungshaltungen und Kooperationen:<br />

spielerisch, diskursiv, anregend –<br />

mit Impulsen für Perspektivenwechsel oder auch<br />

einen Neuanfang. Der kreative Imperativ bei der<br />

Gestaltung von Arbeit und Leben lautet: Werde,<br />

was du kannst!<br />

***<br />

Dr. Kerstin Gernig<br />

18 | Zukunft-Training • 3. Quartal <strong>2015</strong>


MOBIL • ONLINE • GEDRUCKT<br />

www.zukunfttraining.de<br />

ZUKUNFT-TRAINING<br />

Zukunft-Training • 3. Quartal <strong>2015</strong> | 19


Vom Manager zum<br />

charismatischen Leader<br />

Der Kongress für Speaker, Trainer, Manager & Leader<br />

Jetzt anmelden auf:<br />

www.tam-lernkongress.info<br />

20 | Zukunft-Training • 3. Quartal <strong>2015</strong>


Zukunft-Training • 3. Quartal <strong>2015</strong> | 21


22 | Zukunft-Training • 3. Quartal <strong>2015</strong>


GLOBAL<br />

LEADERSHIP<br />

MIT HERZ UND VERSTAND<br />

DURCH PERSÖNLICHE STRAHLKRAFT<br />

(FREMDE) WELTEN BEWEGEN<br />

Auf globalen Märkten so sicher zu agieren wie im gewohnten Umfeld, beherrscht nicht<br />

jeder. Doch die Fähigkeiten, die man braucht, um weltweit erfolgreich Projekte umzusetzen,<br />

kann jeder erlernen. Auf die innere Stimme zu hören und aus dem Herzen zu sprechen,<br />

sind die Schlüsselfaktoren für globalen Erfolg. Doch diese scheinbar einfachsten Dinge<br />

zu kultivieren, ist im Alltag nicht so leicht umzusetzen. Wie der Weg zurück zur eigenen<br />

Intuition aussehen kann, verrät der Experte für Global Leadership Andreas Dudas.<br />

von Andreas Dudas<br />

Bangkok 2010. Ich sitze alleine und niedergeschlagen<br />

in einem riesigen Sitzungsraum. Drei Tage<br />

lang habe ich versucht, einen Joint Venture vor<br />

dem Untergang zu bewahren. Ich bin gescheitert.<br />

Kurz zuvor war ich noch guter Dinge und hatte<br />

trotz der aussichtslos scheinenden Situation an den Erfolg geglaubt.<br />

Meine Aufgabe: Als Vermittler einen der größten Bauunternehmer<br />

aus Malaysia und ein Energieunternehmen aus<br />

Thailand wieder zusammenzuschmieden. Beide hatten sich<br />

zu dem Joint Venture zusammengeschlossen, um ein großes<br />

Wasserkraftwerk in Laos zu bauen. Egoistische Ziele, Mangel<br />

an Zusammenarbeit, Stillschweigen über wichtige Tatsachen<br />

und religiöse Differenzen hatten jedoch in einem riesigen<br />

Streit geendet. Es ging um hohen Gesichtsverlust und viel<br />

Geld.<br />

Alles wie immer, aber...<br />

Ich zwang mich zur Selbstreflexion. Dies war nicht meine erste<br />

Herausforderung in einem interkulturellen Kontext. Ich<br />

wusste: Im Prinzip ist immer alles möglich und nichts verloren.<br />

Was hatte ich als Gesamtprojektleiter und Mediator falsch<br />

Zukunft-Training • 3. Quartal <strong>2015</strong> | 23


»Im Prinzip ist immer alles möglich und nichts verloren.«<br />

gemacht? Wie hätte ich anders vorgehen können? Vor rund 10<br />

Jahren konnte ich einen meiner großen Träume realisieren: in<br />

exotischen Ländern zu arbeiten. Meine abenteuerliche Reise<br />

führte mich als erstes nach Indien, wo ich es schaffte, ein Unternehmen<br />

nahe dem Abgrund wieder zum Marktführer zu<br />

machen. Auch in Vietnam, Myanmar, im Iran, Laos, Pakistan<br />

und in vielen anderen Länder holte ich Projekte unter abenteuerlichen<br />

Umständen aus Krisen und bereinigte scheinbar<br />

unlösbare Konflikte. Bei all diesen Herausforderungen stürzte<br />

ich mich immer wieder in neue Situationen. Völlig unvorbereitet,<br />

ohne Kenntnisse von Land und Leuten, ohne Crash-Kurs in<br />

interkultureller Kommunikation. Und in jenem Sitzungsraum<br />

in Bangkok wird mir klar: Wie schon so oft in der Vergangenheit<br />

hätte mich auch dieses Mal kein Training und kein Coaching<br />

dieser Welt auf das vorbereiten können, was ich antraf. Es war<br />

also alles wie immer. Trotzdem, es hatte dieses Mal nicht funktioniert.<br />

Warum?<br />

Angst im Kopf lähmt – Herz führt zum Erfolg<br />

Erst viele gedanklich intensive Stunden später erkenne ich den<br />

Grund meines Scheiterns: Ich hatte den wichtigsten Grundsatz<br />

bei solchen Projekten vernachlässigt. Den, der mir in der<br />

Vergangenheit stets geholfen hatte, Milliardenprojekte und<br />

Unternehmen in exotischen Märkten zur Nummer eins zu machen.<br />

Ich hatte nicht mehr auf mein Herz gehört! Hatte mich<br />

energetisch in den Sog von Manipulation und Fremdbestimmung<br />

der beiden Parteien ziehen lassen. Aus reiner Angst.<br />

Angst, zu versagen. Angst, den Ansprüchen nicht gerecht zu<br />

werden. Und vor allem Angst, Menschen in einer mir unbekannten<br />

Kultur mit harten Konsequenzen zu konfrontieren.<br />

Diese Angst unterbrach meinen positiven Energiefluss und<br />

meine innere Strahlkraft erlosch. Diese Angst lähmte mich<br />

und meine Intuition und brachte so das gesamte Projekt zum<br />

Erliegen.<br />

Wertschätzung, Vertrauen, Begeisterung - trotz fremder<br />

Umgebung<br />

Was für eine Einsicht. Was für eine Lektion. Gerade diese Situation<br />

brachte mir wieder das Bewusstsein, dass der gemeinsame<br />

globale Nenner für den Erfolg in fremden Kulturen drei<br />

wesentliche Dinge umfasst:<br />

1. Das verlorene Vertrauen in andere sowie in sich selbst<br />

wieder herzustellen<br />

2. Wertschätzung für Andersartigkeit zu entwickeln<br />

3. Menschen trotz größter Hindernisse und Widerstände<br />

für eine Sache zu begeistern<br />

Das klingt einfacher, als es ist. Aber alles, was wir dazu brauchen,<br />

ist eine erhöhte Wahrnehmung. Sich in ständiger Selbstreflexion<br />

zu üben und ein Höchstmaß an Glaubwürdigkeit<br />

auszustrahlen, fällt uns in fremden Kulturen um ein Vielfaches<br />

schwerer als zu Hause. Was wir als Führungskraft zu Hause<br />

schon nicht gut können, gelingt uns in der Ferne erst recht<br />

nicht.<br />

»Oft tun wir in vorauseilendem<br />

Gehorsam das, was andere<br />

von uns erwarten, nur um Lob<br />

zu erhalten.«<br />

Unsere Einzigartigkeit und Echtheit leben<br />

Seien wir uns bewusst: Wir können nur das geben, was wir<br />

bereits besitzen. Doch viele suchen immer im Außen nach<br />

Lösungen, geben stets anderen die Schuld. Top-Manager,<br />

die global agieren und argumentieren: „Mit denen da in Indien<br />

kannst du nicht arbeiten“ oder „Nur wir aus dem Westen<br />

bringen den Schwellenländern die Entwicklung“ müssen sich<br />

nicht wundern, wenn sie kläglich versagen. Menschen, die so<br />

denken und kommunizieren, zeigen nur, dass sie sich selbst<br />

nicht wertschätzen. Und wer sich selbst nicht schätzt, kann<br />

dies auch nicht nach außen tragen als Katalysator, um in einer<br />

globalisierten Welt erfolgreich mit der Andersartigkeit umzugehen.<br />

Doch wie eignen wir uns diese Wertschätzung an? Sie<br />

ist nichts anderes als der Ausdruck für den Mut, unsere Echtheit<br />

zu leben. Der größte Engpass dabei sind unsere Ängste,<br />

nicht anerkannt zu werden. Oft tun wir in vorauseilendem<br />

Gehorsam das, was andere von uns erwarten, nur um Lob zu<br />

erhalten. Das ist der definitiv falsche Weg. Was funktioniert, ist<br />

folgendes Erfolgsprinzip: Der globale Nenner „Wertschätzung<br />

für die Andersartigkeit durch den Mut, seine Echtheit aus dem<br />

Herzen zu leben.“<br />

24 | Zukunft-Training • 3. Quartal <strong>2015</strong>


Nur wer von innen strahlt, bringt andere<br />

zum Leuchten.<br />

Wer selber strahlt, kann dieses Strahlen in<br />

anderen ebenfalls auslösen und damit Welten<br />

bewegen. Authentische Menschen mit<br />

Strahlkraft erzielen in 4 wesentlichen Bereichen<br />

mit der Integrität des Herzens große<br />

Wirkung:<br />

• Sie haben die Sinnfrage ihres Seins geklärt,<br />

kennen ihre Werte und suchen<br />

sich die Umgebung, in welcher sie diese<br />

leben können.<br />

• Sie kennen ihre Stärken und Schwächen<br />

und haben den Mut, ihre Persönlichkeit<br />

zu leben.<br />

• Sie haben die Courage, offen ihre Meinung<br />

zu sagen und Feedback zu geben,<br />

bei gleichzeitiger Wertschätzung der<br />

Verschiedenartigkeit.<br />

• Sie formen keine opportunistischen<br />

Seilschaften, sondern nachhaltige Beziehungen<br />

mit Menschen.<br />

Folgt man einer einfachen Formel, so ergibt<br />

sich: Was man im Herzen fühlt, muss mit<br />

dem, was man sagt und tut, übereinstimmen.<br />

Es ergibt sich folgende Gleichung:<br />

Was das Herz sagt<br />

(4 Bereiche)<br />

X<br />

Commitment<br />

=<br />

Mut x Aktion<br />

(Worte und Taten)«<br />

Andreas Dudas<br />

Experte für Global Leadership und Transformation<br />

Andreas Dudas ist Top-100-Speaker, führender Experte<br />

für Global Leadership und Transformation, Unternehmer,<br />

Autor und Dozent an führenden Schweizer<br />

Hochschulen. Er verfügt über 25 Jahre internationale<br />

Erfahrung in leitenden Positionen in mehr als 30<br />

Ländern auf 4 Kontinenten. Er verantwortete den<br />

erfolgreichen Turnaround von Großprojekten in Milliardenhöhe<br />

und die Entwicklung von Unternehmen in<br />

komplexen Wachstumsmärkten wie Indien, inklusive<br />

Beilegung von hartnäckigen, schweren Konflikten.<br />

Ein Schwerpunkt seiner Arbeit ist die Transformation<br />

von Unternehmen und Managern in der Krise zu<br />

Organisationen und Leadern mit globalem Impact.<br />

2010 gründet er verschiedene Unternehmen und<br />

Stiftungen, um seiner Lebensaufgabe, der Schaffung<br />

von mehr Bewusstheit und dadurch Transformation<br />

bei den Menschen und Unternehmen, voll und ganz<br />

nachzukommen. Getreu dem Grundsatz „Nur wer von<br />

innen strahlt, bringt andere zum Leuchten“ fördert er<br />

die Bewusstheit für wichtige globale Erfolgsprinzipien<br />

und setzt bei Menschen und Unternehmen die entscheidenden<br />

Impulse, um schwierigste Situationen in<br />

nachhaltigen Erfolg und Profitabilität zu transformieren<br />

sowie Nachhaltigkeit und Frieden zu fördern.<br />

In seinen mitreißenden Keynotes, Referaten und<br />

Workshops kombiniert Andreas Dudas seine breite<br />

internationale Führungserfahrung mit den neusten<br />

Erkenntnissen aus Mentaltraining (Dipl. Mentaltrainer<br />

& Mediator), Quantenheilung (Matrix Inform Trainer)<br />

sowie experimentellem Lernen.<br />

www.andreasdudas.com


»Meine<br />

persönliche<br />

Definition<br />

von Global<br />

Leadership:<br />

»Menschen,<br />

die ungeachtet<br />

mentaler und<br />

geografischer<br />

Grenzen andere<br />

mitreißen und<br />

eindrückliche<br />

Spuren<br />

hinterlassen, wo<br />

immer sie sich<br />

bewegen.«<br />

Stellen sie sich als globaler Leader nun folgende<br />

Fragen:<br />

1. Folge ich in den 4 obigen Bereichen<br />

meinem Herzen?<br />

2. Wenn Nein, warum nicht ? Liegt es an<br />

falschen Glaubenssätzen oder Ängsten?<br />

Oder muss ich anders handeln<br />

und kommunizieren, um der Integrität<br />

zu folgen?<br />

3. Möchte ich wirklich etwas ändern?<br />

Wenn Ja: An welcher Stelle der Formel<br />

muss ich arbeiten?<br />

4. Muss ich falsche Glaubenssätze aufgeben,<br />

mehr Mut entwickeln (Ängste<br />

abbauen) oder mir zuerst über meine<br />

wahren Werte oder Berufung bewusst<br />

werden?<br />

Ultimativer Erfolg durch Strahlkraft<br />

Menschen, die echt sind und dadurch echt<br />

agieren, entfalten eine immense persönliche<br />

Strahlkraft. Sie begeistern, sie reißen<br />

mit und werden von anderen trotz ihrer<br />

Ecken und Kanten als glaubwürdig und<br />

berechenbar wahrgenommen. Sie bewegen<br />

sich nicht nur erfolgreich auf dem<br />

internationalen Parkett, sondern machen<br />

global einen echten Impact, denn sie tragen<br />

den Geist der Wertschätzung in die<br />

Welt hinaus und bauen zukunftsfähige<br />

und erfolgreiche Geschäftsmodelle für<br />

ihre Unternehmen. Denn nur wer im Einklang<br />

mit Natur und Mensch arbeitet, wird<br />

im 21. Jahrhundert den nachhaltigen globalen<br />

Erfolg ernten und Mehrwert für alle<br />

schaffen. Das ist meine persönliche Definition<br />

von Global Leadership: „Menschen,<br />

die ungeachtet mentaler und geografischer<br />

Grenzen andere mitreißen und eindrückliche<br />

Spuren hinterlassen, wo immer<br />

sie sich bewegen.“<br />

Wie ging es weiter?<br />

Zurück nach Bangkok: Ich widerstehe<br />

dem Impuls, abzureisen und das<br />

Projekt als definitiv gescheitert zu deklarieren.<br />

Ich besinne mich auf die erwähnte<br />

Formel und beginne wieder, aus<br />

dem Herzen zu agieren. Mein inneres<br />

Commitment steigt dadurch sofort. Ich<br />

lade alle Beteiligten noch einmal an einen<br />

Tisch. Mein Eröffnungsplädoyer ist nicht<br />

mehr von Angst, sondern von Zuversicht<br />

und Vertrauen geprägt. Ich spreche direkt<br />

aus meinem Inneren, lege meine tiefe<br />

Überzeugung dar, wie positiv und wichtig<br />

das Wasserkraftwerk für die Menschen in<br />

Laos ist. Wie es deren Alltag verbessern<br />

kann. Dann legen wir die Spielregeln fest.<br />

1. Jeder darf und soll über seine<br />

Gefühle sprechen.<br />

2. Keine gegenseitigen Vorwürfe.<br />

Wer es dennoch nicht sein lassen kann, bezahlt<br />

5 Dollar in einen gemeinsamen Topf.<br />

3. Eine gemeinsame Vision<br />

entwickeln.<br />

Alle unterschreiben das Flipchart mit den<br />

Spielregeln.<br />

Nach den üblichen Anfangsscharmützeln<br />

finden wir endlich zur gemeinsamen Vision:<br />

Nicht der Bau eines gigantischen Projekts,<br />

sondern die Produktion von Energie<br />

für einige der ärmsten Menschen der Welt<br />

steht im Fokus. Die Beschreibung dieser<br />

Vision dreht die Schwingung der Verhandlung,<br />

wir diskutieren konstruktiv und ziehen<br />

wieder an einem Strang. Wir haben<br />

plötzlich ein gemeinsames, übergeordnetes<br />

Ziel. Nach 12 Stunden dann strahlende<br />

Gesichter. Ein Neustart ist gelungen; die<br />

beiden Unternehmen einigen sich nun<br />

rasch über die weitere Vorgangsweise. Der<br />

Bau kann beginnen. Wieder einmal ist mir<br />

klar geworden: Wer als globaler Leader<br />

Welten bewegen will, hat nur eine Option:<br />

Den Mut, die eigene Strahlkraft zu entfalten,<br />

um andere zum Leuchten zu bringen.<br />

***<br />

Andreas Dudas<br />

26 | Zukunft-Training • 3. Quartal <strong>2015</strong>


AUSBILDUNG ZUM<br />

TAM-LERNARCHITEKTEN<br />

WWW.TRAINER-AKADEMIE.DE<br />

Zukunft-Training • 3. Quartal <strong>2015</strong> | 27


28 | Zukunft-Training • 3. Quartal <strong>2015</strong>


DAS VERGESSENE<br />

WUNDER<br />

NIEMAND KOMMT AUS DER NATUR<br />

WIE ER IN SIE GEGANGEN IST<br />

IM GESPRÄCH MIT JÖRG ROMSTÖTTER<br />

Jörg Romstötter erschließt die großen Potenziale der reichsten Erfolgs-Ressource<br />

der Welt – der Natur. Er weiß, dass manche Menschen noch nie wirklich in der<br />

Natur waren, verrät, warum wir alleine in die Natur gehen sollten und erklärt, wie<br />

ein „Denktag“ in der Natur am besten funktioniert. Und schlussendlich verrät der<br />

Vortragsredner und Autor im Interview, warum Natur sogar Geld drucken kann.<br />

Herr Romstötter, Ihr aktuelles Buch<br />

trägt den Titel „Das vergessene<br />

Wunder“. Wieso ein Wunder, und<br />

was genau haben wir alle vergessen?<br />

Wir haben eine sehr tiefe, schon immer ins uns liegende<br />

Wahrheit vergessen: Die Kraft und Kreativität<br />

der Natur. Die Natur hat umfassende Wirkungen auf<br />

uns, die wir sonst nirgends so einfach und tiefgreifend<br />

erfahren. Es gibt keine Umgebung, die so sehr den Prozess<br />

der Selbstreflexion anregt und unterstützt wie die<br />

Natur. Dort draußen fühlen wir uns sofort instinktiv pudelwohl<br />

und eigentümlich „zu Hause“. Wir entspannen uns äußerst schnell und<br />

gründlich und haben erstaunlich klare Gedanken. Unterwegs in Wald und<br />

Flur bringen wir nicht nur unseren Kreislauf, unsere Muskeln und unser Immunsystem<br />

artgerecht in Schwung, sondern vor allem unsere Kreativität. Wo<br />

gibt es das denn sonst in dieser Form und Intensität und noch dazu gratis<br />

und unbegrenzt? Vergessen haben wir auch, die Natur gezielt für unseren<br />

erfolgreichen Lebensweg zu nutzen. Sie ist heute bloß zur Heile-Welt-Fluchtburg<br />

und Erlebnis-Kulisse verkommen. Wir gehen zwar in die Natur, kommen<br />

aber nur kurzfristig entspannt zurück. Deshalb ändert sich dadurch nichts an<br />

unserem Alltag und wir lechzen nach der nächsten Auszeit im Grünen.<br />

Was sollten wir denn anders machen, damit wir aus der Natur mit nachhaltigen<br />

positiven Auswirkungen in unseren Alltag zurückkehren?<br />

Zukunft-Training • 3. Quartal <strong>2015</strong> | 29


Wir sollten anstatt ewig rastlos im ständigen Tun voranzuhasten,<br />

ausnahmsweise einmal das Gegenteil machen.<br />

Langsamer und bewusster werden. Körperlich<br />

wie auch in Gedanken. Sport treiben, Umherwandern<br />

oder andere Beschäftigungen aktiv wahrnehmen, um<br />

runterzukommen, anzukommen und unsere Gedanken<br />

und Gefühle in unterschiedlichen Bewegungsintensitäten<br />

zu erleben. Das ist der beste Weg um unsere<br />

bestehenden Meinungen und Einstellungen zu<br />

unseren aktuellen Themen aktiv zu „testen“. Und dann<br />

das daraus Wertvollste aus uns herauszukitzeln, indem<br />

wir einfach in der Natur verweilen und uns selbst ein<br />

wenig zuhören. Das geht in bester Güte ausschließlich<br />

allein.<br />

»...eine natürliche Umgebung hilft<br />

uns, Wichtiges zu erkennen und<br />

dauerhaft sinnvolle Schritte zu<br />

setzen, die obendrein sogar noch<br />

lukrativer sind.«<br />

Sie sagen „Wer noch nie allein in der Natur war, der war<br />

auch noch nicht wirklich in der Natur.“ Wie ist das zu verstehen<br />

und warum ist gerade das Alleinsein in der Natur<br />

ein wichtiger Schlüsselfaktor für uns Menschen?<br />

Gewisse Fragen stellen wir uns nur im Alleinsein. Wie<br />

wir auch die Antworten nur im Alleinsein finden können.<br />

Nur wenn wir allein da draußen sind, können<br />

wir überhaupt wahrnehmen, wie intensiv die Natur<br />

auf uns wirkt. Wie sie unsere Gedanken und Gefühle<br />

verändert, wie sie unseren Ideenreichtum und unsere<br />

Entscheidungsprozesse fördert. Es ist zwar unbestritten<br />

wunderschön, mit Freunden, der Familie oder dem<br />

Hund draußen zu sein. Die gesamte gigantische Wirkung<br />

der Natur können wir so nur leider nicht erleben.<br />

Nur allein wird uns klar, wohin wir wirklich wollen. Das<br />

macht uns, zurück im Alltag, ungeheuer selbstsicher.<br />

Heute wissen wir aus Studien: eine natürliche Umgebung<br />

hilft uns, Wichtiges zu erkennen und dauerhaft<br />

sinnvolle Schritte zu setzen, die obendrein sogar noch<br />

lukrativer sind. Unsere herkömmliche, oft städtische<br />

Alltagswelt hingegen fördert unser Konkurrenzverhalten,<br />

das uns zu kurzfristigen Schaden-Vermeidungs-<br />

Strategien und Dominanzverhalten und damit zu<br />

weniger lukrativen Entscheidungen verleitet. Natürliche<br />

Umgebungen schulen zudem besonders intensiv<br />

unsere emotionale Intelligenz - DIE Voraussetzung um<br />

Menschen optimal zu führen.<br />

Wie oft gehen Sie selber alleine in die Natur?<br />

Jede Woche mindestens einmal für ein paar Stunden.<br />

Und auch immer wieder für mehrere Tage am Stück.<br />

Auf jeden Fall ganz intensiv vor, während und nach<br />

30 | Zukunft-Training • 3. Quartal <strong>2015</strong>


»Wie sich unser Leben<br />

tatsächlich gestaltet, erfahren<br />

wir erst, wenn wir tun, was in<br />

uns nach außen drängt. Die<br />

Natur entlockt uns das auf ganz<br />

besonders eindrückliche Weise<br />

- nur aushalten müssen wir das<br />

wollen.«<br />

größeren Entscheidungsprozessen in meinem Leben.<br />

Dazu unternehme ich jedes Jahr meist zwei größere<br />

Naturreisen. Ohne diese Zeiten mit mir alleine in der<br />

Natur könnte ich meinen Job als Vortragsredner und<br />

Coach nicht so intensiv ausüben, wie mir dies wichtig<br />

ist.<br />

Wie können Unternehmen konkret von der Ressource Natur<br />

profitieren? Damit, dass die Mitarbeiter am Wochenende<br />

und in der Freizeit in die Natur gehen, ist es ja nicht<br />

getan.<br />

Wenn nur alle regelmäßig in die Natur gingen, wäre<br />

allein damit schon sehr viel gewonnen. Dem können<br />

Führungskräfte, die die Power der Natur verstanden<br />

und für sich assimiliert haben, leicht abhelfen, indem<br />

sie ihre Mitarbeiter sensibilisieren, wo und wie diese in<br />

ihrem Alltag überall Natur finden. Ihnen nahebringen,<br />

wie sie die Zeit dort am besten für sich nutzen. Natur<br />

finden wir meist viel häufiger und auch näher, als vielen<br />

bewusst ist. Ein Gang durchs Grüne vor und nach<br />

der Arbeit und genauso in der Pause wird Denkblockaden,<br />

Bewegungsmangel und Kleinerkrankungen<br />

zuverlässig ausschalten.<br />

In meinen Trainings und Coachings lege ich Unternehmen<br />

auch nahe, noch weiter zu denken. Da gibt<br />

es die Möglichkeit, Zeit zur Erholung in der Natur und<br />

gezielte Denktage in der Natur zu kombinieren und<br />

anzubieten. Das Unternehmen gibt so seinen Mitarbeitern<br />

nicht nur qualitativ sehr hochwertige Zeit für sich<br />

selbst zurück, sondern profitiert von neuen, durch die<br />

Kreativitätsressource Natur entstehenden Denkansätzen.<br />

»Wenn nur alle regelmäßig in die<br />

Natur gingen, wäre allein damit<br />

schon sehr viel gewonnen.«<br />

Ein solcher „Denktag“ in der Natur sieht idealerweise wie<br />

aus?<br />

Das ist sehr vielfältig. Denn die Natur in ihren unterschiedlichen<br />

Landschaftsformen zu nutzen, fließt da<br />

ebenso ein, wie verschiedene Bewegungsintensitäten,<br />

Fragestellungen und die Verweildauer. Für jede<br />

Situation und jede Herausforderung lässt sich eine<br />

ideal unterstützende Vorgehensweise kreieren. Zum<br />

Beispiel: Zunächst grenzen wir die Aufgabe oder Fragestellung<br />

ein. Wie etwa Klarheit gewinnen für einen<br />

strategischen Prozess. Dementsprechend wählen<br />

wir die Naturlandschaft, welche die dazu erwünschten<br />

Blickwinkel und Haltungen am besten fördert.<br />

Über das bewusste Ausleben von verschiedenen Bewegungsintensitäten<br />

und dem Beobachten unserer<br />

Zukunft-Training • 3. Quartal <strong>2015</strong> | 31


»Wer wirklich die passenden Menschen einstellt und diese auf<br />

Augenhöhe behandelt, der erlebt kaum Enttäuschungen.«<br />

Gedanken und Gefühle dabei, durchschreiten wir die notwendige<br />

Schleuse zur echten Naturbegegnung. Diese ist immer<br />

eine tiefe, klärende Begegnung mit uns selbst. An einem Platz,<br />

an dem wir völlig ungestört sind und an dem wir einen freien<br />

Ausblick haben, konfrontieren wir uns erneut mit unserer<br />

Frage. Spätestens hier stellen wir die ersten, meist sehr überraschenden<br />

Neuimpulse fest. Auf dem Rückweg, der identisch<br />

oder bewusst anders gewählt sein kann, kommen wir langsam<br />

wieder in unserer Alltagswelt an. Auch das ist wieder eine<br />

Schleuse, die erst so manche Idee zu Tage fördert.<br />

Sie sagen „Natur druckt Geld“ – Wie geht das? Was müssen wir vor<br />

allem tun, um dieses Geld „abzuholen“?<br />

Das schaffen wir auf dreierlei Weise: Zunächst das aktive<br />

Nutzen der Reflexionszone Natur für hochwertige Entscheidungen.<br />

Dann das Integrieren von möglichst viel Natur und<br />

Grün in unseren Lebens- und Arbeitsalltag für eine tiefere und<br />

schnellere Erholung. Und damit generell höhere Schaffenskraft,<br />

mehr Gesundheit und indirekt sogar höhere Bindung<br />

an den Arbeitgeber, durch die gelebte Work-Life-Balance.<br />

Und außerdem als sehr wichtigen zusätzlichen Punkt die<br />

Gestaltung der Arbeitsumgebung mit natürlichen Attributen<br />

wie Pflanzen, Tieren, den vier Elementen und Naturbildern.<br />

Denn diese suggerieren bei Besuchern automatisch eine höhere<br />

Qualität der Produkte und Dienstleistungen und eine<br />

höhere Kompetenz der Mitarbeiter. Wir halten uns in solchen<br />

Geschäftsräumen länger auf und akzeptieren sogar höhere<br />

Preise. Dies ist ein ganz unbewusster Vorgang, der sich in barer<br />

Münze auszahlt!<br />

„Unternehmen sind die neuen Stämme“ ist eine Ihrer Kernaussagen.<br />

Warum ist das so?<br />

Es ist völlig gleichgültig, wo wir arbeiten: Wir bedienen überall<br />

dieselben Kunden, wir tun das Gleiche, wir verdienen überall<br />

gleich, wir werden überall nach ähnlichen Standards behandelt.<br />

Wenn aber alles gleich ist, dann gibt es nur einen einzigen<br />

stichhaltigen Grund, in einem bestimmten Unternehmen zu<br />

arbeiten. Weil es für uns emotional attraktiver ist als alle anderen!<br />

Das ist eine gewaltige Chance für Unternehmen. Wir haben<br />

heute keine kollektive emotionale Heimat mehr. Wir leben<br />

in Kleinstfamilien und vereinsamen trotz Social Media immer<br />

mehr. Wir lassen da heute eine immense emotionale Power<br />

BUCH-EMPFEHLUNG<br />

Goldegg Verlag<br />

248 Seiten<br />

Erstauflage, € 19,95<br />

ISBN: 978-3902991614<br />

Das vergessene Wunder<br />

Wie wir aus der Natur Kraft, Erfolg und Inspiration schöpfen<br />

Jörg Romstötter<br />

In der Natur liegt alles, was wir brauchen! Oft fühlen wir uns schlapp, ausgelaugt<br />

und energielos – der stressige Alltag raubt uns alle Kraft. Viele Menschen leiden<br />

sogar unter psychischen Erkrankungen. Wir suchen verzweifelt nach Ablenkung,<br />

Erholung und Entspannung, aber häufig an den falschen Orten. Dabei ist es so<br />

einfach: Alles, was wir brauchen, liegt direkt vor uns: die Natur. Doch wir haben<br />

unsere natürliche Verbundenheit und unser Urvertrauen in diese mächtige<br />

Kraftquelle schon fast vergessen. Es ist Zeit, sie ganz neu zu entdecken.<br />

Bestellen unter:<br />

www.zukunfttraining.de/buecher<br />

32 | Zukunft-Training • 3. Quartal <strong>2015</strong>


ach liegen, die aktuell in Suchterkrankungen<br />

aller Art ihre Ersatzbefriedigung findet.<br />

Das ist (volks-)wirtschaftlich und ethisch<br />

unsinnig, unbezahlbar und demnächst ruinös.<br />

Die Unternehmen, die sich dieser Stammesverantwortung<br />

bewusst werden und<br />

sie anwenden, werden von den Resultaten<br />

begeistert sein. Denn wir wollen ja dazu gehören.<br />

Wir wollen uns einsetzen, wir wollen<br />

gebraucht werden. Das ist ein Urbedürfnis<br />

von uns Menschen.<br />

Ist es nicht auch gefährlich, wenn Mitarbeiter<br />

ihr Unternehmen als Stamm betrachten? Was<br />

passiert, wenn dieses Unternehmen z. B. Mitarbeiter<br />

abbauen muss? Von einem Unternehmen<br />

gekündigt zu werden, ist für viele noch rational<br />

nachvollziehbar. Aus seinem Stamm, zu<br />

dem man gehört, ausgeschlossen zu werden,<br />

hat mit Sicherheit eine viel tiefere emotionale<br />

Wirkung, die so manchen aus der Balance bringen<br />

kann.<br />

Genau da liegt das Problem. Wir sagen „Kündigung“<br />

und „müssen“. Das ist eine einseitige<br />

Willenserklärung: „Geh, ich brauche Dich<br />

nicht mehr.“ Es geht auch schlauer. Eine<br />

Trennung ist ein ganz anderes Kaliber. Da<br />

schaut man sich in die Augen und vereinbart,<br />

wie man sich trennt. Das ist aus emotionaler<br />

Sicht zwar immer noch schwer, aber<br />

möglich. Und definitiv billiger. In Zukunft<br />

werden es sich alle zweimal gut überlegen,<br />

wie sie auseinander gehen. Das gilt für Unternehmen<br />

wie Mitarbeiter. Außerdem finden<br />

sich in Gesprächen in einer schwierigen<br />

Unternehmenslage immer auch individuelle<br />

Lösungen, die eine Trennung gar nicht nötig<br />

machen. Ich denke, viele Unternehmen sind<br />

einfach nicht ehrlich, wollen nur rasch Ballast<br />

abwerfen und kündigen zackig. Wenn es in<br />

einem Trennungsprozess hart auf hart geht,<br />

dann ist vorher schon viel falsch gelaufen.<br />

Wer wirklich die passenden Menschen einstellt<br />

und diese auf Augenhöhe behandelt,<br />

der erlebt kaum Enttäuschungen.<br />

Jörg Romstötter<br />

Business-Coach<br />

Jörg Romstötter ist Diplomingenieur, Betriebsökonom<br />

und zertifizierter Business-Coach und lebt mit<br />

seiner Familie im Berchtesgadener Land. Berge und<br />

Business sind seit über zwei Jahrzehnten seine beiden<br />

großen Leidenschaften. Er ist auf dem Business-Parkett<br />

ebenso trittsicher wie in der Wildnis.<br />

Als Speaker, Trainer und Coach erschließt er für jedes<br />

Business die reichste ErfolgsRessource der Welt - die<br />

Natur. Er inspiriert und nimmt seine Kunden mit auf<br />

eine uralte und gleichzeitig sehr zeitgemäße Reise.<br />

Die Natur erschloss er sich selber in über 2.000 Tagen<br />

draußen. Unter anderem auf über 50 Reisen in<br />

den großen Naturräumen der Erde: Gebirge, Wüsten<br />

und Tundren. Zu Fuß, mit Skiern, dem Fahrrad oder<br />

dem Boot. Er gründete federführend für eine große<br />

Agrarorganisation ein Unternehmen und führte es als<br />

Vertriebsleiter und Geschäftsführer zum Erfolg. Heute<br />

gibt er sein Wissen und seinen Erfahrungsschatz<br />

zum Thema ErfolgsRessource Natur in mitreißenden<br />

Keynotes, praxisnahen Trainings und individuellen<br />

Coachings weiter.<br />

www.joerg-romstoetter.com<br />

***<br />

Vielen Dank für das Gespräch, Herr Romstötter!


<strong>34</strong> | Zukunft-Training • 3. Quartal <strong>2015</strong>


ERFOLGSFAKTOR<br />

STIMME<br />

3 EXPERIMENTE, DIE ZEIGEN, WIE SIE MEHR AUS<br />

IHRER STIMME HERAUSHOLEN<br />

Die eigene Stimme sehen die meisten als etwas Angeborenes und Unveränderliches an.<br />

Tatsächlich aber lässt sich die Stimmlage und damit die Wirkung auf andere erheblich<br />

beeinflussen – zu Ihrem persönlichen und beruflichen Vorteil. Warum es etwas Zeit und<br />

Aufmerksamkeit erfordert, aber sich in doppeltem Sinne auszahlt, eine angenehme und<br />

ausdrucksstarke Stimme aufzubauen, verrät Stimmenexperte Frederik Beyer.<br />

von Frederik Beyer<br />

Facebook, XING und Twitter sind nichts – verglichen<br />

mit ihr. Sie ist das älteste soziale Medium. Sie ist unser<br />

ureigenes, angeborenes Kommunikationsinstrument.<br />

Sie ist so einzigartig wie unser Fingerabdruck.<br />

Sie spiegelt unsere Persönlichkeit. Mit ihr können<br />

wir Kriege anzetteln oder einem Menschen unsere Liebe gestehen.<br />

Ob privat oder beruflich – wir nutzen sie täglich tausendfach:<br />

unsere Stimme.<br />

Doch noch immer wird diese wertvolle Ressource, die Stimme,<br />

oft vernachlässigt. Noch lange nicht bekommt sie die<br />

Aufmerksamkeit, die ihr gebührt. Sicher, Stimme gehört zu<br />

den Soft Skills. Doch was so „soft“ daherkommt, ist in Wahrheit<br />

ein entscheidender Erfolgsfaktor – belegt durch harte Fakten.<br />

Warum ist die Stimme ein Erfolgsfaktor?<br />

1. Wir leben in einer Ära des Wissens. Das Weltwissen verdoppelt<br />

sich innerhalb von drei Jahren. Bald schon binnen<br />

zwei Jahren. Es wird künftig also immer wichtiger,<br />

sich Wissen anzueignen, zu teilen und zu vermitteln. Sicherlich<br />

geschieht das auch schriftlich, indem wir Bücher,<br />

Zukunft-Training • 3. Quartal <strong>2015</strong> | 35


» Unsere Stimme ist keine Eigenschaft, sondern eine Fähigkeit.«<br />

Blogs und Fachzeitschriften lesen. Vor allem aber kommunizieren<br />

wir Wissen mündlich – in Vorträgen, Seminaren,<br />

Trainings, Coachings, Schulungen, Video-Tutorials,<br />

Online-Kursen und persönlichen Gesprächen. Das Hauptinstrument<br />

dabei? Unsere Stimme!<br />

2. Jeder dritte Beruf gilt mittlerweile als besonders sprechintensiv.<br />

Sei es im Meeting, auf der Fachmesse, beim<br />

Telefonieren, im Kundengespräch, bei Smalltalk oder Präsentationen:<br />

Über 30% aller Berufstätigen sind zu 100%<br />

auf ihre Stimme angewiesen.<br />

3. Was der Volksmund schon lange weiß, haben Studien<br />

mehrfach bewiesen: Der Ton macht die Musik. Was wir<br />

sagen ist weit weniger wichtig als die Tatsache, wie wir es<br />

sagen. Die Stimme hat dabei ein gehöriges Wörtchen mitzureden;<br />

sie ist neben der Körpersprache der wirksamste<br />

Schlüsselreiz in der Kommunikation.<br />

4. Stimme ist Persönlichkeit. Ein kurzer Blick auf die Herkunft<br />

des Wortes beweist es: per-sonare bedeutet hindurch-tönen<br />

bzw. durch-klingen. Die Stimme zeigt, was<br />

in uns steckt, sie spiegelt unsere Persönlichkeit: Ich bin,<br />

wie ich kling´!<br />

Vielleicht denken Sie jetzt: Schön und gut, aber ist es mit der<br />

Stimme nicht genauso wie mit meiner Augenfarbe? Einfach<br />

angeboren? Schicksal? Die gute Nachricht: Unsere Stimme ist<br />

keine Eigenschaft – wie blaue, grüne oder blaue Augen –, sondern<br />

eine Fähigkeit wie Schwimmen, Jonglieren oder Schlittschuhfahren.<br />

Und genau wie diese Fähigkeiten lässt sich auch<br />

die Stimme trainieren. Die schlechte Nachricht: stimmliche<br />

Veränderung braucht Zeit.<br />

Doch wie genau können Sie Ihre Stimme optimieren? Ich habe<br />

Ihnen hier drei der effektivsten Übungen aus meiner mehr als<br />

15-jährigen Praxis zusammengestellt.<br />

Wahrnehmung – der magische Schlüssel<br />

Angenommen, Sie laufen ein paar Schritte. Überlegen Sie<br />

dabei bewusst, welche Muskeln Sie in welcher Reihenfolge<br />

aktivieren müssen, um ein Bein vor das andere zu setzen? Sicherlicht<br />

nicht. „Laufen“ passiert unbewusst. Genauso verhält<br />

es sich auch mit der Stimme. Wenn Sie sprechen, überlegen<br />

Sie nicht, wie viel Luft Sie einatmen, wie Sie das Gaumensegel<br />

heben oder den Kiefer öffnen, um die unterschiedlichen Vokale<br />

und Konsonanten zu produzieren. Sie sprechen einfach.<br />

Unbewusst. Um dieses unbewusste Bewegungsmuster „Sprechen“<br />

bewusst zu machen und zu verändern, bedarf es einer<br />

grundlegenden Fähigkeit: Wahrnehmung. Schließlich können<br />

wir nur Dinge verändern, die wir wahrnehmen können. Führen<br />

Sie die folgenden Übungen daher weniger leistungs-, sondern<br />

eher wahrnehmungsorientiert aus.<br />

»Wenn Sie sprechen, sind<br />

Sie Ihr eigenes Instrument.<br />

Stimme ist Körper, Körper ist<br />

Stimme.«<br />

Der Körper – die Wohnung für die Stimme<br />

Wenn Sie sprechen, sind Sie Ihr eigenes Instrument. Stimme<br />

ist Körper, Körper ist Stimme. Leider trägt der moderne Business-Alltag<br />

dieser Tatsache kaum Rechnung. Stundenlang am<br />

Schreibtisch sitzen, mit vorgestrecktem Kopf auf den Laptop<br />

starren, beim Telefonieren im Auto in die Freisprechanlage<br />

brüllen – all das ist Gift für Körper und Stimme.<br />

1. Experiment:<br />

Raum nehmen<br />

Stellen Sie sich in die Mitte des Raumes. Überlegen Sie sich<br />

einen kurzen Satz, der öfters in Ihrem beruflichen Alltag vorkommt,<br />

z. B. „Herzlich willkommen, meine Damen und Herren!“<br />

Sprechen Sie diesen Satz insgesamt zwei Mal. Das erste Mal<br />

lassen Sie die Arme ganz normal neben dem Körper hängen,<br />

beim zweiten Mal heben Sie die Arme während der Einatmung<br />

seitlich nach oben, so dass sie gestreckt sind, parallel zum Boden.<br />

Die Handflächen zeigen dabei nach oben. Klingt der Satz<br />

beim zweiten Mal anders als beim ersten Mal? Sicherlich etwas<br />

voller, kräftiger? Vielleicht auch irgendwie freier oder lockerer?<br />

Beim zweiten Mal atmen Sie etwas mehr ein, nehmen sich<br />

36 | Zukunft-Training • 3. Quartal <strong>2015</strong>


im wahrsten Sinne des Wortes mehr Raum.<br />

Wenn Sie sich mehr Raum nehmen, klingt<br />

die Stimme auch raumfüllender. Die tiefere<br />

Atmung sorgt für eine tiefere Kehlkopf-Position.<br />

Und wenn der Kehlkopf entspannt tief<br />

sitzt, gibt es oberhalb – im Rachen und Mund<br />

– mehr Platz für Resonanz. Wiederholen Sie<br />

diese Übung mehrmals. Drehen Sie dann die<br />

Übung um. Wie gut gelingt es Ihnen, raumfüllend<br />

zu sprechen, auch ohne die Arme zu<br />

heben?<br />

» Verblüffend, aber wahr:<br />

Die Stimme ist – genau genommen<br />

– nicht fürs Sprechen<br />

gemacht. Evolutionsbiologisch<br />

sind Stimmlippen,<br />

Kehlkopf und Rachen<br />

auf etwas ganz anderes<br />

ausgelegt: Schutz.«<br />

Nacken und Kiefer – Saboteure oder<br />

Unterstützer?<br />

Verblüffend, aber wahr: Die Stimme ist – genau<br />

genommen – nicht fürs Sprechen gemacht.<br />

Evolutionsbiologisch sind Stimmlippen,<br />

Kehlkopf und Rachen auf etwas ganz<br />

anderes ausgelegt: Schutz. Ob physisch<br />

(beim Schlucken) oder psychisch (im Stress),<br />

schnürt es uns tatsächlich die Kehle zu. Dieser<br />

„Kloß im Hals“ ist natürlich alles andere<br />

als günstig. Die Stimme klingt hoch, hell, vielleicht<br />

gar gepresst und forciert. Besonders<br />

deutlich reagieren Kiefer und Nacken auf<br />

den täglichen Stress. Wir werden regelrecht<br />

„verbissen“ und „hartnäckig“.<br />

2. Experiment:<br />

Kaumuskel-Massage<br />

Setzen Sie sich bequem hin und fragen Sie<br />

sich: Wie groß ist – bei geschlossenem Mund<br />

– der Abstand zwischen beiden Zahnreihen?<br />

Um den Abstand besser wahrzunehmen,<br />

Frederik Beyer<br />

Experte für Stimme und Sprache<br />

Frederik Beyer lebt den „Erfolgsfaktor Stimme“. Dass er<br />

es selbst kann, beweist er als Profi-Sprecher in Radio<br />

und Fernsehen: MDR, ZDF, VOX, Sky, n-tv, N24.<br />

Frederik Beyer ist einer der gefragtesten Trainer in<br />

Sachen Stimme und Sprechen. Er unterrichtet an der<br />

Universität Erfurt, leitet Sprechtrainings im Auftrag<br />

des Weimarer Instituts für Sprechbildung, coacht als<br />

externer Lektor an der Schule des Sprechens in Wien<br />

und ist Dozent u.a. an der Hochschule der Medien<br />

Stuttgart.<br />

Dabei hat er alles andere als erfolgreich angefangen.<br />

Noch vor 12 Jahren hat er unter panischer Auftrittsangst<br />

gelitten: Zittern, Angstschweiß, weiche Knie. Ob<br />

als Sprecher oder Trainer – heute fühlt er sich auf Bühnen<br />

pudelwohl. Das spüren aus seine Klienten: Manager<br />

und Führungskräfte, Richter und Staatsanwälte,<br />

Lehrer und Referenten, Sprecher und Moderatoren.<br />

Frederik Beyer ist Fan von Kommunikation, besonders<br />

wenn sie gelingt. In Gruppenseminaren, Einzeltrainings<br />

und interaktiven Keynotes zeigt er seinen Zuhörern,<br />

warum die Stimme eine Schlüsselrolle dabei<br />

spielt und wie es ihnen gelingt, die Stimme bewusst<br />

und gezielt einzusetzen, um so noch erfolgreicher,<br />

eben „stimmiger“ zu kommunizieren.<br />

Was ihm besonders am Herzen liegt: anderen Menschen<br />

dabei zu helfen, stress- und angstfrei vor anderen<br />

zu reden. Dazu hat er gemeinsam Andreas Wenzel<br />

ein hochwirksames Mentaltraining entwickelt: „Lösungsmittel:<br />

bit.ly/beyer_cd<br />

www.frederikbeyer.de


können Sie auch die Zähne leicht zusammenbeißen und wieder lösen. Wieviel<br />

Millimeter Platz ist zwischen beiden Zahnreihen? Merken Sie sich genau<br />

diesen Abstand. Dann greifen Sie mit Daumen und Zeigefinger seitlich in die<br />

Wangentaschen, die Ellenbogen angehoben, der Mund leicht geöffnet. Spüren<br />

Sie Ihren Kaumuskel? Dann beginnen Sie diesen Muskel sanft zu massieren.<br />

Und während Sie ihn massieren, erlauben Sie dem Kinn ganz schwer zu<br />

werden, so als ob es Richtung Brust sinken will. Variieren Sie die Massage ein<br />

wenig, mal schneller, mal langsamer, mal derber, mal sanfter. Und wenn Sie<br />

etwa zwei Minuten Ihren Kaumuskel massiert haben, spüren Sie nach: Wie<br />

fühlen Sie sich jetzt? Wie empfinden Sie den Abstand zwischen Ihren Zahnreihen?<br />

Sicherlich ist er etwas größer geworden?<br />

Vertrauensstimme – im Eigenton sprechen<br />

Kennen Sie das? Sie sind unterwegs und kaufen zwischendurch ein Sandwich.<br />

Natürlich wissen Sie, dass Sie an diesem Tag vermutlich der 312. Kunde<br />

sind. Doch spätestens wenn die Verkäuferin in viel zu hoher Lage über<br />

die Theke flötet „Darf´s noch was sein, der Herr?“ – spätestens dann spüren<br />

Sie es auch. Sie sind nicht gemeint. Die Verkäuferin spricht über Sie hinweg.<br />

Dass sie Ihnen das Gefühl gibt, tatsächlich der 312. Kunde zu sein, liegt an<br />

der hohen, unpersönlichen Sprechlage.<br />

3. Experiment:<br />

Den Eigenton entdecken<br />

» Wiederholen<br />

Sie diese drei<br />

Übungen täglich<br />

ein paar Mal. Je<br />

regelmäßiger Sie<br />

diese Übungen<br />

machen, desto<br />

schneller gelingt<br />

der Transfer in<br />

den Alltag.«<br />

Nehmen Sie sich eine Viertelstunde Zeit, nur für sich, ganz allein. Machen<br />

Sie es sich im Sitzen bequem und beginnen Sie einfach genüsslich zu summen,<br />

in angenehmer Tonlage. Wichtig: Es geht bei dieser Übung nicht um<br />

Leistung, sondern um Wahrnehmung. Denken Sie einfach an Ihr Lieblingsessen,<br />

so dass Ihnen das Wasser im Munde zusammenläuft. Genießen Sie das<br />

Summen, so, als ob die Stimme von allein kommt, in bequemer Lautstärke.<br />

Machen Sie nun zusätzlich zum Summen Kaubewegungen. Die Kaubewegungen<br />

dürfen dabei groß und ausladend sein. Zusätzlich können Sie Ihr<br />

Gesicht leicht massieren. Wenn Sie das etwa eine Minute gemacht haben,<br />

fragen Sie sich: Wie klingt Ihre Stimme jetzt? Sicherlich etwas tiefer als sonst,<br />

oder? Nun legen Sie Ihre Hände auf Ihre Brust und spüren Sie, was sie spüren.<br />

Sicherlich nehmen Sie Vibrationen im Brustkorb wahr? Genau das ist Ihr<br />

“Eigenton”. In diesem Eigentonbereich fühlt sich die Stimme am wohlsten.<br />

Verlieben Sie sich einfach weiter in diese Vibrationen in Ihrem Brustkorb.<br />

Und staunen Sie, wie leicht Ihnen das fällt…<br />

Wiederholen Sie diese drei Übungen täglich ein paar Mal. Je regelmäßiger<br />

Sie diese Übungen machen, desto schneller gelingt der Transfer in den Alltag.<br />

Schließlich wollen Sie beim Telefonieren, im Meeting oder bei Vorträgen<br />

mit Ihrer Aufmerksamkeit nicht permanent bei Ihrer Stimme sein, sondern<br />

bei Ihrem Gegenüber und natürlich dem, was Sie sagen wollen. Oder?<br />

***<br />

Frederik Beyer<br />

38 | Zukunft-Training • 3. Quartal <strong>2015</strong>


0,5 + 0,5 = 1,5<br />

WENN 2 MENSCHEN EINEN JOB<br />

TEILEN, GEWINNEN ALLE!<br />

Zukunft-Training • 3. Quartal <strong>2015</strong> | 39<br />

www.<br />

.com


JUST DO IT!<br />

<strong>ZT</strong> im Interview mit Schattensprung-<br />

Expertin Gaby S. Graupner<br />

Wie definieren wir Erfolg? Ist es das Erreichen<br />

festgeschriebener Absatzzahlen oder die tief<br />

empfundene Zufriedenheit am Ende eines Tages? Wie<br />

auch immer jeder für sich selbst Erfolg definiert, wichtig<br />

ist es, dafür das Schattenspringen zu lernen.<br />

Ihr aktuelles Buch trägt den Titel „Schattensprünge<br />

– 13 Anstöße, um über sich hinauszuwachsen“.<br />

Was hat Sie bewogen, dieses Buch zu<br />

schreiben?<br />

Während ich dieses Buch schrieb, gab es eine Imagekampagne<br />

für Opel und gegen Vorurteile. Eine der<br />

Aussagen lautet: „Denn die Welt ist manchmal anders,<br />

als wir denken. Wer von Zeit zu Zeit die Bilder in seinem<br />

Kopf überprüft, hat viel zu entdecken.“ Ich glaube<br />

fest daran, dass es für jeden auf dieser Welt etwas<br />

zu entdecken gibt. Ich glaube auch fest daran, dass<br />

wir nur dieses eine Leben haben und deshalb ist es so<br />

wichtig, daraus etwas zu machen.<br />

Wenn zum Beispiel eine uns gut bekannte Person<br />

oder sogar ein naher Verwandter stirbt, dann halten<br />

wir alle einmal kurz inne und sagen uns: „Ja, das Leben<br />

ist zu kurz, um es nicht voll auszukosten, es zu genießen<br />

oder die Dinge zu tun, die wir wirklich gerne<br />

tun. Wir schütteln uns kurz und machen dann genau<br />

da weiter, wo wir kurz innegehalten haben. Nur wenige<br />

Menschen ändern wirklich etwas.<br />

Das liegt aber auch daran, dass die meisten unserer<br />

Lebensschienen so tief eingefahren sind, dass wir<br />

überhaupt nicht mehr wissen, wie wir da heraus kommen<br />

sollen. Wir können uns auch nicht mehr erinnern,<br />

wie es war, bevor wir da hineingeraten sind. Oder wir<br />

fürchten uns vor dem ersten Schritt, weil uns etwas<br />

dafür fehlt, diesen zu gehen.<br />

Genau da setze ich mit meinem Buch an. „Im Anfang<br />

war das Wort“, ein Auszug aus dem Johannesevangelium<br />

und die Grundlage für das Faust (I) Zitat – „Im<br />

Anfang war die Tat“. Deshalb ist mein Buch in zwei Teile<br />

aufgeteilt: Teil 1: Die Sprache der Schattenspringer<br />

und anschließend Teil 2: Die Gedanken der Schattenspringer.<br />

Bei den einen sind es zuerst die Worte, die dann zu<br />

Taten werden, bei den anderen sind es erst die „richtigen“<br />

Gedanken, die dann über die Worte in die Tat<br />

umgesetzt werden. Jedenfalls braucht man beides,<br />

die richtigen Worte und die passenden Gedanken, um<br />

über seinen Schatten springen zu können und seine<br />

Grenzen zu sprengen.<br />

Um meine Motivation, dieses Buch zu schreiben, in einen<br />

Satz zu bringen: „Nutzen Sie Ihr Leben, Sie haben<br />

nur das eine. Jetzt, heute und morgen!<br />

Ein Schattensprung – wie definiert sich ein solcher<br />

für Sie genau?<br />

Herbert von Karajan hat einmal gesagt: „Wer alle seine<br />

Ziele erreicht, hat sie vielleicht zu niedrig gewählt“.<br />

Für mich bedeutet ein Schattensprung schon eine<br />

Anstrengung. Ob diese Anstrengung nun körperlich<br />

ist, um etwa einen Marathon zu gewinnen, oder mental,<br />

indem ich gegen meine mich einschränkenden<br />

Glaubenssätze handle und damit aus der Gewohnheit<br />

aussteige. Ob ich gegen Regeln und Verordnungen


Fotocredits: Fotograf | Retoucher Philip Reichwein


Mehr über Gaby Graupner auf:<br />

www.schattenspruenge.de


»Ein Schattensprung ist also die<br />

Entscheidung, eine Lebenssituation,<br />

in der ich unglücklich oder<br />

unzufrieden bin, zu verändern<br />

und einen Sprung in eine andere<br />

Richtung zu machen.«<br />

aus meinem Elternhaus oder von anderen sogenannten<br />

Vorbildern vorgehe oder plötzlich<br />

sehr diszipliniert oder eben genau undiszipliniert<br />

bin, entscheidet jeder für sich selbst. Ein<br />

Schattensprung bedeutet, eine Grenze zu überwinden<br />

- und wenn es nur einen Grenze ist, die<br />

ich mir vorher selbst gesteckt habe. Denn diese<br />

Grenzen zu sprengen heißt, etwas Bequemes<br />

und Gewohntes aufzugeben.<br />

Über seinen Schatten zu springen heißt nicht,<br />

Erfolge zu holen, die andere für mich ausgesucht<br />

haben. Im Gegenteil, Erfolg zu haben ist<br />

etwas ganz Persönliches. Erfolg wird von jedem<br />

anders definiert.<br />

Vor einiger Zeit war ich mit einem meiner Söhne<br />

beim Frühstücken. Bei dieser Gelegenheit<br />

fragte ich, als treusorgende Mutter, wie es denn<br />

mit seiner Meisterprüfung aussehe. Mein Sohn<br />

ist Handwerker, er liebt seinen Beruf als Maler.<br />

Den Meister zu machen, ist daher nicht so abwegig.<br />

Er lehnte sich genüsslich in seinem Stuhl zurück,<br />

sah mich strahlend an und meinte: „Mama, die<br />

Meisterprüfung zu machen, ist nicht so mein<br />

Plan. Sicherlich denkst du jetzt, ich wäre nicht<br />

erfolgreich. Aber das stimmt nicht. Meine Kollegen<br />

mögen mich, meine Kunden schätzen<br />

mich und fordern mich immer wieder an und<br />

ich liebe meine Aufgabe. Ich bin zufrieden, so<br />

wie es ist.“<br />

Mein Sohn war also der Meinung, dass ich denke,<br />

er sei nicht erfolgreich, weil er keine Meisterprüfung<br />

hat. Doch so denke ich nicht. Erfolgreich<br />

sind für mich die Menschen, die abends<br />

im Bett liegen und sagen: „Heute war ein guter<br />

Tag. Ich bin zufrieden und glücklich.“ Je öfter<br />

ein Mensch das sagen kann, desto erfolgreicher<br />

ist er in meinen Augen. Was das dann im Detail<br />

bedeutet, entscheidet jeder für sich.<br />

Ein Schattensprung ist also die Entscheidung,<br />

eine Lebenssituation, in der ich unglücklich<br />

oder unzufrieden bin, zu verändern und einen<br />

Sprung in eine andere Richtung zu machen.<br />

Wie passen die Schattensprünge zu Ihrem<br />

bisherigen Kernthema, das „Konsensitive<br />

Verkaufen“? In der Branche heißt es ja Positionierung<br />

müsse sehr spitz und klar sein. Nun<br />

trainieren Sie Verkauf und auf Ihrer Redner-<br />

Website ist die Thematik Schattensprünge der<br />

Hauptfokus. Wie passt das zusammen?<br />

Ich habe bis heute zwei Bücher geschrieben,<br />

dass eine ist eine Anleitung zum erfolgreichen<br />

Verkaufen: „Verkaufe dein Produkt, nicht deine<br />

Seele“ (2. Auflage), und natürlich „Schattensprünge“.<br />

Der rote Faden bei den beiden Büchern<br />

ist der Erfolg. In dem einen geht es um<br />

Erfolg im Berufsleben am Beispiel eines Verkäufers,<br />

und in dem anderen geht es um den Erfolg<br />

im Leben. „Schattensprünge“ ist somit die<br />

Fortsetzung.<br />

Verkäufer brauchen nicht nur die reine Verkaufstechnik,<br />

gerade sie brauchen auch viel<br />

Motivation, um immer wieder zum Kunden zu<br />

gehen. Verkäufer werden in den meisten Fällen<br />

erfolgsabhängig bezahlt. Sie sind für ihr Einkommen<br />

selbst verantwortlich und im Allgemeinen<br />

der „kleine Bruder“ des Unternehmers.<br />

Das erfordert viele Schattensprünge. In diesem<br />

Fall bedeuten Schattensprünge einerseits, seine<br />

persönlichen Ziele nicht aus den Augen zu<br />

verlieren, und andererseits, Erfolgssprache zu<br />

sprechen, sowie sich selbst und den Kunden<br />

auf Augenhöhe zu sehen.<br />

Ein kleines Beispiel zum Thema Erfolgsspra-


»Schattenspringer denken darüber<br />

nach, was möglich ist, statt sich<br />

mit dem zu beschäftigen, was nicht<br />

möglich ist.«<br />

che im Vertrieb: In vielen Fällen ist das Angebot<br />

eines Verkäufers klar definiert. Er verkauft beispielsweise<br />

passive Bauelemente. Nun erhält er<br />

viele Anfragen von interessierten Kunden nach<br />

aktiven Bauelementen (Teile aus der Elektronik),<br />

die er nicht in seinem Portfolio hat. Verkäufer, die<br />

meine Bücher nicht kennen, antworten schon<br />

mal folgendermaßen: „Leider haben wir keine<br />

aktiven Bauelemente. Die müssen Sie woanders<br />

kaufen“, und verlieren somit einen potenziellen<br />

Kunden.<br />

Haben Schattensprünge und die Art und Weise,<br />

wie wir sprechen, tatsächlich mit unserem Erfolg,<br />

ja auch mit unserem Umsatz zu tun? Gibt<br />

es eine Sprache der Schattenspringer?<br />

Ja. Führen wir das Beispiel von soeben noch etwas<br />

ausführlicher fort. Wenn ein Kunde etwas<br />

anfragt, das wir nicht anbieten, antworten Schattenspringer<br />

im Verkauf zuerst mit dem, was sie<br />

haben, sie nutzen also die Gelegenheit, Werbung<br />

für ihr Angebot zu machen, bevor sie darauf hinweisen,<br />

dass explizit dieses eine angefragte Produkt<br />

nicht in ihrem Sortiment ist.<br />

Ihre Antwort hinsichtlich der aktiven Bauelemente<br />

lautet dann also: „Wir sind Marktführer<br />

für passive Bauelemente. Bei uns erhalten Sie<br />

alle gängigen passiven Bauteile und alle Sonderanfertigungen,<br />

die Sie brauchen. Aktive Bauelemente<br />

bekommen Sie bei... Welche passiven<br />

Bauelemente setzen Sie ein?“<br />

Verkäufer, die also die Erfolgssprache der Schattenspringer<br />

sprechen, erzählen immer, was sie<br />

haben und nicht, was sie nicht haben, besonders<br />

nicht in der ersten Reaktion.<br />

Übrigens, ein weiterer Punkt, der mein erstes<br />

Buch mit dem zweiten Buch verbindet: Schattenspringer<br />

denken darüber nach, was möglich<br />

ist, statt sich mit dem zu beschäftigen, was nicht<br />

möglich ist.. Sie setzen ihre Energie und ihre Kraft<br />

mehr dafür ein, einen Weg zu finden, der das Geplante<br />

oder Gewünschte möglich macht, als dafür,<br />

zu überlegen, warum es nicht gehen könnte.<br />

„Über sich selbst hinauswachsen“ – das ist ein<br />

oft verwendeter Begriff der Motivationssprache.<br />

Wie interpretieren Sie diese Begrifflichkeit<br />

für sich?<br />

Jeder von uns hat Momente, in denen es einem<br />

nicht so gut geht, in denen wir uns schwach und<br />

unfähig fühlen. In solchen Momenten bezweifeln<br />

wir, dass es uns möglich ist, eine Aufgabe zu<br />

meistern. Das ist menschlich. Wenn wir jedoch<br />

jetzt in einer Art Motivationssprache denken<br />

oder mit uns sprechen, können wir uns sozusagen<br />

innerlich aufrichten und mit kleinen Schritten<br />

diese „große“ Aufgabe angehen. Motivationssätze<br />

können dann sein:<br />

„Ich schaffe das.“<br />

„Ich habe schon Ähnliches gut gemeistert.“<br />

„Ich gehe die ersten drei Schritte dieser Aufgabe,<br />

falls das nicht gelingt, kann ich auch aufhören.“ –<br />

Das bedeutet, die „große“ Aufgabe erst einmal in<br />

kleine Häppchen aufzuteilen.<br />

Meistens fürchten wir uns ja besonders vor dem<br />

ersten Schritt. Wenn dieser einmal überwunden<br />

ist, haben wir oft das Gefühl, dass der Rest nur<br />

noch ein Spaziergang ist.<br />

Was zeichnet einen couragierten Schattenspringer<br />

aus?<br />

Couragierte Schattenspringer laufen nicht mit<br />

einer rosaroten Brille umher und rufen: „Ich bin<br />

unverwundbar, Superman ist ein Zwerg gegen<br />

mich“, sondern sie haben sich bewusst gefragt,<br />

was das Schlimmste wäre, das passieren könnte,<br />

wenn sie mit ihrem Vorhaben scheitern, und<br />

haben für diesen Fall einen Plan B. Aber gleich-


»Trotz gegenteiliger<br />

Vorhersagen in meiner<br />

Kindheit habe ich eine<br />

Menge geschafft. Ich bin oft<br />

auf die Nase gefallen, aber<br />

auch wieder aufgestanden<br />

[…]«<br />

zeitig haben sie auch festgestellt, dass niemand ernsthaft krank wird oder sogar<br />

stirbt, wenn sie ihre Pläne in die Tat umsetzten. Sie gehen also nicht nur<br />

realistisch mit den Folgen einer Aktion um, sondern – und das ist meiner Meinung<br />

nach viel wichtiger – sie schätzen die im schlechtesten Fall möglichen<br />

negativen Folgen auch realistisch ein. Sie fürchten sich also nicht durch aktive<br />

Schwarzmalerei vor Gespenstern im Dunkeln, die gar nicht da sind.<br />

Was betrachten Sie als Ihren bisher größten und erfolgreichsten eigenen<br />

Schattensprung?<br />

Trotz gegenteiliger Vorhersagen in meiner Kindheit habe ich eine Menge geschafft.<br />

Ich bin oft auf die Nase gefallen, aber auch wieder aufgestanden, habe<br />

mich geschüttelt oder auch mal meine Wunde geleckt, um anschließend noch<br />

stärker, noch zielorientierter und noch motivierter auf das Ziel loszugehen.<br />

Mein wichtigster Schattensprung dabei bleibt meine positive Einstellung. Ich<br />

bin überzeugt davon, dass ich, und jeder Leser hier, sehr viel schaffen kann,<br />

wenn wir das wirklich wollen. Und ich glaube an das Gute im Menschen, Menschen<br />

müssen sich bei mir anstrengen, um mir zu beweisen, dass sie mir schaden<br />

wollen. Bis dahin bin ich überzeugt davon, dass sie nach bestem Wissen<br />

und Gewissen handeln, was Fehler miteinbezieht.<br />

Und wo wollen Sie in Zukunft noch hinspringen?<br />

Ich bin sehr oft in den USA und erlebe dort Keynote-Speaker(innen), die mit<br />

70 noch auf der Bühne stehen und ihre Vorträge mit Esprit und wichtigen<br />

Erkenntnissen halten. Das ist auch eines meiner Ziele, bis ins hohe Alter mit<br />

immer wieder neuem Wissen aufzutreten und dabei zu unterhalten und zu<br />

informieren sowie richtig Mut zu machen.<br />

1988 habe ich Marika Rökk, eine deutsch-österreichische Schauspielerin und<br />

Tänzerin, an ihrem 75. Geburtstag im Deutschen Theater auf der Bühne tanzen<br />

und singen gesehen. Sie liebte ihren Spagat, ihre hohen Schuhe und ihren<br />

humorvollen Umgang mit dem einen oder anderen Zipperlein. Und das ist<br />

auch mein großes Ziel – noch mindestens 25 Jahre auf den Speakerbühnen<br />

dieser Welt mit hohen Schuhen aufzutreten und einen Spagat zwischen mir<br />

und den Zuhörern zu machen, damit diese, durch mein Beispiel motiviert, ihre<br />

persönlichen Herausforderungen erfolgreich meistern können.<br />

***<br />

Vielen Dank für das Gespräch, liebe Frau Graupner!


DIE KOLLEKTIVE<br />

LIZENZ<br />

ZUM SCHEITERN<br />

Wie die Trendveranstaltung „Fuck-Up-Nights“ unser<br />

Erfolgsstreben erfolgreich hinterfragt<br />

Leistung, Selbstoptimierung, Erfolg! So befremdlich dieses Mantra der<br />

Arbeitswelt scheint, so tief ist es doch in unserem Denken verwurzelt,<br />

bei aller ironischen Distanz. Und ein gewisses Talent zur Selbstironie<br />

braucht es schon, um bei der FuckUp-Night vor Publikum über seine<br />

größten Fehler und gescheiterte Projekte zu sprechen. Warum boomt<br />

die Lust an Geschichten übers Scheitern momentan so? Und was sagt<br />

das über die Entwicklung unserer Leistungsgesellschaft?<br />

von Lilli Iliev<br />

FuckUp. Groß und leuchtend<br />

prangen die Worte über der<br />

Sprecherin auf der Bühne. Sie<br />

zupft an ihren Jeans-Shorts<br />

und begrüßt das Publikum mit<br />

den Worten „Oh Gott, ich bin jetzt schon<br />

ein bisschen aufgeregt.“ Die knapp 100<br />

Menschen, die an diesem Donnerstagabend<br />

in den Veranstaltungsraum des<br />

Kreuzberger Startup-Bootcamps passen,<br />

ermutigen die erste Rednerin mit warmem<br />

Vorschuss-Applaus. “Du machst<br />

das super!” ruft jemand ermutigend.<br />

Schon eine Stunde vor Beginn der Fuck-<br />

Up-Night stehen die Leute bis weit auf<br />

die Straße an, nur ein Drittel schafft es<br />

hinein. Vor der Bühne drängen sich die<br />

Leute im Schneidersitz nebeneinander,<br />

Klientel: 30-40, Gründer, Kreative, immer<br />

ein neues Projekt in der Tasche-Haber.<br />

Seit einigen Monaten organisiert ein<br />

kleines Team an wechselnden Orten die<br />

Berliner FuckUp-Night, eine Show des<br />

Scheiterns, ein Trend, der sich in kurzer<br />

Zeit von Mexiko aus weltweit auf inzwischen<br />

80 Länder verbreitet hat.<br />

Wie lang bleibt die Seifenblase in der<br />

Luft?<br />

Die Kölnerin beginnt von ihrem großen<br />

Traum zu erzählen, den sie sich vor ein


Fotos: Claudia Burger


Schöner Scheitern. Bei FuckUp-Nights kann jeder öffentlich versagen - und bekommt sogar Applaus dafür.<br />

paar Jahren in Berlin verwirklichte: Die eigene Bar, mitten<br />

im Szene-Kiez. Wilde Partyabende, Bands, die bis in die<br />

Morgenstunden oder auch mal bis zum Polizeieinsatz<br />

spielten, durchfeierte Sommernächte. Eine rauschende<br />

Zeit – nur die Kassenbilanz rutschte unaufhaltsam in ein<br />

immer tieferes Rot. Erst als der Strom dann auf einmal<br />

weg war – „Zipp, aus!“ – erkannte die Sprecherin, dass<br />

sie ihre Bar, ihr Baby, wie sie sagt, tatsächlich aufgeben<br />

musste. Das ganze Leben, alle Energie, die in ein Projekt<br />

gesteckt wird, all das auf einmal aufgeben zu müssen,<br />

das realisieren Viele erst, wenn es fast zu spät ist. Mit einem<br />

mal spürt das Publikum ganz unvermittelt, welch<br />

großer Schmerz mit einem solchen Verlust einhergeht,<br />

welche Selbstzweifel, Vorwürfe, auch welche existenzielle<br />

Nöte da über einem hineinbrechen können. “Wie<br />

viel man lügen muss!”, erzählt sie sichtlich bewegt. Und<br />

es stimmt ja, wie oft wohl jeder einzelne von uns flunkert,<br />

wenn er gefragt wird, wie es denn so läuft im Job.<br />

Mal beschönigt man ein Projekt, hebt die vorzeigbaren<br />

Ergebnisse hervor und verschweigt, wieviele Sachen<br />

ganz und gar nicht so gelaufen sind wie geplant.<br />

Wen kann man beschuldigen, wenn Pläne scheitern?<br />

Du kannst alles machen, was du willst, wird nicht nur<br />

im Gründerparadies Berlin suggeriert, wenn du nur hart<br />

genug arbeitest und fest genug an dich glaubst! Aber<br />

stimmt das wirklich? Die Wahrheit ist, selbst wenn der<br />

50 | Zukunft-Training • 3. Quartal <strong>2015</strong>


Businessplan wasserdicht ist, Lage und<br />

Zeitpunkt perfekt scheinen, man Tag<br />

und Nacht für sein Projekt arbeitet - eine<br />

Garantie für langfristigen Erfolg gibt es<br />

nicht. In einer immer komplexer funktionierenden<br />

Welt mit wachsendem<br />

Konkurrenz- und Erfolgsdruck wird es<br />

zunehmend schwerer, einen in sich stimmigen<br />

Plan langfristig auf Kurs zu halten.<br />

Zu vielschichtig ist oft die Interessenlage<br />

der Zielgruppen, zu unvorhersehbar<br />

und spontan die Marktentwicklung. Und<br />

doch lohnt es sich, zu versuchen, seine<br />

Visionen in die Tat umzusetzen. Das erfolgreiche<br />

Online-Bezahlsystem Paypal<br />

etwa, das sich inzwischen flächendeckend<br />

durchgesetzt hat, entsprang erst<br />

dem fünften Anlauf einer Reihe von fehlgeschlagenen<br />

Projekten, die geräuschlos<br />

wieder in die Vergessenheit entglitten.<br />

Was wäre, hätte der Gründer nach<br />

dem zweiten Versuch aufgegeben?<br />

Oftmals ist selbst für Experten auf einem<br />

bestimmten Gebiet nicht nachvollziehbar,<br />

warum das eine Projekt<br />

abhebt und das andere floppt. Doch<br />

die Enttäuschung ist groß, wenn ein<br />

ausgeklügelter Plan einfach nicht funktionieren<br />

will. Die Suche nach Gründen<br />

beginnt, die man vielleicht beheben<br />

kann, einer Stellschraube, die falsch justiert<br />

ist. Und wenn es nicht rund läuft, ist<br />

der Schuldige heute schnell gefunden.<br />

In Zeiten problemloser Selbstoptimierung<br />

per Apple Watch, Erfolgsteams<br />

und Business-Angels kann es doch nur<br />

an der eigenen mangelnden Leistung<br />

liegen. Oder? Andere schaffen es doch<br />

auch! Dass die Medienindustrie zunehmend<br />

hochglänzende Erfolgsprojekte<br />

zeigt, perfekt agierende Manager, multitaskende<br />

Power-Mütter und Väter,<br />

die nebenbei im Job brillieren, hinterlässt<br />

schleichend ein ungutes Gefühl:<br />

Lilli Iliev<br />

<strong>ZT</strong>-Redakteurin<br />

Lilli Iliev ist Literaturwissenschaftlerin und Slavistin.<br />

Sie interessiert sich nicht nur für gelungene Texte,<br />

sondern nimmt auch gern die gesellschaftlichen Bewertungskriterien<br />

gescheiterter Vorhaben unter die<br />

Lupe. Nach 6 Jahren Tätigkeit im kulturpolitischen<br />

Bereich des Berliner Abgeordnetenhauses überzeugt<br />

die Deutschbulgarin nun bei der gemeinnützigen<br />

Wissens-NGO Wikimedia Deutschland Kulturinstitutionen<br />

davon, sich für die digitale Welt zu öffnen - und<br />

sich dabei nicht vor dem Scheitern zu fürchten. Denn<br />

nur wer sich auch mal mutig vorwagt, kann lernen<br />

und wachsen. Als Lektorin und Redakteurin verfolgt<br />

sie für Zukunft Training interessante Entwicklungen,<br />

die unsere Arbeitswelt im Zuge der Digitalisierung<br />

verändern.<br />

www.zukunfttraining.de/team


Ich reiche nicht aus. Ich mache es<br />

nicht gut genug. Ich muss besser<br />

werden.<br />

Gründen birgt Risiken, Risiken<br />

bergen Absturzgefahr<br />

Mittlerweile steht die dritte<br />

Rednerin auf der Bühne. Sie<br />

erzählt so entwaffnend offen<br />

von ihrem persönlichen<br />

“FuckUp”, dass man die Solidarität<br />

des Publikums fast<br />

körperlich spüren kann. Die<br />

junge Mutter zweier Kinder<br />

hatte mit ihrem Mann eine<br />

spezielle Onlineplattform für<br />

An- und Verkauf gegründet - ein<br />

Erfolgsmagnet, den Erfahrungen<br />

internationaler Beispiele nach.<br />

Die Webseite startete vielversprechend,<br />

trotzdem suchten sich die<br />

beiden Gründer professionelle Unterstützung,<br />

um noch erfolgreicher<br />

zu werden, so die Hoffnung. Eine<br />

Agentur riet zu strukturellen Änderungen,<br />

und die Gründer befolgten<br />

fast jeden Rat, manchmal auch gegen<br />

das eigene Bauchgefühl.<br />

» Solidarität ist spürbar, Anteilnahme,<br />

auch Respekt für<br />

den Mut, sich so ungeschützt<br />

den Reaktionen auf das eigene<br />

Scheitern auszusetzen.«<br />

Bald wurden die Folgen dieses blinden<br />

Vertrauens spürbar: Eine Reihe<br />

von Chefs hatte sich um das Projekt<br />

gebildet “CEO soundso, CE wasweißich,<br />

für alles gab es einen C - nur<br />

ich saß irgendwann in einem Raum<br />

daneben, zusammen mit dem Praktikanten”,<br />

erzählt die junge Frau,<br />

die zu Beginn auf Augenhöhe mit<br />

den Ratgebern agierte, immernoch<br />

sichtlich aufgewühlt. Die Zügel<br />

schienen dem Paar immer mehr<br />

aus den Händen zu gleiten,<br />

die Rednerin fühlte sich nicht<br />

mehr auf Augenhöhe beteiligt<br />

und von der Fahrbahn<br />

gedrängt. “Irgendwann habe<br />

ich allen gesagt: Ich will jetzt<br />

auch wieder ein C sein.” An<br />

dieser Stelle brandet Szenenapplaus<br />

auf. Respektabel<br />

scheint dieser Schritt, auch<br />

weil viele junge Mütter wie selbstverständlich<br />

im Job zurückstecken.<br />

Für das gemeinsame Projekt war<br />

der Zug inzwischen abgefahren,<br />

neue Teilhaber drängten die Gründer<br />

raus.<br />

52 | Zukunft-Training • 3. Quartal <strong>2015</strong>


Hoffnung, Mut, Erlösung<br />

Warum ist es so reizvoll, Geschichten<br />

vom Scheitern zu hören? Sicher<br />

ist es Neugierde und auch ein wenig<br />

Sensationslust am Misserfolg, die<br />

so viele Menschen zu den Scheiter-<br />

Shows zieht. “Es ist wie bei diesen<br />

Vorher-Nachher-Bildern von Stars<br />

in Zeitschriften, die sonst makellose<br />

Vorbilder auch mal ungeschminkt<br />

zeigen”, meint ein Zuschauer nach<br />

der Veranstaltung. Aber von Schadenfreude<br />

ist das Publikum, zumindest<br />

an diesem Abend, weit<br />

entfernt. Solidarität ist spürbar,<br />

Anteilnahme, auch Respekt für den<br />

Mut, sich so ungeschützt den Reaktionen<br />

auf das eigene Scheitern<br />

auszusetzen. Wer hat nicht schon<br />

einmal richtig daneben gelegen<br />

mit seiner Einschätzung, wer kann<br />

tatsächlich die lückenlose Erfolgsgeschichte<br />

vorweisen, die der Lebenslauf<br />

vorgibt? Es ist das Teilen<br />

der vermeintlichen Unzulänglichkeit,<br />

die High-Performer wieder zu<br />

normalen Menschen werden lässt,<br />

mit all ihren Schwächen und Irrwegen.<br />

Die gemeinschaftliche Absage<br />

an all die Erfolgsmantras und Anforderungen<br />

ist es, die den Reiz der<br />

FuckUp-Nights ausmacht. Einmal<br />

der Leistungsgesellschaft ins Gesicht<br />

lachen und sich gegenseitig<br />

Fehler und Macken eingestehen,<br />

kann wahnsinnig erlösend sein.<br />

Das junge Paar hat sich nach durchgeheulten<br />

Nächten schließlich<br />

wieder aufgerappelt - und gleich<br />

wieder gegründet. Nun sind beide<br />

glücklich mit ihrem jungen Non-<br />

Profit-Projekt. Wieder aufzustehen,<br />

das wird an diesem Abend deutlich,<br />

ist die eigentliche Herausforderung<br />

der Arbeitswelt. Auch nach Misserfolgen<br />

nicht zu verzweifeln und vor<br />

allem den Glauben an die eigenen<br />

Fähigkeiten nicht zu verlieren, ist<br />

das eigentliche Ziel. Manchen wird<br />

das erst klar, wenn sie einmal richtig<br />

auf die Nase gefallen sind, um dann<br />

neuen Mut zu schöpfen. Denn Projekte<br />

kommen und gehen, mit sich<br />

selbst aber muss man das ganze<br />

Leben lang auskommen. Es lohnt<br />

sich, in das eigene Selbstvertrauen<br />

zu investieren, mit Zuversicht und<br />

Mut - und der FuckUp-Crowd im<br />

Rücken. Nicht als Missgünstige in<br />

Lauerstellung, sondern als Verbündete<br />

im kraftzehrenden Kampf mit<br />

der Leistungsgesellschaft.<br />

***<br />

Lilli Illiev<br />

Zukunft-Training • 3. Quartal <strong>2015</strong> | 53


IMPRESSUM<br />

Zukunft - Training<br />

in Zusammenarbeit mit der Trainer-Akademie München. Als Mitherausgeber treten die<br />

Autoren der namentlich gekennzeichneten redaktionellen Beiträge auf.<br />

Die Redaktion kann trotz sorgfältiger Recherchen und Überprüfung der zugrunde liegenden Quellen keine Gewähr für den Inhalt<br />

übernehmen. Jegliche Haftung für aus der Berichterstattung entstandene Schäden ist ausgeschlossen.<br />

Die bei <strong>ZT</strong> in erscheinung tretenden Autoren zahlen für die Veröffentlichung bei Zukunft-Training und sind somit als eine gesonderte Form<br />

der Anzeigenschaltung zu betrachten.<br />

Torstraße 37, 10119 Berlin, Telefon +49 151 511 84312, redaktion@zukunfttraining.de,<br />

anzeigen@zukunfttraining.de, Herausgeber: Frederic M. Fuchs Chefredaktion: Frederic M. Fuchs<br />

Lektorat Lilli Iliev Layout und Gestaltung: Frederic M. Fuchs - Zukunft-Training Web: Julius E. Sohn Beirat: Dr. Helmut Fuchs, Dr. Kerstin Gernig<br />

http://zukunfttraining.de/agbs<br />

54 | Zukunft-Training • 3. Quartal <strong>2015</strong>


Zukunft-Training • 3. Quartal <strong>2015</strong> | 55


Um den Markt zu bestimmen brauchen Sie die<br />

RICHTIGE AUSBILDUNG<br />

Die Trainer-Ausbildung der Trainer-Akademie München<br />

Jetzt anmelden und einen Platz sichern!<br />

www.trainer-akademie.de<br />

Zukunft-Training • 3. Quartal <strong>2015</strong> | 56

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!