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Schiffbruch als Metapher

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Buch der ‚Metamorphosen’ von Ovid ebenfalls auf, hier ist sie aber auf die Eroberung des Himmels<br />

übertragen: Die Erzählung über Daedalus und Ikarus berichtet von Menschen, die sich wie Vögel in<br />

die Lüfte erhoben haben. „Jedermann weiß, wie wenig gut das gehen konnte: Vom Vater sich<br />

entfernen, den Sternen sich zu nähern. (…). Das Bild des stürzenden Ikarus ist in die Bilderwelt<br />

eingegangen.“ 80 So schreibt Hans Blumenberg in der kurzen Betrachtung „Der Sturz des Ikarus“,<br />

die in der Sammlung astronoetischer Glossen „Die Vollzähligkeit der Sterne“ 81 zu finden ist. Die<br />

Raumfahrt bestimmt er <strong>als</strong> „Symbol einer Freiheit, die seit jeher darin bestanden hatte, nicht ans<br />

Irdische gefesselt zu sein, und wenn es <strong>als</strong> Seelenwanderung oder Himmelfahrt gedacht war.“ 82 Mit<br />

dem ersten Menschen im Weltraum, Juri Gagarin am 12. April 1961, wurde auf dem Gebiet der<br />

bemannten Raumfahrt ein erster Höhepunkt erreicht. Der in der Literatur schon früh beschriebene<br />

Versuch einer „Reise zum Mond“ 83 gelang am 20. Juli 1969 mit der Raumkapsel ‚Apollo 11’, in der<br />

sich Neil Armstrong und Edwin Aldrin befanden. 84 Am 28. Januar 1986 erlitt die Raumfahrt mit der<br />

Explosion der „Challenger“, bei der sieben Astronauten ums Leben kamen, ihre bisher größte<br />

Katastrophe. Die bemannte Raumfahrt kann <strong>als</strong> Abbild des menschlichen Strebens, naturgegebene<br />

Grenzen durch Forschung und Technik ständig zu erweitern, gesehen werden und ähnelt so der<br />

‚Challenge’, dem Wagnis der Schifffahrt in der Antike. Und auch hier begegnen dem Menschen<br />

ähnliche Gefahren und Erfahrungen, die zu philosophischer Reflexion herausfordern. „Die Frage<br />

etwa nach dem ‚Woher’ und ‚Wohin’ des Menschen, nach Sinn und Ziel des Lebens, nach<br />

Wirklichkeit und Wahrheit, Recht und Gerechtigkeit und schließlich auch die Frage nach der<br />

Möglichkeit einer transzendenten Wirklichkeit, die Frage nach Gott <strong>als</strong>o.“ 85 Die Überlegungen<br />

Blumenbergs, deren Ausgangsposition die von Lukrez geprägte <strong>Metapher</strong>nkonstellation<br />

„<strong>Schiffbruch</strong> mit Zuschauer“ bildete, könnten in einer Analyse ihrer Darstellung und Semantik in<br />

literarischen und filmischen Werken des Science-Fiction-Genres fortgeführt werden. Die Leitfragen<br />

dieser Untersuchung unter dem Titel „Havarie im Sternenmeer“ wären:<br />

- Welche Bedeutungszuschreibungen erhalten die Konstituenten Mensch – (Sternen-)Meer –<br />

(Raum-)Schifffahrt und Scheitern?<br />

- Warum reizt es den Menschen in das ‚Sternenmeer’ aufzubrechen?<br />

- Welche Herausforderungen erwarten ihn dort?<br />

- Warum erleidet er <strong>Schiffbruch</strong>?<br />

80<br />

Blumenberg, Hans: Die Vollzähligkeit der Sterne. Frankfurt 2000, S. 50.<br />

81<br />

Blumenberg 2000, S. 50.<br />

82<br />

Ders. in: „Vorwegnahme der Raumfahrt <strong>als</strong> <strong>Metapher</strong>“ in : ders. 2000, S. 210.<br />

83<br />

Vgl. Verne, Jules: Die Reise zum Mond. 12. Auflage, Zürich 1976. In diesem erstm<strong>als</strong> 1865 erschienen Roman wird<br />

erzählt, wie drei Menschen und zwei Hunde versuchen, den Mond zu bereisen. Es bleibt allerdings bei dem Versuch,<br />

die Besatzung kehrt daraufhin unversehrt wieder zur Erde zurück.<br />

84<br />

Vgl.: Siefahrt, Günther: Geschichte der Raumfahrt. München 2001.<br />

85<br />

Frisch, Matthias; Lindwedel, Martin; Schärtl, Thomas: Wo nie zuvor ein Mensch gewesen ist. Science-Fiction-Filme:<br />

Angewandte Philosophie und Theologie. Regensburg 2003, S. 5.

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