Schiffbruch als Metapher
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werden, wird dem Staatschef die Aufgabe zugesprochen, das schützende Staatsschiff durch diese<br />
Gefahren hindurch zu navigieren. „Das Bild des in nautischer Symbolik umschriebenen<br />
Staatsschiffes hat besonders in der attischen Tragödie des 5. vorchristlichen Jahrhunderts<br />
Verwendung gefunden, wie z.B. die Anfangszeilen der Tragödie ‚Sieben gegen Theben’ von<br />
Aischylos oder die Schilderung des Staatsschiffes im Sturm in ‚König Oedipus’ von Sophokles<br />
belegen.“ 14<br />
2.2.1.3 Das Kirchenschiff<br />
Auch die christliche Religion verwendet Bilder, die aus dem Bereich der Schifffahrt stammen. Das<br />
Vorbild liefert die Arche Noah, die in der Bibel <strong>als</strong> einziger Schutz auf der gefährlichen Reise auf<br />
dem chaotischen Meer beschrieben wird. Deutlich wird hier die in der Mythologie des<br />
Mittelmeerraumes verbreitete Dämonisierung des Meeres <strong>als</strong> Sitz böser Kräfte. Eine andere<br />
Erklärung für die christliche Schiffsymbolik führt auf die ‚Demonstratio de Christo et Antichristo’<br />
des Hippolyt von Rom zurück. Auch hier „wird die Welt mit dem Meer synonym gesetzt, auf dem<br />
sich das den Stürmen ausgesetzte Schiff befindet. Unter dem Schutze Christi, des Steuermanns,<br />
gelangen die Gläubigen sicher an den Ort ihrer Bestimmung.“ 15 Der Mastbaum erscheint wie das<br />
christliche Symbol des Kreuzes. 16 Der Ausdruck "Kirchenschiff" wird auch für die drei oder fünf<br />
Teilhallen einer Kathedrale verwendet - „eine Stein gewordene Schiffs-<strong>Metapher</strong> aus ältester<br />
Tradition.“ 17<br />
2.2.1.4 Das Narrenschiff<br />
Am Ende des Mittelalters beginnt die bisher feste Verbindung zwischen dem Schiffsmotiv und dem<br />
Glauben brüchig und für säkulare Deutung offener zu werden. Die 1494 erschienene Mor<strong>als</strong>atire<br />
„Das Narrenschiff“ 18 von Sebastian Brant beschreibt die Seefahrt eines Schiffes, dessen Mannschaft<br />
sich aus Narren zusammensetzt. Analog zum Mikrokosmos der Gesellschaft, den das Schiff bildet,<br />
verkörpern diese Narren die Fehltritte und Laster der Menschen in satirisch überspitzter Form.<br />
2.2.2 Das Scheitern der Schifffahrt: Der <strong>Schiffbruch</strong><br />
14<br />
Mertens, S. 26.<br />
15<br />
Mertens, S. 28. Vgl. hierzu auch die Geschichte von Jesus und seinen Jüngern im Sturm in: Markus 4,35-41. In:<br />
Kirchenrat des Kantons Zürich (Hg.): Die Heilige Schrift des Alten und des Neuen<br />
Testaments. Zürich 1967.<br />
16<br />
Vgl. Rahner, S. 239-564.<br />
17<br />
Hönig, S. 23.<br />
18<br />
Brant, Sebastian: „Das Narrenschiff“. Stuttgart 1992.