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Klezmermusik und Jiddische Kinderlieder - oops

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Wolfgang Martin Stroh<br />

<strong>Klezmermusik</strong> <strong>und</strong> <strong>Jiddische</strong> <strong>Kinderlieder</strong><br />

Ein mit „Klezmer“ gekennzeichnetes Konzert<br />

im Jahre 1999 vor einem b<strong>und</strong>esdeutschen<br />

Publikum bietet in der Regel ein aufeinander<br />

abgestimmtes Durcheinander unterschiedlicher<br />

Musikstücke: Bigband-artige „Zirkusmusik“<br />

(amerikanische „Bulgars“ = bulgarisch),<br />

Tänze aus dem chassidischen Repertoire<br />

(„Freylekhs“ 1 = fröhlich) <strong>und</strong> synagogal<br />

anmutenden Lieder ohne Worte („Nig[u]ns“<br />

= Melodie) bzw� Instrumentalrezitative<br />

(„Doinas“ = rumänische [Hirten-]Liedform)<br />

werden durchsetzt von instrumental oder<br />

vokal dargebotenen <strong>Jiddische</strong>n Theater- Kabarett-,<br />

Volks-, Arbeiter- oder Ghetto- <strong>und</strong><br />

Anti-Nazi-Liedern� Das verbindende Moment<br />

solch einer Klezmer-Veranstaltung ist<br />

die skrupellose Verquickung von <strong>und</strong>ogmatischer<br />

Fröhlichkeit, osteuropäischen Straßenmusikklängen<br />

<strong>und</strong> tiefsinniger politischer<br />

Folklore� Der Terminus „Klezmer“ stülpt sich<br />

dabei offensichtlich über mehrere musikalische<br />

Traditionsstränge, die auf postmoderne<br />

Weise in eine Art von „Worldmusic“-Mix<br />

münden� Ideologischer Opinion-Leader ist<br />

dabei Giora Feidman, der in seinen Konzertauftritten,<br />

Filmen, CD’s <strong>und</strong> Workshops die<br />

Überzeugung vertritt, alles, was aus dem<br />

(bzw� seinem) Herzen komme, sei<br />

„Klezmer“, gegebenenfalls auch „Häns’chen<br />

klein“ oder Franz Schuberts „Ave Maria“ 2 �<br />

Die US-amerikanische Klezmer-Bewegung,<br />

deren exponierte Vertreter seit einigen<br />

Jahren nicht nur b<strong>und</strong>esdeutsche Bühnen unsicher<br />

machen sondern sich auch effektvoll in<br />

Krakaus Gassen oder vor Ausschwitz’ Toren<br />

- 283 -<br />

filmen lassen, haben es mit der „Authentizität“<br />

nicht so schwer wie die Deutschen� In<br />

den USA gibt es eine relativ unhinterfragte<br />

Tradition des jüdischen Show-Business, der<br />

„Yiddish Theater“ [nicht „Theatre“], der<br />

„Jewish Jazz- & Swing-Bands“ <strong>und</strong> der<br />

„Jewish Folksongs“� Niemand beargwöhnt,<br />

daß beispielsweise der in der Ukraine geborene<br />

<strong>und</strong> im Klezmermilieu aufgewachsene<br />

Dave Tarras nach seiner Migration (1921) in<br />

die USA erfolgreich in das Unterhaltungsgeschäft<br />

eingestiegen ist, in Jazzbands<br />

seine „Doinas“ gespielt, den „Bulgar“ popularisiert<br />

<strong>und</strong> jiddische Liedmelodien r<strong>und</strong>funkgerecht<br />

zurechtgestutzt hat� Dave Tarras<br />

ist als einer der wenigen ins Klezmer-Revival<br />

der 70er Jahre hinein überlebenden Musiker,<br />

die noch in Osteuropa aufgewachsenen sind,<br />

eine Kultfigur geworden – nicht jedoch allein<br />

aufgr<strong>und</strong> seiner Biografie <strong>und</strong> seines exemplarischen<br />

Klarinettenstils, sondern auch deshalb,<br />

weil er „Klezmer“ als eine Form produktiver<br />

Aneignung jüdischer Lebensrealität<br />

mit musikalischen Mitteln praktiziert hat�<br />

Die US-amerikanische Art, mit Musik <strong>und</strong><br />

in diesem Falle mit jüdischer Musiktradition<br />

umzugehen, hat es unter Deutschen <strong>und</strong> im<br />

hiesigen Kulturbetrieb schwer� Wie jede als<br />

„jüdisch“ bezeichnete Musikpraxis gerät<br />

auch Klezmer hierzulande in das Dickicht der<br />

unabgeschlossenen Diskussion um die politisch<br />

korrekte Form von Vergangenheitsbewältigung<br />

<strong>und</strong> die bange Walser-Frage, ob<br />

Deutsche bezüglich Schoa <strong>und</strong> Holocaust<br />

nicht längst einem Verdrängungsritual verfal-


len sind, das als auffälligste Symptome<br />

Rechtsradikalismus <strong>und</strong> antisemitische Einstellungen<br />

bei Jugendlichen hervorbringt� Zudem<br />

geben sich deutsche Musiker <strong>und</strong> Musikwissenschaftler<br />

gerne authentisch, echt,<br />

tiefgängig <strong>und</strong> nachdenklich� Amerikaner<br />

wie der Klezmerfeldforscher Joel Rubin, die<br />

ebenfalls authentisch sein wollen, übersiedeln<br />

Klezmer-Bands zeitgleich in Polen <strong>und</strong> in den USA 5<br />

- 284 -<br />

nach Berlin� So wird in deutschen Aufsätzen<br />

zu Klezmer 3 diskutiert, ob Klezmer mit modernen<br />

Instrumenten gespielt werden soll, ob<br />

Version A einer jiddischen Melodie originaler<br />

als Version B oder gar C ist, ob Musiker X<br />

schon Polen oder Rumänien bereist <strong>und</strong> dabei<br />

alten Menschen beim Singen zugehört hat, ob<br />

die Aussprache des <strong>Jiddische</strong>n des Sängers Y<br />

korrekt ist, ob ein Nicht-Jude Klezmer spielen<br />

kann bzw� darf 4 usw� usf�<br />

1999 ist die deutsche Klezmer-Gemeinde<br />

in zwei Lager zerfallen, die nicht mehr miteinander<br />

kommunizieren: einerseits das Lager,<br />

das sich noch zum Altmeister Giora<br />

Feidman bekennt, dessen Workshops die<br />

deutsche Szene letztendlich ihren Startimpuls<br />

zu verdanken hat, <strong>und</strong> andererseits das Lager,<br />

das der in Berlin lebende US-amerikanische<br />

Klarinettist Joel Rubin anführt, der die US-<br />

Revivalgruppe „Brave Old World“ mitbegründet<br />

hatte, 1991/95 beim linken Platten-<br />

Label „trikont“ (München) zwei hervorragend<br />

kommentierte CD’s mit historischen<br />

Klezmer-Einspielungen herausbrachte<br />

<strong>und</strong> inzwischen mit jährlichen CD-Produktionen,<br />

die alle ihn selbst als Klarinettisten<br />

zeigen, beim Verlagskonzern SCHOTTwergo<br />

als Hüter der wahren <strong>Klezmermusik</strong><br />

vermarktet wird�<br />

Die beiden aktuellen Klezmer-Lager der<br />

deutschen Szene entsprechen zwei komplementären<br />

Heransgehensweisen an traditionelle<br />

Musikkulturen, die heute im allgemeinen<br />

mit den Etiketten „Worldmusic“ <strong>und</strong> „Folklore“<br />

versehen sind� In Schallplattengeschäften<br />

wie jpc, Saturn <strong>und</strong> WOM (World of Music)<br />

<strong>und</strong> Katalogen wird „Klezmer“ zu etwa gleichen<br />

Teilen in den Kategorien „Worldmusic“<br />

(„Weltmusik“) <strong>und</strong> „Folklore“ („Internationales“)<br />

geführt� Als Worldmusic wird eine Musik<br />

bezeichnet, die programmatisch die Authentizität<br />

einer abgrenzbaren Musikkultur


mißachtet <strong>und</strong> auf der Bühne des internationalen<br />

Musikbusiness stilistische Fusionen<br />

hervorbringt� Der bereits zitierte Dave Tarras<br />

kann als ein Vorläufer von „Worldmusic“ bezeichnet<br />

werden, Giora Feidman ist ein Weltmusiker<br />

par excellence� Selbst eine religiös<br />

dogmatische Figur wie der Filmmusik-Komponist<br />

John Zorn ist mit seinen Projekten von<br />

„Radical Jewish Music“ im Gr<strong>und</strong>e dieser<br />

Gattung zuzuordnen� Als Folklore hingegen<br />

wird eine Einstellung gegenüber traditionellen<br />

Musikkulturen bezeichnet, die nach Authentizität<br />

fragt, die historische, geografische<br />

<strong>und</strong> kulturelle Distanz bewahrt <strong>und</strong> kulturelle<br />

Begegnungen ohne Verwischung von Unterschieden<br />

anstrebt� Das Berliner „Haus der<br />

Kulturen“ als Inbegriff traditioneller Musikethnologie,<br />

die Bemühungen von Joel Rubin<br />

<strong>und</strong> die deutsche Tradition des <strong>Jiddische</strong>n<br />

Liedes im Sinne einer Politfolklore gehören<br />

hierher�<br />

Ohne zu übersehen, daß es auch in den<br />

USA diese beiden Lager gibt, daß auch das<br />

dortige Klezmer-Revival starke Impulse aus<br />

der Folklore-Bewegung bezogen hat 6 , kann<br />

man doch die „Worldmusic“-Tendenz eher<br />

als US-amerikanisch, die „Folklore“-Tendenz<br />

eher als deutsch bezeichnen� Diese tendenzielle<br />

Zurdonung hat mehrere historische<br />

Gründe� Zum einen wurde die US-Klezmer-<br />

Szene ursprünglich von jüdischen Jugendlichen<br />

der (N+1)-ten Migrantengeneration ins<br />

Lebens gerufen, während in Deutschland die<br />

Mitglieder der Klezmer-Gemeinde weitgehend<br />

Nicht-Juden sind� Zum zweiten haben<br />

US-Amerikaner – allen voran die dortigen<br />

Juden – ein erheblich weniger gebrochenes<br />

Verhältnis zur Musikindustrie <strong>und</strong> zum Kommerz<br />

wie die Deutschen, denen musikstilistische<br />

Entwicklungen, deren Motive<br />

kommerzieller Art sind, gr<strong>und</strong>sätzlich suspekt<br />

erscheinen <strong>und</strong> für die ein verhungernder<br />

- 285 -<br />

Musiker noch eher<br />

als Ehrenmann betrachtet<br />

wird als ein<br />

wohlhabender�<br />

Zum dritten knüpfen<br />

die beiden Klezmer-Szenen<br />

an recht<br />

unterschiedliche lokaleMusiktraditionen<br />

an� Im tonangebenden<br />

New York hatten in den Nachkriegsjahren<br />

die Chassidims das jüdische<br />

Musikbusiness dominiert, in der BRD fand jüdische<br />

Musik erstmals in der „Waldeck“-Bewegung<br />

ein Forum, in der DDR in Konzertdarbietungen<br />

im Rahmen antifaschistischer<br />

Pädagogik� Die ersten im deutschen Westen<br />

gut vernehmbaren Klänge jiddischer Musik<br />

nach dem Holocaust stimmte 1963 der Chansonnier<br />

Peter Rohland (Abbildung) an, der<br />

1964 auch das Folklore-Festival auf Burg<br />

Waldeck mitbegründet hatte� Rohland brachte<br />

1965 zwei Platten mit „Liedern der Ostjuden“<br />

auf den Markt, deren Verbreitung aber recht<br />

begrenzt blieb� Die von Rohland mitinitiierte<br />

Folklore-Bewegung entwickelte sich nach<br />

Rohlands Tod 1966 in eine andere Richtung:<br />

anti-faschistischer Kampf oder gar Vergangenheitsbewältigung<br />

hat die Studentenbewegung<br />

<strong>und</strong> haben die „neuen sozialen Bewegungen“<br />

der 70er Jahre zunächst entlang der<br />

Musik aktueller Befreiungsbewegungen <strong>und</strong><br />

der Liedermachertheorien eines Walter<br />

Mossmann <strong>und</strong> Wolf Biermann betrieben� Die<br />

„Wiedergutmachung“ hat die neue Linke der<br />

SPD-Regierung überlassen, von der sie mit<br />

Berufsverboten bedacht wurde� In der DDR<br />

trat das Ehepaar Rebling 1960, 6 Jahre vor<br />

dem offiziellen Beginn der dortigen „Singebewegung“,<br />

mit Darbietungen jiddischer Lieder<br />

auf� Reblings Liedersammlung 7 , die den<br />

antifaschistischen Kampf osteuropäischer Ju-


den hervorhob, wurde neben den „Liedern aus<br />

dem Ghetto“ von Elsbeth Janda <strong>und</strong> Max M�<br />

Sprecher (1962) 8 zum wichtigsten Bezugspunkt<br />

der 10 Jahre nach Rohland <strong>und</strong> Waldeck<br />

zwischen 1977 <strong>und</strong> 1981 im Westen herausgekommenen<br />

Schallplatten der Gruppen<br />

Espe, Zupfgeigenhansel <strong>und</strong> des Duos Kai<br />

<strong>und</strong> Topsi Frankl 9 � Alle drei Platten enthalten<br />

überwiegend <strong>Jiddische</strong> Arbeiter-, Widerstands-<br />

<strong>und</strong> Kampflieder <strong>und</strong> wurden Ende<br />

der 90er Jahre neu als CD aufgelegt� Die<br />

„Grine kusine“, „Tsen brider“, der „Arbetlose-marsch“<br />

<strong>und</strong> „Sog nischt kejnmol“ wurden<br />

1980 in der linken BRD-Szene bekannt,<br />

nachgesungen <strong>und</strong> umgedichtet 10 �<br />

Welche Verbreitung fanden diese Lieder<br />

aus dem Umfeld der Politfolklore bei der „gemeinen<br />

Jugend“, vor allem in der Schule?<br />

Wie verhielten sich diese jiddischen Lieder zu<br />

den israelischen Shalom-Liedern, die b<strong>und</strong>esdeutsche<br />

Lehrpläne <strong>und</strong> Schulbücher vorsahen?<br />

1974 kam das Liederbuch „Student<br />

für Europa“ auf den Markt, das inzwischen<br />

auf ein 12-bändiges, 2-Millionen Mal verkauftes<br />

Werk mit über 1000 Lieder angewachsen<br />

ist 11 � Der „Student für Europa“ will<br />

ein Seismograph der realen Singepraxis Jugendlicher<br />

sein <strong>und</strong> gilt bei Musiklehrer/innen<br />

als (staatlich nicht zugelassener) Geheimtip<br />

für Klassenfahrten, Eckst<strong>und</strong>en oder anspruchsvollen<br />

Unterricht� Band 1 (1974) enthält<br />

„Und als der Rebbe singt“ <strong>und</strong> „Donna,<br />

Donna“, letzteres in der englischen Version<br />

von Joan Baez� Nach Erscheinen der Zupfgeigenhansel-Platte<br />

wird dieser mit „aus Israel“<br />

etikettierte Song in „Dos Kelbl“ umbenannt<br />

<strong>und</strong> als „jiddisch“ bezeichnet� Die Aktivitäten<br />

von Espe, Zupfgeigenhansel <strong>und</strong> anderen<br />

Gruppen Mitte der 80er zeigen ihre<br />

Folgen: Band 7 (1986) reiht sicherlich nicht<br />

unbeabsichtigt den musikpädagogisch beliebten<br />

Friedenskanon „Shalom chaverim“<br />

- 286 -<br />

(trad� aus Israel) neben den „Arbetlosemarsch“<br />

von Mordechaj Gebirtig 12 � Das<br />

Partisanenlied „Schtil, die nacht is<br />

ojsgschternt“ aus Vilna (1944) erscheint bereits<br />

1982 in Band 4 <strong>und</strong> die „Tsen Brider“<br />

aus dem Jahre 1901 in Band 7, 1986� Alle<br />

diese Lieder waren durch die genannten Platten<br />

populär geworden�<br />

Das US-amerikanische Klezmer-Revival<br />

wurde mit der „neuen Identitässuche“ (jüdisch-amerikanischer)<br />

Jugendlicher erklärt,<br />

die sich nicht jüdischer Religiosität bedient<br />

oder sich auf die Politik des Staates Israel bezieht<br />

13 � An dieser Stelle drängt sich nun doch<br />

ein Vergleich zur Rezeption jiddischer Lieder<br />

auf b<strong>und</strong>esdeutschem Boden auf� Auch die<br />

b<strong>und</strong>esdeutsche Rezeption setzte sich von der<br />

staatlich verordneten <strong>und</strong> als blind-ritualisiert<br />

kritisierten Vergangenheitsbewältigung durch<br />

das Singen von israelischen Schalom-Liedern<br />

unter Ausblendung der politischen Realität im<br />

Nahen Osten nach dem „Sechstagekrieg“ ab�<br />

Sie entdeckte den antifaschistischen <strong>und</strong><br />

„Klassencharakter“ jiddischer Lieder� Letzteren<br />

hatte der sowjetische Volksk<strong>und</strong>ler<br />

Moshe Beregovski in seiner Anthologie<br />

„Jewish Folk Music“ (Moskau 1934) herausgearbeitet�<br />

Beregovski, auf den sich die heutige<br />

Klezmer-Bewegung, Abteilung „Folklore“,<br />

als methodischen <strong>und</strong> politischen Kronzeugen<br />

beruft 14 , hatte ca� 3000 jiddische<br />

Musikstücke auf Platte gesammelt <strong>und</strong> transkribieren<br />

lassen� Er wollte wissen, was „vom<br />

Volk“ tatsächlich gesungen <strong>und</strong> musiziert<br />

wurde, <strong>und</strong> nicht, was Liederbücher, die von<br />

Jüdischen Instituten „für das Volk“ herausgegeben<br />

worden waren, enthielten�<br />

In diesem Sinne war die „Entdeckung“ von<br />

jiddischen Arbeiter- <strong>und</strong> Widerstandsliedern<br />

für die B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland eine politische<br />

Tat der Linken 15 , ein Protest gegen<br />

die staatlichen Versöhnungs-Rituale <strong>und</strong> eine


Kritik an der Kritiklosigkeit gegenüber Israels<br />

Realpolitik� Schließlich sang man nach Kräften<br />

jiddisch <strong>und</strong> trug dabei das Palästinensertuch�<br />

Zugleich bereitete diese „Entdeckung“<br />

jedoch den Boden, auf dem das US-amerikanische<br />

Klezmer-Revival der 90er Jahre in<br />

Deutschland gedeihen konnte� Bedeutet die<br />

inzwischen aufgehende Saat eine Entpolitisierung<br />

der früheren Rezeption jiddischer<br />

Musikkultur in der BRD?<br />

„Worldmusic“ <strong>und</strong> „Folklore“ können, wie<br />

es derzeit in Deutschland zu sein scheint, als<br />

Gegensätze betrachtet werden, die aufgr<strong>und</strong><br />

ihrer Verquickung in den Kampf um Markt<br />

<strong>und</strong> Prestige unversöhnlich erscheinen� Es<br />

ginge aber auch anders! Ein Blick in einige<br />

der in Oldenburg 1998 gezeigten Kinder-Liederbücher<br />

16 kann etwas vom friedlichen,<br />

wenn nicht sogar produktiven Neben- <strong>und</strong><br />

Miteinander beider Herangehensweisen an<br />

traditionelle musikalische Kulturen zeigen�<br />

Und, ich möchte die These aufstellen, daß der<br />

Gegensatz von „Worldmusic“ <strong>und</strong> „Folklore“<br />

von den meisten Klezmorim mehr oder minder<br />

bewußt produktiv gehandhabt worden ist�<br />

<strong>Klezmermusik</strong>, wie sie heute von „Folkloristen“<br />

praktiziert <strong>und</strong> gesammelt wird, ist<br />

selbst ein Amalgam aus althochdeutschen<br />

Traditionsbeständen (inclusive der jiddischen<br />

Sprache), osteuropäischer Volksmusik,<br />

synagogalen Traditionslinien <strong>und</strong> Liedern der<br />

internationalen Arbeiterbewegung� Dies<br />

Amalgam ist je nach konkreten Lebensumständen<br />

stets neu zusammengesetzt worden:<br />

im osteuropäischen Shtetl am Ende des 19�<br />

Jahrh<strong>und</strong>erts anders als im Ghetto von Warschau<br />

oder Vilna, in der Lower East Side<br />

New Yorks der 20er Jahre anders als an den<br />

Universitäten Bostons der 70er, im argentinischen<br />

Judenmilieu, dem Giora Feidman entstammt,<br />

anders als in Israel, in das Feidman<br />

im Alter von 20 übersiedelt ist�<br />

- 287 -<br />

Unter den jiddischen <strong>Kinderlieder</strong>büchern,<br />

die die Oldenburger Ausstellung zeigte, befanden<br />

sich Sammlungen, die aufgr<strong>und</strong> von<br />

Entstehungszeit, musikalisch-pädagogischer<br />

Intention <strong>und</strong> Aufbau einigen deutsch-christlichen<br />

Büchern ähneln, mit denen ich noch<br />

groß geworden bin� Ich denke an „Sang <strong>und</strong><br />

Klang fürs Kinderherz“, das der Komponist<br />

Engelbert Humperdinck 1901 herausgegeben<br />

hat <strong>und</strong> das ich in einer Ausgabe besitze, die<br />

die Bezeichnung „325� bis 334� Tausend“<br />

trägt� Diese Sammlung der „schönsten <strong>Kinderlieder</strong>“<br />

für Klavier gesetzt von einem berühmten<br />

Komponisten entspricht dem „Lidersamelbuch<br />

far der jidishe shul un familie,<br />

zsgeschtelt fun S� Kisselgoff“, hg� vom<br />

JUWAL-Verlag für jüdische Musik, Berlin<br />

1911, das die Ausstellung in einer späteren<br />

Auflage zeigte (L-1)� Ich denke auch an den<br />

„Zupfgeigenhansel“, die 1908 erschienene<br />

(Lieder-)Bibel der Wandervogelbewegung,<br />

von der es auf der Ausstellung eine zionistisch-jiddische<br />

„Dissidenten-Version“ zu sehen<br />

gab (E-11)� Allerdings gibt es mit Jo’el<br />

Engels „50 kinder-lider“ aus dem Sortiment<br />

„Jiddisch-russischer Gesänge mit Klavierbegleitung“<br />

bei JUWAL (L-3, siehe Abbildung)<br />

auch Unikate, die kein deutsch-christliches<br />

Pendant haben (können)� Den Liedersammlungen,<br />

die in Nachfolge Herders oder<br />

„Des Knaben W<strong>und</strong>erhorn“ mehr oder weniger<br />

erfolgreich um die Reproduktion „origi-


nalen Volkstums“ bemüht waren, entsprechen<br />

auf seiten der Oldenburger Exponate die<br />

„Ostjüdischen Volkslieder, herausgegeben<br />

von Alexander Eliasberg“, der Lieder von<br />

Volksliedforschern aus St� Petersburg <strong>und</strong><br />

New York (aus den Jahren 1898 bis 1912) mit<br />

einem kleinen Apparat von Anmerkungen zusammenstellt<br />

(E-12)�<br />

Ich erwähne die deutsch-christlichen<br />

Parallelerscheinungen der jiddisch-jüdischen<br />

Exponate deshalb, weil vom Äußeren her die<br />

jüdischen <strong>Kinderlieder</strong>bücher sich nur wenig<br />

von den deutsch-christlichen unterscheiden�<br />

„Sang <strong>und</strong> Klang fürs Kinderherz“ ist ebenso<br />

ein Amalgam wie Kisselgoffs „Lidersamelbuch“�<br />

In beiden werden Neukompositionen,<br />

klassisch-romantische Kunstlieder<br />

<strong>und</strong> Chöre neben Kirchenlieder, Straßenreimlieder<br />

<strong>und</strong> mittelalterliche Melodiefragmente<br />

gestellt� Von „Authentizität“ ist da keine<br />

Rede� Die Lieder müssen religiös-sittlich sauber,<br />

einigermaßen bekannt <strong>und</strong> nicht allzu<br />

kompliziert sein� Musikalischen Qualitätsproblemen<br />

hilft ein geschickter vierstimmiger<br />

Klaviersatz auf die Beine� – Im folgenden lasse<br />

ich die Kategorie der „Kunstlieder“ bei<br />

Kisselgoff außer Betracht, in der offensichtlich<br />

beliebte „Klassiker“ für Erwachsene ins<br />

<strong>Jiddische</strong> übersetzt aufgeführt sind (Beethovens<br />

„Freude schöner Götterfunke“, Mendelsohns<br />

Männerchor „Wer hat dich du schöner<br />

Wald“ für drei Frauenstimmen gesetzt usw�)�<br />

Neben den äußeren Parallelen <strong>und</strong> dem<br />

nicht-authentischen Ansatz solcher <strong>Kinderlieder</strong>bücher<br />

gibt es allerdings kaum weitere, inhaltliche<br />

Vergleichsmomente� Der deutschchristliche<br />

<strong>und</strong> jiddisch-jüdische Kinder-<br />

„Liederschatz“ ist mit vereinzelten Ausnahmen<br />

trennscharf disjunkt� Ein flüchtiges<br />

Durchhören oder -spielen der Lieder, die die<br />

genannten jiddischen Bücher enthalten, entführt<br />

jeden Leser/Hörerin augenblicklich in<br />

- 288 -<br />

eine vollkommen andere musikalische Welt<br />

als diejenige, die in christlich-deutschen Kinderzimmern<br />

herrscht� In der Tat weht sofort<br />

der Geist eines Klezmer-Konzerts� Tonschritte<br />

<strong>und</strong> Skalen, bei denen jeder deutsche<br />

Musikpädagoge in Erinnerung an die Mahnungen<br />

Carl Orffs mit „für Kinder vollkommen<br />

unsingbar!“ reagieren müßte, werden<br />

nach Belieben aneinander gereiht� Rezitativische,<br />

mit Triolen, Quintolen <strong>und</strong> Fermaten<br />

nur ungenau wiedergegebene Melodien, burleske<br />

Verzierungen <strong>und</strong> vor allem eine fremde<br />

Modalität zeichnen diese Gesänge auch dort<br />

aus, wo die Texte einem stinknormalen Berliner<br />

Hinterhof entstammen könnten�<br />

Nicht unbekannt für die <strong>Kinderlieder</strong>-Forschung<br />

sind kryptische, philologisch kaum<br />

nachvollziehbare Kurzlieder, die Gedankensplitter<br />

nach einem unterbewußten Assoziationsgesetz<br />

aneinanderreihen� Beispielsweise<br />

No� 13 bei Jo’el Engel:<br />

Diese Melodie kann für einen Normal-<br />

Deutschen glattweg als „unsingbar“ bezeichnet<br />

werden� Wer immer die übermäßige Sek<strong>und</strong>e<br />

gis-f in Takt 2 geschafft hat, wird spätestens<br />

beim folgenden Schritt gis-e scheitern�<br />

Die Melodie setzt voraus, daß der Klezmer-<br />

Modus „freygish“ (e-f-gis-a-h-c-d-e) als Ausdrucksqualität<br />

vollständig verinnerlicht ist�<br />

Nach Moshe Beregovski stehen 25% aller<br />

osteuropäischen Lieder <strong>und</strong> Klezmerstücke<br />

in dieser „Tonart“ 17 , deren Melodie in der<br />

Regel mit den beiden Akkorden E7 (als „Tonika“)<br />

<strong>und</strong> d-Moll (als „Dominante“) begleitet<br />

werden� Das Lied, das nach allem, was die


<strong>Kinderlieder</strong>forschung sagen würde, als<br />

Spiel-Reim-Straßen-Lied einzuschätzen ist,<br />

setzt also einen musikkulturellen Hintergr<strong>und</strong><br />

voraus, der von demjenigen deutsch-christlicher<br />

Kinderzimmer qualitativ abweicht�<br />

Doch zur Freude des Musikethnologen erschöpft<br />

sich das Amalgam-Wesen jiddischer<br />

<strong>Kinderlieder</strong> nicht in derart osteuropäischmusikalischen<br />

Intonationen� Nehmen wir das<br />

„Baklid“, das einzige Lied der Jo’el Engel-<br />

Sammlung, das einen unmittelbaren deutschen<br />

Bruder hat: „Backe, backe Kuchen, der<br />

Bäcker hat gerufen“ kommt in „Sang <strong>und</strong><br />

Klang fürs Kinderherz“ in jener Version vor,<br />

die die Musikpädagogik als Paradebeispiel einer<br />

mittelalterlichen Melodie ansieht� Die<br />

deutsche Version besteht (mit Ausnahme eines<br />

oft angehängten Schlußtaktes) aus vier<br />

Tonstufen, die sich zu einer Pentatonik ergänzen<br />

lassen <strong>und</strong> frei um die „Rufterz“ oszillieren�<br />

Die Aufzählung der „sieben Sachen“, die<br />

für einen „guten Kuchen“ vonnöten sind, gerät<br />

sachlich, rezitativisch <strong>und</strong> emotionslos, einem<br />

Abzählreim vergleichbar� Ganz anders<br />

die jiddische Melodie:<br />

Das Kuchenbacken wird zu einem kleinen<br />

sozialen Drama� „Wer kann sich schon leisten,<br />

einen ‘guten Kuchen’ zu backen?“<br />

scheint diese Melodie ausrufen zu wollen�<br />

Die notwendigen Zutaten werden sequenzartig<br />

aufgetürmt <strong>und</strong> münden in den Ausruf<br />

„Safran!“ Dieser Ruf findet ein klägliches<br />

Echo ��� Da wird klar gemacht (oder bei den<br />

- 289 -<br />

kleinen Sänger/innen vorausgesetzt), was Safran<br />

bedeutet: ein Edelgewürz, das damals<br />

wie heute fast unerschwinglich ist 18 � Die Melodie<br />

des Kinderliedes denkt mit� Und dies<br />

scheint eine Eigentümlichkeit vieler jiddischer<br />

Lieder zu sein, nicht zuletzt natürlich<br />

der explizit politischen, wie das dritte Beispiel<br />

zeigen möge�<br />

Das Kinderlied „Zehn kleine Negerlein“<br />

wird heute als eines der schlimmsten Produk-<br />

te deutscher Kolonialzeit betrachtet� Die<br />

Sonderausstellung „Der Afrikaner im deutschen<br />

Kinder- <strong>und</strong> Jugendbuch“ im Rahmen<br />

der Oldenburger Kinderbuchmesse 1985 hat<br />

dies verdeutlicht 19 � In diesem Lied sterben<br />

aus spielerisch-zynischer Perspektive neun<br />

von zehn kleinen Negerlein, bevor das letzte<br />

mit einem Negermädchen dann wieder zehn<br />

neue Negerlein produziert 20 � Das Lied erscheint<br />

bis heute in <strong>Kinderlieder</strong>büchern <strong>und</strong><br />

kartonierten Extra-Ausgaben „für das Kindergartenalter“<br />

(Abbildung 21 )�<br />

In Sussman Kisselgoffs „Lidersamelbuch“<br />

von 1911 findet sich das 1901 erstmals nachgewiesene<br />

22 Lied „Tsen Brider“, dessen äußeren<br />

Form sich an die „Zehn kleinen<br />

Negerlein“ anlehnt� Auch hier stirbt ein „Bruder“<br />

nach dem andern, weil er mit lajn, fracht,<br />

ribn, gebeks, schtrimpf, bir, hej, blaj <strong>und</strong>


ejner gehandelt hat, alles offensichtlich wie<br />

bei den Negerlein des Reimes wegen�<br />

An jede Strophe schließt sich der berühmt<br />

gewordene Refrain 23 an<br />

Oj, Schmerl mit dem fidele, Tewje mitn bas,<br />

schpil’sche mir a lidele ojftn mitn gas!<br />

mit dem die Kapeyle aufgefordert wird, zur<br />

tragischen Geschichte aufzuspielen� Totentanz,<br />

Trotzgeste, V-Effekt? Die Tatsache, daß<br />

die „Tsen brider“ in Wir-Form, die „Zehn<br />

kleinen Negerlein“ aus der sicheren Distanz<br />

der Kolonialherrenkinder gesungen werden,<br />

verstärkt den durch den Refrain herbeigerufenen<br />

V-Effekt� Brechts „V“ kommt von „Verfremdung“,<br />

hier bedeutet „V“ auch „Verzweiflung“:<br />

Brider, geht nicht zur Tagesordnung<br />

über, wenn einer von uns nach dem andern<br />

stirbt! Die Moral spricht der letzte der<br />

verbliebenen Brider aus, wenn er sagt<br />

„schterbn tu ich jeden tog, wajl zu esn hob ich<br />

nit“� Womit Ihr handelt, das ist alles egal – es<br />

sind auch nicht 9 oder 10 brider, sondern wir<br />

alle sind es� Die Chronik des Sterbens, die<br />

dies Lied auf die Spitze treibt, wurde im KZ<br />

Sachsenhausen konsequenterweise dahingehend<br />

gewendet, daß „gas“ nicht nur als „Gasse“,<br />

sondern auch als „Gas“ gedeutet wurde:<br />

Eyn bruder nor bin ikh geblibn,<br />

Mit vem zol ikh veynen?<br />

Di andere hot men derharget - tsi gedenkt ir<br />

zeyere nemen?<br />

Yidl mitn fidl; Moyshe mitn bas,<br />

Her mayn letst lidl,<br />

men firt mikh oykh tsum gaz� 24<br />

Auch wenn das „Zehn kleine Negerlein“-<br />

Schema, dessen Ursprung nicht ganz geklärt<br />

- 290 -<br />

ist 25 , in verschiedenen jiddischen Liedern<br />

vorkommt (z�B� „Hob ix mir a mantl“ 26 wo<br />

ein Mantel immer weiter reduziert wird, bis „a<br />

gornischtl“ übrigbleibt, aus dem der Sänger<br />

dann „a lidele“ macht) <strong>und</strong> auch wenn sich<br />

die entstehungskausalen Verbindungen zwischen<br />

den „Zehn kleinen Negerlein“ <strong>und</strong> den<br />

„Tsen bridern“ im Dunkeln Estlands <strong>und</strong><br />

Polens verlaufen 27 – eine Tatsache ist doch<br />

unverkennbar: das Motiv des Weg-Sterbens<br />

kommt auf zweierlei Art in zweierlei<br />

<strong>Kinderlieder</strong>büchern vor� Nicht nur am Anfang<br />

sondern auch gegen Ende des 20� Jahrh<strong>und</strong>erts!<br />

Warum tun die Deutschen sich so schwer<br />

mit ihrer Geschichte?<br />

Fazit<br />

Klezmer <strong>und</strong> jiddische <strong>Kinderlieder</strong>bücher,<br />

deutsche Politfolklore <strong>und</strong> US-amerikanische<br />

Studentenkultur ��� „irgendwie“ paßt alles<br />

doch zusammen! Und zwar nicht aufgr<strong>und</strong><br />

postmoderner Gleichgültigkeit, sondern aufgr<strong>und</strong><br />

eines Merkmals produktiver Musikkulturen,<br />

die traditionell-bewahrende Züge –<br />

von uns mit „Folklore“ etikettiert – mit einer<br />

un-dogmatischen Freude am Spiel – von uns<br />

mit „Worldmusic“ etikettiert – verbinden� Es<br />

entsteht ein Amalgam, das aber nicht beliebig<br />

oder willkürlich, sondern in einer konkreten<br />

sozialen Situation entstanden ist� Deutliches<br />

Zeichen dafür ist die Tatsache, daß das Musik-Amalgam<br />

politisch sensibel <strong>und</strong> stilistisch<br />

hintergründig ist� Selbst in den moralischpädagogischen<br />

jiddischen <strong>Kinderlieder</strong>büchern<br />

der ersten Jahrzehnte des 20� Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

lassen sich Züge dieser Art produktiver<br />

musikalischer Aneignung finden� Die heutige<br />

Klezmer-Bewegung hat dies Prinzip auf das<br />

letzte Jahrzehnt des Jahrh<strong>und</strong>erts übertragen�<br />

Vielleicht gelingt es ihr, in Deutschland eine


produktive Aneignung von Geschichte zu<br />

fördern, die unproduktive Formen ritualisierter<br />

„Vergangenheitsbewältigung“ abzulösen<br />

vermag� Das wäre dann die politische<br />

Forsetzung der Rezeption jiddischer Musikkultur<br />

im Rahmen der „Entdeckung“ jiddischer<br />

Arbeiter- <strong>und</strong> Widerstandslieder durch<br />

die b<strong>und</strong>esdeutsche Linke der 70er Jahre� Die<br />

Diskussion um „Worldmusic“ <strong>und</strong> „Folklore“<br />

wäre aufgehoben, indem kreative, produktive<br />

Formen von musikalischer Aneignung deutscher<br />

Geschichte praktiziert würden�<br />

Anmerkungen<br />

1) „Freylekh“ ist die amerikanische Schreibweise<br />

für „freilach“ (ENGEL), „freylachs“<br />

(LILIENFELD), „frejlech“ (NEBBISJ), „Frejlex“<br />

(GOLDIN)�<br />

2) In „Straßen der Hoffnung - Giora Feidman in<br />

Israel“ (1998) spielt Feidman auch das Deutschlandlied�<br />

3) Exemplarisch das Heft „Von Klezmorim <strong>und</strong><br />

anderen“ der Neuen Zeitschrift für Musik 3/<br />

1998�<br />

4) Diese Frage ist das Thema des Filmes „Lebenslinien<br />

- Portrait der Sängerin Andrea Paucur <strong>und</strong><br />

der Band Massel Tov“ (Bayer� R<strong>und</strong>funk 3,<br />

1998) von Renate Stegmüller�<br />

5) Grodzik (Polen) 1925, „Jewish Daily Forward“,<br />

Archiv des YIVO Institute for Jewish Research,<br />

New York (aus RUBIN 1991, S� 12)� Dave Tarras-<br />

Ensemble, Ethnic Folk Arts Center, 1992 Yazoo<br />

Recordsaus: Dave Tarras� Yiddish-American<br />

Klezmer Music 1925-1956�<br />

6) Nach SLOBIN 1987�<br />

7) Heute als JALDATI 1985 greifbar�<br />

8) Die Sammlung basiert auf Erinnerung Max M�<br />

Sprechers� Geänderter Titel der Ausgabe 1970:<br />

„<strong>Jiddische</strong> Lieder“� Siehe JANDA 1970�<br />

9) ESPE 1977: <strong>Jiddische</strong> Lieder (espe-Musik -<br />

Stockfisch Diepholz)� ZUPFGEIGENHANSEL<br />

1979: <strong>Jiddische</strong> Lieder (pläne-Verlag<br />

Dortm<strong>und</strong>)� Kai <strong>und</strong> Topsi FRANKL 1981:<br />

- 291 -<br />

Wacht Ojf! <strong>Jiddische</strong> Arbeiter- <strong>und</strong> Widerstandslieder<br />

(FolkFreak, Astrophon)�<br />

10) In: Wolfgang M� Stroh: Leben Ja� Zur Psychologie<br />

musikalischer Tätigkeit� Stuttgart 1984,<br />

S� 62-73�<br />

11) Band 1 (1974) hg� von „Student für Europa e�V�“,<br />

Bad Soden, Taunus��� Band 12 (1998) verlegt<br />

beim B<strong>und</strong>-Verlag, Frankfurt/Main�<br />

12) Dichter jiddischer Lieder, am 4�6�1942 auf<br />

offener Straße von Wehrmachtssoldaten erschossen�<br />

13) RUBIN 1995(b), S� 2-4; LONDON 1996, S� 26-<br />

32; SAPOZNIK 1987, S� 15-17�<br />

14) 1982 gab Mark Slobin 579 übersetzte Seiten des<br />

5-bändigen Gesamtwerks Beregovkis heraus<br />

(SLOBIN 1982), das noch teilweise unerschlossen<br />

ist (nach GOLDIN 1994, S� 380)��<br />

15) Querverbindungen zum antifaschisten Kampf in<br />

der DDR sind innerhalb der „revisionistischen“<br />

Fraktion der BRD-Linken allerdings nicht zu<br />

verkennen�<br />

16) Die Exponate werden im folgenden mit „Objekt<br />

���“ bezeichnet gemäß HYAMS 1998�<br />

17) Beregovski 1962� In: SLOBIN 1982, S� 295�<br />

18) 0,5 gr Safran kosten heute zwischen 8 <strong>und</strong> 12<br />

DM�<br />

19) KÜNKLER-KEHR 1985 (im Ausstellungskatalog)�<br />

20) Alternative Schlußversionen u�a� bei KUHN<br />

1996�<br />

21) Ausgabe KUHN 1965, die heute im Verzeichnis<br />

lieferbarer Bücher als 67� Auflage (1996) beim<br />

Pestalozzi-Verlag Erlangen angeboten wird�<br />

22) Nach GOLDIN 1994 (dort Nr� 103 <strong>und</strong><br />

Anmerkung Kritischer Apparat S� 340: Saul<br />

Ginsberg <strong>und</strong> Peysakh Marek: Jüdische<br />

Volkslieder in Rußland� St� Petersburg 1901, Nr�<br />

130, S� 102�)<br />

23) Titelmelodie des Filmes „Yidl With The Fiddle“<br />

von Itzik Manger� Siehe MLOTEK 1988, S� 258�<br />

24) MLOTEK 1988, S� 121�<br />

25) KÜNKLER-KEHR 1985, S� 174�<br />

26) GÜNZERODT/ASRIEL 1981, S� 18-19�<br />

27) Vgl� HEISKE 1964, 43-44�


Literatur<br />

ENGEL, Jo’el: 50 Kinder-lider [far kinderhejmen,<br />

schuln un familje]� JUWAL (Verlagsgesellschaft<br />

für jüdische Musik), Berlin 1911 (= Objekt L-3, 3�<br />

Auflage 1923)�<br />

GOLDIN, M�D� (Hg�): Anthology Jewish Folk Song�<br />

„Kompositor“-Publishers, St� Petersburg 1994�<br />

GÜNZERODT, Werner <strong>und</strong> ASRIEL, Andre: <strong>Jiddische</strong><br />

Volkslieder� Verlag Neue Musik, Berlin 1981�<br />

HEISKE, Wilhelm: Deutsche Volkslieder in<br />

jiddischem Sprachgewand� In: Jahrbuch für<br />

Volksliedforschung IX, Berlin 1964�<br />

HYAMS, Helge-Ulrike u�a� (Hg�): Jüdisches Kinderleben<br />

im Spiegel jüdischer Kinderbücher“ [Ausstellungskatalog<br />

1998]� BIS-Verlag, Oldenburg<br />

1998�<br />

JALDATI, Lin <strong>und</strong> REBLING, Eberhard: ‘s brent, briderlech,<br />

‘sbrent� <strong>Jiddische</strong> Lieder� Rütten & Loening,<br />

Berlin 1985 (1� Auflage 1966)�<br />

JANDA, Elsbeth <strong>und</strong> SPRECHER, Max M�: <strong>Jiddische</strong><br />

Lieder� Fischer, Frankfurt/Main 1970�<br />

KÜNKLER-KEHR, Inge: Der immerwährende Tod<br />

der „Zehn kleinen Negerlein“� In: Gottfried<br />

Mergner <strong>und</strong> Ansgar Häfner (Hg�): Der Afrikaner<br />

im deutschen Kinder- <strong>und</strong> Jugendbuch� BIS-<br />

Verlag, Oldenburg 1985�<br />

KUHN, Felicitas [<strong>und</strong> SCHMITT-TEICHMANN,<br />

Cilly]: Zehn kleine Negerlein� Pestalozzi-Verlag,<br />

Erlangen 1965 (67� Auflage: 1996)�<br />

LILIENFELD, Francois: A krants scheyne lidlech�<br />

<strong>Jiddische</strong> Lieder� Pan-Verlag, Zürich 1990�<br />

LONDON, Frank: How did this happen? In: Michael<br />

Shapiro (Hg�): Klezmer Music� A Marriage of<br />

Heaven & Earth� ellipsis arts, New York 1996�<br />

MLOTEK, Eleanor Gordon <strong>und</strong> MLOTEK, Joseph<br />

(Hg�): Pearls of Yiddish Song� Educations Dep� of<br />

Workmen’s Circle, New York 1988�<br />

NEBBISJ <strong>und</strong> REBBISJ: ToV� Syncoop Producties,<br />

NL-Schiedam 1996�<br />

RUBIN, Joel <strong>und</strong> OTTENS, Rita: YIKHES� Frühe<br />

Klezmer-Aufnahmen von 1907-1939� Trikont-<br />

Verlag, München 1991�<br />

RUBIN, Joel: Jewish-American Wedding Music from<br />

the Repertoire of Dave Tarras� Wergo, Mainz<br />

1995(a)�<br />

RUBIN, Joel: Eine „instinktive Sehnsucht“� Reflektionen<br />

über das Klezmer-Revival� In: DOYRES�<br />

- 292 -<br />

Traditional Klezmer Recordings 1979-1994�<br />

Trikont-Verlag, München 1995(b)�<br />

SAPOZNIK, Henry: The Complete Klezmer� Tara<br />

Publications, New York 1987�<br />

SLOBIN, Mark (Hg�): Old Jewish Folk Music� The<br />

Collections and Writings of Moshe Beregovski�<br />

Univ� of Pensylvania Press, Philadelphia 1982�<br />

(Siehe Fußnote 14�)<br />

SLOBIN, Mark: Fiddler Off the Roof: Klezmer Music<br />

as an Ethnic Musical Style� In: Moses Rischin<br />

(Hg�): The Jews of North America� Wayne Univ�<br />

Press, Detroit 1987�

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