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Schiffbruch als Metapher

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philosophischen Sprache“ 33 , da keine anderen Ausdrücke zur Verfügung ständen. „Absolute<br />

<strong>Metapher</strong>n beantworten jene vermeintlich naiven, prinzipiell unbeantwortbaren Fragen, deren<br />

Relevanz ganz einfach darin liegt, dass sie nicht eliminierbar sind, weil wir sie nicht stellen,<br />

sondern <strong>als</strong> Daseinsgrund gestellte vorfinden.“ 34<br />

In den „Paradigmen zu einer <strong>Metapher</strong>ologie“ untersucht Blumenberg <strong>Metapher</strong>n der Wahrheit<br />

(wie etwa die der ‚nackten’ Wahrheit) und verfolgt den historischen Verlauf ihrer Semantik, wobei<br />

er sich auf philosophische, kunstästhetische und literarische Zeugnisse stützt. Um den<br />

pragmatischen Sinn der absoluten <strong>Metapher</strong> zu veranschaulichen, führt er unter anderem „die alte<br />

Schicks<strong>als</strong>metapher vom ‚Schiff auf dem Meere’“ 35 an und bemerkt, dass dies das Thema „einer,<br />

noch zu leistenden, sehr reizvollen Sonderuntersuchung“ 36 sei. Ein Vorhaben, das er knapp zwanzig<br />

Jahre später in die Tat umsetzt und aus dem das 1979 erschienene Buch „<strong>Schiffbruch</strong> mit<br />

Zuschauer“ 37 resultiert.<br />

2.4.1 Blumenberg und die nautische <strong>Metapher</strong><br />

2.4.1 Seefahrt <strong>als</strong> Grenzverletzung<br />

Der Ausgangspunkt Blumenbergs ist die Feststellung, dass der Mensch, obwohl er ein<br />

Landbewohner ist, sich bei der Beschreibung seines Daseins vieler <strong>Metapher</strong>n bedient, die aus dem<br />

Bereich der Seefahrt stammen. 38<br />

Den Grund hierfür sieht Blumenberg unter anderem in der Theorie des ionischen Naturphilosophen<br />

Thales begründet, der das bewohnbare Land <strong>als</strong> ein Floß, das auf dem Meer treibt, beschrieben<br />

hatte. Der Ozean bildete aufgrund seiner Größe und unergründlichen Tiefe die imaginierte Grenze<br />

der Lebenswelt der Menschen. „Unter den elementaren Realitäten, mit denen es der Mensch zu tun<br />

hat, ist ihm die des Meeres – zumindest bis zur Eroberung der Luft- die am wenigsten geheure.“ 39<br />

Blumenberg nimmt in seinen Ausführungen Bezug auf die christliche Ikonographie und die<br />

griechische Mythologie, die das Meer <strong>als</strong> dämonisierte Sphäre der Unberechenbarkeit, in der<br />

Orientierung schwer möglich sei, beschreibt. „Die Irrfahrt ist in ihrer reinen Form Ausdruck für die<br />

Willkür der Gewalten, die Verweigerung der Heimkehr, wie dem Odysseus geschieht, die sinnlose<br />

Umtreibung und schließlich der <strong>Schiffbruch</strong>, in denen die Zuverlässigkeit des Kosmos fraglich und<br />

sein gnostischer Gegenwert vorweggenommen wird.“ 40 Einen Grund für die Bestrafung, die in<br />

33 Ders. 1960, S. 9.<br />

34 Ders. 1960, S. 19.<br />

35 Ders. 1960, S. 29. Vgl. hierzu auch das Kapitel „Schifffahrtsmetaphern“ in: Curtius, Ernst Robert: „Europäische<br />

Literatur und lateinisches Mittelalter“. 6. Auflage, Bern 1967, S. 138ff.<br />

36 Blumenberg 1960, S. 29.<br />

37 Blumenberg, Hans: <strong>Schiffbruch</strong> mit Zuschauer. Paradigma einer Daseinsmetapher. Frankfurt/M. 1997.<br />

38 Vgl. hierzu die seitenlange Aufzählung im Kapitel „Maritime <strong>Metapher</strong>n in Alltagsredewendungen“ In: Hönig,<br />

Christoph: Die Lebensfahrt auf dem Meer der Welt. Der Topos. Texte und Interpretationen. Würzburg 2000, S. 34ff.<br />

39 Blumenberg 1997, S. 9.<br />

40 Ders. 1997, S. 11.

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