Des Pudels Kern Kapitel 7
Des Pudels Kern Kapitel 7
Des Pudels Kern Kapitel 7
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<strong>Kapitel</strong> 7 des Buches „<strong>Des</strong> <strong>Pudels</strong> <strong>Kern</strong>“ von Georg Zipfel. !<br />
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7. Auf der Suche nach des <strong>Pudels</strong> <strong>Kern</strong><br />
Aufgrund der verheerenden Folgen des mir zunehmend suspekt vorkommenden<br />
Verhaltens der Bayerischen Vereinsbank beschloss ich<br />
am Samstag, dem 22. Mai 1993, am darauf folgenden Montag den<br />
Geschäftsbetrieb einzustellen und gegen den Willen der Bank Konkurs<br />
anzumelden – obwohl an diesem Montag in den Münchener Geschäftsräumen<br />
der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Haarmann, Hemmelrath<br />
und Partner (HH&P) der Vertrag zur Übernahme der kläglichen<br />
Überreste meiner Firma durch die Firma DTP-Partner aus Hamburg<br />
unterzeichnet werden sollte.<br />
Diese Wirtschaftsprüfungsgesellschaft war mir von der Bayerischen<br />
Vereinsbank schon im Dezember angedient worden, um mich in Verhandlungen<br />
mit potentiellen Käufern meiner Firma zu beraten. Die<br />
finalen Verhandlungen für die Übernahme hatten am Donnerstag,<br />
den 20. Mai, in der Kanzlei von HH&P stattgefunden. Begonnen hatten<br />
diese um 9 Uhr morgens. So gegen 17 Uhr waren sich Herr Kaufmann<br />
als Vertreter der Bayerischen Vereinsbank, die Wirtschaftsprüfer<br />
und die Vertreter der Firma DTP-Partner in den letzten Punkten<br />
einig geworden, sodass alles nur noch ins Reine geschrieben werden<br />
musste und am Montag unterzeichnet werden sollte.<br />
Um die gefundene Lösung zu feiern, wurde zum Abschluss dieses<br />
Meetings Champagner ausgeschenkt. Ich selbst spielte nur noch eine<br />
Nebenrolle. Weil ich mir nicht mehr sicher war, ob die Anwälte von<br />
HH&P in erster Linie meine oder die Interessen der Bayerischen Vereinsbank<br />
vertreten, wies ich darauf hin, dass ich das Ergebnis dieses<br />
Verhandlungsmarathons erst noch überschlafen müsse, bevor ich<br />
mich damit einverstanden erklären könne. Dieser Hinweis wurde mit<br />
der hämischen Bemerkung abgetan, dass mir aufgrund meiner persönlichen<br />
Bürgschaft für den Kredit meiner Firma und der Abhängigkeit<br />
meiner Existenz vom Wohlwollen der Bank ja gar keine andere<br />
Wahl bliebe, als zuzustimmen.<br />
Da ich 75 Prozent der Firma umsonst hätte abgeben müssen und außerdem<br />
befürchtete, von den neuen Eigentümern bei nächster Gelegenheit<br />
vollends ausgebootet zu werden, kam ich – nachdem ich das<br />
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Ganze überschlafen und mit meiner Frau und einer guten Nachbarin<br />
(die als Rechtsanwältin bei einem Wirtschaftsprüfer in Starnberg arbeitete)<br />
besprochen hatte – schließlich zum Befund, dass es wohl<br />
besser sein wird, diese Übernahme platzen zu lassen, Konkurs anzumelden<br />
und die Bayerische Vereinsbank wegen Kreditkündigung zur<br />
Unzeit auf Schadensersatz zu verklagen.<br />
So kam es, dass ich am Montag zwar pünktlich zur vereinbarten Zeit<br />
zwecks Vertragsunterzeichnung in der Kanzlei von HH&P erschien.<br />
Allerdings hatte ich auf dem Weg zu diesem Termin beim Amtsgericht<br />
München den Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens eingereicht.<br />
Selbstverständlich waren meine Kontrahenten völlig perplex,<br />
als ich sie hiervon informierte und zogen sich zunächst für etwa<br />
30 Minuten zurück, um die neue Situation zu beraten. Danach wurde<br />
mir dringend empfohlen, meinen Konkursantrag umgehend zurückzunehmen,<br />
weil man mir andernfalls nicht helfen könne, dem Schlamassel<br />
zu entkommen, in das ich geraten war. Und als ich daraufhin<br />
sagte, dass ich mich in diesem Fall strafbar machen würde, weil die<br />
GmbH inzwischen zahlungsunfähig sei, sicherte Herr Kaufmann mir<br />
sogar per Ehrenwort prompt die Wiederherstellung der uneingeschränkten<br />
Zahlungsfähigkeit zu. Da ich mich in Anbetracht der bis<br />
dahin gemachten Erfahrungen nicht auf dieses Ehrenwort verlassen<br />
wollte, verlangte ich selbstverständlich eine schriftliche Bestätigung<br />
dieser Zusage. Als mir diese Bestätigung unter Hinweis auf die Vertrauenswürdigkeit<br />
der Bank verweigert wurde, packte ich schließlich<br />
meine Sachen zusammen und verabschiedete mich.<br />
In den Tagen nach diesen Begebenheiten wurde ich von Kaufmanns<br />
Sekretärin angerufen und aufgefordert, meinen Konkursantrag umgehend<br />
zurückzunehmen, weil man mir aufgrund meiner Bürgschaft für<br />
die Bankverbindlichkeiten der GmbH andernfalls alles weg pfänden<br />
müsse und mich bis an mein Lebensende verfolgen werde. Obwohl<br />
mir der Ernst meiner Lage durchaus bewusst war, sagte ich der<br />
Dame, dass wir ja sehen werden, wer da wen verfolgt.<br />
Auf Vermittlung eines guten Bekannten erteilte ich daraufhin am 1.<br />
Juni der Anwaltskanzlei des Freiherrn Ferdinand von Liliencron das<br />
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Mandat zur Betreibung meiner Forderung auf Schadensersatz und<br />
zur Abwehr der wegen meiner Bürgschaft zu erwartenden Zwangsvollstreckungsmaßnahmen<br />
in mein Privatvermögen. Freiherr von Liliencron<br />
war im Hauptberuf stellvertretender Leiter der Rechtsabteilung<br />
der Bayerischen Hypotheken- und Wechselbank und zeigte sich<br />
bezüglich meiner Erfolgsaussichten auch prompt sehr zuversichtlich,<br />
nachdem ich ihm den Sachverhalt erläutert hatte.<br />
Zwar hatten sich im Verlauf des Untergangs meiner Firma einige Anhaltspunkte<br />
dafür ergeben, dass es sich um eine kriminelle Kreditkündigung<br />
zum bewusst gewählten Zeitpunkt handelte, um die Interessen<br />
der Computer 2000 AG zu schützen respektive zu fördern. Da<br />
aber nach den geltenden Gesetzen Fahrlässigkeit genügte, um die<br />
Bank für den mir zugefügten Schaden haftbar machen zu können,<br />
schien es meinem Anwalt und folglich auch mir ratsam, die Kirche<br />
im Dorf zu lassen und meinen Anspruch auf Schadensersatz lediglich<br />
auf den Tatbestand der fahrlässigen Kreditkündigung zur Unzeit zu<br />
stützen – also auf ein nicht kriminelles Vergehen.<br />
Eigentlich hätte ich der Akte, die ich für Freiherr von Liliencron aus<br />
Anlass dieses Gespräches zusammengestellt hatte, auch gerne eine<br />
Kopie des Schreibens der Bank vom 14. Mai 1992 beigefügt, mit<br />
dem die Kündigung der Geschäftsverbindung ausgesprochen wurde.<br />
Doch leider befand sich ausgerechnet dieses Schreiben aus mir zunächst<br />
noch unerklärlichen Gründen nicht in den ansonsten kompletten<br />
Geschäftsunterlagen. Weil diese Kündigung jedoch infolge meiner<br />
Ankündigung, gegebenenfalls umgehend Konkurs anzumelden,<br />
schon im Meeting vom 18. Mai 1992 wieder zurückgenommen wurde,<br />
und somit die mir per Schreiben der Bank vom 19. Mai 1992 diktierten<br />
Bedingungen der Bank für die Begründung meines Schadensersatzspruchs<br />
maßgeblich waren, hielt Freiherr von Liliencron<br />
dieses Schreiben für irrelevant.<br />
Wohl wegen der wenig vertrauenserweckenden Mandatsführung<br />
durch die Kanzlei des Freiherrn von Liliencron und des abrupt geplatzten<br />
Traumes, ein Leben als Gattin eines angesehenen Unternehmers<br />
führen zu können, bekam Gaby im November 1993 fast schon<br />
229
verständlicherweise kalte Füße und machte sich mit unserem Sohn<br />
Max – der nach seinem viel zu frühen Start ins Leben inzwischen<br />
mächtig aufgeholt hatte – fluchtartig aus dem Staub. Somit war das<br />
Schlamassel komplett, in das ich aufgrund der Machenschaften der<br />
Bayerischen Vereinsbank geraten war. Weil diese damals noch als ein<br />
seriös agierendes Kreditinstitut galt und mein Werdegang als Bauingenieur<br />
und Mailorder-Unternehmer auf Außenstehende fraglos<br />
ziemlich anrüchig wirkte, glaubte Gaby wohl, an einen Hochstapler<br />
geraten zu sein, und fühlte sich durch mich blamiert.<br />
Da durch Gabys Flucht die Möglichkeit zunichte gemacht wurde, unter<br />
der auf ihren Namen eingetragenen und bereits tätig gewordenen<br />
Firma Micro-Express GmbH ein auskömmliches Einkommen für die<br />
Familie zu erwirtschaften und nebenher diesen Schadensersatzprozess<br />
zu führen, stand ich aufgrund meiner persönlichen Bürgschaft<br />
für die Kredite meiner Firma somit zunächst praktisch vor dem totalen<br />
Nichts. Das Schlamassel, in das ich geraten war, schien dermaßen<br />
hoffnungslos zu sein, dass mein Schwager August und meine<br />
Schwester Elisabeth sich nach Gabys Flucht sogar erstaunt darüber<br />
zeigten, warum ich mir noch nicht das Leben genommen hatte. Und<br />
leider sollten sie sich obendrein auf höchst niederträchtige Weise davor<br />
drücken, zumindest einen Teil ihrer Schulden bei mir zu begleichen<br />
oder mir in meinem Bemühen um die Erwirkung eines angemessenen<br />
Schadensersatzes anderweitig behilflich zu sein.<br />
Selbstverständlich war mir dies alles sehr tief unter die Haut gegangen.<br />
Als besonders bitter empfand ich in Anbetracht der meiner Verwandtschaft<br />
gewährten Hilfen deren zynische Häme, weil es mir<br />
nicht gelungen war, den sich bereits ab November 1992 abzeichnenden<br />
Untergang meiner Firma abzuwenden und deren Bemühungen,<br />
von diesem Untergang zu profitieren. Dank meiner Erziehung und<br />
meines in vielen Jahren herangereiften Selbst- und Gottvertrauens<br />
blieb ich jedoch trotz des üblen Verhaltens meiner Verwandtschaft<br />
und der schwierigen Lage, in die ich geraten war, glücklicherweise<br />
von Depressionen verschont – zumal ich damals noch der Überzeugung<br />
war, in einem wohlgeordneten Rechtsstaat zu leben und hoffte,<br />
230
meinen Anspruch auf Schadensersatz notfalls auf dem Rechtsweg<br />
durchsetzen zu können, falls die Bayerische Vereinsbank sich nicht<br />
zu einer außergerichtlichen Regulierung meines Anspruchs bewegen<br />
lassen sollte. Außerdem hatte ich noch meinen prächtigen Riesenschnauzer<br />
Blacky, der mir natürlich unerschütterlich die Treue hielt<br />
und dafür sorgte, dass ich des Nachts ruhig schlafen konnte. Blacky<br />
hatte ich im Herbst 1991 als zehnwöchigen Welpen von einem Züchter<br />
in der Nähe von München gekauft, weil sich mein leider allzu<br />
stürmischer Teddy so schwer verletzt hatte, dass er vom Tierarzt eingeschläfert<br />
werden musste.<br />
Wie üblich, rief ich im Januar 1994 dennoch bei meiner früheren Lebensgefährtin<br />
Sigrid in Mönchengladbach an, um ihr zum Geburtstag<br />
zu gratulieren, und erzählte ihr bei dieser Gelegenheit, was mir im<br />
vergangenen Jahr so alles widerfahren war. Da sie mich gerne mal<br />
wieder sehen wollte und ich wieder solo war, besuchte sie mich daraufhin<br />
im Februar – und war total begeistert, als sie sah, wie herrlich<br />
weit ich es mit meinen Programmierkünsten gebracht hatte. Und weil<br />
ich den furchteinflößenden Blacky instruiert hatte, dass Sigrid ein<br />
willkommener Gast sei, becircte er sie prompt so sehr mit seinem<br />
ganzen Charme, dass sie von ihm nicht minder begeistert war.<br />
Bereits im Herbst 1993 hatte mich das mulmige Gefühl beschlichen,<br />
dass die Kanzlei des Freiherrn Ferdinand von Liliencron und insbesondere<br />
dessen Sozius, der Rechtsanwalt Frank Mörsberger, dazu<br />
tendierte, die zwar sehr sorgfältig ausbaldowerten, aber offenkundig<br />
zu meiner Diffamierung an den Haaren herbeigezogenen Schutzbehauptungen<br />
der Bank als wahr beziehungsweise als plausibel hinzunehmen<br />
und mich als uneinsichtigen Bankrotteur einzuschätzen.<br />
Eine dieser Schutzbehauptungen besagte beispielsweise, dass es das<br />
unauffindbare Kündigungsschreiben, aufgrund dessen ich Kaufmann<br />
am 15. Mai 1992 angerufen hatte, gar nicht gegeben hätte. Demnach<br />
konnte also mit großer Sicherheit davon ausgegangen werden, dass<br />
es der Bank im Verlauf des sich über ein Jahr lang hinziehenden<br />
„schöpferischen“ Zerstörungsprozesses gelungen war, dieses Schreiben<br />
aus meinen Geschäftsunterlagen entfernen zu lassen, um nicht<br />
231
der vorsätzlichen Ruinierung meiner Firma bezichtigt werden zu<br />
können. Zu meiner bösen Überraschung schien mein Anwalt von der<br />
Glaubwürdigkeit dieser dreisten Schutzbehauptung überzeugt zu<br />
sein, während er meine Glaubwürdigkeit und die meiner Sekretärin<br />
und Chefbuchhalterin offenkundig bezweifelte.<br />
Aufgrund dieser Zweifel war ich im Dezember 1993 zum Schluss gekommen,<br />
bei der falschen Kanzlei gelandet zu sein und beauftragte<br />
daraufhin den Rechtsanwalt Christof Herold damit, die bereits laufenden<br />
Zwangsvollstreckungsmaßnahmen der Bank abzuwehren und<br />
meine Forderung auf Schadensersatz zu betreiben. Da auch Sigrid<br />
aufgrund meiner Schilderung der wesentlichen Begebenheiten und<br />
nach der Lektüre einiger Schriftsätze Herrn Herolds davon überzeugt<br />
war, dass meine Hoffnungen auf die Rettung des Hauses und auf einige<br />
Millionen Mark Schadensersatz wohlbegründet waren und sie es<br />
offenkundig redlich bedauerte, dass sie seinerzeit so zickig und skeptisch<br />
war, verliebten wir uns prompt abermals und verabredeten<br />
einen gemeinsamen Osterurlaub in ihrem Haus, das sie im Jahr zuvor<br />
an der Costa Brava gekauft hatte.<br />
1994 – mit Sigrid an der Costa Brava<br />
232
Trotz des fürchterlichen Schlamassels, in das ich geraten war, erlebte<br />
ich so – nach drei ungeheuerlich stressreichen und nervenaufreibenden<br />
Jahren – zwei der schönsten Urlaubswochen meines Lebens. Im<br />
Mai und Juni besuchte Sigrid mich mehrere Male in meinem Haus<br />
am Starnberger See. Im Juli arrangierte sie für ihre Mutter eine große<br />
Gartenparty zu deren achtzigsten Geburtstag, zu der auch ich eingeladen<br />
wurde – und, wie erwartet, zeigten sich alle anwesenden Gäste,<br />
die mich von früher her kannten, sehr erfreut, dass wir nach rund<br />
acht Jahren wieder zusammen gefunden hatten.<br />
Im August 1994 hatte mein Rechtsanwalt Christof Herold einen sehr<br />
stringent geführten Nachweis des Tatbestandes der fahrlässigen und<br />
somit haftpflichtigen Kreditkündigung zur Unzeit in Form einer Gegenklage<br />
zur Abwehr der laufenden Zwangsvollstreckungsmaßnahmen<br />
erstellt. In der Hoffnung, die Bank aufgrund der Stringenz dieses<br />
Nachweises zum Einlenken bewegen zu können, hielt ich es aus<br />
Kostengründen für klüger, statt gerichtlich Klage zu erheben, zunächst<br />
zu sondieren, ob die Bank zu einer außergerichtlichen Regulierung<br />
der Angelegenheit bereit wäre. Da auch Herr Herold diese<br />
Vorgehensweise für sinnvoll hielt, schrieb er folgenden Brief:<br />
Bayerische Vereinsbank<br />
Zentralbereich Recht<br />
zu Hd. Herrn Dr. Burghardt<br />
Kardinal-Faulhaber-Straße 14<br />
80333 München 16.08.94<br />
Georg Zipfel GmbH ./. Bayerische Vereinsbank<br />
Sehr geehrter Herr Dr. Burghardt,<br />
wie aus den Ihnen vorliegenden Unterlagen insbesondere in den beiden<br />
Zwangsversteigerungsverfahren bekannt ist, vertreten wir Herrn<br />
Georg Zipfel, Gartenstraße 15, 82335 Berg anwaltlich.<br />
Ihr Haus unternimmt im Moment den Versuch, den privaten Grundbesitz<br />
unseres Mandanten versteigern zu lassen, da unser Mandant<br />
seinerzeit sowohl für das Objekt in Berg wie auch für die Immobilie<br />
in Kenzingen den Fortbestand einer schon seinerzeit von der Firma<br />
233
Georg Zipfel GmbH eingeräumten Grundschuld im Falle Berg geduldet<br />
hatte, im Falle Kenzingen eine Grundschuld selbst bewilligt<br />
hatte.<br />
Nach diesseitiger Auffassung sind die Geschäftsbeziehungen zwischen<br />
der Firma Georg Zipfel GmbH und Herrn Georg Zipfel einerseits<br />
und Ihrem Hause andererseits auf eine Art und Weise beendet<br />
worden, die nicht den üblichen Gepflogenheiten entspricht, die<br />
Streitpunkte sind aus der bisherigen Korrespondenz ja bekannt.<br />
Wir halten noch einmal fest, dass der Firma Georg Zipfel GmbH<br />
Ende 1991 ein Betriebsmittelkredit über DM 7,0 Mio. eingeräumt<br />
wurde, der über laufende Geschäftseinnahmen zurückgeführt werden<br />
sollte. Die Gelegenheit, den Betriebsmittelkredit über laufende Geschäftseinnahmen<br />
zurückzuführen, hat man unserer Mandantschaft<br />
aber nicht gegeben. Vielmehr wurde der Kredit sehr unvermittelt<br />
nach der Trennung unserer Mandantschaft von Herrn Raith aufgekündigt.<br />
Das Ansinnen, innerhalb eines 2 ½ monatigen Zeitraums<br />
den Kredit etwa zu halbieren, also von DM 7,0 Mio. auf DM 3.0<br />
Mio. zurückzuführen, war angesichts der Indiskretionen, die dazu<br />
führten, dass die Maßnahme Ihres Hauses in der Branche sehr<br />
schnell bekannt wurde, unmöglich, dies war auch ohne weiteres vorhersehbar.<br />
Sodann wurde unsere Mandantschaft noch veranlasst, das<br />
Haus in Berg aus dem Betriebsvermögen herauszunehmen und man<br />
hat unserer Mandantschaft seinerzeit zugesichert, bei der privaten<br />
Finanzierung weiterhin behilflich zu sein. Das Ergebnis ist nun, dass<br />
versucht wird, das Objekt zu versteigern aufgrund der Ihnen zur Verfügung<br />
stehenden Grundschuld, ohne dass der Versuch unternommen<br />
worden wäre, die im Zusammenhang mit dem Erwerb des Anwesens<br />
angefallenen Aufwendungen gesondert zu finanzieren und unserer<br />
Mandantschaft daher die weitere Nutzung dieses Objekts einzuräumen<br />
bzw. zu belassen. Auch diese Vorgehensweise berechtigt doch zu<br />
erheblichen Zweifeln über die Motive, die Ihr Haus zu diesem recht<br />
rigiden Verhalten veranlasst haben mögen. Es war von vorne herein<br />
klar, dass die Kündigung und spätere einschneidende Kürzung der<br />
Kreditlinien innerhalb kürzester Zeit zum Zusammenbruch des Un-<br />
234
ternehmens unseres Mandanten führen musste. Die Folgen des Verhaltens<br />
Ihres Hauses waren entsprechend katastrophal, sie sind genau<br />
in der Weise eingetreten, wie dies offensichtlich im Mai 1992 bewusst<br />
in Kauf genommen worden war, da wir trotz aller Bemühungen<br />
keinen vernünftigen Grund erkennen konnten, der Ihr Verhalten objektiv<br />
gerechtfertigt hätte.<br />
Unsere Mandantschaft hat, nachdem sich herausgestellt hatte, dass<br />
außergerichtliche Bemühungen insoweit erfolglos blieben, inzwischen<br />
den Auftrag erteilt, Klage einzureichen. Wir haben die Klage<br />
zunächst einmal als Vollstreckungsgegenklage bezüglich der Grundschuld<br />
des Objekts Berg / Kempfenhausen konzipiert. Eine Kopie der<br />
Klage ist zu Ihrer Information beigefügt, es werden allerdings möglicherweise<br />
in den nächsten Tagen noch einige Änderungen vorgenommen<br />
werden. Die Klage behandelt derzeit nur einen kleinen Ausschnitt<br />
aus dem Gesamtkomplex, in den natürlich noch detaillierter<br />
eingestiegen werden muss, wenn es um die Frage geht, welcher<br />
Schaden denn nun eigentlich unserem Mandanten aus der Verhaltensweise<br />
Ihres Hauses entstanden ist.<br />
Wir sind der Auffassung, dass die letzte Möglichkeit, eine vernünftige<br />
außergerichtliche Regelung herbeizuführen und unnötige Kosten zu<br />
ersparen, nicht ausgelassen werden sollte. Aus diesem Grund fragen<br />
wir an, ob Bereitschaft besteht, den gesamten Sachverhalt noch einmal<br />
durchzusprechen und nach einer einvernehmlichen Lösung zu<br />
suchen. Hierzu wäre es allerdings erforderlich, dass die Versteigerungsverfahren<br />
zumindest für die Dauer der Verhandlungen ausgesetzt<br />
würden, damit für unseren Mandanten keine weiteren Rechtsnachteile<br />
entstehen, im übrigen wird unser Mandant nicht bereit<br />
sein, unter dem Druck laufender Versteigerungsverfahren zu verhandeln.<br />
Nach diesseitiger Auffassung birgt der gesamte Komplex so viel<br />
Zündstoff, dass es im allseitigen Interesse liegen müsste, eine Einigung<br />
zu finden. Es sollte bedacht werden, dass unser Mandant im<br />
Moment vor der Situation steht, ein Unternehmen, das einen Wert<br />
von jedenfalls DM 8 bis 10,0 Mio. repräsentierte, verloren zu haben<br />
235
und zusätzlich einer Verbindlichkeit gegenüberzustehen, die von Ihnen<br />
auf ca. DM 5,5 Mio. beziffert wird. Aus der Sicht unserer Mandantschaft<br />
hätte sich die Firma weiter positiv entwickelt, wie dies<br />
aus den Umsatzentwicklungen und Ergebnisentwicklungen der damaligen<br />
Geschäftsjahre zu ersehen ist. Weiter hätten sich Käufer gefunden,<br />
die jedenfalls einen erheblichen Kaufpreis für das Unternehmen<br />
bezahlt und die Verbindlichkeiten des Unternehmens übernommen<br />
hätten. Zudem glauben wir, dass bei Durchführung der Katalogaktion<br />
und flankierenden Werbemaßnahmen Ende 1992 / Frühjahr<br />
1993 ein nochmaliger Schub eingetreten wäre mit der Folge,<br />
dass die insbesondere für die besonderen PR-Aktionen benötigten<br />
Fremdmittel nicht weiter erforderlich gewesen wäre. Auch hierfür<br />
lassen sich zahlreiche stichhaltige Gesichtspunkte aufzählen.<br />
Für ein Gespräch steht unser Mandant zusammen mit dem Unterzeichneten<br />
jederzeit zur Verfügung. Wir bitten höflich um kurzfristige<br />
Rückäußerung, insbesondere im Hinblick auf die laufenden Zwangsversteigerungsverfahren.<br />
Mit freundlichen Grüßen<br />
gez. Christof Herold<br />
Wohl weil sie sich ertappt fühlten, verstiegen sich meine sehr vertrauenswürdig<br />
wirkenden Kontrahenten zur Bestreitung der Rechtmäßigkeit<br />
meines Schadensersatzanspruchs und zur Zurückweisung<br />
der vorgeschlagenen außergerichtlichen Regulierung der Angelegenheit<br />
nunmehr zu einem extrem abgefeimten Wust aus krassen Sachverhaltsentstellungen,<br />
dreisten Schutzbehauptungen und faulen Argumenten.<br />
Folglich befürchtete ich aufgrund des anrüchig wirkenden<br />
Verlaufs meiner Vita und der Komplexität der tatsächlichen Sachverhalte<br />
und Begebenheiten, endgültig in den Mühlen des bayerischen<br />
Justizwesens zermalmt zu werden, falls ich mich ohne hinreichende<br />
Vorbereitung auf eine gerichtliche Auseinandersetzung einlassen<br />
sollte.<br />
Diese Befürchtung stützte sich unter anderem auf die Tatsache, dass<br />
die Bankjuristen sich erdreistet hatten, nicht nur meine, sondern auch<br />
die Glaubwürdigkeit der von mir benannten Zeugen in Abrede zu<br />
236
stellen und ihrerseits vermeintlich ehrliche Zeugen benannt hatten,<br />
von denen ich jedoch annehmen musste, dass sie jeden Meineid leisten<br />
würden, um Schaden von der Bank und ihrer eigenen Reputation<br />
abzuwenden.<br />
Recht haben und Recht bekommen sind bekanntlich zweierlei – insbesondere<br />
dann, wenn man von vermeintlich biederen Leuten betrogen<br />
wurde. Somit stellte sich mir nunmehr die große Frage, ob es in<br />
Anbetracht meiner Stigmatisierung als vermeintlich zwielichtiger<br />
Bankrotteur und des anrüchig wirkenden Verlaufs meiner Vita noch<br />
Sinn macht, mich weiterhin um die Durchsetzung meines wohlerworbenen<br />
Rechts auf Schadensersatz zu bemühen. Denn offenbar lag<br />
dieser Absage zu einer außergerichtlichen Regulierung der Angelegenheit<br />
die Überzeugung der Bankjuristen zugrunde, ihr Institut<br />
durch eine missbräuchliche Instrumentalisierung unseres Justizwesens<br />
auf meine Kosten schadlos halten zu können. Und weil mir die<br />
nötigen Mittel fehlten, einen langwierigen Rechtsstreit zur Durchsetzung<br />
meines Anspruchs auf Schadensersatz finanzieren zu können,<br />
beschloss ich, meine eiserne Bargeldreserve zu schonen anstatt sie in<br />
erfolglosen Gerichtsprozessen zu verpulvern, die Betreibung meiner<br />
Forderung auf Schadensersatz vorläufig zu suspendieren, meinen somit<br />
aussichtslos gewordenen Widerstand gegen die Zwangsvollstreckungsmaßnahmen<br />
der Bank einzustellen und das resultierende Gespött<br />
der Leute zu ignorieren.<br />
Zwar hatte sich der Versuch zur Herbeiführung einer außergerichtlichen<br />
Beilegung meines Streits mit der Bayerischen Vereinsbank somit<br />
leider als vergeblich erwiesen. Aber immerhin konnte ich aufgrund<br />
der zur Bestreitung des Tatbestandes der fahrlässigen Kreditkündigung<br />
zur Unzeit aufgebotenen Schutzbehauptungen und Sachverhaltsentstellungen<br />
nunmehr ziemlich sicher davon ausgehen, dass<br />
schon die zwischen der Bank und Herrn Raith hinter meinem Rücken<br />
vereinbarte Erhöhung der Kreditlinie von 4 auf 7 Millionen Mark aus<br />
hinterhältigen Motiven vorgenommen wurde. Insofern hatte das in<br />
diesen leider vergeblichen Versuch investierte Geld dennoch eine<br />
sehr hohe Rendite erzielt.<br />
237
Obwohl ich ernsthaft gehofft hatte, die Bayerische Vereinsbank<br />
durch den stringenten Nachweis des Tatbestandes der fahrlässigen<br />
Kreditkündigung zur Unzeit doch noch zu einer einvernehmlichen<br />
Regulierung der Angelegenheit bewegen zu können, traf mich deren<br />
Absage vom 15. September 1994 nicht unvorbereitet. Erhalten hatte<br />
ich diese Absage zwei Tage nach meiner Rückkehr aus einem zweiwöchigen<br />
Urlaub mit Sigrid an der Costa Brava. In diesem Urlaub<br />
hatten wir beschlossen, dass ich im Fall der Notwendigkeit zur gerichtlichen<br />
Klageerhebung umgehend zu ihr nach Mönchengladbach<br />
umziehen werde. Zum einen wollten wir ja ohnehin heiraten, sobald<br />
meine Ehe geschieden war, und zum andern, weil in diesem Fall zu<br />
befürchten war, dass die Bank alle juristischen Mittel, Möglichkeiten<br />
und Finten aufbieten würde, um die Rechtmäßigkeit meiner Schadensersatzforderung<br />
in Abrede zu stellen und dass folglich meine Bemühungen<br />
zur Abwendung der Zwangsversteigerung meines Hauses<br />
und von weiteren Pfändungsmaßnahmen höchstwahrscheinlich vergeblich<br />
sein werden.<br />
Aufgrund der Absage räumte ich also umgehend mein Haus am<br />
Starnberger See und zog bereits Mitte Oktober 1994 mit meinem<br />
prächtigen Riesenschnauzer Blacky bei Sigrid in Mönchengladbach<br />
ein – was deren Pino, einem kleinen tollkühnen Cairn-Terrier-Rüden,<br />
zunächst überhaupt nicht ins Konzept passte. Glücklicherweise hatte<br />
Blacky kapiert, dass er auf Pinos selbstmörderische Attacken nur<br />
sehr zurückhaltend reagieren darf, sonst wäre er wohl schon wenige<br />
Tage nach unserem Einzug den Heldentod gestorben. So nach etwa<br />
vier Wochen schloss Pino dann endlich Freundschaft mit Blacky.<br />
Vorausgegangen war diesem abrupten Gesinnungswandel eine seiner<br />
rabiaten Attacken, die Blacky damit parierte, dass er ihn wie ein Apportierholz<br />
packte, in die Höhe hob und auf mein Aus-Kommando<br />
wieder fallen ließ. Der unverletzte Pino schüttelte sich daraufhin kurz<br />
und stolzierte schwanzwedelnd vom Garten zurück ins Wohnzimmer,<br />
von wo aus er zu dieser letzten Attacke gegen Blacky gestartet war.<br />
Im Frühjahr 1995 begann ich dann mit der Arbeit an einem Buch, in<br />
dem ich den Aufstieg und den Untergang meiner Firma beschreiben<br />
238
und die Rechtmäßigkeit meiner Schadensersatzforderung nachweisen<br />
wollte. Außerdem wollte ich mit diesem Buch darauf hinweisen, dass<br />
die schon damals grassierende Schwindsucht des mentalen und sozialen<br />
Wohlstands in Deutschland vor allem aus der in Großbanken<br />
und in Großunternehmen etablierten Betrugskultur resultierte. Diese<br />
Arbeit erwies sich jedoch schon bald als sehr viel komplexer und<br />
schwieriger, als ich zunächst angenommen hatte.<br />
Nach einigen Wochen wurde mir klar, dass ich zur Begründung dieser<br />
These und zur wirksamen Entkräftung der im Schreiben der<br />
Rechtsabteilung der Bayerischen Vereinsbank vom 15. September<br />
1994 aufgebotenen Lügen und Argumente zur Bestreitung der Rechtmäßigkeit<br />
meiner Forderung auf Schadensersatz und zur Diffamierung<br />
meiner Person auch den ziemlich abenteuerlichen Verlauf meiner<br />
Karriere als Bauingenieur und vor allem mein Verhalten als Generalbevollmächtigter<br />
der Mannesmann Anlagenbau AG in Kolumbien<br />
in hinreichender Ausführlichkeit beschreiben und erklären musste.<br />
Obwohl die meisten Firmeninsolvenzen entweder aus betriebsinternen<br />
Unzulänglichkeiten, unternehmerischen Fehlentscheidungen<br />
oder aus ganz normalen marktwirtschaftlichen Selektionsprozessen<br />
resultieren, war ich mir zunächst ziemlich sicher, auf diese Weise<br />
glaubhaft darlegen zu können, dass dies bei mir definitiv nicht der<br />
Fall war und dass die Argumente der Bank zur Bestreitung der<br />
Rechtmäßigkeit meiner Forderung teils auf glatten Lügen, teils auf<br />
irrelevanten Nebensächlichkeiten und teils auf massiven Sachverhaltsentstellungen<br />
beruhten.<br />
Also kramte ich die entsprechenden Akten aus meinem sehr umfangreichen<br />
Umzugsgut hervor, um mit Hilfe der darin enthaltenen<br />
Schriftstücke die Gründe für das unrühmliche Ende meiner Tätigkeit<br />
für den Mannesmann-Konzern und für die Gründung einer Mailorder-Firma<br />
in der PC-Branche erklären zu können. Anfang Oktober<br />
1995 war ich mit meiner Arbeit an diesem Buch soweit fortgeschritten,<br />
dass ich es nach mehreren weiteren erfolglosen Versuchen, die<br />
Rechtsabteilung der Bank zu einer außergerichtlichen Regulierung<br />
meines Anspruchs auf Schadensersatz zu motivieren, getreu der De-<br />
239
vise „Tue recht und scheue niemand!“ für angebracht hielt, einen<br />
Brief an den Vorstandschef der Mannesmann AG zu schreiben, um<br />
zu sondieren, ob dieser eventuell bereit wäre, sich beim Vorstand der<br />
Bayerischen Vereinsbank um eine gütliche Beilegung dieser Auseinandersetzung<br />
zu bemühen. Zu dieser Vorgehensweise sah ich mich<br />
vor allem durch die offenkundige Entschlossenheit meiner Kontrahenten<br />
veranlasst, den damals noch über jeden vernünftigen Zweifel<br />
erhabenen guten Ruf der Bank, durch eine missbräuchliche Instrumentalisierung<br />
unseres Justizwesen zu schützen.<br />
Als Vorstandsvorsitzender der Mannesmann AG fungierte damals<br />
Herr Dr. Joachim Funk. Weil Dr. Funk von 1980 bis 1994 als deren<br />
Finanzvorstand fungiert hatte, war ihm das von mir thematisierte<br />
Fehlverhalten der Konzernleitung also mit Sicherheit bekannt. Und<br />
weil ich davon ausging, dass es ihm lieber wäre, wenn ich die Begebenheiten,<br />
die zu meiner fristlosen Entlassung geführt hatten, erst gar<br />
nicht publizieren muss, um mir eine Chance auf eine gerichtliche<br />
Durchsetzung meines Rechts auf Schadensersatz zu erschließen, hegte<br />
ich also eine durchaus realistische Hoffnung, dass er eventuell bereit<br />
sein könnte, meiner Bitte um Vermittlung zu entsprechen.<br />
In Unkenntnis der ungeheuerlichen Dimension des Fehlverhaltens<br />
der Konzernleitung beim Bau der Kolumbien-Pipeline teilte ich<br />
Herrn Dr. Funk in meinem Brief vom 9. Oktober 1995 folglich in aller<br />
Offenheit mit, dass ich mich aufgrund der ruinösen Kreditpolitik<br />
der Bayerischen Vereinsbank gegenüber meiner Firma und deren faulen<br />
Argumenten zur Bestreitung der Rechtmäßigkeit meines Anspruchs<br />
auf Schadensersatz genötigt sehe, ein Buch zu veröffentlichen,<br />
das unter anderem auch eine ausführliche Beschreibung jener<br />
abenteuerlichen Begebenheiten enthielt, die zur Beauftragung Mannesmanns<br />
mit dem Bau der Kolumbien-Pipeline und zur Beendigung<br />
meiner Tätigkeit für den Konzern geführt hatten. Außerdem wies ich<br />
Herrn Funk darauf hin, dass sich meine ausführliche Kritik der<br />
großen Stern-Reportage über den Bau der „mörderischen“ Kolumbien-Pipeline<br />
und des seinerzeitigen Verhaltens der Konzernleitung<br />
sehr negativ auf die öffentliche Meinung über den Mannes-<br />
240
mann-Konzern und auf die bis dahin sehr gute Entwicklung des Mobilfunkgeschäfts<br />
auswirken könnte. Um sicherzustellen, dass meine<br />
Befürchtung ernst genommen wird, fügte ich diesem Schreiben Kopien<br />
des Friedensangebots der ELN vom 16. Oktober 1984 bei.<br />
Zwar wusste ich damals noch nicht, dass die Konzernleitung sehr<br />
viel mehr zu verbergen hatte als nur die fahrlässige Provozierung von<br />
Terroranschlägen und die skrupellose Belügung der Reporter und Redakteure<br />
vom Stern, aber ich ahnte es. <strong>Des</strong>halb hatte ich es für sinnvoll<br />
gehalten, Herrn Dr. Funk zu empfehlen, sich gegebenenfalls mit<br />
Unterstützung der Deutschen Bank mit dem Vorstand der Bayerischen<br />
Vereinsbank ins Benehmen zu setzen und dafür zu sorgen, dass<br />
meiner Forderung auf Schadensersatz entsprochen wird, weil der<br />
Konzern andernfalls in sehr große Schwierigkeiten zu geraten drohe.<br />
Da es viele Buchautoren, Journalisten, Bürgerinitiativen und<br />
Politiker gab, die sich kritisch mit der Betrugskultur in den Führungsetagen<br />
der Deutschland AG auseinandersetzten, hielt ich es für<br />
vertretbar, auf die Leistung eines eigenen Beitrags zu diesem Thema<br />
zu verzichten, falls es Herrn Dr. Funk gelingen sollte, Herrn Dr. Albrecht<br />
Schmidt, den damaligen Chef der Bayerischen Vereinsbank zu<br />
veranlassen, die Rechtsabteilung der Bank mit einer außergerichtlichen<br />
Regulierung meines Schadensersatzanspruchs zu beauftragen.<br />
Und folglich bot ich Herrn Dr. Funk selbstverständlich an, auf die<br />
Veröffentlichung meines Buches zu verzichten, falls seine diesbezüglichen<br />
Bemühungen erfolgreich sein sollten. Wären mir das Buch:<br />
Mauss – Ein deutscher Agent von Stefan Aust, der Spiegel-Artikel<br />
vom September 1987 (Heft 40) über Mannesmann und diesen zwielichtigen<br />
Undercover-Fuzzy und die diversen Artikel über Mannesmanns<br />
perfides Gastspiel in Kolumbien in der Wochenzeitung Die<br />
Zeit vom 13. November 1987 damals schon bekannt gewesen, hätte<br />
ich mich vermutlich für eine andere Vorgehensweise entschieden.<br />
Aber noch kannte ich ja nur die Stern-Reportage.<br />
Zwar war mir bewusst, dass meine Bitte möglicherweise als versuchte<br />
Erpressung ausgelegt werden könnte. Weil ich jedoch davon ausgegangen<br />
war, dass mir kein ordentliches Gericht mein gutes Recht<br />
241
auf eine öffentliche, stichhaltige und nachvollziehbare Darlegung<br />
meines Verhaltens als generalbevollmächtigter Chef der „mörderischen“<br />
Pipeline-Baustelle Mannesmanns in Kolumbien absprechen<br />
würde, spekulierte ich darauf, dass Dr. Funk meiner Bitte entsprechen<br />
wird. Und tatsächlich schien diese Spekulation zunächst auch<br />
aufzugehen: Denn schon am 20. Oktober 1995, klingelte um 17 Uhr<br />
mein Telefon und es meldete sich ein Herr Dr. Hermann Picot von<br />
Mannesmann – der Chefjustiziar des Konzerns.<br />
In fast schon schleimiger Jovialität brachte er zunächst sein großes<br />
Bedauern darüber zum Ausdruck, dass damals in Saudi-Arabien und<br />
in Kolumbien leider einiges schief gelaufen wäre. Als Nächstes teilte<br />
er mir in blumigen Worten mit, dass Dr. Funk selbstverständlich gerne<br />
bereit sei, mir bei der Durchsetzung meiner Schadensersatzforderung<br />
gegen die Bayerische Vereinsbank behilflich zu sein. Bevor er<br />
tätig würde, wolle er jedoch erst Näheres über das Fehlverhalten der<br />
Bank erfahren und habe deshalb ihn gebeten, einen Gesprächstermin<br />
mit mir zu vereinbaren. Weil Dr. Funk angeblich frühestens am 31.<br />
Oktober 1995 Zeit hatte, einigten wir uns schließlich darauf, dass ich<br />
mich mit ihm an jenem Tag um 11 Uhr in der festungsartigen Konzernzentrale<br />
neben dem Düsseldorfer Mannesmann-Hochhaus treffen<br />
werde.<br />
Das letzte und bis dahin einzige Mal hatte ich diesen Respekt einflößenden<br />
Festungsbau des Rheinischen Kapitalismus im Dezember<br />
1980 anlässlich einer Veranstaltung für junge Führungskräfte des<br />
Konzerns betreten, auf der Dr. Egon Overbeck als Hauptreferent eine<br />
zwar sehr zündende, aber leider auch sehr irreführende Rede über<br />
Loyalität und Leistungswillen gehalten hatte. Dieses Mal war ich<br />
zwar weniger erwartungsfroh wie damals, aber dennoch ging ich davon<br />
aus, Herrn Dr. Funk von der Rechtmäßigkeit meiner Forderung<br />
auf Schadensersatz und von der Falschheit der von den Bankjuristen<br />
zu deren Bestreitung aufgebotenen Sachverhaltsentstellungen und<br />
Argumente überzeugen zu können. Leider musste Dr. Funk zur vereinbarten<br />
Zeit angeblich jedoch sehr überraschend einen anderen<br />
242
Termin wahrnehmen, sodass ich mit Herrn Dr. Picot als Gesprächspartner<br />
vorlieb nehmen musste.<br />
Wie schon während unseres Telefonats am 20. Oktober 1995 bemühte<br />
sich Dr. Picot auch dieses Mal sehr um ein freundschaftliches Gesprächsklima<br />
und ließ uns zunächst einige Schnittchen und zwei<br />
Kännchen Tee aus der Vorstandsküche bringen. Im einleitenden<br />
Smalltalk erwies er sich als erstaunlich gut informiert über meine<br />
frühere Tätigkeit für den Konzern. Und da ich durchaus Verständnis<br />
dafür hatte, dass es für Dr. Funk Wichtigeres zu tun gab, als sich mit<br />
den Einzelheiten des Fehlverhaltens der Bayerischen Vereinsbank zu<br />
befassen, und Dr. Picot mir glaubhaft versichert hatte, dass er beauftragt<br />
wäre, sich der Angelegenheit anzunehmen, ging ich mit ihm die<br />
von mir mitgebrachten Unterlagen durch und beantwortete alle seine<br />
Fragen zu seiner offenkundigen Zufriedenheit.<br />
Nach etwa einer Stunde zeigte sich Dr. Picot schließlich fest davon<br />
überzeugt, dass mein Anspruch auf Schadensersatz wohl fundiert sei<br />
und dass es Dr. Funk folglich sicherlich auch gelingen werde, den<br />
Vorstand der Bayerischen Vereinsbank zum Abschluss eines Vergleichs<br />
in der Größenordnung von 10 Millionen Mark bewegen zu<br />
können. Zwar machte er deutlich, dass er der Entscheidung Dr.<br />
Funks nicht vorgreifen konnte, zeigte sich aber sehr zuversichtlich,<br />
dass dieser seiner Empfehlung folgen würde und ich somit die brisanten<br />
Begebenheiten, die der rufmörderischen Beendigung meiner<br />
Tätigkeit für die Mannesmann Anlagenbau AG vorausgegangen waren,<br />
nicht veröffentlichen muss, um meinem wohl erworbenen Recht<br />
auf Schadensersatz Geltung zu verschaffen. Weil sich Dr. Picot sehr<br />
sicher zu sein schien, dass Dr. Funk seiner Empfehlung folgen wird,<br />
vereinbarten wir als nächsten Gesprächstermin den 10.11.1995, um<br />
das weitere Vorgehen mit mir abzustimmen.<br />
Beim zweiten Gespräch am 10. November 1995 teilte mir Dr. Picot<br />
dann lapidar mit, dass Dr. Funk das Fehlverhalten führender Mannesmänner<br />
in Saudi-Arabien und Kolumbien als Schnee von gestern erachtete,<br />
und folglich leider nicht bereit wäre, in meiner Sache tätig<br />
zu werden. Und als ich ihn darauf hinwies, dass es sich bei diesem<br />
243
Schnee von gestern meines Erachtens um hoch brisanten Stoff handele,<br />
dem genügend Sprengkraft innewohne, um die Reputation der<br />
Mannesmann AG als ein seriös geführtes Unternehmen nachhaltig zu<br />
ruinieren, gab er mir – zynisch grinsend – den guten Rat, sorgfältig<br />
darauf zu achten, dass mein Buch nichts enthalte, was dieser Reputation<br />
abträglich sein könnte, weil er andernfalls dessen Veröffentlichung<br />
mit juristischen Mitteln unterbinden müsse.<br />
Somit konnte ich nach dem Scheitern meiner Bemühungen, die Bank<br />
mithilfe meiner Anwälte zu einer einvernehmlichen Regulierung<br />
meines Schadensersatzanspruchs zu veranlassen, also auch die Hoffnung<br />
begraben, durch die Arbeit an meinem Buch umgehend die<br />
Voraussetzungen für eine gerichtliche oder außergerichtliche Durchsetzung<br />
meines Rechts auf Schadensersatz schaffen zu können. Da es<br />
mir dank meiner rechtzeitigen Flucht von Bayern ins Rheinland gelungen<br />
war, dem drohenden Absturz in die Sozialhilfebedürftigkeit<br />
und Obdachlosigkeit zu entkommen und obendrein eine ordentliche<br />
Bargeldreserve zu retten, geriet ich durch diesen „guten Rat“ Dr. Picots<br />
jedoch glücklicherweise nicht unter Zeitdruck – zumal mein Anspruch<br />
auf Schadensersatz nach damaliger Rechtslage erst nach 30<br />
Jahren verjährte. Denn wenn ich damals der Meinung gewesen wäre,<br />
in eine ausweglose Situation geraten zu sein, hätte ich ihn, aufgrund<br />
sehr konkreter Verdachtsmomente, dass ich lediglich unter Vortäuschung<br />
von Hilfsbereitschaft ausgehorcht wurde, in Reaktion auf<br />
sein zynisches Grinsen sehr wahrscheinlich auf der Stelle am Kragen<br />
gepackt und ihm gründlich die „Fresse poliert“.<br />
Nachdem Dr. Picot mir die Gewissheit vermittelt hatte, es mit veritablen<br />
Schurken in der Maske von Ehrenmännern zu tun zu haben, beschloss<br />
ich nach diesen aufschlussreichen Gesprächen, mich zunächst<br />
in aller Gründlichkeit um die Entkräftung der rufmörderischen<br />
Wirkung meiner fristlosen Entlassung durch Mannesmann zu bemühen,<br />
um im Streit mit der Bayerischen Vereinsbank nicht als zwielichtiger<br />
Unternehmer diffamiert werden zu können, der angeblich<br />
bereits in seinem erlernten Beruf versagt habe.<br />
244
Weil ich meine Stigmatisierung als Bankrotteur nicht auf mir sitzen<br />
und auch meinen Anspruch auf Schadensersatz nicht verfallen lassen<br />
wollte, blieb mir also keine andere Wahl, als mich gründlicher als<br />
bisher mit dem Wesen meiner Kontrahenten zu befassen. Zu meinem<br />
großen Verdruss wollte oder konnte Sigrid jedoch leider nicht begreifen,<br />
dass dies der einzige erfolgversprechende Weg war, um diese<br />
Stigmatisierung überwinden und meine Schadensersatzforderung<br />
durchsetzen zu können. Zwar lebte ich nicht auf ihre Kosten und bemühte<br />
mich auch nach Kräften um den Erhalt des häuslichen Friedens,<br />
aber dennoch erwies sie sich nach der Absage Dr. Picots als zunehmend<br />
kapriziös und streitsüchtig, sodass es aufgrund von ihren<br />
völlig inakzeptablen Verhaltensweisen im Frühjahr 1996 zu heftigen<br />
Auseinandersetzungen zwischen uns kam, die schließlich dazu führten,<br />
dass sie im Sommer wutentbrannt aus unserer Wohnung im Haus<br />
ihrer zwischenzeitlich 82 Jahre alten Mutter auszog. Vorausgegangen<br />
waren diesem Auszug auch zahlreiche, bisweilen sehr gehässige<br />
Auseinandersetzungen zwischen Mutter und Tochter, weil Sigrid aus<br />
steuerlichen Gründen wiederholt auf die Überschreibung des Hauses<br />
auf ihren Namen gedrängt hatte, während die Mutter hierzu noch<br />
nicht bereit war.<br />
So kam es, dass mir von Sigrids Mutter angeboten wurde, weiterhin<br />
in ihrem Haus wohnen zu bleiben, sofern ich bereit sei, mich um<br />
Haus und Garten zu kümmern – obwohl sie wusste, dass ich wegen<br />
des eklatanten Fehlverhaltens der Bayerischen Vereinsbank den Offenbarungseid<br />
hatte leisten müssen. Selbstverständlich nahm ich dieses<br />
Angebot sehr gerne an. Und weil ich bei der Abgabe der eidesstattlichen<br />
Versicherung mit gutem Gewissen meine Bargeldreserve<br />
verschwiegen hatte, konnte ich mich nach Sigrids Auszug somit also<br />
in relativer Gelassenheit auf die Suche nach einem erfolgversprechenden<br />
Ausweg aus dem Schlamassel begeben, in das ich geraten<br />
war.<br />
Unter anderem hat mich diese Suche in den kommenden Jahren zur<br />
sorgfältigen Lektüre der Bibel und der Werke von zahlreichen Klassikern<br />
auf den Gebieten der Philosophie, Geschichtsschreibung,<br />
245
Ökonomie, Soziologie und Politik veranlasst. Außerdem begann ich,<br />
regelmäßig den Spiegel, die FAZ und die Zeit zu lesen. Im Sommer<br />
1996 stieß ich dabei eher zufällig auf eine Werbeanzeige für Stefan<br />
Austs Buch Mauss – Ein deutscher Agent. Zwar stellte sich bei der<br />
Lektüre heraus, dass alle in diesem bereits 1988 veröffentlichten<br />
Buch geschilderten Sachverhalte und Begebenheiten bezüglich des<br />
Baus der Kolumbien-Pipeline auf zum Teil sehr irreführenden Artikeln<br />
beruhten, die im Stern, Spiegel und in der Zeit veröffentlicht<br />
wurden. Aber gerade deshalb fand ich mich durch dieses Buch in<br />
meinem Verdacht bestätigt, es mit veritablen Schurken in der Maske<br />
von Ehrenmännern zu tun zu haben.<br />
Dann wurden Werner Mauss und seine Ehefrau Ende 1996 in Kolumbien<br />
verhaftet – und aus allem, was ich bis dahin über die Betrugskultur<br />
im deutschen Banken- und Konzernwesen geschrieben<br />
hatte, wurde Makulatur. Wegen der in Kolumbien gegen Mauss erhobenen<br />
Vorwürfe und der offenkundigen Anrüchigkeit der engen Kooperation<br />
des Bundeskanzleramts mit diesem zwielichtigen Konzern-<br />
Fuzzy berichteten alle wichtigen Medienorgane – allen voran der<br />
Spiegel – in großer Aufmachung über den Fall, sodass mir dank dieser<br />
Verhaftung zahlreiche neue Erkenntnisse zuteil wurden.<br />
Vorgenommen wurde diese Verhaftung in der Nacht vom 16. auf den<br />
17. November 1996 auf dem Flughafen Rio Negro bei Medellin in<br />
Kolumbien aufgrund des Verdachts der gewerbsmäßigen Befreiung<br />
von entführten Personen aus den Händen der ELN-Guerilla unter<br />
Vortäuschung humanitärer Motive und zu extrem überhöhten Lösegeldern.<br />
Da die beiden Verhafteten mit falschen Pässen unterwegs<br />
waren, wurden sie in einer Pressekonferenz am 17. November der<br />
Öffentlichkeit noch als Ehepaar Seidel alias Schröder vorgestellt.<br />
Unmittelbar nachdem die beiden Verhafteten der Weltöffentlichkeit<br />
als mutmaßliche Komplizen der ELN-Guerilla präsentiert worden<br />
waren, wurde ich zu meiner totalen Überraschung vom Spiegel um<br />
ein Interview über meine Tätigkeit in Kolumbien und meine Erfahrungen<br />
mit Werner Mauss gebeten. Da ich gehofft hatte, einen nützlichen<br />
Beitrag zur Entlarvung dieses Undercover-Fuzzys als zwielich-<br />
246
tigen Söldner von schurkischen Wirtschaftsfunktionären beitragen zu<br />
können, stimmte ich dieser Bitte selbstverständlich prompt zu.<br />
Das Interview fand in meiner Wohnung statt. Doch obwohl ich dem<br />
Spiegel-Reporter die besonderen Vertragsbedingungen kurz erläutert<br />
hatte, die dem Auftrag für die Pipeline zugrunde lagen, und ihn das<br />
äußerst aufschlussreiche Friedensangebot der ELN vom Oktober<br />
1984 lesen ließ, wollte dieser – zu meiner großen Verwunderung –<br />
absolut nichts von den im <strong>Kapitel</strong> 5 ausführlich geschilderten Fakten,<br />
Begebenheiten und Zusammenhängen hören. Möglicherweise wollte<br />
dieser Reporter – in wessen Auftrag auch immer – also lediglich herausfinden,<br />
ob ich den kolumbianischen Behörden einen Tipp gegeben<br />
hatte, der zur Verhaftung dieses angeblich genialen Guerilla-Flüsterers<br />
geführt hatte. Dies war jedoch nicht der Fall.<br />
Kurz nach dieser Verhaftung wurde bekannt, dass das Ehepaar Mauss<br />
nicht nur im Geiselbefreiungsgeschäft tätig war, sondern auch bei der<br />
Anbahnung einer deutschen Initiative zur Beendigung des Bürgerkriegs<br />
in Kolumbien unter dem Patronat des deutschen Bundeskanzleramts<br />
und wahrscheinlich arglosen Oberhirten der katholischen<br />
Kirche mitgewirkt hatte, vermutete ich spontan, dass diese mysteriöse<br />
Friedensinitiative vor allem dem Zweck gewidmet war, die<br />
schwere Schuld der Konzernleitung der Mannesmann AG am kometenhaften<br />
Aufstieg der ELN von einer relativ harmlosen, befreiungstheologisch<br />
inspirierten Rebellenbande zur wohl destruktivsten Terrororganisation<br />
Kolumbiens unter Vortäuschung von wohlwollender<br />
Hilfsbereitschaft ungesühnt zu entsorgen.<br />
In dieser zunächst noch ziemlich vagen Vermutung erinnerte ich Dr.<br />
Funk per Schreiben vom 7. Dezember 1996 an seine Weigerung,<br />
meiner Bitte um Intervention bei der Bayerischen Vereinsbank zu<br />
entsprechen, und empfahl ihm, diese Weigerung noch einmal zu<br />
überdenken. Wegen der anzunehmenden Richtigkeit meiner Vermutung,<br />
beließ ich es selbstverständlich bei einer Empfehlung, um nicht<br />
doch noch der versuchten Erpressung bezichtigt werden zu können.<br />
Weil Mannesmann auf dieses Schreiben zunächst nicht reagiert hatte,<br />
rief ich am 22. Dezember 1996 meinen Ex-Kollegen Hajo Hesmert<br />
247
an dessen Privatadresse an, um ihn auf einige gravierende Ungereimtheiten<br />
in der zwar außerordentlich umfangreichen aber auch<br />
ziemlich verwirrenden Berichterstattung des Spiegels über die Kolumbienpolitik<br />
des Bundeskanzleramts sowie auf die Falschheit des<br />
von ihm verbreiteten Gerüchts hinzuweisen, wonach ich im Oktober<br />
1984 entlassen worden sei, weil ich Geld unterschlagen hätte und<br />
korrupt gewesen sei.<br />
Da ich seit 1984 keinerlei Kontakt zu Hesmert hatte, war er natürlich<br />
total überrascht, als ich mich bei ihm meldete. Als erstes sagte ich<br />
ihm, dass er seinen Einsatz als Projektleiter in Kolumbien wohl einzig<br />
und alleine dem Umstand zu verdanken hatte, dass ich mich im<br />
Oktober 1984 um eine vertragskonforme Annahme des Friedensangebots<br />
der ELN vom 16. Oktober bemüht hatte und dass das von ihm<br />
verbreitete Gerücht frei erfunden wäre und wohl nur deshalb in die<br />
Welt gesetzt wurde, weil man gegenüber der Bauherrschaft und dem<br />
Personal eine plausibel klingende Begründung für meine fristlose<br />
Entlassung gebraucht hatte.<br />
Völlig perplex über meinen überraschenden Anruf räumte Hesmert<br />
prompt ein, nichts von diesem Friedensangebot der ELN gewusst zu<br />
haben und lebte bis dahin also offenkundig im falschen Glauben,<br />
dass es der vermeintlichen Klugheit der Herren Dieter Lehmann,<br />
Bernd Schwarzer und Werner Mauss zu verdanken gewesen sei, dass<br />
die ELN die Entführten freigelassen und den Bau dieser Pipeline<br />
schließlich doch noch toleriert hatte. Und weil es ihm sehr schwer<br />
gefallen war, meine harsche Kritik am seinerzeitigen Verhalten der<br />
Konzernleitung zu begreifen, bot ich ihm an, mich über die bevorstehenden<br />
Feiertage in Mönchengladbach zu besuchen, um sich anhand<br />
meiner Unterlagen von der Schändlichkeit dieses Verhaltens zu überzeugen.<br />
Zwar zögerte er zunächst, diese Einladung anzunehmen.<br />
Nachdem ich ihm jedoch gesagt hatte, dass ich an einem Buch arbeite,<br />
in dem ich den damaligen Gang der Dinge in aller Ausführlichkeit<br />
veröffentlichen werde, um das vermeintlich unrühmliche Ende meiner<br />
Berufskarriere als Bauingenieur ins rechte Licht zu setzen, nahm<br />
er meine Einladung schließlich doch noch an. Wegen familiärer Ver-<br />
248
pflichtungen hatte er angeblich jedoch erst nach Dreikönig Zeit. Also<br />
verblieben wir, dass er mich nach dem 6. Januar zur Vereinbarung eines<br />
Termins anrufen werde. Statt des erhofften Anrufs von Hesmert<br />
erhielt ich jedoch folgenden Brief von Mannesmann:<br />
Ihr Schreiben vom 07. 12. 1996<br />
Sehr geehrter Herr Zipfel,<br />
Düsseldorf, 09. 01. 1997<br />
Herr Dr. Funk hat uns gebeten, Ihr an ihn gerichtetes Schreiben vom<br />
07. 12. 1996 zu beantworten.<br />
Zu den in diesem Schreiben aufgeworfenen Fragen hat der Linksunterzeichner<br />
mit Ihnen bereits am 31. 10. und am 10. 11. 1995 aus Anlass<br />
Ihres Schreibens vom 09. 10. 1995 gesprochen. Wie in diesen<br />
Gesprächen sehen wir auch jetzt keine Veranlassung, in dem von Ihnen<br />
gewünschten Sinn einen Einfluss auf Verhandlungen auszuüben,<br />
die Sie mit der Bayerischen Vereinsbank AG führen möchten.<br />
In den damaligen Gesprächen hatte der Linksunterzeichner Sie zu<br />
einer von Ihnen angekündigten Veröffentlichung darauf hingewiesen,<br />
dass Sie bei der Beendigung Ihres Arbeitsverhältnisses mit der Mannesmann<br />
Anlagenbau AG zur Rückgabe aller dienstlich erlangten<br />
Unterlagen verpflichtet waren und dass Sie sich durch eine Veröffentlichung<br />
solcher Unterlagen Ansprüchen auf Unterlassung und<br />
gegebenenfalls auch auf Schadensersatz aussetzen.<br />
Wir sind jetzt darüber unterrichtet worden, dass Sie vor kurzem unter<br />
der Erklärung, Ihre eigenen Unterlagen vervollständigen zu wollen,<br />
versucht haben, von einem Mitarbeiter unseres Unternehmens<br />
Schriftstücke und ergänzende Auskünfte zu erhalten. Hierzu wiederholen<br />
wir mit Nachdruck den vorbezeichneten Hinweis.<br />
Mit freundlichen Grüßen<br />
Mannesmann Aktiengesellschaft<br />
gez. Picot<br />
Wie schon gesagt, hatte sich Dr. Picot am Ende des Gespräches vom<br />
31. Oktober 1995 sehr zuversichtlich gezeigt, Herrn Dr. Funk dazu<br />
249
ewegen zu können, sich beim Vorstand der Bayerischen Vereinsbank<br />
um das Zustandekommen eines außergerichtlichen Vergleichs<br />
zu bemühen, um mich von der Veröffentlichung der abenteuerlichen<br />
Begebenheiten abzuhalten, die zu meiner Entlassung geführt hatten.<br />
Wäre dem anders gewesen, hätte sich ja die Verabredung zu einem<br />
zweiten Gespräch am 10. November zur Besprechung des bis dahin<br />
Erreichten und des weiteren Vorgehens fraglos erübrigt.<br />
Was die falsche Behauptung betrifft, mich darauf hingewiesen zu haben,<br />
dass ich bei der Beendigung meines Arbeitsverhältnisses mit der<br />
Mannesmann Anlagenbau AG zur Rückgabe aller dienstlich erlangten<br />
Unterlagen verpflichtet gewesen sei, so konnte diese Behauptung<br />
nur meine Sicherungskopie des Friedensangebot der ELN vom Oktober<br />
1984 betreffen, das infolge des gewaltigen Medienspektakels wegen<br />
der Verhaftung der Eheleute Mauss und der mysteriösen Bemühungen<br />
des Bundeskanzleramts zur Beendigung des Bürgerkriegs in<br />
Kolumbien erheblich an politischer Relevanz und Brisanz gewonnen<br />
hatte. Im übrigen hatte er mir in unserem zweiten Gespräch lediglich<br />
– zynisch grinsend – den guten Rat erteilt, sorgfältig darauf zu achten,<br />
dass mein Buch nichts enthalte, was der Reputation der Mannesmann<br />
AG als seriös geführte Firma abträglich sein könnte, weil er<br />
andernfalls dessen Veröffentlichung mit juristischen Mitteln unterbinden<br />
müsse.<br />
Weil ich außer Hesmert niemanden von Mannesmann kontaktiert<br />
hatte, konnte es sich bei dem erwähnten Mitarbeiter nur um diesen<br />
handeln. Selbstverständlich hatte ich gehofft, im Falle seines Besuches<br />
auch einige ergänzende Auskünfte über Begebenheiten zu erhalten,<br />
die sich nach meiner Entlassung in Kolumbien zugetragen hatten.<br />
Insofern hatte Dr. Picot mit seiner diesbezüglichen Unterstellung<br />
also fraglos recht. Außerdem wollte ich mit Hesmert auch über einige<br />
Sachverhaltsentstellungen sprechen, die im Stern, im Spiegel, in<br />
der Zeit und in Stefan Austs Buch Mauss – Ein deutscher Agent publiziert<br />
worden waren.<br />
Aus der Tatsache, dass Hesmert mich bis zum Erhalt dieses Schreibens<br />
noch immer nicht zur Vereinbarung eines Termins angerufen<br />
250
hatte, konnte ich also nur den Schluss ziehen, dass er die Konzernleitung<br />
über meinen Anruf vom 22. Dezember 1996 informiert hatte,<br />
um diese vor meinem Buch zu warnen. Und da ich mir sehr gut vorstellen<br />
konnte, dass Hesmert – um seine Reputation als verantwortungsbewusster<br />
Projektleiter und vermeintlich weltmeisterlicher Pipelinebauer<br />
zu verteidigen – notfalls sogar die Richtigkeit der von<br />
Dr. Picot erfundenen Beschuldigungen beschwören würde, konnte<br />
dieses Schreiben folglich nur in der Absicht verfasst worden sein,<br />
mich gegebenenfalls in missbräuchlicher Inanspruchnahme unseres<br />
Justizwesens straf- und zivilrechtlich belangen zu können. Um diesen<br />
möglichen Missbrauch zu erschweren, hatte ich postwendend<br />
(am 12. Januar 1997) einen Brief an Mannesmann geschrieben, in<br />
dem ich mich – per Einschreiben/Rückschein – ausführlich gegen die<br />
frei erfundene Behauptung verwahrt habe, dass ich vor kurzem unter<br />
der Erklärung, meine eigenen Unterlagen vervollständigen zu wollen,<br />
versucht hätte, von einem Mitarbeiter der Mannesmann AG<br />
Schriftstücke zu erhalten. Da man mir außerdem angedroht hatte,<br />
mich gegebenenfalls auf Schadensersatz zu verklagen, konnte ich aus<br />
Mannesmanns Reaktion auf mein Schreiben vom 07.12.1996 also<br />
nur den Schluss ziehen, dass es sich bei meinem vermeintlichen<br />
Schnee von gestern in Wirklichkeit um Stoff handelte, der weitaus<br />
relevanter und brisanter war, als ich zunächst angenommen hatte.<br />
Aufgrund der Möglichkeit, dass das mysteriöse Projekt des Bundeskanzleramts<br />
zur Stiftung von Frieden in Kolumbien auf irrigen Annahmen<br />
bezüglich der Ursachen für die fatale Eskalation des Terrorismus<br />
in Kolumbien beruhte, hatte ich es für notwendig gehalten,<br />
Bundeskanzler Helmut Kohl einen Brief zu schreiben. In diesem<br />
Schreiben vom 10. Dezember 1996 wies ich den Bundeskanzler darauf<br />
hin, dass die über die Medien lancierten Gerüchte von den Verdiensten<br />
des Geheim-Agenten Werner Mauss um die Befreiung des<br />
von der ELN entführten Mannesmann-Ingenieurs Werner Schött und<br />
von der verantwortungsethischen Vorbildlichkeit des Gastspiels<br />
Mannesmanns in Kolumbien definitiv falsch seien. Außerdem teilte<br />
ich ihm mit, dass mich der systematische Missbrauch unserer staatli-<br />
251
chen und gesellschaftlichen Institutionen durch eine marode Konzern-<br />
und Bankenelite mit Zorn erfülle, weil unser Land hierdurch<br />
zusehends seine Rechtsstaatlichkeit und wirtschaftliche Existenzbasis<br />
verliere und unsere Demokratie zu einer verwirrenden Theaterveranstaltung<br />
verkomme. Darüber hinaus wies ich den Bundeskanzler<br />
darauf hin, dass ich jederzeit gerne mit weiteren Auskünften zur<br />
Begründung meiner Kritik des Gastspiels der Mannesmann AG in<br />
Kolumbien zur Verfügung stehe. Von der Mitgliederliste der CDU<br />
hatte ich mich bereits im Sommer 1996 nach 24-jähriger Mitgliedschaft<br />
streichen lassen, weil mir das Verhalten einiger Parteigrößen<br />
nicht mehr behagte.<br />
Um zu belegen, dass mein Zorn nicht auf Medienberichten, abstrakten<br />
Überlegungen oder weltfremden Idealen, sondern auf unmittelbaren,<br />
sehr handfesten persönlichen Erfahrungen beruhte, fügte ich diesem<br />
Schreiben Kopien meiner Briefe an die Bayerische Vereinsbank<br />
vom 3. Dezember 1996 und an die Mannesmann AG vom 7. Dezember<br />
1996 bei. Hierzu nahm das Bundeskanzleramt per Schreiben vom<br />
8. Januar 1997 wie folgt Stellung:<br />
Aktenzeichen K (605) 613 627/96 Bonn, 8. Januar 1997<br />
Sehr geehrter Herr Zipfel,<br />
im Auftrag des Bundeskanzlers danke ich Ihnen für Ihr Schreiben<br />
vom 10. Dezember 1996, indem Sie Vorwürfe gegen die Bundesregierung<br />
und die Firma Mannesmann erheben sowie Zweitschriften Ihrer<br />
Briefe an die Vorstände der Bayerischen Vereinsbank und der Firma<br />
Mannesmann übersenden.<br />
Im Hinblick auf Ihre Vorwürfe gegen die Firma Mannesmann und<br />
Ihre Gespräche mit der Bayerischen Vereinsbank bitte ich Sie um Ihr<br />
Verständnis dafür, dass ich mich von hieraus dazu nicht äußern<br />
kann.<br />
Ihr Vorwurf, die Bundesregierung lasse sich in ihrer Politik von einer<br />
„maroden Konzern- und Bankenelite“ missbrauchen, ist unberechtigt.<br />
Ich vermag auch Ihren Eindruck nicht zu teilen, dass unser<br />
Land zusehends seine Rechtsstaatlichkeit und wirtschaftliche Exis-<br />
252
tenzbasis verliert. Im Gegenteil die von der Bundesregierung eingeleiteten<br />
Maßnahmen dienen gerade dazu, den Wirtschaftsstandort<br />
Deutschland weiter zu stärken und die Investitions- und die Wettbewerbsbedingungen<br />
zu verbessern.<br />
Mit freundlichen Grüßen<br />
Im Auftrag<br />
(gez. Vorbeck)<br />
Da ich die Kopien meiner Briefe an die Bayerische Vereinsbank und<br />
an Mannesmann lediglich zum Nachweis der Tatsache beigefügt hatte,<br />
dass mein Zorn über die missbräuchliche Instrumentalisierung unserer<br />
staatlichen und gesellschaftlichen Institutionen durch eine marode<br />
Konzern- und Bankenelite auf sehr konkreten persönlichen Erfahrungen<br />
beruhte, hatte ich folglich durchaus Verständnis für die<br />
Bitte des Unterzeichners, sich hierzu nicht äußern zu können.<br />
Die Feststellung, dass mein Vorwurf, die Bundesregierung lasse sich<br />
in ihrer Politik von dieser maroden Elite missbrauchen, unberechtigt<br />
sei, und die Belehrung, dass die eingeleiteten Maßnahmen dazu dienen<br />
würden, den Wirtschaftsstandort Deutschland weiter zu stärken<br />
und die Investitions- und Wettbewerbsbedingungen zu verbessern,<br />
konnte ich im Licht meiner persönlichen Erfahrungen jedoch nur dahingehend<br />
interpretieren, dass im Bundeskanzleramt ganz andere<br />
Vorstellungen von Rechtsstaatlichkeit und von Sozialer Marktwirtschaft<br />
herrschen, als ich bis dahin angenommen hatte. Und weil das<br />
Bundeskanzleramt ausgerechnet in Kooperation mit dem zwielichtigen<br />
Undercover-Fuzzy Werner Mauss in einem lateinamerikanischen<br />
Land, dessen Wohl und Wehe für Deutschland seit jeher praktisch bedeutungslos<br />
war, aus angeblich hochherzigen Motiven Frieden stiften<br />
wollte, konnte die Bestreitung meines Vorwurfs aus meiner Sicht der<br />
Dinge folglich nur bedeuten, dass diese Initiative in Wirklichkeit<br />
hauptsächlich dem Zweck gewidmet war, die Schuld vermeintlich<br />
honoriger Führungskräfte der Deutschland AG und die Mitschuld des<br />
Bundeskanzleramts an einer verheerenden Eskalation des Terrorismus<br />
in Kolumbien zu vertuschen, um Schaden vom weltweit guten<br />
253
Ruf der Bundesrepublik Deutschland und vom sogenannten Humanen<br />
Kapitalismus – Made in Germany abzuwenden.<br />
Somit hatten meine Briefe zwar nicht die erhoffte Wirkung erzielt,<br />
aber immerhin wusste ich nun, dass im Staate Deutschlands sehr viel<br />
mehr faul ist, als ich bis dahin angenommen hatte. Und da ich ein relativ<br />
sicheres Dach über dem Kopf hatte und meine finanzielle Situation<br />
sich im Frühjahr 1997 infolge einer Steuerrückerstattung von<br />
mehr als 200 000 Mark nach Abschluss des Konkursverfahrens über<br />
die Georg Zipfel GmbH im Frühjahr 1997 erheblich verbessert hatte,<br />
beschloss ich, zunächst einmal das Ergebnis des Gerichtsverfahrens<br />
gegen die Eheleute Mauss in Kolumbien abzuwarten.<br />
Obwohl aufgrund von Patronatserklärungen der Bundesregierung zugunsten<br />
der Eheleute Mauss davon auszugehen war, dass dieses Verfahren<br />
mit einem Freispruch enden wird, baute ich darauf, dass sich<br />
die Ermittlungen der kolumbianischen Strafverfolgungsbehörden<br />
dennoch als nützlich für mein Bemühen um die Erlangung von ergänzenden<br />
Informationen für mein Buch erweisen würden. Und wie<br />
erhofft, wurde ich im Frühjahr 1998 schließlich auf ein sehr informatives<br />
Sachbuch der Autoren Ignacio Gómez und Peter Schumacher<br />
mit dem Titel Der Agent und sein Minister – Mauss und Schmidbauer<br />
in geheimer Mission aufmerksam.<br />
Da mir, im Gegensatz zu den beiden Autoren, die tatsächlichen Verhältnisse<br />
im Operationsgebiet der ELN zum Zeitpunkt der Entführung<br />
Herrn Schötts, die Vertragsbedingungen für den Bau der Pipeline<br />
und das Friedensangebot der ELN vom Oktober 1984 bekannt waren,<br />
fand ich mich durch die zum Teil haarsträubenden Begebenheiten,<br />
die in diesem Buch beschrieben wurden, voll und ganz in meiner<br />
Vermutung bestätigt, dass mit der Glorifizierung des angeblich vorbildlichen<br />
Verhaltens der Konzernleitung durch die im Stern publizierte<br />
Reportage über den Bau der Kolumbien-Pipeline der deutschen<br />
Öffentlichkeit ein wahrlich gewaltiger Bären aufgebunden wurde.<br />
Und dank dieses Buches konnte ich mir nunmehr auch sehr sicher<br />
sein, dass die mysteriöse Friedensinitiative der Herren Mauss und<br />
Schmidbauer in Wirklichkeit vor allem Zweck gewidmet war, die<br />
254
Aufdeckung der Schuld der Mannesmann AG und des Krisenstabes<br />
im Bundeskanzleramt am kometenhaften Aufstieg der ELN von einer<br />
kleinen und relativ harmlosen Rebellenbande zur wohl destruktivsten<br />
Terrororganisation Kolumbiens zu verhindern. Insbesondere die Information,<br />
dass Kanzleramtsminister Bernd Schmidbauer und Werner<br />
Mauss sich von November 1995 bis Mai 1996 sehr intensiv darum<br />
bemüht hatten, das uneingeschränkte Vertrauen der führenden<br />
ELN-Leute zu gewinnen, indem sie etwa zwanzig ELN-Mitgliedern<br />
eine monatelange Informations- und Vergnügungsreise unter falscher<br />
Identität durch Deutschland und Europa ermöglichten, bevor dem<br />
Staatspräsidenten von Kolumbien Ende Mai 1996 schließlich auf inoffiziellem<br />
Weg die Bereitschaft der deutschen Regierung signalisiert<br />
wurde, als Vermittlerin von Gesprächen zur Beendigung des Bürgerkriegs<br />
in Kolumbien tätig zu werden, falls sie darum gebeten würde,<br />
ließ meines Erachtens keinen anderen Schluss mehr zu.<br />
Außerdem wurde mir durch dieses Buch die ebenso bittere wie sichere<br />
Gewissheit vermittelt, dass ich durch mein erfolgreiches Bemühen<br />
um die Beauftragung Mannesmanns mit dem Bau der Pipeline zum<br />
Wegbereiter verheerender Schurkereien geworden war. Da diese<br />
Schurkereien meines Erachtens nicht nur von entscheidender Bedeutung<br />
für das fatale Scheitern der Strategie zur gewaltlosen Befriedung<br />
der ELN-Guerilla war, sondern darüber hinaus auch für die<br />
Auslösung der verheerenden terroristischen Sintflut, von der Kolumbien<br />
ab Mitte der 1980er Jahre heimgesucht wurde, hätte ich meine<br />
Meinung zwar am liebsten umgehend veröffentlicht. Weil es jedoch<br />
durchaus möglich war, dass ich mich in der einen oder anderen Sache<br />
irrte, schien es mir, nicht zuletzt auch wegen der absehbaren Abwahl<br />
Helmut Kohls, klüger zu sein, vorerst den weiteren Gang der<br />
Dinge abzuwarten.<br />
Bevor ich dieses aufschlussreiche Buch las, hatte ich bereits die von<br />
sehr renommierten Historikern verfasste Chronik Die Deutsche Bank<br />
1870 – 1995 durchgearbeitet und wusste folglich, dass es sich bei der<br />
im Jahre 1890 gegründeten Mannesmann AG um eine Firma handelte,<br />
die seit dem erzwungenen Ausscheiden der Brüder Max und Rein-<br />
255
hard Mannesmann aus der Konzernleitung im Jahre 1893 ausschließlich<br />
von Vertrauensleuten der Deutschen Bank geführt wurde. Da ich<br />
durch meine persönlichen Erlebnisse und die im Stern, im Spiegel, in<br />
der Zeit und in den Büchern Mauss – Ein deutscher Agent und Der<br />
Agent und sein Minister publizierten Informationen den Eindruck gewonnen<br />
hatte, dass es sich bei diesen Vertrauensleuten inzwischen<br />
um veritable Schurken in der Maske von Ehrenmännern handelte und<br />
Hilmar Kopper im Vorwort zu dieser opulenten Chronik ein pathetisches<br />
Bekenntnis zur Demokratie und Wahrhaftigkeit abgegeben hatte,<br />
hielt ich es für sinnvoll, ihn auf die üblen Folgen des eklatanten<br />
Fehlverhaltens dieser vermeintlichen Ehrenmänner aufmerksam zu<br />
machen.<br />
Hilmar Kopper wurde Ende 1989 nach der Ermordung von Alfred<br />
Herrhausen zum Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bank gekürt.<br />
1995 übernahm er von Dr. Christians den Vorsitz im Aufsichtsrat der<br />
Mannesmann AG und 1997 auch den Vorsitz im Aufsichtsrat der<br />
Deutschen Bank. Und so schien er mir denn auch der richtige Adressat<br />
für den sondierenden Vorschlag zu sein, die Deutsche Bank möge<br />
sich aufgrund ihres maßgeblichen Einflusses auf den Vorstand der<br />
Mannesmann AG und wegen der intensiven Mitwirkung seines Vorgängers<br />
am Zustandekommen des verhängnisvollen Gastspiels der<br />
Mannesmann Anlagenbau AG in Kolumbien und der von ihr übernommenen<br />
Vertragserfüllungsbürgschaft auch an der Abwicklung der<br />
meines Erachtens aus prinzipiellen Gründen gebotenen finanziellen<br />
Wiedergutmachung des in Kolumbien angerichteten volkswirtschaftlichen<br />
Schadens beteiligen. Diesen bezifferte ich mit ca. 10 Milliarden<br />
Mark.<br />
Selbstverständlich hätte ich es als ein Wunder betrachtet, wenn die<br />
Deutsche Bank sich auf eine Beteiligung an dieser Wiedergutmachung<br />
eingelassen hätte. Und so lag denn auch meinem Entschluss<br />
diesen sondierenden Vorschlag zu machen, vor allem die Absicht zugrunde,<br />
diesen vermeintlichen Schnee von gestern nicht in Vergessenheit<br />
geraten zu lassen.<br />
256
Zu diesem Vorschlag vom 26. Oktober 1998 nahm die Deutsche<br />
Bank per Schreiben vom 30. Dezember 1998 wie folgt Stellung:<br />
Sehr geehrter Herr Zipfel,<br />
wir beziehen uns auf Ihr an Herrn Kopper gerichtetes Schreiben, das<br />
uns zur Beantwortung übergeben wurde.<br />
Sie haben in Ihrem Brief Anschuldigungen erhoben und Schlussfolgerungen<br />
gezogen, zu denen wir hinsichtlich anderer Unternehmen<br />
und Vorgänge, an denen wir nicht teilgenommen haben, keine Stellungnahme<br />
abgeben können. Soweit Sie aus den von Ihnen dargestellten<br />
Begebenheiten auch Vorwürfe gegen unser Haus ableiten,<br />
weisen wir diese nachdrücklich zurück.<br />
Bitte haben Sie unter diesen Gesichtspunkten Verständnis, dass wir<br />
Ihren Vorschlag, an der Abwicklung einer Wiedergutmachungsleistung<br />
teilzunehmen, nicht aufgreifen möchten.<br />
Mit freundlichen Grüßen<br />
DEUTSCHE BANK – Aktiengesellschaft<br />
gez. (Schmidt) gez. (Braun)<br />
Wie diesem Antwortschreiben zu entnehmen war, hatte ich offenkundig<br />
den richtigen Ton getroffen und einen sehr wunden Punkt berührt.<br />
Zwar handelte es sich bei der Mannesmann AG zweifelsfrei<br />
um eine eigenständige juristische Person. Da die Deutsche Bank jedoch<br />
seit über hundert Jahren als deren Mater gloriosa fungierte,<br />
machte man sich aber offenkundig dennoch Sorgen um den eigenen<br />
guten Ruf.<br />
Nachdem ich schließlich am 21. Januar 1999 den vom ZDF gesendeten<br />
Film über das geheime Leben von Werner Mauss mit dem Titel<br />
Das Ende des Schattenmannes und am 17. Februar 1999 den von der<br />
ARD gesendeten Film mit dem Titel Der Topagent gesehen hatte,<br />
schien es mir aufgrund der verwirrungsstiftenden Wirkung dieser bizarren<br />
Machwerke der öffentlich-rechtlichen Fernsehindustrie<br />
Deutschlands und der teilweise nicht minder bizarren Berichterstattung<br />
der deutschen Printmedien über diesen zwielichtigen Konzern-Fuzzy<br />
geboten, auch dem später zum Kardinal ernannten Bi-<br />
257
schof Karl Lehmann einen Brief zu schreiben. Hierzu sah ich mich<br />
veranlasst durch ein Statement von Pater Langendörfer (SJ), das dieser<br />
im Film Der Topagent in seiner Funktion als Sprecher der deutschen<br />
Bischofskonferenz abgegeben hatte. In diesem Statement<br />
rühmte Pater Langendörfer diesen skrupellosen Konzern-Söldner<br />
wohl irrtümlich dafür, mit seinem Engagement für Frieden in Kolumbien<br />
Großes geleistet zu haben. Demnach hatte Bischof Lehmann<br />
in seiner Funktion als Schirmherr eines im Juli 1998 veranstalteten<br />
deutsch-kolumbianischen Friedenspalavers im Kloster Himmlspforten<br />
bei Würzburg also keine Ahnung, worauf er sich mit der Übernahme<br />
dieser Schirmherrschaft eingelassen hatte.<br />
Obwohl mir diese Briefeschreiberei eigentlich sehr zuwider war,<br />
schien sie mir in Anbetracht der ungeheuerlichen Brisanz meines<br />
vermeintlichen Schnees von gestern jedoch das beste Mittel zu sein,<br />
einen sinnvollen Beitrag gegen die Glorifizierung dieses verwirrungsstiftenden<br />
Undercover-Fuzzys und dessen vermeintlich honorigen<br />
Hintermännern zu leisten. Den eigentlichen Anstoß zu diesem<br />
Brief gab mir allerdings Hans Leyendecker – eine der großen Koryphäen<br />
des investigativen deutschen Journalismus. Wegen der meines<br />
Erachtens ebenfalls sehr irreführenden Statements, die er in dem Dokumentarfilm<br />
Der Topagent abgegeben hatte, setzte ich mich einige<br />
Tage nach der Sendung dieses Filmes telefonisch mit ihm in Verbindung,<br />
um ihn auf seine mutmaßlichen Wissenslücken aufmerksam zu<br />
machen. Doch leider glaubte er, genug zu wissen und wimmelte<br />
mich ab.<br />
In meinem Brief mit 29 Seiten Umfang wies ich Bischof Lehmann<br />
unter Erläuterung der besonderen Vertragsbedingungen, die dem<br />
Auftrag zum Bau der mörderischen Pipeline zugrunde lagen, darauf<br />
hin, dass Mannesmann dem Land Kolumbien meines Erachtens mindestens<br />
10 Milliarden Mark Schadensersatz schulde, und dass die katholische<br />
Kirche mit großer Gewissheit wohl nur deshalb in die von<br />
vornherein zum Scheitern verurteilte Initiative der Bundesregierung<br />
zur Stiftung von Frieden in Kolumbien einbezogen worden wäre,<br />
weil man eine ungesühnte Entsorgung der schändlichen Schuld der<br />
258
Konzernleitung Mannesmanns an verheerenden Fehlentwicklungen<br />
in Kolumbien anstrebte. Hierauf erhielt ich folgendes Antwortschreiben<br />
vom 30. März 1999:<br />
Sehr geehrter Herr Zipfel!<br />
Sie hatten am 20.03.1999 an Bischof Lehmann einen sehr umfangreichen<br />
und ausführlichen Brief mit vielen Anlagen geschrieben, in dem<br />
Sie Bezug nehmen auf die Situation in Kolumbien.<br />
Ich möchte Ihnen heute den Eingang Ihres Schreibens bestätigen und<br />
Sie um Verständnis bitten, dass der Bischof aufgrund vielfältiger Verpflichtungen<br />
momentan nicht persönlich dazu Stellung beziehen<br />
kann.<br />
Ich wünsche Ihnen ein gesegnetes Osterfest und grüße Sie herzlich.<br />
Ihr Udo Bentz (Bischofskaplan)<br />
Zwar hätte ich mir eine etwas ausführlichere Stellungnahme gewünscht,<br />
aber immerhin konnte ich den Medien entnehmen, dass die<br />
katholische Kirche sich fortan auf keine weitere Zusammenarbeit mit<br />
Werner Mauss mehr einließ. Weil Bischof Lehmann in jenen Monaten<br />
wegen der Ausstellung von faktischen Abtreibungsgenehmigungen<br />
an schwangere Frauen durch katholische Beratungsbüros in<br />
einen fundamentalen Konflikt mit dem Vatikan geraten war, hatte ich<br />
natürlich Verständnis dafür, dass der Bischof wegen anderer Verpflichtungen<br />
nicht persönlich Stellung zu meinen ziemlich komplexen<br />
Vorwürfen gegen die Mannesmann AG, die Deutsche Bank und<br />
die Bundesregierung beziehen wollte oder konnte.<br />
Um die Ernsthaftigkeit des nur sehr knapp auf zwei Seiten begründeten<br />
Vorschlags zu untermauern, den ich Hilmar Kopper per Brief<br />
vom 26. Oktober 1998 gemacht hatte, schickte ich ihm nach Erhalt<br />
dieser Empfangsbestätigung am 13. April 1999 eine Kopie meines<br />
29-seitigen Schreibens an Bischof Lehmann und machte ihn darauf<br />
aufmerksam, dass ich die Stellungnahme der Deutschen Bank vom<br />
30. Dezember 1998 aufgrund der Stichhaltigkeit meiner Vorwürfe für<br />
ungenügend halte. Hierauf wurde mit folgendem Schreiben vom 29.<br />
April 1999 reagiert:<br />
259
Sehr geehrter Herr Zipfel<br />
Im Auftrag des Vorsitzenden unseres Aufsichtsrats, Herrn Hilmar<br />
Kopper, bestätigen wir den Eingang Ihres Schreibens vom 13. d. M.<br />
Da sich inhaltlich zu Ihrem letzten Brief keine neuen Erkenntnisse<br />
ergeben haben, können wir unserer Antwort vom 30. Dezember 1998<br />
nichts hinzufügen.<br />
Mit freundlichen Grüßen<br />
Deutsche Bank<br />
gez. (Krumsiek) gez. (Hoffmann)<br />
Da ich inhaltlich die Sachverhalte lediglich erklärt und präzisiert hatte,<br />
ergaben sich aus meinem Schreiben vom 13. April 1999 in der Tat<br />
keine neuen Erkenntnisse. Aber immerhin konnte ich dank dieser<br />
Empfangsbestätigung davon ausgehen, dass die Deutsche Bank sich<br />
nunmehr über die Schändlichkeit des vermeintlich glorreichen Kolumbien-Gastspiels<br />
der Mannesmann AG voll im Klaren war.<br />
Im Mai/Juni 1999 geisterten Bernd Schmidbauer und Werner Mauss<br />
erneut in angeblich friedensstiftender Mission durch Kolumbien. Da<br />
sie sich jedoch bei der evangelischen Kirche Deutschlands um Unterstützung<br />
ihrer Aktivitäten bemüht hatten, konnte dieser Konfessionswechsel<br />
also nur bedeuten, dass die katholische Kirche Deutschlands<br />
nichts mehr mit diesen beiden sonderbaren Missionaren zu tun haben<br />
wollte. Nachdem ich von diesen Aktivitäten in den Medien gelesen<br />
hatte, schrieb ich am 17. Juni 1999 einen Brief an Bundeskanzler<br />
Gerhard Schröder, um ihn zu veranlassen, diese missionarischen<br />
Umtriebe zu unterbinden.<br />
In diesem Brief wies ich Gerhard Schröder darauf hin, dass Kolumbien<br />
vor allem aufgrund des terrorstiftenden Fehlverhaltens führender<br />
Leute der Mannesmann AG ab Mitte der 1980er Jahre in einen<br />
dermaßen verheerenden Teufelskreis geraten war, dass es praktisch<br />
unregierbar wurde, und dass Deutschland die kolumbianische Regierung<br />
meines Erachtens darin unterstützen sollte, diesem Teufelskreis<br />
so schnell wie möglich zu entkommen. Weil aufgrund der sogenannten<br />
„Bundeslöschtage“ nach der Wahlniederlage Helmut Kohls da-<br />
260
von auszugehen war, dass sie diesbezüglichen Akten im Bundeskanzleramt<br />
unvollständig waren, fügte ich diesem Brief Kopien meiner<br />
ziemlich aufschlussreichen Schreiben an Hilmar Kopper und an Bischof<br />
Lehmann bei.<br />
Hierzu nahm das Bundeskanzleramt per Schreiben vom 27. Juli 1999<br />
wie folgt Stellung:<br />
Aktenzeichen 505 K 612 22 1/99<br />
Sehr geehrter Herr Zipfel,<br />
für Ihr Schreiben vom 17. Juni 1999, in dem Sie sich ausführlich mit<br />
der Situation und der vergangenen Entwicklung in Kolumbien befassen,<br />
danke ich Ihnen im Auftrag des Bundeskanzlers. Er hat mich gebeten,<br />
Ihnen zu antworten.<br />
Kolumbien befindet sich seit nahezu 40 Jahren in einer bürgerkriegsähnlichen<br />
Situation. Die Eskalation in den vergangenen Jahren wird<br />
von der Bundesregierung mit großer Besorgnis betrachtet. Die Bundesregierung<br />
begrüßt daher die Friedensinitiativen von Staatspräsident<br />
Pastrana und hofft, dass sie dem Land den ersehnten Frieden<br />
bringen. Der Weg dorthin wird sicherlich zeitraubend und schwierig<br />
sein.<br />
Unabdingbare Voraussetzung für eine aktive Unterstützung des Friedensprozesses<br />
durch die Bundesregierung wäre eine entsprechende<br />
Bitte der kolumbianischen Regierung. Diese liegt aber nicht vor. Im<br />
übrigen vertritt die Bundesregierung – mit Blick auf die Komplexität<br />
der Situation in Kolumbien und den historischen Verlauf – die Auffassung,<br />
dass – falls die kolumbianische Regierung eine solche Bitte<br />
an die Bundesregierung richten sollte – eine aktive Unterstützung<br />
des kolumbianischen Friedensprozesses allenfalls im Rahmen der<br />
gemeinsamen Außen und Sicherheitspolitik der Europäischen Union<br />
denkbar wäre. Dort müsste eine solche Bitte zunächst gemeinsam geprüft<br />
werden.<br />
Was Ihre – in dem aktuellen Schreiben erneut vorgebrachten – Vorwürfe<br />
gegen die Firma Mannesmann betrifft, so kann ich nur auf<br />
meine Antworten aus dem Jahr 1997 verweisen und nochmals um<br />
261
Verständnis dafür bitten, dass ich mich von hier aus nicht äußern<br />
kann. Sollten Sie in diesem Zusammenhang jedoch im Besitz von Erkenntnissen<br />
sein, die strafrechtlich relevant sein könnten, so wird anheim<br />
gestellt, diese den zuständigen Strafverfolgungsbehörden zur<br />
Verfügung zu stellen.<br />
Im Auftrag<br />
gez. (Vorbeck)<br />
Selbstverständlich wusste man im Bundeskanzleramt entgegen der<br />
hier aufgestellten Behauptung sehr wohl, dass in Kolumbien schon<br />
einige Jahre bevor mit dem Bau dieser Pipeline begonnen wurde, definitiv<br />
keine bürgerkriegsähnliche Situation mehr herrschte. Andernfalls<br />
wäre es ja auch der helle Wahnsinn gewesen, diesen Auftrag<br />
überhaupt anzunehmen. Tatsächlich hatte sich das letzte größere Gefecht<br />
des Militärs mit der ELN schon im Jahre 1978 ereignet, also<br />
sechs Jahre bevor Mannesmann diesen Auftrag erhalten hatte. Nach<br />
diesem Scharmützel soll die ELN aus gerade noch 34 Kämpfern bestanden<br />
haben, die sich fortan ihren Lebensunterhalt damit verdienten,<br />
dass sie sich in der sehr unwegsamen Provinz Arauca in Robin-Hood-Manier<br />
um die Verbesserung der Lebensbedingungen der<br />
örtlichen Bevölkerung bemühten und ihre Umtriebe mit den üblichen<br />
Phrasen aus dem rhetorischen Fundus marxistischer beziehungsweise<br />
befreiungstheologisch inspirierter Revolutionäre begründeten. Außerdem<br />
hatten alle anderen aktiven kolumbianischen Guerilla-Bewegungen<br />
im Sommer 1984 die Bedingungen des Amnestie-Angebot<br />
der kolumbianischen Regierung offiziell akzeptiert.<br />
Aufgrund der Tatsache, dass meine Vorwürfe gegen Mannesmann<br />
sich auf mögliche Straftaten bezogen, die in verdeckter Kooperation<br />
mit führenden Leuten der Regierung Kohl begangen worden waren,<br />
zog ich aus diesem Schreiben den Schluss, dass unsere Strafverfolgungsbehörden<br />
im Falle einer Strafanzeige höchstwahrscheinlich die<br />
politische Anweisung von oben erhalten würden, sich um eine elegante<br />
Entsorgung dieser Angelegenheit zu bemühen. Statt mich mit<br />
der Frage der strafrechtlichen Relevanz meiner Erkenntnisse zu befassen<br />
und – wie vorgeschlagen – eine wahrscheinlich sinnlose Straf-<br />
262
anzeige zu stellen, schien es mir folglich weitaus sinnvoller zu sein,<br />
Herrn Dr. Funk per Brief vom 9. August 1999 mitzuteilen, dass ich<br />
eine saubere Aufarbeitung des „Mannesmann/Mauss/Schäuble-Komplexes“<br />
für unerlässlich halte, und ihn darum zu bitten, mich zu informieren,<br />
falls er bereit sein sollte, konstruktiv an dieser Aufarbeitung<br />
mitzuwirken.<br />
Zur Einbeziehung Dr. Wolfgang Schäubles sah ich mich vor allem<br />
durch die Dreistigkeit veranlasst, mit der er sich in der TV-Dokumentation<br />
Der Topagent unter Berufung auf einen rechtfertigenden<br />
übergesetzlichen Notstand zu der verwegenen Ausrede verstiegen<br />
hatte, dass er es in seinen damaligen Funktionen als Staatsminister<br />
für besondere Aufgaben im Bundeskanzleramt und Dienstherr der<br />
damaligen Krisenstäbe für völlig unverantwortlich gehalten hätte, auf<br />
eine verdeckte Kooperation mit dem angeblich genialen Topagenten<br />
Werner Mauss zu verzichten. In Anbetracht der mir bekannten Begebenheiten<br />
und Sachverhalte und der offenkundigen Verwerflichkeit<br />
von dessen Aktivitäten in Kolumbien, konnte ich Schäubles dreiste<br />
Glorifizierung dieses zwielichtigen Konzern-Fuzzys folglich nur als<br />
eine vorsätzliche Täuschung der deutschen Öffentlichkeit zur Rettung<br />
seiner Reputation als vertrauenswürdiger Politiker deuten.<br />
Dr. Funk hatte im Mai 1999 die Nachfolge von Hilmar Kopper als<br />
Chef des Aufsichtsrats der Mannesmann AG angetreten und seine<br />
Funktion als Chef des Vorstands an Dr. Klaus Esser übergeben. Da er<br />
nicht auf mein Schreiben vom 9. August 1999 reagiert hatte, schrieb<br />
ich dann am 29. September 1999 einen Brief an Dr. Esser und wies<br />
ihn darauf hin, dass er aufgrund der Stichhaltigkeit meiner Kritik am<br />
Kolumbien-Gastspiel Mannesmanns und dessen verheerenden Folgen<br />
meines Erachtens gesetzlich verpflichtet sei, die Aktionäre der<br />
Mannesmann AG bis spätestens zum 31. Oktober 1999 zu informieren,<br />
dass dem Konzern demnächst Regressansprüche in Höhe von<br />
mindestens zehn Milliarden Mark ins Haus stehen. Aus welchen<br />
Gründen auch immer, aber gewiss nicht aus Höflichkeit, ließ Dr. Esser<br />
diesen Brief am 25. Oktober 1999 wie folgt beantworten:<br />
263
Ihr Schreiben vom 29.09.1999<br />
Sehr geehrter Herr Zipfel,<br />
im Namen von Herrn Dr. Esser beantworten wir Ihr an ihn gerichtetes<br />
Schreiben vom 29.09.1999.<br />
In dem Schreiben beziehen Sie sich auf Berichterstattungen in der<br />
Wochenzeitschrift „Die Zeit“ vom 13.11.1987 über Vorgänge in Kolumbien,<br />
die unter anderem ein Pipelineprojekt unserer früheren<br />
Tochtergesellschaft Mannesmann Anlagenbau AG betreffen. Hierzu<br />
teilen Sie uns Beurteilungen mit, die zu Vorwürfen gegen unser Unternehmen<br />
und gegen Vertreter der Bundespolitik führen.<br />
Den Folgerungen aus Ihrer Beurteilung der angesprochenen Sachverhalte<br />
sind wir schon zu früheren Gelegenheiten entgegengetreten.<br />
Wir bitten Sie deshalb um Ihr Verständnis, dass wir hierauf jetzt<br />
nicht noch einmal eingehen möchten.<br />
Mit freundlichen Grüßen<br />
Mannesmann Aktiengesellschaft<br />
gez. (Picot)<br />
Bei den hier erwähnten Berichterstattungen in der Wochenzeitschrift<br />
Die Zeit über Vorgänge in Kolumbien handelte es sich um die Artikel<br />
Gutes durch Gewalt, Ein Mord für zwanzig Mark und um Michael<br />
Stührenbergs Interview mit dem befreiungstheologisch inspirierten<br />
ELN-Führer Manuel Perez mit dem Titel Nur gerechte und faire Bedingungen.<br />
Von diesen Artikeln hatte ich mir im September 1999 Kopien<br />
kommen lassen, um die Stichhaltigkeit meiner Vorwürfe zu<br />
überprüfen. Zwar wusste ich damals noch nicht, dass Mannesmann<br />
die ELN-Guerilla zuverlässigen Quellen zufolge mit einer Barspende<br />
in Höhe von sage und schreibe 20 Millionen US-Dollar geschmiert<br />
hatte, aber dennoch ging aus diesen Artikeln meines Erachtens klipp<br />
und klar hervor, dass die Strategie zur gewaltlosen Befriedung der<br />
ELN seinerzeit hauptsächlich daran gescheitert war, dass Mannesmann<br />
die kolumbianischen Staatsorgane und den Ölkonzern Occidental<br />
Petroleum auf ebenso hinterlistige wie tabubrüchige Weise<br />
hintergangen und diskreditiert hatte. Die Konzernleitung hatte also<br />
264
gewiss genügend Gründe, eine Veröffentlichung meines vermeintlichen<br />
Schnees von gestern zu fürchten wie die Pest – selbst wenn es<br />
diese exorbitante Barspende nicht gegeben hätte.<br />
Und sicherlich waren sich die Herren Picot, Funk, Esser, Kopper und<br />
Ackermann dank meiner diversen Briefe auch darüber im Klaren,<br />
dass der Konzern eine stichhaltige Aufdeckung der Schuld Mannesmanns<br />
an einer verheerenden Eskalation des Terrorismus in Kolumbien<br />
wohl kaum überleben würde – zumal diese Eskalation auch<br />
mindestens 20 000 Menschen das Leben gekostet hatte und folglich<br />
insbesondere in den USA und in ganz Lateinamerika ein Sturm der<br />
Entrüstung zu befürchten war, falls das Fehlverhalten der Konzernleitung<br />
in hinreichender Stichhaltigkeit publiziert werden sollte.<br />
In dieser für Mannesmann sehr prekären Lage kam es Ende Oktober<br />
1999 zum panikartigen Kauf der britischen Mobilfunkfirma Orange<br />
zu einem extrem überzogenen Preis. Da dieser Kauf weder den Regeln<br />
der Old Economy noch der New Economy entsprach, zielte er<br />
meines Erachtens entgegen der von vielen Wirtschaftsjournalisten<br />
gehegten Vermutung jedoch wohl kaum auf die Verhinderung einer<br />
befürchteten Übernahme durch Vodafone ab, sondern wohl eher auf<br />
die Bildung einer strategischen Partnerschaft mit pragmatischen Spekulanten<br />
im Interesse einer möglichst schnellen und profitablen Liquidierung<br />
des Konzerns – was Dr. Esser dann bekanntlich in Kooperation<br />
mit dem mysteriösen Mr. Canning Fok aus Hongkong und<br />
sicherlich auch dank der Unterstützung durch die Deutsche Bank gelungen<br />
ist, die ja – wie bereits erwähnt – schon seit über hundert Jahren<br />
als Mater gloriosa der Mannesmann AG fungierte.<br />
Weil die Mannesmann AG nicht nur Gefahr lief, für die in Kolumbien<br />
begangenen Schandtaten zur Rechenschaft gezogen zu werden,<br />
sondern obendrein auch auf einem Berg von über 50 Milliarden<br />
Mark Schulden saß, hatten die Manager dieser profitablen Liquidierung<br />
ihre später so heiß umstrittenen Boni aus faustischer Sicht der<br />
Dinge also fraglos sogar redlich verdient – zumal es gelungen war,<br />
der Öffentlichkeit mittels einer wahrlich gigantischen Medienkampa-<br />
265
gne zu suggerieren, sie hätten ernsthaft versucht, die Übernahme<br />
durch Vodafone zu verhindern.<br />
Von der ungeheuerlichen Brisanz des Fehlverhaltens der Konzernleitung<br />
im Umgang mit der ELN-Guerilla hörte ich das erste Mal im<br />
Frühjahr 2001. Damals erhielt ich einen Anruf einer Frau Liduine<br />
Zumpolle aus Holland, die mich treffen wollte, um über meinen<br />
Brief an Bischof Lehmann sprechen zu können, von dem sie wohl<br />
über kirchliche Kanäle eine Kopie erhalten hatte. Frau Zumpolle arbeitete<br />
damals für die katholische Laienorganisation Pax Christi Holland,<br />
die schon seit einigen Jahren nach einem Ausweg aus dem terroristischen<br />
Teufelskreis suchte, in den Kolumbien ab Mitte der<br />
1980er Jahre geraten war, und verfügte über sehr gute Kolumbienkenntnisse.<br />
Stattgefunden hat das in diesem Telefonat vereinbarte Meeting bei<br />
mir in Mönchengladbach. In diesem informierte mich Frau Zumpolle,<br />
dass Mannesmann seinerzeit nicht zwei Millionen US-Dollar an<br />
die ELN bezahlt habe – wie ich in meinem Brief an Bischof Lehmann<br />
unterstellt hatte – sondern 20 Millionen! Da die ELN jedoch<br />
nur zwei Millionen gefordert hatte, hielt ich diese Information zunächst<br />
für eine absurde Übertreibung, obwohl Frau Zumpolle diese<br />
brisante Information in einem persönlichen Gespräch mit Manuel<br />
Perez, einem exkommunizierten katholischen Priester und langjährigen<br />
Chef der ELN-Guerilla erhalten hatte.<br />
Weil Manuel Perez bereits in seinem Interview mit dem Zeit-Reporter<br />
Michael Stührenberg zum Teil haarsträubende Lügen, Übertreibungen<br />
und Sachverhaltsentstellungen in die Welt gesetzt hatte, um<br />
das angeblich vorbildliche Verantwortungsbewusstsein und die hohe<br />
Intelligenz zu rühmen, mit der Mannesmann beim Bau der Pipeline<br />
zu Werke gegangen sei, hatte ich vermutet, dass er auch Frau Zumpolle<br />
belogen hatte – was sie natürlich nicht glauben wollte. Und so<br />
gelang es mir in diesem Gespräch leider nur ansatzweise, Frau Zumpolle<br />
von der Schwere der Schuld Mannesmanns an den verheerenden<br />
Fehlentwicklungen in Kolumbien zu überzeugen.<br />
266
Einige Monate später erhielt ich zu meiner Überraschung dennoch<br />
eine Einladung zu einem Symposium über die Entführungsindustrie<br />
in Kolumbien, das von Pax Christi Holland am 12. November 2001<br />
in Den Haag veranstaltet wurde. Da in der Einladung angekündigt<br />
worden war, dass ein abtrünniges Mitglied der Führungsriege der<br />
ELN anwesend sein würde, hoffte ich von diesem zu erfahren, wie<br />
viel Mannesmann damals tatsächlich bezahlt hatte, und nahm an dem<br />
Symposium teil.<br />
Bei diesem Mitglied handelte es sich um Herrn Leon Valencia, der<br />
über viele Jahre hinweg als „rechte Hand“ des ELN-Führers Manuel<br />
Perez fungiert hatte, bevor er abtrünnig wurde. Im Beisein von Herrn<br />
Francisco Santos Calderón, dem späteren Vizepräsidenten von Kolumbien,<br />
und zwei weiteren Personen erfuhr ich so, dass Frau Zumpolles<br />
Behauptung stimmte, dass die Überbringung der 20 Millionen<br />
US-Dollar in den ersten Januartagen des Jahres 1985 stattgefunden<br />
hatte und dass Herr Valencia bei deren Übergabe durch Beauftragte<br />
von Mannesmann persönlich zugegen gewesen war. Außerdem erzählte<br />
er mir bei dieser Gelegenheit, dass die ELN über diese exorbitante<br />
Schutzgeldzahlung völlig verblüfft gewesen wäre und ihr Glück<br />
kaum fassen konnte, weil sie lediglich mit der Überbringung der verlangten<br />
zwei Millionen US-Dollar gerechnet hatten und diese 20<br />
Millionen US-Dollar obendrein ausdrücklich als karitative Spende<br />
zur Unterstützung ihres Kampfes gegen die Armut in Kolumbien deklariert<br />
wurden. Aus Anlass dieser völlig überraschenden Unterstützung<br />
durch die Mannesmann AG hätten sie damals spontan drei Tage<br />
lang „gesoffen“ und gefeiert.<br />
Da mir die örtlichen Verhältnisse und die besonderen Vertragsbedingungen,<br />
die dem Auftrag für den Bau dieser Pipeline zugrunde lagen,<br />
bestens bekannt waren und Leon Valencia fraglos keinerlei Grund<br />
hatte, mir etwas vorzugaukeln, hielt ich dessen Erzählungen natürlich<br />
für weitaus glaubwürdiger als beispielsweise die folgende, an den<br />
Haaren herbeigezogene Story, die der deutschen Öffentlichkeit in der<br />
ZDF-Dokumentation Das Ende des Schattenmannes zur Erklärung<br />
267
der sonderbaren Herzlichkeit der Beziehungen zwischen der ELN-<br />
Führung und Werner Mauss vorgesetzt worden war:<br />
Sprecher: Wie sind Sie überhaupt nach Kolumbien gekommen?<br />
Mauss: Hm, also 1984 sind wir nach Kolumbien gesandt worden,<br />
um entführte deutsche Ingenieure zu befreien und eine Baustelle zu<br />
schützen.<br />
Sprecher: Es ist die Firma Mannesmann, die das Agentenpaar anheuert.<br />
Der Konzern hat sich gegen internationale Konkurrenz<br />
durchgesetzt und baut für 750 Millionen US-Dollar im Auftrag der<br />
kolumbianischen Regierung eine Pipeline, die von einem Ölfeld im<br />
Nordosten durch die Anden bis an die Karibik führt. Das Projekt hat<br />
nur einen Haken: Es zieht sich durch das Gebiet der pro-kubanischen<br />
ELN. Die ELN sabotiert den Bau und hat zudem einige Mitarbeiter<br />
entführt. Das Projekt steht trotz militärischem Schutz kurz vor<br />
der Pleite.<br />
Mauss: Wir haben festgestellt, dass das eben mit anderen Methoden<br />
gemacht werden muss, als wir bisher gewohnt waren, denn das Ziel<br />
war, hier Terroristen zu bekämpfen, das heißt, die Guerilla, die ELN.<br />
Und wir haben dann im Laufe unseres Einsatzes sehr schnell feststellen<br />
müssen, dass hier die Armut bekämpft werden muss und nicht<br />
der Terrorismus und dass die Guerilla eine gewisse Notwendigkeit<br />
hat zu existieren.<br />
Sprecher: Mauss setzt auf eine weiche Lösung. Mannesmann entdeckt<br />
sein Herz für die Bevölkerung. Der Agent lässt kleine Sozialstationen<br />
bauen und einfache Kindergärten. Die Methode wirkt.<br />
Auch die Guerilla ist beeindruckt und lässt die gefangenen Mitarbeiter<br />
frei – nach kolumbianischen Angaben für vier Millionen US-Dollar.<br />
Seither ist Mauss bei der ELN ein gern gesehener Gast.<br />
Zwar wurde der deutschen Öffentlichkeit in diesem Film glaubhaft<br />
der Eindruck vermittelt, das Projekt wäre aufgrund von Sabotageakten<br />
der ELN vor dem Scheitern gestanden. Wie sich aus meiner minutiösen<br />
Beschreibung der Bedingungen ergibt, zu denen der Auftrag<br />
für den Bau dieser Pipeline an Mannesmann vergeben wurde, resul-<br />
268
tierte die Gefahr des Scheiterns in Wirklichkeit jedoch ausschließlich<br />
aus der in sträflicher Missachtung der örtlichen Gegebenheiten und<br />
der gewaltlosen Befriedungsstrategie der kolumbianischen Regierung<br />
getroffenen Entscheidung der Konzernleitung, die ELN mithilfe<br />
des Militärs zu bekämpfen. In diesem zentralen Punkt irrten die Autoren<br />
dieses Filmes also gewaltig.<br />
Als mögliches Motiv für diese überhebliche Entscheidung kommt<br />
meines Erachtens vor allem die Angst der Konzernleitung vor einem<br />
Einzug der 500-Millionen-Mark-Bürgschaft der Deutschen Bank in<br />
Frage. Da diese im Falle einer Überziehung der vereinbarten Bauzeit<br />
um mehr als 30 Tage auf erste Anforderung zur Auszahlung fällig geworden<br />
wäre, hatte man also wahrscheinlich zunächst darauf spekuliert,<br />
dieses Risiko mit Hilfe von General Forero minimieren zu können<br />
– also jenes Generals der kolumbianischen Streitkräfte, von dem<br />
der Handelsvertreter Bernd Schwarzer in seinem Telefonat mit Horst<br />
Schreyger am 17. Oktober 1984 in meiner Gegenwart gemeint hatte,<br />
er würde kurzen Prozess mit diesem „Lumpengesindel“ machen,<br />
falls wir ihn darum bitten würden.<br />
Folglich resultierte der in dieser TV-Dokumentation gerühmte Strategiewechsel<br />
also sicherlich auch nicht aus der vermeintlich glorreichen<br />
Erkenntnis der Eheleute Mauss, dass in Kolumbien die Armut<br />
anstatt der Terrorismus bekämpft werden müsse, sondern aus der<br />
schlichten Tatsache, dass General Forero am 26. Dezember 1984 den<br />
von Mannesmann vom spanischen Militär angeheuerten Oberst in<br />
flagranti hatte verhaften lassen, als dieser ihn mit etwas Schmiergeld<br />
zur Entsendung von zusätzlichen Truppen in die Pipeline-Region<br />
motivieren wollte, und dass die ELN aufgrund dieser aufsehenerregenden<br />
Verhaftung erkennen konnte, dass Mannesmann nach meiner<br />
Entlassung am 26. Oktober ein hinhaltendes Katz- und Mausspiel um<br />
die Auslösung der Entführten getrieben hatte, das eindeutig auf ihre<br />
Bekämpfung abzielte.<br />
Somit war die exorbitante 20-Millionen-Dollar-Spende also auch garantiert<br />
nicht der Bekämpfung von Armut gewidmet, sondern einzig<br />
und alleine der Beschwichtigung und Korrumpierung der zunächst<br />
269
fraglos völlig zurecht erbosten ELN-Führung, damit die Arbeiten an<br />
der Pipeline umgehend fortgesetzt und der andernfalls drohende Entzug<br />
des Auftrags und der Einzug der Bürgschaft der Deutschen Bank<br />
abgewendet werden konnten. Da man für den Auftraggeber und die<br />
zuständigen kolumbianischen Staatsorgane eine plausible Erklärung<br />
für die schlagartige Friedfertigkeit der ELN brauchte, wurde diesen<br />
gegenüber vermutlich lediglich die Bezahlung des geforderten<br />
Schutzgelds in Höhe von zwei Millionen US-Dollar eingeräumt –<br />
was aufgrund der ursprünglichen Strategie zur Befriedung der ELN<br />
mit gewaltfreien Mitteln und der besonderen Vertragsbedingungen ja<br />
weder moralisch noch juristisch zu beanstanden gewesen wäre.<br />
Zieht man nun in Betracht, dass der Mannesmann AG infolge des zunächst<br />
eklatanten Fehlverhaltens der Konzernleitung im Umgang mit<br />
dem Friedensangebot der ELN der Entzug des Auftrags und der Einzug<br />
der Bürgschaft der Deutschen Bank drohte, so liegt es fraglos auf<br />
der Hand, dass der abwegigen Entscheidung der Krisenmanager in<br />
Düsseldorf und Bonn zur Verzehnfachung des geforderten Schutzgeldes<br />
und zu dessen Deklarierung als karitative Spende zur Unterstützung<br />
des Kampfes gegen die Armut, die Spekulation zugrunde lag,<br />
das zu befürchtende unternehmerische <strong>Des</strong>aster durch die Korrumpierung<br />
der ELN abwenden zu können – obwohl es gewiss eine<br />
weitaus bessere Alternative gab, als diese Korrumpierung:<br />
Denn fraglos hätte es zur Abwendung des drohenden <strong>Des</strong>asters genügt,<br />
wenn Bundeskanzler Helmut Kohl wegen des eklatanten Fehlverhaltens<br />
des Krisenstabes im Kanzleramt und der Konzernleitung<br />
intern ordentlich Krach geschlagen, die Zahlung des verlangten<br />
Schutzgeldes angeordnet und sich bei der kolumbianischen Regierung<br />
gebührlich für das eklatante Fehlverhalten der Krisenmanager<br />
entschuldigt hätte. Und sicherlich wären in diesem Fall auch Dr.<br />
Hammer und Staatspräsident Belisario Betancur bereit gewesen, an<br />
der Suche und Umsetzung einer vernünftigen Lösung dieser selbstverschuldeten<br />
Probleme mitzuwirken und es nicht zu dem drohenden<br />
unternehmerischen <strong>Des</strong>aster kommen zu lassen.<br />
270
Vollzogen wurde dieser Strategiewechsel wenige Wochen, nachdem<br />
Helmut Kohl den schon damals als äußerst klug, tugendhaft und verantwortungsbewusst<br />
eingeschätzten Dr. Wolfgang Schäuble am 15.<br />
November 1984 zum Staatsminister für besondere Aufgaben im Bundeskanzleramt<br />
und Koordinator der deutschen Geheimdienste befördert<br />
hatte. Schäuble fungierte somit auch als Dienstherr jenes Krisenstabes,<br />
der am 17. Oktober 1984 aufgrund der Entführung Herrn<br />
Schötts im Kanzleramt eingerichtet wurde. Da die ELN im November<br />
1985 die Einstellung der Bauarbeiten erzwungen und deren Fortsetzung<br />
ab dem 10. Januar 1985 wieder toleriert hatte, ist also fraglos<br />
davon auszugehen, dass Schäuble der Mannesmann AG entweder auf<br />
Anweisung Helmut Kohls oder aus eigenem Antrieb konspirative<br />
Amtshilfe geleistet hat, um das drohende <strong>Des</strong>aster abzuwenden.<br />
Ergänzt wurde die Korrumpierung der ELN durch die nicht minder<br />
dreiste Entscheidung der Krisenmanager, die erforderlichen Maßnahmen<br />
zu Verbesserung der Lebensbedingungen der örtlichen Bevölkerung<br />
durch die Veranstaltung eines spektakulären Solidaritäts-, Verantwortungs-<br />
und Charity-Tamtams in Kooperation mit dem leider<br />
allzu arglosen Bischof von Arauca und Werner Mauss für eigene PR-<br />
Zwecke zu verwerten – obwohl die Kosten für diese Maßnahmen in<br />
den Angebotspreis einkalkuliert worden waren und somit auch nicht<br />
von Mannesmann, sondern vom Auftraggeber bezahlt wurden.<br />
Den Auftakt dieses spektakulären PR-Tamtams bildete ausweislich<br />
eigener Aussagen von Herrn Mauss und des Buches von Peter Schumacher<br />
und Ignacio Gómez eine märchenhafte Weihnachtsbescherung,<br />
bei der dieser vermeintlich geniale Guerilla-Flüsterer den großherzigen<br />
Santa Claus aus Deutschland mimte, der mit einem Pulk aus<br />
mehreren kleinen Cessnas, die mit billigen, aber schön verpackten<br />
Geschenkchen im Wert von je 2 bis 3 US-Dollar beladen waren, nach<br />
Saravena geflogen kam, um dort die Kinder der Region zu beglücken.<br />
Für die anwesenden Erwachsenen hatte dieser zwielichtige<br />
Selbst- und Kinderbeglücker aus Deutschland T-Shirts dabei, die mit<br />
der Aufschrift Mannesmann quierre Colombia (‚Mannesmann liebt<br />
Kolumbien‘) und einer aufgehenden Sonne bedruckt waren.<br />
271
Ereignet hatte sich diese spektakuläre Bescherung wenige Tage vor<br />
der versuchten Bestechung General Foreros und sie zielte also offenkundig<br />
darauf ab, den Rückhalt der ELN in der einheimischen Bevölkerung<br />
zu schwächen, um die Erfolgsaussichten des geplanten<br />
Militäreinsatzes gegen die ELN zu verbessern. Und somit hatte die<br />
ELN also fraglos sogar gute Gründe für die irrige Annahme, dass es<br />
sich beim Amnestieangebot der kolumbianischen Regierung um eine<br />
politische Finte handelte, das auf ihre Vernichtung abzielte. Statt sich<br />
– wie von der Regierung und Occidental Petroleum zunächst erhofft<br />
– dazu bewegen zu lassen, auf demokratische Weise an der Verbesserung<br />
der örtlichen Verhältnisse mitzuwirken, wurden die von Mannesmann<br />
erhaltenen 20 Millionen US-Dollar – das waren damals immerhin<br />
etwa 60 Millionen Mark – dann vorwiegend in den Aufbau<br />
von Kommunikationsstrukturen und von Kampfgruppen investiert,<br />
die unmittelbar nach Inbetriebnahme der Pipeline ihren verheerenden<br />
Kampf gegen die Armut mit terroristischen Mitteln und Methoden<br />
aufnahmen. Und vermutlich waren die Krisenmanager in Bonn und<br />
Düsseldorf der ELN sogar bei der Beschaffung jener G3-Sturmgewehre<br />
behilflich, mit der die ELN-Führung ihre Kampfgruppen damals<br />
bewaffnete.<br />
Somit hatten die Mannesmann AG und die Bundesregierung also<br />
fraglos ein gemeinsames Interesse an der Geheimhaltung zahlreicher<br />
heikler Begebenheiten, die sich beim Bau dieser Pipeline zugetragen<br />
hatten. Und weil mir sowohl die besonderen Vertragsbedingungen,<br />
die dem Auftrag zum Bau dieser Pipeline zugrunde lagen, als auch<br />
das Friedensangebot der ELN vom Oktober 1984 bekannt waren,<br />
hatte ich also auch sehr stichhaltige Gründe für die Annahme, das die<br />
konspirativen Bemühungen von Kanzleramtsminister Bernd Schmidbauer<br />
und Werner Mauss zur Anbahnung von Friedensgesprächen<br />
mit der ELN-Guerilla höchstwahrscheinlich einzig und alleine der<br />
Geheimhaltung der schändlichen Schuld führender Akteure und Regisseure<br />
der deutschen Wirtschaft und Politik an der terroristischen<br />
Sintflut gewidmet waren, von der Kolumbien ab Mitte der 80er Jahre<br />
heimgesucht wurde.<br />
272
Weil diese komplizenhaften Bemühungen ausgerechnet im November<br />
1995 aufgenommen wurden – also kurz nachdem ich Dr. Funk<br />
über mein Buchprojekt informiert hatte – gewann ich auf meiner Suche<br />
nach dem wunden Punkt der deutschen Kultur schließlich nach<br />
und nach den Eindruck, einer ultra-mafiosen Seilschaft auf die Schliche<br />
gekommen zu sein, in der die Bundesregierung der Mannesmann<br />
AG tabubrüchige Amtshilfe leistete, um einerseits ihre eigene Reputation<br />
zu schützen und andererseits, um zu verhindern, dass der Mannesmann<br />
AG wegen der in Kolumbien begangenen Verbrechen der<br />
Prozess gemacht werden kann. Verstärkt wurde dieser Eindruck<br />
durch zahlreiche Fakten und Begebenheiten, die 1999 im Rahmen<br />
der spektakulären CDU-Parteispendenaffäre publik wurden, und vor<br />
allem durch die winkelzüglerische Glorifizierung des vermeintlich<br />
genialen Guerilla-Flüsterers Werner Mauss durch Wolfgang Schäuble<br />
in der erwähnten ZDF-Dokumentation.<br />
Dann wurde im Herbst des Jahres 2003 das von Wolfgang Schäuble<br />
wohl in Vorbereitung seines politischen Comebacks verfasste Traktat<br />
mit dem Titel Scheitert der Westen? veröffentlicht, in dem dieser protestantische<br />
Tugendbold, bekennende Max-Weber-Jünger und leidenschaftliche<br />
Berufspolitiker allen Ernstes die These vertrat, Europa,<br />
die USA und der Rest der Welt könnten am Wesen der weltweit vermeintlich<br />
vorbildlichen Sozialen Marktwirtschaft respektive des Humanen<br />
Kapitalismus – Made in Germany genesen.<br />
Da Schäuble bei der Abfassung dieses Traktates aus eigenen Erfahrungen<br />
wissen musste, dass es sich hierbei schon längst um ein faktisch<br />
mafioses Wirtschafts- und Rechtssystem handelt, dem gegenüber<br />
sogar die berühmt-berüchtigte sizilianische Cosa Nostra eher als<br />
ein Bündnis von kleinkriminellen Ehrenmännern einzustufen war,<br />
sah ich mich durch die Lektüre dieses ebenso aufschlussreichen wie<br />
propagandistischen Werkes schließlich dazu veranlasst, mich gründlich<br />
mit dem berühmten Vortrag Max Webers zum Thema Politik als<br />
Beruf, mit Dostojewskis Großinquisitor (enthalten im Roman Die<br />
Brüder Karamasow), mit Machiavellis Fürst und mit Goethes Faust<br />
zu befassen – dessen enormer Einfluss auf die deutsche Kultur und<br />
273
den wirtschaftlichen Gang der Dinge in Deutschland und Europa mir<br />
vor allem dank des sehr umfang- und aufschlussreichen Faust-Kommentars<br />
von Ulrich Gaier bewusst wurde, der 1999 im Reclam Verlag<br />
erschienen ist.<br />
*<br />
Wie aus diesen Aufzeichnungen hervorgeht, verdankte ich die Entdeckung<br />
des wunden Punktes der deutschen Kultur also vor allem meiner<br />
gut katholischen Erziehung, meinem ziemlich abenteuerlichen<br />
beruflichen Werdegang, meiner sorgfältigen Lektüre der Werke von<br />
zahlreichen Klassikern auf den Gebieten der Philosophie, Geschichtsschreibung,<br />
Ökonomie, Soziologie und Politik – und nicht<br />
zuletzt auch der im September 2010 im gesegneten Alter von 96 Jahren<br />
verstorbenen Frau Maria Clemens – der Mutter Sigrids – die es<br />
mir ermöglichte, mich allen Widrigkeiten zum Trotz in der gebotenen<br />
Gründlichkeit auf die Suche nach des <strong>Pudels</strong> <strong>Kern</strong> zu begeben, beziehungsweise<br />
mit dem Wesen des Humanen Kapitalismus – Made<br />
in Germany zu befassen.<br />
Wegen des irreparablen Zerwürfnisses<br />
mit Sigrid und ihrer Angst, eines<br />
Tages in ein Pflegeheim abgeschoben<br />
zu werden, hatte die alte Dame<br />
mir im April des Jahres 2000 vorsorglich<br />
eine notarielle Betreuungsund<br />
Generalvollmacht erteilt. Als<br />
diese Vollmacht im Juni 2003 aufgrund<br />
von einsetzender Altersdemenz<br />
in Kraft trat, wurde sie von<br />
Sigrid zwar prompt unter Hinweis<br />
Maria Clemens (Foto von 1975)<br />
auf den anrüchigen Verlauf meiner<br />
Vita gerichtlich angefochten. Trotz der boshaften Begründung dieser<br />
Anfechtung wurde ihre Gültigkeit in einem vierjährigen Verfahren<br />
jedoch zunächst vom Landgericht Mönchengladbach und schließlich<br />
vom Oberlandesgericht Düsseldorf bestätigt.<br />
274
Da ich schon seit längerem mit schweren Herzproblemen zu kämpfen<br />
habe, möchte ich mich an dieser Stelle aber auch für die sehr<br />
wertvolle Hilfe und Sympathie aus meiner Nachbarschaft bedanken,<br />
ohne die ich es wohl kaum geschafft hätte, diese Aufzeichnungen zu<br />
vollenden.<br />
*<br />
Wie eingangs bereits gesagt, besteht der wunde Punkt der deutschen<br />
Kultur meines Erachtens in der politischen Ideologie, die ihr von unserem<br />
größten Dichter, Querdenker und Verwirrungsstifter mit seiner<br />
Faust-Dichtung einst eingeimpft wurde. Da diese Ideologie einerseits<br />
auf der Erfindung einer Gottheit beruht, die im Gegensatz zum Gott<br />
der Juden, Christen und Muslims mit dem Teufel respektive Mephistopheles<br />
sympathisiert und andererseits auf der Überzeugung Goethes,<br />
dass dieser eigentlich kein Feind, sondern ein Diener Gottes<br />
und der Menschheit sei, sollte diese Hinterlassenschaft also möglichst<br />
bald in die Rumpelkammer der europäischen Geistesgeschichte<br />
verbannt werden. Denn fraglos animiert sie insbesondere strebsam<br />
veranlagte Menschen, deren Kreativität, Tatkraft und Talente – wie<br />
im Fall des berühmten Dr. Faustus oder einiger der in diesem Buch<br />
erwähnten Personen – jedoch nicht ausreichen, um ihre Ambitionen,<br />
Ideen oder Vorstellungen von einem guten Leben mit ehrlichen Mitteln<br />
und Methoden realisieren zu können, es mit Lug und Trug oder<br />
Gewalt zu versuchen.<br />
Dass es in Deutschland und Europa folglich zwangsläufig zu einer<br />
weiteren Pervertierung des wirtschaftlichen und sozialen Wettbewerbs<br />
und Verschlimmerung der Schwindsucht des Wohlstands kommen<br />
wird, falls das deutsche Volk weiterhin nach Maßgabe dieses toxischen<br />
Kulturerbes regiert werden sollte, ist meines Erachtens also<br />
zweifelsfrei ernsthaft zu befürchten.<br />
275