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AAN Interview mit Simon Hradecky zum Nachlesen

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September 2012<br />

ACA Info<br />

Das Magazin der AUSTRIAN COCKPIT ASSOCIATION<br />

<strong>AAN</strong> <strong>Interview</strong> <strong>mit</strong> <strong>Simon</strong> <strong>Hradecky</strong><br />

<strong>zum</strong> <strong>Nachlesen</strong>:<br />

Wo der nächste Absturz passiert<br />

www.aca.or.at<br />

Neue AUA?<br />

Düsentrieb -<br />

Richtiges Umgehen<br />

<strong>mit</strong> Engine Failure


Liebe Leserinnen und Leser!<br />

Manche von euch haben vielleicht<br />

die ACA Info schon vermisst, denn eigentlich<br />

sollte die Sommerausgabe,<br />

die 8-9 2012, bereits in euren Fächern<br />

liegen bzw. <strong>mit</strong> der Post zugestellt<br />

worden sein. Der Betriebsübergang<br />

bei AUA darf hier wieder als Grund<br />

für die Verspätung herhalten. Es ist<br />

aber tatsächlich so, dass jene Kollegen,<br />

die für ausführliche Berichte<br />

bekannt sind, in diesen Sommermonaten<br />

sehr viel fliegen mussten.<br />

2 ACA Info September 2012<br />

Der Vorstand der ACA hatte deshalb<br />

beschlossen, mangels Zeit für das<br />

Verfassen von Beiträgen diese Ausgabe<br />

ausfallen zu lassen und dafür<br />

Material für den Herbst zu sammeln.<br />

Ja und nun präsentieren wir die erste<br />

September-Ausgabe, schlicht und<br />

ergreifend deshalb, weil es uns nötig<br />

erscheint, Informationen an unsere<br />

Mitglieder zu bringen. Für uns ist die<br />

ACA Info eine wichtige Informationsplattform,<br />

heute bedeutender denn<br />

Einladung zur diesjährigen<br />

Generalversammlung<br />

am 27. November 2012<br />

Ort und Uhrzeit werden noch bekannt gegeben.<br />

Astrid Six<br />

je. Diese Ausgabe ist in besonderem<br />

Maße an interessierte Leser gerichtet,<br />

da sie einige recht ausführliche<br />

Beiträge enthält. Flight Time Li<strong>mit</strong>ations<br />

finden diesmal nur recht kurz<br />

Erwähnung. Entwarnung kann aber<br />

keineswegs gegeben werden. Das<br />

Thema bleibt weiterhin ungeliebter<br />

Dauerbrenner.<br />

Astrid Six<br />

Redaktion & Layout<br />

MITGLIEDER: Die Veränderungen bei OS und VO in diesem Jahr hinterlassen auch ihre Spuren bei uns. Eine<br />

Abnahme der Mitgliederzahl - auch wenn uns <strong>mit</strong> verschiedenen Aktionen gelungen ist, viele der bei OS<br />

ausgetretenen Mitglieder zu halten - bedeutet jedoch, dass weitere Anstrengungen unternommen werden<br />

müssen, um unseren Mitgliederstand wieder zu heben.<br />

NACHWUCHS: Wir suchen Nachwuchs für unsere technischen Bereiche. Die Generalversammlung ist eine<br />

gute Gelegenheit, unsere Arbeit näher kennenzulernen und einzusteigen. Wir arbeiten FOR A SAFE FLIGHT!<br />

VERANSTALTUNGSORT und Uhrzeit werden noch zeitgerecht veröffentlicht, so auch Stimmübertragungen,<br />

für den Fall, dass man nicht persönlich an der Veranstaltung teilnehmen kann.


Inhalt<br />

Vorwort 4<br />

No Change at all? 5<br />

Informationen über Veränderungen bei OS/VO<br />

Wo der nächste Absturz passiert 12<br />

<strong>Interview</strong> <strong>mit</strong> <strong>Simon</strong> <strong>Hradecky</strong>, Herausgeber des<br />

Aviation Heralds<br />

Der nächste Absturz - Teil 2 18<br />

Die ACA stellte <strong>Simon</strong> <strong>Hradecky</strong> einige weiterführende<br />

Fragen.<br />

Impressum<br />

Medieninhaber: Austrian Cockpit Association,<br />

1300 Flughafen Wien, Tel: +43 1 9971787<br />

office@aca.or.at / www.aca.or.at<br />

Verantwortlich für den Inhalt: Bernd Hechenegger<br />

Redaktion: Astrid Six, Siegfried Lenz<br />

Layout : Astrid Six<br />

Druck: Ueberreuter Print GmbH , 2100 Korneuburg<br />

Das Ende der AUA, wie wir sie kennen.<br />

IFALPA Briefing Leaflet 20<br />

Aerodrome Emergency Hand Signals<br />

Düsentrieb 22<br />

Technisch näher betrachtet: Engine Failure<br />

Die Europäische Pilotenlizenz 28<br />

Seit April gelten neue europäische Rechtsvorschriften.<br />

Pilot‘s Bookshelf 31<br />

Unconventional Aircraft<br />

Mitarbeiter dieser Ausgabe: Siegfried Lenz, Wilhelm Brugger,<br />

Peter Beer, Wilhelm Wesendorfer<br />

Bilder: Siegfried Lenz, Wilhelm Brugger<br />

© für alle Artikel - soweit nicht anders angegeben - bei ACA Info<br />

Nachdruck nach vorheriger Absprache <strong>mit</strong> dem Vorstand - gestattet.<br />

ACA Info September 2012 3


Crew Hotels<br />

Das soeben erschienene Journal<br />

der ‚European Association for<br />

Aviation Psychology’ veröffentlicht<br />

eine Studie von Ben J. Searle<br />

/ Dept. Of Psychology, Macquarie<br />

University, North Ryde, NSW<br />

Australia.<br />

Der Autor beschäftigt sich <strong>mit</strong><br />

‚Detachment From Work in Airport<br />

Hotels’. Er weist auf das<br />

hohe Anspruchsniveau des Pilotenberufs<br />

hin das von Erholungsphasen<br />

abgelöst werden<br />

muss. Nur eine ausreichende<br />

Erholung gewährleistet die sichere<br />

Flugdurchführung. An der<br />

‚homebase’ kann das jede/r für<br />

sich regeln, auf ‚nightstops’ ist<br />

man auf Crew-Hotels angewiesen.<br />

Die Studie findet Evidenz,<br />

dass die psychische Loslösung<br />

(Detachment) von der Arbeit in<br />

flughafennahen Hotels schlechter<br />

zu bewerkstelligen ist als in<br />

Hotels ohne Bezug zur Luftfahrt.<br />

Der Flug- und Flughafenbetrieb<br />

enthält eine Fülle von Reizen, die<br />

<strong>zum</strong> Arbeitsalltag zurückführen.<br />

Der Autor empfiehlt Crew-Hotels<br />

für längere Aufenthalte außerhalb<br />

der un<strong>mit</strong>telbaren Umgebung<br />

von Flughäfen zu verwenden.<br />

Quelle: Aviation Psychology and Applied<br />

Human Factors 1/12, Seite 20ff<br />

4 ACA Info September 2012<br />

Editorial<br />

Bernd Hechenegger<br />

Präsident<br />

Die für das fliegende Personal typischerweise<br />

arbeitsintensivsten Monate<br />

haben wir hinter uns gebracht.<br />

Was uns sicher in Erinnerung bleiben<br />

wird, sind die Veränderungen<br />

die während dieser Zeit stattgefunden<br />

haben. Veränderungen die bei<br />

vielen, nicht allen, einen negativen<br />

Beigeschmack hinterlassen haben.<br />

Die Frage bleibt, wie man da<strong>mit</strong> am<br />

besten umgehen soll.<br />

Wir Menschen stehen Veränderungen<br />

meistens nicht sehr offen<br />

gegenüber. Diese verursachen häufig<br />

Unbehagen oder sogar Angst.<br />

Wenn es dabei zu Verschlechterungen<br />

oder Einschränkungen kommt<br />

reagieren die Betroffenen normalerweise<br />

<strong>mit</strong> Widerstand, sowohl<br />

passiv als auch aktiv. In einen Unternehmen<br />

wäre das Management<br />

gefragt, durch einen wertschätzenden<br />

Ansatz und durch Einbezug<br />

der Mitarbeiter das Beste für alle<br />

heraus zu holen. Das nur oberflächlich<br />

oder gar nicht kommentierte<br />

Einführen von Neuerungen ist eher<br />

kontraproduktiv und hohle Phrasen<br />

sowie plumpe Versuche der Gehirnwäsche<br />

helfen nicht. Wenn nun<br />

auch noch Gesetze ignoriert oder<br />

gebeugt werden, ist das Chaos perfekt.<br />

Den Königsweg beschreiten<br />

eindeutig Unternehmen, die ihre<br />

Mitarbeiter weder gegeneinander<br />

ausspielen noch <strong>mit</strong> der Peitsche<br />

bedrohen.<br />

In einem Artikel habe ich unlängst<br />

gelesen, dass bei Unternehmenspleiten<br />

in 57% der Fälle eine<br />

„rigide, autoritäre Führung“ Mitschuld<br />

an der Insolvenz trägt. Ein<br />

Liebe Kolleginnen und Kollegen!<br />

Management-Stil, der zwar nicht<br />

funktioniert aber scheinbar haben<br />

ihn immer noch viele Vertreter<br />

dieser Zunft intus. Anders ist diese<br />

Zahl wohl kaum erklärbar.<br />

Faktum bleibt, dass die Geschehnisse<br />

der letzten Monate bei Austrian/Tyrolean<br />

sehr deutlich gezeigt<br />

haben, wie hoch wirtschaftliche<br />

Interessen über allen menschlichen<br />

Aspekten stehen. Da<strong>mit</strong> wenigstens<br />

etwas Licht in die Veränderungen<br />

der letzten beiden Monate<br />

kommt, findet ihr in dieser Ausgabe<br />

Informationen betreffend Ops.<br />

Ich hoffe, dass nach der im Herbst<br />

stattfindenden Betriebsratswahl<br />

bei OS/VO bald vernünftige Lösungen<br />

gefunden werden. Das kann<br />

natürlich nur funktionieren, wenn<br />

alle zusammenarbeiten und nicht<br />

jeder auf seine eigenen Interessen<br />

achtet. Dass es keine leichte Aufgabe<br />

ist, dermaßen viele Interessensgruppen<br />

unter einen Hut zu bringen,<br />

erklärt sich von selbst. Dabei<br />

gibt es <strong>mit</strong> Sicherheit weder reine<br />

Gewinner noch Verlierer – auch<br />

wenn das vielen so vorkommen<br />

wird.<br />

Der Zusammenhalt in unserer Berufsgruppe<br />

ist in dieser schwierigen<br />

Zeit unser größter Trumpf.<br />

Euer


No Change at all?<br />

Intern<br />

Die ACA beschäftigt sich vielen Bereichen der Luftfahrt, der Aktualität fühlen<br />

wir uns verpflichtet. Derzeit scheint es uns nötig, über Veränderungen<br />

bei OS/VO zu informieren. Offenbar herrscht große Verunsicherung vor.<br />

Der Autor dieses Artikels ist selbst<br />

ehemaliger AUA – jetzt Tyrolean–<br />

Pilot und schreibt deshab aus der<br />

Ich-Perspektive. Dem zufolge ist<br />

dieser Artikel auch in erster Linie<br />

an die Kolleginnen und Kollegen<br />

dieser Gruppe adressiert.<br />

Tja, meine Lieben, nun ist das Unausprechliche<br />

passiert, der Betrieb ist<br />

übergegangen. Emotional wurden<br />

wir in den letzten Wochen und Monaten<br />

hergebeutelt wie nie zuvor.<br />

Aber das soll heute nicht das Thema<br />

sein. Den Schaden, der hier angerichtet<br />

wurde, werden andere reparieren<br />

und verantworten müssen. Vielmehr<br />

wollen wir uns heute da<strong>mit</strong> beschäftigen<br />

was sich nun wirklich geändert<br />

hat.<br />

Wir alle haben brav unseren OCC<br />

gemacht, eingeteilt als CBT-Training.<br />

Die letzten Wochen haben nun gezeigt,<br />

dass sich doch einiges geändert<br />

hat, vieles, das wir über Jahre<br />

gewohnt waren, ist heute anders.<br />

Das hat <strong>zum</strong>indest bei mir ein vages<br />

Gefühl der Ungewissheit hinterlassen,<br />

ob sich wirklich so wenig geändert<br />

hat wie im OCC beschrieben.<br />

Ich habe mich daher bisschen in die<br />

Bücher vertieft, und kann euch heute<br />

das Ergebnis meiner Studien als Serviceleistung<br />

zur Verfügung stellen.<br />

Ohne Gewähr natürlich, Selbststudium<br />

ist durch nichts zu ersetzen. Aber<br />

nach diesem Artikel sollte <strong>zum</strong>indest<br />

klar sein, wo es lohnt, genauer hinzuschauen.<br />

Dies betrifft logischerweise<br />

OS, mangels Kenntnis, was sich bei<br />

VO alles geändert hat. Ich gehe aber<br />

davon aus, dass die Änderungen hier<br />

überschaubar bleiben.<br />

Grob wollen wir uns heute <strong>mit</strong> drei<br />

Themen beschäftigen:<br />

Die liebe Unternehmensrichtlinie,<br />

genannt „URL“, die Betriebsvereinbarungen<br />

(BVs) und unser OM-A. Beginnen<br />

wir <strong>mit</strong> der URL. Hier will ich<br />

nicht ins Detail gehen, auch weil wir<br />

die URL nur unter Protest anwenden,<br />

da wir selbstverständlich der Meinung<br />

sind, dass unser KV nachwirkt.<br />

Ich gehe ich davon aus, dass ihr die<br />

URL bereits gelesen habt. Das wichtigste<br />

zur URL: sie entspricht <strong>zum</strong> Teil<br />

nicht dem Gesetz, also der EU-OPS,<br />

was bereits dazu geführt hat, das<br />

nicht gesetzeskonforme “Split Duties“<br />

eingeteilt wurden. Hierzu solltet<br />

ihr euch folgende Punkte im OM-A<br />

anschauen:<br />

OM-A: 7.1.3 definitions<br />

(adequate accommodation,<br />

break, flight duty<br />

period, local night, rest<br />

period, wocl), 7.1.4.4.<br />

a+b+c, 7.1.4.5. d, 7.1.4.9.,<br />

7.1.4.12.1.b, 7.1.4.12.2.<br />

Ein Beispiel: C/I 1410 LT 3 legs C/O<br />

2155LT, dann wieder C/I 0630LT,<br />

Block on 0850LT (Achtung: OM-A<br />

kennt kein checkout am Ende der<br />

FDP!). Die Rest zwischen Leg 3 und<br />

4 ist zu kurz, daher kann es nur eine<br />

split duty sein. Max FDP: Basic 13h –<br />

1h (4 legs), WOCL (0200-0559LT) fully<br />

emcompassed, daher weitere -2h<br />

(halber WOCL) und keine extension<br />

möglich (über 2 legs), macht total<br />

max 10h. Break über 6 Stunden <strong>mit</strong><br />

horizontal rest zählt 1h zur FDP.<br />

Gesamte FDP 7:45+1:00+2:20=11:05<br />

vs. max 10h lt. OM-A. Reduced Rest<br />

geht nicht, da dabei eine sleep opportunity<br />

von 8h gegeben sein müsste.<br />

Klingt kompliziert, aber wenn ihr<br />

das nachlest, ist es im Prinzip nicht<br />

so schwer. Conclusio: Nicht nur der<br />

Arbbeitgeber, auch jeder einzelne<br />

von uns (speziell bei unterschiedlichen<br />

C/I innerhalb der Crew!) ist für<br />

die Einhaltung der gesetzlichen Li<strong>mit</strong>s<br />

zuständig. Ist der Arbeitgeber<br />

hier säumig, liegt der schwarze Peter<br />

trotzdem auch bei uns.<br />

Kommen wir nun zur OM-A: hier<br />

habe ich die Revision 25 vom 01. 06.<br />

2012 <strong>mit</strong> der Revision 31 vom 01.07.<br />

2012 verglichen. Gleich vorweg –<br />

aufgrund des Aufwands habe ich<br />

hier nicht bis ins letzte Detail auf<br />

Punkt, Komma und Beistrich verglichen,<br />

sollte mir also die eine oder<br />

andere Änderung doch durch die<br />

Lappen gegangen sein, bitte ich untertänigst<br />

um Verständnis. Also wie<br />

beim Lotto ohne Gewähr, nicht das<br />

nachher einer sagt: „In da ACA Info<br />

is g’stondn...“. Einen brauchbaren<br />

Überblick was Sache ist und wo es<br />

lohnt, genauer nachzulesen, kann ich<br />

euch aber definitiv geben.<br />

Unser OM-A gliedert sich in der neuen<br />

Version in drei Teile: in den OM-A<br />

- Teil (allgemeiner Teil, für alle gültig),<br />

den Annex 1 (A320/B737/B767/<br />

B777) und den Annex 2 (DH8/F70/<br />

F100). Und hier kommen wir gleich<br />

zur guten Nachricht: der Annex 1 be-<br />

ACA Info September 2012 5


Intern<br />

inhaltet die für uns in der daily ops<br />

relevantesten Kapitel, und diese sind<br />

nahezu unverändert. Mehr oder weniger<br />

wurde hier nur das “Austrian“<br />

durch “Tyrolean“ ersetzt, was lückenlos<br />

gelungen scheint. Wir sprechen<br />

hier von folgenden Kapiteln:<br />

2. Operational Control and Supervi<br />

sion: unchanged<br />

4. Crew Composition: unchanged<br />

5. Qualification Requirements: un<br />

changed<br />

8. Operating Procedures:<br />

Hier gibt es bei ETOPS eine kleine<br />

Diskrepanz – das OM-A erlaubt 180<br />

Min, die wir uns aufgrund mangelnder<br />

ETOPS-Historie von Tyrolean<br />

erst wieder erarbeiten müssen, aktuell<br />

haben wir meines Wissens 120<br />

Min (außer die 777 auf AUA AOC <strong>mit</strong><br />

weiterhin 180 Min!).<br />

Werft bitte auch einen Blick auf<br />

8.1.1.1., hier findet ihr unsere<br />

altbekannte Responsibility for Terrain<br />

Clearance, die die etwas vage<br />

und für manche von uns verwirrende<br />

Formulierung unter Chapter<br />

1.4.2 (Duties and Responsibilities of<br />

the Commander inflight) speziell<br />

6 ACA Info September 2012<br />

für Radar Vectors und Direct-To wie<br />

gehabt präzisiert.<br />

9. Dangerous Goods and Weapons:<br />

Hier wurde “Austrian Cargo Department”<br />

durch “Austrian<br />

Lufthansa Cargo Department” ersetzt,<br />

ansonsten unchanged.<br />

11. Handling, Notifying and Reporting<br />

Occurrences: unchanged<br />

12. Rules of the Air: verschoben ins<br />

OM-C<br />

13. Leasing: editorial changes,<br />

neu durchnummeriert und neu<br />

geschrieben, ohne substanzielle<br />

Änderungen. Für uns eher nicht relevant,<br />

es geht hier hauptsächlich<br />

um behördliche Auflagen <strong>zum</strong> Thema<br />

Leasing.<br />

Was fehlt ist das Kapitel 10 Security,<br />

aus Sicherheitsgründen existiert dieses<br />

Kapitel in den Downloadversionen<br />

des OM-A’s nicht, ich bitte daher<br />

bei Bedarf dieses selbst zu lesen.<br />

Kommen wir nun zu Kapiteln, die<br />

sich geändert haben, es sind dies die<br />

Kapitel 0, 1, 3, 6 und 7.<br />

Hier würde ich euch empfehlen besonders<br />

die Kapitel 1 (Duties and<br />

Responsibility of the Commander/<br />

Copilot), Kapitel 6 Crew Health Precautions<br />

und Kapitel 7 Flight and<br />

Duty Time Li<strong>mit</strong>ations mal wieder<br />

durchzulesen, auch ein kurzer brush<br />

up der Terms and Definitions in der<br />

Introduction vor Kapitel 0 kann nicht<br />

schaden.<br />

Hier nun eine Tabelle <strong>mit</strong> den Änderungen,<br />

quasi ein “handmade Revision<br />

Letter“:<br />

CHAPTER SUBCHAPTER CHANGED REMARKS<br />

0. ADMINISTRATION 0.1.2. Compliance, editorial changes, EU-OPS overruled OM-A<br />

AND CONTROL OF OP-<br />

ERATIONS MANUAL<br />

0.1.3. Human Factors principle aus 0.1.5 hierher verschoben, Struktur und Inhalt<br />

des gemeinsamen OM-A genauer ausgeführt, neue Termini (z.B. Postholder<br />

Flight Ops PHO ersetzt Vice President Operations VPO), die zusätzlichen<br />

Manuals, wer dafür zuständig ist, für wen sie relevant sind, sind hier<br />

aufgeführt. Neu: SMS-Manual (Safety Management System, hatte VO<br />

schon, wir noch nicht, hab ich aber noch nicht auf unserem Lapi gefunden,<br />

liegt aber wohl irgendwo in den Tiefen des Intranets vergraben).<br />

0.1.5. Absatz über Type Rating, Training Organisation TRTO wurde gelöscht.<br />

Use of Terms and Definitions vereinfacht.<br />

0.1.6. Compliance Monitoring List von 0.1.3. hierher verschoben


No Change at all?<br />

AUA Neu ...<br />

Our Handmade Revision Letter<br />

1. Organisation and Responsibilites<br />

1.1. – 1.3. Änderungen Organigramm wegen BÜ<br />

1.4. Authorities, Duties and<br />

Responsibilities of the Commander/Copilot/Relief<br />

Pilot/<br />

Panel operator<br />

Intern<br />

CMDR: Infos zu z.B. handling of Cockpit Voice Recorder, Handcuffs (Tokio<br />

Convention), rules for Pax Announcements, responsibility of the Commander<br />

for adherence to FTL, preflight duties, inflight duties (Cmdr PF in<br />

critical situations ist nicht mehr so streng geregelt), responsibility for terrain<br />

clearance bei deviation from SID/STAR (vgl. OM-A 8.1.1.1.), postflight duties<br />

(z.B. kein handling staff – responsibility beim Cmdr, aber vage geregelt)<br />

COPILOT: editorial changes<br />

RELIEF PILOT: no change<br />

1.6.1.<br />

PANEL OPERATOR: angeführt, aber “not applicable”<br />

Crew Standards of Performance, Verweis auf Annex 1 Chapter 5 für A320,<br />

B737, B767, B777<br />

1.6.2. Rules for Behavior in public<br />

1.6.3. Personal documents (z.B. Reisepass) und ID<br />

1.6.4. Rules zur Uniform<br />

1.6.8. – 1.6.10. Rules für Tips, Custom, Duty free, Crew hotels/Transport und Night stops<br />

(Pick up muss am Roster angegeben sein)<br />

3. Quality 3.1.1. – 3.1.4. Mission statement unverändert, neu ist das Vision statement (“Safety is<br />

and will remain our No.1 priority“, danach die üblichen Allgemeinplätze),<br />

OM-A ist confidential und darf nicht publiziert werden.<br />

3.2.1. Neue Termini: Auditor, Lead Auditor und Operator<br />

3.3.ff Verschoben ins Quality Manual<br />

6. Crew Health Precau- 6.1.1. Medex: Cockpit alle max. 12 Monate, Kabine alle max. 4 Jahre<br />

tions<br />

6.1.2. Unfit for duty: psycho-active substances ersetzen narcotics/drugs, alcohol<br />

bleibt unverändert, nach 21 Tagen unfit muss eine Meldung an die Behörde<br />

oder den Fliegerarzt (AME) erfolgen, wenn ein Medical Certificate suspended<br />

wird, muss eine Meldung an AME oder PHO erfolgen<br />

6.1.3. Alcohol: 0,2 Prozent-Grenze ist gefallen, man darf nicht beeinträchtigt sein,<br />

recommended ist 24 Stunden vor Dienstbeginn keine Alkohol.<br />

6.1.4. Narcotics/Drugs: ersetzt durch psycho-active substances (d.h. Vicodin einwerfen<br />

und Fliegen geht nicht zusammen, wenn ihr irgendwelche härteren<br />

Medikamente nehmen müsst, solltet ihr das auf jeden Fall <strong>mit</strong> dem AME<br />

abklären)<br />

6.1.10. Schwangerschaft: sofort “suspended from all flight duties“<br />

6.1.11. Meal Precautions: Bezahlung sollte <strong>mit</strong>tels KV oder BV geregelt werden<br />

6.1.12.1. Organized Napping für Kabine geregelt<br />

6.1.15.1. Für Kontaktlinsenträger: das Mitführen einer Ersatzbrille ist verpflichtend<br />

6.1.16. Neu: Assessment of cosmic radiation<br />

6.1.17. Exposure to extreme illumination (Light beams, laser etc.)<br />

ACA Info September 2012 7


Intern<br />

No Change at all?<br />

AUA Neu ...<br />

7. Flight Time Li<strong>mit</strong>ations 7.1.1. Flüge müssen realistisch geplant werden (incl preflight, turnaround, postflight,<br />

flight time vs. block time), Rosters müssen “sufficiently in advance“<br />

publiziert werden, LVR §3 wurde ersetzt durch EU OPS 1.085 (englisch<br />

statt deutsch)<br />

7.1.2. Commercial flying outside the scope of Tyrolean: record of flight time muss<br />

monatlich an VO über<strong>mit</strong>telt werden, Crew Member ist verantwortlich für<br />

die Einhaltung der FTL<br />

7.1.3. Definitions: neu: “Actual flight operation“, “Adequate accommodation” (vs.<br />

suitable!), ”Reporting time”<br />

7.1.4.1. Das 2000h/year cumulative duty li<strong>mit</strong> fehlt hier, ist im Arbeitszeitgesetz geregelt,<br />

wird aber eventuell wieder ins OM-A aufgenommen. Gilt weiterhin,<br />

steht aber jetzt eben im AZG<br />

7.1.4.4. Zusätzliche Note dass OM-A Berechnung der FDP vom KV differieren<br />

kann<br />

7.1.4.8. Definition zur “operational Robustness“ (33% aller Flüge müssen aktuell<br />

innerhalb des geplanten schedules liegen)<br />

7.1.4.10 Neue Definition “Reporting Times“ (General 1:00, VIE 1:10, ad hoc Charter<br />

1:15, 00:45 <strong>mit</strong> FOMOD approval<br />

7.1.4.11. Neu: Definition “Check Out”, Rest requirements verschoben von 7.1.4.11.<br />

auf 7.1.4.12.<br />

7.1.4.12. Summary table für “Reduced Rest“ hinzugefügt<br />

7.3.1. Airport Standby: Qualität der “Rest Facilities“ geregelt<br />

7.3.2. Standby other than AP Standby (SB zu Hause): gravierende Änderung,<br />

drei zusätzliche Punkte (EU-OPS-konform):<br />

• Considered as rest period<br />

• Crew member must be contactable<br />

• In case of delay if the crew member can be contacted at the place of<br />

rest he/she is considered to be on SB until reporting time (specified<br />

by company)<br />

7.4. FDP Tables verschoben, neu unter 7.6. zu finden<br />

7.5. Neue Regelung zu “Nutrition“<br />

Pfuh, das war jetzt was, ich fühl mich<br />

schon ganz Sohar. Wie gesagt, das<br />

Ganze erhebt keinen Anspruch auf<br />

Vollständigkeit, es soll euch vielmehr<br />

einen Überblick bieten, was sich geändert<br />

hat und wo man Nachschauen<br />

kann, als Quick reference.<br />

Kommen wir <strong>zum</strong> dritten und letzten<br />

Punkt, den BVs: nun, ich bin kein<br />

Jurist und kann und will daher nicht<br />

sagen, welche BVs für uns jetzt gelten<br />

oder nicht, da<strong>mit</strong> werden sich die<br />

8 ACA Info September 2012<br />

Rechtsgelehrten auseinandersetzen.<br />

Außerdem sind wir ja ohnehin der<br />

Meinung, dass unser KV nachwirkt<br />

und arbeiten unter Protest gemäß<br />

URL und den lt. GL gültigen BVs.<br />

Im Intranet findet ihr die entsprechenden<br />

BVs, es gibt, jene, die für OS<br />

vor dem BÜ gegolten haben, jene,<br />

die für VO gelten und solche, die lt.<br />

Geschäftsleitung (GL) für uns jetzt<br />

Gültigkeit haben.<br />

Eine BV, die uns die letzten Wochen<br />

schon sehr beschäftigt hat, ist die BV<br />

B 06 Bereitschaftsdienste. Dass diese<br />

für OS Gültigkeit hat wurde von der<br />

GL bereits bestätigt, so<strong>mit</strong> ist sie –<br />

natürlich wieder unter Protest – anzuwenden.<br />

Nun, ich habe sie mehrmals<br />

gelesen und nicht verstanden.<br />

Ich habe daher weder Kosten noch<br />

Mühen gescheut und einen externen<br />

Berater beigezogen. Dieser wurde<br />

<strong>mit</strong> Grillfleisch und Bier gefügig gemacht,<br />

um mich in die Geheimnisse


der BV B06 einzuweihen. Mittlerweile<br />

lichten sich die Nebel, und ich will<br />

daher versuchen, auch euch die Geheimnisse<br />

dieser BV näherzubringen.<br />

Die BV B 06 regelt den Bereitschaftsdienst,Nachtflüge<br />

und Überstunden.<br />

Wollen wir <strong>mit</strong> den einfachen Sachen<br />

beginnen, also den Überstunden.<br />

Ich bitte, das nicht <strong>mit</strong> der Mehrleistung,<br />

die von der Anzahl der Blockstunden<br />

abhängt, zu verwechseln.<br />

Überstunden hängen von der Arbeitszeit<br />

7M ab. Hier gilt folgendes:<br />

die eingeteilte Arbeitszeit ist <strong>zum</strong>indest<br />

anzurechnen. Liegt die aktuelle<br />

7M über der geplanten, ist die aktuelle<br />

abzurechnen. Wird ein Einsatz gestrichen,<br />

ist trotzdem die eingeteilte<br />

7M anzurechnen. Achtung: eine höhere<br />

aktuelle 7M darf <strong>mit</strong> einer niedrigeren<br />

als geplant gegengerechnet<br />

werden. Fazit: Die für den Monat<br />

eingeteilte 7M ist auf jeden Fall anzurechnen,<br />

ergibt die Gegenrechnung<br />

einen höheren Wert, ist dieser<br />

in Anrechnung zu bringen. Schaut<br />

euch einfach die Beispiele in der BV<br />

an, dann sollte alles klar sein. Da<strong>mit</strong><br />

es nicht zu einfach ist, kann man aber<br />

in bestimmten Fällen auf 7M verzichten,<br />

zB wenn Crew Control anbietet,<br />

statt Airport SBY gleich nach Hause<br />

zu gehen. Auf Dash und Fokker wird<br />

das <strong>mit</strong> „7M-V“ im Dienstplan verzeichnet,<br />

wie es für Boeing und Airbus<br />

gehandhabt wird, ist noch nicht<br />

klar.<br />

Kommen wir nun zu den Nachtflügen:<br />

Gleich am Beginn der BV befindet<br />

sich eine Definition, was ein Nachtflug<br />

ist. Es sind dies Flüge<br />

• deren Ende nach 0200LT Uhr des<br />

auf den Beginn der Arbeitszeit<br />

un<strong>mit</strong>telbar folgenden Kalendertages<br />

liegt, oder<br />

• deren Beginn zwischen 0000LT<br />

und 0400LT liegt<br />

• wenn diese Arbeitszeit keine<br />

Wartezeit <strong>mit</strong> Ruhemöglichkeit<br />

enthält, die den Zeitraum von<br />

0200LT bis 0400LT einschließt.<br />

Für den Unterschied zwischen „Wartezeit“<br />

und „Wartezeit <strong>mit</strong> Ruhemöglichkeit“<br />

müssen wir die Definitionen<br />

der URL heranziehen. „Wartezeit“ ist<br />

jene Zeit zwischen C/O und C/I (Achtung:<br />

im Transit gilt hier auch in VIE<br />

1 Stunde!), die keine dienstliche Beanspruchung<br />

enthält und für eine<br />

Ruhezeit zu kurz ist. „Wartezeit <strong>mit</strong><br />

Ruhemöglichkeit“ ist eine Wartezeit,<br />

die eine Ruhemöglichkeit von 6 bis 8<br />

Stunden bietet excl. Transitzeit (auf<br />

Außenstation 2 Stunden).<br />

Für einen Nachtflug gemäß obiger<br />

Definition gilt nun u.a. folgendes:<br />

Nach jeder langfristig oder kurzfristig<br />

eingeteilten Nachtflugrotation<br />

ist eine Aufenthaltszeit gemäss §36<br />

KV einzuteilen. Hier ist der VO KV<br />

gemeint, und da dieser nicht für uns<br />

gilt, ist wohl die URL heranzuziehen.<br />

Weiters darf am Folgetag des C/O<br />

der nächste Dienstbeginn nicht vor<br />

1130LT liegen. Wieder Achtung: letz-<br />

tere Bestimmung gilt nicht, wenn<br />

während der Wartezeit für mindestens<br />

4 Stunden ein Hotelzimmer zur<br />

Verfügung gestellt wird. Dies gilt für<br />

Nightstops, die zwischen C/O und<br />

C/I eine Wartezeit von weniger als 8<br />

Stunden haben, aber eben für mindestens<br />

4 Stunden ein Hotelzimmer<br />

parat halten, wir kommen also incl.<br />

Transitzeit auf mindestens 6 Stunden.<br />

Trifft z.B auf LHR zu, auf DME<br />

nicht.<br />

Und nun, meine Freunde, geht’s in<br />

die Vollen, dort wo wir in Gesichter<br />

voll Verzweiflung und Verständnislosigkeit<br />

blicken:<br />

Der Bereitschaftsdienst<br />

Intern<br />

Mal schauen, ob ich hier Licht ins<br />

Dunkel bringen kann. Wir sprechen<br />

hier übrigens immer vom Bereitschaftsdienst<br />

zu Hause, Airport<br />

Standby wird durch die URL geregelt,<br />

es sei denn die BV sieht explizit etwas<br />

anderes vor. Wichtig ist, dass wir die<br />

Definitionen der Arbeitszeiten “T“,<br />

“R“ und “7M“ kennen und richtig anwenden.<br />

• Arbeitszeit “T“ bezieht sich auf<br />

die maximal mögliche Flight<br />

Duty Period (FDP),<br />

• “R“ kommt für die Berechnung<br />

der nötigen Ruhezeit zur Anwendung<br />

und<br />

• “7M“ bei der Berechnung der<br />

Wochenarbeitszeit und für die<br />

Arbeitszeit übers Monat (Überstunden!),<br />

Kalenderquartal und<br />

über 4 aufeinanderfolgende Ka-<br />

ACA Info September 2012 9


Intern<br />

No Change at all?<br />

AUA Neu ...<br />

lenderquartale (rollierendes Jahresli<strong>mit</strong>).<br />

Arbeitszeit “T“ wird für den SB <strong>mit</strong><br />

0% gewertet, “R“ und “7M“ jeweils<br />

<strong>mit</strong> 50%. Nur für “R“ und “7M“ gilt<br />

auch die Nachtaufwertung.<br />

Zum Einzelstandby: Hier darf man<br />

frühestens zu Standby-Beginn aktiviert<br />

werden und muss spätestens zu<br />

Standby-Ende wieder auschecken.<br />

Per Gesetz (AOC-V Anhang 1) ist so<br />

ein SBY auf maximal 24h li<strong>mit</strong>iert. Bei<br />

uns gilt zusätzlich, dass man längstens<br />

alle 18 Stunden eine „Ruhephase“<br />

haben muss. Dazu unten mehr.<br />

Endet der aus dem Dienst angetret<br />

e n e Flug vor dem<br />

p l a n -<br />

m ä ß i -<br />

gen Ende des<br />

Standby, kann<br />

Crewcontrol verlangen, das man bis<br />

zur höchstzulässigen Arbeitszeit “T“<br />

(oder bis <strong>zum</strong> Ende des SBY, whichever<br />

is earlier) Airport Standby macht.<br />

Einvernehmlich kann der Dienst<br />

auch sofort nach Checkout beendet<br />

werden (muss schriftlich oder per<br />

mail gemacht werden, mündlich gilt<br />

nicht). Gibt es kein solches Einvernehmen,<br />

ist auf jeden Fall die volle<br />

für den Standby eingeteilte Arbeitszeit<br />

“7M“ anzurechnen bzw. die aktuelle<br />

wenn höher, auch wenn man von<br />

Crewcontrol nach Hause geschickt<br />

wird. Einigt man sich auf Heimgehen,<br />

wird nur die aktuelle 7M angerechnet.<br />

Da ein SBY per Definition (in URL wie<br />

VO-KV) keinen Check-Out hat, gelten<br />

auch die Regeln zur Dienstplanände-<br />

10 ACA Info September 2012<br />

rung nicht. Eine Ausnahme gibt es<br />

nur für Flüge, die bei Dienstplanerstellung<br />

noch nicht geplant waren.<br />

Manch einer von euch wird wahrscheinlich<br />

bereits auf seinem Dienstplan<br />

einen SB-Block <strong>mit</strong> täglich SB<br />

von 0430-2230LT oder noch länger<br />

gefunden haben und sich gefragt haben:<br />

Geht das? Ja, das geht! Es kann<br />

nämlich die nötige Aufenthaltszeit<br />

nach der Planausgabe relativ formlos<br />

eingeteilt werden. So ein Standby<br />

0430-2230 generiert <strong>mit</strong> Nachtaufwertung<br />

9h30 Arbeitszeit “R“. Erfolgt<br />

kein dienstlicher Einsatz und ist der<br />

nächste Einsatz wieder ein<br />

Standby<br />

ist<br />

nur die<br />

halbe Transitzeit<br />

anzurechnen. So<strong>mit</strong> ergibt<br />

sich eine Ruhezeit von 10h30. Der<br />

nächste Standby könnte dann also<br />

frühestens um 0900LT am Folgetag<br />

beginnen. Wird von Crewcontrol gewünscht,<br />

dass der Standby am Folgetag<br />

früher beginnt ist der aktuelle<br />

Standby daher zeitgerecht zu beenden,<br />

um die nötige Aufenthaltszeit<br />

zu gewährleisten. Das ist gemeint<br />

<strong>mit</strong> „Einteilung der Aufenthaltszeit<br />

nach Planausgabe“. Eine etwaige Ruhemöglichkeit/phase<br />

hat darauf keinen<br />

Einfluss. Zur Ruhemöglichkeit/<br />

phase später mehr.<br />

Solche Blockstandbys müssen frühestens<br />

um 2230LT enden und am<br />

nächsten Tag spätestens um 0430LT<br />

beginnen bzw. muss ein Dienst <strong>mit</strong><br />

Check-In bis spätestens 0700LT eingeteilt<br />

sein (geht nur am letzten<br />

Tag des Blocks, kein A-Einsatz!), in<br />

letzterem Fall muss man spätestens<br />

<strong>zum</strong> Ende des eingeteilten Dienstes<br />

auschecken incl. Dienstplanänderung<br />

gemäß URL. Die Anzahl solcher<br />

Blockstandbytage ist li<strong>mit</strong>iert durch<br />

die Arbeitszeit “7M“ und die nötige<br />

Wochenruhezeit.<br />

§27 URL: Freizeit, 3x/Monat 2 Tage<br />

incl. 2 Ortsnächte min. 53h und zusätzlich<br />

1x/Monat 2 Tage min. 60H.<br />

OM-A 7.1.4.12.4. max 168h zwischen<br />

zwei weekly rests).<br />

De facto bleiben bei 5 Tagen SB<br />

0430-2230 7,5 Stunden “7M“ offen,<br />

das wären am 6. Tag noch einmal 15<br />

Stunden Standby. Ab dem dritten<br />

Tag wird’s dann aber <strong>mit</strong> Einsätzen<br />

über 3 Tage (einzel oder Kette/LR)<br />

wohl <strong>mit</strong> “7M“ schon knapp. Die max.<br />

3 Tage Standby am Stück, die herumgeistern,<br />

stehen nur im VO KV und<br />

nicht in der URL und gelten daher für<br />

uns nicht.<br />

Zu den Ruhemöglichkeiten/-phasen:<br />

Diese zählen für “R“ und “7M“ wie<br />

aktiver Standby. In jeder beliebigen<br />

24-Stundenphase, die von so einem<br />

Standby/Einsatz berührt wird, muss<br />

eine 6-stündige Ruhemöglichkeit<br />

liegen. D.h. nach spätestens 18 Stunden<br />

muss es eine 6-stündige Ruhemöglichkeit<br />

geben. Dann fällt aber<br />

nach BV B 06 3.3. und 3.4. ohnehin<br />

die bereits erwähnte Aufenthaltszeit<br />

<strong>mit</strong> halber Transitzeit an. Die Ruhemöglichkeit<br />

kann (Teil) einer Wartezeit<br />

oder Wartezeit <strong>mit</strong> Ruhemöglichkeit<br />

außerhalb der Homebase (für<br />

unsere Ops eher theoretisch), oder<br />

einer Aufenthaltszeit sein. Erfolgt


kein Anruf vor 0800LT bzw. zwischen<br />

1200-1800LT ist in beiden Fällen eine<br />

6-stündige Ruhemöglichkeit automatisch<br />

gegeben, in der Früh, da ja<br />

vorher frei ist. Diese beiden Zeitfenster<br />

nennen wir Ruhephasen. Faustregel:<br />

bis 0800LT kein Anruf – spätester<br />

Check-Out 0200LT Folgetag, von<br />

1200-1800LT nicht angerufen – spätester<br />

Check-Out 1200LT Folgetag.<br />

Da<strong>mit</strong> ist sichergestellt, dass man<br />

störungsfrei in der Früh ausschlafen<br />

bzw. ein Nach<strong>mit</strong>tagsnickerchen<br />

machen konnte. Und dafür benötigt<br />

man auch das Standby-Handy, auf<br />

dem nur die Firma anrufen kann und<br />

nicht nacheinander die Mama, die<br />

Jettitant, die Frau und die Freundin.<br />

Also – Privathandy aus und Firmenhandy<br />

an.<br />

Man kann natürlich auch aus einer<br />

Ruhephase aktiviert werden, aber<br />

diese zählt dann nicht und es greift<br />

sofort wieder die oben erwähnte 6<br />

aus 24 Regel – vom geplanten Check-<br />

Out zurückrechnen und schauen, ob<br />

in diesem Zeitfenster eine 6-stündige<br />

durchgängige Ruhemöglichkeit<br />

gegeben war.<br />

Ein Hindernis haben wir aber beim<br />

Blockstandby: Laut URL dürfen bei<br />

Blockstandby maximal 12 Stunden<br />

eingeteilt werden, und das wäre<br />

dann nach BV B 06 kein Block, sondern<br />

ein Einzelstandby. Hier wird die<br />

URL demnächst lt. Mail Rolf Brand/<br />

Astrid Stecher geändert. Man könnte<br />

dann die URL auch gleich gesetzeskonform<br />

machen.<br />

Was muss ich jetzt alles fliegen<br />

auf diesen Blockstandby? Im Prin-<br />

zip alles, so lange innerhalb von 24<br />

Stunden eine 6-stündige Ruhemöglichkeit<br />

liegt und ich <strong>zum</strong> Ende des<br />

Standby-Blocks wieder retour bin.<br />

Bekomme ich einen Einsatz, zB einen<br />

Nightstop oder ein JFK, muss<br />

von Check-Out der ersten FDP (Hinflug<br />

JFK, Nightstop, erster Tag Kette)<br />

24 Stunden retour gerechnet eine<br />

6-stündige Ruhemöglichkeit inkludiert<br />

sein, was üblicherweise <strong>mit</strong><br />

den Ruhephasen “bis 0800LT“ (JFK)<br />

bzw. “von 1200-1800LT“ (Nightstop<br />

oder z.B EVN) gegeben sein sollte.<br />

Crewcontrol muss also aktiv auf die<br />

nötigen Ruhemöglichkeiten achten,<br />

wir natürlich auch. In JFK/auf Kette<br />

bzw. nach dem Nightstop ergibt sich<br />

dann ohnehin eine Aufenthaltszeit.<br />

Die Ruhezeit resultierend aus der<br />

Arbeitszeit “R“ , aus dem Standby<br />

vor der Aktivierung <strong>zum</strong> Dienst, wird<br />

nach dem Check-out auf der Homebase<br />

komsumiert.<br />

Es kommt also auf die notwendige<br />

Aufenthaltszeit nach Ankunft auf<br />

der Homebase die zusätzliche Ruhezeit<br />

aus dem Standby drauf, d.h.<br />

bis 16h aktuell geleisteten Standby<br />

wären das gleich mal 8 Stunden Minimum<br />

Ruhezeit zusätzlich, danach<br />

wird’s mehr gemäß Tabelle Ruhe-/<br />

Aufenthaltszeit §26 URL. Das <strong>mit</strong> der<br />

zusätzlichen Ruhezeit erst auf der<br />

Homebase geht so in Ordnung, da<br />

das Gesetz keine Arbeitszeit “R“ für<br />

Bereitschaftsdienste zu Hause kennt.<br />

Ursprünglich wurde diese BV geschrieben,<br />

um Nighstops und Nachtflüge<br />

<strong>mit</strong> Standby abdecken zu können,<br />

ob das auch für mehrtägige<br />

Ketten und LR funktioniert, müsste<br />

Intern<br />

wohl ein Jurist beantworten. Ich würde<br />

im Zweifelsfall mal sagen: ja, das<br />

geht wohl. Aber ich bin eben kein<br />

Jurist.<br />

Ich hoffe, ihr seht jetzt ein bisschen<br />

klarer, <strong>mit</strong> ein paar weiterführenden<br />

Studien bekommt ihr das schon in<br />

den Griff, ist auch notwendig. Ich<br />

hab mich zwar ganz schön bemüht,<br />

kann aber nicht ausschließen, dass<br />

ich das eine oder andere übersehen<br />

oder falsch interpretiert habe. Aber<br />

Vorsicht: längeres durchgehendes<br />

Studium entsozialisiert und macht<br />

die Birne weich, glaubt mir, ich weiß<br />

wovon ich spreche!<br />

ACA - For a safe flight!<br />

Viele Kollegen werden<br />

sich wundern, weshalb es<br />

eine „Mindestdauer“ für<br />

SBY gibt. Das hängt da<strong>mit</strong><br />

zusammen, dass die<br />

Zeit zwischen zwei SBY-<br />

Diensten von der Firma<br />

„abgerufen“ werden kann.<br />

Durch die Mindestdauer<br />

sollte verhindert werden,<br />

dass die Firma eine Stunde<br />

SBY pro Tag einteilt,<br />

und trotzdem frei über die<br />

Zeit verfügen kann. So<br />

wird für einen Tag SBY,<br />

den man ja nicht anderweitig<br />

verplanen kann,<br />

wenigstens etwas mehr<br />

als die Normalarbeitszeit<br />

angerechnet.<br />

ACA Info September 2012 11


<strong>Interview</strong><br />

Wo der nächste Absturz passiert<br />

Dieses <strong>Interview</strong> <strong>mit</strong> <strong>Simon</strong> <strong>Hradecky</strong>, Herausgeber des Aviation Heralds, erschien im<br />

Rahmen der Sommergespräche auf Austrian Aviation Net. Wir fanden die Aussagen<br />

so interessant, dass wir uns um die Druckgenehmigung für die ACA Info bemühten.<br />

Der Aviation Herald berichtet täglich<br />

über Zwischenfälle und brenzlige Situationen<br />

in der Luftfahrt-Branche.<br />

Er gilt weltweit als anerkannter Branchendienst<br />

für sogenannte sicherheitsrelevante<br />

Vorfälle. Hinter dem<br />

englischsprachigen Branchendienst<br />

steht <strong>mit</strong> <strong>Simon</strong> <strong>Hradecky</strong> ein Salzburger<br />

- ein Experte in Sachen Flugsicherheit.<br />

Austrian Aviation Net hat sich anlässlich<br />

der heurigen Sommergespräche<br />

<strong>mit</strong> <strong>Simon</strong> <strong>Hradecky</strong> über Sicherheit<br />

in der Luftfahrt und Müdigkeit im<br />

Cockpit unterhalten, aber auch gefragt,<br />

ob sich der AUA-Konflikt auf<br />

die Sicherheit der Airline auswirkt.<br />

<strong>Hradecky</strong> erklärte zudem, warum der<br />

Unfallbericht <strong>zum</strong> Absturz der AF447<br />

ein „bahnbrechender Meilenstein“<br />

ist, wie gefährlich Öldämpfe sind<br />

und in welchem Land das Fliegen<br />

am sichersten ist. Und: Warum man<br />

in manchen Ländern „<strong>mit</strong> Sicherheit<br />

davon ausgehen“ kann, „dass es<br />

nicht allzu lange bis <strong>zum</strong> nächsten<br />

schweren Unfall dauert“.<br />

Austrian Aviation Net: Warum beschäftigen<br />

Sie sich nur <strong>mit</strong> Zwischenfällen?<br />

Und warum auf Englisch?<br />

<strong>Simon</strong> <strong>Hradecky</strong>: Ich bin technischer<br />

Software-Entwickler. Nach meinen<br />

Anfängen <strong>mit</strong> Netzwerktechnik,<br />

Robotik, Maschinensteuerung und<br />

flexibler Fertigung begann ich, nicht<br />

zuletzt aus persönlichem Interesse<br />

als Resultat meines Präsenzdienstes<br />

beim Bundesheer, mich intensiv <strong>mit</strong><br />

Aerodynamik und Thermodynamik,<br />

in weiterer Folge <strong>mit</strong> mathematischen<br />

Modellen zur Echtzeitberech-<br />

12 ACA Info September 2012<br />

nung von Flugzeug- und Triebwerksverhalten<br />

zu beschäftigen. Nachdem<br />

sich abzeichnete, dass die mathematischen<br />

Modelle zu plausiblen<br />

Algorithmen und Software führen<br />

würden, stellte sich die Frage, in wie<br />

weit die Berechnungen realem Flugverhalten<br />

entsprechen, insbesondere<br />

in abnormalen Fluglagen.<br />

Abnormale Fluglagen treten im Normalbetrieb<br />

erfahrungsgemäß nie auf<br />

und werden auch von Full Flight Simulatoren<br />

nur in den Grenzen der<br />

von Testpiloten erflogenen Flight<br />

Data Packages realistisch erfasst, daher<br />

erwachte das Interesse an außergewöhnlichen<br />

Flugsituationen, also<br />

Zwischenfällen und Unfällen, um<br />

die Daten dieser Vorkommnisse <strong>mit</strong><br />

den Ergebnissen meiner Rechenmodelle<br />

zu vergleichen. Mein internationaler<br />

Freundeskreis zeigte auch an<br />

diesem Teil der Entwicklungsarbeit<br />

deutliches Interesse, daher begann<br />

ich routinemäßig im kleinen Rahmen<br />

solche Berichte zu verfassen.<br />

Englisch als die einzige weltumspannende<br />

Sprache in der Luftfahrt war<br />

dabei die logische Wahl.<br />

<strong>AAN</strong>et: Wie sind Sie auf die Idee<br />

gekommen, den Aviation Herald zu<br />

gründen? Wie lange ist das her?<br />

<strong>Hradecky</strong>: 13 Jahre später reifte die<br />

Entscheidung, die bislang privaten<br />

Berichte zu professionalisieren und<br />

einem größeren Leserkreis zugänglich<br />

zu machen, die Idee des Aviation<br />

Herald wurde im April 2008 geboren,<br />

nach der programmtechnischen Umsetzung<br />

ging der Aviation Herald am<br />

12. Mai 2008 online. Ich hatte damals<br />

gehofft, etwa 1000 regelmäßige Leser<br />

pro Monat gewinnen zu können, und<br />

war völlig verblüfft, als der Aviation<br />

Herald diese Zahl bereits Tage später<br />

überstieg, im Jänner 2009 von mehr<br />

als 100.000 Lesern besucht wurde<br />

und inzwischen regelmäßig von rund<br />

1.3 Millionen Lesern pro Monat genutzt<br />

wird.<br />

<strong>AAN</strong>et: Warum Luftfahrt?<br />

<strong>Hradecky</strong>: Ich kam während meines<br />

Präsenzdienstes <strong>zum</strong> ersten Mal <strong>mit</strong><br />

der Luftfahrt in Berührung, als ich im<br />

Rahmen der Luftraumüberwachung<br />

als Funküberwacher und Fluglagezeichner<br />

eingesetzt war. Ich begann<br />

mich für die Zusammenhänge zu interessieren,<br />

wie denn ein Rädchen<br />

ins andere greift, dass es trotz schon<br />

damals regem Flugverkehrs keine<br />

nennenswerte Störungen gab, welcher<br />

Sinn hinter diversen Definitionen<br />

und Regeln steckte und begann<br />

mich letztendlich für die Physik der


Flugzeuge selbst zu interessieren.<br />

Während Studienzeit und den ersten<br />

Berufsjahren verlor ich die Luftfahrt<br />

zunächst wieder aus den Augen, einer<br />

meiner Kunden, ein begeisterter<br />

Segelflieger, ver<strong>mit</strong>telte mir die Begeisterung<br />

wieder und ver<strong>mit</strong>telte<br />

mir die Grundbegriffe von Flugzeugbeherrschung.<br />

Danach entwickelte<br />

sich die Fliegerei zu einem Hobby,<br />

das mich auf viele Full Flight Simulatoren<br />

von MD-83s - bis heute mein<br />

Lieblingsflugzeug -, Boeing 747-400,<br />

DC-10s, A300 und der Concorde rund<br />

um den Globus führte, und wurde<br />

in weiterer Folge reale Aufgabenstellung<br />

meiner Firma.<br />

<strong>AAN</strong>et: Was macht den Unterschied<br />

zwischen Aviation Herald und klassischen<br />

Medien aus?<br />

<strong>Hradecky</strong>: In der allgemeinen Presse<br />

entsteht oft der Eindruck, dass die<br />

geringste technische Störung bereits<br />

ausreicht um eine Katastrophe heraufzubeschwören.<br />

Fehlendes Wissen,<br />

wie ein Flugzeug und seine Systeme<br />

funktionieren, und fehlende<br />

Möglichkeit, selbst etwas zu tun und<br />

nur als „Beifahrer“ der Situation hilflos<br />

ausgeliefert zu sein, verstärken<br />

solche Ängste und führen verständlicherweise<br />

auch zu Panik. Die Presse<br />

verursacht so Flugangst bei vielen<br />

Menschen, die dann wiederum von<br />

ihren Ängsten anlässlich eines Zwischenfalls<br />

berichten, oft genug ohne<br />

die Hintergründe oder das wahre Gefahrenpotential<br />

der Situation zu kennen,<br />

und so diese Art der Berichterstattung<br />

verstärken, wo<strong>mit</strong> sich ein<br />

Teufelskreis aufbaut. Logischerweise<br />

verkauft sich eine Geschichte „Dem<br />

Tode um Haaresbreite entronnen“<br />

um einiges besser als<br />

„Landung aus Vorsicht“, sodass<br />

die Unterstellung, Medien wären<br />

eher am eigenen Einkommen<br />

und der eigenen Agenda als der<br />

Wahrheit und der Ver<strong>mit</strong>tlung von<br />

Fakten interessiert, nicht von der<br />

Hand zu weisen ist.<br />

Horror-Geschichten statt Faktenlage<br />

Es war auch meine Absicht, unseren<br />

Lesern die Hintergründe von<br />

solchen Zwischenfällen näherzubringen<br />

und zu zeigen, dass in der großen<br />

Mehrzahl der Vorkommnisse kein<br />

Risiko eines Absturzes besteht, enorme<br />

Sicherheitsreserven in jedem<br />

Luftfahrzeug stecken und für die allermeisten<br />

Probleme entsprechende<br />

Reserven wie Triebwerksleistung, Ersatzsysteme,<br />

Prozeduren und sonstige<br />

Leistungsreserven vorgesehen<br />

sind. Wir bekommen auch regelmäßig<br />

Rückmeldungen, in denen uns<br />

Passagiere für die Berichterstattung<br />

danken, sie hätten aufgrund unserer<br />

Berichte eine Störung ihres Fluges<br />

sehr viel besser einschätzen können,<br />

es gibt ebenso Rückmeldungen, dass<br />

Passagiere aufgrund der durch unsere<br />

Berichterstattung ver<strong>mit</strong>telten<br />

Kenntnisse ihre Flugangst besiegen<br />

konnten.<br />

Ich freue mich auch, dass manche<br />

Medien auf unsere Berichterstattung<br />

reagieren und ihre Berichterstattung<br />

verbessern - auch wenn gerade die<br />

aktuellen Horror-Geschichten über<br />

die United Boeing 757-200 über dem<br />

Atlantik <strong>mit</strong> dem „Sturz über 6000<br />

Meter“, die in allen Aspekten von der<br />

Faktenlage völlig widerlegt sind, das<br />

<strong>Interview</strong><br />

Foto: Bureau d‘Enquêtes et d‘Analyses pour la securité de l‘aviation civile<br />

Gegenteil zu beweisen scheinen und<br />

eher den oben beschriebenen Teufelskreis<br />

belegen, speziell auch vor<br />

dem Hintergrund, daß diese Horrorstories<br />

durch ein einziges englisches<br />

Yellow-Press Unternehmen ausgelöst<br />

wurden, und deren Bericht von allen<br />

anderen Medien einschließlich Bild,<br />

Focus oder Spiegel offensichtlich ungeprüft<br />

übernommen wurde.<br />

<strong>AAN</strong>et: Woher bekommen Sie all die<br />

Informationen?<br />

<strong>Hradecky</strong>: Der Aviation Herald hat<br />

sich durch seine konsequente Linie<br />

großes Vertrauen in der Industrie,<br />

bis auf die Pressebüros mancher Airlines,<br />

erworben. Wir bekommen daher<br />

viele Hinweise aus der Industrie<br />

selbst, aber auch von Passagieren,<br />

Beobachtern in der Luft oder am Boden<br />

und auch von unseren Lesern.<br />

Darüber hinaus nutzen wir natürlich<br />

auch offizielle Quellen, sowie nicht<br />

zu vergessen, unsere umfangreichen<br />

Radar- und Flugplandaten.<br />

<strong>AAN</strong>et: Welcher war der meistgelesenste<br />

Artikel und warum?<br />

<strong>Hradecky</strong>: Logischweise hat der Verlust<br />

der Air France 447 unsere Leser<br />

am meisten bewegt und zu mehr als<br />

einer Million Zugriffe auf unsere Berichte<br />

zur AF-447 geführt. Dahinter<br />

folgen der Absturz der Sukhoi 100 in<br />

Indonesien dieses Jahr, die Notlandung<br />

der Qantas A380-800 in Singa-<br />

ACA Info September 2012 13


<strong>Interview</strong><br />

Wo der nächste Absturz passiert ...<br />

pur nach dem Uncontained Engine<br />

Failure, der Absturz der polnischen<br />

Präsidentenmaschine in Smolensk<br />

und die Notwasserung der US Airways<br />

A320 im Hudson River.<br />

<strong>AAN</strong>et: Sie sind sicher <strong>mit</strong> vielen<br />

Piloten in Kontakt. Wie stehen Sie<br />

<strong>zum</strong> aktuellen Konflikt bei AUA und<br />

Tyrolean?<br />

<strong>Hradecky</strong>: Operationelle Entscheidungen<br />

werden vom Aviation Herald<br />

und auch von mir nicht kommentiert.<br />

Als Österreicher bin ich aber in<br />

Sorge, ob ich auch in Zukunft nach<br />

einer langen Auslandsreise noch jenes<br />

unglaubliche Gefühl beim Besteigen<br />

einer Austrian Airlines Maschine<br />

erleben kann, wenn mich schon auf<br />

der Treppe der Geruch von köstlichem<br />

Kaffee und die Klänge des Donauwalzers<br />

empfangen.<br />

<strong>AAN</strong>et: Viele sagen ja, dass so ein<br />

Merger ein Sicherheitsrisiko darstellt?<br />

Was ist ihre Expertenmeinung?<br />

<strong>Hradecky</strong>: Das sind operationelle<br />

Entscheidungen, dazu möchte ich<br />

mich nicht äußern.<br />

<strong>AAN</strong>et: Zwischenfälle sind oft sehr<br />

heikel. Airlines fürchten ein schlechtes<br />

Image und falsche Berichte können<br />

schnell eine Protestwelle auslösen.<br />

Wie entscheiden Sie, ob etwas<br />

online geht oder nicht? Muss der<br />

Vorfall offiziell bestätigt sein? Und<br />

wie reagieren Pressestellen auf die<br />

Berichte?<br />

<strong>Hradecky</strong>: Mir ist das Risiko falscher<br />

Berichte und der Folgen für<br />

die Betroffenen, aber auch den Aviation<br />

Herald, mehr als bewusst. Deshalb<br />

vertraue ich - außer bei offiziellen<br />

Quellen - und selbst diese<br />

werden Cross Checks unterzogen,<br />

14 ACA Info September 2012<br />

wenn möglich -, nie auf eine einzelne<br />

Quelle. In vielen Berichten, die<br />

wir veröffentlichen, gibt es keine<br />

offizielle Bestätigung des Vorfalls.<br />

Wir haben aber immer ausreichend<br />

Beweismaterial in der Hinterhand,<br />

um im Falle einer Klage die Richtigkeit<br />

unserer Berichte nachweisen zu<br />

können. Die Beweissicherung, integraler<br />

Bestandteil unserer Recherchen,<br />

ist der weitaus aufwendigste<br />

Teil unserer Arbeit.<br />

„Schärfe, die nahe an eine Klagsdrohung<br />

herankommt“<br />

Dieser Aufwand rechnet sich, auch<br />

wenn ich trotz all dieser Maßnahmen<br />

nicht immun gegen Fehler bin. Wie<br />

in der Luftfahrt selbst spielt auch in<br />

meiner Arbeit letztlich der menschliche<br />

Faktor namens „<strong>Simon</strong> <strong>Hradecky</strong>“<br />

eine entscheidende Rolle. Zudem<br />

kann auch der Aviation Herald nur so<br />

gut wie die Quellen sein, denen ich<br />

vertraue, und nur so gut, wie die Informationen,<br />

die uns - meinen Quellen<br />

und mir - zugänglich werden. Ich<br />

kann <strong>mit</strong> Stolz sagen, dass der AVH<br />

bislang niemals <strong>mit</strong> Klagsdrohungen<br />

oder gar Klagen konfrontiert war.<br />

Wir bekommen häufig Hinweise zu<br />

durchaus stimmigen Geschichten,<br />

die sich dann aber nicht verifizieren<br />

lassen. Manche völlig unglaubwürdige<br />

„Räuberpistole“ hat sich dagegen<br />

bei Nachprüfung als korrekt herausgestellt<br />

und in einen Bericht gemündet.<br />

Manche Airlines versuchen auch<br />

Einfluss auf unsere Berichterstattung<br />

zu nehmen oder gar Berichte zu verhindern,<br />

<strong>mit</strong>unter in einer Schärfe,<br />

die nahe an eine Klagsdrohung herankommt.<br />

Müsste ich in solchen<br />

Fällen der versuchten Einflussnahme<br />

nachgeben, etwa weil ich die Recherchequalität<br />

bezweifeln oder die<br />

Beweislage im Falle einer Klage als zu<br />

dünn betrachten müsste, wäre meine<br />

Glaubwürdigkeit in meinen eigenen<br />

Augen dahin, genauso wie sie dahin<br />

wäre, wenn ich berechtigten Einwänden<br />

nicht den zustehenden Raum<br />

geben würde.<br />

<strong>AAN</strong>et: Wie viel Prozent aller Zwischenfälle,<br />

die täglich passieren,<br />

landen auf Aviation Herald? Oder<br />

anders gefragt, wie viel passiert noch<br />

da draußen in der Luft ohne dass darüber<br />

geschrieben wird?<br />

<strong>Hradecky</strong>: Da die genaue Zahl der<br />

Zwischenfälle weltweit nicht bekannt<br />

ist, ist das schwer zu schätzen.<br />

Zum Vergleich könnte man etwa<br />

Kanada <strong>mit</strong> seinem hervorragenden<br />

Berichtssystem heranziehen: Dort<br />

werden jeden Tag alleine in Kanada<br />

in etwa 50 Zwischenfälle berichtet.<br />

Davon kann ich, um Kanada selbst<br />

nicht als unsicherstes Land in der<br />

Sicht jener Leser, die diese Hintergründe<br />

(noch) nicht einschätzen<br />

können, darzustellen, im Schnitt nur<br />

den gravierendsten Vorfall berichten<br />

- eine höhere Berichtsfrequenz löst<br />

erfahrungsgemäß sofort die Frage<br />

aus, warum Kanada so unsicher sei.<br />

Der Aviation Herald berichtet also<br />

maximal die „Spitze des Eisbergs“.<br />

<strong>AAN</strong>et: Ist Müdigkeit im Cockpit aus<br />

Ihrer neutralen Sicht heraus tatsächlich<br />

ein solches Sicherheitsproblem?<br />

<strong>Hradecky</strong>: Ein müder Mensch reagiert<br />

langsamer und neigt zu einer<br />

größeren Fehlerrate als ausgeschlafen.<br />

Daher ist Müdigkeit <strong>mit</strong> Sicherheit<br />

ein sicherheitsrelevanter Aspekt.<br />

Müdigkeit ist aber nur ein Teil<br />

der menschlichen Faktoren.<br />

Ich bin der Meinung, dass der „Human<br />

Factor“ - obwohl den menschlichen<br />

Faktoren in jedem Unfallbericht<br />

große Aufmerksamkeit geschenkt<br />

wird - viel zu wenig Eingang in die


technischen, operationellen und gesetzgeberischen<br />

Vorschriften findet.<br />

Der Mensch verfügt über eine enorme<br />

Intelligenz, per Definition und<br />

in der Praxis bedeutet das, dass der<br />

Mensch in unerwarteten Situation<br />

oftmals, womöglich völlig paradoxe,<br />

Lösungen findet und umsetzen<br />

kann. Der Mensch hat aber Grenzen,<br />

von der Natur in Millionen von Jahren<br />

Entwicklungsgeschichte gegeben<br />

und trotz schönster Theorien nicht<br />

zu beseitigen: <strong>zum</strong> Beispiel die Fehlerhäufigkeit<br />

bei Routinevorgängen,<br />

die auch Checklisten nicht vollständig<br />

beseitigen können. Die Maschine<br />

hingegen kommt <strong>mit</strong> Routineaufgaben<br />

bestens zurecht, kann aber über<br />

das, was ein Ingenieur beim Design<br />

ihr beigebracht hat, nicht hinausgehen<br />

und versagt daher in unerwarteten<br />

Situationen. Nicht nur in der<br />

Luftfahrt können sich daher Mensch<br />

und Maschine ideal ergänzen, wenn<br />

beide richtig eingesetzt werden und<br />

der Informationsfluss zwischen<br />

Mensch und Maschine optimal sichergestellt<br />

ist.<br />

Dazu aber bedarf es eines Zusammenspiels<br />

von Mensch und Maschine,<br />

bei dem sich die Maschine nach<br />

dem Menschen und seinen naturgegebenen<br />

Möglichkeiten und Grenzen<br />

richten muss, und nicht umgekehrt,<br />

wie man es leider oft sieht in der Praxis.<br />

Dies bedeutet, dass präzise und<br />

vollständige Zustandsmeldungen<br />

dem Menschen so zur Kenntnis gebracht<br />

werden, dass dieser sie auch<br />

unter Stress und in Zeitdruck auffassen,<br />

verstehen, verifizieren, akzeptieren<br />

und danach handeln kann.<br />

Fragen wie „What is she doing now?“,<br />

eine oft gehörte Frage im Cockpit,<br />

sind höchste Alarmzeichen, dass die<br />

Interaktion von Mensch und Maschine<br />

nicht funktioniert. Wenn schon<br />

im Normalbetrieb solche Fragen im<br />

Cockpit entstehen und die Maschine<br />

dem Menschen nicht ausreichend erklärt,<br />

was sie gerade tut, wie soll das<br />

dann erst in einer Stress-Situation im<br />

Rahmen einer technischen Störung<br />

funktionieren? Gerade in diesem<br />

Bereich aber gibt es kaum Forschung<br />

oder regulative Ansätze.<br />

„AF447-Bericht ist ein bahnbrechender<br />

Meilenstein“<br />

Die Ergonomie, die Erforschung der<br />

Interaktion von Mensch und Maschine,<br />

ist ein riesiges Kapitel in der<br />

Softwareindustrie, die Softwareergonomie<br />

wurde zur eigenen Wissenschaft.<br />

In Rahmen dieser Wissenschaft<br />

wurde auch nachgewiesen,<br />

dass die Art und Weise, wie Information<br />

dem Menschen über<strong>mit</strong>telt<br />

wird, wesentlich zur Belastung und<br />

da<strong>mit</strong> zur Ermüdung des Menschen<br />

beitragen kann oder auch die Belastung<br />

des Menschen weitgehend reduzieren<br />

kann. Ebenso erfolgte der<br />

Nachweis, dass die Art und Weise der<br />

Informationsüber<strong>mit</strong>tlung an den<br />

Menschen die Fehlerhäufigkeit deutlich<br />

steigern oder verringern kann.<br />

Ich vermisse eine ähnliche Bedeutung<br />

der Ergonomie in der Luftfahrt.<br />

In diesem Sinne hat mich der Bericht<br />

der BEA zur AF-447 sehr positiv<br />

überrascht, ich hatte eine derart<br />

detaillierte Auseinandersetzung <strong>mit</strong><br />

dem Geschehen im Cockpit aus dem<br />

Gesichtspunkt der Interaktion von<br />

Mensch und Maschine, der Wesentlichkeit<br />

von Information, die nicht<br />

oder schon angezeigt wurde, sowie<br />

der Glaubwürdigkeit von Anzeigen<br />

und Alarmen aus der menschlichen<br />

Sicht, also eine derart detaillierte<br />

Auseinandersetzung <strong>mit</strong> der Ergonomie<br />

im Cockpit nicht erwartet.<br />

Für mich ist dieser Bericht daher ein<br />

bahnbrechender Meilenstein, der<br />

Hoffnung auf Besserung im Bereich<br />

<strong>Interview</strong><br />

der Ergonomie in der Luftfahrt eröffnet.<br />

Aus dieser Sicht bin ich über jeden<br />

Bericht, der einen Pilotenfehler als<br />

Ursache benennt, entsetzt. Das greift<br />

viel zu kurz, kann die Ursache nicht<br />

beseitigen und eine Wiederholung<br />

solcher Unfälle nicht verhindern, wie<br />

der erste Unfallbericht der englischen<br />

Flugunfalluntersuchungsbehörden<br />

vor hundert Jahren sowie aktuelle Berichte<br />

eindrucksvoll nachweisen. Die<br />

entscheidende Frage ist: „Warum hat<br />

der Mensch diese Aktion gesetzt, die<br />

wir als Fehler einstufen?“ In der Antwort<br />

auf diese Frage findet sich die<br />

wahre Ursache.<br />

Erst wenn man aufhört, den Menschen<br />

zu idealisieren und Forderungen<br />

an die Menschen zu stellen, die<br />

ein Mensch auf Dauer und speziell<br />

unter Druck nicht erfüllen kann, erst<br />

wenn man aufhört, den Menschen im<br />

Cockpit, der sich <strong>zum</strong>eist gegen solche<br />

Vorwürfe auch nicht mehr wehren<br />

kann und daher das einfachste Ziel<br />

von Vorwürfen ist, <strong>zum</strong> Sündenbock<br />

zu machen und die Ursachen seiner<br />

„Fehlentscheidungen“ konsequent<br />

untersucht und darstellt, wird man<br />

die Unfälle aufgrund „menschlicher<br />

Faktoren“ reduzieren können.<br />

<strong>AAN</strong>et: Aus Ihrer jahrelangen Erfahrung<br />

heraus: Was sind die größten Risikofaktoren?<br />

<strong>Hradecky</strong>: Betriebsblindheit, Routine,<br />

Verlassen auf Technik und Missachtung<br />

der menschlichen Faktoren<br />

im Flugzeug-, Cockpit-, Trainings-,<br />

Wartungs-, Prozeduren- und Gesetzesdesign<br />

sowie im Alltag im Cockpit.<br />

Die Idee, dass der Mensch im Cockpit<br />

nur Fehler mache und daher von<br />

der Technik zu überwachen und wo<br />

notwendig zu korrigieren sei um<br />

ACA Info September 2012 15


<strong>Interview</strong><br />

Wo der nächste Absturz passiert ...<br />

menschliche Fehler auszuschließen,<br />

ist aus meiner Sicht gleich dreimal<br />

falsch:<br />

Erstens ist auch die Technik von<br />

Menschen geplant und produziert,<br />

der menschliche Faktor steckt also<br />

nicht nur im Bediener der Technik,<br />

sondern auch in der Technik selbst.<br />

Mit diesem Ansatz greift also nur<br />

ein Mensch, in der Regel ein Techniker<br />

der selbst nie geflogen ist und<br />

vom Geschehen im Cockpit und oft<br />

genug auch von Flugdynamik keine<br />

Ahnung hat, in die Steuereingaben<br />

des ausgebildeten und trainierten<br />

Spezialisten im Cockpit ein, obwohl<br />

er den aktuellen Flugzustand nicht<br />

kennt und der entstandene Flugzustand<br />

möglicherweise auch niemals<br />

in seinen Analysen auftauchte.<br />

Zweitens raubt dieser Ansatz dem<br />

Menschen im Cockpit jede Nützlichkeit,<br />

wenn dadurch unvorhergesehene<br />

Lösungen, die es dennoch erlauben<br />

die Kontrolle über das Flugzeug<br />

zu behalten oder wiederzuerlangen,<br />

verhindert werden. Dieser Ansatz<br />

verhindert also geradezu das CRM,<br />

Cockpit Resource Management, also<br />

die Nutzung aller im Cockpit verfügbaren<br />

Hilfs<strong>mit</strong>tel. In meinen Augen<br />

betrifft CRM nicht nur die Piloten<br />

im Cockpit, sondern muss auch die<br />

Flugzeugsysteme <strong>mit</strong>einschließen.<br />

Es nützt nichts, wenn die Maschine<br />

die Kontrolle gemäß dem Motto<br />

„Ich bin klüger als der Kapitän“ an<br />

sich reißt und sich aufführt wie der<br />

sprichwörtliche Patriarch, der sich<br />

vom Kopiloten nichts sagen lässt<br />

- eine der früher häufigsten Unfallursachen,<br />

die in langer Entwicklung<br />

zur Einführung des CRM führte.<br />

Drittens führt diese Überwachung<br />

und Eingriff in die Autorität des Piloten<br />

zur Technikgläubigkeit und <strong>zum</strong><br />

Verlassen auf die Technik, bezieht<br />

16 ACA Info September 2012<br />

aber nicht die Möglichkeit <strong>mit</strong> ein,<br />

dass ausgerechnet diese Überwachungs-<br />

und Eingriffstechnik selbst<br />

fehlerhaft sein könnte oder ausfällt<br />

und dann den Menschen in eine<br />

Situation stürzt, für die er nicht die<br />

geringste Erfahrung hat und womöglich<br />

auch keine ausreichende Zeit,<br />

um sich in dieser neuen Situation<br />

zurecht zu finden.<br />

Da<strong>mit</strong> schließe ich keineswegs aus,<br />

dass solche Eingriffe in die Kontrolle<br />

des Piloten Unfälle verhindern oder<br />

<strong>zum</strong>indest mildern können, solange<br />

die Technik funktioniert und das<br />

Flugzeug sich in einem normalen,<br />

von der Entwickler-Analyse erfassten<br />

Flugzustand befindet.<br />

„Mensch und Maschine“<br />

Ich halte den Ansatz, wonach die<br />

Maschine nach bestem Wissen und<br />

technischen Möglichkeiten unterstützen<br />

soll, dem Menschen aber<br />

die absolute Autorität und letzte<br />

Entscheidung an Bord einräumt, für<br />

wesentlich besser. Dieser Ansatz<br />

stellt sicher, dass die Intelligenz des<br />

Menschen bestmöglich genutzt wird<br />

und gleichzeitig durch das weitere<br />

Wahrnehmen von Routineaufgaben<br />

durch die Maschine so entlastet<br />

wird, dass der Mensch Zeit <strong>zum</strong><br />

Nachdenken hat und gar nicht in extreme<br />

Stresssituationen gerät, kurz,<br />

dieser Ansatz gewährleistet also die<br />

ideale Zusammmenarbeit des Teams<br />

aus Mensch und Maschine auch in<br />

der Krise.<br />

Da<strong>mit</strong> schließe ich keineswegs aus,<br />

dass im Rahmen dieses Ansatzes<br />

die Technik in die Kontrolleingaben<br />

des Menschen eingreift <strong>mit</strong> entsprechender<br />

Information über die Tatsache<br />

des Eingriffs und das Warum<br />

dieses Eingriffs und der Möglichkeit<br />

diesen Eingriff abzulehnen. Auch ein<br />

solcher Eingriff kann Unterstützung<br />

bedeuten.<br />

Beide Ansätze können nur funktionieren,<br />

wenn die Ausbildung, das<br />

ständige Training und der Alltag gewährleisten,<br />

dass die Menschen ihr<br />

Flugzeug und sein Verhalten in händischer<br />

Steuerung in allen normalen<br />

Flugzuständen kennen und aufgrund<br />

der Reaktionen des Flugzeugs auch<br />

Flugzustände am Rande des normalen<br />

Bereichs einordnen und beherrschen<br />

können.<br />

Mir sind Source Codes von Software<br />

bekannt, die auf realen Flugzeugen<br />

im Einsatz ist. Ich war erschüttert<br />

von diesen Source Codes, die im Wesentlichen<br />

aus nichts anderem als<br />

riesigen, tief verschachtelten Entscheidungsbäumen<br />

„Wenn dieser<br />

Eingang so steht, und dieser Eingang<br />

so, und dieser Eingang so, dann setze<br />

Ausgang sowieso“, tausende und<br />

abertausende von Zeilen von ineinander<br />

verschachtelten „If“s, bestehen.<br />

Es ist leicht vorherzusehen,<br />

dass in solchen riesigen Entscheidungsbäumen<br />

genau jene Bedingung<br />

übersehen wird und nicht abgeprüft<br />

wird, die einer Crew später <strong>zum</strong> Verhängnis<br />

wird. In meiner Berufserfahrung<br />

als Software Entwickler stellen<br />

solche Entscheidungsbäume das Eingeständnis<br />

dar, dass die Entwickler<br />

(Analytiker, Mathematiker, Programmierer,<br />

Tester) von der Materie keine<br />

Ahnung haben und rein nach der<br />

Schilderung der Symptome durch<br />

den Auftraggeber programmieren.<br />

In meiner Berufserfahrung zeigt<br />

sich auch, dass es bei komplexen<br />

Aufgabenstellungen <strong>mit</strong>unter auch<br />

ein Jahr oder mehr dauert, sich in<br />

solche Materien einzuarbeiten und<br />

die Pflichtenhefte des Auftraggebers<br />

in eine universellere Mathematik<br />

und Algorithmik zu überführen, die


ohne solche Entscheidungsbäume<br />

auskommt und <strong>mit</strong> nur wenigen,<br />

überschaubaren Entscheidungsästen<br />

die gestellten Aufgaben sicherer und<br />

vollständiger erfüllen können. Meine<br />

<strong>mit</strong>tlerweile 35-jährige Berufserfahrung<br />

sagt mir darüber hinaus,<br />

dass trotz dieses enormen Lern- und<br />

Analyseaufwandes solche Entwicklungen<br />

insgesamt wesentlich schneller<br />

abgeschlossen werden können,<br />

weil sich der Testaufwand (erfahrungsgemäß<br />

rund 80 Prozent der gesamten<br />

Entwicklungszeit) erheblich<br />

reduziert, gleichzeitig wird auch spätere<br />

Wartung und Erweiterung der so<br />

entstandenen Software wesentlich<br />

einfacher und schneller.<br />

Ich möchte diese theoretische Ausführung<br />

vielleicht noch am Beispiel<br />

der Fallexperiemente des Philosophen,<br />

Mathematikers, Physikers<br />

und Astronomen Galileo Galilei am<br />

schiefen Turm von Pisa in den Jahren<br />

1589-1592 verdeutlichen. Bevor Galilei<br />

seine Experimente durchführte<br />

und analysierte, hätte die Fragestellung<br />

„Wie lange dauert es bis <strong>zum</strong><br />

Einschlag einer Kugel am Boden, die<br />

aus 5, 10 oder 15 Metern fallengelassen<br />

wird“ aufgrund empirischer Beobachtung<br />

nur wie folgt beantwortet<br />

werden können:<br />

• Wenn Fallhöhe gleich 5 Meter,<br />

dann gemessene Zeitdauer<br />

gleich 1.0 Sekunden<br />

• Wenn Fallhöhe gleich 10 Meter,<br />

dann gemessene Zeitdauer<br />

gleich 1.4 Sekunden<br />

• Wenn Fallhöhe gleich 15 Meter,<br />

dann gemessene Zeitdauer<br />

gleich 1.7 Sekunden<br />

Was aber, wenn wir jetzt die Zeit für<br />

den Fall der Kugel aus 20 Metern<br />

bräuchten? Unser Programm ist völ-<br />

lig nutzlos, wir könnten ebenso gut<br />

fragen: „Kommt die Kugel jetzt als<br />

Sushi am Boden an“, hätten aber wenigstens<br />

einen Lacherfolg. Galilei gab<br />

sich <strong>mit</strong> den empirischen Ergebnissen<br />

nicht zufrieden, analysierte die<br />

Ergebnisse auch <strong>mit</strong> Hilfe der schiefen<br />

Ebene und entwickelte ein mathematisches<br />

Modell, das die empirischen<br />

Ergebnisse durch Rechnung<br />

reproduzierte, darüber hinaus aber<br />

auch andere Fallhöhen vorhersagte.<br />

Dieses mathematische Modell wurde<br />

anschließend einer empirischen<br />

wissenschaftlichen Überprüfung<br />

unterzogen, als richtig erkannt und<br />

als die „Fallgesetze“ in das Wissen<br />

der Menschheit übernommen. Unser<br />

„Programm“, ohne Einrechnung von<br />

Luftwiderstand, ist jetzt nur noch ein<br />

Einzeiler. Aus dem Dreizeiler <strong>mit</strong> unvollständiger<br />

Lösung wird so ein Einzeiler<br />

<strong>mit</strong> vollständiger Lösung.<br />

Kurze Zusammenfassung meiner<br />

Sicht: Ergonomie beschränkt sich<br />

also nicht nur auf die Zusammenarbeit<br />

von Mensch und Maschine in<br />

der Anwendung von Technik, sondern<br />

ist auch in der Entwicklung von<br />

Technik unverzichtbar, weil auch<br />

hier Interaktion von Mensch und<br />

Maschine stattfindet. Das Fehlen<br />

von Ergonomie stellt daher nicht nur<br />

in der Anwendung, sondern auch bereits<br />

in der Entwicklung ein erhebliches<br />

Risiko für die sichere Führung<br />

eines Flugzeugs dar.<br />

<strong>AAN</strong>et: Öldämpfe an Bord gelten<br />

innerhalb der Branche als große,<br />

unsichtbare Gefahr. Stimmt das? Bemerken<br />

Sie dazu viele Vorfälle?<br />

<strong>Hradecky</strong>: TCP ist als Nervengift<br />

wohl bekannt, das schwere und dauernde<br />

gesundheitliche Beeinträchtigungen<br />

hervorrufen kann. In der<br />

Zwischenzeit wird nach jahrelangem<br />

Kampf vor Gerichten auch immer<br />

<strong>Interview</strong><br />

öfter ein Zusammenhang zwischen<br />

Öldämpfen, TCP und Erkrankungen<br />

von Piloten, Flugbegleitern und Passagieren<br />

anerkannt. Die Öldämpfe,<br />

die TCP enthalten, stellen also in<br />

meinen Augen ein erhebliches Risiko<br />

dar.<br />

„Dreamliner ist der erste Schritt<br />

gegen gefährliche Öldämpfe“<br />

Die Boeing 787 ist so<strong>mit</strong> der erste<br />

Schritt in die richtige Richtung, die<br />

Kabinenluft wird nicht mehr aus der<br />

Zapfluft aus den Triebwerken, die<br />

notwendigerweise Öl brauchen und<br />

selbst <strong>mit</strong> bester Technik nie 100 Prozent<br />

dicht sein können, sondern aus<br />

unabhängiger Ansaugung aufbereitet,<br />

das Risiko von Kontaminierung<br />

<strong>mit</strong> Öldämpfen erscheint dadurch<br />

massiv reduziert. Gleichzeitig, und<br />

das ist eigentlich der Treppenwitz<br />

an dem Ganzen, erhöht diese Separierung<br />

den Wirkungsgrad der Triebwerke,<br />

reduziert da<strong>mit</strong> den Treibstoffverbrauch,<br />

erhöht die Sicherheit<br />

in der Kabine und führt da<strong>mit</strong> den<br />

ursprünglichen Ansatz aus der Einführung<br />

der Jet-Triebwerke ad absurdum,<br />

wonach die Zapfluft ein<br />

einfacher und effizienter Weg der<br />

Kabinenluftaufbereitung - man spart<br />

ja immerhin einen eigenen Kompressor<br />

- wäre.<br />

<strong>AAN</strong>et: Wenn man täglich über Unfälle<br />

schreibt, hat man dann selber<br />

Angst vorm Fliegen?<br />

<strong>Hradecky</strong>: Nein. Ich fliege gerne und<br />

ohne mulmiges Gefühl, gerade weil<br />

ich weiß und aufgrund der vielen Berichte<br />

abschätzen kann, dass in der<br />

großen Mehrzahl der Probleme das<br />

Flugzeug weiter sicher unterwegs ist.<br />

In der allgemeinen Presse hingegen<br />

entsteht oft der falsche Eindruck, eine<br />

Kleinigkeit reiche bereits, um das Flugzeug<br />

in eine Katastrophe zu zwingen.<br />

ACA Info September 2012 17


<strong>Interview</strong><br />

Wo der nächste Absturz passiert, Teil 2<br />

<strong>Interview</strong> <strong>mit</strong> Fortsetzung. Wir wollten mehr wissen. Hier unsere Fragen<br />

an <strong>Simon</strong> <strong>Hradecky</strong>.<br />

ACA: Wie im obenstehenden <strong>Interview</strong><br />

deutlich wird, sind Sie, Hr. <strong>Simon</strong><br />

<strong>Hradecky</strong> das ‘Energiezentrum’<br />

von AvHerald. Können Sie uns ein<br />

paar biografische Angaben machen,<br />

die über die knappen Informationen<br />

des <strong>Interview</strong>s hinausgehen? Sind<br />

Sie selbst auch als Pilot tätig?<br />

<strong>Hradecky</strong>: Ich habe in meinen jungen<br />

Jahren, speziell nach den ersten<br />

eigenen Erfolgserlebnissen ein Flugzeug<br />

auf die Landebahn sicher zurückbringen<br />

zu können, oft <strong>mit</strong> dem<br />

Gedanken gespielt, eine Pilotenlizenz<br />

zu erwerben, mich aber letztlich<br />

anders entschieden. Wenn ich schon<br />

eine Pilotenlizenz erwerben sollte, so<br />

sollte es <strong>zum</strong>indest IFR, Multi Engine<br />

<strong>mit</strong> dem Blickpunkt Jets sein, denen<br />

meine Passion gilt. Bei der Überprüfung<br />

meiner eigenen Motivation war<br />

jedoch rasch klar, dass mein Bestre-<br />

Fortsetzung von S 17<br />

<strong>AAN</strong>et: Was sind die häufigsten Zwischenfälle?<br />

<strong>Hradecky</strong>: Da wir nur die Spitze des<br />

Eisbergs sehen, wäre jede statistische<br />

Auswertung unserer Berichte<br />

irreführend. Wir haben deshalb von<br />

Anfang an konsequent auf jede statistische<br />

Auswertung unserer Daten<br />

verzichtet und viele Anfragen dazu<br />

abgelehnt.<br />

<strong>AAN</strong>et: Letzte Frage: Über welche<br />

Airline haben Sie noch nie schreiben<br />

müssen? Oder anders gefragt: Welche<br />

Airline ist am allersichersten?<br />

<strong>Hradecky</strong>: Die Frage stellt sich nicht,<br />

18 ACA Info September 2012<br />

ben kaum dem Transport von A nach<br />

B gilt, oder auch nur dem Erlebnis<br />

Fliegen, sondern mein Forscherdrang<br />

mein Augenmerk auf die Auslotung<br />

der Grenzen eines Flugzeugs<br />

richtete. Dieses Ziel zu verwirklichen<br />

war daher in einem realen Flugzeug<br />

nicht möglich, ohne mich selbst und<br />

speziell andere Unbeteiligte zu gefährden.<br />

Deshalb verzichtete ich auf<br />

den Erwerb einer Pilotenlizenz, begann<br />

aber umso intensiver an meinen<br />

mathematischen Modellen zu<br />

arbeiten.<br />

ACA: Im Impressum wird als Firmensitz<br />

die Stadt Salzburg genannt, ist<br />

das der einzige Standort? Wie viele<br />

Mitarbeiter beschäftigen Sie?<br />

<strong>Hradecky</strong>: Ich bin seit meinem 23.<br />

Lebensjahr, seit nunmehr 27 Jahren<br />

selbstständig, <strong>mit</strong> vielen Hochs<br />

<strong>zum</strong>indest nicht in dieser Form. Jene<br />

Airline ist am sichersten, die Sicherheit<br />

und Wirtschaftlichkeit, beides<br />

ist notwendig und bedingt sich gegenseitig,<br />

ins Zentrum ihres Handelns<br />

stellt und <strong>mit</strong> Sicherheitsfragen<br />

offen und ehrlich umgeht.<br />

„Kanada gehört zu den sichersten<br />

Ländern der Welt“<br />

Die Frage stellt sich für mich eigentlich<br />

im umgekehrten Sinn: Jene<br />

Airlines, über die ich am öftesten<br />

schreibe, sind wohl die sichersten.<br />

Es ist ein offenes Geheimnis, dass<br />

Kanada über das umfassendste und<br />

beste Berichtssystem verfügt und die<br />

und Tiefs, aber <strong>mit</strong> der Möglichkeit<br />

meinen Traum zu leben. Träume<br />

bedeuten aber <strong>mit</strong>unter auch ein<br />

hohes Risiko, ein Risiko das ich keinem<br />

Mitarbeiter <strong>zum</strong>uten kann und<br />

will. Die Frage, wie viele Mitarbeiter<br />

ich beschäftige, kann ich trotzdem<br />

nicht eindeutig beantworten. Rein<br />

nach dem Buchstaben des Gesetzes<br />

beschäftige ich keine Mitarbeiter,<br />

weder frei noch angestellt, dennoch<br />

beauftrage ich externe Firmen und<br />

da<strong>mit</strong> deren Mitarbeiter <strong>mit</strong> der Erbringung<br />

von Leistungen. Auf der<br />

anderen Seite aber wäre der Aviation<br />

Herald ohne Hilfe von <strong>mit</strong>tlerweise<br />

tausenden Quellen gar nicht<br />

möglich. Manche mögen mein „Wir“,<br />

wenn ich vom Aviation Herald spreche,<br />

als Pluralis Majestatis auffassen,<br />

für mich ist der Aviation Herald aber<br />

immer die Leistung vieler Menschen,<br />

deren Hinweise und Erzählungen,<br />

staatliche Autorität Sicherheitsfragen<br />

extrem ernst nimmt. Trotz der<br />

enorm schwierigen geographischen<br />

und meteorologischen Verhältnisse<br />

in Kanada gehört Kanada so zu den<br />

sichersten Ländern dieser Erde.<br />

Dort, wo ich noch nie oder so gut wie<br />

nie Zwischenfälle berichtet habe,<br />

kann man <strong>mit</strong> Sicherheit davon ausgehen,<br />

dass es nicht allzu lange bis<br />

<strong>zum</strong> nächsten schweren Unfall dauert.<br />

Wir danken Austrian Aviation Net<br />

für die Zustimmung zur Veröffentlichung<br />

dieses <strong>Interview</strong>s.


deren offizielle Stellungnahmen und<br />

Bestätigungen oder auch Dementis<br />

ich letztlich in einen Text auf der<br />

Website gieße, sowie vieler Menschen,<br />

die den Aviation Herald in der<br />

technischen Ausstattung und täglichen<br />

Administration unterstützen.<br />

Ich sehe das „Wir“ daher mehr als gerechtfertigt.<br />

Ich bin sehr dankbar für<br />

diese Hilfen.<br />

ACA: Piloten schätzen Ihren Informationsdienst,<br />

der praktischerweise<br />

kostenlos ist. Die Seite ist auch<br />

werbefrei, obwohl Inserenten eingeladen<br />

werden. Können wir darauf<br />

vertrauen, dass AvHerald für Piloten<br />

auch in Zukunft so unkompliziert<br />

aufrufbar bleibt?<br />

<strong>Hradecky</strong>: Es ist natürlich mein Bestreben,<br />

den Aviation Herald in der<br />

gewohnten Art und Weise, unter<br />

Wahrung der Privatsphäre unserer<br />

Leser und ohne datenschutzrechtliche<br />

Bedenken, weiterzuführen, ich<br />

muss aber langfristig auch die Wirtschaftlichkeit<br />

im Auge behalten. Ich<br />

kann daher nicht ausschließen, dass<br />

der Dienst in Zukunft ähnlich einer<br />

Zeitschrift kostenpflichtig wird. Diese<br />

Überlegungen gibt es laufend, in<br />

denen der Geschäftsmann <strong>Simon</strong><br />

<strong>Hradecky</strong> <strong>mit</strong> dem Redakteur <strong>Simon</strong><br />

<strong>Hradecky</strong> intensive Streitgespräche<br />

führt und die externe Buchhaltung<br />

beiden die Leviten liest.<br />

ACA: Sie rufen aus Fairness zu Spenden<br />

auf, können Sie uns grob skizzieren<br />

wie sich AvHerald wirtschaftlich<br />

erhält?<br />

<strong>Hradecky</strong>: Natürlich wünsche ich<br />

mir, dass die wirtschaftliche Basis des<br />

Aviation Herald sich verbreitert und<br />

es so erlaubt, auch die redaktionelle<br />

Basis des Aviation Herald zu verbreitern<br />

und gleichzeitig meine eigene<br />

Arbeitslast, die zeitweilig bereits<br />

meine Grenzen erreicht oder sogar<br />

überschreitet, zu verringern. Ein beständiger<br />

Strom von Spenden, ähnlich<br />

wie es auch Wikipedia gelingt,<br />

wäre mir dabei die liebste Variante:<br />

<strong>zum</strong> einen wird da<strong>mit</strong> möglich, unsere<br />

derzeitige Erscheinungsform<br />

beizubehalten, was mir persönlich<br />

und sicher auch den Lesern die liebste<br />

Form ist, <strong>zum</strong> anderen könnte ich<br />

die wirtschaftliche und personelle<br />

Zukunft des Aviation Herald langfristig<br />

absichern auch im Falle, dass ich<br />

einmal krank bin oder durch sonstige<br />

Umstände ausfalle. Ein regelmäßiger<br />

Euro pro Monat pro Leser könnte so<br />

einen gewaltigen Schub auslösen.<br />

ACA: Hr. <strong>Hradecky</strong> ACA-Info dankt<br />

Ihnen für die Beantwortung der<br />

Fragen und Sie werden es uns nicht<br />

übelnehmen, dass wir Piloten uns<br />

ganz besonders wünschen nicht <strong>mit</strong><br />

einem Ereignis auf AvHerald aufzutauchen<br />

<strong>Hradecky</strong>: Erlauben Sie mir bitte<br />

noch eine Bemerkung zu Ihrem<br />

Schlusssatz! Es gibt für mich nichts<br />

Schöneres als eine herausragende Pilotenleistung,<br />

etwa die Landung der<br />

A320 im Hudson River, die Rettung<br />

der Turkish Airlines A313 nahe Lagos<br />

dank einer Crew der Kenya Airways,<br />

die Landung der QF-32 in Singapur<br />

nach dem uncontained engine failure<br />

trotz schwerster Schäden des<br />

A388, der Irrflug der Andes MD82 in<br />

Argentinien nach völligem Ausfall<br />

der Navigations- und Kommunikationssysteme<br />

<strong>mit</strong> der erfolgreichen<br />

Landung in Brasilien, die Ozjet B732<br />

über der Tasmansee <strong>mit</strong> Kontrollproblemen<br />

als Resultat gebrochener<br />

Slats und viele mehr, entsprechend<br />

zu würdigen und hoffe, das jene Piloten<br />

mir dann nicht böse sind, wenn<br />

ihre Glanzleistung auf dem Aviation<br />

Herald verewigt wird. Auch jeder andere<br />

Vorfall macht deutlich, welche<br />

<strong>Interview</strong><br />

Leistungen die Piloten tagtäglich<br />

vollbringen, wenn völlig unvorbereitet<br />

und unver<strong>mit</strong>telt aus einem Routineflug<br />

eine Herausforderung wird.<br />

Mancher Leser mag die ständige<br />

Wiederholung der Phrase „safe landing“<br />

nervig und unnötig finden, für<br />

mich sind diese beiden Worte aber<br />

unendlich wichtig als Zusammenfassung,<br />

dass das Team aus Mensch und<br />

Maschine eine außergewöhnliche<br />

Situation erfolgreich gemeistert hat.<br />

Danke, ”happy landings”!<br />

Peter Beer für ACA<br />

DIE FAKTEN<br />

15.1.2009 Nach schwerem Vogelschlag ist die Leistung<br />

beider Triebwerke eines US Airways A320 extrem<br />

reduziert. Ein ‚ditching’ im Hudson River gelingt<br />

ohne Personenschaden.<br />

14.8.2008 Ein A310 der Turkish Airlines verliert sämtliche<br />

Navigationsmöglichkeit am Flug Istanbul – Lagos.<br />

Aus einer Position nördlich von Lagos und <strong>mit</strong><br />

Sprechfunkunterstützung anderer Crews finden die<br />

A310 Piloten an der Küste den Flughafen von Lome/<br />

Togo. Sämtliche Manöver erfolgen nur nach Sicht. Die<br />

Landung ist normal.<br />

4.11.2010 Bei einem A380 der Quantas kommt es zu<br />

einem ‚uncontained engine failure’ wobei Teile des defekten<br />

Triebwerks weitere Systeme beschädigen. Ein<br />

‚fuel leak’ und reduzierte Bremsmöglichkeit bereiten<br />

der Crew zusätzliche Probleme. Unter Ausnutzung<br />

der gesamten Runway-Länge gelingt eine Landung in<br />

Changi/Singapore.<br />

12.1.2009 Eine Andes Air MD82 am Flug von Buenos<br />

Aires/Argentinien nach Salta/Argentinien verliert in<br />

Wolken alle Navigations und Kommunikationsmöglichkeiten.<br />

Mit Hilfe der Sonne finden die Piloten zur<br />

Runway von Ponta Pora/Brasilien. Es erfolgt eine normale<br />

Landung.<br />

29.12.2007 Eine B 737 fliegt von Brisbane/Australien<br />

nach Norfolk Island/Neuseeland (nördlich der Hauptinseln).<br />

Aus Wettergründen muss ein ‚go around’<br />

gemacht werden, beim Einfahren der ‚flaps’ bricht die<br />

Führung der ‚slats’ auf der rechten Tragfläche. Ein<br />

Flugbegleiter macht <strong>mit</strong> dem Handy ein Foto und zeigt<br />

den Piloten die Beschädigung. Mit schweren ‚control’<br />

Problemen wird ein mögliches ‚ditching’ vorbereitet,<br />

es gelingt <strong>mit</strong> den Treibstoffreserven dann aber doch<br />

eine normale Landung in Noumea/Neu Kaledonien-<br />

Frankreich.<br />

ACA Info September 2012 19


13AGEBL02<br />

Recently, a serious incident occured due to a delay in<br />

reporting a fire in an aircraft’s engine on a movement<br />

area. This incident resulted in the publication of a safety<br />

report, and an investigation into the emergency procedures<br />

at similar aerodomes, conducted by the Air Accidents<br />

Investigation Branch (AAIB). Based on the results<br />

of this investigation, the AAIB has determined that there<br />

is greater potential for delays in activating emergency responses,<br />

and therefore the CAA concluded that a Safety<br />

Notice should be issued.<br />

Civil Aviation Authority Safety Notice SN-2012/006 CAP<br />

168 Chapter 9, Section 6 specifies the lines of communication,<br />

liaison with responders, and instructions to consider<br />

when establishing Emergency Orders. A detailed<br />

guide to creating the Aerodome Emergency Plan exists in<br />

Section 5 of the same document. Additionally, paragraph<br />

23.5 of Chapter 8 defines requirements for monitoring<br />

the movement area with the aim of alerting and deploying<br />

Rescue and Fire Fighting Services as quickly as possible<br />

when needed.<br />

For pilots, emergency hand signals were first outlined in<br />

the 2009 edition of the ICAO annex. In the past, these<br />

hand signals, paired with discrete emergency frequency<br />

communication, were recommended by the responding<br />

fire crew after fatal aircraft accidents. The fire officers<br />

stated that fatalities could have been avoided through<br />

effective communication. Shortly after, an FAA advisory<br />

circular was issued on this subject (15-5210 7d).<br />

In case of emergency in an aerodome, set procedures<br />

must be put in place to ensure the appropriate response<br />

to an emergency event within a short period of time.<br />

In this case, knowledge and familiarity with emergency<br />

20 ACA Info September 2012<br />

I . F . A . L . P . A<br />

The Global Voice of Pilots<br />

Aerodome Emergency Hand Signals<br />

hand signals are of utmost importance to pilots, crew,<br />

and ground crew to ensure that all parties involved are<br />

able to communicate and respond effectively in case of<br />

an emergency event.<br />

The following images depict emergency hand signals that<br />

all pilots, crew, and ground crew should know, along with<br />

detailed instructions on how to communicate each message.<br />

Emergency Contained<br />

(No evidence of dangerous condition)<br />

Arms extended outward and down at a 45 degree angle.<br />

Arms moved inward below waistline simultaneously until<br />

wrists are crossed, then extended outward to starting<br />

position. At night, same movement with wands.<br />

©2012 The International Federation of Air Line Pilots’ Associations<br />

IFALPA provides this data for information only, in all cases pilots should follow their company’s guidance and procedures.<br />

In the interests of flight safety, reproduction of this publication in whole or in part is encouraged. It may not be offered of sale or used commercially.<br />

All reprints must credit IFALPA.


AERODROME & GROUND ENVIRONMENT<br />

Briefing Leaflet<br />

Aerodome Emergency Hand Signals<br />

Recommend Stop<br />

(Halt evacuation or measure in progress)<br />

Arms in front of head, crossed at wrists. At night, same<br />

movement with wands.<br />

Recommend Evacuation<br />

Arms extended from body, and held horizontal with<br />

hand upraised at eye level. Execute beckoning arm motion<br />

angled backward. Non beckoning arm held against<br />

body. At night, same movement with wands.<br />

16 August 2012<br />

Fire<br />

According the UK Civil Aviation Authority Visual Aids<br />

Handbook, the fire signal is communicated as follows:<br />

Move right-hand in a “fanning” motion from shoulder to<br />

knee, while at the same time pointing with left hand to<br />

the area of the fire.<br />

Fire in Engine or APU<br />

According to the US Airforce manual on aircraft operation<br />

and movement on the ground, the fire in engine or<br />

APU signal is communicated as follows: Make rapid horizontal<br />

figure-eight motion at waist level with either arm,<br />

while pointing at the source of fire with the other hand.<br />

At night, same movement with wands.<br />

ACA Info September 2012 21


Technik<br />

Düsentrieb<br />

Erst 62.000 Kilometer am Tacho; das ist doch für einen modernen Motor<br />

wirklich nicht viel ...<br />

... da hat der Zylinderkopf meines<br />

Fahrzeugs bayrischer Herkunft seinen<br />

Zusammenhalt verloren und<br />

so<strong>mit</strong> der Antrieb meines Autos auf<br />

der Westautobahn den Dienst quittiert.<br />

Gut, das ist schon einige Jahre<br />

her und ich bin mir keiner Schuld, im<br />

Sinne unsachgemäßer Behandlung<br />

des Aggregats, bewusst. Obwohl, …<br />

es war nicht mein erstes Mal. Meines<br />

Vaters Vehikel aus Rüsselsheim; der<br />

Motorschaden – eine Verkettung ungünstiger<br />

Umstände; und noch früher<br />

am Zweiradsektor: Anscheinend<br />

hat das Volumen des eingebauten<br />

Motors weder <strong>mit</strong> den Kühlmöglichkeiten<br />

noch <strong>mit</strong> den Angaben in den<br />

22 ACA Info September 2012<br />

Dokumenten zusammengepasst. Ich<br />

kann also auf eine gewisse Erfahrung<br />

im Bereich Loss of Engine Power verweisen.<br />

Statistisch gesehen ist für die meisten<br />

Piloten sehr unwahrscheinlich,<br />

dass sie in ihrer Karriere jemals einen<br />

Engine Failure außerhalb des Simulators<br />

zu behandeln haben. Die Darstellung<br />

von Engine Fails am Simulator<br />

ist nicht perfekt (Beschleunigung,<br />

lauter Knall aufgrund Stalls, Vibrationen).<br />

Fehlinterpretationen führ(t)en<br />

zu Fehlentscheidungen, unnötigen<br />

Shutdowns, Vorfällen und Unfällen.<br />

Ich möchte darauf hinweisen, dass<br />

dieser Artikel keinesfalls Anweisungen<br />

und Informationen der jeweiligen<br />

OM-A, B und Cs ersetzt, nicht alle<br />

Aspekte behandelt und aufgrund<br />

der Quellen sich primär auf Airbus<br />

bezieht.<br />

Seit Einführung von Strahltriebwerken<br />

in der Zivilluftfahrt (Comet, Caravelle)<br />

hat sich der Schub der stärksten<br />

Motoren mehr als ver10facht.<br />

In der gleichen Zeit reduzierte sich<br />

die Rate der Inflight-Shutdowns pro<br />

100.000 Stunden von 40 auf weniger<br />

als 1. In den 60ern versagte ein Jet-<br />

Motor zirka einmal pro Jahr. Obwohl,<br />

Bild 1


oder gerade weil, es heutzutage sehr<br />

unwahrscheinlich ist, Opfer eines<br />

Motorausfalls zu werden, sind einige<br />

Vor- und Unfälle auf fehlerhaftes<br />

Crewverhalten zurückzuführen.<br />

Eine diesbezügliche Studie brachte<br />

folgendes zu Papier:<br />

• ein Großteil der Engine Malfunctions<br />

wird korrekt identifiziert<br />

und bearbeitet, allerdings sind<br />

einige Malfunctions schwerer zu<br />

identifizieren<br />

• die meisten Besatzungen haben<br />

wenig oder gar keine echte (out<br />

of Sim) Erfahrung <strong>mit</strong> Engine<br />

Malfunctions<br />

• Simulatoren stellen nicht alle<br />

Phänomene befriedigend dar<br />

• die diesbezüglichen Trainings<br />

sind verbesserungswürdig<br />

Folgende Fehlleistungen wurden diagnostiziert:<br />

• Loss of Control (Flugweg/Profil<br />

nicht an den Engine Failure angepasst)<br />

• Rejected Takeoff nach V 1<br />

• Abstellen des falschen Triebwerks<br />

• Unnötiges Abstellen eines Triebwerks<br />

• Falsches Procedere<br />

Primary Engine Parameter<br />

EPR / N1: sind beide aussagekräftig<br />

für den Schub. Am A380 wird der<br />

Parameter „Thrust“ verwendet; 0 %<br />

heißt windmilling, 100 % sind TOGA<br />

(bleeds off); Umkehrschub wird klassisch<br />

dargestellt.<br />

N2: schnell wechselnde N2 kann ein<br />

Anzeichen für einen Engine Stall sein<br />

EGT: hohe EGT kennzeichnet zB: Engine<br />

Stall, einen alternden Motor,<br />

Tailpipe Fire, Engine Failure<br />

Failure Identification<br />

Die meisten Malfunctions können<br />

aufgrund moderner Sensoren und<br />

Anzeigen leicht identifiziert werden;<br />

manche allerdings benötigen informierte<br />

Besatzungen, um richtig erkannt<br />

und behandelt zu werden.<br />

Engine Fire<br />

Ein angezeigtes Engine Fire wird<br />

auch als „external fire“ bezeichnet,<br />

da die diesbezüglichen Detektoren<br />

nicht im Core sondern in der Nacelle<br />

angelegt sind; also dort, wo normalerweise<br />

keine heißen Gase vorkommen.<br />

Die Fire Detection Loops<br />

reagieren entweder auf hohe Tem-<br />

peratur oder auf Beschädigung. Die<br />

Warnung wird beispielsweise durch<br />

Lecks, Leitungsbruch, Schaden an<br />

der Gearbox oder Bruch der Brennkammer<br />

verursacht. Dadurch können<br />

Flüssigkeiten (Kerosin, Selbstentzündungstemperatur:<br />

230°C; Öl: 260°C;<br />

Hydraulikflüssigkeit: 450°C) <strong>mit</strong> heissen<br />

Motorteilen in Kontakt kommen<br />

und sich dadurch entzünden.<br />

Die Strategie:<br />

• First Fly the Aircraft, dann<br />

• Abschalten: Thrust Lever, Engine<br />

Master<br />

• Isolieren: Fire Handle/Pushbutton<br />

isoliert Treibstoffzufuhr, Hydraulik,<br />

Pneumatik und Elektrik<br />

• Löschen<br />

Technik<br />

Aufgrund der Funktionsweise der<br />

Fire Detection Loops kann es zu „falschen“<br />

Warnungen kommen; <strong>zum</strong><br />

Beispiel wenn heiße Luft aufgrund<br />

eines gebrochenen Bleed-Ducts auf<br />

die Loops bläst, oder wenn durch<br />

mechanische Einwirkung beide<br />

Loops innerhalb kurzer Zeit beschädigt<br />

werden - ohne wirklichem Feuer,<br />

so<strong>mit</strong> - auf die Warnung bezogen<br />

- nicht löschbar.<br />

ACA Info September 2012 23


Technik<br />

Düsentrieb<br />

Fortsetzung von S 23<br />

Bild 2<br />

Dennoch gilt: As long as ENG FIRE is<br />

detected, apply the ENG FIRE procedure.<br />

Engine Tailpipe Fire<br />

Ein Tailpipe Fire findet dort statt, wo<br />

auch im Normalfall heiße Gase unterwegs<br />

sind, daher wird es auch als<br />

“internal fire” bezeichnet. Es kommt<br />

am Boden bei Engine Start oder<br />

Shutdown vor und wird durch überschüssiges<br />

Kerosin verursacht. Obwohl<br />

es manchmal sehr spektakulär<br />

aussehen kann, wird am Motor selbst<br />

kein/wenig Schaden angerichtet.<br />

Die betroffenen Teile sind für sehr<br />

hohe Temperaturen ausgelegt (bis<br />

1200°C). Das Flugzeug selbst kann<br />

allerdings, <strong>zum</strong> Beispiel an den Flaps,<br />

beschädigt werden.<br />

Im Cockpit gibt es für ein Tailpipe<br />

Fire keine dezidierte Anzeige, außer<br />

womöglich steigender EGT. Es zahlt<br />

sich daher aus, beim Shutdown die<br />

EGT noch eine Weile zu beobachten.<br />

Zumeist werden Piloten durch ATC,<br />

Cabin oder Ground Crew informiert<br />

– diese melden naheliegenderweise<br />

ein Engine Fire, dies führte mehrmals<br />

zur Anwendung der falschen Checkliste.<br />

Den Fire Handle/Pushbutton<br />

zu betätigen deaktiviert den FADEC<br />

24 ACA Info September 2012<br />

und verhindert die wirksamste Methode<br />

ein Tailpipe Fire zu beenden;<br />

dry cranking. Die Fire Agents wirken<br />

nicht im Core Engine oder am Exhaust<br />

sondern in der Nacelle; so<strong>mit</strong><br />

sind sie nicht geeignet das Feuer zu<br />

löschen.<br />

Bild 3<br />

Wer in so einer Situation Bleed Air<br />

(APU) zur Verfügung hat, ist im Vorteil.<br />

Das Tailpipe Fire Verfahren sollte<br />

zur Beendigung des Feuers ausreichend<br />

sein und es ist selten nötig,<br />

dass die - natürlich dennoch aktivier-<br />

te - Feuerwehr <strong>mit</strong> Lösch<strong>mit</strong>teln einschreitet.<br />

Die Folgekosten sind nach<br />

einem Löschmanöver der Feuerwehr<br />

auch deutlich höher.<br />

Engine Stall<br />

Die Luft wird in einem Jetmotor aerodynamisch<br />

komprimiert. Falls sich<br />

die Luftströmung an einem Kompresserblatt<br />

ablöst, ist der Durchfluss


unterbrochen und der Kompressor<br />

kann die einströmende Luft nicht<br />

mehr nach hinten verdichten. Durch<br />

den hohen Druck der bereits höher<br />

verdichteten Luft hinter dem Bereich<br />

<strong>mit</strong> dem Stall kann es zu einer<br />

Umkehrung der Luftströmung nach<br />

vorne kommen. Dadurch erfolgt ein<br />

plötzlicher und deutlicher Leistungsverlust.<br />

Gründe dafür können Triebwerksabnutzung,<br />

Schäden an Schaufeln,<br />

Birdstrike, Ice Ingestion, Bleed System<br />

Malfunction oder Engine Control<br />

Malfunction (Fuel Schedule, Surge<br />

Protection) sein.<br />

“Ein Gewehr, das direkt nebenan<br />

abgefeuert wird.“ So wurde bei Stall<br />

at High Power Setting der Knall beschrieben,<br />

der kommt manchmal<br />

auch mehrmals. Dies in Kombination<br />

<strong>mit</strong> starkem Yaw hat zu Startabbrüchen<br />

nach V 1 geführt. Piloten hatten<br />

den Eindruck, das Flugzeug ist<br />

so stark beschädigt (zB. durch eine<br />

Bombe), dass es nicht flugfähig ist.<br />

Bei niedrigerer Leistung ist der Knall<br />

nicht so ausgeprägt, es kommt zu<br />

Vibrationen und EGT-Anstieg bzw.<br />

Overli<strong>mit</strong>, da der Luftdurchsatz nicht<br />

mehr ausreichend ist, um die Turbine<br />

und den Exhaust zu kühlen. Aktuelle<br />

Motoren haben ein Stall Detection<br />

System.<br />

Manchmal ist dieses Ereignis nur sehr<br />

kurz und bevor die Piloten erkennen<br />

welcher Motor überhaupt betroffen<br />

ist, schon wieder vorbei.<br />

Engine Flameout<br />

Gründe: Treibstoffversorgung, Vulkanasche,<br />

Engine Stall, Heavy Rain/<br />

Hail/Icing, Control System Malfunction<br />

Das Risiko eines Flameout ist höher,<br />

wenn man <strong>mit</strong> hoher Geschwindigkeit<br />

und geringer Leistung durch<br />

heavy rain/hail unterwegs ist.<br />

Die meisten FADEC-gesteuerten<br />

Motoren verwenden im Falle eines<br />

Flameout automatisch Ignition und<br />

ermöglichen so einen baldigen automatischen<br />

Relight.<br />

Bild 4<br />

Engine Vibrations<br />

Gründe: Unwucht, Deformation von<br />

Triebwerksschaufeln durch Birdstrike<br />

oder FOD, Verlust von Kompressorschaufeln,<br />

Icing Conditions<br />

Engine Parameter Overli<strong>mit</strong>s<br />

EGT: Aufgrund der thermischen Träg-<br />

Technik<br />

heit des Triebwerks erreicht die EGT<br />

ihr Maximum am Ende des Takeoff<br />

Rolls oder kurz nach dem Abheben.<br />

Die Differenz zwischen der hier erreichten<br />

Temperatur und der Maximaltemperatur<br />

(roten Linie) heisst<br />

EGT Margin. Wenn sich ein Motor<br />

abnutzt wird dieser Margin kleiner;<br />

durch den alterungsbedingten Effizienzverlust<br />

verbraucht er mehr<br />

Treibstoff und hat dementsprechend<br />

ein höheres EGT. Daher wird der EGT<br />

Margin überwacht und dient als Parameter<br />

zur Beurteilung der motorischen<br />

Gesundheit.<br />

Die atmosphärischen Bedingun-<br />

gen haben ebenfalls Auswirkungen<br />

auf die EGT. Auch bei korrekt<br />

funktionierendem Motor kann die<br />

rote Linie überschritten werden.<br />

Bei höherer Geschwindigkeit sollte<br />

das Überschreiten des Li<strong>mit</strong>s, ohne<br />

sonstigen Defekt, nicht zu einem<br />

Startabbruch führen. Jedoch ist ein<br />

plötzlicher starker EGT-Anstieg beim<br />

Setzen von Takeoff Thrust wahr-<br />

ACA Info September 2012 25


Technik<br />

Düsentrieb<br />

Fortsetzung von S 25<br />

scheinlich ein Symptom für einen Engine<br />

Fail (siehe Bild 4).<br />

N1, N2, N3 Exceedance: Dies deutet<br />

auf eine Fehlfunktion des Triebwerks<br />

hin. Das dementsprechende Verfahren<br />

verlangt Thrustreduction, bis<br />

die Werte wieder im grünen Bereich<br />

sind; falls dies nicht erfolgreich ist:<br />

Motor abstellen.<br />

Oil Low Pressure / Oil Low Level<br />

Oil Low Level alleine stellt noch keine<br />

Fehlfunktion des Motors dar und<br />

sollte nicht zu Inflight Shutdowns<br />

führen. Im Gegensatz dazu ist mangelhafter<br />

Öldruck ein Anzeichen für<br />

einen bevorstehenden Failure; dementsprechendes<br />

Verfahren anwenden.<br />

26 ACA Info September 2012<br />

Reverser Unlocked<br />

Reverser wurden bei den meisten<br />

Flugzeugen dahingehend konstruiert,<br />

dass sie nur am Boden aktiviert<br />

werden können; und das ist auch<br />

gut so. Die schmerzliche Erfahrung<br />

hat uns gelehrt, dass voll aktivierter<br />

Umkehrschub während des Fluges<br />

katastrophale Auswirkungen haben<br />

kann. Je nach Type gibt es mehrere<br />

Sicherheitsbarrieren, die unbeabsichtigte<br />

Aktivierung im Fluge verhindern<br />

sollen: Primary und Secondary<br />

Locks in stowed position sowie<br />

Isolation of Thrust Reverser Deployment<br />

System. Ist ein Reverser nicht<br />

fully stowed kommt eine Warnung<br />

im Cockpit z.B.: REV UNLOCKED.<br />

• Thrust reduzieren (retard<br />

Lever, auch wenn dies<br />

bereits automatisch geschehen<br />

ist); und gegebenenfalls<br />

die Fluggeschwindigkeit<br />

reduzieren, um<br />

den Effekt gering zu halten,<br />

falls sich der Reverser<br />

aktiviert.<br />

• Falls Vibrationen (buffet)<br />

spürbar sind, ist der Reverser<br />

<strong>zum</strong>indest teilweise<br />

offen. In Anwendung des<br />

Procederes wird der Motor<br />

abgestellt.<br />

Recommendations and Guidelines<br />

für Engine Malfunctions<br />

Die Kurzversion:<br />

• Stabilize the aircraft trajectory<br />

• Positively identify the affected<br />

engine, and the malfunction<br />

• Apply the published procedure<br />

Fly the Aircraft, not the Engine<br />

Auch im Falle eines Triebwerkproblems<br />

ist es die erste Priorität das<br />

Flugzeug zu stabilisieren und auf<br />

dem vorgesehenen Flugweg zu<br />

halten. Auch bei Engine Fire; sich<br />

die Zeit zu nehmen den Flugweg<br />

zu stabilisieren bevor die Checkliste<br />

bearbeitet wird, fügt vielleicht<br />

dem Motor zusätzlichen Schaden<br />

zu, beeinträchtigt aber nicht die Sicherheit.<br />

Im Zuge der Triebwerkszertifizierung<br />

müssen die Motoren ihre Widerstandsfähigkeit<br />

in extremen Situationen<br />

beweisen, eben um den<br />

Piloten genug Reaktionszeit zu geben.<br />

In Bezug auf Vögel müssen die<br />

Motoren nachweisen, dass sie nach<br />

Einschlag eines 3,65 kg schweren<br />

Vogels weder Feuer fangen noch<br />

gefährliche (rotierende) Fragmente<br />

aus dem Gehäuse hinausdringen.<br />

Bei gleichzeitigem Einschlag von<br />

4 Vögeln <strong>mit</strong> je einem Kilogramm<br />

darf der Leistungsverlust maximal<br />

25 % betragen. Chesley B. Sullenberger<br />

hätte wahrscheinlich gerne<br />

strengere Kriterien gehabt; mehr<br />

dazu demnächst (einen meiner


nächsten Artikel möchte ich dem<br />

Hitchcock-Thema widmen). Bei den<br />

Tests müssen die Motoren 5 Minuten<br />

<strong>mit</strong> maximalen Drehzahlen (N1,<br />

N2) und 42°C über max EGT laufen<br />

– und danach einsatzfähig sein.<br />

No RTO above V 1<br />

Startabbrüche nach V 1 führten zu<br />

Runway Excursions und schweren<br />

Unfällen. Ursache Nummer Eins<br />

dafür ist ein Engine Stall. Besatzungen<br />

wurden durch den lauten Knall<br />

und den Yaw erschreckt, glaubten<br />

das Flugzeug ist nicht Fit to Fly und<br />

brachen ab; manchmal <strong>mit</strong> schwerwiegenden<br />

Konsequenzen. In allen<br />

berichteten Fällen wäre die Maschine<br />

flugfähig gewesen.<br />

Engine Fires haben ebenfalls zu<br />

Startabbrüchen nach V 1 geführt.<br />

Vom Standpunkt der Performance<br />

ist der Weiterflug nach Engine<br />

Failure einberechnet; vom Standpunkt<br />

der Technik ist ein Motor<br />

zertifiziert mehrere Minuten Feuer<br />

auszuhalten ohne die Flugsicherheit<br />

– zusätzlich – zu gefährden.<br />

If not sure which Engine is<br />

malfunctioning, keep it running<br />

Es kann sein, dass nicht einfach und<br />

eindeutig festzustellen ist, welcher<br />

Motor Probleme bereitet. Um das<br />

felhlerhafte Triebwerk zu identifizieren<br />

wird empfohlen bei vorsichtigen<br />

Thrust-Changes an allen Motoren<br />

die Parameter (Instrumente)<br />

zu analysieren.<br />

If possible, keep the Engine<br />

running<br />

Untersuchungen haben ergeben,<br />

dass oftmals Motoren vorbeugend<br />

abgeschaltet wurden. Beispielsweise<br />

aufgrund erhöhter EGT, Advisory<br />

Level (Oil Low Level) und Vibrationen.<br />

Falls der Shutdown nicht<br />

durch ein Procedere erforderlich<br />

ist, ist es normalerweise empfehlenswert<br />

ihn laufen zu lassen. Auch<br />

im Leerlauf bietet ein Triebwerk Redundanz<br />

(Electric, Bleed, Hydraulic)<br />

sowie geringeren Widerstand als<br />

Windmilling.<br />

If possible, restart the Engine<br />

Nach Engine Fail oder Flameout<br />

ohne Damage kann/soll versucht<br />

werden ihn wieder zu starten. Indikatoren<br />

für einen derartigen Schaden:<br />

• plötzliches Ansteigen der EGT<br />

über die rote Linie<br />

• unpassende bzw. keine Rotorgeschwindigkeit<br />

(N1, N2, N3)<br />

• abnormaler Öldruck oder Öltemperatur<br />

• schleifender Lärm<br />

Technik<br />

• Brand- oder Rauchgeruch in<br />

der Kabine<br />

• sichtbare Beschädigung<br />

Ich möchte nochmals darauf hinweisen,<br />

dass meine Ausführungen<br />

hier keinesfalls die anzuwendenden<br />

Verfahren ersetzen und wünsche<br />

Euch jederzeit ausreichend Engine<br />

Power.<br />

Ich bedanke mich bei: Airbus, Rolls<br />

Royce, Smartcockpit, Wikipedia<br />

Wilhelm Brugger<br />

ACA Info September 2012 27


Lizenz<br />

Die Europäische Pilotenlizenz<br />

Part-FCL ab 8. April 2012 – aber …<br />

Seit 08.04.2012 sind auf das zivile Luftfahrtpersonal sowie Zivilluftfahrerschulen<br />

neue europäische Rechtsvorschriften anzuwenden.<br />

Zeitpunkt des Inkrafttretens in Österreich<br />

Auf Grundlage der Basic Regulation 216/2008 vom 20.2.2008 wurde am 3.11.2011 die Aircrew Regulation EC 1178/2011<br />

unterzeichnet, veröffentlicht am 25.11.2011, am 15.12.2011 in Kraft getreten, und wäre grundsätzlich ab dem 8. April 2012<br />

anzuwenden, … ABER ... gemäß Artikel 12 besteht die Möglichkeit des Aussetzen der Anwendung von Vorschriften - Opt<br />

Out – und die Umsetzung nach einem Implementation Plan.<br />

Seit 08.04.2012 sind auf das zivile<br />

Luftfahrtpersonal sowie Zivilluftfahrerschulen<br />

neue europäische Rechtsvorschriften<br />

anzuwenden.<br />

Um in den 27 EU-Mitgliedsstaaten<br />

und den 4 assoziierten Staaten Island,<br />

Lichtenstein, Norwegen und<br />

Schweiz die entsprechenden Anpas-<br />

sungen zu ermöglichen,<br />

nehmen fast<br />

alle EU-Mitgliedsstaaten<br />

die „Opt-Out“-<br />

Klausel in Anspruch<br />

um für bisherige<br />

JAR FCL Lizenzen bis<br />

längstens 08.04.2013<br />

die Anwendung der<br />

Vorschriften auszusetzen.<br />

Österreich<br />

nimmt diese Option<br />

ebenfalls in<br />

Anspruch, sodass<br />

sich <strong>zum</strong> „Stichtag“<br />

08.04.2012 z.B. für<br />

Inhaberinnen und In-<br />

Neue Lizenzen<br />

haber von JAR-FCL Zertifikaten und<br />

Lizenzen (Pilotenscheine, Tauglichkeitszeugnisse,<br />

AME, AeMC, Flugschulen,<br />

etc.) vorerst nichts geändert<br />

hat.<br />

Leider nehmen die einzelnen Mitgliedsstaaten<br />

die Opt Out Möglichkeit<br />

<strong>mit</strong> unterschiedlichen Fristen<br />

wahr. Dies trägt weniger zu einer<br />

Harmonisierung als vielmehr zur Verkomplizierung<br />

der Verfahren bei.<br />

28 ACA Info September 2012<br />

LAPL – Leasure Pilot Licence<br />

• SEP – single Engine Piston<br />

bis 2 t<br />

• Auf EU-Staaten beschränkt<br />

weil nicht ICAO konform<br />

• Mitnahme bis zu 3 Personen<br />

• Mitnahme von Gästen <strong>mit</strong><br />

mehr als 10 Std.<br />

• Lizenz als PIC auf SEP oder<br />

TMG<br />

SPL - Sailplane Pilot Licence<br />

BPL - Balloon Pilot Licence<br />

PPL(A) Aircraft und,(H) Helicopter<br />

wie bisher, neu: (AS) airship<br />

Sobald das Opt Out im für die Lizenz<br />

zuständigen Mitgliedsstaat endet<br />

und die entsprechenden Vorschriften<br />

umgesetzt werden, gilt jede JAR-<br />

FCL Lizenz automatisch als Part-FCL<br />

Lizenz, und wird dann in allen EU-<br />

Mitgliedstaaten anerkannt.<br />

Die derzeit in Österreich geltenden<br />

Bestimmungen des<br />

LFG, der ZLPV 2006<br />

und der JAR-FCL werden<br />

da<strong>mit</strong> stufenweise<br />

durch diese neuen<br />

von der Europäischen<br />

Agentur für Flugsicherheit<br />

(EASA) erarbeiteten<br />

Regelungen<br />

ersetzt. Da<strong>mit</strong> kommt<br />

geltendes EU-Recht<br />

auch in Österreich zur<br />

Anwendung.<br />

Großbritannien ist<br />

der erste EU-Mitgliedsstaat<br />

der bereits<br />

seit 1.Juli 2012 an Stelle von<br />

JAR-FCL jetzt Part-FCL<br />

Lizenzen ausstellt.<br />

Für den Segelfliegerschein,<br />

den Ballonfahrerschein,<br />

Segelflugzeug-<br />

und Bannerschlepp<br />

(bisher nach JAR-FCL)<br />

wird ein sogenannter<br />

Conversion Report erstellt.<br />

Neue Berechtigungen<br />

Mountain rating (instructor)<br />

Segelflugzeug- und Bannerschlepp<br />

Testflug<br />

Nachtsichtflug<br />

Complex HPA – Complex<br />

High Performance Aircraft<br />

Was ändert sich für uns?<br />

Die Part-FCL basiert im Wesentlichen<br />

auf JAR-FCL, neu ist die freie Wahl der<br />

„Competent Authority“. Der Lizenzinhaber<br />

kann die „Competent Authority“<br />

frei wählen und so<strong>mit</strong> die Lizenz<br />

an eine zuständige National Authority<br />

in einem Mitgliedsstaat übertragen.<br />

Die für die Lizenz verantwortliche<br />

„Competent authority“ ist nicht mehr<br />

abhängig vom Lebens<strong>mit</strong>telpunkt<br />

und Wohnsitz.<br />

Generell haben Lizenzen ähnlich<br />

dem amerikanischen System keine<br />

Gültigkeitsdauer mehr, lediglich die<br />

Ausübung der Berechtigung ist gebunden<br />

an die Verlängerungsbedingungen.<br />

Hier gibt es auch Änderungen im Bereich<br />

der Lehrberechtigung.<br />

Achtung: Auch in der Türkei wird das<br />

europäische JAR FCL<br />

Lizenzsystem verwendet,<br />

und seit einigen<br />

Jahren werden in der<br />

Türkei JAR-FCL Lizenzen<br />

ausgestellt. Diese<br />

werden jedoch in den<br />

EU-Mitgliedsstaaten ab<br />

8. April 2013 nicht anerkannt<br />

werden. Das bedeutet<br />

für die betroffe-


nen türkisch-lizenzierten Piloten eine<br />

Einschränkung auf türkisch-registrierte<br />

Luftfahrzeuge. Daher sollten<br />

EU-Piloten, die für einen türkischen<br />

Operator fliegen, in jedem Fall ihre Lizenz<br />

weiterhin bei einer „Competent<br />

Authority“ innerhalb der EU belassen,<br />

welche dann einseitig auch von der<br />

türkischen Behörde anerkannt wird.<br />

Für Kollegen, die beabsichtigen, ins<br />

Ausland zu gehen um dort <strong>mit</strong> einer<br />

ICAO Lizenz z.B. bei Emirates zu fliegen<br />

ein wichtiger Hinweis:<br />

Verlängert auch die Part-FCL Lizenz<br />

weiterhin, denn nach 7 Jahren läuft<br />

die IFR Berechtigung ab. Ein Wiedererwerb<br />

wäre dann <strong>mit</strong> einer kompletten<br />

Theorie- und Praxis Prüfung verbunden.<br />

Einige englische Kollegen<br />

von Cathay Pacific, die vor mehr als 7<br />

Jahren eine JAR –Lizenz hatten, diese<br />

aber in diesen Jahren nicht in einem<br />

JAR Land verlängerten, mussten vor<br />

kurzem die komplette IFR Theorie-<br />

und Praxisprüfung absolvieren, um<br />

eine Part FCL Lizenz zu erhalten!<br />

Bei Fragen zur Lizenz geben wir gerne<br />

Auskunft. Ein email an ACA Office<br />

office@aca.or.at <strong>mit</strong> einer aktuellen<br />

Lizenzkopie genügt. Auf unserer<br />

Website www.aca.or.at unter Ausbildung<br />

findet ihr ebenfalls Informationen<br />

bezüglich derzeit gültiger<br />

Lizenz-Vorschriften. Diese Seite wird<br />

laufend erweitert und aktualisiert,<br />

um hier wirklich eine Serviceleistung<br />

für unsere Mitglieder bieten zu können.<br />

Eine gute Nachricht von Austro Control:<br />

Die Gebühren zur Verlängerung<br />

der Lizenz werden <strong>mit</strong> Inkrafttreten<br />

der neuen Zivilluftfahrt<br />

Personal Verordnung<br />

günstiger.<br />

Außerdem ist es in Anpassung<br />

auf EU-Recht ab dann<br />

nicht mehr notwendig innerhalb<br />

eines Monats nach dem<br />

LPC die Lizenz bei Austro<br />

Control gegen Entrichtung<br />

einer Gebühr verlängern zu<br />

lassen. Die handschriftliche<br />

Verlängerung des Examiners<br />

auf der Rückseite der Lizenz gilt dann<br />

bis <strong>zum</strong> nächsten LPC. Es bleibt lediglich<br />

die Verpflichtung, das Checkflug-<br />

Formular an Austro Control zu über<strong>mit</strong>teln.<br />

Hier ein kurzer Überblick über die einzelnen<br />

Anhänge zur Basic Regulation.<br />

• Annex 1: Part-FCL – Flight Crew Licensing<br />

http://eur-lex.europa.eu/JOHtml.do?uri=<br />

OJ:L:2011:311:SOM:EN:HTML<br />

• Annex 2: Conversion of national Licensenes<br />

• Annex 3: Licenses of Non-EU States<br />

• Annex 4: Part-MED – Medical Requirements<br />

• Acceptable Means of Compliance<br />

(AMC) and Guidance Material (GM)<br />

to Part-FCL wurden am 15. Dezember<br />

2011 von EASA veröffentlicht.<br />

Am 5. April 2012 wurde die Basic Regulation<br />

durch das Amendement EC<br />

290/2012 um folgende Kapitel erweitert:<br />

• Annex 5: Part-CC (Cabin Crew)<br />

Lizenz<br />

• Annex 6: Part-ARA (Authority Requirements<br />

for Aircrew)<br />

• Annex 7: Part-ORA (Organizational<br />

Requirements Aircrew)<br />

• Acceptable Means of Compliance<br />

(AMC) and Guidance Material (GM)<br />

to Part-ORA folgten am 19.April<br />

2012.<br />

Der für Herbst 2012 erwartete Part-<br />

OPS wird die derzeitige EU-OPS ersetzen<br />

und nicht nur wie bisher für Commercial<br />

Operator gelten, sondern<br />

auch durch den Abschnitt NCO Non<br />

Commercial Operation eine Erweiterung<br />

des flugbetrieblich geltenden<br />

Bereichs darstellen.<br />

Dadurch werden unteranderem auch<br />

alle für Part-FCL Lizenzen ausbildende<br />

Flugschulen betroffen sein. Darüber<br />

werden wir noch in einer der nächsten<br />

Ausgaben gesondert berichten.<br />

ACA Info September 2012 29


Lizenz<br />

Die Europäische Pilotenlizenz<br />

Part-FCL ab 8. April 2012 – aber …<br />

Nicht ganz leicht, den Überblick zu wahren. Hier die wichtigsten Daten<br />

zusammengefasst.<br />

Hier nun eine Zusammenstellung der<br />

in Österreich veröffentlichten Opt<br />

Out Fristen:<br />

(Stand der Information von Austrocontrol<br />

28.11.2011)<br />

Zivilluftfahrerscheine<br />

JAR-FCL Lizenzen (ausgestellt bis<br />

<strong>zum</strong> 08.04.2013) gelten ab dem Zeitpunkt<br />

des Inkrafttretens der „Aircrew<br />

Regulation“ (in weiterer Folge<br />

als „AR“ bezeichnet) als „Part-FCL-<br />

Lizenz“. Bis <strong>zum</strong> 08.04.2018 müssen<br />

diese gegen Lizenzen, die dem Part-<br />

FCL-Format entsprechen, ausgetauscht<br />

werden.<br />

Laufende Ausbildungen gemäß JAR-<br />

FCL werden für die Ausstellung einer<br />

Part-FCL-Lizenz anerkannt, sofern die<br />

Ausbildung bis <strong>zum</strong> 08.04.2016 abgeschlossen<br />

wird.<br />

Laufende Ausbildungen gemäß den<br />

Bestimmungen von ICAO Annex 1<br />

(zB Ausbildung in den USA) können<br />

nach Inkrafttreten der AR auf der<br />

Grundlage eines sogenannten „credit<br />

report“ anerkannt werden.<br />

Tauglichkeitszeugnisse<br />

JAR-FCL 3 Tauglichkeitszeugnisse<br />

behalten ihre Gültigkeit. Bis <strong>zum</strong><br />

08.04.2017 müssen diese gegen<br />

neue EU-konforme Zeugnisse ausgetauscht<br />

werden.<br />

Nationale flugmedizinische Tauglichkeitszeugnisse<br />

behalten ihre Gültig-<br />

30 ACA Info September 2012<br />

keit bis zur nächsten Verlängerung,<br />

längstens jedoch bis <strong>zum</strong> 08.04.2017.<br />

Zukünftig haben gemäß den Bestimmungen<br />

der AR Erstuntersuchungen<br />

und Erstausstellungen eines<br />

Tauglichkeitszeugnisses der Klasse<br />

1 durch ein flugmedizinisches Zentrum<br />

zu erfolgen.<br />

Ausbildungsorganisationen<br />

Genehmigte Zivilluftfahrerschulen<br />

gemäß JAR-FCL (FTO, TRTO) gelten<br />

am Zeitpunkt des Inkrafttretens der<br />

AR als gemäß den neuen Bestimmungen<br />

bewilligte Schulen (ATO -<br />

Approved Training Organisation).<br />

Diese Schulen können ihre Ausbildungstätigkeit<br />

fortsetzen, gleichzeitig<br />

muss der Ausbildungsbetrieb<br />

dieser Organisationen bis <strong>zum</strong><br />

08.04.2014 alle Anforderungen der<br />

AR erfüllen (Managementsystem,<br />

Ausbildungs- und Betriebshandbücher)<br />

und eine entsprechende Genehmigung<br />

erhalten haben.<br />

Synthetische Flugübungsgeräte<br />

FSTD Qualification für synthetische<br />

Flugübungsgeräte gelten ab Inkrafttretens<br />

der AR als gemäß den neuen<br />

Bestimmungen ausgestellte Zertifikate.<br />

Bis <strong>zum</strong> 08.04.2017 müssen<br />

diese gegen neue EU-konforme Zertifikate<br />

ausgetauscht werden.<br />

Zukünftig haben gemäß den Bestimmungen<br />

der AR Erstuntersuchun-<br />

gen und Erstausstellungen eines<br />

Tauglichkeitszeugnisses der Klasse<br />

1 durch ein flugmedizinisches Zentrum<br />

zu erfolgen.<br />

Wilhelm Wesendorfer<br />

KURZMELDUNG<br />

FLIGHT TIME LIMITATIONS<br />

EU-Kommission lehnt wissenschaftliche<br />

Überprüfung der neue<br />

FTL ab<br />

Die EU-Kommission lehnt eine wissenschaftliche<br />

Überprüfung der<br />

neuen FTL-Regelung ab. Stattdessen<br />

sollen wir - wie bei der EU-OPS<br />

Subpart Q auf ein späteres „review“<br />

vertröstet werden. Obwohl es genügend<br />

klare wissenschaftliche<br />

Erkenntnisse gibt, folgt die Kommission<br />

dem Druck der Airlines und<br />

will erst „operationelle Erfahrungen“<br />

sammeln. Rechnet man den nötigen<br />

Gesetzgebungsprozess ein,<br />

könnte das bedeuten, dass Crews<br />

und Passagiere weitere 10 Jahre<br />

auf sichere, wissenschaftlich fundierte<br />

Regelungen warten müssen.<br />

Für uns ist es völlig inakzeptabel,<br />

weitere 10 Jahre Kommerz vor Sicherheit<br />

zu stellen, und wir müssen<br />

gemeinsam alles in unserer Macht<br />

stehende tun, um Druck gegen eine<br />

unsichere Regelung aufzubauen.


Pilot’s Bookshelf<br />

Unconventional Aircraft<br />

Betrachtet man die Entwicklung auf<br />

dem Markt für Verkehrsflugzeuge,<br />

dann fällt der zunehmende „Einheitslook“<br />

neuer Konstruktionen<br />

auf. Ab einer gewissen Mindestgröße<br />

hat gibt es nur mehr „konventionelles<br />

Leitwerk und Triebwerke<br />

unter der Tragfläche“, darunter sind<br />

„tail mounted engines“ und ein T-<br />

Vought V 173, Quelle: San Diego Air & Space Museum Archives<br />

Leitwerk Standard. Kein Vergleich<br />

<strong>mit</strong> der bunten Vielfalt, die sich<br />

noch in den 50er Jahren oder gar<br />

in der Zwischenkriegszeit auf den<br />

Flugplätzen tummelte. An sich kein<br />

Wunder, sind doch die Gesetze der<br />

Aerodynamik für alle Flugzeuge<br />

gleich. Für spezielle Aufgaben kann<br />

die richtige aerodynamische Antwort<br />

aber noch immer ganz anders<br />

aussehen als das „Normverkehrsflugzeug“.<br />

Viele Kollegen staunen ja schon,<br />

wenn sie einer bei uns doch eher<br />

seltenen Beech 1900D oder einer<br />

Piaggio Avanti begegnen. Wer<br />

Airshows oder Museen besucht,<br />

hat vielleicht das eine oder andere<br />

„ausgefallene“ Flugzeug entdeckt.<br />

Diesmal habe ich ein Buch aus dem<br />

Regal gezogen, in dem auf über 300<br />

Seiten systematisch alle Nischen des<br />

Flugzeugbaus ausgeleuchtet werden,<br />

die im Laufe der Zeit ausprobiert<br />

wurden.<br />

Die meisten Kapitel<br />

beginnen <strong>mit</strong><br />

einer kurzen Darstellung<br />

der Vor-<br />

und Nachteile des<br />

jeweiligen Konzepts<br />

und sind<br />

zwecks besserer<br />

Übersicht zusätzlich<br />

untergliedert.<br />

Wer „other wing<br />

shapes“ sucht,<br />

darf also noch<br />

zwischen „Multiplanes“,<br />

„Flying<br />

Pancakes“, „Swept<br />

Wings“, „Variable<br />

Sweep Wings“ und immerhin acht<br />

„Odd Shapes“ wählen.<br />

Es ist aber nicht nur eine Sammlung<br />

von Kuriositäten, sondern enthält<br />

zu fast allen Einträgen ziemlich ausführliche<br />

Beschreibungen. Natürlich<br />

dürfen auch Fotos nicht fehlen, da<br />

man sich viele Flugzeuge alleine anhand<br />

der Beschreibung kaum vorstellen<br />

könnte.<br />

Das Buch ist nicht als „Katalog“ aller<br />

ungewöhnlichen Flugzeuge gedacht,<br />

sondern eher als Auflistung<br />

aller Konstruktionsmerkmale, für<br />

die jeweils ein Flugzeug als Beispiel<br />

Intern<br />

Diese Kolumne wird gestaltet<br />

von Siegfried Lenz<br />

dient. So sind etliche, durchaus ungewöhnliche<br />

Flugzeuge nicht vertreten,<br />

weil „ihr“ Merkmal anhand<br />

eines anderen, ähnlichen Modells<br />

vorgestellt wurde.<br />

Leider stammt die letzte Auflage<br />

des Buches aus dem Jahr 1990. Sie<br />

ist zwar noch problemlos erhältlich,<br />

aber natürlich fehlen dadurch neuere<br />

Konstruktionen wie die „White<br />

Knight“ (Burt Rutan wird das verschmerzen,<br />

ist er doch <strong>mit</strong> etlichen<br />

anderen Konstruktionen vertreten).<br />

Verlag: Tab Books<br />

ISBN-10: 0830684506<br />

ISBN-13: 978-0830684502<br />

ACA Info September 2012 31

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