April - Juni 2009 - Kulturwerk Schlesien
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verstärkten Einflußnahme auf die katholische Kirche<br />
sehen, wodurch die Rolle der Kirche im preußischen<br />
Staat beschränkt werden sollte. Als Folge der Säkularisation<br />
entstand 1811 die Breslauer Universität, die aus der<br />
Zusammenlegung der Viadrina und dem Breslauer Königlichen<br />
Schulinstitut (Leopoldina) erfolgt war.<br />
Die Entstehung der Universitätsbibliothek (1812/15)<br />
ist der direkten Tätigkeit von Johann Gustav Gottlieb<br />
Büsching zu verdanken, der die schlesischen Klosterbibliotheken<br />
inspizierte und rund 140.000 Volumina an<br />
Büchern und weiteren Sammlungen nach Breslau transferieren<br />
ließ. Über den Entstehungsprozeß, die gegenwärtige<br />
Situation, geplante Projekte der Universitätsbibliothek<br />
und die Möglichkeiten des Forschens heute<br />
berichtete Dr. Edyta Kotynska (Breslau).<br />
SCHLESISCHES GESCHICHTSBLATT NR. 54 - <strong>2009</strong><br />
MITTEILUNGEN DES VEREINS FÜR GESCHICHTE SCHLESIENS E.V.<br />
Schlesischer Kulturspiegel 44, <strong>2009</strong><br />
Abschließend präsentierte Dr. Dorota Schreiber-Kurpiers<br />
(Oppeln) den Entstehungsverlauf neuer Ordensgemeinschaften<br />
in <strong>Schlesien</strong> um 1850. Die Entwicklung der<br />
Frauenorden zeigt, wie die neuen Kongregationen mit<br />
dem Geist der Zeit umgingen und sich auf gesellschaftliche<br />
Umbrüche einstellen mußten, was insbesondere während<br />
der Industrialisierung und in Kriegen deutlich wurde.<br />
Für die Organisatoren war die Ausrichtung einer solchen<br />
wissenschaftlichen Tagung rund ein Jahr vor der geplanten<br />
großen Ausstellung wegweisend. Frühzeitig konnte<br />
eine Expertise gemacht werden und fachlicher Austausch<br />
unter Fachkennern erfolgen. Das Interesse zeugte<br />
davon, daß dieses kaum behandelte und für <strong>Schlesien</strong><br />
bedeutende Thema noch stärker herausgearbeitet werden<br />
muß. - Die Publikation der Vorträge ist vorgesehen.<br />
Gerhard Ploch<br />
Max Krause - Engagement und Können ergeben Qualität<br />
Porträt Max Krause<br />
(1853-1918). Foto:<br />
Deutsches Museum,<br />
München.<br />
Zu den bedeutenden Ingenieuren aus <strong>Schlesien</strong> gehört auch Max Krause, der am 21. Mai 1853 in Breslau geboren<br />
wurde. Mit seinen Eltern und acht Geschwistern erlebte er wohlbehütet eine glückliche Kindheit.<br />
Seine vielseitige Begabung ermöglichte es ihm, das Gymnasium<br />
in seiner Vaterstadt noch nicht sechzehnjährig<br />
mit dem Abiturzeugnis zu verlassen. Bereits während der<br />
Schulzeit veranlaßten ihn Strebsamkeit und Bildungshunger,<br />
sich verstärkt mit der griechischen Sprache und dem<br />
klassischen Altertum zu beschäftigen. Dies befähigte ihn,<br />
bei der Abschlußfeier seines Abiturjahrgangs vor versammeltem<br />
Auditorium geistreich über das griechische Altertum<br />
zu referieren. Seine glänzende Rede begeisterte die<br />
Zuhörerschaft dermaßen, daß der damalige Leiter der<br />
Zwingerschule, Direktor Kletke, seinem Schüler lebenslang<br />
freundschaftlich verbunden blieb. Zugleich widerspricht<br />
Krauses Geisteshaltung dem weit verbreiteten<br />
Klischee, daß Techniker nur mit Zahlen und Formeln<br />
umgehen könnten.<br />
Höflich und bescheiden<br />
Im Gegensatz zu seinem verläßlichen Elternhaus und den<br />
liebgewonnenen geistig-musischen Interessen offenbarte<br />
sich ihm das praktische Leben draußen anfänglich als<br />
hart und abweisend. Zur Höflichkeit und Bescheidenheit<br />
erzogen, erwiesen sich die Arbeitsbedingungen im ersten<br />
Ausbildungsbetrieb bei Januschek in Schweidnitz schwieriger<br />
als erwartet. Die eher grobe Behandlung seitens<br />
der Arbeiter und Ausbilder war der Sechzehnjährige nicht<br />
gewohnt, der sich deshalb jedoch nicht unterkriegen ließ.<br />
Der Kriegsausbruch 1870 ermöglichte es ihm, ohne Enttäuschungen<br />
die Firma Januschek zu verlassen: Er meldete<br />
sich freiwillig zum Militärdienst. Als die Musterungskommission<br />
ihn jedoch wegen „Schwächlichkeit“ zurückwies,<br />
entschloß sich Krause, sich zum Herbst 1870 an<br />
der Königlichen Preußischen Gewerbeakademie in Berlin<br />
zu immatrikulieren. Diese war 1821 von Christian Peter<br />
Wilhelm Beuth (1781 Kleve - Berlin 1853) gegründet<br />
worden, der zuvor im Lützowschen Freikorps an den<br />
Befreiungskriegen gegen Napoleon teilgenommen hatte.<br />
Das von ihm initiierte Gewerbeinstituts gilt als Vorläufer<br />
der heutigen Technischen Universität Berlin.<br />
Verständlicherweise litt auch die Königliche Gewerbeakademie<br />
unter der Last des Deutsch-Französischen<br />
Krieges. Teile des Lehrkörpers und viele Studenten hatten<br />
sich freiwillig an die Front gemeldet. Das änderte sich<br />
aber schlagartig, als gut ein Jahr später (Herbst 1871)<br />
viele Freiwillige unbeschadet aus dem Krieg heimkehrten<br />
und mit neuem Schwung die Ausbildung belebten. Im gleichen<br />
Jahr feierte man das fünfzigjährige Bestehen der<br />
Bildungsanstalt.<br />
Da ihn das Studium allein nicht ausfüllte, hatten sich<br />
Max Krause und gleichgesinnte Kommilitonen wie der<br />
später weltberühmte Carl Ziese, Adolf und Heinrich<br />
Oechselhaeuser, Oskar Leyde sowie der spätere Professor<br />
Dr. Ing. Dr. phil. Adolf Slaby dem Professor Friedrich<br />
Eggers angeschlossen, der in der studentischen „Vereinigung<br />
für Literatur und Kunst“ seine Schüler für das Gute<br />
und Schöne zu begeistern wußte. Unter den Studenten<br />
bezeichnete man die Vereinigung vielsagend als „Hütte“. In<br />
ihr sammelten sich diejenigen, die neben der praxisorientierten<br />
Wissenschaft auf die schönen Künste nicht verzichten<br />
wollten. Der überraschende Tod des beliebten<br />
Lehrers im November 1872 traf die Mitglieder der Vereinigung<br />
hart, zumal sich eine Fortsetzung der Arbeit seitens<br />
der Hochschule nicht abzeichnete. Zum Andenken an<br />
den unvergessenen Lehrer rief Max Krause eine „Eggers-<br />
Stiftung“ ins Leben, deren Förderer er bis an sein Lebensende<br />
blieb.<br />
Nach erfolgreichem Abschluß seines Maschinenbaustudiums<br />
1874 trat der junge Ingenieur seinen Dienst bei<br />
der Maschinenfabrik Wedding in Berlin an, die u. a. auf<br />
dem Gebiet der Patronenherstellung sowie für ihre sonstigen<br />
Erzeugnisse anläßlich der Berliner Gewerbeaus-