Der Gleichstellungs â Newsletter der Stadt Osterholz-Scharmbeck
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„Heute schon gegen<strong>der</strong>t?“ – alte Rollenbil<strong>der</strong> auf dem Prüfstand<br />
„Wo ist denn hier die Gen<strong>der</strong>-Statistik?“ Wer bei einer solchen Frage<br />
große Augen macht, hat Gen<strong>der</strong>-Mainstreaming noch nicht kennengelernt.<br />
Seit zehn Jahren möchte die deutsche Regierung ihre Politik „gen<strong>der</strong>n“. Mit gemischtem<br />
Erfolg.<br />
Heide Oestreich<br />
ist Redakteurin für Geschlechterpolitik bei <strong>der</strong> „tageszeitung“.<br />
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„Gen<strong>der</strong>- was?“ fragen die einen noch belustigt, während an<strong>der</strong>e stolz verkünden, dass sie bereits ihre<br />
Sprache, ihre Zielgruppen o<strong>der</strong> sogar ihren Finanzhaushalt „gegen<strong>der</strong>t“ hätten. „Gen<strong>der</strong>-Mainstreaming“<br />
nennt sich <strong>der</strong> Verwaltungsprozess, <strong>der</strong> zugleich ein elegantes Instrument <strong>der</strong> Weltverbesserung sein will:<br />
Männer und Frauen sollten im „Mainstream“ des politischen Handelns geson<strong>der</strong>t erfasst und ihre Rollen<br />
reflektiert werden. Ziel ist, das Machtgefälle zwischen den Geschlechtern abzubauen. Dieses anspruchsvolle<br />
Programm hatte die Weltfrauenkonferenz in Peking 1995 angeregt. Seitdem ist es Bestandteil internationaler<br />
Abkommen geworden, UN und EU haben sich dazu verpflichtet. Und auch die deutsche Regierung hat Gen<strong>der</strong>-Mainstreaming<br />
1999 offiziell eingeführt.<br />
Zehn Jahre später ist die Bilanz in Deutschland gemischt. Es gibt hochgelobte Pilotprojekte, aber auch viel<br />
Ratlosigkeit und Wi<strong>der</strong>stand. Einige Journalisten sehen gar die männliche Identität durch staatliche Umerziehung<br />
bedroht. Zuletzt erklärte das Frauenministerium, man wolle den provozierenden Terminus gar nicht<br />
mehr verwenden. Was hat es mit diesem Prinzip auf sich, das so einfach klingt – und doch so merkwürdige<br />
Reaktionen hervorruft?<br />
Das Geschlecht wird politisch<br />
Da ist zunächst ein sperriger Begriff. Schon unter dem Wort „Gen<strong>der</strong>“ können sich<br />
viele Menschen wenig vorstellen. „Gen<strong>der</strong>“ wird in <strong>der</strong> englischen Debatte im Unterschied<br />
zu „Sex“ gebraucht. „Sex“ sollte das biologische Geschlecht bezeichnen,<br />
„Gen<strong>der</strong>“ dagegen das „soziale Geschlecht“, die Rollenzuschreibungen. Letztere<br />
können Menschen stark einengen. Männer, die stets stark und cool wirken wollen,<br />
um „männlich“ zu sein, können unter diesem Anspruch so leiden, dass sie krank<br />
werden. Ungünstig haben es auch Frauen getroffen, die angeblich „unweiblich“ wirken,<br />
wenn sie vorankommen wollen und Ehrgeiz zeigen. Am nachhaltigsten aber<br />
wirkt die traditionelle Rollenverteilung, nach <strong>der</strong> Frauen unentgeltlich zu Hause arbeiten<br />
und dafür von Männern alimentiert werden. Daraus folgt ein Machtungleichgewicht,<br />
politisch, ökonomisch und privat.<br />
Gen<strong>der</strong> in meiner <strong>Stadt</strong><br />
Als politisches Prinzip soll Gen<strong>der</strong>-Mainstreaming überprüfen: Profitieren beide Geschlechter? Setzen wir<br />
Rollenbil<strong>der</strong> voraus, die Menschen einengen? Gen<strong>der</strong>-Expertin Marion Böker, die Verwaltungen beim Gen<strong>der</strong>-Mainstreaming<br />
berät, sieht anfangs viele Angestellte mit den Augen rollen. Das Projekt kommt ihnen<br />
überflüssig und kompliziert vor. „Aber wenn sie ein paar Beispiele ausprobiert haben, sind sie oft begeistert“,<br />
sagt Böker. In Berlin etwa haben die Bezirke mit dem Gen<strong>der</strong>n ganz klein angefangen: In einer Bibliothek<br />
meinten die Angestellten, Männern könnte es gut tun, auch mal etwas über ihre Seele zu erfahren. Sie platzierten<br />
die Psycho-Ratgeber in <strong>der</strong> Technik-Ecke. Und prompt liehen Männer sie aus. Auf einem Sportplatz<br />
waren plötzlich mehr Mädchen aktiv: Die Verwaltung hatte gegen<strong>der</strong>t und gemerkt, dass die Jungen den<br />
Platz stundenlang besetzt hielten. Daraufhin hatte sie schlicht einen Nutzungsplan aufgehängt.<br />
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