Der Gleichstellungs â Newsletter der Stadt Osterholz-Scharmbeck
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en die Frage danach, wer denn eigentlich für den Broterwerb zuständig sein soll, zumindest bis zum ersten<br />
Kind aufgrund des Gehalts nicht eindeutig zu beantworten ist.<br />
<strong>Der</strong> Führungskräftemonitor des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung 2010 zeigt, dass rund die Hälfte<br />
<strong>der</strong> Frauen in Führungspositionen sich die Hausarbeit mit ihrem Partner teilen. Von Männern in Führungspositionen<br />
tut das nur je<strong>der</strong> fünfte. Übereinkünfte verän<strong>der</strong>n die Arbeitswelt, wenn zwischen Partnern immer<br />
normaler wird, sich beide Sphären zu teilen.<br />
Die Diversity Managerin bei Daimler, Ursula Schwarzenbart, beobachtet, dass junge Männer beim Autokonzern<br />
einsteigen, die »eine an<strong>der</strong>e Idee <strong>der</strong> Rollenverteilung« mitbringen. Mittlerweile nehmen 39 Prozent <strong>der</strong><br />
Väter bei Daimler Elternzeit. Die Zahl hat sich in den vergangenen drei Jahren verdreifacht.<br />
Es tut sich etwas in <strong>der</strong> Arbeitswelt – trotzdem wird es auch in den Berufen mit hohem Frauenanteil beim<br />
Thema Aufstieg noch immer eng.<br />
Dass Susanne Fröhlich so weit gekommen ist, verdankt sie ihrem Können und einem Chef, <strong>der</strong> sie för<strong>der</strong>te.<br />
Susanne Fröhlich ist Oberärztin für Orthopädie an <strong>der</strong> Universitätsklinik Rostock, in einem Männerfach. Ihr<br />
Chef war es, <strong>der</strong> ihr nach einer schwierigen Zeit, in <strong>der</strong> sie ihre Richtung noch nicht gefunden hatte, sagte:<br />
»Wenn Sie möchten, können Sie bei mir Oberärztin werden.« Einen Monat nach ihrer Facharztprüfung war<br />
es so weit, und sie sagt, dass viele Kollegen sich gefreut hätten – und manche ihr nicht mehr die Hand hätten<br />
geben können. Inzwischen sind ein Viertel aller Oberärzte Frauen. Vor 20 Jahren war es nur ein Fünftel,<br />
<strong>der</strong> Wandel, er geht langsam vonstatten. Susanne Fröhlich ist jetzt 39: »Wenn Sie Kin<strong>der</strong> bekommen möchten,<br />
ein kein so lustiges Alter.«<br />
Corinna Kleinert vom Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung in Nürnberg erwartet, dass <strong>der</strong> Wandel<br />
des Arbeitsmarktes und die immer höheren Bildungsabschlüsse <strong>der</strong> Frauen langfristig die Einstellungen von<br />
Arbeitgebern verän<strong>der</strong>n. Dass Frauen irgendwann nicht mehr als Risikoarbeitnehmer betrachtet werden. <strong>Der</strong><br />
Arbeitsmarkt ist zwischen Männern und Frauen streng aufgeteilt, dass Frauen einen so stark abgeschirmten<br />
Beruf wie den des Arztes stürmen – noch ist das eine Ausnahme und wenig erforscht. Und dennoch: Wenn<br />
Frauen in Berufe mit Männerüberschuss vordringen, bringen sie eigene Vorstellungen mit.<br />
Karina Metzdorf ist nicht nur Ingenieurin, sie ist auch eine große Ausnahme. Die 29-jährige Elektrotechnikerin<br />
leitet bei Bosch eine ganze Gruppe für die Entwicklung <strong>der</strong> Netzwerkkommunikation, zum Beispiel für die<br />
Dieseleinspritzung o<strong>der</strong> für ESP-Steuergeräte. In ihrer Firma hatte auch sie immer einen Chef, <strong>der</strong> sie för<strong>der</strong>te,<br />
und dieser Chef rief sie eines Tages in das Büro seines Vorgesetzten. »Ein flaues Gefühl hatte ich,<br />
irgendwie war klar, dass es um die Zukunft ging.« Metzdorf wurde Gruppenleiterin, damit ist es nun ihre<br />
Aufgabe, ihren Mitarbeitern das Arbeiten zu ermöglichen, die Aufgaben zu verteilen, zu motivieren. »Ich<br />
wollte immer die Macht haben, Entscheidungen zu treffen«, sagt sie. Metzdorf ist dort, wo sie immer hinwollte.<br />
Doch inzwischen, sagt sie, wisse sie nicht, ob ihr die Arbeit genug gebe, um mehr als zehn Stunden<br />
pro Tag im Büro zu verbringen. »Ich will nicht Karriere machen, wenn das mit unendlichen Überstunden<br />
verbunden ist.« Es ist ein Gefühl, das auch viele Männer kennen, in Phasen, in denen <strong>der</strong> Beruf überhandzunehmen<br />
scheint. Aber vielleicht sind es die Frauen, die eher Konsequenzen ziehen. Die Oberärztin Susanne<br />
Fröhlich arbeitet an ihrer Habilitation, sie sagt: »Ich gehe abends um sieben, auch wenn woan<strong>der</strong>s<br />
noch das Licht brennt.« Karina Metzdorf hat sich zum Ausgleich für einen Nähkurs angemeldet, und wenn<br />
man sie fragt, ob sie weitere Hobbys habe, die ihr wichtig seien, ruft sie laut: »Ja, viele!«<br />
Die Soziologin Hildegard Maria Nickel ist in einer älteren Befragung <strong>der</strong> Führungskräfte <strong>der</strong> Berliner Landesbank<br />
zu dem Ergebnis gekommen, dass Frauen, die dort Führungspositionen besetzten, auf einem ausgeglichenen<br />
Verhältnis von Arbeit und Freizeit bestanden – auch wenn sie keine Kin<strong>der</strong> hatten. Es werden<br />
Bücher über die neue Generation, die »Generation Y« geschrieben, <strong>der</strong> es um Selbsterfüllung geht, im Beruf<br />
und außerhalb. Die mal ein Sabbatical macht, wenn sich die Gelegenheit bietet. Die Brigitte-Studie 2009<br />
fand heraus, dass junge Frauen führen wollen, nicht aber für den Job die Familie zurückstellen. So scheint<br />
eine Generation von Frauen und Männern ins Arbeitsleben nachzurücken, die viel arbeiten möchte, auch bis<br />
zum Anschlag – aber nicht darüber hinaus.<br />
Jakob Kern (Name geän<strong>der</strong>t) ist Ende dreißig, jung eigentlich – doch er gehört zur Generation, die bald<br />
ausgedient haben könnte. Mit schnellen Schritten und vorgebeugtem Oberkörper ist er unterwegs. Er ist<br />
immer auf dem Sprung – und hat einen Sprung zu viel gemacht. Kern war Marketingleiter in einem mittelständischen<br />
Softwareunternehmen, es lief gut, er hatte zunehmend mehr Mitarbeiter, schon vor dem Auf-<br />
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