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FINE Ein Magazin für Wein und Genuss 1|2015 – DUFTSTARS 2015

Sonderbeilage zur Verleihung der DUFTSTARS 2015

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E I N E S O N D E R B E I L A G E D E S T R E T O R R I V E R L A G S<br />

der Verlag <strong>für</strong> Essen, Trinken <strong>und</strong> <strong>Genuss</strong> <strong>1|<strong>2015</strong></strong><br />

EIN MAGAZIN FÜR WEIN UND GENUSS<br />

D U F T S T A R S 2 0 1 5


EIN MAGAZIN FÜR WEIN UND GENUSS<br />

Verleger <strong>und</strong> Herausgeber<br />

Ralf Frenzel<br />

ralf.frenzel@fine-magazines.de<br />

Chefredakteur<br />

Thomas Schröder<br />

thomas.schroeder@fine-magazines.de<br />

Redaktion<br />

Carola Hauck<br />

Art Direction<br />

Guido Bittner<br />

Mitarbeiter dieser Ausgabe<br />

Kristine Bäder, Hannah Conradt, Bernd Fritz,<br />

Ursula Heinzelmann, Susanne Kaloff, Krisztina<br />

Koenen, Angelika Ricard-Wolf, Katja Richter<br />

Fotografen<br />

Guido Bittner, Rui Camilo, Johannes Grau,<br />

Marco Gr<strong>und</strong>t, Arne Landwehr, Peter Schulte<br />

Verlag<br />

Tre Torri Verlag GmbH<br />

Sonnenberger Straße 43<br />

65191 Wiesbaden<br />

www.tretorri.de<br />

Geschäftsführer: Ralf Frenzel<br />

Anzeigen<br />

Judith Völkel<br />

Tre Torri Verlag GmbH<br />

+49 (o) 611-57 990<br />

anzeigen@fine-magazines.de<br />

Druck<br />

Prinovis Ltd. & Co. KG · Nürnberg<br />

Fine <strong>Ein</strong> <strong>Magazin</strong> <strong>für</strong> <strong>Wein</strong> <strong>und</strong> <strong>Genuss</strong><br />

ist eine Sonder beilage des Tre Torri<br />

Verlags <strong>und</strong> erscheint im Verb<strong>und</strong> mit<br />

Fine Das <strong>Wein</strong> magazin.<br />

Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt<br />

die Meinung der Redaktion wieder. Der Verlag haftet nicht <strong>für</strong><br />

unverlangt eingereichte Manus kripte, Dateien, Datenträger <strong>und</strong><br />

Bilder. Alle in diesem <strong>Magazin</strong> veröffentlichten Artikel sind urheberrechtlich<br />

geschützt.<br />

Verehrte Leserin, lieber Leser,<br />

»<strong>Ein</strong> Mann muss männlich riechen. Nicht<br />

duften«: Aristophanes, der alte Grieche, hatte<br />

vielleicht gut reden. Er war halt Komödiendichter<br />

<strong>und</strong> konnte sich eine so drollige Pointe<br />

wie die in dem proto feministischen Luststück<br />

» Lysistrata« zur Gaudi seines Publikums leisten.<br />

Was vor bald zweieinhalbtausend Jahren in Athen<br />

noch Lachen auslöste, finden Parfümkreateure<br />

von heute womöglich nicht mehr gar so komisch.<br />

Nicht Männerschweiß wäre der Duft, den sie dem<br />

weltläufigen Herrn empfählen <strong>–</strong> ihr Ideal ginge<br />

wohl eher in Richtung Alaska-Zeder, Limettenkaviar,<br />

Bergamotte oder Amber. Schon der poetische<br />

Klang solcher Namen weckt Empfindungen,<br />

von denen der Mensch, sei er weiblich oder<br />

männlich, sich im Wonnemonat Mai nur zu gern<br />

heimgesucht sieht.<br />

Denn allenthalben haut Mutter Natur jetzt<br />

auf die Aromen-Pauke. Da geht es nicht nur um<br />

prangende Kirsch- <strong>und</strong> Apfelblüten, um be törende<br />

Veilchen <strong>und</strong> überbordende Rosen, die der Nase<br />

ihre Duftarpeggien darbieten. Da mischt sich<br />

auch ein zarter Frischehauch von jungem Gemüse<br />

hinein, von bizzligen Radieschen, geriebenem<br />

Meer rettich, knackigem Kohlrabi <strong>und</strong> saftigem<br />

Spargel. Und zu all dem trägt der Frühlingswind<br />

auch sanfte Schwaden appetitanregender Röstaromen<br />

he rüber: Ah, der Nachbar hat in seinem<br />

Garten den Grill angeworfen <strong>–</strong> <strong>und</strong> zumindest<br />

unsere Nasen dürfen mitgenießen. Die ganze Welt<br />

erscheint wie ein einziges Duftlabor!<br />

Warum also ausgerechnet zur Maienzeit, wenn<br />

der Mensch die Nasenflügel wie sonst nie zur Feier<br />

seines Geruchssinns weitet, in Berlin Jahr <strong>für</strong> Jahr<br />

in einer großen Gala die Duftstars, die Oscars<br />

sozusagen der Parfümbranche in Deutschland,<br />

ver geben werden <strong>–</strong> dies unseren Leserinnen <strong>und</strong><br />

Lesern erklären zu wollen, hieße wohl, um noch<br />

einmal unseren Lieblingsgriechen Aristophanes<br />

zu zitieren, Eulen nach Athen zu tragen.<br />

Ralf Frenzel<br />

Herausgeber<br />

Thomas Schröder<br />

Chefredakteur<br />

THE NEW FRAGRANCE FOR MEN<br />

INHALT<br />

6<br />

10<br />

14<br />

20<br />

22<br />

26<br />

30<br />

36<br />

38<br />

42<br />

44<br />

Die »Nase« von Hermès<br />

Jean-Claude Ellena<br />

Strategin der Schönheit<br />

Claudia Reinery von Douglas<br />

Genesis<br />

Der Gasgrill von Weber<br />

Auf Expedition<br />

Die drei Herrenduftklassiker von Issey Miyake<br />

Roederer Cristal<br />

Die Geschichte des Pinot Noir im Kreideboden<br />

Rosé <strong>und</strong> Noire<br />

Die neuen Düfte von Valentino<br />

Parfüm der Küche<br />

Diner einer perfekten Verführung<br />

»Extrême«<br />

Unverkennbar Bottega Veneta<br />

Der Duft von jungem Gemüse<br />

<strong>Ein</strong>e Liebeserklärung<br />

Deutscher Parfümpreis<br />

Duftstars <strong>2015</strong><br />

Interview<br />

Nicole Nitschke <strong>und</strong> Susanne Rumbler<br />

<strong>FINE</strong> <strong>DUFTSTARS</strong> <strong>2015</strong><br />

5


»Der<br />

Duft<br />

entsteht<br />

im Kopf«<br />

Fotos: Richard Dumas<br />

Jean-Claude Ellena gilt <strong>–</strong> auch unter Kollegen <strong>–</strong><br />

als begnadeter Parfümeur. Der Franzose ist ein<br />

poetischer Minimalist, seine Düfte erzählen<br />

Geschichten <strong>und</strong> ver führen zum Träumen. Die<br />

Deutsche Fragrance Fo<strong>und</strong>ation ehrt den Acht<strong>und</strong><br />

sechzigjährigen jetzt <strong>für</strong> sein Lebens werk<br />

Von Angelika Ricard-Wolf<br />

Zauberer lassen Elefanten verschwinden, zersägen schöne Frauen <strong>und</strong> fliegen<br />

sogar wie Batman über ihre Zuschauer. All das kann Jean-Claude Ellena nicht.<br />

Trotzdem ist er einer der besten Magier der Welt. Wer seinen Künsten vertraut,<br />

landet auf einer Insel mitten im Nil, wo der warme Wüstenwind auf der Haut<br />

<strong>und</strong> die prickelnde Frische grüner Mangos auf der Zunge zu spüren sind. Oder<br />

er findet sich in einem chinesischen Garten wieder, in dem ein Flüsschen glattgegurgelte<br />

Steine umkräuselt, bevor es sich in einem Hain aus Riesenbambus<br />

verliert. Es kann auch sein, dass man sich in Südfrankreichs <strong>Wein</strong>berge versetzt<br />

fühlt, wo man zwischen Reben auf dem Rücken liegend den Geruch von Erde<br />

wahrnimmt <strong>und</strong> der Leichtigkeit der Wolken am Himmel nachspürt. Überall<br />

dorthin schickt Ellena sein Publikum in Nullkommanichts <strong>–</strong> nur mit ein paar<br />

Tropfen Parfüm.<br />

»Ich bin ein Illusionist«, sagt er, <strong>und</strong> seine braunen Augen<br />

funkeln vergnügt. Darauf versteht er sich, Situationen <strong>und</strong><br />

Stimmungen in Düften einzufangen, die dann <strong>–</strong> Flakon auf,<br />

Parfümwölkchen raus, Abrakadabra <strong>–</strong> die Menschen betören.<br />

Dahinter steckt keine Hexerei, sondern ein Handwerk, das<br />

Jean-Claude Ellena von der Pike auf gelernt hat <strong>und</strong> heute<br />

beherrscht wie kein Zweiter: das Duftmischen. Mit siebzehn<br />

begann er eine Lehre beim alteingesessenen Parfümfabrikanten<br />

Antoine Chiris im südfranzösischen Grasse, wo<br />

er geboren <strong>und</strong> aufgewachsen ist. Als er zwanzig war, ging er<br />

an die damals neue Parfümeurschule von Givaudan, einem<br />

Schweizer Duftstoffhersteller. Die Ausbildung hätte eigentlich<br />

drei Jahre dauern sollen, aber der talentierte Monsieur<br />

Ellena wurde schon nach neun Monaten als Duftkreateur<br />

eingestellt. Er arbeitete <strong>für</strong> das Unternehmen in New York,<br />

Genf <strong>und</strong> Paris; später wechselte er zum Aromen produzenten<br />

Symrise <strong>und</strong> entwickelte im Lauf der Zeit H<strong>und</strong>erte von<br />

Düften. Darunter so bekannte Klassiker wie »First« <strong>für</strong><br />

6 7<br />

<strong>FINE</strong> <strong>DUFTSTARS</strong> <strong>2015</strong> <strong>FINE</strong> <strong>DUFTSTARS</strong> <strong>2015</strong>


Van Cleef & Arpels, »Eau parfumée au Thé vert« <strong>für</strong> Bulgari<br />

oder »Déclaration« <strong>für</strong> Cartier. In all der Zeit erging es ihm<br />

wie den meisten seiner Kollegen <strong>–</strong> keiner sprach über sie <strong>und</strong><br />

ihre Duftkunst. Das Lob <strong>für</strong> ein erfolgreiches Parfüm heimsten<br />

die Marke, der Star oder der Designer ein, unter deren<br />

Namen der Duft vermarktet wurde.<br />

Tempi passati. Heute nennt <strong>und</strong> kennt man die Namen<br />

der Parfümeure <strong>und</strong> schätzt ihre Kreativität. Immer häufiger<br />

leisten sich große Mode- <strong>und</strong> Dufthäuser einen Hausparfümeur,<br />

der ausschließlich <strong>für</strong> sie tätig ist. Jean-Claude<br />

Ellena gehört seit 2004 zu den Auserwählten, die solch einen<br />

begehrten Exklusivvertrag mit einer Marke haben. Er ist<br />

»die Nase« des Pariser Edelsattlers Hermès. Für das renommierte<br />

Haus hat er w<strong>und</strong>ervolle Kreationen wie die ex quisite<br />

Serie »Hermessence« <strong>und</strong> weltweit bekannte Düfte wie<br />

»Un jardin sur le Nil«, »Terre d’Hermès« oder »Eau de<br />

pamplemousse« geschaffen. Jüngster Coup: »Le jardin de<br />

Monsieur Li«, eine olfaktorische Hommage an die meditative<br />

Klarheit chinesischer Gärten mit Ingredienzien von<br />

Kumquat, Jasmin, Bambus <strong>und</strong> Pflaumenblüten.<br />

»Meine Nase«, sagt Ellena, »ist nur ein Kontrollinstrument.<br />

Mit ihr rieche, vergleiche <strong>und</strong> bewerte ich Duftversionen,<br />

um sie zu korrigieren <strong>und</strong> die laufende Arbeit<br />

daran wieder aufzunehmen.« Denn: »Der Duft entsteht<br />

im Kopf.« Zehn Jahre habe er gebraucht, um Tausende von<br />

Ingredienzien mental abzuspeichern, zwanzig Jahre, um sie<br />

zu beherrschen. »Ich wähle, mische, dosiere Dutzende von<br />

Geruchszutaten mit meinem Gedächtnis. Für mich sind<br />

diese Materialien wie Worte, mit denen ich eine Geschichte<br />

erzähle.«<br />

Das kann er übrigens durchaus auch mit Worten. Schon<br />

während seiner Zeit bei Symrise verfasste er Artikel über sein<br />

Metier. Heute schreibt er zu jedem seiner Düfte ein charmantes,<br />

manchmal gar märchenhaftes Essay, das von der zarten<br />

Poesie zeugt, mit der er sie komponiert.<br />

Jean-Claude Ellena bezeichnet sich selbst auch als »Pirat,<br />

Dieb, Räuber«. Er betreibe, sagt er, »Freibeuterei an<br />

allen möglichen Orten, um meine Beute zu sammeln <strong>und</strong><br />

in Parfüm umzuwandeln.« Wie das funktioniert, sieht man,<br />

wenn man ihn bei einer »Schatzsuche« begleiten darf. Zum<br />

Beispiel auf einem Ausflug durch die Provence. Da schlendert<br />

er, den Strohhut gegen allzuviel Sonne auf dem Kopf,<br />

ge lassen durch die Straßen der Altstadt von Aix-en-Provence.<br />

<strong>Ein</strong> Flaneur, wie er im Buche steht. Auf dem Markt beäugt er<br />

neugierig die Früchte, trinkt einen Espresso im Café, beobachtet<br />

dabei die Menschen, spaziert weiter zur besten Bäckerei<br />

am Platz <strong>und</strong> verkostet genüsslich Calissons, Mandelkekse.<br />

Schließlich besucht er zum x-ten Mal in seinem Leben das<br />

ver wunschene Geburtshaus des französischen Impressionisten<br />

Paul Cézanne(1839 bis 1906), dem er sich von der Arbeitsweise<br />

her verb<strong>und</strong>en fühlt.<br />

»Cézanne hat nie exakt reproduziert, was er sah. Er malte<br />

es so, wie er es wahrgenommen hat.« Ähnlich arbeite er als<br />

Parfümeur. »Ich kopiere nicht, was ich sehe. Ich gestalte es<br />

nach meiner Sichtweise. Erst wenn man den Blick auf etwas<br />

verändert, wird es interessant.«<br />

Das bedeute, einfach mal etwas länger hinzuschauen, aber<br />

auch hinzuhören. Alles, was ihm auffällt, wenn er, wo auch<br />

immer <strong>–</strong> in Aix, am Nil, in Shanghai oder Paris <strong>–</strong> durch<br />

die Straßen geht <strong>und</strong> sich treiben lässt, notiert er in seinem<br />

Moleskine. Daraus schöpft er seine Ideen. »<strong>Ein</strong> gutes Parfüm<br />

braucht wie ein gutes Musikstück ein Thema. Die Schwierigkeit<br />

liegt darin, drei bis maximal sieben Duftnoten zu finden,<br />

die dieses Thema bilden, das durch die ganze Komposition<br />

mäandert. Und es muss in das Parfüm hineinziehen wie der<br />

erste Satz in einem Artikel oder Roman.«<br />

Im Lauf der Jahre hat er sich zum gerade auch von Kollegen<br />

viel bew<strong>und</strong>erten Minimalisten erzogen. »Den Duft ›First‹<br />

habe ich 1973 noch aus einh<strong>und</strong>ertsechzig Komponenten<br />

zusammengestellt«, amüsiert er sich über seinen jugendlichen<br />

Enthusiasmus <strong>–</strong> er war damals sechs<strong>und</strong>zwanzig Jahre<br />

alt. »<strong>Ein</strong>h<strong>und</strong>ertsechzig! In der Formel finde ich mich nicht<br />

mehr zurecht.« Heute beschränkt er sich auf etwa zwanzig<br />

Ingredienzen pro Duftrezeptur. Insgesamt stehen in seinem<br />

Atelier in Cabris, einem beschaulichen Dorf am Berghang<br />

Fotos: Richard Schröder; Hermès<br />

oberhalb von Grasse, ohnehin nur zweih<strong>und</strong>ert Zutaten mit<br />

denen er arbeitet. Dabei bietet die Branche längst eine Auswahl<br />

von mehr als dreitausend Ingredienzien. Geschenkt.<br />

Klasse braucht keine Masse.<br />

Auf den Weg der konsequenten Reduktion hat ihn der<br />

französische Meisterparfümeur Edmond Roudnitska<br />

(1905 bis 1996) gebracht, der »Diorissimo« <strong>und</strong> »Eau<br />

Sauvage« <strong>für</strong> Dior oder »Femme« <strong>für</strong> Rochas kreiert hat.<br />

Die Begegnungen mit dem Grandseigneur prägten ihn. Er<br />

habe alles gelesen, was jener über Düfte schrieb <strong>und</strong> dessen<br />

Jean-Claude Ellena ist »die Nase« des Pariser Edelsattlers Hermès. In seinem<br />

Atelier in Cabris oberhalb von Grasse erfindet der Minimalist seine betörenden<br />

Parfüms. Für seinen jüngsten Coup, »Le jardin de Monsieur Li« aus seiner<br />

nun fünf Düfte umfassenden Jardin-Serie, ließ er sich von der Stille fernöstlicher<br />

Gärten <strong>und</strong> der Anmut chinesischer Kalligraphie inspirieren.<br />

Parfüms nachgebaut. »Ich sah eine strenge, rigorose Arbeitsweise,<br />

Düfte mit Wirkung, ohne Ballast, Düfte, die atmen.«<br />

Jean-Claude Ellena adaptierte die Verfahrensweise des Vorbilds<br />

<strong>und</strong> führte sie im Lauf der Zeit zur Vollendung. Nie<br />

um ein Zitat von Dichtern <strong>und</strong> Denkern verlegen, versucht<br />

er sein Vorgehen in Anlehnung an einen Aphorismus des<br />

deutschen Philosophen Gottfried Leibniz (1646 bis 1716)<br />

so zu er klären: »Das Rauschen des Meeres besteht aus dem<br />

Geräusch aller einzelnen Wellen. Aber man kann sie nicht<br />

voneinander unterscheiden, sondern hört nur das Gesamtgeräusch.«<br />

So müsse ein gutes Parfüm sein <strong>–</strong> ein <strong>Ein</strong>klang<br />

aus einzelnen Noten, die in ihm verhallen.<br />

Das zu erreichen ist leichter gesagt als getan. Nicht immer<br />

harmonieren die Ingredienzien auf Anhieb so, wie es sich<br />

Jean-Claude Ellenas Kopf vorgestellt hat. Das ist nicht weiter<br />

tragisch, weil er mit Sicherheit die richtige Lösung findet.<br />

Nur »wenn dann die Marketingabteilung anruft <strong>und</strong> sagt,<br />

du musst Anfang September fertig sein, <strong>und</strong> es ist schon<br />

Ende Juli, überkommt mich Panik.« Solche Momente gäbe<br />

es immer mal wieder.<br />

Sie dauern zwar nie lang, erfordern aber sofortige Gegenmaßnahmen:<br />

Abstand <strong>und</strong> Ablenkung. Entweder er geht<br />

spazieren. Oder er kurvt mit seinem Wagen über die Landstraßen<br />

durch seine geliebte Provence. Begleitet von seiner<br />

Frau Susannah, einer gebürtigen Irin, mit der er seit acht<strong>und</strong>vierzig<br />

Jahren verheiratet <strong>und</strong> ein Herz <strong>und</strong> eine Seele ist.<br />

Oder er geht nach Hause <strong>–</strong> er wohnt zweieinhalb Kilometer<br />

entfernt, im Nachbardorf Spéracèdes <strong>–</strong> <strong>und</strong> kocht<br />

ein bisschen. Er ist wie übrigens so mancher Parfümeur ein<br />

hervorragender Koch. Spezialität: Risotto mit schwarzen<br />

Trüffeln <strong>–</strong> weil sie so schön » sinnlich nach Fleisch « riechen.<br />

Wenn der Reis mit einer Spur Butter <strong>und</strong> Schalotten angedünstet<br />

<strong>und</strong> mit <strong>Wein</strong> abgelöscht ist, gibt er die restliche<br />

Flüssig keit dazu, reduziert die Temperatur <strong>und</strong> rührt nicht<br />

mehr um. Er gibt den Zutaten Zeit <strong>und</strong> Raum, aromatisch<br />

vollkommen miteinander zu verschmelzen <strong>und</strong> dennoch<br />

ihren Biss zu behalten. Wie bei seinen Düften. •<br />

8 9<br />

<strong>FINE</strong> <strong>DUFTSTARS</strong> <strong>2015</strong> <strong>FINE</strong> <strong>DUFTSTARS</strong> <strong>2015</strong>


Strategin<br />

der<br />

Schönheit<br />

Claudia Reinery, die der Geschäftsführung von<br />

Douglas angehört, ist eine jener Frauen in der<br />

Wirtschaft, von denen Grosses erwartet wird.<br />

Ihr bisheriger Werdegang begründet das.<br />

Von Krisztina Koenen<br />

Fotos Marco Gr<strong>und</strong>t<br />

Vor einiger Zeit veröffentlichte die Wochenzeitung »Die Zeit« ein »Who is who der Powerfrauen« in der<br />

deutschen Wirtschaft. Unter den »Frauen, die man im Auge behalten sollte« war auch Claudia Reinery.<br />

Dort wurde ihr eine große Zukunft vorausgesagt, <strong>und</strong> in der Tat kann die Acht<strong>und</strong>vierzigjährige, deren<br />

Karriere geradlinig immer weiter nach oben führte, heute schon bedeutende berufliche Erfolge aufweisen:<br />

Seit dem Abschluss ihres Studiums der Betriebswirtschaft in Köln bekleidete sie verschiedene Führungspositionen<br />

bei Karstadt, war Mitglied der Geschäftsführung beim Kaufhof <strong>und</strong> ist seit 2013 Geschäftsführerin<br />

der Parfümerie Douglas GmbH. Sie trägt die Gesamtverantwortung <strong>für</strong> das Geschäft in Deutschland,<br />

<strong>und</strong> zusammen mit ihren Kollegen in der fünfköpfigen Geschäftsführung erarbeitet sie die Strategien<br />

der Zukunft.<br />

In der Hagener Firmenzentrale sitzt man einer attraktiven<br />

Frau gegenüber, die gern lacht <strong>und</strong> Herzlichkeit ausstrahlt.<br />

Dass ihr großes Interesse dem <strong>Ein</strong>zelhandel, dem so genannten<br />

Endk<strong>und</strong>engeschäft, gilt, wird beim Gespräch schnell klar.<br />

Schon während ihres Studiums interessierten sie die Themen<br />

Menschenführung <strong>und</strong> K<strong>und</strong>enstrategien <strong>–</strong> beides Bereiche,<br />

die <strong>für</strong> den Erfolg eines Unternehmens im <strong>Ein</strong>zelhandel entscheidend<br />

sind. So konzentrierte sie sich im Hauptstudium<br />

auf Handelsmarketing <strong>und</strong> -betriebslehre <strong>und</strong> begann gleich<br />

nach dem Abschluss ein Trainee-Programm bei Karstadt.<br />

Hier erwarb sie den breiten Erfahrungsschatz an der Basis,<br />

der bis zum heutigen Tag eine der Gr<strong>und</strong>lagen ihrer Tätigkeit<br />

bildet. Sie erinnert sich gern an die Zeit, als sie in der<br />

Essener Karstadt-Filiale am Limbecker Platz in der Abteilung<br />

Damen-Oberbekleidung als Verkäuferin »hinterm Tresen«<br />

stand. Dort habe sie viel gelernt, sagt sie. Dinge, die an der<br />

Universität nicht gelehrt würden. Viele der Jahre von 1991 bis<br />

2008, die sie bei Karstadt in mehreren Positionen, zuletzt in<br />

führen der Rolle in der Verkaufsleitung der AG, verbracht hat,<br />

gehören zu den besonders schönen ihres Berufslebens. 2009<br />

wechselte sie in die Geschäftsführung des Kaufhofs, <strong>und</strong> bald<br />

wurde sie von den Medien als eine der Anwärterinnen <strong>für</strong><br />

verschiedene Führungspositionen im <strong>Ein</strong>zelhandel entdeckt.<br />

2013 nahm sie dann jedoch Abschied vom Warenhaus <strong>–</strong> die<br />

Entscheidung fiel zugunsten von Douglas.<br />

Vom Kaufhof spricht sie heute noch in höchsten Tönen<br />

der Begeisterung. Warum also der Wechsel? Claudia Reinery<br />

sucht immer wieder neue Erfahrungen, Kenntnisse, Herausforderungen.<br />

Bei Douglas fand das »Warenhauskind«, wie<br />

sie sich selbst nennt, etwas ganz Neues: die Möglichkeit,<br />

gleich beim führenden Anbieter in die Tiefe einer einzigen<br />

Branche eindringen zu können. Das Geschäft mit der Schönheit<br />

habe, wie jedes andere auch, seine Herausforderungen,<br />

<strong>und</strong> eine Frau müsse man da<strong>für</strong> auch nicht unbedingt sein,<br />

10 11<br />

<strong>FINE</strong> <strong>DUFTSTARS</strong> <strong>2015</strong> <strong>FINE</strong> <strong>DUFTSTARS</strong> <strong>2015</strong>


»Ich bin davon überzeugt,<br />

dass gut aufgestellte Teams<br />

sehr effektiv arbeiten<br />

können. Und mithilfe des<br />

konstruktiven kritischen<br />

Dialogs wird man gemeinsam<br />

immer besser«, sagt<br />

Claudia Reinery über ihre<br />

Arbeitsweise bei Douglas.<br />

versichert Claudia Reinery. Wie überall in der Wirtschaft<br />

verlange Führung auch hier Empathie, Entschiedenheit <strong>und</strong><br />

Durchsetzungsfähigkeit. Was die Branche besonders spannend<br />

macht: Die Nachfrage nach Parfümerie <strong>und</strong> Kosmetik<br />

wächst. Sie weist darauf hin, dass wichtige gesellschaftliche<br />

Trends <strong>für</strong> weitere Wachstumsmöglichkeiten sprechen: das<br />

zunehmende Selbstbewusstsein von Frauen <strong>und</strong> Männern<br />

ebenso wie das wachsende Durchschnittsalter.<br />

Die immer weiter fortschreitende Emanzipation führe<br />

dazu, dass das Aussehen an Wichtigkeit zunimmt. Für<br />

die selbstbewussten Frauen von heute <strong>–</strong> <strong>und</strong> häufig auch <strong>für</strong><br />

Männer <strong>–</strong> ist gut auszusehen eine Selbstverständlichkeit. <strong>Ein</strong><br />

gepflegtes, vitales Auftreten hat im Arbeitsleben ebenfalls an<br />

Bedeutung hinzugewonnen. Die Menschen wollen ein ganz<br />

eigenes Bild von sich entwerfen, ihren eigenen Charakter, ihre<br />

<strong>Ein</strong>maligkeit betonen. Der Phantasie <strong>und</strong> den Möglich keiten<br />

zur Verwandlung sind da kaum Grenzen gesetzt. Deutschlands<br />

Frauen <strong>und</strong> Männer hätten da noch Potential, meint<br />

Claudia Reinery. In Frankreich oder Italien sei die dekorative<br />

Kosmetik um einiges stärker im Alltag verankert als bei<br />

uns, sagt sie, doch das Verhalten der Konsumenten <strong>–</strong> nicht<br />

nur der weiblichen <strong>–</strong> sei gerade in schneller Veränderung<br />

begriffen. Inzwischen sei es nicht nur erlaubt, sondern im<br />

Interesse einer ges<strong>und</strong>en Seele <strong>und</strong> eines ges<strong>und</strong>en Körpers<br />

immer öfter erwünscht, sich zu verwöhnen, sich selbst etwas<br />

Gutes, Schönes zu gönnen. »Und der Mann holt dabei auf«,<br />

stellt sie fest. Zwar lässt er sich weiterhin gern von Frauen<br />

beschenken oder beraten, aber viele zieht es eigenständig<br />

in die Douglas- Filialen. Da stehen ihnen auch männliche<br />

Kollegen mit Informationen zur Seite, auch wenn die meisten<br />

Mitarbeiter Frauen sind.<br />

Unter dem Gesichtspunkt von Schönheit <strong>und</strong> Individualität<br />

ist Altern ein besonderes Thema, das ebenfalls neue<br />

Wachstumsmöglichkeiten eröffnet. Während Jugendlichkeit<br />

das gesellschaftliche Maß vieler Dinge geworden ist, werden<br />

die Menschen immer älter, <strong>und</strong> die Älteren werden immer<br />

mehr. Antiaging-Mittel nehmen deshalb an Bedeutung zu,<br />

sowohl die Pflegeprodukte als auch die Geräte, mit denen<br />

die Pflege wirkungsvoller gemacht werden kann. Gerade in<br />

diesem Bereich kommt der Beratung eine besonders wichtige<br />

Rolle zu, <strong>und</strong> darauf legt man bei Douglas großen Wert.<br />

Wohin wird also die Reise <strong>für</strong> den deutschen Marktführer<br />

gehen, der heute schon über vierh<strong>und</strong>ert Filialen in Deutschland<br />

betreibt <strong>und</strong> mehr als fünf<strong>und</strong>dreißigtausend Produkte<br />

in seinem deutschen Online-Shop anbietet? Den Online-<br />

Shop bezeichnet Claudia Reinery als großen Erfolg. Doch<br />

es sei nicht richtig, stationären <strong>und</strong> Online-Handel als zwei<br />

von einander getrennte Bereiche zu sehen, schließlich wolle<br />

Douglas dem K<strong>und</strong>en »ein nahtloses <strong>Ein</strong>kaufs erlebnis«<br />

bieten. Gleichzeitig gelte es, Vorbehalte aus zuräumen <strong>und</strong><br />

die Mitarbeiter <strong>für</strong> die Digitalisierung zu gewinnen. Sie<br />

möchte erreichen, »dass alle mitgehen <strong>und</strong> die Um stellungen<br />

nicht als Bedrohung, sondern als Chance wahrnehmen.«<br />

Bei Douglas legt man sehr viel Wert darauf, die Vernetzung<br />

der beiden Bereiche herzustellen. So sollen noch im Lauf<br />

dieses Jahres erste Filialen mit Tablets ausgerüstet werden,<br />

um noch mehr Informationen abrufen <strong>und</strong> Bestellungen<br />

schnell <strong>und</strong> problem los bearbeiten zu können: alles im Interesse<br />

der K<strong>und</strong>en.<br />

Claudia Reinery scheint voll in ihrem Beruf, in ihren Aufgaben<br />

aufzugehen. »Ich bin davon überzeugt, dass gut<br />

aufgestellte Teams, die unterschiedliche Persönlichkeiten <strong>und</strong><br />

Fähigkeiten miteinander verbinden, sehr effektiv arbeiten<br />

können. Und mithilfe des konstruktiven kritischen Dialogs<br />

wird man gemeinsam immer besser«, sagt sie über ihre<br />

Arbeitsweise. Womöglich wird sie deshalb zurückhaltend,<br />

wenn es um das Thema weibliche Führungskräfte <strong>und</strong> ihre<br />

Förderung geht. Die Quote werfe ein falsches Licht darauf,<br />

was Frauen durch intensive Arbeit bereits geleistet hätten.<br />

Wenn man mit Hilfe von Quoten den Prozess beschleunigen<br />

wolle, gehe das in Ordnung. »Was aber nicht sein darf,<br />

ist, dass die Qualität der Führungspersonen darunter leidet.«<br />

Sie selbst habe in ihrem Berufsleben keine Benachteiligungen<br />

erlebt. Und wenn ihr einmal etwas nicht gelang, hat sie, statt<br />

zu klagen, versucht, selbst zu reflektieren, warum etwas nicht<br />

so gelaufen ist, wie sie es sich gewünscht hätte.<br />

Nicht nur im Beruf ist ihr der menschliche Kontakt wichtig,<br />

sondern auch im Privatleben. Die gebürtige Wuppertalerin<br />

lebt mit ihrem Mann in der Nähe von Düsseldorf <strong>und</strong><br />

verbringt so viel Zeit wie möglich mit Fre<strong>und</strong>en <strong>und</strong> Familie.<br />

Dass es nicht viel Zeit ist, gibt sie zu. Aber wenn man in<br />

einem Beruf steht, der einen erfüllt, sei die Grenze zwischen<br />

Geschäftlichem <strong>und</strong> Privatem in Auflösung begriffen, erklärt<br />

sie. So müssen wir uns wohl eine glückliche Führungs kraft<br />

vorstellen. •<br />

12 <strong>FINE</strong> <strong>DUFTSTARS</strong> <strong>2015</strong>


Genesis<br />

Oder: wie ein Gasgrill das blaue Band<br />

der Röstaromen flattern lässt<br />

Von Bernd Fritz<br />

Fotos Guido Bittner <strong>und</strong> Rui Camilo<br />

So oft <strong>und</strong> gern Eduard Mörikes Frühlingsgedicht »Er ist’s« auch schon interpretiert wurde: Noch nie ist<br />

jemandem eingefallen, der Dichter könne mit den darin ahnungsvoll das Land streifenden süßen, wohlbekannten<br />

Düften auch die Grillgerüche gemeint haben. Gewiss, was da rauchgeboren durch Wohn gegenden<br />

<strong>und</strong> Gartenkolonien in unsere Nasen zieht, duftet eher nicht süß, zählt aber fraglos zu den Wohlgerüchen <strong>–</strong><br />

sofern die Regeln der Grillkunst beachtet werden. Allerdings reimte Mörike im Schwäbischen <strong>und</strong> nicht<br />

in Amerika, dort, wo das Barbecue mit Beginn des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts langsam zum kulinarischen Massenvergnügen<br />

avancierte <strong>und</strong> vor allem die Luft der Südstaaten aromatisierte. Ob der Schwabe, geboren 1804,<br />

davon K<strong>und</strong>e erhalten haben könnte oder ob er in Stuttgart gar selbst gelegentlich die Grillzange in die<br />

Hand nahm, ist bis dato leider nicht Gegenstand der literaturwissenschaftlichen Forschung gewesen. Fest<br />

steht lediglich, dass er keinen Kugelgrill benutzte. Denn dieser wurde erst im Jahr 1952 erf<strong>und</strong>en, <strong>und</strong> auch<br />

nicht in Schwaben, sondern in Illinois.<br />

Womit wir vom Reimeschmieden zur Metallverarbeitung<br />

gelangt wären resp. zu den Weber Brothers Metal<br />

Works, einer kleinen Chicagoer Firma, die sich unter anderem<br />

mit der Herstellung von Bojen befasste. <strong>Ein</strong>e solche nahm<br />

sich eines Tages ein findiger Mitarbeiter <strong>und</strong> Grillfre<strong>und</strong><br />

vor, trennte die eiserne Hohlkugel mitten durch, erklärte die<br />

größere Hälfte zum Kohlebecken, die kleinere zum Deckel,<br />

<strong>und</strong> der Weber-Kettle-Grill (kettle engl. Kessel) war geboren.<br />

Dem Mann, George Stephen mit Namen, war auf gefallen,<br />

dass sonst im Land durchweg gemauerte Barbecue-Öfen<br />

in Gebrauch waren, die das Grillen zu einer stationären,<br />

abwechslungsarmen Angelegenheit machten. Durch einen<br />

mobilen Grill waren endlich auch andere Nasen zu erreichen<br />

als stets nur die der immergleichen Nachbarn.<br />

Rasch erwies sich, dass Stephen auch geschäftlich die<br />

richtige Nase hatte: Die Abteilung Barbecue wuchs, Metal<br />

Works stellte die Produktion komplett auf Grills um <strong>und</strong> firmierte<br />

bald unter Weber-Stephen Products. Heute ist man<br />

Weltmarktführer <strong>und</strong> das Barbecuing nicht nur fester Bestandteil<br />

der globalen Kulinarik, sondern auch ein begrüßens werter<br />

Faktor zur Aromatisierung der Erdatmosphäre. Genaue Zahlen<br />

<strong>und</strong> Werte liegen hierzu seitens der einschlägigen Institutionen<br />

nicht vor, ebensowenig wie amtliche Schätzungen, was die<br />

Beduftung des deutschen Luftraums betrifft.<br />

Glücklicherweise aber gibt es die Weber-Stephen Deutschland<br />

GmbH in Ingelheim. Hier weiß Geschäftsführer<br />

Frank Miedaner von einem regelrechten Grillboom zu<br />

berichten, der hierzulande um das Jahr 2004 eingesetzt habe<br />

<strong>und</strong> bei Weber 2010 eine Umsatzrakete von sechs<strong>und</strong>dreißig<br />

Prozent Steigerung zündete. Doch lieber als über trockne<br />

Zahlen spricht er von grillkulturellen Phänomenen, die den<br />

Ingelheimern die Nüstern schon ein wenig mit Stolz blähen.<br />

Da sind die jährlich r<strong>und</strong> achtzigtausend Grillkurse, initiiert<br />

von der hauseigenen Grillakademie, die zunehmend auch<br />

von Frauen besucht werden, sei es in Deutschland, Österreich,<br />

der Schweiz oder Mallorca; da steckt, wer in Berlin abends<br />

ausgeht, die Nase nicht nur in Kulturtempel oder Sterne­<br />

Restaurants, sondern schon mal gern in einen Kurs des Weber<br />

Original Store, des fünfh<strong>und</strong>ert Quadratmeter großen Grilltempels<br />

am Hackeschen Markt; da hat das 2010 bei Gräfe &<br />

Unzer erschienene Werk »Weber’s Grillbibel« die Regeln der<br />

Grillkunst im Massenbewusstsein verankert <strong>und</strong> mit seither<br />

vier Millionen verkauften Exemplaren gar Patrick Süskinds<br />

»Parfum« den Grillhandschuh hingeworfen.<br />

Ja, es gab schon einiges zu feiern seit 1999, dem Gründungsjahr<br />

der deutschen Weber-Dependance, <strong>und</strong> diesen Frühling<br />

ist es wieder ein Jubiläum: dreißig Jahre »Genesis«. So<br />

heißt der erste Gasgrill, mit dem Weber-Stephen 1985 der<br />

Konkurrenz zeigte, wo es aromatechnisch langgeht. Deren<br />

Geräte nämlich besaßen die Unart des Aufflammens, hervorgerufen<br />

durch die Verwendung von Lavasteinplatten<br />

zur Abdeckung der Gasbrenner: Das poröse Gestein nahm<br />

das heruntertropfende Fett auf, bis es sich schließlich entzündete<br />

<strong>und</strong> mit einer regelrechten Stichflamme das Grillgut<br />

14 15<br />

<strong>FINE</strong> <strong>DUFTSTARS</strong> <strong>2015</strong> <strong>FINE</strong> <strong>DUFTSTARS</strong> <strong>2015</strong>


Gr<strong>und</strong> zum Feiern: Genesis,<br />

der erste Gasgrill, mit dem<br />

Weber-Stephen Products,<br />

das amerikanische Mutterunternehmen,<br />

auf den<br />

Markt kam, wird in diesem<br />

Frühjahr dreißig Jahre alt.<br />

Sein Erfolg beruht nicht<br />

zuletzt auf den so genannten<br />

Flavor bars, die dem<br />

Grillgut die gewünschten<br />

Röstaromen bescheren.<br />

unschön ankokelte. Die Weber-Ingenieure aber ersannen<br />

eine Ab deckung aus Metall, eine gewinkelte Lamelle, worauf<br />

das Fett nun tropfte wie auf ein kleines Dach <strong>und</strong> neben<br />

den Brennern in die Auffangschale rann. Vorbei war es mit<br />

brennen dem Fett <strong>und</strong> unerquicklichen Aromen.<br />

Aber, werden Gasskeptiker fragen, was ist mit den vertrauten<br />

Barbecue-Wohlgerüchen, wenn der Hauptaromatiseur,<br />

die Holzkohle, nicht mehr mit von der Grillpartie<br />

ist? Frank Miedaner beruhigt: Bei Testverkostungen mit<br />

Köchen <strong>und</strong> Feinschmeckern konnten die Probanden keinen<br />

Unterschied zwischen gas- <strong>und</strong> kohlegegrillten Steaks ausmachen.<br />

Der Gr<strong>und</strong> liegt in einem Geheimnis, das ein französischer<br />

Chemiker namens Maillard gelüftet hat: Tropft der<br />

Fleischsaft auf glühende Kohle oder heißes Metall, entsteht<br />

in einer komplexen Reaktion ein mit Röstaromen gesättigter<br />

Rauch, der das Grillgut überhaupt erst in der wohlbekannten<br />

Weise aromatisiert. Nicht zu Unrecht bezeichnet Weber die<br />

»Genesis«-Lamellen daher auch als »Flavor bars«.<br />

Neben der steigenden Akzeptanz des Gasgrillens hat man<br />

in Ingelheim einen weiteren Trend ausgemacht, der<br />

olfaktorisch empfindsame Passivgriller (Nachbarn) fre<strong>und</strong>lich<br />

stimmen dürfte: Es findet zunehmend hochwertiges Grillgut<br />

den Weg auf die Roste. Und zwar bevorzugt Dry aged beef<br />

von edlen Rinderrassen, Koteletts vom Iberico-Schwein <strong>und</strong><br />

Salzwiesenlamm, nicht zu vergessen handgeangelter Fisch.<br />

Vergessen wird man hingegen bald eine bestimmte Spezies<br />

von Humor, will heißen, die sattsam bekannten Grillwitze.<br />

Wie etwa dieser des Schweizer Kabarettisten Emil Steinberger:<br />

Wenn der Nachbar im Garten grille, habe man »den<br />

Rauch vom Grillieren immer im Schlafzimmer«, <strong>und</strong> »dann<br />

riecht das Pyjama meiner Frau wie eine geräucherte Bockwurst!«<br />

Soweit, so obsolet. <strong>Ein</strong> mit perfekt gegrillten Entrecôtes<br />

vom Kobe-Rind beduftetes Nachtgewand der Gattin<br />

aber dürfte dem ehelichen Liebesleben doch gehörigen Auftrieb<br />

geben, odr?<br />

Natürlich sei, resümiert Frank Miedaner, jeder in der<br />

Wahl von Gerät, Brennstoff <strong>und</strong> Grillgut frei, zumal<br />

Grillen <strong>und</strong> Freiheit genuin zusammengehörten. Von dieser<br />

macht übrigens <strong>–</strong> das soll hier nicht unerwähnt bleiben <strong>–</strong><br />

eine bestimmte Fraktion der deutschen Grillnation aus giebig<br />

Gebrauch. Sie siedelt in Rheinland-Pfalz <strong>und</strong> im Saarland <strong>und</strong><br />

zeigt sich gegen jeden grilltechnischen Fortschritt resistent:<br />

Es sind die Schwenkgriller. Hier schwebt der Grillrost seit<br />

16 17<br />

<strong>FINE</strong> <strong>DUFTSTARS</strong> <strong>2015</strong> <strong>FINE</strong> <strong>DUFTSTARS</strong> <strong>2015</strong>


Gr<strong>und</strong> zum Jubeln: Geschäftsführer Frank Miedaner<br />

von Weber-Stephen Deutschland in Ingelheim weiß<br />

von einem regelrechten Grillboom zu berichten, der vor<br />

etwa zehn Jahren eingesetzt hat <strong>und</strong> der Firma saftige<br />

Umsatzsteigerungen einbrachte.<br />

DIESES BUCH<br />

IST DER BEWEIS ...<br />

dabei eine größere Nähe zum Grillgut zu, was die Beduftung<br />

intensiviert <strong>und</strong> unserem Iberico-Filet eine bisher ungekannte<br />

Würze verleiht. Wenn es dann noch ein schöner Sommer- oder<br />

auch Frühlingsabend ist <strong>und</strong> Rosen <strong>und</strong> Lilien resp. Veilchen,<br />

Hyazinthen <strong>und</strong> Maiglöckchen eine Art Parfüm-Grillmenü<br />

herbeizaubern, ist das Schwenkerglück vollkommen.<br />

Apropos Veilchen. In Mörikes Frühling sind sie am Duftaufkommen<br />

übrigens gar nicht beteiligt: Ihre Blüten sind<br />

nämlich noch geschlossen, »wollen (erst) balde kommen«.<br />

Da fragt sich zum einen, ob der März, als Frühlingsmonat<br />

schlechthin, überhaupt schon angebrochen war, <strong>und</strong> zum<br />

andern, wie unter diesen Umständen die Mörikesche Süße<br />

in seine »wohlbekannte(n)« Düfte kam? Bleibt eigentlich<br />

nur der Seidelbast, aber der ist in Schwaben selten <strong>und</strong><br />

blüht überdies schon Anfang Februar, also praktisch noch<br />

im Winter. Oder war hier am Ende die berüchtigte dichterische<br />

Freiheit am Werk <strong>und</strong> hat die Grillgerüche mal eben<br />

als süß apostrophiert? Aber nicht einmal Schwaben grillen<br />

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... DAFÜR, DASS<br />

GRILLEN VIEL<br />

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jeher an einer Kette frei über dem offenen Kohle becken <strong>und</strong><br />

wird nach Bedarf abgelassen oder höher gezogen; mit der<br />

Folge, dass das Gegrillte wie der Grillende gleichermaßen<br />

aromatisiert werden. Wodurch letzterer nebenbei zu einem<br />

gratis Herrenparfüm kommt <strong>–</strong> dem »Eau de Maillard«<br />

gewissermaßen.<br />

Doch wir wollen nicht nur spotten, sondern auch dem<br />

Schwenkgrill Gerechtigkeit widerfahren lassen. Im eigenen<br />

Garten vor allem braucht er keinen Vergleich zu scheuen,<br />

namentlich, wenn man mit Obstholz grillt, gut getrocknetem,<br />

das beim Rückschnitt <strong>und</strong> Auslichten der Aprikosen-,<br />

Mirabellen-, Pflaumen- oder Kirschbäume anfiel. Gegart wird<br />

langsam, Kettenglied um Kettenglied wird der Abstand des<br />

Grillguts der Hitze der Glut angepasst. Die im Vergleich zur<br />

Kohle deutlich niedrigere Gluttemperatur des Holzes lässt<br />

im Winter. Obschon <strong>–</strong> in Ingelheim kann man von einem<br />

weiteren Trend berichten: Nicht nur vereinzelte Grillschrate,<br />

sondern H<strong>und</strong>erttausende deutscher, österreichischer <strong>und</strong><br />

Schweizer Bürger betätigen sich bereits als Wintergriller. Das<br />

ergibt sich aus belastbaren Zahlen, <strong>und</strong> zwar denen der Auflage<br />

des im vergangenen Herbst erschienenen Weberschen<br />

Sachbuchs »Wintergrillen«, das bis dato einh<strong>und</strong>ertvierzigtausend<br />

Käufer fand.<br />

Unserer Mörike-Grillduft-Hypothese hilft das freilich<br />

nicht weiter; sie bleibt hermeneutische Spekulation an der<br />

Grenze zur Haltlosigkeit. So dürfte, bis die Olfaktorik der<br />

Grillkultur als lyrisches Sujet reüssiert, noch einige Zeit ins<br />

Land gehen. Was bleibt, ist warten. Warten auf einen neuen<br />

Heinrich Heine, der uns irgendwann »Deutschland. <strong>Ein</strong><br />

Wintergrillmärchen« schenkt. •<br />

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18 <strong>FINE</strong> <strong>DUFTSTARS</strong> <strong>2015</strong>


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POL<br />

ISSEY MIYAKE SCHICKT SEINE DREI HERRENDUFTKLASSIKER AUF EXPEDITION<br />

Von Hannah Conradt<br />

Es ist sicher kein Zufall, dass der Name von Issey Miyakes bekanntestem<br />

Duft <strong>–</strong> L’Eau d’Issey <strong>–</strong> fast genau so klingt wie »Odyssee«, die große Reise in<br />

die Welt <strong>und</strong> zu sich selbst. Hinter dieser charmanten Wortspielerei verbirgt<br />

sich im Gr<strong>und</strong>e die ganze Parfüm-Philosophie des japanischen Designers: <strong>Ein</strong><br />

klares <strong>und</strong> starkes Element wie Wasser inspiriert, die Sinne zu weiten, uns<br />

von der Natur überwältigen zu lassen <strong>und</strong> uns selbst zu erk<strong>und</strong>en.<br />

Diesem Gedanken folgend hat Issey Miyake nun<br />

seine drei Herrendüfte L’Eau d’Issey pour Homme,<br />

L’Eau d’Issey pour Homme Sport sowie Nuit d’Issey<br />

an die frische Luft geschickt <strong>und</strong> von drei der profiliertesten<br />

Parfümeure der Welt weiterentwickeln<br />

lassen. »Expeditions« heißt die limitierte Kollektion,<br />

die dieses Frühjahr auf den Markt kommt; sie zeichnet<br />

eine Reise von Pol zu Pol nach.<br />

Für »Polar Expedition« <strong>–</strong> dessen Gr<strong>und</strong>lage L’Eau<br />

d’Issey pour Homme Sport ist <strong>–</strong> hat sich Parfümeur<br />

Christophe Raynaud von dem Dokumentarfilm »Into<br />

the cold« des Fotografen <strong>und</strong> Umwelt schützers<br />

Sebastian Copland inspirieren lassen. Klirrende<br />

Kälte, frische, klare Luft, tiefe, ergreifende Stille <strong>–</strong><br />

das sind die Assoziationen, die »Polar Expedition«<br />

hervorrufen soll, mit einer starken Alaska-Zeder-<br />

Note <strong>und</strong> frischem Limettenkaviar.<br />

»Oceanic Expedition« soll auf Basis von L’Eau d’Issey<br />

pour Homme die Frische einer Seereise erfahrbar<br />

machen <strong>und</strong> zu einem Tagtraum einladen, in dem<br />

man allein auf der Brücke eines Schiffes steht <strong>und</strong><br />

die Energie von Wind <strong>und</strong> Ozean spürt. Parfümeur<br />

Alberto Morillas hat die spritzige Kraft der Grapefruit,<br />

des Petitgrain <strong>und</strong> der Bergamotte mit der auf­<br />

brausenden Frische von Neroli <strong>und</strong> Ingwer kombiniert;<br />

ein Schuss Moschus symbolisiert die weichen<br />

Dunstschwaden über dem Meer.<br />

Und schließlich wird Nuit d‘Issey von Parfümeur Loc<br />

Dong auf die Südhalbkugel geschickt <strong>–</strong> » Austral<br />

Expedition« heißt dieser Duft, der seinen Träger bis in<br />

die unbewohnten, windreichen Weiten der Antarktis<br />

ent führen, aber auch den mystischen Zauber kristallklarer<br />

Seen <strong>und</strong> riesenhafter Bäume ein fangen soll.<br />

Dank Limettenaromen, pikantem Koriander, Enzian<br />

<strong>und</strong> Amberholz wird aus der Nuit d’Issey eine von<br />

strahlenden Polarlichtern erhellte Nacht.<br />

Wie wichtig dem gerade sieben<strong>und</strong>siebzig Jahre alt<br />

gewordenen Issey Miyake die Natur <strong>und</strong> das Reisen,<br />

das physische wie das innerliche, sind, erklärt sich<br />

auch aus seiner Lebensgeschichte: Als Siebenjähriger<br />

überlebte er knapp den Atombombenabwurf<br />

auf seine Heimatstadt Hiroshima <strong>–</strong> dieses<br />

Erlebnis war unter anderem ausschlaggebend <strong>für</strong><br />

seine Entscheidung, sich mit Design <strong>und</strong> Mode zu<br />

befassen, mit dem Schönen, Optimistischen, Lebensbejahenden.<br />

Besonders in seinen Parfüm kreationen<br />

spiegelt Issey Miyake seine Natur erfahrungen. Nicht,<br />

indem die Düfte die Natur selbst zu imitieren versuchen,<br />

sondern indem sie jene Gefühle wecken,<br />

die uns überkommen, wenn wir uns unberührter<br />

Natur gegenübersehen. »Die Natur ist der größte<br />

Parfümeur des Lebens«, hat der Japaner einmal<br />

gesagt. »Man muss sich nur von ihr inspirieren<br />

lassen.« Der Erfolg der arktischen Frischluftkur, die<br />

er seinen drei Herrendüften verschrieben hat, gibt<br />

ihm zweifelsfrei Recht. •<br />

Fotos: Beauté Prestige International<br />

FÜR JEDEN LOOK.<br />

VON EXPERTEN KREIERT.<br />

20 <strong>FINE</strong> <strong>DUFTSTARS</strong> <strong>2015</strong>


»Die Geschichte des<br />

Roederer Cristal<br />

ist die Geschichte<br />

Sieben Kilometer Cristal World <strong>–</strong> so nennt Kellermeister Jean-Baptiste<br />

Lécaillon den in den Fels gehauenen Keller des Champagnerhauses Louis<br />

Roederer in Reims. Auf unzähligen Rüttelpulten bricht sich das gedämpfte<br />

Licht der vereinzelten Lampen in den weissen Flaschen <strong>und</strong> verleiht den<br />

Kellergängen eine nahezu mystische Stimmung. Mindestens sechs Jahre<br />

reift der Roederer Cristal hier seiner exklusiven Bestimmung entgegen.<br />

des Pinot Noir<br />

im Kreideboden«<br />

Bei aller Tradition geht das Champagnerhaus<br />

Louis Roederer, seit fast zweih<strong>und</strong>ert<br />

Jahren im Familienbesitz, mit der Zeit<br />

Von Kristine Bäder<br />

Fotos Johannes Grau<br />

Das Haus Louis Roederer gehört zu den Ausnahmen in<br />

der Champagne. Seit 1819 ist es im Besitz der Familie<br />

Roederer <strong>–</strong> <strong>und</strong> damit eines der letzten unabhängigen großen<br />

Unternehmen. Diese Ungeb<strong>und</strong>enheit hat <strong>für</strong> die Familie, die<br />

heute durch Frédéric Rouzaud präsentiert wird, elementare<br />

Bedeutung. R<strong>und</strong> siebzig Prozent der Trauben, die verarbeitet<br />

werden, stammen aus eigenen <strong>Wein</strong>bergen. »Wir wollen<br />

möglichst viel Kontrolle über unsere Produktion«, er läutert<br />

Jean-Baptiste Lécaillon. Aus diesem Gr<strong>und</strong> ist die Produktion<br />

immer nur langsam gewachsen. Mit etwa zwei Hektar Zukauf<br />

pro Jahr hat das <strong>Wein</strong>gut kontinuierlich seine Flächen erweitert.<br />

»Wir kaufen lieber Land als Trauben«, sagt der Kellermeister.<br />

Der Hektarpreis von anderthalb Millionen Euro<br />

<strong>und</strong> mehr dürfte eine weitere Ursache <strong>für</strong> das eher gemächliche<br />

Wachstum sein.<br />

Seit dem Jahr 2000 beschäftigt man sich bei Roederer<br />

intensiv mit Biodynamie. Inzwischen sind r<strong>und</strong> sechzig<br />

Prozent der Trauben <strong>für</strong> die Prestige Cuvée Cristal aus biodynamischem<br />

Anbau. »Bis 2020 wollen wir bei h<strong>und</strong>ert<br />

Prozent sein«, gibt Jean-Baptiste Lécaillon das Ziel vor. Für<br />

den typischen Roederer-Stil spielt der Terroir-Gedanke eine<br />

zentrale Rolle, <strong>und</strong> mit dem biodynamischen Ansatz will man<br />

diesem Stil noch mehr Ausdruck verleihen. »Die Geschichte<br />

des Roederer Cristal ist die Geschichte des Pinot Noir im<br />

Kreide boden«, fasst Lécaillon zusammen. Doch das Konzept<br />

geht weit da rüber hinaus. Aus eigenen Edelreisern <strong>und</strong> Unterlagsreben<br />

werden die <strong>Wein</strong>stöcke <strong>für</strong> neue <strong>Wein</strong>berge veredelt,<br />

um den typischen Roederer- Stil auch von Pflanze zu<br />

Pflanze weiter zugeben. Im Keller setzt Jean- Baptiste Lécaillon<br />

außerdem auf die eigenen Hefen: »Wir arbeiten mit zehn<br />

Hefen, davon sind fünf Reinzuchthefen, weitere fünf sind<br />

von unseren eigenen Trauben selektioniert <strong>und</strong> vermehrt.«<br />

Die eigenen Hefen stammen aus den biodynamisch bewirtschafteten<br />

<strong>Wein</strong>bergen. Während der Gärung wird die Hefe-<br />

Population über die Tempe ratur ge steuert; die Batonnage,<br />

also das Aufrühren der Hefe während des Ausbaus, ist abhängig<br />

von der Reife der Trauben bei der Ernte. »Je reifer die<br />

Trauben, desto weniger Batonnage machen wir«, erklärt der<br />

Kellermeister.<br />

Den Kreideboden <strong>für</strong> den Pinot-Anteil im Roederer<br />

Cristal findet man entgegen landläufiger Meinung<br />

relativ selten in der Champagne. Vor allem an der Côte de<br />

Blanc <strong>und</strong> stellenweise in der Montagne de Reims herrscht<br />

22 23<br />

<strong>FINE</strong> <strong>DUFTSTARS</strong> <strong>2015</strong> <strong>FINE</strong> <strong>DUFTSTARS</strong> <strong>2015</strong>


JILSANDERFRAGRANCES.COM<br />

Kellermeister Jean-Baptiste Lécaillon verantwortet auch den legendären Roederer Cristal, der 1876 auf Anregung des<br />

russischen Zaren Alexander II. das Licht der Welt erblickte. Die Pinot-Noir-Trauben <strong>für</strong> diesen Goldtropfen kommen<br />

aus der Lage La Goutte d’Or bei Aÿ. In kostbarem Gewand erstrahlt die Sonderedition des großartigen Jahrgangs 2002.<br />

Kreide vor. Das erklärt die große Bandbreite der Pinot-Noir-<br />

Stilistiken. »Im Süden der Champagne fallen die Pinot Noirs<br />

sanft, weich <strong>und</strong> eher r<strong>und</strong> aus, im Norden sind sie deutlich<br />

rauer«, erläutert Jean-Baptiste Lécaillon. Der Cris-<br />

tal wird meist vom Spätburg<strong>und</strong>er dominiert: Sein Anteil<br />

beträgt zwischen fünfzig <strong>und</strong> sechzig Prozent, der Rest ist<br />

Chardonnay. Seine Geburt verdankt der Roederer Cristal<br />

dem russischen Zaren Alexander II. Dessen Begeisterung <strong>für</strong><br />

Roederer- Champagner war so groß, dass er den Auftrag gab,<br />

ihm in jedem Jahr die beste Cuvée zu reservieren. Der erste<br />

Cristal wurde 1876 kreiert. Doch auch optisch verlangte der<br />

Zar etwas Besonderes <strong>für</strong> »seinen« Champagner. Daher ließ<br />

Louis Roederer eine eigene Flasche gestalten: aus klarem Glas<br />

<strong>und</strong> mit einem flachen, da<strong>für</strong> ungewöhnlich dicken Boden,<br />

der dem Druck auch ohne die sonst not wendige Wölbung<br />

standhält. Bis heute wird der Cristal in diese Flaschen gefüllt.<br />

Auch an der Auswahl der Gr<strong>und</strong>weine hat sich nichts geändert:<br />

Nur Trauben aus den besten Cru-Lagen des Hauses<br />

werden verwendet. Doch nicht in jedem Jahr gibt es einen<br />

Cristal, nur wenn die Chardonnay- <strong>und</strong> Pinot-Noir- Trauben<br />

perfekt reifen können, wird er produziert. Nach sechsjähriger<br />

Reifezeit auf der Hefe ruht der Cristal nach dem Degorgieren<br />

weitere acht Monate, bevor er in den Verkauf geht. Für die<br />

Dosage kann Jean-Baptiste Lécaillon auf eine nahezu unerschöpfliche<br />

Auswahl an Reserve weinen zurückgreifen. Etwa<br />

siebenh<strong>und</strong>erttausend Liter in unterschiedlichen Reifegraden<br />

lagern im Reserveweinkeller.<br />

Doch nicht nur der Cristal wird mit so viel Aufwand<br />

<strong>und</strong> Fürsorge produziert. Auch allen anderen Champagnern<br />

des Hauses gilt diese besondere Aufmerksamkeit. Bei aller<br />

Tradition geht das Haus Louis Roederer aber auch mit der<br />

Zeit. Die Ausstattung der Flaschen ist in jüngster Zeit er neuert<br />

worden <strong>und</strong> präsentiert sich nun klassisch <strong>und</strong> geradlinig. Der<br />

verspielte Ton der Verpackungen der »Art Kollektion« will<br />

den Stil der einzelnen Champagner unterstreichen. •<br />

<strong>Ein</strong> Teil von mir<br />

24 <strong>FINE</strong> <strong>DUFTSTARS</strong> <strong>2015</strong>


ALEN<br />

TINO<br />

ROSÉ<br />

UND<br />

NOIRE<br />

Von SUSANNE KALOFF<br />

Eigentlich würden zwei Worte reichen, um zu beschreiben,<br />

wo das Modelabel Valentino heute steht. Die spitz<br />

zulaufen den Rockstud Ballerinas oder die Nieten-<br />

Espadrilles der dies jährigen Frühling/Sommer- Saison,<br />

ob Umhängetasche, Mini-Clutch oder der poppig<br />

bunte Plexiglasarmreif aus der Kollektion Rockstud<br />

1973, sie alle eint ein Begriff: Sold Out. Wenn man den<br />

Online Store der italienischen Luxusmarke besucht,<br />

Die neuen<br />

Düfte von<br />

Valentino<br />

wird schnell klar, dass Valentino einer der begehrtesten<br />

Designer der St<strong>und</strong>e ist. Und das nach mehr<br />

als fünfzig Jahren. Der Modeschöpfer, mit vollem<br />

Namen Valentino Clemente Ludovico Garavani,<br />

der Mitte der 1960er Jahre mit eleganten Haute-<br />

Couture- Abendroben <strong>und</strong> seinem charakteristischen<br />

Valentino- Rot berühmt wurde, hat sich zwar schon<br />

2008 zur Ruhe gesetzt, doch die Marke erlebt mit<br />

den beiden Kreativdirektoren Maria Grazia Chiuri <strong>und</strong><br />

Pierpaolo Piccioli gerade wieder einen Riesenboom.<br />

Fotos: PUIG<br />

Und das nicht nur mit wahnsinnig aufwändigen, aber trag baren Entwürfen<br />

<strong>–</strong> wie zum Beispiel einem Capehemd aus weißer Baumwolle<br />

oder einem Leinenkleid mit Aussteuerstickerei (inspiriert von der traditionellen<br />

Handarbeit italienischer Familien) <strong>–</strong>, sondern auch mit<br />

einer modernen Note. Die Valentino-Frau von Maria Grazia Chiuri <strong>und</strong><br />

Pier Paolo Piccioli ist freier, extremer <strong>und</strong> wagemutiger als jene aus<br />

den Sixties. Sie traut sich mehr <strong>und</strong> greift selbstbewusst zu erstaunlichen<br />

Kombinationen aus Chiffon <strong>und</strong> schwarzem Leder, Kaschmir<br />

<strong>und</strong> Metallnieten, Wolle mit Fischgrätmuster <strong>und</strong> Chantilly-Spitze.<br />

Genau diese Leichtigkeit, diese Mischung aus Klassik <strong>und</strong> Modernität<br />

macht auch den neuesten Duft Valentina Pink aus: Die limitierte<br />

Edition wurde von dem Parfümeurduo Daphné Bugey <strong>und</strong><br />

Valentino Uomo, der erste Herrenduft des Modehauses,<br />

wurde vor einem Jahr mit großem Erfolg lanciert. In dem Spot<br />

ist der französische Schauspieler Louis Garrel der Valentino-<br />

Mann: distinguiert, geheimnisvoll <strong>und</strong> sehr authentisch.<br />

26 27<br />

<strong>FINE</strong> <strong>DUFTSTARS</strong> <strong>2015</strong> <strong>FINE</strong> <strong>DUFTSTARS</strong> <strong>2015</strong>


OSÉ<br />

NOIRE<br />

Fabrice Pellegrin geschaffen. <strong>Ein</strong> Bouquet aus Pfingstrose<br />

<strong>und</strong> Erdbeere mit Akzenten von Brombeere,<br />

gepaart mit Mairose, dem unschuldigen Charme der<br />

Rosenknospe <strong>und</strong> einem Hauch Gourmet-Praline.<br />

All das zeigt sich schon in dem verspielten Flakon:<br />

Das matte Pink <strong>und</strong> die stilisierte Pop-Art-Blüte stehen<br />

<strong>für</strong> Euphorie <strong>und</strong> Energie. Und was gibt einer Frau<br />

mehr Charme als ein heiterer Umgang mit den Höhen<br />

<strong>und</strong> Tiefen des Alltags?<br />

Der Valentino-Mann (jedenfalls jener, den sich die<br />

Kreativ direktoren Chiuri <strong>und</strong> Piccioli vorstellen)<br />

besticht nicht primär durch Leichtigkeit, sondern eher<br />

durch seine distinguierte Haltung. Er wirft sich nicht<br />

in Pose, stattdessen macht das Authentische seine<br />

Eleganz aus. Feingefühl ist sein Markenzeichen. Er ist<br />

kein Nostalgiker, er lebt den Augenblick <strong>und</strong> ist sich<br />

doch voll <strong>und</strong> ganz dessen bewusst, was gewesen<br />

ist. Aus diesem Wissen bezieht er seine Integrität.<br />

Ob man all das wirklich in einen Duft transportieren<br />

kann, bleibt ein Rätsel. Unumstritten jedoch ist<br />

die Tatsache, dass Parfüms sowohl im Träger als<br />

auch im Empfänger etwas hervorrufen. Und dass<br />

beispielsweise Moschus eine völlige andere Sehnsucht<br />

weckt als Bergamotte. Der erste Herren duft aus<br />

dem Hause Valentino wurde 2014 mit großem Erfolg lanciert, heißt<br />

schlicht Valentino Uomo <strong>und</strong> wird in einem Flakon dargeboten, der<br />

an eine edle Likör-Flasche erinnert.<br />

Nun gibt es einen Neuzugang: Valentino Uomo Edition Noire. Schwarz,<br />

die kräftigste aller Nicht farben, hat schon seit jeher eine geheimnisvolle<br />

Ausstrahlung. So auch dieser Duft: Spritzige Bergamotte mit<br />

einer geradezu schockierend würzigen Seite, zart angehaucht von<br />

Myrte <strong>und</strong> feurigen Kaffeenoten. Schon der Flakon der neuen <strong>und</strong><br />

limitierten Version macht eine klare Ansage: Etwas <strong>für</strong> ganze Kerle!<br />

Schwarz, matt <strong>und</strong> mit Nieten versehen. <strong>Ein</strong> Flakon, der sich also<br />

erstklassig neben den eingangs erwähnten Rockstud Ballerinas<br />

machen könnte. •<br />

In limitierten Auflagen kommen<br />

nun Valentina Pink <strong>und</strong><br />

Valentino Uomo Edition Noire<br />

heraus. Während sich das<br />

Parfüm <strong>für</strong> die Dame mit dem<br />

unschuldigen Charme der Rose<br />

präsentiert, tritt der Herrenduft<br />

kraft voll auf: kantig, schwarz<br />

<strong>und</strong> sehr männlich.<br />

28 29<br />

<strong>FINE</strong> <strong>DUFTSTARS</strong> <strong>2015</strong> <strong>FINE</strong> <strong>DUFTSTARS</strong> <strong>2015</strong>


DAS PARFÜM DER KÜCHE<br />

Diner einer perfekten Verführung<br />

Wenn zwei Spitzenköche, ein erfahrener Sommelier, ein Physiker<br />

<strong>und</strong> verschiedene Parfümeure gemeinsam ein Elf-Gänge-Menü<br />

komponieren, entsteht eine kulinarische Symphonie <strong>für</strong> die Sinne<br />

Von Angelika Ricard-Wolf<br />

Fotos Arne Landwehr<br />

»Das Parfüm der Küche« steht auf der <strong>Ein</strong>ladung zum Abendessen. Was <strong>für</strong><br />

ein außergewöhnliches Motto! Es macht neugierig. Entsprechend erwartungsvoll<br />

sitzen die Gäste um die festlich gedeckte Tafel im Münchner Nobelhotel<br />

Mandarin Oriental. Was auf den ersten Blick verwirrt, ist die glitzernde Kristall-<br />

Batterie an Gläsern, die vor jedem Platz steht. Zwei davon sind schon mit einer<br />

klaren Flüssigkeit gefüllt, aber eindeutig nicht mit Wasser oder <strong>Wein</strong>. <strong>Ein</strong>e Papiermanschette<br />

deckt die beiden Kelche ab <strong>und</strong> signalisiert: Trinken nicht erwünscht.<br />

Stattdessen wird zum Apéritif Champagner ausgeschenkt,<br />

Moët & Chandon Grand Vintage 2006. Ralf Frenzel,<br />

Herausgeber der Zeitschrift Fine Das <strong>Wein</strong>magazin <strong>und</strong><br />

einer der drei Gastgeber des Events, hebt das Glas: »Wir<br />

möchten heute einen anderen Aspekt aufzeigen, wie man<br />

Parfüms erklären kann. Nämlich mit Aromabildern, die<br />

unter streichen, welche natürliche Verbindung zwischen Essen,<br />

Trinken <strong>und</strong> Riechen besteht.«<br />

Der Wiesbadener Unternehmer, dessen Verlag Tre Torri<br />

auf anspruchsvolle Koch- <strong>und</strong> <strong>Wein</strong>literatur spezialisiert ist,<br />

hat das Pariser Dufthaus Parfums Givenchy <strong>und</strong> den französischen<br />

<strong>Wein</strong>- <strong>und</strong> Champagnerkelterer Moët Hennessy<br />

<strong>für</strong> dieses kulinarisch-olfaktorische Experiment gewonnen.<br />

Das Trio hat von Spitzenköchen, einem Sommelier, einem<br />

Physiker <strong>und</strong> Parfümeuren ein Elf-Gänge-Menü entwickeln<br />

lassen, bei dem die <strong>Genuss</strong>-Verwandtschaft zwischen Parfüms,<br />

Speisen <strong>und</strong> Getränken deutlich wird.<br />

Kommando »Hütchen ab« vom ersten Glas auf dem<br />

Tisch <strong>–</strong> <strong>und</strong> schnuppern. <strong>Ein</strong> Wölkchen »Amarige«<br />

steigt auf, entflieht dem Bodensatz geschmacksneutralen<br />

Mineralwassers, auf den der Duftklassiker <strong>–</strong> zwecks vorübergehender<br />

Bindung <strong>–</strong> vor Beginn der Veranstaltung dreimal<br />

kräftig gesprüht wurde. Das Parfüm hat einen heiteren<br />

Charak ter, den der dazu gereichte Champagner w<strong>und</strong>erbar<br />

intensiviert. Mit seinem frischen Aroma aus Mandarine,<br />

Orangenblüte <strong>und</strong> Pflaume harmoniert das Damenparfüm,<br />

das sanft in Vanille- <strong>und</strong> Holznoten ausklingt, perfekt mit<br />

den Pfirsich- <strong>und</strong> Mangoaspekten des prickelnden Tropfens.<br />

So ist das gedacht! Riechen <strong>und</strong> kosten im Wechsel<br />

<strong>und</strong> dann bitte bewusst den Geschmackseindrücken, Nase<br />

<strong>und</strong> Gaumen in Habachtstellung, konzentriert nachspüren,<br />

getrennt <strong>und</strong> im Verb<strong>und</strong>. Es funktioniert!<br />

Und macht Spaß. Schnell das Papierdeckelchen vom zweiten<br />

Glas lüpfen <strong>–</strong> das blumige Bouquet des Givenchy- Parfüms<br />

»Organza« erobert die Riechzellen, der Champagner hat<br />

weiter den Gaumen im Griff. Auch eine überaus gefällige<br />

Kombination.<br />

Der Zweiklang steigert sich ab den Vorspeisen zum Dreiklang.<br />

Mit »Grand Vintage 2006« als bewährtem Begleiter<br />

arrangieren sich jetzt die Riechproben der Herrenparfüms<br />

»Play Sport« <strong>und</strong> »Gentlemen only«. Als erste »hardware«<br />

kommen eine Maki-Rolle <strong>und</strong> eine Verrine dazu. Letztere<br />

ist das lukullische Äquivalent zum »Gentlemen«-Eau de<br />

Toilette. In einem Gläschen türmen sich <strong>–</strong> von oben nach<br />

unten <strong>–</strong> grüner Apfel mit Spargel, Veilchentapioka-Perlen<br />

<strong>und</strong> Ziegenkäse auf einem winzigen Stück Schweinebauch.<br />

Das süßlich-rauchige Würfelchen nimmt gekonnt die Weihrauchnote<br />

im Duft auf <strong>und</strong> betont sie.<br />

Darauf muss man erst mal kommen! Für Starkoch Rolf<br />

Caviezel kein Problem. Der experimentierfreudige<br />

Schweizer, der sich selbst als Freestyler bezeichnet <strong>und</strong><br />

Anhänger der Molekularküche ist, ersann gemeinsam mit<br />

Thomas Vilgis, dem Physiker <strong>und</strong> begeisterten Hobbykoch,<br />

Mit zahllosen Gläsern ist<br />

die Tafel im Münchner<br />

Mandarin Oriental festlich<br />

gedeckt <strong>–</strong> <strong>für</strong> Champagner,<br />

<strong>für</strong> Rotwein <strong>und</strong><br />

<strong>für</strong> Parfüms. Nach dem<br />

Kommando »Hütchen ab«<br />

wird die Papier manschette<br />

auf dem Duft-Glas gelüftet,<br />

<strong>und</strong> das große Aromen-<br />

Abenteuer kann beginnen.<br />

Zum Beispiel beim Aperitif<br />

mit Moët & Chandon<br />

Grand Vintage 2006,<br />

begleitet von Amarige<br />

oder Organza, <strong>und</strong> einer<br />

Maki-Rolle, flankiert von<br />

Givenchy Play Sport.<br />

30 31<br />

<strong>FINE</strong> <strong>DUFTSTARS</strong> <strong>2015</strong> <strong>FINE</strong> <strong>DUFTSTARS</strong> <strong>2015</strong>


Geben Sie einem 82er Château Margaux das Gefühl, zuhause zu sein.<br />

Jeder einzelne Gang des<br />

opulenten Menüs hat<br />

seine fein abgestimmten<br />

Begleiter: Zu den<br />

gebratenen Jakobs muscheln<br />

passen ein Cloudy Bay<br />

Chardonnay 2012 <strong>und</strong><br />

Very Irrésistible Givenchy<br />

L’Intense, zur Seezunge<br />

ein Dom Pérignon Vintage<br />

2004 <strong>und</strong> Play for Her<br />

Intense <strong>und</strong> zum würzigen<br />

Lamm ein Newton<br />

Unfiltered Merlot 2008<br />

oder ein Terrazas de los<br />

Andes Malbec 2009 <strong>und</strong><br />

der Herrenduft π neo.<br />

die Gänge <strong>für</strong> das Duftdiner, das heute die Küchencrew im<br />

Mandarin Oriental nachkocht. Zuvor hatte Sternekoch Hans<br />

Stefan Steinheuer aus Bad Neuenahr-Ahrweiler die Menüfolge<br />

durch eigene Kreationen ergänzt <strong>und</strong> mit den dreizehn<br />

Parfüms des Pariser Hauses Givenchy abgestimmt. Die<br />

»Nasen«, wie Parfümeure genannt werden, hatten jeweils<br />

einen Teil der Zutaten preisgegeben, die sie <strong>für</strong> ihre sonst<br />

streng geheim gehaltenen Rezepturen verwendet hatten.<br />

Thomas Vilgis, der am Max-Planck-Institut <strong>für</strong> Polymerforschung<br />

in Mainz physikalische Aspekte des Essens inklusive<br />

Zutaten <strong>und</strong> Zubereitung erforscht, sorgte <strong>für</strong> eine kongeniale<br />

Umsetzung der Duftingredienzien in die Gerichte.<br />

Der ideale Dritte im B<strong>und</strong>e, der renommierte Küchenchef<br />

Hans Stefan Steinheuer, nebenbei ausgebildeter Sommelier,<br />

hatte sich in seinem Buch »Harmonie der Aromen«schon<br />

ausführlich mit dem <strong>Ein</strong>klang von Küche <strong>und</strong> <strong>Wein</strong> beschäftigt.<br />

Die Idee, Parfüms in eine Trilogie der Genüsse einzubinden,<br />

habe ihn »fasziniert«, sagt er. »Die Parfüms wurden<br />

aufgebrochen, also ihre Bestandteile analysiert. So konnten<br />

wir zuerst eine Verbindung zu den Speisen herstellen.<br />

Danach bekommt man es gut hin, dazu das passende Getränk<br />

zu finden.« Die Verwandtschaft zwischen Küche <strong>und</strong> Duft<br />

liegt <strong>für</strong> ihn ohnehin auf der Hand: »Bei beiden wird mit<br />

dem Gegensatz von Bitterkeit <strong>und</strong> Süße gespielt, <strong>und</strong> hier wie<br />

dort kommt es bei den Rezepturen auf die richtige Dosierung<br />

an.« Und was den <strong>Wein</strong> angeht, so wird er wie Parfüms auch<br />

nur aus Wasser, Alkohol <strong>und</strong> Aromen gebaut, wenn auch in<br />

anderer Konzentration.<br />

Der Hauptgang wird serviert. In drei Sequenzen. Den<br />

Auftakt bilden Jakobsmuscheln mit Fenchel-Cotta <strong>und</strong><br />

Muschelbouillon, begleitet von einer Kurzinhalation der<br />

Duftmoleküle von »Very irrésistible Givenchy L’Intense«<br />

<strong>und</strong> einem Schluck Cloudy Bay Chardonnay 2012, aus dem<br />

Distrikt Malborough in Neuseeland. »Die bei Morgentau<br />

gepflückten Trauben mit ihrer gelben Frucht geben dem<br />

<strong>Wein</strong> Aroma <strong>und</strong> Farbe«, sagt Sommelier Sebastian Bordthäuser,<br />

der alle <strong>Wein</strong>e <strong>und</strong> Champagner des Abends zwecks<br />

Abr<strong>und</strong>ung des Gesamteindrucks fachmännisch beschreibt.<br />

Dem versierten M<strong>und</strong>schenk <strong>–</strong> er ist ein Entertainer in<br />

Sachen <strong>Wein</strong> <strong>–</strong> macht die Spezialkombination aus Speisen<br />

<strong>und</strong> Getränken plus Parfüms sichtlich Spaß. Die Affinität,<br />

Der Unterschied heißt Gaggenau.<br />

Der 82er Château Margaux gehört zu den Besten seines<br />

Jahrgangs. Damit er es auch bleibt, schafft der <strong>Wein</strong>schrank<br />

RW 464 ideale Lagerbedingungen. Zwei getrennt steuerbare<br />

Klimazonen mit gradgenauer Temperaturregelung, vibrationsarmer<br />

Lagerung <strong>und</strong> voll ausziehbaren Flaschenablagen<br />

bieten Raum <strong>für</strong> bis zu 99 Flaschen. Alles, um einen Margaux<br />

auf den perfekten Moment vorzubereiten: den <strong>Genuss</strong>.<br />

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32 <strong>FINE</strong> <strong>DUFTSTARS</strong> <strong>2015</strong>


Auch die insgesamt sechs Desserts haben ihre jeweils<br />

angemessene Eskorte: Das Fruchtdessert mit Krug Grande<br />

Cuvée tritt mit Dahlia Noir Eau de Parfum an, das<br />

Löffelgericht mit Givenchy Pour Homme Blue Label <strong>und</strong><br />

das Schichtgetränk mit Givenchy Pour Homme.<br />

die zwischen <strong>Wein</strong>en <strong>und</strong> Düften herrscht, ist dem Fachmann<br />

schon lange klar: »Die Cuvées großer Champagner<br />

können bis zu zweih<strong>und</strong>ertfünfzig verschiedene <strong>Wein</strong>e enthalten.<br />

Das ist ähnlich wie bei Parfüms, die zum Teil aus weit<br />

mehr als h<strong>und</strong>ert Ingredienzien gemixt werden.«<br />

Zur Seezunge, Part zwei des Hauptgangs, die mit Auszügen<br />

aus weißem Kaffee Arabica röstfrisch aromatisiert ist<br />

<strong>und</strong> mit Sellerie serviert wird, schenkt er erneut einen Champagner<br />

aus: »Dom Pérignon Vintage 2004«. Nippt man am<br />

Glas <strong>und</strong> erk<strong>und</strong>et dazu die Ausstrahlung des Damendufts<br />

»Play for her intense« mit seinen teils holzigen, teils pfeffrigen<br />

Noten, spürt man die Wahlverwandtschaft <strong>und</strong> wie<br />

rassig beide sind.<br />

Wie viele Gläser hat jeder Gast <strong>für</strong> Getränke <strong>und</strong> Düfte<br />

eigentlich bis jetzt benutzt? Zehn. Geht ja noch. Aber<br />

ein Blick auf die Menüfolge zeigt: Da kommt noch einiges auf<br />

Gaumen <strong>und</strong> Nase zu. Weitere sieben Speisen, sieben Parfüms,<br />

zwei Rotweine (die zum Lamm serviert werden <strong>und</strong> die würzige<br />

Holznote des Herrendufts »Neo« wider spiegeln) <strong>und</strong><br />

drei Champagnersorten gilt es vor dem abschließenden<br />

Espresso zu verkosten.<br />

Allein sechs Nachtischvarianten haben Steinheuer <strong>und</strong><br />

Co. auf die Karte gesetzt. Doch die Portionen sind zum<br />

Glück sehr überschaubar. Und so verschwinden auch noch<br />

der Marshmallow <strong>und</strong> die Mini-Eisbombe aus aromatisierter<br />

Tabaksahne sowie ein Rosmarinbaiser problemlos<br />

in M<strong>und</strong> <strong>und</strong> Magen. Nachgespült wird höchst edel mit<br />

»Dom Ruinart Blanc de Blancs 2004«. Das Damenparfüm,<br />

das aroma technisch dazu gehört, heißt »Ange ou Démon«.<br />

Engel oder Teufel.<br />

Genau diese beiden sind es, die als klassische Anti poden<br />

bei Speisen, Getränken <strong>und</strong> Parfüms immer mitmischen<br />

müssen, wenn man davon, Sinn der Sache, schwach werden<br />

soll. Es erfordert schon genug Charakter, bei einem der drei<br />

Aphrodisiaka, von denen jedes allein schon ein bewährter<br />

Ladykiller oder <strong>–</strong> vice versa <strong>–</strong> zuverlässig männermordend<br />

sein kann, das rechte Maß zu wahren. Aber wie soll das bitte<br />

bei einem solchen Menü gelingen? Gar nicht. Es ist jede<br />

Sünde wert. •<br />

Das Parfüm der Küche. Der Schlüssel zum <strong>Genuss</strong><br />

Prof. Dr. Thomas Vilgis, Rolf Caviezel<br />

Die 50 ungewöhnlichen Rezepte animieren auf 240 Seiten, in die<br />

Welt der Duft- <strong>und</strong> Speisekombinationen einzutauchen, <strong>und</strong> auch<br />

selbst einmal diese originellen Gerichte auszuprobieren.<br />

Tre Torri Verlag, 28 × 29 cm, ISBN 978-3-941641-97-6 € 49,90<br />

34 <strong>FINE</strong> <strong>DUFTSTARS</strong> <strong>2015</strong>


UNVERKENNBAR<br />

BOTTEGA VENETA<br />

»EXTRÊME«, DER NEUE HERRENDUFT AUS DEM ITALIENISCHEN TRADITIONS-MODEHAUS<br />

DER NEUE DISCOVERY SPORT<br />

ABENTEUER LIEGT IN<br />

UNSERER DNA<br />

Die Technologie: richtungweisend. Die Möglichkeiten: grenzenlos.<br />

Sein leistungsstarkes Terrain Response-System ist bereit <strong>für</strong> jedes<br />

Gelände <strong>–</strong> <strong>und</strong> die optionale 5+2-Sitzkonfiguration sowie bis zu 1.698 Liter<br />

Ladevolumen machen den neuen Land Rover Discovery Sport zu einem<br />

echten Raumw<strong>und</strong>er. Bereit <strong>für</strong> Ihr persönliches Abenteuer?<br />

Ab € 34.400,00.<br />

#InTheDNA<br />

Fotos: Coty Prestige<br />

Von KATJA RICHTER<br />

Die Wahl des Namens wird Fre<strong>und</strong>e des italienischen Modehauses aufhorchen lassen;<br />

schließlich steht Bottega Veneta vor allem <strong>für</strong> Handwerk <strong>und</strong> Tradition <strong>–</strong> <strong>und</strong> nicht gerade<br />

<strong>für</strong> das Laute, Schrille, Extreme. Doch keine Sorge, laut seiner Schöpfer knüpft der neue<br />

Herrenduft »Extrême« olfaktorisch durchaus an den unverkennbaren Signature-Duft<br />

»Pour Homme« an <strong>und</strong> verstärkt dessen sinnliche Facetten <strong>–</strong> ohne jedoch einfach nur als<br />

kräftigere Version seines Vorgängers daherzukommen. Vielmehr wird das zitrus fruchtige<br />

<strong>und</strong> kiefernholzige Aroma durch neue ungewöhnliche Duftakkorde komplettiert. So startet<br />

»Extrême« mit einer feurigen Pfeffernote, zu der sich kurz darauf eine Prise Tannenharz<br />

<strong>und</strong> ein Hauch Wacholder gesellen. Und natürlich schimmert das Aroma satten <strong>und</strong> abgelagerten<br />

Leders durch die gesamte Komposition <strong>–</strong> zweifelsohne gilt es als der genetische<br />

Code aller Bottega-Veneta-Düfte.<br />

Nicht ohne Gr<strong>und</strong>, denn das italienische Unternehmen<br />

hat sich seit seiner Gründung im Jahr 1966<br />

ganz dem Leder verschrieben. In den haus eigenen<br />

Ateliers wird das bis heute <strong>für</strong> Bottega Veneta charakteristische<br />

Flechtmuster »Intrecciato« ent wickelt,<br />

bei dem hochwertige Lederstreifen mit einander verwoben<br />

werden. Diese prägnante Technik, gepaart<br />

mit der Qualität der verarbeiteten Materialien, verlieh<br />

Bottega Veneta schnell internationale Strahlkraft.<br />

Ganz nach dem Motto »When your own<br />

initials are enough« verzichtet das Unternehmen<br />

auf erkennbare Logos <strong>und</strong> vertraut einzig auf die<br />

36 <strong>FINE</strong> <strong>DUFTSTARS</strong> <strong>2015</strong><br />

Qualität seiner Produkte. Und das mit großem Erfolg!<br />

In den frühen 1980er Jahren wurde die Marke zum<br />

Favoriten des internationalen Jetsets, Kunstikone<br />

Andy Warhol drehte sogar einen Kurzfilm <strong>für</strong> das<br />

Unternehmen. Wie sehr die K<strong>und</strong>en besonders den<br />

Bezug auf traditionelles Handwerk schätzen, bekam<br />

das Haus in den neunziger Jahren zu spüren: Als<br />

Bottega Veneta vereinzelte Ausflüge in deutlich<br />

trend orientierte Gefilde unternahm, war der Erfolg<br />

erstmals rückläufig.<br />

Die Rückkehr zum Ursprung der Marke hat das Unternehmen<br />

wieder auf die Erfolgsspur gebracht. Seit<br />

2001 führt der Designer Thomas Maier als Kreativdirektor<br />

das italienische Traditionshaus mit präziser<br />

Hand <strong>und</strong> feinem Gespür zu seinem ursprünglichen<br />

Stil zurück. Da Bottega Veneta nun wieder<br />

ganz auf edle Qualitätsware <strong>und</strong> perfektioniertes<br />

Handwerk setzt, wurde 2006 sogar eine eigene<br />

Schule <strong>für</strong> zukünftige Lederhandwerker eröffnet.<br />

Was einst mit unverwechselbaren Handtaschen<br />

begann, ist zu einem breiten Sortiment gewachsen,<br />

das neben Lederwaren auch Mode, Schmuck,<br />

Brillen, Schuhe, Möbel <strong>und</strong> Parfüm umfasst <strong>–</strong> jedes<br />

Produkt mit klarem Bezug zum Markenkern. Das ist<br />

auch den Meisterparfümeuren Antoine Maisondieu<br />

<strong>und</strong> Daniela Andrier gelungen, die <strong>für</strong> »Extrême«<br />

einzigartige Ingredienzien zu einem diskreten <strong>und</strong><br />

doch äußerst charakteristischen Duftbegleiter verweben,<br />

mit klarem Verweis auf den Duftklassiker<br />

»Bottega Veneta pour Homme«.<br />

Dass man Traditionen bewahren, sich aber niemals<br />

auf ihnen ausruhen darf <strong>–</strong> vielleicht ist diese Erkenntnis<br />

das Erfolgsgeheimnis von Bottega Veneta.<br />

Menschen wie er könnten auch mit dem scheinbar<br />

Vollkommenen nie ganz zufrieden sein, hat Chefdesigner<br />

Thomas Maier einmal gesagt. Denn es<br />

bleiben immer Fragen offen, man kann immer etwas<br />

verbessern. Mit »Extrême« geht die Suche nach Vollendung<br />

nun in eine neue R<strong>und</strong>e. Und das Ergebnis<br />

ist <strong>–</strong> ganz in der Tradition von Bottega Veneta <strong>–</strong> vor<br />

allem eins: »Extrême« gut gemacht. •<br />

Verbrauchs- <strong>und</strong> Emissionswerte: Kraftstoffverbrauch (l/100 km) innerorts 10,9 <strong>–</strong> 5,4, außerorts 6,8 <strong>–</strong> 4,1,<br />

kombiniert 8,3 <strong>–</strong> 4,5; CO 2 -Emission 197<strong>–</strong>119 g/km; CO 2 -Effizienzklassen C<strong>–</strong>A+. Messverfahren RL 80/1268/EWG.<br />

Abb. zeigt Sonderausstattung.


Der Duft<br />

von jungem<br />

Ackerschnittlauch<br />

Brokkoli<br />

Gemüse <strong>–</strong><br />

eine Liebeserklärung<br />

Blumenkohl<br />

In England werde ich zuverlässig ausgelacht,<br />

weil ich mich so darüber freue. Sind doch nur<br />

Von URSULA HEINZELMANN Fotos PETER SCHULTE<br />

»green peas«. Aber jede einzelne ist ein kleines,<br />

ploppendes, süßes W<strong>und</strong>er, als wehe der nun<br />

endlich laue Abendwind die erste Ahnung von<br />

Gurke<br />

Eiszapfen<br />

Wenn die ersten Radieschen zwischen den Zähnen knacken, der tiefrote Rand um das strahlende Weiß<br />

über das Ende des Winters jubelt <strong>–</strong> dann ist <strong>für</strong> mich wirklich ein Gr<strong>und</strong> zum Feiern. Die Wahrscheinlichkeit<br />

<strong>und</strong> der ges<strong>und</strong>e Menschenverstand sagen uns (die wir ein gewisses Alter erreicht haben), dass der<br />

Frühling jedes Jahr wiederkommt <strong>–</strong> mal früher, mal später. Aber so richtig glauben kann ich es erst mit<br />

diesen ersten Radieschen. Dann jedoch ist kein Halten mehr, <strong>und</strong> ich stelle jeden Vollblutvegetarier<br />

in den Schatten.<br />

Junges Gemüse <strong>–</strong> das hat auch etwas Spöttisches,<br />

aber im Wonnemonat Mai interessiert<br />

mich solche Spitzfinderei nicht. Junges<br />

Gemüse ist einfach w<strong>und</strong>erbar. Es erzählt vom<br />

Duft der Zeit, entschleunigt <strong>und</strong> beschleunigt<br />

sie zugleich, verspricht Zukunft <strong>und</strong> Erneuerung<br />

<strong>–</strong> <strong>und</strong> ist doch noch ganz zart <strong>und</strong> mild.<br />

In der Hitze des Sommers werden die Radieschen<br />

nicht nur knacken, sondern auch auf der<br />

Zunge beißen, jetzt sind sie noch ein wenig<br />

leise, als müssten sie sich <strong>und</strong> damit uns des<br />

Wintergraus erst langsam entwöhnen. Löwenzahn<br />

<strong>und</strong> all die anderen Kräuter sind da schneller,<br />

vorlauter, fast aufmüpfig. Die Radieschen<br />

vielleicht nach klassisch französischer Tradition<br />

ein Stück dick mit frischer, kalter Butter belegtes<br />

Brot dazu. Die grünen Gräser hingegen zähme<br />

ich mit Spinat, dem ersten, jungen, feinen. Ich<br />

hacke alles zusammen grob mit dem Messer,<br />

mische ein Ei, Oliven öl <strong>und</strong> ein wenig geriebenen<br />

Ziegen- oder Schafskäse darunter <strong>und</strong><br />

fülle damit eine flache Tarte aus einfachstem<br />

dünnen Teig. Die lässt mich dann in der ersten<br />

warmen Sonne auf dem Balkon nach Griechenland<br />

reisen <strong>und</strong> nach Süditalien, überhaupt ans<br />

Mittelmeer.<br />

Doch dann stehe ich schon wieder beim<br />

frühsommerlicher Lindenblüte nach einem<br />

warmen Regenschauer heran. Aus den Schalen<br />

gepalt, mit wenig Fond kurz gedämpft, <strong>und</strong><br />

dann nichts als ein Hauch Salz <strong>und</strong> Butter. Grüne<br />

Wonne. Ebenso großartig in ihrer jugendlichen<br />

Frische: dicke Bohnen. Die möchten gleichfalls<br />

aus den Hülsen gelöst werden, doch das<br />

Palen ist eine beschauliche Beschäftigung,<br />

Zeit zum Nachdenken, zu Gesprächen mit sich<br />

selbst oder anderen, vielleicht zu einem ersten<br />

kleinen Aperitivo. Die Bohnenkerne bekommen<br />

ein paar dottergelbe Tagliatelle zur Seite, ein<br />

bisschen Zwiebelwürfel, grünen Pfeffer, Knoblauch,<br />

Zitronenzeste, Olivenöl.<br />

Das ist fast schon zu substanziell <strong>für</strong> dieses erste<br />

Schwelgen im Jungen nach all dem Kohl, den<br />

Wurzeln <strong>und</strong> Kartoffeln des Winters. Als nächstes<br />

kommt deshalb Rohes auf den Gemüsetisch,<br />

wenn ich den Frühling in dünne Reisblätter<br />

rolle, auf die ich große Kopfsalat blätter<br />

als zweite Hülle packe <strong>und</strong> Gurke, Spargel <strong>und</strong><br />

Kohlrabi in dünnen, langen Streifen als Füllung.<br />

Wenige Tropfen frisches Leinöl <strong>und</strong> ein Hauch<br />

frisch gerissener Meerrettich als Würze, dann<br />

die Päckchen in eine leicht süßliche Senfvinaigrette<br />

gedippt <strong>–</strong> das ist Fingerfood, das<br />

als Kur auf Rezept von der Krankenkasse übernommen<br />

werden sollte! Junges Gemüse sind<br />

wir selbst nur kurze Zeit (<strong>und</strong> wollen es wahrscheinlich<br />

auch gar nicht wieder sein), aber<br />

darin schwelgen, das möchten <strong>und</strong> sollten wir<br />

so oft wie möglich.<br />

»Nose-to-tail«, die Vom-Schnäuzchen-bis-zum-<br />

Ringelschwänzchen-Küche der Nur-Steak-<strong>und</strong>-<br />

Filet-Gegner, gilt auch <strong>für</strong> junges Gemüse:<br />

Die Radieschenblätter in der Pfanne kurz in<br />

Erbsen<br />

tupfe ich nur ganz vorsichtig in Meersalz, esse<br />

Gemüse gärtner. Erbsen, frische grüne Erbsen!<br />

Kohlrabi<br />

Meerrettich<br />

38 39<br />

<strong>FINE</strong> <strong>DUFTSTARS</strong> <strong>2015</strong> <strong>FINE</strong> <strong>DUFTSTARS</strong> <strong>2015</strong>


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Für alle, denen<br />

lecker nicht<br />

lecker genug ist.<br />

Mairübe<br />

Lauchblüte<br />

Bohnen<br />

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Von Schwein bis Wagyu-Rind:<br />

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Vielfalt verschiedener Fleischsorten.<br />

dem besten Parmesan, einer Scheibe duftendem<br />

Sauer teig brot. Noch mehr handfeste<br />

Rezepte <strong>und</strong> mindes tens ebenso viel kulinarische<br />

Poetik bieten Andree Köthe <strong>und</strong> Yves<br />

Ollech vom Nürnberger Essigbrätlein in Buchform<br />

unter den schlichten Titeln »Gemüse« <strong>und</strong><br />

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»Gemüse2«.<br />

Spargel<br />

Sauerampfer<br />

Von A wie Ackerrettich bis Z<br />

wie Zwiebel <strong>–</strong> in dem Buch von<br />

Andree Köthe <strong>und</strong> Yves Ollech<br />

vom Nürnberger Essigbrätlein<br />

findet sich zu jedem Pflänzchen<br />

ein köstliches Rezept.<br />

Butter anschwenken <strong>und</strong> unters Spargel risotto<br />

mischen. Kohlrabigrün in Olivenöl braten <strong>und</strong><br />

auf dicken getoasteten Brotscheiben mit Bärlauchpesto<br />

verteilen. Karotten nur bürsten<br />

statt zu schälen <strong>und</strong> in Erdnusssauce stippen.<br />

Aus Erbsenschoten einen Fond <strong>für</strong> duftende<br />

Suppe kochen. Brokkolistängel <strong>und</strong> Blumenkohlstrünke<br />

in dicken Stiften anschwenken <strong>–</strong><br />

das macht schon fast dem Spargel Konkurrenz.<br />

Beim Schwelgen kommt mir immer wieder Rilke<br />

in den Sinn. Er hat’s zum Apfel gedichtet, aber<br />

es passt ebenso gut auf diese Frühlingsboten<br />

beim Gemüse händler: »Diese Süße, die sich<br />

erst verdichtet, um, im Schmecken leise aufgerichtet,<br />

klar zu werden, wach <strong>und</strong> transparent,<br />

doppeldeutig, sonnig, erdig, hiesig <strong>–</strong>: O Erfahrung,<br />

Fühlung, Freude <strong>–</strong>, riesig!« •<br />

Löwenzahn<br />

Nun gut, gewissermaßen. Denn Spargel ist<br />

natürlich eine Frühlingsgemüseklasse <strong>für</strong> sich.<br />

Roh, in ganz dünnen Scheiben auf dem Carpaccio<br />

aus Fisch oder Fleisch. Knackig gekocht<br />

<strong>und</strong> in Estragonsauce getunkt. Gebraten mit<br />

asiatischen Aromen <strong>und</strong> meeresfruchtigen<br />

Begleitern. Püriert als Suppe, mit Lauch, dem<br />

ersten jungen Lauch. Mariniert als Salat, mit<br />

ein wenig Gurke, Dill <strong>und</strong> winzig kleinen süßen<br />

Nordseekrabben. Oder, wenn ich ganz dünne<br />

grüne Stangen finde, kurz gedämpft, mit dem<br />

Rezepte aus dem Zwei-Sterne-Restaurant Essigbrätlein<br />

In ihrem zweiten Buch kochen Andree Köthe <strong>und</strong> Yves<br />

Ollech wieder über 50 kreative Gerichte. Auf 224 Seiten<br />

wird jedes Produkt detailliert beschrieben <strong>und</strong> mit einem<br />

Rezept präsentiert.<br />

Tre Torri Verlag, ISBN 978-3-944628-62-2 € 49,90<br />

40 <strong>FINE</strong> <strong>DUFTSTARS</strong> <strong>2015</strong>


UND DIE GEWINNER SIND …<br />

Alle Jahre wieder verleiht die Fragrance Fo<strong>und</strong>ation Deutschland<br />

in Berlin den Deutschen Parfumpreis <strong>DUFTSTARS</strong>, den<br />

Oscar sozu sagen der deutschen Kosmetikbranche. Zum<br />

drei<strong>und</strong> zwanzigsten Mal fand nun dieses illustre Event statt,<br />

an dem wie immer zahl reiche prominente Gäste aus Politik,<br />

Wirtschaft, Medien <strong>und</strong> Kultur <strong>und</strong> natürlich aus der Parfüm­<br />

branche teilnahmen. Neu war der Ort des Geschehens: Das<br />

ehemalige Berliner Heizkraftwerk, das »Kraftwerk Berlin«,<br />

bildete die faszinierende Kulisse <strong>für</strong> die Preis verleihung <strong>–</strong><br />

weshalb das imposante Industriedenkmal kurzerhand <strong>für</strong><br />

diesen Abend in »Duftwerk« umbenannt wurde. Die Festlichkeit<br />

zu Ehren der besten Duftkreationen des Jahres, aufgelockert<br />

durch hoch karätige Show-<strong>Ein</strong>lagen, wurde moderiert<br />

von dem Multi talent Barbara Schöneberger <strong>–</strong> geistreich,<br />

witzig <strong>und</strong> unterhaltsam wie immer.<br />

Mit den <strong>DUFTSTARS</strong> <strong>2015</strong> wurden je ein Damen- <strong>und</strong> Herrenduft<br />

in den Kategorien Lifestyle, Prestige, Exklusiv <strong>und</strong> Klassik<br />

ausgezeichnet.<br />

Helene Fischer <strong>–</strong> That’s me!<br />

Das bin ich: attraktiv, erotisch, strahlend.<br />

Mit diesem Statement stellt<br />

die erfolgreiche Sängerin, Tänzerin<br />

<strong>und</strong> Enter tainerin Helene Fischer ihr<br />

erstes Parfüm vor <strong>–</strong> die Essenz ihrer<br />

Weiblich keit. Die Süße sonnengereifter<br />

Pfirsiche vermählt sich mit der zitronigen<br />

Frische sizilianischer Tangerinen.<br />

Pinkfarbene Freesien mischen<br />

sich ein, Lotusblumen <strong>und</strong> Rosen; edle<br />

Hölzer, exotische Vanille <strong>und</strong> Moschus<br />

bringen den Akkord zum Klingen. Wie<br />

ein Verweis auf das zweite Leben des<br />

aus Sibirien gebürtigen Stars mutet der<br />

Glasflakon mit seiner Bruchkante an.<br />

David Beckham <strong>–</strong> Classic Blue<br />

In kühlem Blau präsentiert sich der<br />

Flakon. Sein verführerischer Inhalt vereint<br />

klassische Eleganz mit aufregender<br />

Coolness <strong>und</strong> kühner Verwegenheit:<br />

Aromen von Grapefruit, Ananas <strong>und</strong><br />

Veilchenblättern münden in Muskat-<br />

Salbei, Geranie <strong>und</strong> Apfel; Cashmeran,<br />

Moos <strong>und</strong> Patschuli geben dem Duft<br />

des Weltfußballstars den letzten Schliff.<br />

<strong>Ein</strong> aufregender Duft mit Ecken <strong>und</strong><br />

Kanten <strong>–</strong> wie David Beckham selbst,<br />

den von Elisabeth II. ernannten Officer<br />

of the British Empire.<br />

Tom Ford Beauty <strong>–</strong> Velvet Orchid<br />

Zart wie Samt, prachtvoll wie die Orchidee<br />

<strong>–</strong> Tom-Ford definiert seinen Duftklassiker<br />

Black Orchid neu. Frische<br />

Zitrusnoten, verheißungsvolle Blütenaromen,<br />

unterlegt von einem Hauch<br />

Honig <strong>und</strong> Rum, machen den Damenduft<br />

noch weiblicher <strong>und</strong> sinnlicher. Der<br />

edle Flakon in dunklem, fast mystischem<br />

Violett spricht die Genießerin<br />

an, die Frau mit dem kleinen Geheimnis.<br />

Und der aphrodisierende Duft hält,<br />

was seine sibyllinische Verpackung<br />

verspricht.<br />

Bottega Veneta <strong>–</strong> Bottega Veneta pour Homme<br />

Eau Extrême<br />

Kräftig, würzig <strong>und</strong> doch verspielt,<br />

gediegen, aber alles andere als old<br />

fashioned <strong>–</strong> dieser ganz besondere<br />

Herrenduft steckt voller Widersprüche.<br />

Die einzigartige Komposition aus Harz,<br />

Piment <strong>und</strong> Muskatsalbei, Bergamotte,<br />

Wacholder <strong>und</strong> Patschuli, Leder <strong>und</strong><br />

Kiefernrinde wirkt betont maskulin. Der<br />

schlichte, solide Flakon aus dickem<br />

mattschwarzen Glas deutet es an: Das<br />

ist etwas <strong>für</strong> Männerhände, die kräftig<br />

zupacken können.<br />

DAMEN<br />

HERREN<br />

DAMEN<br />

HERREN<br />

LIFESTYLE<br />

PRESTIGE<br />

EXKLUSIV<br />

KLASSIKER<br />

DAMEN<br />

HERREN<br />

DAMEN<br />

HERREN<br />

Yves Saint Laurent <strong>–</strong> Black Opium<br />

Hermès Parfums <strong>–</strong> Terre d’Hermès Eau très fraîche<br />

Chanel <strong>–</strong> Chance Eau de Parfum<br />

Guerlain <strong>–</strong> Vetiver<br />

<strong>Ein</strong> nachtschwarzer Sternen himmel, ein<br />

pinkfarbenes Label: Schon das Outfit<br />

dieses unkonventionellen Damendufts<br />

signalisiert Provokation, Extravaganz<br />

<strong>und</strong> Sinnlichkeit. Die Frau, die Black<br />

Opium trägt, ist rebellisch, frei <strong>und</strong> nicht<br />

zu bremsen. Kraftvoll ist der Auftakt<br />

mit den würzigen Aromen von Kaffeebohnen,<br />

der sanften Akkorden von<br />

Sambac­ Jasmin <strong>und</strong> Orangen blüten<br />

den Weg ebnet. Vanille, Patschuli <strong>und</strong><br />

Zedernholz sorgen <strong>für</strong> exotisch faszinierende<br />

Eleganz.<br />

Jean-Claude Ellena, der Chefparfümeur<br />

von Hermès, konzentriert sich gern aufs<br />

Wesentliche. Bei diesem Herrenduft ist<br />

es das Wasser, kühles, frisches Wasser,<br />

wie es die Erde spendet. Der glasklare<br />

Flakon mit seinem nur leicht getönten<br />

Inhalt unterstreicht, was der Duftkünstler<br />

mit dieser Komposition zum<br />

Ausdruck bringen will: Ursprünglichkeit<br />

in höchster Raffinesse. Das erreicht er<br />

mit Orange, Zitrusfrüchten <strong>und</strong> einer<br />

Meeresbrise in der Kopfnote, Rosengeranie<br />

in der Herznote, Patschuli <strong>und</strong><br />

Zeder in der Basisnote. Eau très fraîche<br />

ist eine Verbeugung vor dem lebenspendenden<br />

Element.<br />

<strong>Ein</strong> r<strong>und</strong>er Duft, so r<strong>und</strong> wie der Flakon<br />

der Serie Chance, die Jacques Polge,<br />

der Herr der Düfte von Chanel, entwickelt<br />

hat. Das Eau de Parfum ist überraschend<br />

blumig, dabei aufregend <strong>und</strong><br />

romantisch. Ananas, Hyazinthe, Iris<br />

<strong>und</strong> rosa Pfeffer, Jasmin <strong>und</strong> Zitrusfrüchte,<br />

Moschus, Patschuli, Vanille<br />

<strong>und</strong> Vetiver gehen eine sehr ausgewogene<br />

Verbindung ein. Dabei geben<br />

Vanille-, Jasmin- <strong>und</strong> Iris-Absolue <strong>und</strong><br />

auch der weiße Moschus den Ton an.<br />

Mit diesem Duft wird seine Trägerin<br />

keine Chance verpassen.<br />

Die erste Duftkreation von Jean-Paul<br />

Guerlain ist mit ihren sechs<strong>und</strong>fünfzig<br />

Jahren so jung <strong>und</strong> aktuell wie je. Zeitlos<br />

sind die holzigen Akkorde, die an<br />

den Geruch frischer Erde nach einem<br />

Sommerregen, an eine frische Brise<br />

am frühen Morgen erinnern. Da<strong>für</strong> sind<br />

Zitrus noten von Orange, Berga motte<br />

<strong>und</strong> Zitrone verantwortlich, gewürzt von<br />

Muskatnus <strong>und</strong> Pfeffer, Vetiver, Tabak<br />

<strong>und</strong> Tonkabohnen. Der kantige Flakon<br />

des klassisch-eleganten Herren dufts<br />

ist so grün wie das Vetiver­ Gras, wie<br />

die Natur selbst.<br />

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<strong>FINE</strong> <strong>DUFTSTARS</strong> <strong>2015</strong> <strong>FINE</strong> <strong>DUFTSTARS</strong> <strong>2015</strong>


Zu dem Treffen in Wiesbaden<br />

hatte es Nicole Nitschke (links)<br />

nicht weit <strong>–</strong> Coty hat seinen<br />

Sitz im benachbarten Mainz <strong>–</strong>,<br />

während Susanne Rumbler von<br />

BPI aus Düsseldorf anreiste.<br />

Nicole Nitschke, Geschäftsführerin bei Coty, <strong>und</strong> Susanne Rumbler, Geschäftsführerin von Beauté Prestige<br />

International (BPI), nehmen in Deutschland leitende Stellungen internationaler Beauty-Konzerne ein. In<br />

einem heiter-entspannten Gespräch schildern sie ihre Rolle als Vorgesetzte, streiten über die Frauenquote,<br />

reden über digitale Herausforderungen <strong>–</strong> <strong>und</strong> über Parfüms.<br />

Interview Angelika Ricard-Wolf<br />

Fotos Arne Landwehr<br />

Damenwahl<br />

Als Chefinnen sind Sie der Boss. Es gibt einen Männerduft, der so heißt. Aber<br />

keinen, der explizit auf die Führungsqualitäten von Frauen anspielt. Gäbe<br />

es ihn, wie würden Sie ihn nennen?<br />

Nicole Nitschke: Ich würde einen Namen wählen, der meiner Führungsphilosophie<br />

entspricht. Sie wird dadurch getragen, dass ich allein, selbst wenn<br />

ich tolle Ideen habe <strong>und</strong> alles ganz prima mache, besonders in größeren Unternehmen<br />

so gut wie gar nichts bewegen kann. Das heißt, es geht darum, das<br />

richtige Team zu finden <strong>und</strong> aufzubauen. Deswegen würde ich das durch<br />

den Parfümnamen »Coach« ausdrücken. Er hat nur einen blöden Nachteil<br />

(lacht): Es gibt ihn schon.<br />

Susanne Rumbler: Den Namen Boss oder Chef finde ich generell gut.<br />

»Geht klar, Chef, oder Yes, Boss, wir machen das«, sagt mein Team häufig<br />

zu mir. Deshalb habe ich keine spontane Idee, wie ich eine weibliche Variante<br />

nennen könnte.<br />

Wie viele Männer ar beiten in Deutschland in Ihren Unternehmen?<br />

SR: In Deutschland etwa zehn Prozent.<br />

NN: Bei Coty in Deutschland sind fünf<strong>und</strong>zwanzig Prozent aller Mit arbeiter<br />

Männer. Tendenziell wird der Frauenanteil allerdings umso kleiner, je höher<br />

die Konzernebene ist.<br />

Demnach ist die Frauenquote auch in Ihrer Branche ein Thema.<br />

SR: Ich bin komplett dagegen. Das ist eine Backpfeife ins Gesicht der DAX-<br />

Unternehmen. Frauen bekommen Anerkennung <strong>und</strong> führende Positionen<br />

über Leistung, über die Liebe zu ihrem Beruf. Sie müssen nicht in ein Unternehmen<br />

hineingewählt werden.<br />

NN: Das ist spannend, denn ich bin <strong>für</strong> die Frauenquote.<br />

SR: Du bist da<strong>für</strong>? Und was machst du, wenn jetzt die Männer sagen, wir<br />

wollen eine Männerquote? Bei einem Männeranteil von nur acht Prozent<br />

in deinem Unternehmen müsstest du eine Menge Frauen entlassen, sofort.<br />

NN: Allerdings (lacht). Ich bin inhaltlich bei dir. Noch vor wenigen Jahren<br />

war ich auch absolut gegen die Quote, weil sie eben diesen Hauch von »Frauen<br />

brauchen das« hat. Aber als Mutter von zwei Söhnen, sie sind heute vierzehn<br />

<strong>und</strong> sechzehn Jahre alt, kenne ich das Spannungsfeld zwischen Beruf<br />

<strong>und</strong> Familie mit all seinen Herausforderungen <strong>und</strong> Schwierigkeiten, etwa<br />

wie man die Kinder unterbringt.<br />

SR: Ich arbeite in einem französischen Unternehmen. Da läuft das prima.<br />

In der Pariser Führungsetage sind mindestens fünfzig Prozent Frauen, die<br />

zwischen einem <strong>und</strong> drei Kinder haben. Die können beides gleichzeitig<br />

hinkriegen.<br />

NN: Ja, aber weil sie die Infrastruktur da<strong>für</strong> haben...<br />

SR: … <strong>und</strong> wir in Deutschland nicht. Das ist das Problem. Uns fehlt die Infrastruktur,<br />

aber nicht die Frauenquote.<br />

NN: Doch, weil sich die Politik dadurch der Problematik stellen <strong>und</strong> das<br />

passende Umfeld schaffen muss. Es gibt Unternehmen, wo diese Anschubhilfe<br />

wichtig ist. Es geht um eine langfristige Lösung des Themas Beruf <strong>und</strong><br />

Familie. Wenn ich heute schaue, wo sind die guten Hochschulabsolventen,<br />

wo gibt es mehr Führungsnachwuchs, dann sind da mehr Frauen als Männer.<br />

Aber irgendwo zwischen drei<strong>und</strong>dreißig <strong>und</strong> vierzig kommt der Bruch. Weil<br />

halt immer noch die Frauen die Kinder bekommen.<br />

SR (lacht): Das wird auch so bleiben.<br />

NN (ebenfalls lachend): Ja, daran konnte selbst die Digitalisierung noch<br />

nichts ändern. Aber Kinder zu kriegen ist das eine, das andere ist die Kombination<br />

aus deren Betreuung <strong>und</strong> dem Beruf. Beides zu bewerk stelligen, da<br />

haben wir in Deutschland im europäischen Vergleich das Nachsehen. Deshalb<br />

brauchen wir die Quote als eine Art Katalysator, der das Umdenken<br />

anstößt. Vielleicht wird sie dann in fünf Jahren überflüssig.<br />

SR: Mag sein. Aber wie schwer es ist, ein Gesetz wieder abzu schaffen, weiß<br />

man doch. Da muss man nur an den Solidaritätsbeitrag denken. (beide lachen)<br />

Wie lange sind Sie schon in der Kosmetikindustrie tätig?<br />

NN: Fünf<strong>und</strong>zwanzig Jahre.<br />

SR: Acht<strong>und</strong>zwanzig Jahre.<br />

NN: Du hast gewonnen. <strong>Ein</strong>s zu null <strong>für</strong> dich. (Gelächter)<br />

Waren sie jemals in einer anderen Branche beschäftigt?<br />

SR: Während der Wartezeit auf einen Medizinstudienplatz <strong>–</strong> ich wollte Gynäkologin<br />

werden <strong>–</strong> habe ich an der Universitätsklinik in Hamburg gejobbt.<br />

Dann habe ich doch Psychologie <strong>und</strong> Sportwissenschaften studiert, bin später<br />

ins Hotelfach gewechselt, studierte in Genf Public Relations <strong>und</strong> Marketing<br />

<strong>und</strong> ging anschließend zu Estée Lauder, später zu La Prairie. Inzwischen bin<br />

ich bei BPI.<br />

NN: Ich war immer in der Beauty tätig, zuerst bei Henkel, dann bei Coty.<br />

Reiner Zufall. Ich gehöre nicht zu den Leuten, die sich gezielt die Kosmetikbranche<br />

ausgesucht haben. Mir ging es nicht um Kosmetik, sondern um das<br />

Thema Markenartikel <strong>und</strong> Markentechnik.<br />

Hatten Sie jemals selbst eine weibliche Vorgesetzte? Wie war deren<br />

Führungsstil?<br />

SR: Ich hatte zweimal eine Chefin, ansonsten Chefs. Beide Frauen haben mich<br />

mit Zuckerbrot <strong>und</strong> Peitsche gecoacht <strong>und</strong> mich so nach vorn gebracht. Bei<br />

den Männern ist nach meiner Erfahrung der Informationsaustausch größer<br />

<strong>und</strong> der Umgangston lockerer.<br />

Hat Sie die Frauenpower beeindruckt?<br />

SR: Ja. Ich finde, meine Ex-Chefinnen konnten besser führen. Sie traten<br />

männlicher auf als Männer. Es ging tougher zu. Sie forderten <strong>und</strong> förderten.<br />

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<strong>FINE</strong> <strong>DUFTSTARS</strong> <strong>2015</strong> <strong>FINE</strong> <strong>DUFTSTARS</strong> <strong>2015</strong>


Ihre Ansagen waren klarer. Es gab konkrete Vorgaben <strong>und</strong> Richtlinien <strong>und</strong><br />

dazu eine feste Terminierung, bis wann etwas erledigt sein sollte. So führe<br />

ich heute auch.<br />

NN: Ich hatte nur einmal eine Chefin, allerdings über einen längeren Zeitraum.<br />

Das war Ende der achtziger, Anfang der neunziger Jahre. Diese Frau<br />

hat sich innerhalb des Konzerns unendlich durchgeboxt <strong>und</strong> <strong>für</strong> die Frauen<br />

im Unternehmen viele Lanzen gebrochen. Sie war sehr professionell, ich habe<br />

So ernsthaft die Themen auch waren, über<br />

die Susanne Rumbler <strong>und</strong> Nicole Nitschke<br />

sprachen <strong>–</strong> die Atmosphäre zwischen den<br />

beiden Führungspersönlichkeiten war gelöst,<br />

die Tonart fröhlich.<br />

viel von ihr gelernt. Ihre Strategie empfand ich als eine Ich-bin-männlicher­ alsein-Mann-Taktik.<br />

Das hatte mit Distanz, mit dem entsprechenden Auftreten,<br />

mit der Kleidung zu tun. Wenig mit Emotion, Intuition. Diese Gefühle besitzt<br />

diese Frau mit Sicherheit, aber im geschäftlichen Umfeld hat sie die total<br />

zurückgenommen. Ich fand das damals schade <strong>und</strong> habe manchmal gedacht,<br />

ich möchte so gern mal den Menschen hinter dieser Person kennen lernen.<br />

Da bin ich diametral anders <strong>und</strong> auch durch den Leistungssport geprägt, den<br />

ich jahrelang praktiziert habe. Beim Volleyball lernt man, Teamplayer zu sein.<br />

Fällt es Frauen leichter, Konflikte, Zickekriege im Büro zu beenden?<br />

SR: Frauen können, da geben mir Mitarbeiter recht, Unstimmigkeiten leichter<br />

direkt ansprechen. Etwa wenn Gerüchte via Flurfunk im Umlauf sind. Dann<br />

gehe ich in die Büros, frage nach, kläre es, <strong>und</strong> dann hat das Gezicke ein Ende.<br />

Falls es überhaupt eines gab.<br />

NN: Ich habe schon Zickenterror unterschiedlichster Art erlebt <strong>und</strong> die<br />

Erfahrung gemacht, dass reine Frauenteams häufig leichter zu führen sind<br />

als einseitig gemischte. Schwierig wird es, wenn in einem Bereich nur wenige<br />

Männer, aber viele Frauen auf gleicher Positionsebene arbeiten. Am besten ist,<br />

wenn Probleme dynamisch aus dem Team heraus geklärt werden.<br />

Digitalisierung <strong>und</strong> E-Commerce beeinflussen auch Ihre Bereiche immer<br />

stärker. Wie gehen Sie damit um, welchen Vorteil erwarten Sie dadurch <strong>für</strong><br />

Ihre Marken?<br />

SR: An dieser Entwicklung können wir als Industrie <strong>und</strong> auch der Handel<br />

nicht vorbeigehen. Der Online-Verkauf macht inzwischen zehn Prozent des<br />

Umsatzes aus, Tendenz steigend. Ich habe da<strong>für</strong> eine eigene Abteilung eingerichtet.<br />

Die Marketinginvestitionen in dieser Sparte liegen bei zehn Prozent.<br />

Das muss dem stationären Fachhandel nicht weh tun, wo der Umsatz<br />

seit Jahren nicht steigt. Im Gegenteil, die Entwicklung kann ihn aufrütteln<br />

<strong>und</strong> motivieren, neue Maßnahmen zu installieren. Dann können beide Sektoren<br />

gut miteinander leben <strong>und</strong> harmonieren.<br />

NN: Wir haben in den vergangenen drei Jahren angefangen, den digitalen<br />

Auftritt stark zu forcieren. In ihn investieren wir jetzt zwanzig Prozent des<br />

Mediabudgets. Und das ist noch nicht das Ende der Fahnenstange. Mit der<br />

Digitalisierung entdecken wir eine neue Facette des Marketingmix, die man<br />

im Gegensatz zu den herkömmlichen Strategien nicht lernen kann. Denn<br />

wenn ich digital gerade etwas gelernt habe, hat es sich schon wieder weiterentwickelt.<br />

Das ist anstrengend, aber das macht es spannend. Und genauso<br />

wie die Smartphones zum Alltag fast eines jeden <strong>Ein</strong>zelnen gehören, so ist<br />

auch der Online-Verkauf nicht mehr<br />

aus unserem Leben wegzudenken. Der<br />

E-Commerce wird also immer wichtiger,<br />

obwohl er vom privaten Kosmetikhandel<br />

häufig noch als Feindbild gesehen<br />

wird.<br />

Wird sich das ändern?<br />

NN: Da man beides nicht mehr trennen<br />

kann <strong>und</strong> auch nicht sollte, wird<br />

sich eine Mischform entwickeln, aus<br />

der neue Chancen erwachsen. Auch<br />

<strong>für</strong> den stationären Handel.<br />

Die Bedenken sind groß, dass man<br />

Parfüms oder Kosmetika nicht blind<br />

via Internet kaufen kann, ohne sie<br />

zumindest geschnuppert zu haben.<br />

SR: Das waren früher unsere Ängste,<br />

als wir dachten, eine Pflegecreme oder<br />

ein Duft funktioniert niemals online.<br />

Der K<strong>und</strong>e will das fühlen, will das<br />

riechen. Bei neuen Lancierungen kann<br />

er sie über Duft streifen <strong>und</strong> Sachets<br />

in Zeitschriften oder Samples in der<br />

Parfümerie entdecken …<br />

NN: … oder am Flughafen im Duty<br />

Free. Wenn man heute die wenigen Daten anschaut, die wir zum E-Commerce<br />

erst haben, dann bekommt man den <strong>Ein</strong>druck, dass der Anteil der<br />

klassischen, gelernten Düfte (Anmerkung der Redaktion: Parfüms, die man<br />

kennt) eindeutig höher ist. Das wird sich ändern. Wir brauchen nur die<br />

nächste Generation anzugucken, aber auch wie sich unser eigenes Verhalten<br />

in den vergangenen fünf Jahren verändert hat. Man ist sowohl Online- als<br />

auch Offline-Käufer.<br />

SR: Wir müssen offen <strong>für</strong> alles sein <strong>und</strong> dürfen den stationären Fachhandel<br />

nicht ausklammern. Im Gegenteil. Unsere Unternehmen werden die Fachverkäuferinnen<br />

dort weiter motivieren, trainieren, damit sie in der Lage sind,<br />

den Endverbraucher mit Storytelling über Marke <strong>und</strong> Produkte zu informieren.<br />

Es ist immer noch das A <strong>und</strong> O <strong>für</strong> den Erfolg jeder Marke, dass sie eine<br />

Geschichte zu erzählen hat. Diesen Ansatz dürfen wir nicht verlieren.<br />

NN: Aber wir müssen auch darüber nachdenken, wie wir unsere Geschichten<br />

online erzählen.<br />

Ihre Unternehmen haben jeweils Parfüms im Portfolio, die eng mit Stars aus<br />

der Mode-, der Sport- oder Musikszene verknüpft sind. Wie wichtig sind sie<br />

<strong>für</strong> eine Duftmarke?<br />

SR: BPI hat ausschließlich Mode designer (Anmerkung der Redaktion: zur<br />

Zeit Azzedine Alaia, Burberry, Jean Paul Gaultier, Issey Miyake, Elie Saab <strong>und</strong><br />

Narciso Rodriguez) unter Vertrag. Sie sind Herz <strong>und</strong> Seele des Unternehmens.<br />

Unser Vorteil ist: Sie sind alle lebendig<br />

<strong>und</strong> aktiv. Wir arbeiten ganz eng mit<br />

ihnen zusammen <strong>und</strong> treffen sie etwa<br />

alle vier Wochen. Nichts verlässt das<br />

Unternehmen, was die Designer nicht<br />

abgesegnet haben.<br />

NN: Unser Portfolio erstreckt sich<br />

über geringfügig mehr Marken.<br />

(Gelächter) Wir führen neben klassischen<br />

Designermarken auch Lifestyle<strong>und</strong><br />

Celebrity marken. (Anmerkung<br />

der Redaktion: zu Coty gehören mehr<br />

als vierzig Marken, darunter Bottega<br />

Veneta, Kate Perry, Calvin Klein, Chloé,<br />

Davidoff, Joop, David Beckham <strong>und</strong> Jil<br />

Sander). Für alle Marken gilt gleichermaßen,<br />

der Markenname muss perfekt<br />

auf alle Elemente bis ins Detail abgestimmt<br />

sein, also in punkto Duftrichtung,<br />

Verpackungsgestaltung, Flakon<br />

<strong>und</strong> Kommunikation. Die DNA muss<br />

stimmen. <strong>Ein</strong> Flakon von Jil Sander<br />

kann nicht wie der von Roberto Cavalli<br />

sein. Da würde jeder »bäh« sagen. <strong>Ein</strong><br />

Duft von Marc Jacobs muss im Regal<br />

genauso schillernd sein wie seine Mode<br />

<strong>und</strong> seine persönlichen Auftritte.<br />

Wie viele Parfüms haben Sie persönlich<br />

zu Hause?<br />

SR: Das habe ich noch nie gezählt. Ich bin Sammlerin von Düften. Es sind<br />

bestimmt mehr als tausend. Sie stehen in w<strong>und</strong>erschönen Schränken, verteilt<br />

auf zwei Zimmer. Die meisten Parfüms davon könnte man nicht mehr verwenden.<br />

Sie sind zu alt. In Gebrauch habe ich etwa fünfzehn, die ich je nach<br />

Stimmungslage auftrage.<br />

NN: Die tausend möchte ich mal sehen. Bei der Menge kann ich definitiv<br />

nicht mithalten. Im Badezimmer selbst habe ich zwölf bis fünfzehn Parfüms<br />

stehen, die Auswahl ändert sich mit den Jahreszeiten. Natürlich sind unsere<br />

Neulancierungen darunter. Insgesamt habe ich berufsbedingt bestimmt eher<br />

zweih<strong>und</strong>ert als zwanzig Parfüms im Haus. Neunzig Prozent stammen aus<br />

unserem Portfolio. Aber man muss auch ausprobieren, was die anderen so<br />

machen (lacht), <strong>und</strong> dabei entdeckt man dann das eine oder andere Schöne.<br />

Tragen Sie duftmäßig auch mal fremd?<br />

NN: Natürlich.<br />

SR: Nie im Job. Fremde Düfte sind <strong>für</strong> die Freizeit bestimmt. Siebzig Prozent<br />

davon sind Herrendüfte, weil ich mich damit wohler fühle. Außerdem liebe<br />

ich das Layering, also verschiedene Düfte übereinander anzuwenden. Meine<br />

Favoriten unter den Herrenparfüms sind Terre d’Hermès, Antaeus von Chanel<br />

<strong>und</strong> Diors Eau Sauvage.<br />

Gibt es einen Moment in Ihrem Leben, in dem der Duft, den sie getragen<br />

haben, eine entscheidende Rolle gespielt hat?<br />

NN: Umgekehrt. Es ist etwas passiert, <strong>und</strong> der Duft ruft es immer wieder<br />

in Erinnerung. Während der Zeit mit meinem allerersten Fre<strong>und</strong> habe ich<br />

Rive Gauche von Yves Saint Laurent getragen. Das Parfüm hatte ich damals<br />

natürlich meiner Mutter stibitzt. Rieche ich das Parfüm heute oder sehe es<br />

im Schaufenster, dann denke ich an diesen Fre<strong>und</strong>.<br />

SR: Ich erinnere mich auch an das Parfüm während meiner ersten großen<br />

Liebe. Er war ein Grieche <strong>und</strong> schenkte mir Opium von Yves Saint Laurent.<br />

Wenn ich es heute rieche, habe ich ihn, obwohl es fast vierzig Jahre her<br />

ist, wieder in Erinnerung. Aber ich habe auch sofort jeden Geruch in der<br />

Nase, wenn ich darüber etwas lese oder davon höre. Das Wort Pflaumenkuchen<br />

genügt <strong>–</strong> <strong>und</strong> zack rieche ich ihn. Das finde ich w<strong>und</strong>erbar.<br />

Sie vermarkten Kosmetika, schwerpunktmäßig Parfüms. Hätten Sie Lust,<br />

eines selbst zu kreieren?<br />

Nicole Nitschke: Ja. Das Verrückte ist, dass eigentlich jede Frau so<br />

viele Düfte braucht wie sie Facetten hat. Insofern würde ich gern eine neue<br />

Molekulartechno logie erfinden, die sich den unterschiedlichen Tages zeiten<br />

<strong>und</strong> Stimmungen anpasst. Damit der Duft im Zusammenspiel mit der Haut<br />

<strong>und</strong> der Seele des Menschen variiert.<br />

Susanne Rumbler: Ich liebe die vier Jahreszeiten, am meisten Frühling<br />

<strong>und</strong> Herbst. Deshalb würde ich <strong>für</strong> mein Parfüm auf eine Blumenwiese im<br />

Frühling gehen, wenn alles frisch herauskommt <strong>und</strong> duftet. Diese Inspiration<br />

erweitere ich um ein paar Herbstnoten. <strong>Ein</strong>e moderne Technologie kombiniert<br />

daraus einen warmen, weichen Duft, in dem die Komponenten abwechselnd<br />

auf den Winter oder einen heißen Sommer einstimmen. •<br />

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<strong>FINE</strong> <strong>DUFTSTARS</strong> <strong>2015</strong> <strong>FINE</strong> <strong>DUFTSTARS</strong> <strong>2015</strong>

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