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Corporate Publishing<br />
Wo Schinken und Käse tabu sind<br />
CP Analyse Studien<br />
R e P o R t S U N d A N A ly S e N 2 0 0 6<br />
Bei vielen Magazinen ist heute Vielsprachigkeit gefordert. Eine Herausforderung<br />
an Know-how und Fingerspitzengefühl.<br />
Deutsche Unternehmen sind Exportweltmeister.<br />
Das gilt nicht nur für<br />
Maschinen und Anlagen, sondern<br />
auch für Kundenmagazine. Jedes dritte<br />
deutsche Magazin erscheint inzwischen<br />
auch in einer englischsprachigen<br />
Ausgabe. Soweit das Pflichtprogramm.<br />
In der Kür kann bei einem<br />
zunehmend internationalen Publikum<br />
dagegen nur noch punkten, wer<br />
mehr bietet: Fernfahrer-Magazine<br />
wie „InMotion“ von MAN, „Route“<br />
von DaimlerChrysler oder „Rolling<br />
Steel“ von Volvo kommen längst auch<br />
in Holländisch, Dänisch, Polnisch,<br />
Tschechisch, Französisch oder Spanisch<br />
auf den Markt. Das Beratermagazin<br />
„think:act“ von Roland Berger,<br />
bisher auf Deutsch und Englisch erschienen,<br />
wird jetzt auch in Polnisch<br />
und Russisch gedruckt. Wahre Sprachgenies<br />
sind die Kundenmagazine von<br />
Fahrzeugherstellern wie BMW oder<br />
von Banken wie American Express: 35<br />
Länderversionen und mehr sind hier<br />
keine Seltenheit.<br />
Damit diese Sprachenvielfalt nicht<br />
im babylonischen Chaos endet,<br />
braucht es eine straffe Organisation<br />
und Kompetenzen, die weit über die<br />
reine Übersetzung hinausgehen. Denn<br />
das Übertragen eines Textes in eine<br />
fremde Sprache ist zugleich das Übertragen<br />
von Werten und Denkmustern<br />
– inklusive aller Chancen, aber auch<br />
aller Risiken einer Grenzüberschreitung.<br />
Das Merkmal des Instruments<br />
Kundenmagazin, seine Emotionalität,<br />
kann sich dabei ebenso als Vorteil erweisen<br />
wie als Nachteil. Internationalisierte<br />
Magazine können Herzen und<br />
neue Märkte öffnen, sie können diese<br />
aber auch für lange Zeit verschließen.<br />
Denn es stehen viele Fettnäpfchen<br />
bereit.<br />
Geografische Bezeichnungen zählen<br />
zweifellos dazu. Für Verstimmung<br />
sorgte kürzlich in einem englischsprachigen<br />
Magazin für arabische Leser<br />
eine Reisegeschichte vom „Persischen<br />
Golf“. Es gibt aber wohl keinen<br />
Araber, der dieses Gewässer nicht als<br />
„Arabischen Golf“ bezeichnen würde.<br />
Auslandskorrespondenten<br />
als Trendscouts<br />
Auch die Bildauswahl birgt Risiken.<br />
Dass das Foto einer Frau am Steuer<br />
nichts in Kundenmagazinen orientalischer<br />
Länder zu suchen hat, das hat<br />
sich herumgesprochen. Dass auch ein<br />
Bild mit einem delikaten Serrano-<br />
Schinken in Ländern mit überwiegend<br />
jüdischer oder muslimischer Bevölkerung<br />
Bauchgrimmen verursacht,<br />
wird schnell übersehen. Und dass die<br />
fröhliche Runde vor Käseplatte und<br />
Alpenpanorama – wie jüngst in einem<br />
US-Kundenmagazin abgedruckt<br />
– Lesern in China und Japan auf den<br />
Magen schlug, setzt schon profundere<br />
Kenntnisse kultureller Unterschiede<br />
voraus. „Asiaten schüttelt es schon,<br />
wenn sie Käse auch nur sehen“, weiß<br />
Michelle Mussler, die lange Zeit als<br />
Reisejournalistin arbeitete und nun<br />
für den Dienstleister Journal International<br />
das Kundenmagazin „Momentum“<br />
des Uhrenherstellers Glashütte<br />
Original internationalisiert.<br />
– 105 –<br />
internationale<br />
Kundenmagazine<br />
CoRPoRAte PUbliShiNG<br />
02. Mai 2006<br />
Für Mussler beginnt Übersetzungsqualität<br />
bereits bei den deutschen Basistexten:<br />
„Keine Floskeln, keine feststehenden<br />
Begriffe“. Sätze wie „reinen<br />
Wein einschenken“ oder „Ross und<br />
Reiter nennen“ sind Stolperfallen<br />
und Fehlerquellen für Übersetzer.<br />
Von ihnen fordert Mussler gleich zwei<br />
Kernkompetenzen: Sie müssen Muttersprachler<br />
sein und journalistische<br />
Erfahrung haben. Übersetzungsbüros<br />
hält sie für geeigneter als Einzelkämpfer.<br />
Nicht allein wegen der Ausfallsicherheit,<br />
sondern auch wegen der<br />
stilistischen Vielfalt der Texte.<br />
Fündig werden Dienstleister wie<br />
Journal International, BurdaYukom,<br />
Corps oder Gruner + Jahr, die viele<br />
Magazine internationalisieren, oft<br />
bei Auslandskorrespondenten großer<br />
deutscher Magazine und Tageszeitungen.<br />
Meist freiberuflich tätig,<br />
dürfen sie Fremdaufträge annehmen,<br />
sie leben im jeweiligen Land, und<br />
sie erkennen als erfahrene Journalisten<br />
frühzeitig Trends und Themen.<br />
Mitunter fehlt ihnen allerdings die<br />
spezifische Marktkenntnis der Auftraggeber.<br />
Auch für dieses Manko kennt<br />
Mussler eine kluge Lösung: einheimische<br />
Brand Manager der herausgebenden<br />
Unternehmen. Sie kennen<br />
Land, Leute und Märkte vor Ort,<br />
können zugleich, so Mussler, „wun-