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Schirme mit S-Schlag: schneller und sicherer? Darauf ... - Gleitschirm

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Ref<br />

lex -<br />

Rev<br />

<strong>Schirme</strong> <strong>mit</strong> S-<strong>Schlag</strong>:<br />

<strong>schneller</strong> <strong>und</strong> <strong>sicherer</strong>?<br />

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?<br />

<strong>Darauf</strong> haben viele Motorschirmfans<br />

lange gewartet : Im April<br />

sind mehrere <strong>Schirme</strong> <strong>mit</strong><br />

Refl exprofi len für Deutschland<br />

mustergeprüft worden. Was sind<br />

das für Profi le, was sind ihre Vor-<br />

<strong>und</strong> Nachteile?<br />

Von Sascha Burkhardt<br />

Photo: Ozone / Olivier Laugero<br />

Der DMSV, zweite Prüfstelle<br />

neben dem DULV, hat zeitgleich die<br />

Musterprüfbescheinigung für folgende<br />

<strong>Schirme</strong> veröffentlicht : Dudek Synthesis<br />

29 (in Kombination <strong>mit</strong> dem Antrieb<br />

Raptor 120) <strong>und</strong> Paramania Revolution<br />

26 <strong>und</strong> 28 (jeweils <strong>mit</strong> Antrieb PAP ROS<br />

125). Am 19. April wurden dann noch<br />

der Ozone Roadster, ein Semirefl exprofi l-<br />

Schirm, <strong>mit</strong> dem Antrieb Fun-Simonini<br />

125, sowie der Paramania Action GT 26<br />

(Antrieb PAP ROS 125) mustergeprüft.<br />

Dies bedeutet, daß diese Modelle jetzt<br />

auch in Deutschland zumindest in diesen<br />

Kombinationen legal gefl ogen werden<br />

dürfen.<br />

Eine kleine Revolution: Schon lange<br />

versuchte Mike Campbell-Jones von<br />

Paramania, der gerne auch als der Vater<br />

der Refl exprofi le im <strong>Gleitschirm</strong>bereich<br />

bezeichnet wird, <strong>mit</strong> seinen „S-<strong>Schlag</strong>-<br />

Oben: Ozone-Schirm <strong>mit</strong> Reflexprofil.<br />

Rechts: Der Hersteller Paramania<br />

erklärt die Wirkungsweise von<br />

Reflexprofilen, indem er sie <strong>mit</strong><br />

Flugzeugleitwerken vergleicht. Das<br />

obere Schema entspricht einem<br />

Flugzeug, links der klassische<br />

<strong>Gleitschirm</strong>, rechts der Reflexprofil-<strong>Gleitschirm</strong>.<br />

Skizze: Paramania<br />

42 06-08 gleitschirm-magazin.com


Reflexprofil,<br />

Druckpunkt bei 15%<br />

Klassisches<br />

<strong>Gleitschirm</strong>profil,<br />

Druckpunkt bei 15-20%<br />

Deutlich zu sehen: Die Austrittskante dieses Reflexprofilschirmes Action (ein Vorgänger des Action<br />

GT) „schaut“ nach oben. Eine kleine Revolution: Sowohl der Revolution als auch der Action GT<br />

von Paramania sind jetzt mustergeprüft .<br />

Photo: Michel Carnet<br />

Hochauftriebsprofil,<br />

Druckpunkt bei 30%<br />

Schematisiert: Druckpunkt <strong>und</strong> Auftriebsverteilung bei verschiedenen<br />

Profiltypen. Hochauftriebsprofile werden trotz<br />

ihrer guten Sinkraten im <strong>Gleitschirm</strong>bereich nicht mehr eingesetzt<br />

- unter anderem aufgr<strong>und</strong> ihrer Klappanfälligkeit ...<br />

Kappen“ eine offi zielle Zulassung zu<br />

erhalten. Die Modelle Revolution <strong>und</strong><br />

Action GT waren bisher vom DULV<br />

als „nicht musterprüfbar“ angesehen<br />

worden. Der Verbands-Testpilot Stefan<br />

Schuler hatte im Januar 2006 in Monaco,<br />

bevor er die Steuerleinen selbst in die<br />

Hand nehmen wollte, einen Testvorfl ug<br />

durch einen Werkspiloten verlangt. Mike<br />

Campbell-Jones hatte daraufhin den<br />

anwesenden Alain Zoller angeheuert<br />

<strong>und</strong> um Vorfl ug gebeten. Der habe, so<br />

DULV-Testpilot Schuler, nach seinem<br />

„ängstlichen Vorfl ug“ kommentiert: „Ich<br />

will am Leben bleiben“. Und Stephan<br />

Schuler will selber festgestellt haben:<br />

„Die Reaktionen des Schirms waren<br />

derart heftig, lange bevor ich auch nur<br />

annähernd die erforderliche Flächentiefe<br />

für Seitenklapper <strong>und</strong> Frontstall erreicht<br />

habe, daß ich den Testfl ug beendet<br />

habe, da keine Aussicht auf Zulassung<br />

bestand.“ So steht es auch in einem der<br />

letzten DULV-Infomagazine für Mitglieder<br />

– schlimmer kann die Negativwerbung<br />

kaum sein. Paramania war ziemlich<br />

enttäuscht über diese Veröffentlichung,<br />

die nach Ansicht von Mike Campbell-<br />

Jones nicht die Wahrheit wiedergebe.<br />

GLEITSCHIRM hat Alain Zoller um eine<br />

Stellungnahme gebeten: der Experte für<br />

Schirmprüfungen bestritt, ernsthaft die<br />

Sicherheit der Paramania-<strong>Schirme</strong>, oder<br />

jene von Refl exprofi len im allgemeinen,<br />

<strong>mit</strong> diesen Worten in Frage gestellt<br />

zu haben. Im Februar 2007 prüfte<br />

er übrigens mehrere Refl exschirme<br />

positiv im Freifl ug nach EN-Norm: Der<br />

Synthesis 29 von Dudek beispielsweise<br />

erhielt die Note C, allerdings nur <strong>mit</strong><br />

geschlossenen Trimmern. Und im<br />

April 2008 hat dann schließlich die<br />

frischgebackene Musterprüfstelle des<br />

DMSV die Musterprüfung für die oben<br />

genannten „Refl exe“ erteilt - sogar <strong>mit</strong><br />

offenen Trimmern!<br />

Gutmütig oder<br />

gemeingefährlich?<br />

Die Frage ist also: Sind Refl exschirme<br />

gefährlich, oder bringen sie, wie ihre<br />

Verteidiger behaupten, sowohl einen<br />

gewissen Leistungsgewinn als auch<br />

einen Sicherheitszuwachs? Die Frage ist<br />

nicht einfach zu beantworten, denn „das“<br />

Refl exprofi l gibt es nicht. Man bezeichnet<br />

<strong>mit</strong> Refl exprofi l in der Regel ein Profi l,<br />

dessen Skelettlinie einen S-<strong>Schlag</strong><br />

aufweist: Im vorderen Bereich ist die Linie<br />

eher nach oben gewölbt, im hinteren<br />

dagegen nach unten, das Achterliek<br />

schaut also eher nach oben. Sinn der<br />

Sache: Im Bereich des Achterlieks<br />

nicht Auftrieb zu erzeugen, sondern<br />

eher sogar Abtrieb oder wenigstens ein<br />

neutrales Auftriebsverhalten. Denn ein<br />

solches Profi l hat ein stark aufrichtendes<br />

Moment bei geringen Anstellwinkeln,<br />

sprich im Schnellfl ug <strong>und</strong> bei Böen von<br />

vorne. Viele klassische <strong>Gleitschirm</strong>profi le<br />

haben bei geringen Anstellwinkeln<br />

Skizzen: Paramania<br />

Ausschnitt aus dem Betriebshandbuch des Action<br />

GT von Paramania. Hier ist gut zu sehen, wie das<br />

Profil durch Öffnen des Trimmers <strong>und</strong> Beschleunigen<br />

erst so „richtig reflex“ wird.<br />

Auch im Betriebshandbuch des Action GT:<br />

Beschleunigertreten bei geschlossenem Trimmer<br />

ist eine „Sünde“. Außerdem wird vom Bremsen im<br />

Fullspeed deutlich abgeraten ...<br />

gleitschirm-magazin.com<br />

06-08<br />

43


An diesem Ozone Viper ist auch von oben zu sehen, daß das Achterliek eher „hochsteht“. Der Sinn:<br />

im hinteren Flügelbereich Abtrieb statt Auftrieb zu erzeugen. Der Flügel wird klappunanfälliger.<br />

unter 5 Grad oft die Tendenz, eher<br />

sogar noch nach vorne zu nicken<br />

<strong>und</strong> so die Anstellwinkelverkleinerung<br />

noch zu verschlimmern. Bekannteste<br />

Konsequenz: Asymmetrischer Stall<br />

oder Frontstall. Ein richtiges Reflexprofil<br />

dagegen reagiert anders: Auch bei<br />

schwachen Anstellwinkeln „will“ es sich<br />

wieder stärker anstellen. Man spricht<br />

daher auch von autostabilen Profilen.<br />

Im Drachenbereich ist es gang <strong>und</strong><br />

gäbe, das Achterliek etwas nach oben<br />

zu ziehen: dafür gehen Abspannseile<br />

vom Turm bis zur Austrittskante. Im<br />

<strong>Gleitschirm</strong> ist so etwas nur schwer zu<br />

realisieren, die Reflex-Hersteller erreichen<br />

aber alleine durch den Segelinnendruck<br />

<strong>und</strong> die Vorspannung beim Vernähen,<br />

daß die Austrittskante vorwitzig nach<br />

oben lugt – natürlich nur, solange der<br />

Pilot nicht bremst.<br />

Kappen <strong>mit</strong> „richtigen Reflexprofilen“<br />

sind im enttrimmten <strong>und</strong> beschleunigten<br />

Zustand tatsächlich sehr klappresistent.<br />

Beim EN-Musterprüfungstest des<br />

Synthesis beispielsweise war es nicht<br />

möglich, im enttrimmten Zustand einen<br />

Klapper durch Herabreißen der A-Gurte<br />

zu simulieren, die Kappe konnte daher<br />

Photo: Ozone<br />

nach Auskunft von Alain Zoller nur <strong>mit</strong><br />

geschlossenem Trimmer getestet <strong>und</strong><br />

mustergeprüft werden.<br />

So einen ausgeprägte „Anti-<br />

Klapperhaltung“ erscheint natürlich<br />

ideal für den Schnellflug, sowohl im<br />

<strong>Gleitschirm</strong>bereich als auch beim<br />

Motorschirmflug. Die Hersteller<br />

der Reflexschirme geben für ihre<br />

Kappen Maximalgeschwindigkeiten<br />

von 60-65 km/h an – insbesondere<br />

für Motorschirmreisen über weite<br />

Strecken natürlich ein verlockendes<br />

„Angebot“. Immer mehr europäische<br />

Motorschirmpiloten fliegen <strong>mit</strong> Reflexen,<br />

auf den Meisterschaftspodien tummeln<br />

sich die autostabilen Profile erst recht,<br />

<strong>und</strong> selbst in Deutschland fliegen viele<br />

Piloten „schwarz“ <strong>mit</strong> den S-Schlägen.<br />

Viele schwärmen regelrecht davon,<br />

wie sie <strong>mit</strong> offenem Trimmer durch die<br />

Turbulenzen pflügen - die Reflexe werden<br />

<strong>mit</strong> zunehmender Geschwindigkeit noch<br />

klappresistenter. Nach Ansicht der<br />

Reflexfans bietet ein Reflexprofil sogar<br />

genau das, was passive Durchschnitts-<br />

Piloten bräuchten: einen automatischen<br />

Ausgleich für mangelndes aktives<br />

Fliegen.<br />

Leistungsminderung<br />

Doch die Medaille hat auch ihre<br />

Kehrseiten. Zum einen ist die Sinkrate<br />

von Vollreflex-Profilen etwas schlechter.<br />

Im Motorflug läßt sich das kompensieren:<br />

Der Pilot muß eben nur etwas mehr<br />

Gas geben, dann bleibt er auch im<br />

stationären Geradeausflug. Und dank<br />

der höheren Geschwindigkeit ist die<br />

Gleitzahl <strong>und</strong> so<strong>mit</strong> die absolute Leistung<br />

in „Benzinlitern pro Kilometer“ wohl nicht<br />

schlechter.<br />

Für den Freiflug sind die „richtigen Reflexe“<br />

aufgr<strong>und</strong> der höheren Sinkrate aber nur<br />

weniger gut geeignet. Allerdings nehmen<br />

sich die Hersteller von Freiflugschirmen<br />

schon immer wenigstens „eine Prise“<br />

Reflex: in vielen Kappen ist zumindest<br />

ansatzweise eine Auftriebsminderung<br />

an der Austrittskante eingebaut. Waren<br />

Anfang der 90er Jahre im Gegenteil viele<br />

<strong>Gleitschirm</strong>e <strong>mit</strong> Hochauftriebsprofilen<br />

unterwegs, um möglichst geringe<br />

Sinkraten zu erreichen, mußten die<br />

Hersteller schnell erkennen, daß deren<br />

Klappempfindlichkeit zu hoch war. Schon<br />

seit über einem Jahrzehnt kommen<br />

die <strong>Gleitschirm</strong>hersteller daher wieder<br />

zu Profilen zurück, deren Druckpunkt<br />

weiter vorne liegt - teilweise <strong>mit</strong> leichten<br />

S-Schlägen. Im beschleunigten Flug<br />

lassen so manche klassischen Kappen<br />

„ihre Austrittskante steigen“ <strong>und</strong> nehmen<br />

so erst recht Reflexallüren an. Und<br />

Semireflexe wie der Ozone Roadster<br />

44 06-08 gleitschirm-magazin.com


Technik Reflexschirme<br />

Hier hat David Dagault von<br />

Ozone das aufrichtende<br />

Moment eines Reflexprofils<br />

(rot) <strong>und</strong> eines klassischen<br />

Profils (grün) verglichen.<br />

Es ist zu erkennen, daß<br />

dieses klassische Profil<br />

schon bei Anstellwinkeln<br />

unter 5 Grad die Tendenz<br />

besitzt, nach vorne zu<br />

nicken <strong>und</strong> da<strong>mit</strong> die<br />

Anstellwinkelverringerung<br />

noch zu verschlimmern. Das<br />

Reflexprofil dagegen „wehrt<br />

sich weiter“ dagegen.<br />

sollen sich nach Ansicht des Herstellers<br />

hervorragend auch für den Freifl ug<br />

eignen.<br />

Startschwäche?<br />

Manche „richtige Refl exe“ haben beim<br />

Motorstart im Flachland noch einen<br />

anderen Nachteil: Sie steigen oft nicht<br />

ganz so gut wie Freifl ugschirme. Der<br />

Gr<strong>und</strong> ist genau der „Wunsch“ der Kappe,<br />

einen möglichst hohen Anstellwinkel<br />

beizubehalten. Die Kappe kommt zwar<br />

zunächst ganz gut hoch, wenn Sie dann<br />

aber über dem Pilotenkopf ankommt,<br />

„wehrt“ sie sich gegen den immer<br />

geringer werdenden Anstellwinkel <strong>und</strong><br />

bleibt 10-15 Grad hängen, wenn sie<br />

nicht konsequent weiter geführt wird.<br />

Der Velvet von Mac Paratechnology:<br />

ein „gemäßigter Reflex“. Beim EN-Test<br />

bekam er nur ein einziges C.<br />

Photo: Mac Paratechnology<br />

gleitschirm-magazin.com<br />

06-08<br />

45


Umdenken<br />

So einen gewaltigen Klapper kann man<br />

aber auch durch einen Pilotenfehler<br />

produzieren: indem man in den<br />

„Beschleuniger steigt“, obwohl der<br />

Trimmer zu ist. Das darf man bei<br />

Reflexschirmen einfach nicht machen.<br />

Ebenfalls verpönt: Voll beschleunigt<br />

fliegen <strong>und</strong> dabei die Bremsen betätigt.<br />

Dies bedeutet nämlich, dass der Pilot<br />

das Profil voll als Reflex arbeiten lässt,<br />

so sehr hohe Geschwindigkeit aufnimmt<br />

<strong>und</strong> dann die schöne S-<strong>Schlag</strong>-Form<br />

bei Highspeed durch Herabziehen der<br />

Austrittskante „zerstört“ – <strong>und</strong> da<strong>mit</strong><br />

den ganzen „Clou“ wegnimmt. Ein<br />

gewaltiger Frontklapper kann die Folge<br />

sein.<br />

Der Plasma: ein Dudek-Hochleister <strong>mit</strong> Reflexprofil.<br />

Aus diesem Gr<strong>und</strong> sollte der Trimmer<br />

auch genau nach Bedienungsanleitung<br />

eingestellt werden, denn manche<br />

Hersteller wie Paramania bemühen<br />

sich, den S-<strong>Schlag</strong> - <strong>und</strong> da<strong>mit</strong> auch<br />

das Aufziehproblem - bei bestimmten<br />

Trimmerstellungen zu neutralisieren.<br />

Mit offenen Trimmern dagegen soll<br />

das Gro<strong>und</strong>handling oft sogar noch<br />

einfacher sein als <strong>mit</strong> einer klassischen<br />

Kappe, wenn der Schirm denn einmal<br />

über dem Pilotenkopf angekommen ist.<br />

In einem Kurzfilm auf seiner Webseite<br />

beweist Paramania, das die Kappe<br />

beim Gro<strong>und</strong>handling im starken Wind<br />

<strong>mit</strong> einer unglaublichen Stabilität über<br />

dem Piloten verharrt <strong>und</strong> selbst nach<br />

deutlichen Entlastern nicht klappt ...<br />

Die Stabilität gilt übrigens bei manchen<br />

Reflexschirmen auch für die Wendigkeit:<br />

das Handling leidet unter Umständen<br />

etwas.<br />

Extremflugverhalten<br />

Der größte Nachteil nach Ansicht der<br />

„Gegner“ der Fullreflexe ist aber das<br />

Extremflugverhalten. Ganz klar, die<br />

Kappen sind in „normalen“ Bedingungen<br />

fast nicht zum Klappen zu bringen. Wenn<br />

aber doch, kann die Reaktion umso<br />

kräftiger sein. Insbesondere, wenn er bei<br />

den hohen Geschwindigkeiten passiert,<br />

die diese <strong>Schirme</strong> eben bieten. Durch<br />

die deutlich höhere Bewegungsenergie<br />

sind dann die Reaktionen, unabhängig<br />

vom Profil, natürlich „gesalzener“. Die<br />

Reflexprofile verschlechtern die Situation<br />

aber aufgr<strong>und</strong> ihrer Eigenschaften<br />

noch etwas: sie fallen nämlich nicht<br />

„raschelnd“ <strong>und</strong> kollabierend in sich<br />

zusammen, sondern klappen unter<br />

Umständen auf einer sehr großen<br />

Fläche komplett um – fast so, wie<br />

wenn sich ein starrer Flugzeugflügel<br />

überschlägt. Entsprechend größer ist der<br />

Höhenverlust, bis „alles repariert“ ist.<br />

Photo: Dudek<br />

Finger weg von der Bremse!<br />

Piloten unter richtigen Reflexen müssen<br />

deswegen vollkommen umdenken: erst<br />

Trimmer öffnen, dann beschleunigen,<br />

<strong>und</strong> danach im Schnellflug die Bremsen<br />

nicht betätigen, sondern <strong>mit</strong> lockeren<br />

Bremsen die Kappe arbeiten lassen.<br />

Für aktiv fliegende <strong>Gleitschirm</strong>piloten<br />

ein schwieriger Lernprozeß ... Gesteuert<br />

wird in diesen Momenten über Gewichtsverlagerung,<br />

über Stabilobremsen<br />

oder, bei manchen Kappen, über die<br />

Tragegurte. Erst wenn der Beschleuniger<br />

wieder losgelassen wurde <strong>und</strong> die<br />

Trimmer möglichst wieder auf neutral<br />

stehen, „darf der Pilot wieder über die<br />

Bremsen ran“.<br />

Ganz abgesehen davon, dass so<br />

etwas auch <strong>mit</strong> manchen „normalen“<br />

Hochleistern passieren kann, halten die<br />

Reflexfans dies nicht für ein Problem.<br />

Sie sind bereit, umzudenken <strong>und</strong> sich<br />

umzutrainieren – ein Schirm <strong>mit</strong> S-<strong>Schlag</strong><br />

fliegt sich ihrer Meinung nach eben<br />

anders, vielleicht sogar „flugzeughafter“.<br />

Beispielsweise empfiehlt Dudek, beim<br />

Start nach dem Abheben zunächst<br />

in wenigen Metern über dem Gr<strong>und</strong><br />

Geschwindigkeit aufzunehmen <strong>und</strong><br />

dann erst in den Steigflug überzugehen.<br />

Fazit<br />

Mit Dudek <strong>und</strong> Paramania haben<br />

sich zwei Hersteller fast gänzlich der<br />

Reflextechnologie verschrieben. Ozone<br />

hat <strong>mit</strong> dem Viper ebenfalls einen recht<br />

reinrassigen Reflex im Programm <strong>und</strong><br />

versucht zudem <strong>mit</strong> dem Semireflex<br />

Roadster, einen interessanten<br />

Kompromiß für eine breitere Zielgruppe<br />

zu finden. Auch Mac Para bietet <strong>mit</strong><br />

dem Velvet einen li<strong>mit</strong>ierten S-<strong>Schlag</strong><br />

46 06-08 gleitschirm-magazin.com


Technik Reflexschirme<br />

Skizze: Paramania<br />

Interessant: Paramania<br />

stellt das Schießverhalten<br />

der Reflexkappen in dieser<br />

Grafik dar. Während die<br />

klassische Kappe (oben)<br />

aufgr<strong>und</strong> des weiter hinten<br />

liegenden Druckpunktes <strong>und</strong><br />

des anhaltenden Leinenzugs<br />

weiter „um den Piloten<br />

herumsausen“ will <strong>und</strong> so<strong>mit</strong><br />

tiefer schießen kann, soll<br />

die Reflexkappe dank ihres<br />

aufrichtenden Momentes die<br />

Leinen entlasten <strong>und</strong> wäre<br />

so<strong>mit</strong> nicht nur klappresistenter,<br />

sondern auch weniger<br />

schießfreudig - unter der<br />

Bedingung natürlich, daß der<br />

Pilot sich immer noch das<br />

Bremsen verkneift, <strong>und</strong> unter<br />

der Voraussetzung, daß die<br />

Kappe auch wirklich offen<br />

bleibt <strong>und</strong> nicht großflächig<br />

umklappt. Paramania will<br />

diese „Schießbremse“ bei<br />

Fullstall-Ausleitungen regelmäßig<br />

beobachtet haben.,<br />

<strong>und</strong> auch Ozone bestätigt,<br />

daß Reflexe nach dem Stall<br />

weniger schießen.<br />

an. Diese Semirefl exe befi nden sich<br />

so<strong>mit</strong> zwischen den „echten“ Full-<br />

Refl exen <strong>und</strong> den leichten S-Schlägen,<br />

die seit jeher in vielen Freifl ugschirmen<br />

eingesetzt werden.<br />

Die neuen Musterprüfungen in<br />

Deutschland werden den Refl ex-Fans<br />

deutlichen Auftrieb geben - auch wenn<br />

es nicht unwahrscheinlich ist, dass<br />

diese unerwarteten Musterprüfungen<br />

noch zu Polemiken führen werden.<br />

GLEITSCHIRM konnte beispielsweise<br />

bis Redaktionsschluß trotz Anfrage nicht<br />

die entsprechenden Testprotokolle des<br />

DMSV einsehen - beim DULV war das<br />

erfahrungsgemäß aber auch immer so.<br />

Klappertests <strong>mit</strong> offenen Trimmern sind<br />

wegen der enormen Klappresistenz der<br />

meisten Fullrefl exe in jedem Fall nicht<br />

durchführbar. Bei der Motorschirm-<br />

LTF sind sie im Gegensatz zur Freifl ug-<br />

LTF <strong>und</strong> der Freifl ug-EN aber auch<br />

nicht zwingend vorgeschrieben - wie<br />

das Verhalten der Kappen in diesem<br />

Zustand aussieht, bleibt also offi ziell<br />

ungeprüft. Paramania berichtet, man<br />

habe solche Klapper in eigenen Tests<br />

<strong>mit</strong> viel Aufwand bei alten Modellen<br />

herbeiführen können, hier sei aber trotz<br />

des sehr schnellen Wegdrehens nicht<br />

allzu viel Höhe verloren gegangen, <strong>und</strong><br />

die Wiederbelüftung <strong>und</strong> -öffnung dank<br />

großer Crossports rasch erfolgt.<br />

In jedem Fall werden sich die Kappen<br />

nur schwer in die einfachsten Kategorien<br />

einordnen lassen: die EN-Tests des<br />

Synthesis beispielsweise <strong>mit</strong> einigen „C’s“<br />

(3-5 Sek<strong>und</strong>en verzögertes Anfahren<br />

nach dem Sackfl ug, Wegdrehen<br />

nach 75% Klapper) sehen zwar nicht<br />

ausgesprochen fi es aus, entsprechen<br />

aber sicher nicht den Ergebnissen,<br />

die man beispielsweise von einem<br />

Einsteigerschirm erwarten würde. Für<br />

puristische Refl exverfechter sind eben<br />

die offi ziellen Tests zu penalisierend, weil<br />

sie nicht die Klappresistenz, sondern<br />

die Klapperfolgen analysieren - <strong>und</strong><br />

da<strong>mit</strong> eine Situation, in die man im<br />

normalen Betrieb erst gar nicht käme.<br />

Im übrigen , so Campell-Jones, verleite<br />

die aktuelle Freifl ugnorm die Hersteller<br />

dazu, <strong>Schirme</strong> zu bauen, die aufgr<strong>und</strong><br />

hoher Wölbung zwar relativ brav auf<br />

Klapper reagieren, dafür aber eine<br />

höhere Neigung zu stabilen Steilspiralen<br />

aufwiesen ...<br />

Werden sich echte S-Schläge<br />

auch weiterhin in erster Linie bei<br />

leistungsorientieren Motorpiloten durchsetzen,<br />

wie es selbst der Hersteller<br />

Ozone für „vernünftig“ hält, oder werden<br />

die Vorreiter des „Refl ex-Hypes“ recht<br />

behalten, die künftig darunter auch<br />

Durchschnittspiloten <strong>mit</strong> Volldampf<br />

unbekümmert durch die Turbulenzen<br />

brettern sehen wollen?<br />

Im Freifl ugbereich bleibt die Tendenz<br />

zu „leichten Refl exen“ sicherlich weiter<br />

bestehen, ausgeprägte S-Schläge<br />

werden aber auch künftig an der<br />

Sinkrate scheitern. Denkbar ist aber,<br />

daß die Hersteller der Freifl ugschirme<br />

ihre „leichten S-Schläge“ noch etwas<br />

forcieren <strong>und</strong> verstärkt in den Bereich<br />

der Semirefl exe konzipieren.<br />

Der Enthusiasmus vieler Fullrefl ex-<br />

Nutzer im Motorschirmbereich <strong>und</strong><br />

ihre Lobeshymnen über die hohe<br />

Highspeed-Stabilität ihrer Kappen<br />

könnten ansteckend sein. Wir sind in<br />

jedem Fall genauso gespannt wie die<br />

Hersteller!<br />

Einige Hersteller <strong>und</strong> Importeure<br />

von Reflexschirmen:<br />

Paramania<br />

www.fl yparamania.com<br />

Import Deutschland PAP-Team,<br />

Gunther Bormann,<br />

www.fl yparamania.de<br />

Dudek<br />

www.dudek.com.pl<br />

Import Deutschland Wojtek Hewig,<br />

www.dudek-germany.de<br />

Ozone<br />

www.fl yozone.com<br />

ITV<br />

www.itv.fr<br />

gleitschirm-magazin.com<br />

06-08<br />

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