Plastische Chirurgie 8: Supplement 2 (2008) - DGPRÄC
Plastische Chirurgie 8: Supplement 2 (2008) - DGPRÄC Plastische Chirurgie 8: Supplement 2 (2008) - DGPRÄC
2.3 Verbrennungen 40 Jahre DGPRÄC Zentren für Schwerbrandverletzte in der Bundesrepublik Deutschland Peter M. Vogt, Peter Mailänder, Franz Jostkleigrewe, Bert Reichert, Bernd Hartmann Brandverletzungen zählen zu den schwersten und mit ihren Folgen auch zu den nachhaltigsten Traumen. Mit einer vom Tiefengrad und der Fläche, Inhalationstrauma, Lebensalter und Begleit - verletzungen abhängigen Überlebens-Prognose ergeben sich hohe Anforderungen an die Versorgungsqualität. Bei Kindern determinieren die Folgen der Brand- und Verbrühungsverletzungen in besonderer Weise das Auf - treten von Wachstumsverzögerungen oder Behin derungen durch Narbenkontrakturen und können damit die weitere psychische, schulische und körperliche Entwicklung sowie soziale Langzeitprognose negativ beeinflussen. Daher muß heute allen schwerbrandverletzten Patien - ten eine qualifizierte und modernen Standards entsprechende komplexe plastisch-chirurgische Behandlung gewährt werden. Entsprechende Behandlungskriterien für Schwerbrandverletzte wurden von nationalen und internationalen Fachgesellschaften für Verbrennungs - behandlung eindeutig definiert (Tabelle 1). Hinsichtlich der Unfallursachen findet sich in über 60 % der Fälle eine im privaten Umfeld auftretende Unfallursache. Thermische Verletzungen im Rahmen von Arbeitsunfällen sind in etwa ein Viertel aller in den Verbrennungszentren behandelten Fälle ursächlich. Mit einer konstanten Inzidenz von 10–15 % sind Suizide zu verzeichnen. 100 Plastische Chirurgie 8 (Suppl. 2) � 2008 Versorgungsgrad bei der Behandlung von Schwerbrandverletzten In der Bundesrepublik Deutschland kann man hinsichtlich der Anzahl von ausgewiesenen Betten für Schwerbrandverletzte und der in den Zentren gewährten Behandlungsqualität von einem adäquaten Versorgungs - standard ausgehen. So ergibt sich in Anlehnung an eine Empfehlung der European Burns Association (ein Intensivbett pro 1 Mio Einwohner) für die Bundes - republik Deutschland die notwendige Vorhaltung von 80 Intensivbetten für Schwerbrandverletzte oder für 16 bis 20 Zentren à 4–5 Betten [4]. Verglichen mit den USA (20 Betten pro Zentrum) sind derartige Einheiten klein. Allerdings verfügt die Bundesrepublik Deutschland über eine höhere Bevölkerungsdichte, vergleichsweise kurze Transportwege sowie kürzere verkehrstechnischer An - bin dung und flächendeckenden Rettungsmitteln. Die baulich neuesten Zentren in Deutschland befinden sich derzeit an den BG-Kliniken Berlin, Ludwigshafen, Tübingen und der Medizinische Hochschule Hannover mit einer Bettenkapazität zwischen 4 und 12. Leitlinienbasierte Behandlungsqualität Die Deutsche Gesellschaft für Verbrennungsmedizin e.V. (DGV) wurde als interdisziplinäre wissenschaftliche Gesellschaft von Plastischen Chirurgen gegründet. Mit der Deutschsprachigen Arbeitsgemeinschaft für Verbren -
40 Jahre DGPRÄC 2.3.1 Zentren für Schwerbrandverletzte nungs behandlung (DAV) sichert und entwickelt sie den Standard ständig weiter. So hat die DGV strukturelle, personelle und medizinische Leitlinien erarbeitet, die zusätzlich durch ein internes Qualitätssicherungssystem aller beteiligten Zentren begleitet werden. Dieses System beruht auf eine umfangreichen Datensammlung, die in Form eines jährlichen von der Arbeitsgemeinschaft der Verbrennungszentren intern veröffentlichten Berichtes Angaben zur Patientenanzahl, Unfallursache, Art des Traumas, Tiefe und Ausdehnung, demographische Daten der Patienten, Begleiterkrankungen und die dabei erzielte Überlebensrate enthält. Weltweit existiert keine vergleichbare Datensammlung von Verbrennungszentren. Indikationen für die Behandlung im Zentrum für Schwerbrandverletzte Die Indikation für die Verlegung in ein Zentrum für Schwerbrandverletzte ergibt sich aus Parametern, die von der DGV formuliert wurden und vom Verbrennungs - ausmaß, patientenspezifischen Parametern Lokalisa - tionen und Begleitverletzungen abhängen (s. Tabelle 1: „Einweisungskriterien“). Eine Direkteinweisung in ein Brandverletztenzentrum vom Unfallort ist nur in Einzel - f ällen sinnvoll, wenn sich das Unfallereignis ohne größere räumliche Distanz zum Zentrum ereignet hat. In den meisten Fällen erfolgt die Koordination über die zentrale Bettenvermittlung in Hamburg. Nur so können bei feh- Tabelle 1 Einweisungskriterien in ein Brandverletzten-Zentrum (Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Verbrennungsmedizin e.V., www.verbrennungsmedizin.de) – Alle Patienten mit Verbrennungen an Gesicht/Hals, Händen, Füßen, Ano-Genitalregion, Achselhöhlen, Bereiche über großen Gelenken oder sonstiger komplizierter Lokalisation – Patienten mit mehr als 15 % zweitgradig verbrannter Körperoberfläche – Patienten mit mehr als 10 % drittgradig verbrannter Körperoberfläche – Patienten mit mechanischen Begleitverletzungen – Alle Patienten mit Inhalationsschaden – Patienten mit Vorerkrankungen oder Alter unter 8 Jahren bzw. über 60 Jahren – Alle Patienten mit elektrischen Verletzungen lenden Aufnahmekapazitäten unnötige Wege und damit Zeitverluste und Schaden für den Patienten abgewendet werden. Brandverletztenzentren – Versorgungsstruktur 1964 wurde erstmals in Deutschland eine Abteilung für Schwerbrandverletzte und Plastische Chirurgie an den Berufsgenossenschaftlichen Krankenanstalten Berg - manns heil in Bochum von Prof. Dr. Dr. Fritz Eduard Müller aufgebaut. Später folgten Ludwigshafen und weitere BG-Kliniken, das Klinikum Bogenhausen, das Klinikum der RWTH Aachen und weitere Uni ver si täts - klinken. Nach den Vorbildern englischer und US-amerikanischer Zentren konnte hier das Prinzip der Einheit von Intensivmedizin, aseptischer Wundpflege, Hautersatz und vor allem Plastischer Chirurgie umgesetzt werden, die auch heute noch die Basis der modernen Verbrennungs - behandlung darstellt. Nahezu alle Zentren für die Behand - Abb. 1 101 Plastische Chirurgie 8 (Suppl. 2) � 2008
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nungs behandlung (DAV) sichert und entwickelt sie den<br />
Standard ständig weiter. So hat die DGV strukturelle, personelle<br />
und medizinische Leitlinien erarbeitet, die zusätzlich<br />
durch ein internes Qualitätssicherungssystem aller<br />
beteiligten Zentren begleitet werden. Dieses System<br />
beruht auf eine umfangreichen Datensammlung, die in<br />
Form eines jährlichen von der Arbeitsgemeinschaft der<br />
Verbrennungszentren intern veröffentlichten Berichtes<br />
Angaben zur Patientenanzahl, Unfallursache, Art des<br />
Traumas, Tiefe und Ausdehnung, demographische Daten<br />
der Patienten, Begleiterkrankungen und die dabei erzielte<br />
Überlebensrate enthält. Weltweit existiert keine vergleichbare<br />
Datensammlung von Verbrennungszentren.<br />
Indikationen für die Behandlung im Zentrum für<br />
Schwerbrandverletzte<br />
Die Indikation für die Verlegung in ein Zentrum für<br />
Schwerbrandverletzte ergibt sich aus Parametern, die<br />
von der DGV formuliert wurden und vom Verbrennungs -<br />
ausmaß, patientenspezifischen Parametern Lokalisa -<br />
tionen und Begleitverletzungen abhängen (s. Tabelle 1:<br />
„Einweisungskriterien“). Eine Direkteinweisung in ein<br />
Brandverletztenzentrum vom Unfallort ist nur in Einzel -<br />
f ällen sinnvoll, wenn sich das Unfallereignis ohne größere<br />
räumliche Distanz zum Zentrum ereignet hat. In den meisten<br />
Fällen erfolgt die Koordination über die zentrale<br />
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Tabelle 1 Einweisungskriterien in ein Brandverletzten-Zentrum (Leitlinien<br />
der Deutschen Gesellschaft für Verbrennungsmedizin e.V.,<br />
www.verbrennungsmedizin.de)<br />
– Alle Patienten mit Verbrennungen an Gesicht/Hals, Händen, Füßen,<br />
Ano-Genitalregion, Achselhöhlen, Bereiche über großen Gelenken<br />
oder sonstiger komplizierter Lokalisation<br />
– Patienten mit mehr als 15 % zweitgradig verbrannter<br />
Körperoberfläche<br />
– Patienten mit mehr als 10 % drittgradig verbrannter Körperoberfläche<br />
– Patienten mit mechanischen Begleitverletzungen<br />
– Alle Patienten mit Inhalationsschaden<br />
– Patienten mit Vorerkrankungen oder Alter unter 8 Jahren bzw. über 60<br />
Jahren<br />
– Alle Patienten mit elektrischen Verletzungen<br />
lenden Aufnahmekapazitäten unnötige Wege und damit<br />
Zeitverluste und Schaden für den Patienten abgewendet<br />
werden.<br />
Brandverletztenzentren – Versorgungsstruktur<br />
1964 wurde erstmals in Deutschland eine Abteilung<br />
für Schwerbrandverletzte und <strong>Plastische</strong> <strong>Chirurgie</strong> an den<br />
Berufsgenossenschaftlichen Krankenanstalten Berg -<br />
manns heil in Bochum von Prof. Dr. Dr. Fritz Eduard<br />
Müller aufgebaut. Später folgten Ludwigshafen und weitere<br />
BG-Kliniken, das Klinikum Bogenhausen, das<br />
Klinikum der RWTH Aachen und weitere Uni ver si täts -<br />
klinken.<br />
Nach den Vorbildern englischer und US-amerikanischer<br />
Zentren konnte hier das Prinzip der Einheit von<br />
Intensivmedizin, aseptischer Wundpflege, Hautersatz<br />
und vor allem <strong>Plastische</strong>r <strong>Chirurgie</strong> umgesetzt werden, die<br />
auch heute noch die Basis der modernen Verbrennungs -<br />
behandlung darstellt. Nahezu alle Zentren für die Behand -<br />
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