Landschaftspflege und Naturschutz in Thüringen - Convention on ...

<strong>Landschaftspflege</strong> <strong>und</strong>
<strong>Naturschutz</strong> <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen
47. Jahrgang · Heft 1 · 2010
Aus dem Inhalt
• Teichmolch – e<strong>in</strong>e „Allerweltsart“ wird Lurch des Jahres 2010
• Gefleckthütiger Röhrl<strong>in</strong>g <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen – selten <strong>und</strong> schützenswert
• Stiftung <strong>Naturschutz</strong> – größter Flächeneigentümer im GRÜNEN BAND
• Artenvielfalt <strong>und</strong> Verbuschung – „KULAP-R<strong>und</strong>fahrt“ nach Jena <strong>und</strong> Umgebung

Impressum
Namentlich (auch mit Kürzel) gekennzeichnete
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der Redaktion wieder. Für fehlerhafte Angaben
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Thür<strong>in</strong>ger Landesanstalt
für Umwelt <strong>und</strong> Geologie
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A. Nöllert, S. Brückner
Redaktionsschluss: 15. 03. 2010
© Thür<strong>in</strong>ger Landesanstalt für Umwelt
<strong>und</strong> Geologie Jena
Abteilung <strong>Naturschutz</strong>/Weimar
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99423 Weimar
Zeitschriften-Nr.: F 3791
ISSN 0323-8253
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Titelbild:
Männlicher Teichmolch (Lissotriton vulgaris vulgaris)
im Paarungskleid (Wassertracht) aus der
Umgebung von Greiz (Thür<strong>in</strong>gen). – Vgl. Beitrag
von A. NÖLLERT et. al. (Aufn. F. LEO, fokus-natur)
4. Umschlagseite:
Der Waldlabkraut-Eichen-Ha<strong>in</strong>buchenwald (Galio-Carp<strong>in</strong>etum)
im NSG „Schönberg“ ist aus
e<strong>in</strong>em durchgewachsenen Niederwald hervorgegangen.
Die bemerkenswerte Baumartenvielfalt
hat e<strong>in</strong>e hohe Diversität an kalkliebenden Mykorrhizapilzen
zur Folge, von denen hier nur der
Gefleckthütige Röhrl<strong>in</strong>g (Boletus depilatus) aufgeführt
sei. – Vgl. Beitrag von J. WIESNER. (Aufn.
J. WIESNER)
<strong>Landschaftspflege</strong> <strong>und</strong> <strong>Naturschutz</strong>
<strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen
Die Zeitschrift wird seit 1999 im Index des Zoological Record (seit 1864)
der Zoological Society of London geführt.
47. Jahrgang / Heft 1 • 2010
Für die Genehmigung zur Nutzung des IYB-Logos bedanken wir uns bei:
Secretariat of the <strong>Convention</strong> on
Biological Diversity
413 St. Jacques Street W, Suite 800
Montreal, QC H2Y 1N9
Canada
Inhaltsverzeichnis
ANDREAS NÖLLERT, JOHANNES HILL & AXEL KWET
Der Teichmolch Lissotriton vulgaris (LINNAEUS, 1758) –
e<strong>in</strong>e „Allerweltsart“ wird zum „Lurch des Jahres 2010“ 1
STEFAN JAEHNE & REINHOLD KÖRNER
Ergebnisse der Bestandserfassung des Schwarzstorches (Ciconia nigra)
<strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gens Wäldern 22
Naturwissenschaftliche Heimatforschung
JOCHEN WIESNER
Der Gefleckthütige Röhrl<strong>in</strong>g (Boletus depilatus) <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen – selten <strong>und</strong> schützenswert! 28
THOMAS OPPEL
Großes Nixkraut (Najas mar<strong>in</strong>a L.) <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen wieder gef<strong>und</strong>en 32
ERWIN SCHMIDT
Nachweise von Neophyten im Landkreis Sömmerda 34
Mitteilungen aus dem Freistaat Thür<strong>in</strong>gen
BEATE SCHRADER
Die Stiftung <strong>Naturschutz</strong> Thür<strong>in</strong>gen – größter Flächeneigentümer im GRÜNEN BAND 36
BEATE SCHRADER
Der Thür<strong>in</strong>ger <strong>Naturschutz</strong>preis 2010 38
MAIK SCHWABE
Beurteilung des Verbuschungsgrades <strong>und</strong> der Artenvielfalt auf gepflegten Wiesenflächen 39
MANFRED GROSSMANN
Baumkronenpfad im Nationalpark Ha<strong>in</strong>ich wurde erweitert 40
Persönliches
GÜNTER KÖHLER
Herrn Prof. Dr. rer. nat. habil. GERHARD SCHÄLLER zum 80. Geburtstag 41
ANDREAS MEHM & MARTIN BIEDERMANN
ANDREAS THIELE zum 60. Geburtstag 42
KARLI COBURGER
ECKHARD TITZ zum 65. Geburtstag 44
SKADI THIEL & HUBERTUS SPERLING
Zum Gedenken an ILKA WEDEKIND 45
RUDOLF SCHUBERT & RAINER HAUPT
Zum Gedenken an HUGO WEINITSCHKE (1930–2009) 46
Neue Literatur
W. WRANIK, V. MEITZNER & TH. MARTSCHEI
Verbreitungsatlas der Heuschrecken Mecklenburg-Vorpommerns 48
S. KÄMPFE
Die Flora Weimars <strong>und</strong> se<strong>in</strong>er Umgebung 49
A. AEBISCHER
Der Rotmilan – E<strong>in</strong> fasz<strong>in</strong>ierender Greifvogel 49
Nachauflagen „<strong>Naturschutz</strong>report“ 50
Kurzvorstellungen Buchtitel 51–52

LANDSCHAFTSPFLEGE UND NATURSCHUTZ IN THÜRINGEN 47. JAHRGANG (2010) HEFT 1 1
ANDREAS NÖLLERT, JOHANNES HILL & AXEL KWET
Der Teichmolch Lissotriton vulgaris (LINNAEUS, 1758) –
e<strong>in</strong>e „Allerweltsart“ wird zum „Lurch des Jahres 2010“
– E<strong>in</strong> Beitrag zum Jahr der biologischen Vielfalt –
Der Teichmolch wurde für das Jahr
2010 von der Deutschen Gesellschaft
für Herpetologie <strong>und</strong> Terrarienk<strong>und</strong>e
e. V. (DGHT) zum „Lurch des Jahres“
ausgewählt. Das erfolgte <strong>in</strong> enger Zusammenarbeit
mit der Österreichischen
Gesellschaft für Herpetologie (ÖGH)
<strong>und</strong> der Koord<strong>in</strong>ationsstelle für Amphibien-
<strong>und</strong> Reptilienschutz <strong>in</strong> der
Schweiz (KARCH). Unsere Aktion ist
<strong>in</strong> die weltweiten Aktivitäten zum Internationalen
Jahr der biologischen Vielfalt
2010 (International Year of Biodiversity
2010) e<strong>in</strong>geb<strong>und</strong>en. Wie <strong>in</strong> den vergangenen
Jahren auch, stellt die Geschäftsstelle
der DGHT wiederum e<strong>in</strong>e Aktionsbroschüre
(DGHT 2010), e<strong>in</strong> Poster
sowie e<strong>in</strong> Faltblatt für die <strong>in</strong>teressierte
Öffentlichkeit zur Verfügung (pdf der
Materialien unter http://www.dght.de/).
Im Folgenden möchten wir den Teichmolch
(Titelbild) <strong>und</strong> „se<strong>in</strong>e diverse
Verwandtschaft“ etwas ausführlicher
vorstellen, <strong>in</strong> der Hoffnung, dass dieser
(noch?) „Allerweltsart“ – nicht nur <strong>in</strong>
Thür<strong>in</strong>gen – zukünftig mehr Aufmerksamkeit
gewidmet wird.
Der Name
CAROLUS VON LINNAEUS (LINNÉ) beschrieb
den Teichmolch <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em 1758
<strong>in</strong> Stockholm erschienenen Werk „Systema
naturae“ unter dem wissenschaftlichen
Namen Lacerta vulgaris.
DUNN (1918; Bull. Mus. Comp. Zool. 62:
452) verwendet erstmals die lange Zeit
gültige Komb<strong>in</strong>ation Triturus vulgaris.
Als Konsequenz phylogenetischer Daten,
die zeigen, dass die Arten der Gattung
Triturus ke<strong>in</strong>e monophyletische
Gruppe s<strong>in</strong>d <strong>und</strong> somit unterschiedlichen
Gattungen „zugeordnet“ werden
müssen (vgl. VENCES 2007) schlugen
GARCÍA-PARÍS et al. (2004) vor, für den
Teichmolch <strong>und</strong> die vier weiteren enger
verwandten „Kle<strong>in</strong>molche“ (vgl. Abschnitt
Verwandtschaft) den Gattungsnamen
Lissotriton (BELL, 1839, Hist.
Brit. Reptiles: 132) zu verwenden, der
heute allgeme<strong>in</strong> anerkannt ist (vgl. auch
FROST et al. 2006; FROST 2009).
Ableitung der wissenschaftlichen Namen:
Triturus (Triton) – griechisch – e<strong>in</strong>
Sohn des Meeresgottes Poseidon; he urá
– der Schwanz; vulgaris – late<strong>in</strong>isch –
gewöhnlich, geme<strong>in</strong> (vgl. BUSCHENDORF
& GÜNTHER 1996); lissos – griechisch
– glatt (vgl. DUBOIS & RAFFAËLLI 2009).
Deutsche Namen für den Teichmolch
s<strong>in</strong>d u. a. Ledermolch, Streifenmolch,
Gartenmolch, Lappenmolch, Gefleckter
Molch, Kle<strong>in</strong>er Wassermolch, Glatter
Molch, Kle<strong>in</strong>er Wassersalamander (BU-
SCHENDORF & GÜNTHER 1996).
Die „Verwandtschaft“
Der Teichmolch gehört <strong>in</strong>nerhalb der
Schwanzlurche (Urodela) zur Familie
der Echten Salamander <strong>und</strong> Molche
(Salamandridae). Das Verbreitungsgebiet
der gegenwärtig bekannten
79 Arten (FROST 2009) erstreckt sich
über sehr große Teile Europas bis nach
Zentral-Russland, umfasst SE-Ch<strong>in</strong>a,
Japan, NW-Afrika sowie das östliche
<strong>und</strong> westliche Nordamerika (RAFFAËLLI
2007; VITT & CALDWELL 2009).
Zur Gattung Lissotriton BELL, 1839,
werden neben dem Teichmolch gegenwärtig
vier weitere Arten gestellt (Bildtafel
I), die ausschließlich <strong>in</strong> Europa
siedeln.
Von DUBOIS & RAFFAËLLI (2009) wurde
die Gattung Lissotriton jüngst <strong>in</strong> zwei
Untergattungen aufgeteilt: Me<strong>in</strong>us DU-
BOIS & RAFFAËLLI, 2009, – mit Lissotriton
boscai – sowie Lissotriton mit den verbleibenden
Arten. Weitere taxonomische
Veränderungen h<strong>in</strong>sichtlich Art- bzw.
Unterartzugehörigkeit der europäischen
Molche <strong>und</strong> Salamander, die DUBOIS &
RAFFAËLLI (2009) vorgenommen haben,
sollen hier nicht erläutert werden.
Bestimmungsschlüssel für die Arten der
Gattung Lissotriton f<strong>in</strong>den sich u. a. bei
NÖLLERT & NÖLLERT (1992: 118–129),
JEHLE & FABER (2003: 415–417) sowie
STUMPEL & STRIJBOSCH (2006: 28–31);
Schlüssel für deren Larven bei NÖLLERT
& NÖLLERT (1992: 101–106), GROSSEN-
BACHER (2004: 1139–1140) STUMPEL &
STRIJBOSCH (2006: 50–53) <strong>und</strong> für die
Larven aller auch <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen heimischen
Schwanzlurche (Amphibienarten)
bei MIAUD & MURATET (2004, beste
Publikation zum Thema Laich-Larven-
Metamorphl<strong>in</strong>ge mit ausgezeichneten
fotografischen Darstellungen) sowie
BÜHLER et al. (2007).
➤ Der Fadenmolch Lissotriton helveticus
(RAZOUMOWSKY, 1789) bewohnt
Westeuropa (vgl. SCHLÜP-
MANN & VAN GELDER 2004; CREEMERS
& VAN DELFT 2009). Die Verbreitungsschwerpunkte
s<strong>in</strong>d Frankreich
(ARNTZEN 1989a; DUGUET & MELKI
2003) <strong>und</strong> Großbritannien (BEEBEE &
GRIFFITHS 2000; INNS 2009). Durch
Deutschland (auch durch Thür<strong>in</strong>gen
vgl. SCHIEMENZ 1981; MATZ 1984)
verläuft die östliche bzw. nordöstliche
Arealgrenze (vgl. SCHLÜPMANN
et al. 1996; RIMPP 2007a).
➤ Der Italienische Wassermolch Lissotriton
italicus (PERACCA, 1898)
ist e<strong>in</strong> Endemit Mittel- <strong>und</strong> Süditaliens
(SPARREBOOM 2003; SCILLITANI
et al. 2006).
➤ Der Karpatenmolch Lissotriton
montandoni (BOULENGER, 1880) ist
e<strong>in</strong> Endemit der Karpaten sowie angrenzender
Gebirgssysteme (ZAVA-
DIL et al. 2003). Er kommt <strong>in</strong> Teilen
der Tschechischen Republik (KOL-
MANN & ZAVADIL 1994), der Slowakei
(LÁC 1968), Polens (RAFIŃSKI & BA-
BIK 2003), der Ukra<strong>in</strong>e (BANNIKOV et
al. 1977; ŠČERBAK & ŠČERBAŇ 1980;
KUZMIN 1995, 1999) <strong>und</strong> Rumäniens
(FUHN 1960a; COGÃLNICEANU 2000)
vor; zur Phylogeographie vgl. auch
BABIK et al. (2005).
Als Besonderheit sei noch auf e<strong>in</strong>e
Ansiedlung von 80 Karpatenmol-

2 LANDSCHAFTSPFLEGE UND NATURSCHUTZ IN THÜRINGEN 47. JAHRGANG (2010) HEFT 1
Abb. 1: Artareal des Teichmolches. (Grafik P. KÜMPEL, TLUG Weimar, nach Vorlage DGHT)
chen im Jahr 1901 im Gebirgsvorland
des Bayerischen Waldes auf ca.
550 m ü. NN durch GEYER (1953)
h<strong>in</strong>gewiesen. 50 Jahre später fand
GEYER noch 13 Exemplare. Die Ansiedlungsgewässer
existieren <strong>in</strong>zwischen
nicht mehr, jedoch benennen
ASSMANN & WITTMANN (1992) noch
drei F<strong>und</strong>orte des Karpatenmolches
aus Bayern: Viechtach, Kötzt<strong>in</strong>g,
Umgebung von Regensburg.
➤ Der Spanische Wassermolch Lissotriton
boscai (LATASTE <strong>in</strong> TOUR-
NEVILLE, 1879) ist e<strong>in</strong> Endemit der
Iberischen Halb<strong>in</strong>sel (CAETANO
2003). Er besiedelt den westlichen
Teil Spaniens (DÍAZ-PANIAGUA 2004)
sowie Portugal (MALKMUS 2004).
Das Verbreitungsgebiet des
Teichmolches
Der Teichmolch ist die am weitesten
verbreitete Schwanzlurchart Europas
(vgl. KUZMIN & ZUIDERWIJK 2004) <strong>und</strong>
kommt <strong>in</strong> nahezu allen europäischen Klimazonen
vor. Das Artareal (vgl. Abb. 1)
erstreckt sich von Mittelfrankreich (wo
er z. B. an der Loire-Mündung die Atlantikküste
erreicht; ARNTZEN 1989b;
DUGUET & MELKI 2003) über die Britischen
Inseln (BEEBEE & GRIFFITHS 2000;
INNS 2009 – e<strong>in</strong>zige Schwanzlurchart
Irlands), die Benelux-Länder (DUGUET
& MELKI 2003; CREEMERS & VAN DELFT
2009), nahezu das gesamte Mitteleuropa
(KUZMIN & ZUIDERWIJK 2004) <strong>und</strong>
Dänemark (FOG et al. 1997) bis <strong>in</strong> das
mittlere Norwegen, wo er südlich von
Mosjøen (65°50’ n. B.) den heute bekannten
nördlichsten Verbreitungspunkt
erreicht (vgl. DOLMEN 1983). Die nördliche
Verbreitungsgrenze zieht sich dann
ostwärts weiter durch Mittelschweden,
das mittlere F<strong>in</strong>nland (FOG et al. 1997),
das nordwestliche Russland (Karelische
Autonome Republik, Komi-Republik,
Abb. 2:
Verbreitung des
Teichmolches <strong>in</strong>
Deutschland.
(Aus BUSCHENDORF
& GÜNTHER 1996)
Bezirk Tyumen; vgl. KUZMIN 1999)
etwa über den mittleren Ural bis nach
Westsibirien, wo <strong>in</strong> der Umgebung von
Tomsk (84° 58’ ö. L.) der derzeit östlichste
F<strong>und</strong>punkt liegt (siehe Karte bei
SCHMIDTLER & FRANZEN 2004). Von dort
nach Westen verläuft die südliche Verbreitungsgrenze
durch Kasachstan, die
Umgebung von Orenburg (Russland)
bis <strong>in</strong> die Süd-Ukra<strong>in</strong>e wo im Bezirk
Odessa das Nordufer des Schwarzen
Meeres erreicht wird (KUZMIN 1999).
Im südlichen Teil se<strong>in</strong>es Verbreitungsgebietes
besiedelt der Teichmolch Teile
der nordwestlichen <strong>und</strong> westlichen Türkei
(BARAN & ATATÜR 1998), nahezu die
gesamte Balkan-Halb<strong>in</strong>sel (SCHMIDTLER
& SCHMIDTLER 1983; SCHMIDTLER &
FRANZEN 2004; BABIK et al. 2005) sowie
die nördliche Hälfte Italiens (RAZZETTI
& BERNINI 2006).
Von diesem mehr oder weniger zusammenhängenden
Verbreitungsgebiet isoliert
s<strong>in</strong>d die Vorkommen im westlichen
Kaukasien zwischen Schwarzem Meer
<strong>und</strong> Kaspischem Meer.
In Europa fehlt der Teichmolch auf der
Iberischen Halb<strong>in</strong>sel <strong>und</strong> im südlichen
Teil Frankreichs, auf den Mittelmeer<strong>in</strong>seln
(von den Balearen über Korsika,
Sard<strong>in</strong>ien, Sizilien bis nach Kreta), im

Der Teichmolch Lissotriton vulgaris vulgaris (LINNAEUS, 1758)
<strong>in</strong> Stichworten
(nach BUSCHENDORF & GÜNTHER 1996; SCHMIDTLER & FRANZEN 2004; RIMPP 2007;
MEYER et al. 2009)
Artcharakteristische Kennzeichen:
schlanker, kle<strong>in</strong>erer Wassermolch mit glatter Haut; Kopfoberseite mit drei Längsfurchen,
tief e<strong>in</strong>gesenkte Drüsenmulden zwischen Nasenloch <strong>und</strong> Auge; heller Kopfseitenstreifen
von Nasenloch bis M<strong>und</strong>w<strong>in</strong>kel; Kehle heller als Bauch <strong>und</strong> beide zumeist
dunkel gefleckt.
Größe:
�� <strong>und</strong> �� bis 110 mm.
Geschlechtsunterschiede:
Teichmolche weisen sowohl <strong>in</strong> Wasser- als auch <strong>in</strong> Landtracht e<strong>in</strong>en ausgeprägten
Geschlechtsdichromatismus auf, wodurch sich �� <strong>und</strong> �� gut vone<strong>in</strong>ander unterscheiden
lassen.
Wassertracht:
�� mit hohem, gewellten oder leicht gezacktem Rückenkamm, der ohne E<strong>in</strong>kerbung
an Schwanzbasis <strong>in</strong> oberen Schwanzflossensaum übergeht; Zehen mit dunklen
Hautsäumen; Kloake dunkel, stark gewölbt; Oberseite dunkelbräunlich <strong>und</strong>
dunkel gefleckt, wenigstens Bauchmitte orangerötlich mit großen dunklen Flecken;
Schwanzflossensaum mit rötlichen <strong>und</strong> bläulichen Zeichnungselementen.
�� ohne Rückenkamm, oberer Schwanzflossensaum niedriger als bei ��; Kloake
flach; Oberseite lehmgelb mit kle<strong>in</strong>en dunklen Tupfen; Unterseite orangegelblich mit
kle<strong>in</strong>en dunklen Flecken.
Landtracht:
�� sehr niedriger Rückenkamm <strong>und</strong> rötlich/blaue Färbung an Schwanzunterkante
bleiben deutlich; Hautoberfläche samtartig <strong>und</strong> Wasser abweisend.
�� oberer Schwanzflossensaum nicht mehr sichtbar, Hautoberfläche wie ��.
Jahreszyklus:
W<strong>in</strong>terruhe (Mitteleuropa) witterungsabhängig von Oktober/November bis Februar/März;
Fortpflanzungszeit von März bis Ende Juni/Anfang Juli (seltener August),
danach Landaufenthalt; ganzjähriger Wasseraufenthalt möglich.
Wanderungen:
zumeist weniger als 100 m (max. 500 m).
Laich:
� legt je Saison 200 bis 300 Eier, Eidurchmesser 1,3 bis 1,8 mm, Eier oberseits
bräunlich, unterseits heller <strong>und</strong> von ovalen Gallerthüllen umgeben; Ablage unter
Wasser an Pflanzen <strong>in</strong> warmen Flachwasserbereichen.
Larven:
Embryonalentwicklung nach 8–14 Tagen beendet; Larven beim Schlupf 6–10 mm;
mögliche Gesamtlänge 40 mm; Außenkiemen; gelblich bis bräunlich; halten sich oft
am Gewässerboden auf; Neotenie häufig.
Metamorphose:
nach 6 bis 8 Wochen; die 25–40 mm langen Jungmolche suchen von Anfang Juli bis
November das Land auf.
Nahrung:
Wasseraufenthalt v. a. freischwimmende Kle<strong>in</strong>krebse; Landaufenthalt Vielzahl kle<strong>in</strong>erer
Boden lebender Wirbellose wie Asseln, Sp<strong>in</strong>nen oder Regenwürmer.
Fe<strong>in</strong>de:
Libellenlarven, Larven von Wasser<strong>in</strong>sekten, Fische, Wasserfrösche, R<strong>in</strong>gelnatter,
Entenvögel, Reiher, Störche, Rabenvögel, größere S<strong>in</strong>gvögel, Säugetiere wie Wasserspitzmaus,
Iltis, Wildschwe<strong>in</strong>.
Alter:
im Terrarium bis 28 Jahre.
Männchen <strong>in</strong> Wassertracht. (Aufn. W. FIEDLER)
Weibchen <strong>in</strong> Wassertracht. (Aufn. W. FIEDLER)
Männchen <strong>in</strong> Landtracht. (Aufn. A. NÖLLERT)
Weibchen <strong>in</strong> Landtracht. (Aufn. A. NÖLLERT)
Ei des Teichmolchs. (Aufn. W. FIEDLER)
Teichmolch-Larve. (Aufn. W. FIEDLER)
Metamorphl<strong>in</strong>g des Teichmolchs mit Kiemenresten. (Aufn. W. FIEDLER)
Teichmolch-Männchen wird
von e<strong>in</strong>er Gelbrandkäfer-Larve angegriffen. (Aufn. J. WITHEHURST)

Bildtafel I
Die Arten der Gattung Lissotriton <strong>und</strong> ihre Lebensräume

Bildtafel II
Die Unterarten des Teichmolches Lissotriton vulgaris <strong>und</strong> ihre Lebensräume

Reihenfolge der Abbildungen auf allen Bildtafeln von oben l<strong>in</strong>ks nach unten rechts
Bildtafel I Die Arten der Gattung Lissotriton <strong>und</strong> ihre Lebensräume
Fadenmolch Lissotriton helveticus helveticus (RAZOUMOVSKY, 1789), Männchen l<strong>in</strong>ks, Deutschland, Thür<strong>in</strong>gen, Unterwirbach, Mai 2009.
(Aufn. F. LEO, fokus-natur, leg. A. NÖLLERT)
„Klassisches“ F<strong>und</strong>gebiet des Fadenmolches im Nordwesten des Mittleren Thür<strong>in</strong>ger Waldes. Die Art wurde von dort erstmals durch Dr. WILLY
WOLTERSTORFF im Jahr 1891 erwähnt: Gewässer südlich des R<strong>in</strong>gbergs bei Ruhla, Juni 1993. (Aufn. A. NÖLLERT)
Italienischer Wassermolch Lissotriton italicus (PERACCA, 1898), Männchen, Italien, Kalabrien, Fasana, 27.03.2008.
(Aufn. F. LEO, fokus-natur, leg. A. NÖLLERT)
Lebensraum des Italienischen Wassermolches, Italien, Kalabrien, Santa Sever<strong>in</strong>a, 27.03.2008. (Aufn. A. NÖLLERT)
Karpatenmolch Lissotriton montandoni (BOULENGER, 1880), Männchen, Tschechische Republik, Jeseniky Berge. (Aufn. V. GVOZDIK)
Lebensraum des Karpatenmolches, Rumänien, Bucov<strong>in</strong>ca, 1.585 m ü. NN, Juni 2007. (Aufn. D. COGÃLNICEANU)
Spanischer Wassermolch Lissotriton boscai (LATASTE <strong>in</strong> TOURNEVILLE, 1879), Männchen, Spanien, Andalusien. (Aufn. B. TRAPP)
Lebensraum des Spanischen Wassermolches, Bachlauf, Spanien, Andalusien. (Aufn. B. TRAPP)
Bildtafel II Die Unterarten des Teichmolches Lissotriton vulgaris <strong>und</strong> ihre Lebensräume
Griechischer Teichmolch Lissotriton vulgaris graecus (WOLTERSTORFF, 1906), Männchen, Griechenland, P<strong>in</strong>ios-Delta, zur Laichzeit Anfang Februar;
über dem Teichmolch Laichballen des Spr<strong>in</strong>gfrosches Rana dalmat<strong>in</strong>a. (Aufn. B. TRAPP).
Lebensraum des Griechischen Teichmolches, Griechenland, P<strong>in</strong>ios-Delta, zur Laichzeit Anfang Februar. (Aufn. B. TRAPP)
Koßwig’s Teichmolch Lissotriton v. kosswigi (FREITAG, 1955), Männchen, NW-Türkei, Abantsee bei Bolu, 1.300 m ü. NN. (Aufn. J. F. SCHMIDTLER)
Lebensraum von Koßwig’s Teichmolch. Der Auslauf des Abantsees <strong>in</strong> der NW-Türkei im zeitigen Frühjahr 1964. Lissotriton v. kosswigi bewohnt die
Bachschlenken u. a. geme<strong>in</strong>sam mit dem Bandmolch Ommatotriton vittatus ophryticus <strong>und</strong> dem Südlichen Kammmolch Triturus karel<strong>in</strong>ii. Die umgebenden
Wälder bestehen v. a. aus P<strong>in</strong>us sylvestris <strong>und</strong> aus Fagus orientalis. (Aufn. F. J. SCHMIDTLER)
Kaukasischer Teichmolch Lissotriton v. lantzi (WOLTERSTORFF, 1914), Männchen, Georgien, Bakuriani, ca. 1.700 m ü. NN, 06.05.2007.
(Aufn. C. RIEGELER)
Lebensraum des Kaukasischen Teichmolches, Georgien, Bakuriani, 06.05.2007. (Aufn. T. BADER)
Rumänischer Teichmolch Lissotriton v. ampelensis (FUHN, 1951), Männchen, Rumänien, Distrikt Brasov, Waldgebiet bei Bogatii, 17.05.2008.
(Aufn. T. SOS)
Lebensraum des Rumänischen Teichmolches im „Breiten Wald“ bei Sighisoara, Rumänien, 560 m ü. NN. (Aufn. D. COGÃLNICEANU)
Bildtafel III Die Unterarten des Teichmolches Lissotriton vulgaris <strong>und</strong> ihre Lebensräume
Schmidtler’s Teichmolch Lissotriton v. schmidtlerorum (RAXWORTHY, 1988), Männchen, Türkei, Prov<strong>in</strong>z Izmir, Hafengymnasium von Ephesus. Die
Kerbe im unteren Schwanzflossensaum ist e<strong>in</strong>e Verletzung <strong>und</strong> ke<strong>in</strong> Merkmal dieser Teichmolch-Unterart. (Aufn. M. FRANZEN)
Lebensraum von Schmidtler’s Teichmolch <strong>in</strong> Ephesus, SW-Türkei. (Aufn. M. FRANZEN)
Schreiber‘s Teichmolch Lissotriton v. schreiberi (WOLTERSTORFF, 1914), Männchen aus Smilćić, Kroatien, 08.04.2010.
(Aufn. F. LEO, fokus-natur, leg. A. NÖLLERT)
Lebensraum von Schreiber’s Teichmolch, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Sand-Abbaugrube bei Smilćić, Kroatien, 08.04.2010; im H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> das Velebit-Gebirge. Der
Teichmolch besiedelt diesen Lebensraum geme<strong>in</strong>sam mit Europäischem Laubfrosch (Hyla a. arborea), Mittelmeer-Erdkröte (Bufo b. sp<strong>in</strong>osus), Wechselkröte
(Bufo viridis), Spr<strong>in</strong>gfrosch (Rana dalmat<strong>in</strong>a), Seefrosch (Pelophylax ridib<strong>und</strong>us), Scheltopusik (Pseudopus apodus thracius), Riesen-Smaragdeidechse
(Lacerta tril<strong>in</strong>eata major), Ru<strong>in</strong>eneidechse (Podarcis siculus campestris), Balkan-Zornnatter (Hierophis gemonensis) <strong>und</strong> Persischer
R<strong>in</strong>gelnatter (Natrix. n. persa). (Aufn. A. NÖLLERT)
Südadriatischer Teichmolch Lissotriton v. tomas<strong>in</strong>ii (WOLTERSTORFF, 1908), Männchen, Montenegro, Velika Osjecenica bei Vilusi. (Aufn. G. DZˇUKIĆ)
Lebensraum des Südadriatischen Teichmolches <strong>in</strong> Montenegro, 2007. (Aufn. J. HILL)
Südlicher Teichmolch Lissotriton v. meridionalis (BOULENGER, 1882), Männchen, Kroatien, Insel Krk, westlich von Kornić, 11.04.2009.
(Aufn. F. LEO, fokus-natur, leg. A. NÖLLERT)
Lebensraum des Südlichen Teichmolches, Kroatien, Insel Krk, zwischen Punat <strong>und</strong> Stara Baška, 11.04.2009. (Aufn. A. NÖLLERT)
Bildtafel IV Lebensräume des Teichmolches im Verbreitungsgebiet der Nom<strong>in</strong>atform Lissotriton vulgaris vulgaris
Lebensraum des Teichmolches im Norden se<strong>in</strong>es Verbreitungsgebietes, Norwegen, Prov<strong>in</strong>z Akershus, nördlich von Oslo. (Aufn. I. R. REINKIND)
Lebensraum des Teichmolches <strong>in</strong> Deutschland, Mecklenburg-Vorpommern, Gemarkung Helpt, e<strong>in</strong> Soll am Hüttenberg, 13.07.2009. Der Teichmolch
lebt hier geme<strong>in</strong>sam mit Nördlichem Kammmolch (Triturus cristatus), Rotbauchunke (Bomb<strong>in</strong>a bomb<strong>in</strong>a), Europäischem Laubfrosch (Hyla a. arborea),
Erdkröte (Bufo b. bufo), Moorfrosch (Rana a. arvalis) <strong>und</strong> Teichfrosch (Pelophylax esculentus). (Aufn. A. RITTER)
Lebensraum des Teichmolches <strong>in</strong> Deutschland, Freistaat Thür<strong>in</strong>gen, Landkreis Altenburger Land, Tümpel im ehemaligen Braunkohlentagebau Phoenix
Nord, 01.05.1999. Das Gewässer wird auch von der Kreuzkröte (Bufo calamita) <strong>und</strong> der Wechselkröte (Bufo viridis) zur Fortpflanzung genutzt.
(Aufn. A. NÖLLERT)
Lebensraum des Teichmolches <strong>in</strong> der Tschechischen Republik bei Zlaté Hory (Zukmantl). Nördlicher Kammmolch (Triturus cristatus), Bergmolch
(Ichthyosaura a. alpestris) <strong>und</strong> Karpatenmolch (Lissotriton montandoni) kommen hier mit dem Teichmolch geme<strong>in</strong>sam vor. (Aufn. V. ZAVADIL)
Lebensraum des Teichmolches <strong>in</strong> Österreich, Salzburger Land, Ameisensee auf 1.282 m ü. NN. Im gleichen Gewässer reproduzieren Alpen-Kammmolch
(Triturus carnifex) <strong>und</strong> Bergmolch (Ichthyosaura a. alpestris). (Aufn. A. MALETZKY)
Lebensraum des Teichmolches an se<strong>in</strong>er südwestlichen Arealgrenze <strong>in</strong> Frankreich, Département l’Indre. Hier ist der Teichmolch sehr selten <strong>und</strong> sporadisch
verbreitet. Er kommt mit folgenden Amphibienarten geme<strong>in</strong>sam vor: Fadenmolch (Lissotrion h. helveticus), Nördlicher Kammmolch (Triturus
cristatus), Nördlicher Marmormolch (T. marmoratus), Westlicher Schlammtaucher (Pelodytes punctatus), Knoblauchkröte (Pelobates f. fuscus – auch
am SW-Arealrand!), Europäischer Laubfrosch (Hyla a. arborea), Erdkröte (Bufo b. bufo), Kreuzkröte (Bufo calamita), Spr<strong>in</strong>gfrosch (Rana dalmat<strong>in</strong>a),
Teichfrosch (Pelophylax esculentus), Kle<strong>in</strong>er Wasserfrosch (Pelophylax lessonae). (Aufn. R. DOHOGNE)

Bildtafel III
Die Unterarten des Teichmolches Lissotriton vulgaris <strong>und</strong> ihre Lebensräume

Bildtafel IV
Lebensräume des Teichmolches im Verbreitungsgebiet der Nom<strong>in</strong>atform Lissotriton vulgaris vulgaris

LANDSCHAFTSPFLEGE UND NATURSCHUTZ IN THÜRINGEN 47. JAHRGANG (2010) HEFT 1 9
nördlichen Skand<strong>in</strong>avien, im Nordwesten
Russlands sowie <strong>in</strong> den meisten
Hochgebirgslagen.
Höhenverbreitung: In Mitteleuropa
besiedelt der Teichmolch vornehmlich
das Flach- <strong>und</strong> Hügelland, kann jedoch
<strong>in</strong> klimatisch günstigen Bereichen auch
<strong>in</strong> größere Höhenlagen vordr<strong>in</strong>gen:
Tschechische Republik: Sumava-Gebirge
1.200 m ü. NN; Schweiz: Schweizer
Jura 1.024 m ü. NN; Österreich: Kärnten
2.150 m ü. NN. Erstaunlicherweise
erreicht die Art auch <strong>in</strong> Norwegen
(nördlicher Arealrand) Höhenlagen bis
zu 900 m ü. NN. Der Griechische Teichmolch
(Lissotriton v. graecus) ist auf
dem Peloponnes (Griechenland) bis <strong>in</strong>
1.000 m ü. NN zu f<strong>in</strong>den. Die absolute
Höhengrenze wird vermutlich im Nord-
Kaukasus (Lissotriton vulgaris lantzi)
mit 2.300 m ü. NN erreicht (SCHMIDTLER
& FRANZEN 2004).
Verbreitung <strong>in</strong> Deutschland
Die Verbreitung des Teichmolches <strong>in</strong>
Deutschland stellen BUSCHENDORF &
GÜNTHER (1996) auf Basis der TK 25
dar (Abb. 2). Demnach ist die Art <strong>in</strong>
ganz Deutschland weit verbreitet. Erfassungs-
<strong>und</strong>/oder Verbreitungslücken
existieren u. a. <strong>in</strong> folgenden Gebieten:
W-Niedersachsen, Lüneburger Heide,
Prignitz, Ueckermark, Spreewald,
Odertal <strong>und</strong> Oderbruch, Teile der Altmark.
Der Teichmolch fehlt auch weitestgehend
<strong>in</strong> den Höhenlagen der Mittelgebirgslandschaften:
Oberlausitz,
Elbsandste<strong>in</strong>gebirge, Erzgebirge, Oberpfälzer
Wald, Bayerischer Wald, Harz,
Eifel, Hunsrück, Rothaargebirge, Hochsauerland,
Schwäbische Alb, Schwarzwald.
Ebenso fehlt die Art <strong>in</strong> großen
Teilen der Alpen, dr<strong>in</strong>gt allerd<strong>in</strong>gs
entlang größerer Flussläufe (Salzach,
Inn, Rhe<strong>in</strong>; vgl. Karte <strong>in</strong> SCHMIDTLER &
FRANZEN 2004) <strong>in</strong> dieses Hochgebirge
e<strong>in</strong>.
Höhenverbreitung: Aus den deutschen
Mittelgebirgen <strong>und</strong> den Alpen liegen
uns u. a. folgende Daten zu hoch gelegenen
Vorkommen (F<strong>und</strong>en) des
Teichmolches vor: Harz 580 m ü. NN,
Bayerischer Wald bis 850 m ü. NN
(BUSCHENDORF & GÜNTHER 1996), Erzgebirge
931 m ü. NN (ZÖPHEL & STEF-
FENS 2002), nördliche Kalkalpen bei
Oberammergau 890 m ü. NN (SCHMIDT-
LER & SCHMIDTLER 2001).
Die Unterarten des Teichmolches
Den weitaus größten Teil des oben dargestellten
Verbreitungsgebietes besiedelt
Lissotriton vulgaris vulgaris (LIN-
NAEUS, 1758); vgl. Abbildung 1. Des
Weiteren werden derzeit acht Unterarten
anerkannt (Bildtafeln II <strong>und</strong> III). E<strong>in</strong>e
ausführliche Zusammenfassung des gegenwärtigen
Kenntnisstandes u. a. zur
Systematik, Morphologie, Verbreitung,
Biologie <strong>und</strong> Ökologie des Teichmolches,
<strong>in</strong>kl. der Unterarten, f<strong>in</strong>den sich
bei SCHMIDTLER & FRANZEN (2004).
Bemerkenswert ist die komplizierte Situation
auf dem Balkan, wo es ansche<strong>in</strong>end
zu vielfachen Hybridisierungen
kommt (vgl. <strong>in</strong>soweit zur Morphologie
SCHMIDTLER & SCHMIDTLER 1983 <strong>und</strong>
zur Genetik BABIK et al. 2005). Neuerd<strong>in</strong>gs
haben DUBOIS & RAFFAËLLI (2009)
sogar e<strong>in</strong>ige der Teichmolch-Unterarten
<strong>in</strong> Artrang erhoben.
Bestimmungsschlüssel für die Teichmolch-Unterarten
geben FREYTAG
(1957; außer L. v. ampelensis <strong>und</strong> L.
v. schmidtlerorum) sowie RAXWORTHY
(1990: 488–489; außer L. v. tomas<strong>in</strong>ii
<strong>und</strong> L. v. schreiberi).
➤ Griechischer Teichmolch Lissotriton
v. graecus (WOLTERSTORFF,
1906): Balkan-Halb<strong>in</strong>sel: im Norden
von Süd-Dalmatien, Albanien,
Süd-Mazedonien <strong>und</strong> West-Bulgarien
bis auf den Peloponnes im Süden
<strong>und</strong> der Mündung des Strymōn
Flusses <strong>in</strong> das Ägäische Meer (Griechisch-Mazedonien)
im Osten;
vgl. BURESCH & ZONKOV (1941),
SCHMIDTLER & SCHMIDTLER (1983),
KALEZIĆ (1984), KRIZMANIĆ et al.
(1997), TRAPP (2007), VALKOS et al.
(2008).
➤ Koßwig’s Teichmolch Lissotriton
v. kosswigi (FREITAG, 1955): Nordwestliches
Anatolien (Türkei); vgl.
FREYTAG (1957), SCHMIDTLER &
SCHMIDTLER (1967), SPARREBOOM &
ARNTZEN (1987), BARAN & ATATÜR
(1998).
➤ Kaukasischer Teichmolch (Lantz’s
Teichmolch) Lissotriton v. lantzi
(WOLTERSTORFF, 1914): Westliches
Kaukasien; davon isolierte Vorkommen
am SW-Ufer des Kaspisees <strong>in</strong>
Aserbeidschan; vermutl. auch <strong>in</strong> der
nordöstlichsten Türkei; vgl. BANNI-
KOV et al. (1977), TARKHNISˇHVILI &
THIESMEIER (1994), KUZMIN (1995,
1999), TARKHNISˇHVILI (1996),
TARKHNISˇHVILI & GOKHELASHVILI
(1999).
➤ Rumänischer Teichmolch Lissotriton
v. ampelensis (FUHN, 1951): Nordwestliches
Rumänien (Hochland
von Siebenbürgen sowie Somesh-
<strong>und</strong> Muresh-Täler); vgl. FUHN
(1960a, b), COGÃLNICEANU et al.
(2000), RAFIŃSKI et al. (2001).
➤ Schmidtler’s Teichmolch Lissotriton
v. schmidtlerorum (RAXWOR-
THY, 1988): West-Anatolien (Türkei),
im Süden von Ephesus bis nach
Bursa im Nordosten; vgl. OLGUN et
al. (1999), FRANZEN et al. (2008).
➤ Schreiber’s Teichmolch Lissotriton
v. schreiberi (WOLTERSTORFF,
1914): Zadar <strong>und</strong> Umgebung auf
der Halb<strong>in</strong>sel Ravni Kotari <strong>in</strong> Nord-
Dalmatien (Kroatien); vgl. SCHMIDT-
LER & SCHMIDTLER (1983), KALEZIĆ
(1984), KALEZIĆ et al. (1990).
➤ Südadriatischer Teichmolch Lissotriton
v. tomas<strong>in</strong>ii (WOLTERSTORFF,
1908): Südliches Bosnien <strong>und</strong> Herzegow<strong>in</strong>a,
südwestliches <strong>und</strong> südliches
Montenegro (<strong>und</strong> nördliches
Albanien?); vgl. SCHMIDTLER &
SCHMIDTLER (1983), KRIZMANIĆ et
al. (1997), ĆIROVIĆ et al. (2008).
➤ Südlicher Teichmolch Lissotriton
v. meridionalis (BOULENGER, 1882):
Von Mittel-Italien nordwärts bis
zum südlichen Alpenrand (auch S-
Schweiz) ostwärts über Halb<strong>in</strong>sel
Istrien, Inseln Cres <strong>und</strong> Krk (Kroatien)
bis nach Zentral-Süd-Slowenien;
SCHMIDTLER & SCHMIDTLER (1983),
KALEZIĆ (1984), RAZZETTI & BERNI-
NI (2006), MEYER et al. (2009).
Teichmolch-Lebensräume
SCHMIDTLER & FRANZEN (2004) charakterisieren
den Lebensraum des Teichmolches
(vgl. auch Bildtafeln II bis IV)
so treffend, dass wir hier deren Textpassage
zitieren:
„Entsprechend dem großen Areal des
Teichmolchs <strong>und</strong> der enormen Diversität
der besiedelten Landschaftstypen
s<strong>in</strong>d auch die genutzten Lebensräume
extrem vielfältig. Das Spektrum reicht
von mediterranen Macchien bis h<strong>in</strong> zu

10 LANDSCHAFTSPFLEGE UND NATURSCHUTZ IN THÜRINGEN 47. JAHRGANG (2010) HEFT 1
borealen Wald- <strong>und</strong> Taigalandschaften
sowie vom Tiefland bis h<strong>in</strong>auf <strong>in</strong> die
subalp<strong>in</strong>e Region. Natürliche <strong>und</strong> naturnahe
Landschaften werden ebenso
besiedelt wie anthropogen stark überformte.
Dementsprechend ist T. vulgaris
sowohl h<strong>in</strong>sichtlich se<strong>in</strong>er aquatischen
als auch se<strong>in</strong>er terrestrischen
Habitate als ausgesprochen eurytop zu
bezeichnen. Bei der vielleicht wichtigsten
E<strong>in</strong>schränkung dieser Euryzie dürfte
es sich um die relative Thermophilie
der Art handeln, die die Verbreitung
an den nördlichen Arealrändern sowie
sogar im Zentrum des Areals (Gebirge)
oft auf klimatisch begünstigte Sonderstandorte
beschränkt … sowie zu e<strong>in</strong>er
überwiegend limitierten Vertikalverbreitung
führt.“
Ebenso vielfältig s<strong>in</strong>d die von der Art
genutzten Fortpflanzungsgewässer
(Bildtafeln II bis IV). Zusammenfassende
Darstellungen der vom Teichmolch
besiedelten Gewässertypen aus
verschiedenen Teilen Deutschlands
liefern beispielsweise BUSCHENDORF &
GÜNTHER (1996) für Ost-Deutschland,
JEDICKE (1992) für Hessen, BUSCHEN-
DORF (2004) für Sachsen-Anhalt, ZÖ-
PHEL & STEFFENS (2002) für Sachsen,
VEITH (1996) sowie RIMPP (2007b) für
Baden-Württemberg; aus Österreich
liegt uns e<strong>in</strong>e Übersicht von CABELA et
al. (2001) vor. Teichmolche reproduzieren
<strong>in</strong> Quellen <strong>und</strong> Quelltöpfen, den
Randbereichen von Fließgewässern <strong>und</strong>
durch deren ursprüngliche Dynamik
entstandene Gewässer wie Altarme <strong>und</strong>
Altwässer sowie Überschwemmungsweiher
<strong>und</strong> -tümpel, natürlichen bzw.
naturnahen Tümpeln, Weihern, Teichen
<strong>und</strong> Seen, unterschiedlichsten Moorgewässern
<strong>und</strong> sogar <strong>in</strong> Phytotelmen
(LORENZ & FRANZEN 1996, mit Abb.).
Nahezu alle durch den Menschen geschaffene
Gewässer wie Bachstaue,
Kanäle <strong>und</strong> Entwässerungsgräben, Gewässer
unterschiedlichster Wasserführung
<strong>in</strong> Abbaugruben, Fisch- <strong>und</strong> Gartenteiche
<strong>und</strong> sogar extrem „technisch
ausgerichtete“ Standgewässer wie Klär-
<strong>und</strong> Löschteiche sowie Regenrückhaltebecken
können vom Teichmolch zur
Fortpflanzung genutzt oder wenigstens
zeitweilig besiedelt werden.
E<strong>in</strong> idealisiertes Fortpflanzungsgewässer
der Art bef<strong>in</strong>det sich <strong>in</strong> sonnenexponierter
Lage, ist möglichst ständig
Wasser führend, relativ kle<strong>in</strong>flächig <strong>und</strong>
flach (rasche Erwärmung) sowie vegetationsreich
<strong>und</strong> fischfrei; (vgl. Abb. 14).
H<strong>in</strong>sichtlich des pH-Wertes des Gewässers
zeigen Teichmolche e<strong>in</strong>e relativ
große Toleranz. Teichmolchf<strong>und</strong>e (gesamtes
Verbreitungsgebiet) gelangen
<strong>in</strong> Gewässern mit pH-Werten zwischen
pH 4,4 <strong>und</strong> pH 9,6; <strong>und</strong> auch <strong>in</strong> den Extrembereichen
konnte die Reproduktion
der Art bestätigt werden (Zusammenfassung
bei SCHMIDTLER & FRANZEN 2004).
Teichmolche können auch relativ stark
salzhaltige Gewässer besiedeln <strong>und</strong> sich
dort fortpflanzen, wie beispielsweise
BERGMANS & ZUIDERWIJK (1986) aus den
Niederlanden berichten, wo ablaichende
Teichmolche noch <strong>in</strong> Gewässern mit
450–500 mg Cl - /l gef<strong>und</strong>en wurden.
BUSCHENDORF & GÜNTHER (1996) führen
den Fang e<strong>in</strong>iger weiblicher Teichmolche
im Jasm<strong>und</strong>er Bodden an <strong>und</strong> CSAR-
MANN (2007) fand Teichmolchlarven <strong>in</strong>
e<strong>in</strong>igen Lacken am Neusiedlersee, die
e<strong>in</strong>e Sal<strong>in</strong>ität (zum<strong>in</strong>dest zeitweise) von
0,10 bis 0,19 % aufwiesen.
Während des Wasseraufenthaltes s<strong>in</strong>d
Teichmolche tag- <strong>und</strong> nachtaktiv. Verschiedentlich
<strong>und</strong> vermutlich regional
sehr unterschiedlich, können die Tiere
auch im Wasser überw<strong>in</strong>tern (vgl. VEITH
1996; KUZMIN 1999; TARKHNISˇHVILI &
GOKHELASHVILI 1999).
Die Landlebensräume des Teichmolchs
(Bildtafeln II bis IV) s<strong>in</strong>d eben-
so vielfältig wie die Fortpflanzungsgewässer.
SCHMIDTLER & FRANZEN
(2004) schreiben: „Das Spektrum reicht
hier von weitgehend offenen Biotopen
im Mediterran bis h<strong>in</strong> zu Waldbiotopen
unter gemäßigt-ozeanischen <strong>und</strong>
borealen Klimae<strong>in</strong>flüssen.“ Bezüglich
des <strong>in</strong> Deutschland <strong>und</strong> Österreich
besiedelten Spektrums sei auf die im
Abschnitt Fortpflanzungsgewässer be-
reits zitierten Arbeiten verwiesen. Die
Auswertung von 367 Nachweisen aus
Ostdeutschland (BUSCHENDORF & GÜN-
THER 1996) hatte folgendes Ergebnis:
Laub- <strong>und</strong> Mischwälder (22,3 %),
Gärten (19,3 %), stillgelegte Brüche
<strong>und</strong> Gruben (10,2 %), Ruderalflächen
wie Schuttfluren, Unkrautfluren, Dämme,
Wälle (8,4 %), Sumpfwiesen <strong>und</strong>
Flachmoore (7,7 %), Parkanlagen (6,8),
Gebüsche an Gewässern, Wegen <strong>und</strong>
Waldrändern (6,8 %), Nadelwälder
(4,6 %), Viehweiden (3,5 %), Hoch-,
Zwischen- <strong>und</strong> Heidemoore (3,0 %),
Halbtrockenrasen (2,2 %) sowie Felder
<strong>und</strong> Friedhöfe jeweils 1,1 %.
Da die Art durchaus größere Kapazitäten
besitzt, auch im urbanen Bereich
zu überleben <strong>und</strong> dort auch hohe Bestands-
<strong>und</strong> Individuendichten aufweisen
kann, bezeichnet OBST (1986) den
Teichmolch als „synanthrope“ Amphibienart.
So weisen z. B. bereits DIER-
KING-WESTPHAL et al. (1981) auf Vorkommen
<strong>in</strong>nerhalb großer Städte (Kiel
<strong>und</strong> Flensburg) h<strong>in</strong>.
Abb. 3: Geschwemmsel-Ansammlungen wie hier <strong>in</strong> der Saaleaue bei Jena-Göschwitz (Thür<strong>in</strong>gen)
werden vom Teichmolch häufig als Tagesverstecke genutzt. (Aufn. A. NÖLLERT)

LANDSCHAFTSPFLEGE UND NATURSCHUTZ IN THÜRINGEN 47. JAHRGANG (2010) HEFT 1 11
Während des Landaufenthaltes s<strong>in</strong>d
Teichmolche größtenteils nachtaktiv
<strong>und</strong> suchen tagsüber mikroklimatisch
günstige Versteckplätze auf, z. B. <strong>in</strong>
Hohlräumen unter Ste<strong>in</strong>en, <strong>in</strong> Ste<strong>in</strong>ansammlungen,
unter Totholz, <strong>in</strong> Geschwemmsel-Anhäufungen
(Abb. 3),
Laubansammlungen, <strong>in</strong> unterschiedlichsten
Lückensystemen am Boden, <strong>in</strong>
Kompost- <strong>und</strong> Müllhaufen <strong>und</strong> oftmals
auch <strong>in</strong> Stallgebäuden <strong>und</strong> Kellerräumen;
nicht selten bef<strong>in</strong>den sich dort
auch die W<strong>in</strong>terquartiere.
Bemerkenswerte F<strong>und</strong>e von Teichmolchen
gelangen auf den Blaugras-Trockenrasen
(Teucrio-Seslerietum) an
südlich exponierten Hängen im Mittleren
Saaletal bei Jena bzw. Kahla <strong>in</strong>
den <strong>Naturschutz</strong>gebieten (NSG) „Leutratal
<strong>und</strong> Cospoth“ (NÖLLERT 1998)
bzw. „Dohlenste<strong>in</strong> <strong>und</strong> Pfaffenberg“
(Abb. 4). Weit von Gewässern entfernt,
wurden <strong>in</strong> beiden Schutzgebieten mehrfach
Tiere unter Ste<strong>in</strong>platten <strong>in</strong> bzw. am
Rande von größeren Muschelkalk-Felsschutthalden
gef<strong>und</strong>en, wo bei <strong>in</strong>tensiver
Sonnene<strong>in</strong>strahlung die Oberbodentemperatur
im Sommer beträchtlich
ansteigen (> 60°C) <strong>und</strong> die relative
Luftfeuchte auf weniger als 40 % fallen
können (HEINRICH & MARSTALLER
1998).
Die Tagesverstecke s<strong>in</strong>d zumeist nur
5–10 m vom Gewässer entfernt (z. B.
DOLMEN 1981). CABELA & GIROLLA
(1994), die die Erstbesiedlung neuer
Gewässer <strong>in</strong> der Umgebung Wiens untersuchten,
konnten Teichmolche nach
2 Jahren max. 1 km vom „Ursprungsgewässer“
entfernt im neuen Laichgewässer
beobachten. Wanderdistanz
<strong>und</strong> Ausbreitungsgeschw<strong>in</strong>digkeit s<strong>in</strong>d
natürlich unmittelbar abhängig von der
Strukturierung der das Laichgewässer
umgebenden Landschaft <strong>und</strong> evtl. auch
klima- bzw. wetterabhängig (z. B. häufige
Regenfälle / längere Trockenperioden
etc.).
Geme<strong>in</strong>sames Vorkommen mit
anderen Amphibienarten
Durch das riesige Verbreitungsgebiet
<strong>und</strong> die ausgeprägte Euryzie kann der
Teichmolch mit den meisten europäischen
<strong>und</strong> vorderasiatischen Amphibienarten
den gleichen Lebensraum
besiedeln (ausführl. Darstellung bei
SCHMIDTLER & FRANZEN 2004; vgl. div.
Abbildungen im Beitrag). In Deutschland
ist er am häufigsten geme<strong>in</strong>sam mit
Bergmolch (Ichthyosaura a. alpestris),
Erdkröte (Bufo b. bufo), Grasfrosch
(Rana t. temporaria) <strong>und</strong> den Wasserfröschen
(Pelophylax spec.) im Fortpflanzungsgewässer
anzutreffen (z. B.
BUSCHENDORF & GÜNTHER 1996; VEITH
1996; ZÖPHEL & STEFFENS 2002; MEYER
et al. 2004). In Österreich (GRILLITSCH
& CABELA 2001) ist der Teichmolch <strong>in</strong>
allen – dort <strong>in</strong> fünf Höhenstufen gegliederten
– Amphibiengeme<strong>in</strong>schafts-
Typen mit relativ gleicher Stetigkeit
vertreten; lediglich <strong>in</strong> der hochmontanen-subalp<strong>in</strong>en
„Geme<strong>in</strong>schaft“ unter-
repräsentiert (bemerkenswert: geme<strong>in</strong>sames
Vorkommen mit Alpensalamander
Salamandra a. atra).
An dieser Stelle möchten wir auch auf
e<strong>in</strong>e der vielen verdienstvollen Langzeituntersuchungen
von FELDMANN
(1978) zum geme<strong>in</strong>samen Vorkommen
der <strong>in</strong> Westfalen siedelnden Molcharten
h<strong>in</strong>weisen.
Abb. 4: E<strong>in</strong> bemerkenswerter Landlebensraum des Teichmolches im Mittleren Saaletal: Muschelkalk-Felsschutthalde
im NSG „Dohlenste<strong>in</strong> <strong>und</strong> Pfaffenberg“ bei Kahla, Saale-Holzland-
Kreis (Thür<strong>in</strong>gen). Die Art wurde hier geme<strong>in</strong>sam mit dem Nördlichen Kammmolch (Triturus
cristatus), der Zauneidechse (Lacerta a. agilis), der Glattnatter (Coronella a. austriaca) <strong>und</strong>
der R<strong>in</strong>gelnatter (Natrix n. natrix) gef<strong>und</strong>en. (Aufn. A. NÖLLERT)

12 LANDSCHAFTSPFLEGE UND NATURSCHUTZ IN THÜRINGEN 47. JAHRGANG (2010) HEFT 1
Interessantes Verhalten –
die Teichmolch-Hochzeit
Das äußerst komplexe Paarungsverhalten
des Teichmolches wird durch optische,
olfaktorische <strong>und</strong> taktile Reize
bee<strong>in</strong>flusst. Die schematische Darstellung
(Abb. 5) verdeutlicht die drei Phasen:
Orientierung – Werbung (Statische
Werbung <strong>und</strong> Dynamische Werbung)
– Begattung.
Während der Orientierungsphase erfolgen
Art- <strong>und</strong> Geschlechtererkennung
durch das Männchen. Dazu wird der
Körper des Weibchens geruchlich geprüft,
worauf dieses zumeist mit Flucht
reagiert <strong>und</strong> vom Männchen verfolgt
wird. Das „Nach-vorne-Schwimmen“
des Männchens leitet die Statische Werbungsphase
e<strong>in</strong>, während der das Weibchen
reglos verharrt. Durch w<strong>in</strong>kende,
peitschende <strong>und</strong> fächelnde Schwanzbewegungen
wird gegen die Kopfregion
des Weibchens e<strong>in</strong> plötzlicher bzw.
ständiger Wasserstrom erzeugt. Die Dynamische
Werbungsphase beg<strong>in</strong>nt, sobald
das Weibchen „Interesse“ am Partner
zeigt, sich ihm nähert <strong>und</strong> beriecht;
Männchen mit hohem Rücken- <strong>und</strong>
Schwanzkamm werden bevorzugt. Jetzt
beg<strong>in</strong>nt das Männchen rückwärts zu
kriechen, führt aber weiterh<strong>in</strong> fächelnde
<strong>und</strong> vermehrt vor allem peitschende
Schwanzbewegungen aus. Hat die Part-
ner<strong>in</strong> Paarungsbereitschaft signalisiert,
dreht sich das Männchen um <strong>und</strong> beg<strong>in</strong>nt
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Art „Watschelgang“ sich
ca. 10 bis 20 cm vom Weibchen zu entfernen,
welches dem Männchen folgt.
Das Männchen bleibt stehen <strong>und</strong> führt
leichte Schlängelbewegungen mit dem
Schwanz aus, bis das Weibchen diesen
mit der Schnauzenspitze berührt. Daraufh<strong>in</strong>
wird der Schwanz Ziehharmonika
ähnlich gefaltet, angehoben, die
Kloake wird geöffnet <strong>und</strong> der Spermatophor
am Gewässerboden abgesetzt. Das
Männchen bewegt sich ca. e<strong>in</strong>e Körperlänge
vorwärts <strong>und</strong> stellt sich rechtw<strong>in</strong>klig
vor dem Weibchen auf, welches
den Schwanz des Partners jetzt mit der
Schnauze berührt. Ihre Kloakenöffnung
bef<strong>in</strong>det sich über dem Spermatophor,
weitet sich, der Spermatophor bleibt
daran hängen <strong>und</strong> wird aufgenommen.
Währenddessen stößt das Männchen die
Partner<strong>in</strong> mehrfach zurück, um die Aufnahme
des Spermatophors „zu sichern“.
Danach kann die Paarung beendet se<strong>in</strong>
oder erneut mit der Dynamischen Phase
beg<strong>in</strong>nen.
Beim Teichmolch erfolgt – wie bei allen
heimischen Schwanzlurchen – e<strong>in</strong>e
<strong>in</strong>nere Befruchtung. Zwei bis vierzehn
Tage nach der Befruchtung erfolgt die
Eiablage (im Flachland Mitteleuropas
vor allem im Mai), wobei die Eier zumeist
e<strong>in</strong>zeln an die Blätter von Unter-
Abb. 5:
Schematische
Darstellung des
Paarungsverhaltens
der Nom<strong>in</strong>atform
des Teichmolches;
M = Männchen
(schwarz),
W = Weibchen.
(Aus SCHMIDTLER &
FRANZEN 2004: 941)
wasserpflanzen geheftet (äußere Klebschicht)
<strong>und</strong> mit den H<strong>in</strong>terfüßen <strong>in</strong>
diese „e<strong>in</strong>gefaltet“ werden (Abb. 6).
Abb. 6: Teichmolch-Weibchen bei der Eiablage.
(Aufn. E. EGERER)
Gefährdung für e<strong>in</strong>e „Allerweltsart“?
Die nachfolgend aufgeführten Gefährdungsursachen
gelten für nahezu alle
europäischen Amphibienarten <strong>und</strong> leider
auch <strong>in</strong> großen Teilen deren Verbreitungsgebiete:
• direkte Vernichtung der Gewässer-
<strong>und</strong> Landlebensräume durch Wasserbau,
Melioration, Flurbere<strong>in</strong>igung
<strong>und</strong> Landwirtschaft;
• Laichplatzverlust durch Verlandung
<strong>und</strong> Trockenfallen – oft beschleunigt
durch Gr<strong>und</strong>wasserabsenkung
<strong>in</strong>folge meliorativer Maßnahmen
– zu starke Beschattung;
• Gewässernutzung durch Fischereiwirtschaft
<strong>und</strong> Angelsport; Fischbesatz
<strong>in</strong> ehemals geeigneten Laichgewässern;
• Intensivnutzung der Landlebensräume
durch Land- <strong>und</strong> Forstwirtschaft,
verb<strong>und</strong>en z. B. mit der Vernichtung
unterschiedlichster Trittste<strong>in</strong>-Biotope;
• zunehmende Lebensraumisolation
<strong>und</strong> -fragmentierung, z. B. durch
Straßen- <strong>und</strong> Wegebau;
• Biozidanwendung, Gewässerverschmutzung
<strong>und</strong> Eutrophierungen
i. w. S.
• Straßentod durch enorm angewachsene
Fahrzeugdichte;
• Infektion mit dem Pilz Batrachochytrium
dendrobatidis – Chytridiomykose
(z. B. GARNER et al. 2005).
Natürlich existieren auch „heute“ noch
äußerst <strong>in</strong>dividuenreiche Teichmolch-
Populationen (<strong>und</strong> <strong>in</strong> z. T. relativ kle<strong>in</strong>en
Gewässern), wie die nachfolgend
beispielhaft aufgeführten Angaben belegen:

LANDSCHAFTSPFLEGE UND NATURSCHUTZ IN THÜRINGEN 47. JAHRGANG (2010) HEFT 1 13
• 17.968 Ind. an Amphibienschutzanlage
von Mitte März bis Anfang
April 2001 „Kle<strong>in</strong>er Lausiger
Teich“, Dübener Heide, Sachsen-
Anhalt (BUSCHENDORF 2004)
• > 7.400 Adulti an Amphibienschutzanlage
bei Borna, Sachsen, (H. J.
LEHMANN <strong>in</strong> ZÖPHEL & STEFFENS
2002)
• 4.475 Ind. an Amphibienschutzanlage
vom 14. 02. bis 15. 05. 1997 Zaschwitz,
Saalkreis, Sachsen-Anhalt
(BUSCHENDORF 2004)
• 4.056 Adulti 1993 <strong>in</strong> Gewässer mit
1.200 m2 Fläche, „Drachenfelder
Ländchen“, Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen,
südl. Bonn (KNEITZ 1998)
• 2.132 Adulti 1989 <strong>in</strong> Gewässer mit
max. 360 m2 Fläche, bei Tüb<strong>in</strong>gen,
Baden-Württemberg (VON LINDEINER
1992)
• 2.000 Adulti im Jahr 1988, Gartenteich
mit 50 m2 Fläche <strong>in</strong> Wurzen (S.
BAUCH <strong>in</strong> BUSCHENDORF & GÜNTHER
1996)
Allerd<strong>in</strong>gs offenbaren uns die Ergebnisse
langjähriger systematischer herpetofaunistischer
Erfassungen recht
deutlich, dass solche <strong>in</strong>dividuenreichen
Vorkommen wohl heute eher die Ausnahmen
s<strong>in</strong>d (z. B. JEDICKE 1992: 50;
VEITH 1996: 133; ZÖPHEL & STEFFENS
2002: 53; SCHMIDTLER & FRANZEN 2004:
869–873; RIMPP 2007: 242–243).
So dokumentieren beispielsweise LIPPU-
NER & HEUSSER (2001) e<strong>in</strong>en deutlichen
Rückgang des Teichmolches durch zunehmende
Zerstörung der Fluss-Auenlandschaft
im Alpenrhe<strong>in</strong>tal zwischen
Thusis <strong>und</strong> Bodensee von 1953 bis 2000
für e<strong>in</strong>e „naturnahe“ Landschaft sowie
QUETZ (2003: 51–57) für den Ballungsraum
Stuttgart.
Ist der Teichmolch also doch
ke<strong>in</strong>e Allerweltsart mehr ?
International ist der Teichmolch derzeit
noch nicht gefährdet (IUCN 2009). In
der Roten Liste Deutschlands (KÜH-
NEL et al. 2009: 264) wird der Bestand
folgendermaßen bewertet: sehr häufig;
langfristiger Bestandstrend: mäßiger
Rückgang; kurzfristiger Bestandstrend:
Abnahme mäßig bzw. im Ausmaß unbekannt,
ungefährdet. Diese Bewertung
trifft nicht auf die Population des Alpenraumes
zu. Dort ist der Teichmolch
sehr selten, der kurzfristige Bestands-
trend wird als stark abnehmend, der
langfristige Bestandstrend als mäßig
abnehmend charakterisiert; die Art ist
dort stark gefährdet.
Die bei KÜHNEL et al. (2009) aufgeführte
Synopse der Roten Listen der
Länder zeigt die Art <strong>in</strong> Mecklenburg-
Vorpommern gefährdet, <strong>in</strong> sechs weiteren
Ländern auf der Vorwarnliste, <strong>in</strong>
allen anderen Ländern ungefährdet bzw.
mit Sicherheit ungefährdet (Brandenburg).
Wir tun ’was für den Teichmolch!
In der Aktionsbroschüre zum Teichmolch
(DGHT 2010) werden vielfältige
Maßnahmen aufgelistet, mit deren
Hilfe Teichmolch-Vorkommen erhalten
<strong>und</strong> gefördert werden können. An dieser
Stelle wollen wir vor allem auf die
Erhaltung <strong>und</strong> Wiederherstellung dynamischer
Fließgewässerlandschaften
h<strong>in</strong>weisen. Intakte Fluss- <strong>und</strong> Bachauen
garantieren nicht nur e<strong>in</strong>en zuverlässigen
(<strong>und</strong> preiswerten) Hochwasserschutz,
sondern stellen ursprüngliche
<strong>und</strong> wichtige Amphibienlebensräume
dar (vgl. PINTAR 2001). Ihre Renaturierung
(z. B. MÄKERT & ZITSCHKE 2001)
<strong>und</strong> die s<strong>in</strong>nvolle Steuerung des Wasserregimes
(z. B. LAUFER 2001) tragen
auch <strong>in</strong> hohem Maße zur Erhaltung
<strong>und</strong> Förderung der Teichmolchbestände
bei.
Für Amphibienarten mit e<strong>in</strong>em – zum<strong>in</strong>dest
<strong>in</strong> kurzfristigen Zeiträumen – relativ
ger<strong>in</strong>gen Ausbreitungspotenzial ist
die Anlage von Trittste<strong>in</strong>-Biotopen wie
Kle<strong>in</strong>gewässern, Heckenkomplexen
oder Ruderalflächen <strong>in</strong> der ausgeräumten
Offenlandschaft von großer Bedeutung
(z. B. GRESSLER 1997). Da Teichmolche
auch <strong>in</strong>nerhalb menschlicher
Siedlungen Populationen mit z. T. hohen
Individuendichten „aufbauen“ können
(vgl. THIESMEIER 1992; KUZMIN et
al.1996; LEISI et al. 1996), ist, bei aller
Kritik, die s<strong>in</strong>nvolle Anlage <strong>und</strong> Pflege
von fischfreien Gartenteichen (Abb. 7)
auch e<strong>in</strong>e Möglichkeit, sowohl Trittste<strong>in</strong>-Biotope
als auch Reproduktionsgewässer
zu schaffen (vgl. GRESSLER
1997; JOREK 2006).
Vor dem H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> des globalen Amphibiensterbens
(z. B. KWET & LÖT-
TERS 2008; MUTSCHMANN 2008) sollte
entsprechenden Hygienemaßnahmen
im Umgang mit Amphibien bei feldherpetologischen
Arbeiten <strong>und</strong> vor allem
an Amphibienschutze<strong>in</strong>richtungen
(MUTSCHMANN et al. 2002; SCHMIDT et
al. 2009) weit größere Aufmerksamkeit
gewidmet werden als bisher!
Abb. 7: S<strong>in</strong>nvoll angelegte Gartenteiche s<strong>in</strong>d auch ausgezeichnete Laichgewässer für den
Teichmolch. Die umgebenden Trockenmauern aus bodenständigem Geste<strong>in</strong> werden als Sommerlebensraum
<strong>und</strong> W<strong>in</strong>terquartier genutzt. Der Teichmolch kommt hier geme<strong>in</strong>sam mit
Nördlichem Kammmolch (Triturus cristatus), Teichfrosch (Pelophylax esculentus), Waldeidechse
(Zootoca v. vivipara) <strong>und</strong> R<strong>in</strong>gelnatter (Natrix n. natrix) vor. Der Gartenteich bef<strong>in</strong>det
sich auf dem Gr<strong>und</strong>stück von JUTTA <strong>und</strong> ARNOLD RITTER <strong>in</strong> Oertzenhof, Mecklenburg-
Vorpommern. (Aufn. A. RITTER)

14 LANDSCHAFTSPFLEGE UND NATURSCHUTZ IN THÜRINGEN 47. JAHRGANG (2010) HEFT 1
Abb. 8: Verbreitung des
Teichmolches <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen
(TK 25-Quadranten) von
1958 bis 2009; Quelle: Fach<strong>in</strong>formationssystem<strong>Naturschutz</strong>
der TLUG Jena: Stand
Dezember 2009.
(Grafik K. WOLF, TLUG Weimar)
Der Teichmolch <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen
Karten zur Verbreitung des Teichmolches
<strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen bzw. den heute dazu
gehörenden Territorien f<strong>in</strong>den wir u. a.
bei SCHIEMENZ (1979, 1980, 1981), BER-
GER et al. (1983), BUSCHENDORF (1984),
GASSMANN (1984), NAUMANN (o. J.),
SCHIEMENZ & GÜNTHER (1994) sowie BU-
SCHENDORF & GÜNTHER (1996). Verbreitungskarten
(nach 1990) der Vorkommen
<strong>in</strong> heutigen thür<strong>in</strong>gischen Landkreisen
(bzw. Teilen davon) publizierten SEE
(1993, 1995, Landkreis Nordhausen, weitere
jährliche Berichte bis 1999), THIELE
(1993, ehemaliger Landkreis Arnstadt,
heute Teil des Ilm-Kreises), WEISE et al.
(1997, Unstrut-Ha<strong>in</strong>ich-Kreis), WEISE
et al. (2001, Landkreis Eichsfeld), MEY
& SCHMIDT (2002, Wartburgkreis, Eisenach),
ROTH et al. (2002, Stadt Weimar)
sowie CONRADY & SCHMIDT (2004, Landkreis
Sömmerda).
Abbildung 8 zeigt die Verbreitung des
Teichmolches <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen auf Basis
der TK 25-Quadranten: 462 von 590
Quadranten belegt; 2.628 F<strong>und</strong>orte,
4.174 Nachweise, 150 Gewährsleute
(Fach<strong>in</strong>formationssystem <strong>Naturschutz</strong>
der TLUG Jena, Stand Dezember
2009). Der älteste Nachweis dar<strong>in</strong>
stammt aus dem Jahr 1958 <strong>und</strong> gelang
im NSG „Leutratal <strong>und</strong> Cospoth“ (N.
WISNIEWSKI; vgl. auch NÖLLERT 1998).
Der aktuellste Nachweis (27. 04. 2009)
erfolgte im Wartburgkreis (A. HECK).
Der Teichmolch wurde mit Ausnahme
der Hohen Rhön bislang <strong>in</strong> allen Naturräumen
Thür<strong>in</strong>gens (vgl. HIEKEL et al.
2004) gef<strong>und</strong>en (Abb. 9).
Abb. 9: Der Naturraumtyp der Auen <strong>und</strong> Niederungen war auch <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen der ursprüngliche
Lebensraum vieler Amphibien- <strong>und</strong> Reptilienarten. Im kle<strong>in</strong>flächigen Auwaldrest bei
Dorndorf im Saale-Holzland-Kreis (Naturraum Saaleaue) lebt der Teichmolch geme<strong>in</strong>sam mit
Bergmolch (Ichthyosaura a. alpestris), Nördlichem Kammmolch (Triturus cristatus), Erdkröte
(Bufo b. bufo), Grasfrosch (Rana t. temporaria), Seefrosch (Pelophylax ridib<strong>und</strong>us),
Bl<strong>in</strong>dschleiche (Anguis f. fragilis) <strong>und</strong> R<strong>in</strong>gelnatter (Natrix. n. natrix), April 1996.
(Aufn. A. NÖLLERT)

LANDSCHAFTSPFLEGE UND NATURSCHUTZ IN THÜRINGEN 47. JAHRGANG (2010) HEFT 1 15
Abb. 10: Sorger Teiche im NSG „Pennewitzer Teiche – Unteres Wohlrosetal“ (Ilm-Kreis).
Hier siedelt e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>dividuenstarke Teichmolchpopulation, 13.09.2002.
(Aufn. D. STREMKE, LaNaServ)
Abb. 11: Höhenverteilung (m ü. NN) der Teichmolch-F<strong>und</strong>orte (n = 2.629) <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen
im Vergleich zu denen aller autochthonen Amphibien- (n = 7.378) <strong>und</strong> Schwanzlurcharten
(n = 4.108). (Grafik K. DETZNER, TLUG Jena)
E<strong>in</strong>ige <strong>in</strong>dividuenreiche <strong>und</strong> bemerkenswerte
Vorkommen <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen:
• BELLSTEDT (2002): 2.616 Ind. März/
April 1989 Amphibienzaun 800 m
Länge an B 88/Re<strong>in</strong>hardsbrunner
Teiche (Lkrs. Gotha)
• P. SCHACHE <strong>in</strong> BELLSTEDT (2002):
4.076 Ind. 2002 Amphibienzaun
Cumbacher Teiche (Lkrs. Gotha)
• ROTH et al. (2002): 412 Ind. 2002
Amphibienzaun FND „Erdfall
Erlensumpf“ (Stadt Weimar
– beträchtliche Erhöhung der bis-
lang dort registrierten Individuenzahl)
• SEE (1996): 3.101 Adulti 1995 Amphibienzaun
im Teichtal Ha<strong>in</strong>rode
(Lkrs. Nordhausen)
• SEE (1999): 7.646 Adulti vom
10. 03. bis 22. 04. 1999 Amphibienzaun
im Teichtal Ha<strong>in</strong>rode (Lkrs.
Nordhausen)
• D. MEY <strong>in</strong> MEY & SCHMIDT (2002):
3.675 Adulti Frühjahr 1999 Amphi-
bienzaun zwei Teiche bei Hallungen
(Wartburgkreis)
• MEY & SCHMIDT (2002): 190 Adulti
am 19. 04. 1985 aus Tümpel mit
Fläche von 20 m 2 gekeschert
• J. ROZYCKI, Arnstadt (<strong>in</strong> litt. 07. 01.
2010): 2.231 Ind. im Jahr 1994 Amphibienzaun
von 650 m Länge an
B 88, Sorger Teiche im NSG „Pennewitzer
Teiche – Unteres Wohlrosetal“
(Ilm-Kreis; Abb. 10)
Abbildung 11 zeigt die Höhenverteilung
der F<strong>und</strong>orte im Vergleich zu denen aller
<strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen bodenständigen Amphibien-
bzw. Schwanzlurcharten. Der
höchstgelegene F<strong>und</strong>ort bef<strong>in</strong>det sich
auf 896,1 m ü. NN (Ilm-Kreis, Teich
an der Schmücke, MTB 5330, 1995, D.
CONRADY), der niedrigste auf 115,8 m ü.
NN (Kyffhäuserkreis, Roßleben, MTB
4734, 1988, C. ENGEL).
In die Rote Liste Thür<strong>in</strong>gens wurde der
Teichmolch nicht aufgenommen, galt
also damals als ungefährdet (NÖLLERT et
al. 2001).
Auf Gr<strong>und</strong> unserer eher spärlichen Datenlage
zum aktuellen Status des Teichmolches
<strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen (Abb. 12) ist die
Bewertung der Bestandssituation für die
bevorstehende Bearbeitung der Roten
Liste (Amphibia, 3. Fassung) nicht e<strong>in</strong>fach.
Jedoch lassen nachfolgende (z. T.
auch ältere) H<strong>in</strong>weise e<strong>in</strong>en Rückgang
der Art vermuten:
• REIN (1985: 21) Abnahme der Individuenzahl
<strong>in</strong> der Umgebung Erfurts
an e<strong>in</strong>igen Laichplätzen, ersche<strong>in</strong>t
aber nur an isolierten F<strong>und</strong>punkten
gefährdet
• VON KNORRE (1987: 442) „…erhebliche
Ausdünnung der Bestände…“
im Mittleren Saaletal bei Jena
• ROTH et al. (2002: 130) „…fortdauernde
Bestandsgefährdung der
Art…“ <strong>in</strong> der Stadt Weimar
Abbildung 13 zeigt die Zahl wandernder
Teichmolche an e<strong>in</strong>igen Amphibienzäunen
(mit unterschiedlicher Länge
im Verlauf der Untersuchungsjahre) im
Ilm-Kreis. Vor allem an den Sorger Teichen
bei Pennewitz (an der B 88) wird
der enorme Bestandsrückgang deutlich.
Publizierte bzw. <strong>in</strong> Gutachten enthaltene
aktuellere Untersuchungen zur
Biologie <strong>und</strong> Ökologie (i. w. S.) des
Teichmolches liegen aus Thür<strong>in</strong>gen nur
wenige vor (vgl. auch NÖLLERT & NÖL-
LERT 1987).

16 LANDSCHAFTSPFLEGE UND NATURSCHUTZ IN THÜRINGEN 47. JAHRGANG (2010) HEFT 1
Morphometrie: SCHMIDT (1991) ermittelte
von 3.128 Individuen der vier im
ehemaligen Kreis Bad Salzungen (heute
Wartburgkreis) siedelnden Molcharten
zwischen 1981 <strong>und</strong> 1988 morphometrische
Daten. Unter den 1.192 (676
M, 516 W) Teichmolchen befand sich
e<strong>in</strong> Männchen (Umgebung des Ortes
Spr<strong>in</strong>gen; leg. D. REUM & K. SCHMIDT
17.05.1984) mit e<strong>in</strong>er Körperlänge von
110 mm, welches zu den längsten bislang
vermessenen Individuen der Art <strong>in</strong>
Mitteleuropa zählt (vgl. BUSCHENDORF
& GÜNTHER 1996: 176; SCHMIDTLER &
FRANZEN 2004: 849).
Pigmentanomalien: MEY & SCHMIDT
(2002: 39) teilen den F<strong>und</strong> (leg. K. SCHMIDT,
Sommer 1980) e<strong>in</strong>er alb<strong>in</strong>otischen Teichmolchlarve
aus der Umgebung von Barchfeld
(heute Wartburgkreis) mit.
Anzahl (n)
2500
2000
1500
1000
500
0
2.004
Zweizapfenteiche
537
Brandtsteiche
240
2.231
Sorger Teiche
130
445
867
Anzahl der Nachweise
3000
2500
2000
1500
1000
500
0
2
35
914
Zeitraum
2.457
Abb. 12: Anzahl der Teichmolch-Nachweise <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen von 1960 bis 2009 im Fach<strong>in</strong>formationssystem
<strong>Naturschutz</strong> der TLUG Jena: Stand Dezember 2009.
(Grafik K. WOLF, TLUG Weimar)
210
1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007
75
Jahr
654
1961–1970 1971–1980 1981–1990 1991–2000 2001–2009
152
821
181
23
Abb. 13: Individuenzahlen von Teichmolchen
an drei Amphibienzäunen im
Ilm-Kreis: Sorger Teiche bei Pennewitz an
der B 88, Länge <strong>in</strong> unterschiedlichen Jahren
zwischen 300 m <strong>und</strong> 825 m; Zweizapfenteiche
bei Pennewitz – Gräf<strong>in</strong>au, Länge
200–600 m; Brandtsteiche bei Bücheloh an
der B 87, Länge 325–550 m.
(Grafik K. WOLF, nach Daten von
J. ROZYCKI, UNB Ilm-Kreis, Arnstadt)
Abb. 14: Fortpflanzungsgewässer <strong>und</strong> Landlebensraum
des Teichmolches im NSG
„W<strong>in</strong>dknollen“, Stadt Jena. Das Gebiet wird
des Weiteren von Bergmolch (Ichthyosaura
a. alpestris), Nördlichem Kammmolch (Triturus
cristatus), Knoblauchkröte (Pelobates
f. fuscus), Erdkröte (Bufo b. bufo), Europäischem
Laubfrosch (Hyla a. arborea), Grasfrosch
(Rana t. temporaria), Teichfrosch
(Pelophylax esculentus), Bl<strong>in</strong>dschleiche
(Anguis f. fragilis), Zauneidechse (Lacerta
a. agilis), Glattnatter (Coronella a. austriaca)
<strong>und</strong> R<strong>in</strong>gelnatter (Natrix n. natrix) besiedelt,
22.05.2009. (Aufn. H. & M. DITTMANN)

LANDSCHAFTSPFLEGE UND NATURSCHUTZ IN THÜRINGEN 47. JAHRGANG (2010) HEFT 1 17
100
80
60
40
20
0
Anteil Gewässer (%)
Adulte Individuen zur Reproduktionszeit
Larvennachweise
L. vulg. T. crist H. arb. P. esc. B. bufo I. alp. P. fusc. ke<strong>in</strong> Nachw.
Arten
Abb. 15: Relative Nachweishäufigkeit der Amphibienarten <strong>und</strong> ihrer Larven <strong>in</strong> den 1990 bis
1992 untersuchten Gewässern (n = 46) im NSG „W<strong>in</strong>dknollen“, Stadt Jena. Der euryöke aber
Wärme liebende Teichmolch war erwartungsgemäß dar<strong>in</strong> die häufigste Amphibienart <strong>und</strong>
wurde <strong>in</strong> 82,6 % der Gewässer nachgewiesen. L. vulg. = Teichmolch; T. crist. = Nördlicher
Kammmolch; H. arb. = Europäischer Laubfrosch; P. esc. = Teichfrosch; B. bufo = Erdkröte;
I. alp. = Bergmolch; P. fusc. = Knoblauchkröte. (Grafik C. NÖLLERT)
L. vul.
95,7%
n = 511
n = 22
T. crist.
4,1%
n = 1
I. alp.
0,2%
Abb. 16: Individuenzahl <strong>und</strong> -anteil der am 14. <strong>und</strong> 27.04.1991 aus n = 8 Kle<strong>in</strong>gewässern
im NSG „W<strong>in</strong>dknollen“ gekescherten Molcharten: Nördlicher Kammmolch (Triturus cristatus),
Bergmolch (Ichthyosaura a. alpestris) <strong>und</strong> Teichmolch (Lissotriton v. vulgaris).
(Grafik C. NÖLLERT)
%
60
50
40
30
20
10
0
Gewässer-Fläche (m 2 )
Anteil an unters. Gew.
Anteil von L. vulg. bes. Gew.
0,3–1,5 1,6–5,0 5,1–10,0 10,1–20,0
Abb. 17: Spontane Besiedlung temporärer Kle<strong>in</strong>stgewässer im NSG „W<strong>in</strong>dknollen“, Stadt
Jena, durch den Teichmolch: Am 05.05.1991 wurden n = 25 nahezu vegetationslose Kle<strong>in</strong>stgewässer
mit maximaler Wassertiefe von 20 cm untersucht, die <strong>in</strong>folge <strong>in</strong>tensiver Niederschläge
am 30.04.1991 (8,9 Liter/Quadratmeter, Station Jena-Sternwarte; REKLI-Datenbank;
Auskunft R. KUNKA, TLUG Jena) entstanden waren. Der Teichmolch war die e<strong>in</strong>zige Amphibienart,
die dar<strong>in</strong> gef<strong>und</strong>en wurde. (Grafik C. NÖLLERT)
Gewässerbesiedlung, Larvengewässer,
Individuenzahl, „Vergesellschaftung“:
NÖLLERT & NÖLLERT (2000)
untersuchten 1990–1992 <strong>und</strong> 1997 u. a.
die Teichmolch-Population des heutigen
NSG „W<strong>in</strong>dknollen“ (Abb. 14) <strong>in</strong>
der Stadt Jena. In den Abbildungen 15
bis 17 s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>ige Ergebnisse zusammengefasst.
Bleibt zum Schluss unser Aufruf, nicht
nur im <strong>in</strong>ternationalen „Jahr der biologischen
Vielfalt“, dieser äußerst ästhetisch
anzuschauenden Amphibienart
– vor allem natürlich das Männchen
im prächtigen Hochzeitskleid – zukünftig
deutlich mehr Aufmerksamkeit
zu schenken <strong>und</strong> durch Langzeit-Monitor<strong>in</strong>g
repräsentativer Vorkommen
mögliche weitere Bestandsverluste
rechtzeitig zu erkennen <strong>und</strong> verh<strong>in</strong>dern
zu helfen!
Danksagung
Wir möchten uns zuerst bei allen Naturfre<strong>und</strong>en
bedanken, die an der Kartierung
von Teichmolchvorkommen im
Freistaat Thür<strong>in</strong>gen beteiligt waren.
Des Weiteren s<strong>in</strong>d wir folgenden Fachkolleg<strong>in</strong>nen
<strong>und</strong> -kollegen für die vielfältige
Hilfe bei Manuskriptdurchsicht,
Literaturbeschaffung <strong>und</strong> bei der Bereitstellung
wertvoller Abbildungsvorlagen
zutiefst zu Dank verpflichtet,
allen voran Herrn F. J. SCHMIDTLER
aus München, weiterh<strong>in</strong>: T. BADER,
Wien (Österreich), D. COGÃLNICEANU,
Constanta (Rumänien), R. DOHOGNE,
Sa<strong>in</strong>t-Aout (Frankreich), D. DOLMEN,
Trondheim (Norwegen), G. DŽUKIĆ,
Belgrad (Serbien), E. EGERER, H<strong>in</strong>terbrühl
(Österreich), W. FIEDLER, Leipzig,
M. FRANZEN, München, I. GHIRA,
Cluj-Napoca (Rumänien), V. GVOZDIK,
Prag (Tschechische Republik), H. INNS,
Farnham (Großbritannien), A. IVANOVIĆ,
Belgrad (Serbien), M. L. KALEZIĆ, Belgrad
(Serbien), G. KÖHLER, Jena, F.
LEO, Noßwitz/Elsterberg, L. MACHALA
(Tschechische Republik), A. MALETZKY,
Salzburg (Österreich), A. MENDT, Geschäftsstelle
der DGHT <strong>in</strong> Rhe<strong>in</strong>bach,
G. POTTIER, Toulouse (Frankreich), I.
R. REINKIND, Trondheim (Norwegen),
C. RIEGELER, Wien (Österreich), A. RIT-
TER, Oertzenhof, J. ROZYCKI, Arnstadt,
G. SCHIPPER, Frankfurt a. Ma<strong>in</strong>, C. SER-
FLING, Hermsdorf/Thür., T. SOS, Brasov
(Rumänien), J. SPEYBROECK, Brüssel
(Belgien), D. STREMKE, Tromlitz, A.

18 LANDSCHAFTSPFLEGE UND NATURSCHUTZ IN THÜRINGEN 47. JAHRGANG (2010) HEFT 1
THIELE, Arnstadt, B. THIESMEIER, Bielefeld,
B. TRAPP, Wuppertal, S. VOITEL,
Eisleben, J. WHITEHURST, Cholmondeley
(Großbritannien), V. ZAVADIL, Bustehrad
(Tschechische Republik).
Last but not least bedanken wir uns
bei den Kolleg<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Kollegen der
TLUG Jena/Weimar für vielfältige Unterstützung:
K. DETZNER, P. KÜMPEL, R.
KUNKA, D. VOERKEL <strong>und</strong> K. WOLF.
Literatur
ARNTZEN, J. W. (1989a): Triturus helveticus
(Razoumowski, 1789). Triton
palmé. – In: CASTANET, J., & R.
GUYETANT (coord<strong>in</strong>ateurs nationaux):
Atlas de Repartition des
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ARNTZEN, J. W. (1989b): Triturus vulgaris
(L<strong>in</strong>né, 1758). Triton ponctué.
– In: CASTANET, J., & R. GUYETANT
(coord<strong>in</strong>ateurs nationaux): Atlas de
Repartition des Amphibiens et Reptiles
de France. – Paris: 52–53
ASSMANN, O., & R. WITTMANN (1992):
Amphibienkartierung im Landkreis
Cham. – Schriftenr. Bayer. Landesamt
für Umweltschutz München
112: 223–232
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ISAILOVIĆ, D. COGÃLNICEANU, I. SAS,
K. OLGUN, N. A. POYARKOV, M. GAR-
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22 LANDSCHAFTSPFLEGE UND NATURSCHUTZ IN THÜRINGEN 47. JAHRGANG (2010) HEFT 1
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Ergebnisse der Bestandserfassung des Schwarzstorches
(Ciconia nigra) <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gens Wäldern
1 Ausgangslage
Der Schwarzstorch galt <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen
bereits <strong>in</strong> der zweiten Hälfte des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts
als ausgestorben (DORNBUSCH &
DORNBUSCH 1996; HORMANN & RICHARZ
1996). Dafür waren vor allem die Bejagung
<strong>und</strong> das Aushorsten der Jungvögel
verantwortlich, um Schäden <strong>in</strong>
der Fischerei abzuwenden. Außerdem
wirkte sich die Intensivierung der Forstwirtschaft
negativ auf die Bestände des
Schwarzstorches aus (HORMANN 1999).
Dabei g<strong>in</strong>gen großflächig ungestörte
Waldhabitate mit geeigneten Horstbäumen
verloren.
Aufgr<strong>und</strong> <strong>in</strong>tensiver Schutzmaßnahmen
<strong>und</strong> den Anfängen der naturgemäßen
Waldwirtschaft verbesserte sich
die Situation für den Schwarzstorch <strong>in</strong>
den letzten Jahrzehnten. H<strong>in</strong>zu kam e<strong>in</strong>
Anstieg der Bestände im östlichen Mit-
teleuropa, die e<strong>in</strong>e erneute Ausbreitung
der Art nach Westen bewirkten (JANS-
SEN et al. 2004). 1984 konnte der erste
Schwarzstorchhorst <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen seit
r<strong>und</strong> 100 Jahren nachgewiesen werden
(GÖRNER & SCHULTHEIS 1984). Diese
Entdeckung steht für den Beg<strong>in</strong>n der
Wiederbesiedlung Thür<strong>in</strong>gens, die bis
heute andauert.
2 Monitor<strong>in</strong>g
Seit Beg<strong>in</strong>n der Wiederbesiedlung werden
die Bestände des Schwarzstorches
<strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen erfasst. Unterbrechungen
gab es <strong>in</strong> den Jahren 1993, 2005, 2006
<strong>und</strong> 2007. Seit 2008 wird dieses Monitor<strong>in</strong>g
durch die Staatliche Vogelschutzwarte
(VSW) Seebach koord<strong>in</strong>iert.
Dabei wurden rückwirkend Daten für
2007 abgefragt, um die ursprünglich
vermuteten Verluste <strong>in</strong>folge des Orkans
Kyrill (im Januar 2007) beurteilen zu
ZÖPHEL, U., & R. STEFFENS; unter Mitwirkung
des LFA Feldherpetologie
<strong>und</strong> Ichthyofaunistik im NABU, LV
Sachsen e. V. sowie über 100 sächsischer
Feldherpetologen (2002):
Atlas der Amphibien Sachsens.
– Dresden (Liss. vulg.: 49–54)
Andreas Nöllert
Thür<strong>in</strong>ger Landesanstalt
für Umwelt <strong>und</strong> Geologie
Carl-August-Allee 8–10
D-99423 Weimar
e-mail: Andreas.Noellert@tlug.thuer<strong>in</strong>gen.de
Johannes Hill
Österreichische Gesellschaft für Herpetologie
c/o Naturhistorisches Museum Wien
Burgr<strong>in</strong>g 7
A-1010 Wien
e-mail: oegh-office@nhm-wien.ac.at
Dr. Axel Kwet
Staatliches Museum
für Naturk<strong>und</strong>e Stuttgart, Zoologie
Rosenste<strong>in</strong> 1
D-70191 Stuttgart
e-mail: Kwet.smns@naturk<strong>und</strong>emuseum-bw.de
können. Das Monitor<strong>in</strong>g wird <strong>in</strong> enger
Zusammenarbeit mit der Thür<strong>in</strong>ger
Landesforstverwaltung durchgeführt.
Außerdem existiert e<strong>in</strong> ehrenamtliches
Meldernetz aus ortsansässigen Ornithologen,
Fachgruppen <strong>und</strong> Naturschützern.
Um die Datenerhebung bzw. -auswertung
zu erleichtern, wurde e<strong>in</strong> Meldebogen
entworfen, der die wichtigsten
Informationen e<strong>in</strong>schließlich e<strong>in</strong>iger
Angaben zum Brutplatz <strong>und</strong> zur Brutbiologie
enthält (Tab. 1).
Der Meldebogen wird jährlich durch die
VSW Seebach verschickt. Zusätzlich
steht e<strong>in</strong>e „Onl<strong>in</strong>eversion“ auf den Internetseiten
des Vere<strong>in</strong>s Thür<strong>in</strong>ger Ornithologen
e.V. (VTO) <strong>und</strong> der Thür<strong>in</strong>ger
Landesanstalt für Umwelt <strong>und</strong> Geologie
(TLUG) bereit. Im Jahr 2008 bestand
das Meldernetz aus r<strong>und</strong> 45 Förstern,

LANDSCHAFTSPFLEGE UND NATURSCHUTZ IN THÜRINGEN 47. JAHRGANG (2010) HEFT 1 23
Tab. 1: Im Rahmen des Schwarzstorchmonitor<strong>in</strong>gs erhobene Daten.
Angaben vom Melder Kontaktdaten
Beobachtungszeitpunkt Jahr, Monat, Tag
Beobachtungsort (Daten für GIS) TK/4-Nr., Gauß-Krüger-Koord<strong>in</strong>aten
Beobachtungsort (verbale Beschreibung) Landkreis, Forstamt, Ortsbezeichnungen
Beobachtungsstatus Brutstatus nach ANDRETZKE et al. 2005
Brutplatz / Horststandort Baumart, Höhe des Horstes, Biotop
Brutbiologie Ankunft am Horst, Brutbeg<strong>in</strong>n, Anzahl Jungvögel
Verluste <strong>und</strong> Störungen Ursachen für Horstaufgabe
Ornithologen <strong>und</strong> Naturschützern. Die
Thür<strong>in</strong>ger Landesforstverwaltung steuerte
knapp die Hälfte der e<strong>in</strong>gegangenen
Daten bei (e<strong>in</strong>schließlich Fehlmeldungen).
Dieser Datenbestand ist nicht
zuletzt dem Engagement der Thür<strong>in</strong>ger
Landesanstalt für Wald, Jagd <strong>und</strong> Fischerei
(TLWJF) zu verdanken. Von
dort wurde der Meldebogen <strong>in</strong> Abstimmung
mit dem Thür<strong>in</strong>ger M<strong>in</strong>isterium
für Landwirtschaft, Forstwirtschaft,
Umwelt <strong>und</strong> <strong>Naturschutz</strong> (TMLFUN)
an alle 28 Thür<strong>in</strong>ger Forstämter mit der
Bitte um Zuarbeit verschickt.
Darüber h<strong>in</strong>aus stand 2008 mit der Brutvogelatlaskartierung
des VTO, die 2005
bis 2009 ergänzend zum ADEBAR-Projekt
(GEDEON et al. 2004) des Dachverbandes
Deutscher Avifaunisten (DDA)
durchgeführt wurde, e<strong>in</strong>e zusätzliche
Datenquelle zur Verfügung. Dabei handelt
es sich um e<strong>in</strong>e flächendeckende
Kartierung auf Basis von Messtischblattquadranten,
die <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen zu
100 % vergeben werden konnten. Die
bis Ende 2008 e<strong>in</strong>gegangenen Kartierbögen
wurden im H<strong>in</strong>blick auf den
Schwarzstorch vorausgewertet. Für die
Bestandsermittlung wurden alle Beobachtungen
geprüft <strong>und</strong> entsprechend der
Methodik von ANDRETZKE et al. (2005)
gewertet.
Um Doppelzählungen zu vermeiden,
wurden alle gef<strong>und</strong>enen Horste mit
e<strong>in</strong>er fortlaufenden Nummer (Horstnummer)
versehen. Dabei erhielten
Wechselhorste e<strong>in</strong>e Komb<strong>in</strong>ation aus
alter <strong>und</strong> neuer Horstnummer. Auf diese
Weise ließen sich alle gef<strong>und</strong>enen
Horste den jeweiligen Revier-/Brutpaaren
(BP) zuordnen. Sichtbeobachtungen
<strong>und</strong> Brutverdachtsmomente wurden im
H<strong>in</strong>blick auf die bekannten Horststandorte
genau geprüft <strong>und</strong> <strong>in</strong> den meisten
Fällen zusammengefasst. Die übrig gebliebenen
Brutverdachtsmomente wur-
den als Revierpaar (RP) ohne Horstf<strong>und</strong>
<strong>in</strong> die Berechnung des Brutbestandes
mit e<strong>in</strong>bezogen. Sie erhielten ebenfalls
e<strong>in</strong>e fortlaufende Nummer zur e<strong>in</strong>deutigen
Identifikation.
3 Ergebnisse <strong>und</strong> Diskussion
Für die Bestandserfassungen <strong>in</strong> den
Jahren 2007 <strong>und</strong> 2008 gab es r<strong>und</strong> 200
Rückmeldungen. Davon waren ca. 150
verwertbar. Von den Thür<strong>in</strong>ger Forstämtern
g<strong>in</strong>gen 44 positive Meldungen
(d. h. Sichtbeobachtungen bis h<strong>in</strong> zu
Brutnachweisen) <strong>und</strong> 43 Fehlmeldungen
e<strong>in</strong>.
3.1 Bestandsentwicklung
Abbildung 1 zeigt die Entwicklung des
Schwarzstorchbestandes <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen
seit der Wiederbesiedlung. Bei den An-
Anzahl RP
60
50
40
30
20
10
Brutvogelatlas + Meldernetz
Meldernetz
gaben handelt es sich um M<strong>in</strong>destwerte,
die sich auf gesicherte Brutnachweise
<strong>und</strong> Brutverdachtsmomente beziehen.
H<strong>in</strong>zu kommt e<strong>in</strong>e Dunkelziffer unbekannter
Horste bzw. nicht durch das
Meldernetz entdeckter Paare. 2008
konnte diese Dunkelziffer mit Hilfe
der Brutvogelatlaskartierung des VTO
erstmalig e<strong>in</strong>geschätzt werden. Dabei
wurden unabhängig vom Meldernetz
(zusätzlich) 11 Revierpaare (alle ohne
Horstf<strong>und</strong>) registriert.
Unter der Annahme, dass der 1984 entdeckte
Horst (GÖRNER & SCHULTHEIS
1984) aufgr<strong>und</strong> se<strong>in</strong>er Größe bereits
zwei Jahre alt gewesen ist, setzen KLAUS
& STEDE (1993) den landesweiten Bestand
für 1982 mit e<strong>in</strong>em Brutpaar an.
Unabhängig davon konnte 1983 e<strong>in</strong>
weiteres Paar zur Brutzeit beobachtet
werden (KLAUS & STEDE 1993; SEWITZ
& KLAUS 1999). In den folgenden Jahren
stieg der Thür<strong>in</strong>ger Brutbestand bis
1997 auf 32 Paare an. Danach stagnierte
die Entwicklung bis es im Jahr 2000 zu
e<strong>in</strong>em plötzlichen E<strong>in</strong>bruch auf 21 Paare
kam. Anschließend erfolgte wieder
e<strong>in</strong>e stetige Zunahme des Bestandes.
2007 wurde mit 44 Paaren der vorläufig
höchste Wert erreicht. Dies ist bemerkenswert,
da im Januar 2007 r<strong>und</strong>
1 Mio. m 3 Holz durch den Orkan Kyrill
<strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen geworfen wurden. H<strong>in</strong>zu
0
1982 1984 1986 1988 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008
Abb. 1: Graue Säulen: Brutbestandsentwicklung des Schwarzstorches <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen, Angaben
von 1982–1992 aus KLAUS & STEDE (1993), von 1994–1998 aus SEWITZ & KLAUS (1999),
Angaben für 1993 als Mittelwert des Vorjahres <strong>und</strong> des folgenden Jahres, Angaben von 2000–
2008 nach Auswertung landesweit erhobener Daten an der VSW Seebach (für 2005 <strong>und</strong> 2006
nur Schätzwerte). Schwarze Säule: Brutbestand als Summe der Daten aus e<strong>in</strong>er Vorauswertung
(Stand Dezember 2008) der Brutvogelatlaskartierung des VTO <strong>und</strong> der an die VSW
gemeldeten Beobachtungen.

24 LANDSCHAFTSPFLEGE UND NATURSCHUTZ IN THÜRINGEN 47. JAHRGANG (2010) HEFT 1
kamen die anschließende Schadholzaufarbeitung
<strong>und</strong> die Durchführung von
„Sanitärhieben“. Trotz dieser Störungen
wirkte sich der Sturm nicht negativ auf
die Größe des Brutbestandes aus. Allerd<strong>in</strong>gs
mussten <strong>in</strong> den besonders stark
betroffenen Gebieten e<strong>in</strong>ige Horste
aufgegeben werden. In e<strong>in</strong>igen Fällen
wurden Wechselhorste <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Entfernung
von wenigen h<strong>und</strong>ert Metern zum
ursprünglichen Horststandort angelegt.
3.2 Verbreitung <strong>und</strong> Siedlungsdichte
Abbildung 2 zeigt die Verbreitung des
Schwarzstorches <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen für 2008.
Es ist deutlich, dass vorrangig die waldreichen
Mittelgebirge sowie deren Vorländer
zwischen 200 <strong>und</strong> 700 m ü. NN
besiedelt s<strong>in</strong>d. Aus dem waldarmen Innerthür<strong>in</strong>ger
Ackerhügelland s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong>e
Brutvorkommen bekannt. Gr<strong>und</strong>sätzlich
lassen sich vier Siedlungsschwerpunkte
erkennen. Diese Kerngebiete s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Tabelle
2 zusammengestellt.
Landesweit ergibt sich e<strong>in</strong>e durchschnittliche
Siedlungsdichte von 0,15 BP/
100 km 2 . Dieser Wert ist mit den Angaben
anderer Autoren vergleichbar. So
geben beispielsweise RYSLAVY & PUTZE
(2000) für Brandenburg 0,13–0,19 RP/
100 km 2 an. PÜHRINGER (2007) nennt für
Oberösterreich 0,28–0,35 BP/100 km 2 .
Die Angaben für Deutschland <strong>in</strong> der Datensammlung
von JANSSEN et al. (2004)
reichen von 0,08–1,1 BP/100 km 2 .
Die hohe Siedlungsdichte im Thür<strong>in</strong>ger
Südharz ist auf die Tatsache zurückzuführen,
dass dieses Gebiet vergleichsweise
kle<strong>in</strong> <strong>und</strong> nahezu vollständig bewaldet
ist (vgl. HIEKEL et al. 2004; WIESNER
et al. 2008). Mit zahlreichen Bächen <strong>in</strong>
naturnahen Tälern s<strong>in</strong>d dort geeignete
Nahrungsgewässer sowie e<strong>in</strong> gutes Angebot
an Horstbäumen zu f<strong>in</strong>den.
Landesweit liegt der durchschnittliche
Abstand zwischen den e<strong>in</strong>zelnen
Horsten bei 16,4 km. In den Kerngebieten
s<strong>in</strong>d die Werte deutlich ger<strong>in</strong>ger.
Sie reichen von 5 km im Südharz
bis zu 12,5 km im Thür<strong>in</strong>ger Schiefergebirge.
Der ger<strong>in</strong>gste Abstand wurde
mit 1,8 km zwischen zwei Horsten im
Thür<strong>in</strong>ger Wald gef<strong>und</strong>en. Dieser Wert
zählt b<strong>und</strong>esweit zu den M<strong>in</strong>imalwerten.
Niedrigere Werte s<strong>in</strong>d aufgr<strong>und</strong> des
Territorialverhaltens bzw. der Größe
der Nestreviere, die FLADE (1994) mit
1–5 km 2 angibt, kaum zu erwarten.
Abb. 2: Verbreitung des Schwarzstorches <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen. Revier- <strong>und</strong> Brutpaare im Jahr 2008.
Tab. 2: Siedlungsdichte des Schwarzstorches <strong>in</strong> den Thür<strong>in</strong>ger Kerngebieten.
Kerngebiete Anzahl Brutpaare pro 100 km 2
Südharz 1,11
Vordere Rhön 0,75
Thür<strong>in</strong>ger Wald 0,50
Thür<strong>in</strong>ger Schiefergebirge/Vogtland 0,47
3.3 Horststandort <strong>und</strong> Nutzungsdauer
In Thür<strong>in</strong>gen brütet der Schwarzstorch
ausschließlich auf Bäumen. Dabei werden
geschlossene Bestände <strong>in</strong> der 5. Altersklasse
(80–100 Jahre) bevorzugt.
Felsenhorste, die beispielsweise von
STURM (1994) für das Elbsandste<strong>in</strong>gebirge
erwähnt <strong>und</strong> <strong>in</strong> Oberösterreich nach
den Angaben von PÜHRINGER (2007) sogar
47 % aller Brutstandorte ausmachen,
s<strong>in</strong>d bisher nicht nachgewiesen worden.
Tabelle 3 zeigt die <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen als
Horstbaum genutzten Baumarten. Mit
63 % dom<strong>in</strong>iert dabei die Buche. In der
Vorderen Rhön <strong>und</strong> im Vogtland wird
sie bevorzugt <strong>und</strong> im Südharz sogar
ausschließlich als Horstbaum angenommen.
Besonders gerne werden Altbuchen
<strong>in</strong> Fichten-Mischwäldern genutzt.
2008 ist dies <strong>in</strong> fünf Brutrevieren der
Fall gewesen.
Im Thür<strong>in</strong>ger Wald ist die Fichte der
bevorzugte Horstbaum. Dabei werden
gerne Fichten mit Wipfelbruch als
Tab. 3: Anteil der 2008 als Horstbaum genutzten
Baumarten.
Baumart Anteil
Buche 63 %
Fichte 28 %
Kiefer 6 %
Eiche 3 %
Horstplattform genutzt. 2008 wurden
drei Horste auf solchen Bäumen errichtet.
In Sachsen-Anhalt (DORNBUSCH &
DORNBUSCH 1996), Mecklenburg-Vorpommern
(RHODE 1999) <strong>und</strong> Brandenburg
(RYSLAVY & PUTZE 2000) gilt die
Eiche als wichtigste Horstbaumart. Das
Gleiche gilt für Schleswig-Holste<strong>in</strong>
(JANSSEN & KOCK 1996). In Thür<strong>in</strong>gen
spielt sie nicht zuletzt aufgr<strong>und</strong> ihres
ger<strong>in</strong>gen Anteils an der landesweiten
Baumartenzusammensetzung nur e<strong>in</strong>e
untergeordnete Rolle.

LANDSCHAFTSPFLEGE UND NATURSCHUTZ IN THÜRINGEN 47. JAHRGANG (2010) HEFT 1 25
Im Schnitt bef<strong>in</strong>den sich die Horste <strong>in</strong>
e<strong>in</strong>er Höhe von 16 m. Der höchste Horst
wurde auf e<strong>in</strong>er Fichte <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Höhe
von 27 m errichtet. Der niedrigste Horst
befand sich 7 m über dem Boden.
Gr<strong>und</strong>sätzlich ist davon auszugehen,
dass Schwarzstörche ihre Horste/
Brutgebiete über viele Jahre nutzen
(JANSSEN et al. 2004). In diesem Zusammenhang
konnte DIEHL (1999) die 11jährige
Nutzung e<strong>in</strong>es Schwarzstorchhorstes
<strong>in</strong> Rhe<strong>in</strong>land-Pfalz nachweisen.
Von CREUTZ (1969) <strong>und</strong> BEDNORZ (1974)
s<strong>in</strong>d Horste bekannt, die 40 Jahre bzw. 25
bis 40 Jahre besetzt gewesen s<strong>in</strong>d. Das
durchschnittliche Alter der 2008 <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen
besetzten Horste liegt bei 6 Jahren.
Der älteste Horst ist knapp 20 Jahre alt.
3.4 Brutzeit
In der Regel erreichen die Thür<strong>in</strong>ger
Schwarzstörche ihre Brutgebiete Ende
März bis Anfang April. Diese Zeitspanne
stimmt mit den Angaben <strong>in</strong> der Datensammlung
bei JANSSEN et al. (2004)
für das gesamte B<strong>und</strong>esgebiet übere<strong>in</strong>.
Allerd<strong>in</strong>gs gab es 2008 auch e<strong>in</strong>en Frühankömml<strong>in</strong>g,
der im Landkreis Greiz
bereits am 27.02.08 zu beobachten war
(Vere<strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>ger Ornithologen 2009).
Mit der Brut wurde zwischen dem
05.04.08 <strong>und</strong> 23.06.08 begonnen. Die
ersten flüggen Jungstörche wurden
im Kreis Schmalkalden-Me<strong>in</strong><strong>in</strong>gen
am 25.07.08 bemerkt. E<strong>in</strong>e sehr späte
Brut beobachteten die Ornithologen im
Eichsfeld. Hier flogen zwei Jungstörche
erst am 28.08.08 aus.
3.5 Bruterfolg
2008 gab es 24 erfolgreiche Schwarzstorchbruten
<strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen (Tab. 4). In
e<strong>in</strong>em Fall konnte der Horst nicht gef<strong>und</strong>en
werden. Der Brutnachweis wurde
hier über das Beobachten flügger
Jungvögel erbracht. Insgesamt wuchsen
82 Jungstörche heran. Das entspricht e<strong>in</strong>er
Reproduktionsrate (flügge Jungvögel/erfolgreiches
BP) von 3,41. Dieser
Wert ist im Vergleich zu den Angaben
von JANSSEN 2008 für Schleswig-Holste<strong>in</strong>
(3,03) <strong>und</strong> von RYSLAVY & PUTZE
(2000) für Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern
<strong>und</strong> Sachsen-Anhalt
(1,05–2,13) als hoch e<strong>in</strong>zustufen. Er
bedeutet, dass die Brutbed<strong>in</strong>gungen für
den Schwarzstorch <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen 2008
optimal gewesen s<strong>in</strong>d.
Gemessen an der Anzahl flügger Jungvögel
ist der Reproduktionserfolg des
Schwarzstorches 2008 fast doppelt so
hoch gewesen wie beim Weißstorch. Für
den Weißstorch gibt SCHMIDT (2008b)
18 erfolgreiche Bruten mit <strong>in</strong>sgesamt
47 Jungstörchen an (Reproduktionsrate
2,61). Etwas anders stellte sich die Situation
2007 dar. Damals wurden beim
Schwarzstorch nur 19 erfolgreiche Bruten
mit <strong>in</strong>sgesamt 55 flüggen Jungvögeln
ermittelt. Das entspricht e<strong>in</strong>er Reproduktionsrate
von 2,89. Im Vergleich
dazu ermittelte SCHMIDT (2008a) beim
Weißstorch 18 erfolgreiche Bruten mit
<strong>in</strong>sgesamt 41 flüggen Jungvögeln (Reproduktionsrate
2,28).
3.6 Nahrungshabitate
Zu den typischen Nahrungshabitaten
des Schwarzstorches gehören aquatische
<strong>und</strong> semiaquatische Biotope <strong>in</strong>
ungestörten Wäldern oder Waldnähe
(u. a. SCHRÖDER & BURMEISTER 1974;
HAUFF 1993; JANSSEN et al. 2004). Dabei
wird naturnahen Bachläufen e<strong>in</strong>e
besonders hohe Bedeutung beigemessen
(u. a. NOTTORF 1993; BOCK et al.
1993; KLAUS et al. 1993; JANSSEN 1999;
JANSSEN 2008). JANSSEN & KOCK (1996)
sowie JANSSEN (1999, 2008) nennen für
Schleswig-Holste<strong>in</strong> vor allem Fische
als Beutetiere. Zu den bevorzugten Arten
gehören Bachforelle (Salmo trutta
f. fario), Westgroppe (Cottus gobio),
Schmerle (Noemacheilus barbatulus)
<strong>und</strong> Elritze (Phox<strong>in</strong>us phox<strong>in</strong>us). Fische
bilden auch für die Thür<strong>in</strong>ger Schwarzstörche
e<strong>in</strong>en wesentlichen Bestandteil
der Nahrung. Daher s<strong>in</strong>d die Horste
häufig <strong>in</strong> der Nähe von Quellbereichen
<strong>und</strong> Bächen der oberen Forellenregion
mit guten Fischbeständen sowie e<strong>in</strong>er
ges<strong>und</strong>en Fauna an Wirbellosen (Köcherfliegenlarven,
Ste<strong>in</strong>fliegen etc.) zu
f<strong>in</strong>den. Abbildung 3 verdeutlicht dies
beispielhaft für den Südharz. Die dort
besetzten Horste zeichnen sich fast
<strong>in</strong> jedem Jahr durch hohe Bruterfolge
(4 flügge Jungvögel/Horst) aus.
Die durchschnittliche Größe der Nahrungsreviere
geben RYSLAVY & PUTZE
(2000) mit 100 km2 an. Dieser Wert
steht im E<strong>in</strong>klang mit der Länge der
Nahrungsflüge, die <strong>in</strong> der Literatur (u. a.
SCHRÖDER & BURMEISTER 1974; DIEHL
1999; JANS et al. 2000; RHODE 2009) be-
Tab. 4: Erfolgreiche Bruten des Schwarzstorches <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen für das Jahr 2008. Im Wartburgkreis steht die e<strong>in</strong>geklammerte Horstnummer
H32 für die Beobachtung flügger Jungvögel (ohne Horstf<strong>und</strong>).
Landkreis Anzahl Horste Horstnummer Anzahl Jungvögel Melder
Nordhausen 4 H1, H2, H3, H31 16 H. Buchholz, D. Storch
Eichsfeld 1 H26 2 A. Goedecke, A. Mähler
Wartburgkreis 7 H8, H17, H18, H19, H24, H30, (H32) 22 M. Gör<strong>in</strong>g, J. Naumann, J. Holzhausen,
M. Ehrhardt, U. Simon
Gotha 1 H9 2 M. Gör<strong>in</strong>g, J. Naumann
Schmalkalden-Me<strong>in</strong><strong>in</strong>gen 3 H7, H16, H22 11 M. Gör<strong>in</strong>g, J. Holzhausen,
K. Hergenhau
Hildburghausen 1 H15 2 U. Kessler
Ilm-Kreis 2 H14, H25 8 B. Friedrich, M. Gör<strong>in</strong>g
Saalfeld-Rudolstadt 1 H29 3 F. Rost
Saale-Orla-Kreis 3 H11, H27, H28 11 U. Schröder, F. Radon, L. Oelschlegel
Greiz 1 H33 5 J. Lumpe

26 LANDSCHAFTSPFLEGE UND NATURSCHUTZ IN THÜRINGEN 47. JAHRGANG (2010) HEFT 1
Abb. 3: Nachweise von Schwarzstorch <strong>und</strong> verschiedenen Fischarten im Thür<strong>in</strong>ger Südharz;
Quelle: Fach<strong>in</strong>formationssystem <strong>Naturschutz</strong> TLUG Jena, Weimar: Stand 2008.
schrieben <strong>und</strong> auch <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen beobachtet
werden. Die durchschnittlichen
Flugdistanzen reichen dabei von 5 bis
20 km.
4 Gefährdung <strong>und</strong> Schutz
Der Schwarzstorch gehört zu den streng
geschützten Vogelarten. Außerdem
zählt er zu den im Anhang I der EG-Vogelschutzrichtl<strong>in</strong>ie
aufgeführten Arten,
für die besondere Schutzmaßnahmen zu
ergreifen s<strong>in</strong>d (für Thür<strong>in</strong>gen vgl. WIES-
NER et al. 2008).
Zwar spielt heute die direkte Verfolgung
durch Aushorsten der Jungvögel bzw.
Fang <strong>und</strong>/oder Abschuss der Altvögel
nur noch e<strong>in</strong>e untergeordnete Rolle, dafür
drohen aber neue Gefahren, die vor
allem <strong>in</strong> Habitatveränderungen sowie
der Umsetzung von Infrastrukturmaßnahmen
bestehen (u. a. DORNBUSCH &
DORNBUSCH 1994; JANSSEN et al. 2004;
JANSSEN & KOCK 2009). An erster Stelle
steht dabei die Intensivierung der
Land- <strong>und</strong> Forstwirtschaft (u. a. durch
Holze<strong>in</strong>schlag, Grünlandumbruch,
Entwässerungsmaßnahmen, Gewäs-
Abb. 4: Holze<strong>in</strong>schlag im Thür<strong>in</strong>ger Wald im Jahr 2008. Der Schwarzstorchhorst (weißer
Pfeil) ist schwer zu entdecken gewesen <strong>und</strong> wurde erst im Verlauf der Fällarbeiten bemerkt.
2009 wurde e<strong>in</strong> Wechselhorst <strong>in</strong> unmittelbarer Umgebung angelegt. (Aufn. S. JAEHNE)
serverschmutzung; Abb. 4). H<strong>in</strong>zu
kommt das Errichten von Freileitungen
(Verluste durch Stromschlag <strong>und</strong>
Anflug) <strong>und</strong> W<strong>in</strong>denergieanlagen (Rotorschlag).
Weitere Gefährdungen bestehen
durch Konkurrenz zu anderen
Arten <strong>und</strong> Prädation (JANSSEN & KOCK
2009). Ebenfalls von Bedeutung s<strong>in</strong>d
Störungen zur Brutzeit (u. a KLAUS et al.
1993; DORNBUSCH & DORNBUSCH 1994;
MÖLLER & NOTTORF 1997; RYSLAVY &
PUTZE 2000). In Thür<strong>in</strong>gen waren 2008
<strong>in</strong>sgesamt drei Horste davon betroffen.
In zwei Fällen kam es zur Aufgabe des
Horstes aufgr<strong>und</strong> von Holze<strong>in</strong>schlägen.
In e<strong>in</strong>em Fall waren dafür Störungen
durch Modellflugzeuge verantwortlich.
Angesichts der zahlreichen Gefährdungen
ist es bemerkenswert, dass die Thür<strong>in</strong>ger
Bestände <strong>in</strong> den vergangenen Jahren
so stark angestiegen s<strong>in</strong>d. In e<strong>in</strong>igen
Regionen Thür<strong>in</strong>gens kann aufgr<strong>und</strong> der
Habitatausstattung <strong>und</strong> der ausgedehnten
Raumansprüche des Schwarzstorches
davon ausgegangen werden, dass
die maximal mögliche Siedlungsdichte
bereits erreicht ist. Dieses erfreuliche
Ergebnis ist auf die zunehmende Sensibilisierung
der Forstwirtschaft <strong>und</strong> das
unermüdliche Engagement der Horstbetreuer
für die Belange dieser prächtigen
Großvogelart zurückzuführen.
Danksagung:
Für die Unterstützung bei der Erfassung
von Schwarzstorchhorstplätzen gilt folgenden
Persönlichkeiten e<strong>in</strong> besonderer
Dank:
J. ANGERMANN, U. BECKER, G. BÖRNER,
H. BUCHHOLZ, R. BLAUROCK, J. EBERHARD,
M. EHRHARDT, H. ENDER, B. FRIEDRICH,
J. FROTSCHER, A. GOEDECKE, M. GÖRING,
H.-B. HARTMANN, K. HERGENHAU, J.
HIEBEL, G. HOFFMANN, J. HOLZHAUSEN,
U. KESSLER, S. KLAUS, U. KÖBIS, K.
KREBEL, W. LIEBAUG, J. LUMPE, A. MÄH-
LER, J. NAUMANN, L. OELSCHLEGEL, S.
OBERLÄNDER, A. PETZSCH, F. RADON, C.
RHODE, F. ROST, M. RITZ, U. SCHRÖDER,
U. SIMON, D. SENKPIEL, J. SCHMEISSER,
R. STEINBACH, D. STORCH, G. SCHOLZE,
E. SPICKENREUTHER, B. TEICHMÜLLER,
R. TITTEL, K. THIEMRODT, F. WELLER, J.
WIESNER <strong>und</strong> U. WESTPHAL.
Für die e<strong>in</strong>gegangenen Rückmeldungen
möchten wir uns ebenso bei allen
Revier- <strong>und</strong> Forstamtsleitern herzlich
bedanken.

LANDSCHAFTSPFLEGE UND NATURSCHUTZ IN THÜRINGEN 47. JAHRGANG (2010) HEFT 1 27
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28 LANDSCHAFTSPFLEGE UND NATURSCHUTZ IN THÜRINGEN 47. JAHRGANG (2010) HEFT 1
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Naturwissenschaftliche Heimatforschung
JOCHEN WIESNER
Dr. Stefan Jaehne, Re<strong>in</strong>hold Körner
Thür<strong>in</strong>ger Landesanstalt
für Umwelt <strong>und</strong> Geologie
Staatliche Vogelschutzwarte Seebach
L<strong>in</strong>denhof 3
99998 We<strong>in</strong>bergen/Ortsteil Seebach
Der Gefleckthütige Röhrl<strong>in</strong>g (Boletus depilatus) <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen – selten <strong>und</strong> schützenswert!
Die Familie der Echten Röhrl<strong>in</strong>ge (Boletaceae)
ist <strong>in</strong> Deutschland je nach
Auffassung zu den Gattungsgrenzen mit
11–17 Gattungen vertreten, wobei die
Gattung Boletus (Dickröhrl<strong>in</strong>ge) am bekanntesten
<strong>und</strong> <strong>in</strong> ihrer Umgrenzung wenig
umstritten ist. In Mitteleuropa liegt
ihr Verbreitungsschwerpunkt besonders
<strong>in</strong> den wärmebegünstigen südlichen Regionen.
Alle Boletus-Arten leben mit
Gehölzen <strong>in</strong> ektotropher Mykorrhiza-
Symbiose zusammen. Die B<strong>in</strong>dung e<strong>in</strong>iger
Boletus-Arten kann sehr eng se<strong>in</strong>
<strong>und</strong> sich auf e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zige Gehölzgattung
beschränken. Andere haben e<strong>in</strong> breites
Partner-Spektrum, das sowohl Nadelbäume
der Familie P<strong>in</strong>aceae wie auch
Laubbäume verschiedener Familien
umfasst. In Europa s<strong>in</strong>d die Boletus-Arten
häufig an Buchengewächse, also an
Eichen (Quercus spp.) <strong>und</strong> Buchen (Fagus
spp.) geb<strong>und</strong>en, aber auch andere
Gehölze wie Ha<strong>in</strong>buche (Carp<strong>in</strong>us betulus),
Birken (Betula spp.), Hasel (Corylus
avellana) <strong>und</strong> L<strong>in</strong>den (Tilia spp.)
können als mycotrophe Symbionten mit
Boletus-Arten Mykorrhiza bilden.
Bei der Bearbeitung des NSG „Schönberg“
bei Re<strong>in</strong>städt im Saale-Holzland-
Kreis entdeckte ich am 27. August 2005
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em jungen Eichen-Ha<strong>in</strong>buchenwald
(4. US), der sich offenk<strong>und</strong>ig aus e<strong>in</strong>em
ehemaligen Niederwald entwickelt hat,
mehrere Fruchtkörper e<strong>in</strong>er mir unbekannten
Dickröhrl<strong>in</strong>gsart (Abb. 1). Die
genauere F<strong>und</strong>bestimmung ergab, dass
es sich hierbei um den Gefleckthütigen
Röhrl<strong>in</strong>g (Boletus depilatus REDEUILH)
handelte, von dem <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen bislang
nur zwei F<strong>und</strong>e <strong>in</strong> der Kryptogamen-
Datenbank h<strong>in</strong>terlegt waren (G. HIRSCH,
schriftl. Mitt.). In unmittelbarer Nach-
Abb. 1: Die zuerst gef<strong>und</strong>enen Fruchtkörper des Gefleckthütigen Röhrl<strong>in</strong>gs zeigen die typischen
Merkmale: das leuchtend gelbe Hymenium, die ungenetzte goldgelbe Stielspitze sowie
die runzlig-grubige Hutoberfläche, die wie gehämmert wirkt. (Aufn. J. WIESNER; 27. August
2005)
barschaft fruktifizierten zu gleicher Zeit
Ha<strong>in</strong>buchenröhrl<strong>in</strong>ge [Lecc<strong>in</strong>um carp<strong>in</strong>i
(SCHULZER) M. M. MOSER ex D. A.
REID], weiter entfernt auch Netzstielige
Hexenröhrl<strong>in</strong>ge (Boletus luridus SCHA-
EFF.: FRIES) <strong>und</strong> Satansröhrl<strong>in</strong>ge (B. satanas
LENZ). Bei e<strong>in</strong>em späteren F<strong>und</strong>
(13. August 2007) war e<strong>in</strong> Fruchtkörper
des Gefleckthütigen Röhrl<strong>in</strong>gs sogar mit
e<strong>in</strong>er Gruppe von Ha<strong>in</strong>buchenröhrl<strong>in</strong>gen
verwachsen (Abb. 2).
F<strong>und</strong>beschreibung
Hut: jung halbkugelig bis polsterförmig,
alt etwas verflachend, 11–17 cm
breit, trocken, fe<strong>in</strong> wildlederartig, leder-
bis nussbraun mit hellbraun-grauen, teils
leistenartigen Erhöhungen, besonders <strong>in</strong>
der Hutmitte, <strong>und</strong> vertieften dunkelbraunen
Flecken, auffallend runzlig-grubig,
wodurch die Hutoberfläche wie gehämmert
wirkt. Die ungewöhnliche Hutstruktur
bleibt auch mit zunehmendem
Alter erhalten. An Schneckenfraßstellen
verfärbt sich das hellgelbliche Hutfleisch
zart rotbraun. HDS (Hutdeckschicht) <strong>in</strong>
der Mitte mit keulig-blasigen <strong>und</strong> r<strong>und</strong>lichen
Elementen.
Hymenophor: Röhren lebhaft bis
leuchtend gelb, auf Druck unveränderlich,
ältere Porenmündungen später
rotbraun umrandet, Sporenpulver olivbräunlich.

LANDSCHAFTSPFLEGE UND NATURSCHUTZ IN THÜRINGEN 47. JAHRGANG (2010) HEFT 1 29
Abb. 2: E<strong>in</strong> mit e<strong>in</strong>em Ha<strong>in</strong>buchenröhrl<strong>in</strong>g an der Stielbasis verwachsener Fruchtkörper von
Boletus depilatus, der trotz Schneckenfraß noch die typisch runzlig-grubige Hutoberfläche
aufweist. (Aufn. J. WIESNER; 13. August 2007, NSG „Schönberg“/SHK)
Sporen: sp<strong>in</strong>delig, 12–15 × 5–6 μm.
Stiel: 7–9 × 3,3–4,5 cm, leicht bauchig
bis zyl<strong>in</strong>drisch verbogen <strong>und</strong> ohne
Netz, oben goldgelb, längsrillig mit
rotbraunen Pusteln überhaucht, Stielbasis
durch e<strong>in</strong> gelbliches Faserngeflecht
we<strong>in</strong>rot schimmernd, oftmals sp<strong>in</strong>delig
verjüngt mit wurzelndem Anhängsel.
Fleisch: im Hut hellgelb, nicht bläuend,
im Stiel längsfaserig hellgelbfleckig.
Geruch: obstig bis leicht phenolartig.
Geschmack: mild bis leicht säuerlich.
Diskussion
Der Gefleckthütige Röhrl<strong>in</strong>g wurde erst
sehr spät als eigenständige Art erkannt
<strong>und</strong> vom Fahlen Röhrl<strong>in</strong>g (B. impolitus)
aufgr<strong>und</strong> makro- <strong>und</strong> mikroskopischer
Merkmale abgetrennt (REDEUILH 1985).
Insofern fehlen e<strong>in</strong>deutig zuzuordnende
F<strong>und</strong>e aus den Zeiten vor 1986. Selbst
im Verbreitungsatlas der Großpilze
Deutschlands (West), der 1991 von
GERMAN J. KRIEGLSTEINER herausgegeben
wurde, ist nur e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>ziger F<strong>und</strong>punkt
aus Süddeutschland aufgeführt
<strong>und</strong> <strong>in</strong> der 1992 erschienenen, noch
immer gültigen „Rote Liste der gefährdeten
Großpilze <strong>in</strong> Deutschland“ fehlt
B. depilatus sogar gänzlich (BENKERT
et al. 1992). Anschauliche Fotografien
des Gefleckthütigen Röhrl<strong>in</strong>gs (siehe
Abb. 3), die ebenfalls charakteristische
Merkmale wie die runzlig-grubig marmorierte
Hutoberfläche zeigen, f<strong>in</strong>den
sich <strong>in</strong>zwischen auch bei GRÖGER &
HUTH (1998), GALLI (2000), GMINDER et
al. (2000) <strong>und</strong> TÄGLICH (2009).
Die <strong>in</strong> den letzten Jahren von mir gesammelten
Nachweise aus Thür<strong>in</strong>gen
zeigen, dass der Gefleckthütige Röhrl<strong>in</strong>g
e<strong>in</strong> recht seltener Großpilz ist, von
dem bislang nur 8 F<strong>und</strong>orte bekannt geworden
s<strong>in</strong>d (Abb. 4). Es fällt auf, dass
alle F<strong>und</strong>orte <strong>in</strong> Bereichen von Böden
liegen, die neutral bis basisch s<strong>in</strong>d. Sie
weisen Muschelkalk, Keuper oder Zechste<strong>in</strong>gipse
als geologischen Untergr<strong>und</strong>
auf <strong>und</strong> s<strong>in</strong>d nährstoffarm. Das höchstgelegene
Vorkommen der Art <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen
erreicht e<strong>in</strong>e Höhe von 430 m ü.
NN; vgl. nachfolgende Tabelle.
Der Gefleckthütige Röhrl<strong>in</strong>g gilt als
e<strong>in</strong>e südlich verbreitete, wärmebedürftige
Art des Hügellandes, die neutrale
bis gut mit Basen versorgte, relativ trockene
Böden beansprucht. In der Roten
Abb. 3: Der Gefleckthütige Röhrl<strong>in</strong>g (Boletus depilatus) ist e<strong>in</strong> seltener Großpilz, der als
wärmebedürftige Art des Hügellandes gut mit Basen versorgte, relativ trockene Böden beansprucht.
(Aufn. J. WIESNER; 28. August 2007, NSG „Schönberg“/SHK)

30 LANDSCHAFTSPFLEGE UND NATURSCHUTZ IN THÜRINGEN 47. JAHRGANG (2010) HEFT 1
Abb. 4: Räumliche Verteilung
der Nachweise
vom Gefleckthütigen
Röhrl<strong>in</strong>g (Boletus
depilatus) <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen
1987–2009.
Kartengr<strong>und</strong>lage:
Thür<strong>in</strong>ger Landesanstalt
für Umwelt <strong>und</strong>
Geologie Jena.
(Grafik J. WIESNER)
F<strong>und</strong>ort MTB-Quadrant
<strong>und</strong> Höhe
ca. 1 km WNW Petersdorf/NDH
am Eulenste<strong>in</strong>,
NSG „Rüdigsdorfer
Schweiz“
ca. 2,5 km WNW
Krimderode/NDH
lichter, parkartiger
Laubbaumbestand auf
dem Kohnste<strong>in</strong>
ca. 3 km NE Berka/
WAK, Westteil des
Nationalparks
„Ha<strong>in</strong>ich“, östlich des
Eichenberges
4430/4-2,
ca. 270 m ü. NN
4430/3-2,
4430/4-1,
ca. 230 m ü. NN
4928/1-4,
ca. 380 m ü. NN
Schloßpark Gotha/GTH 5030/3-2,
ca. 320 m ü. NN
Hauptfriedhof, Erfurt/EF,
zentrale L<strong>in</strong>denallee
ca. 1 km N Re<strong>in</strong>städt/
SHK, NSG
„Schönberg“
1 km SE Isabellengrün/
SOK
SW-Hang des
Bleiberges, am
NSG „Bleiberg“
2 km NW Jena-
Ammerbach/J, FFH-
Gebiet „Jenaer Forst“
5031/2-4,
ca. 270 m ü. NN
5134/4-4,
ca. 435 m ü. NN
5436/3-2,
ca. 420 m ü. NN
5035/3-3,
ca. 365 m ü. NN
Habitat <strong>und</strong> geologischer
Untergr<strong>und</strong>
(vermutlicher
Mykorrhizapartner)
lichte Laubwaldkante mit
Eiche, Birke <strong>und</strong> Rotbuche
über Zechste<strong>in</strong>gips (Le<strong>in</strong>e-
Folge) (Rotbuche?)
Parkartig offener
Baumbestand mit Ha<strong>in</strong><strong>und</strong>
Rotbuche über Zechste<strong>in</strong>gips
(Werra-Folge)
(Ha<strong>in</strong>buche)
naturnaher Rotbuchen-
Laubmischwald über
Unterem Muschelkalk
(Ha<strong>in</strong>buche)
parkartig licht stehende
Rotbuchen <strong>und</strong> L<strong>in</strong>den mit
Haselnuss-Unterwuchs über
Unterem Gipskeuper
(W<strong>in</strong>terl<strong>in</strong>de)
Friedhofspark mit L<strong>in</strong>denallee
über Unterem Keuper
(W<strong>in</strong>ter- bzw. Sommerl<strong>in</strong>de)
Naturnaher Eichen-Ha<strong>in</strong>buchenwald
mit Feldahorn,
Rotbuche <strong>und</strong> Fichte über
Unterem Muschelkalk,
(Ha<strong>in</strong>buche)
xerothermer felsdurchsetzter
Steilhang mit L<strong>in</strong>de <strong>und</strong>
Eiche über Diabas
(Görkwitz-Formation),
(W<strong>in</strong>terl<strong>in</strong>de)
Eichen-Ha<strong>in</strong>buchenwald
mit reichlich Elsbeere über
Unterem Muschelkalk mit
oligozänen Überlagerungen
(Ha<strong>in</strong>buche)
Datum Beleg leg. & det.
27. VII. 2001,
02. VIII. 2005,
08. VIII. 2006
Fotobelege:
PETER STENZEL
(maximal 14 Expl.)
PETER STENZEL, Nordhausen
19. VII. 2002, Fotobelege: PETER STENZEL, Nordhausen
21. VII. 2003,
28. VII. 2004,
29. VII. 2007,
20. VII. 2008,
18. VIII. 2008,
18. VII. 2009
PETER STENZEL
Ende IX. 2003 unbekannt MICHAEL KLEINSCHMIDT, Oberdorla
03. VIII. 1987,
08. VIII. 2009,
15. VIII. 2009,
01. VIII. 2001
Exsikkat im
Herbarium Jena
Fotobelege:
FELIX HAMPE
26. VII. 2008 Fotobelege:
27. VII. 2005,
13. VIII. 2007,
28. VIII. 2007,
29. VII. 2008,
29. VIII. 2009
FELIX HAMPE
Fotobelege:
Dr. JOCHEN WIESNER
01. VIII. 2001 Fotobelege:
FRANK PUTZMANN &
Dr. JOCHEN WIESNER
03.VIII. 2009 Aquarell-Zeichnung
von
TANJA BÖHNING
FRIEDER GRÖGER, Berl<strong>in</strong>
JOCHEN GIRWERT & FELIX HAMPE, Erfurt
ROBIN DOST, Hildesheim
FELIX HAMPE & JOCHEN GIRWERT, Erfurt
Dr. JOCHEN WIESNER, Jena
FRANK PUTZMANN, Schmiedebach
TANJA BÖHNING, Jenaprießnitz

LANDSCHAFTSPFLEGE UND NATURSCHUTZ IN THÜRINGEN 47. JAHRGANG (2010) HEFT 1 31
Liste der Großpilze („Macromycetes“)
Thür<strong>in</strong>gens (HIRSCH et al. 2001) ist die
kaum nachgewiesene Art <strong>in</strong> die Kategorie
„R“ (extrem selten) e<strong>in</strong>gestuft <strong>und</strong>
sie wird hier als an ihrem Arealrand
vorkommend betrachtet. In Westeuropa
erreicht sie <strong>in</strong> Belgien ihre nördlichste
Verbreitung (HEINEMANN & RAMMELOO
1992). In Deutschland ist mir mit dem
nördlich des Harzes gelegenen Höhenzugs
Huy e<strong>in</strong> relativ nördlich gelegener
F<strong>und</strong>ort bekannt geworden, der <strong>in</strong> der
Pilzflora von Sachsen-Anhalt (TÄGLICH
2009) jedoch nicht explizit aufgeführt
wird. Es f<strong>in</strong>det sich hier<strong>in</strong> lediglich die
allgeme<strong>in</strong> gehaltene Verbreitungsangabe:
„zerstreut, nur Hügelländer“. E<strong>in</strong>
noch weiter nördlich gelegener F<strong>und</strong>punkt
bef<strong>in</strong>det sich <strong>in</strong> Niedersachsen
bei Röderhof, südlich von Hildesheim
über Muschelkalk (K. WÖLDECKE mdl.
Mitt. an F. HAMPE, 2009).
Gefährdung
Vor dem H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> der gegenwärtig
anstehenden Umstrukturierung der
Forstwirtschaft <strong>und</strong> den damit verb<strong>und</strong>enen
Änderungen der Waldbewirtschaftungsziele
lässt sich zukünftig e<strong>in</strong>e
Gefährdung der Art nicht ausschließen.
Mit dem angestrebten Waldumbau werden
bereits gegenwärtig <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie
produktivere <strong>und</strong> besser zu vermarktende
Baumarten wie die Rotbuche
gefördert, d. h. der Anteil des weniger
gefragten Stammholzes von Ha<strong>in</strong>buche
<strong>und</strong> W<strong>in</strong>terl<strong>in</strong>de wird zurückgehen.
Zwar werden die beiden vorrangigen
Mykorrhizapartner des Gefleckthütigen
Röhrl<strong>in</strong>gs <strong>in</strong> den FFH-Gebieten nicht
als „Forstunkräuter“ behandelt werden,
aber ihr Flächen- <strong>und</strong> Mischungsanteil
wird sich zukünftig reduzieren, was für
die relativ anspruchsvolle Pilzart nicht
ohne Folgen bleiben dürfte.
Es ist bereits bei Betrachtung der <strong>in</strong>
Thür<strong>in</strong>gen bekannt gewordenen F<strong>und</strong>orte
(vgl. Tab.) auffällig, dass sich alle
Vorkommen von B. depilatus entweder
<strong>in</strong> naturgeschützten Flächen (NSG,
Nationalpark, FFH-Gebiet) oder anderen,
nicht <strong>in</strong>tensiver Forstwirtschaft
unterworfenen Bereichen (Friedhof,
Gedenkstätte, Stadtpark) bef<strong>in</strong>den. Insofern
sollte der Erhaltung <strong>und</strong> Förderung
geeigneter Waldgesellschaften,
<strong>in</strong>sbesondere von Eichen-Ha<strong>in</strong>buchenwäldern
trockenwarmer Standorte, wie
sie beispielsweise auch als FFH-Lebensraumtyp
9170 zu schützen s<strong>in</strong>d,
verstärkte Aufmerksamkeit geschenkt
werden, damit uns diese bemerkenswerte
Großpilzart auch im S<strong>in</strong>ne der
Bewahrung mykofloristischer Biodiversität
(vgl. SCHULZE et al. 2009) erhalten
bleibt.
Danksagung
An dieser Stelle möchte ich allen danken,
die mich bei der langjährigen Datensammlung
bereitwillig unterstützt
haben. Besonderen Dank schulde ich
TANJA BÖHNING (Jena), JOCHEN GIRWERT
(Erfurt), ANDREAS GMINDER (Jena), FE-
LIX HAMPE (Erfurt), Dr. GERALD HIRSCH
(Jena), MICHAEL KLEINSCHMIDT (Oberdorla),
FRANK PUTZMANN (Schmiedebach)
<strong>und</strong> nicht zuletzt auch PETER
STENZEL (Nordhausen).
Dr. HEINRICH DÖRFELT (Dederstedt) <strong>und</strong>
ANDREAS NÖLLERT (TLUG Jena/Weimar)
gaben wertvolle H<strong>in</strong>weise bei der
Abfassung des Manuskriptes, wofür ich
mich ebenfalls ganz herzlich bedanken
möchte.
Literatur
BENKERT, D., H. DÖRFELT, H.-J. HARDT-
KE, G. HIRSCH, H. KREISEL, G. J.
KRIEGLSTEINER, M. LÜDERITZ, A.
RUNGE, H. SCHMID, J. A. SCHMITT, W.
WINTERHOFF, K. WÖLDECKE & H.-D.
ZEHFUSS (1992): Rote Liste der gefährdeten
Großpilze <strong>in</strong> Deutschland.
– Schriftenreihe <strong>Naturschutz</strong> Spezial
(Ech<strong>in</strong>g): 1–144
GALLI, R. (2000): I Boleti – Atlante
pratico-monografico per la determ<strong>in</strong>azione
dei boleti. Ed<strong>in</strong>atura. – Milano:
198–199
GMINDER, A., G. J. KRIEGLSTEINER & W.
WINTERHOFF (2000): Ständerpilze:
Leisten-, Keulen-, Korallen- <strong>und</strong>
Stoppelpilze, Bauchpilze, Röhrl<strong>in</strong>gs-
<strong>und</strong> Täubl<strong>in</strong>gsartige. – In:
KRIEGLSTEINER, G. J. (Hrsg.): Die
Großpilze Baden-Württembergs.
Bd. 2. – Stuttgart: 228–229 (Boletus
depilatus)
GRÖGER, F., & W. HUTH (1998): Der
Fahle Röhrl<strong>in</strong>g, Boletus impolitus,
<strong>und</strong> se<strong>in</strong> Doppelgänger, der Gefleckthütige
Röhrl<strong>in</strong>g, Boletus depilatus.
– Boletus 22 (2): 89–92
HEINEMANN, P., & J. RAMMELOO (1992):
Two confused Boletes <strong>in</strong> the Benelux.
– Persoonia 14 (4): 587–596
HIRSCH, G., U. LUHMANN, F. GRÖ-
GER (2001): Rote Liste der Groß-
pilze („Macromycetes“) Thür<strong>in</strong>gens,
3. Fassung – <strong>Naturschutz</strong>report H.
18: 332–360
KRIEGLSTEINER, G. (1991): Verbreitungsatlas
der Großpilze Deutschlands
(West). Bd. 1 Ständerpilze, Teil B:
Blätterpilze. – Stuttgart: 99
REDEUILH, G. (1985): Contribution à
l‘étude des Bolets. I. – Bull. trimest.
Soc. mycol. Fr. 101 (4): 373–412,
Atlas pl. 241–242
SCHULZE, E.-D., S. KLAUS, W. WESTHUS,
J. WIESNER, F. FRITZLAR, I. PROFFT,
C. ROSCHER, J. WÄLDCHEN & W. W.
WEISSER (2009): Artenvielfalt <strong>in</strong>
Thür<strong>in</strong>gen – Zustand, Ursachen,
Funktion <strong>und</strong> Zukunft. – <strong>Naturschutz</strong>
<strong>und</strong> Landschaftsplanung 41
(12): 365–374
TÄGLICH, U. (2009): Pilzflora von Sachsen-Anhalt
(Ascomyceten, Basidiomyceten,
Aquatische Hyphomyceten).
Hrsg.: Leibniz-Institut für
Pflanzenbiochemie [<strong>in</strong> Zusammenarbeit
mit dem <strong>Naturschutz</strong>b<strong>und</strong>
Sachsen-Anhalt e. V.] – Halle (Saale):
558–559, Tafel 33
Dr. Jochen Wiesner
Oßmaritzer Straße 13
07745 Jena
E-Mail: renseiw.j@gmx.de

32 LANDSCHAFTSPFLEGE UND NATURSCHUTZ IN THÜRINGEN 47. JAHRGANG (2010) HEFT 1
THOMAS OPPEL
Großes Nixkraut (Najas mar<strong>in</strong>a L.) <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen wieder gef<strong>und</strong>en
Abb. 1: Blick aus Südwesten auf die östliche Kiesgrube des Abbaufeldes Gotha-Nord. An den
Ufern der Halb<strong>in</strong>sel mit vorgelagerter Flachwasserzone <strong>und</strong> am Grubenrand wurden seit 2006
angespülte Pflanzenteile vom Großen Nixkraut gef<strong>und</strong>en. (Aufn. R. BELLSTEDT; 18.09.2005)
Im Norden der Stadt Gotha erstreckt
sich von der B 247 bis fast an die
Eisenbahnl<strong>in</strong>ie Gotha-Le<strong>in</strong>efelde e<strong>in</strong>
etwa 100 ha großes Kiesabbaufeld.
Gewonnen werden Porphyrgerölle aus
dem Thür<strong>in</strong>ger Wald, die das Ohra-/
Apfelstädt-Flusssystem während der
Saale-Kaltzeit ablagerte. In der östlichen
Grube wurde etwa von 1980
bis 1995 Kies bis 4 m unter die Gr<strong>und</strong>wasserl<strong>in</strong>ie
abgebaut. Durch e<strong>in</strong>e Änderung
der Abbautechnologie ab 1990
entstand e<strong>in</strong>e Halb<strong>in</strong>sel, der sich östlich
vorgelagert e<strong>in</strong>e fast 1 ha große lagunenartige
Flachwasserzone anschließt
(Abb. 1).
Anfang September 2006 hoffte ich das
Zwerg-Laichkraut (Potamogeton pusillus),
das im Juni <strong>in</strong> wassergefüllten
Senken der Halb<strong>in</strong>sel blühte, fruchtend
anzutreffen, um es sicher vom ähnlichen
Haarförmigen Laichkraut (Potamogeton
trichoides) unterscheiden zu können.
Inzwischen waren die Kle<strong>in</strong>stgewässer
jedoch ausgetrocknet. Am Ufer
der Kiesgrube bemerkte ich angespülte
Pflanzen, die dem hier recht häufigen
Rauen Hornblatt (Ceratophyllum demersum)
etwas ähnlich sahen, aber viel
kräftiger erschienen. Erst die genaue
Betrachtung des gesammelten Materials
zu Hause brachte die Erkenntnis, dass
es sich um das laut Roter Liste Thür<strong>in</strong>-
Abb. 2: Herbarisiertes Exemplar des Großen
Nixkrauts (Najas mar<strong>in</strong>a ssp. mar<strong>in</strong>a).
(Aufn. H. KORSCH)
gens (KORSCH & WESTHUS 2001) ausgestorbene
Große Nixkraut (Najas mar<strong>in</strong>a
subsp. mar<strong>in</strong>a) handelt (Abb. 2). Auch
<strong>in</strong> den folgenden Jahren wurden im
Spätsommer an den Ufern angespülte
Pflanzenteile gef<strong>und</strong>en. Im Juli 2008
wurde e<strong>in</strong>e Pflanze am Westufer der erst
vor wenigen Jahren angelegten Grube,
250 m südlich vom Erstf<strong>und</strong>, <strong>in</strong> 15 cm
Tiefe wachsend, festgestellt. Der bisher
e<strong>in</strong>zige Nachweis für Thür<strong>in</strong>gen stammt
aus dem Popperöder Teich bei Mühlhausen
(IRMISCH 1846). Nach den Belegen
im Herbarium Haussknecht <strong>in</strong> Jena,
handelt es sich um die subsp. <strong>in</strong>termedia
(ZÜNDORF et al. 2006). Unterscheidungsmerkmale
s<strong>in</strong>d die ganzrandigen
oder nur mit e<strong>in</strong>em Stachel versehenen
Blattscheiden <strong>und</strong> die etwas größeren
Früchte der subsp. mar<strong>in</strong>a (ROTHMALER
2005). Der glatte Rand der Blattscheiden
ist <strong>in</strong> Abbildung 2 zu erkennen. In
der kunstvollen Bildtafel <strong>in</strong> Sturms Flora
von Deutschland von 1905 (Abb. 3)
wird dieses Merkmal nicht gezeigt,
wohl weil die Aufteilung <strong>in</strong> Unterarten
damals noch nicht erfolgte.
Der natürliche Lebensraum, <strong>in</strong> dem die
zweihäusige Art im Herbst absterbende
Unterwasserwiesen bildet, s<strong>in</strong>d Seen,
Altwässer <strong>und</strong> langsam fließende Gewässer
mit e<strong>in</strong>er Tiefe bis zu 3 m.
Das Große Nixkraut besiedelt zirkumpolar
die temperate bis meridionale
Zone, ist aber auch <strong>in</strong> Australien zu f<strong>in</strong>den
(ROTHMALER 2005). Verbreitungsschwerpunkte
s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Deutschland die
Darß-Z<strong>in</strong>gster-Boddenlandschaft, die
Mecklenburger Seenplatte <strong>und</strong> Uckermark,
die Mittelmark (südlich Berl<strong>in</strong>),
das Mosel- <strong>und</strong> das Rhe<strong>in</strong>tal zwischen
B<strong>in</strong>gen <strong>und</strong> Kaiserstuhl sowie der Bodensee.
Dazwischen klaffen große Lücken.
Dieses disjunkte Auftreten ist im
europäischen Teilareal typisch. Die zum
F<strong>und</strong>ort nächsten Vorkommen liegen
150 km entfernt am Ma<strong>in</strong>.
Für die Verbreitung der 4–8 mm langen
Samen, auch über große Entfernungen,
kommen Wasservögel <strong>in</strong> Frage. E<strong>in</strong>e
Ansiedlung durch menschliche Aktivitäten
ist sehr unwahrsche<strong>in</strong>lich. Für
Aquarienfre<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Gartenteichbesitzer
ist die e<strong>in</strong>jährige, gänzlich untergetaucht
lebende Art un<strong>in</strong>teressant. E<strong>in</strong>e

LANDSCHAFTSPFLEGE UND NATURSCHUTZ IN THÜRINGEN 47. JAHRGANG (2010) HEFT 1 33
Abb. 3: Abbildung vom Großen Nixkraut <strong>in</strong> KRAUSE, E. H. L. (1905): J. Sturms Flora von Deutschland, 4. Band – Stuttgart.
a) weibliche Pflanze verkle<strong>in</strong>ert; b) Zweig <strong>in</strong> natürlicher Größe; c) männliche Blüte <strong>in</strong> natürlicher Größe <strong>und</strong> vergrößert;
d) Staubgefäß vergrößert; e) Querschnitt desselben; f) Längsschnitt; g) Blütenstaub vergrößert; h) Blüte <strong>in</strong> natürlicher
Größe <strong>und</strong> vergrößert; i) Fruchtknoten vergrößert; k) Frucht <strong>in</strong> natürlicher Größe <strong>und</strong> vergr.; l) Same <strong>in</strong> natürlicher Größe
<strong>und</strong> vergrößert; m <strong>und</strong> n) Keiml<strong>in</strong>g <strong>in</strong> natürlicher Größe <strong>und</strong> vergrößert.
Anfrage <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er auf Wasserpflanzen
spezialisierten Gärtnerei bestätigte,
dass Najas mar<strong>in</strong>a hier, wie auch im
Großhandel, nicht erhältlich ist. Auch
die Angler scheiden, nach eigener Aussage,
zum<strong>in</strong>dest als bewusste Ansiedler
von Wasserpflanzen aus. Nur wenige
Jahre nach der Auskiesung haben sich
auf natürliche Weise dichte Pflanzenbestände
gebildet, die den Fischen günstige
Laichplätze <strong>und</strong> den Fischnährtieren
unmittelbare Nahrung bieten. So s<strong>in</strong>d
neben den schon genannten Arten auch
Ähren-Tausendblatt (Myriophyllum
spicatum), Krauses-, Schwimmendes-
<strong>und</strong> Kamm-Laichkraut (Potamogeton
crispus, natans <strong>und</strong> pect<strong>in</strong>atus) <strong>und</strong>
Haarblättriger Wasserhahnenfuß (Ranunculus
trichophyllus) zu f<strong>in</strong>den.
In der Roten Liste Deutschlands ist Najas
mar<strong>in</strong>a subsp. mar<strong>in</strong>a als gefährdet
e<strong>in</strong>gestuft. Gefährdungsursachen s<strong>in</strong>d
ausbleibende Neubildung von Altwassern
durch Flussregulierung, Gewässerverschmutzung
<strong>und</strong> Wellenschlag durch
Motorschiffe. Am Gothaer F<strong>und</strong>ort besteht
e<strong>in</strong>e Gefährdung durch Kiesabbau
<strong>und</strong> zunehmenden Badebetrieb. Die
Halb<strong>in</strong>sel wird seit Anfang 2009 abgebaggert.
Der F<strong>und</strong> <strong>in</strong> der neu entstandenen
Grube lässt jedoch hoffen, dass die
Art im Gothaer Kiesabbaufeld (MTB
5030/14) überleben kann.
Als bemerkenswerte Landpflanzen
siedelten sich an Böschungen <strong>und</strong> auf
ebenen Schotterflächen St<strong>in</strong>k-Pippau
(Crepis foetida), Dach-Pippau (Crepis
tectorum), Acker-Filzkraut (Filago
arvensis) <strong>und</strong> Mäuseschwanz-Federschw<strong>in</strong>gel
(Vulpia myuros) an.
Das Erreichen e<strong>in</strong>er möglichst hohen
Strukturvielfalt, durch Flachwasserzonen,
Steilhänge <strong>und</strong> Rohböden <strong>in</strong>
den ausgebeuteten Abbaufeldern, sollte
e<strong>in</strong> wesentlicher Bestandteil von Betriebsplänen
se<strong>in</strong> <strong>und</strong> der damit verb<strong>und</strong>ene
Rohstoffverlust den Unternehmen
als Ausgleichsmaßnahme angerechnet
werden.
Literatur
IRMISCH, T. (1846): Systematisches
Verzeichnis der <strong>in</strong> dem unterherrschaftlichen
Theile der Schwarzburgischen
Fürstentümer wildwachsenden
phanerogamischen Pflanzen mit
Angabe der wichtigsten Culturgewächse.
– Sondershausen
KORSCH, H., & W. WESTHUS (2001):
Rote Liste der Farn- <strong>und</strong> Blütenpflanzen
(Pteridophyta et Spermatophyta)
Thür<strong>in</strong>gens, 4. Fassung,
Stand: 09/2001. – <strong>Naturschutz</strong>report
H. 18: 277–296
ROTHMALER, W. (Hrsg. JÄGER, E. J. &
K. WERNER; 2005): Exkursionsflora
von Deutschland. Band 4. Gefäßpflanzen:
Kritischer Band. 10. Aufl.
– München
ZÜNDORF, H.-J., K.-F. GÜNTHER, H.
KORSCH & W. WESTHUS (2006): Flora
von Thür<strong>in</strong>gen. – Jena
Thomas Oppel
He<strong>in</strong>estraße 18
99867 Gotha
e-mail: Thomas.Oppel@tlvermgeo.thuer<strong>in</strong>gen.de

34 LANDSCHAFTSPFLEGE UND NATURSCHUTZ IN THÜRINGEN 47. JAHRGANG (2010) HEFT 1
ERWIN SCHMIDT
Nachweise von Neophyten im Landkreis Sömmerda
Die zunehmende Beschäftigung mit
Neophyten hat <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em beachtlichen
Umfang <strong>in</strong> der botanisch-floristischen
<strong>und</strong> <strong>in</strong> der <strong>Naturschutz</strong>literatur ihren
Niederschlag gef<strong>und</strong>en. Es ist nicht nur
von wissenschaftlichem Interesse, wie
sich die Neubürger unter den hiesigen
ökologischen Bed<strong>in</strong>gungen verhalten.
Für den praktischen Artenschutz ist die
Kenntnis des <strong>in</strong>vasiven Charakters von
Arten bedeutsam <strong>und</strong> ob damit e<strong>in</strong> latentes
Risiko für die <strong>in</strong>digene Flora vorhanden
ist, welches möglicherweise zu
gezielten Maßnahmen zum Schutz heimischer
Arten zw<strong>in</strong>gt.
Nachfolgend soll über aktuelle Nachweise
von Neophyten im Landkreis
Sömmerda berichtet werden. Mit
Ausnahme von Silphium perfoliatum
handelt es sich um Erstf<strong>und</strong>e für den
Landkreis (vgl. KORSCH et al. 2002). Sie
s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong> Ergebnis e<strong>in</strong>er gezielten Suche
nach Neubürgern <strong>in</strong> unserer Flora,
sondern tragen eher zufälligen Charakter.
In den Floren benachbarter Gebiete
werden von den hier aufgeführten Sippen
lediglich die Becherpflanze (Silphium
perfoliatum) aus dem Kyffhäuserkreis
(BARTHEL & PUSCH 1999) <strong>und</strong> die
Große Telekie (Telekia speciosa) von
Weimar <strong>und</strong> Umgebung (KÄMPFE 2009)
genannt.
Kapstachelbeere (Physalis peruviana)
Messtischblatt-Quadrant: 4832/2
Rechtswert: 443711
Hochwert: 567143
Datum: 12.10.2007
Etwa fünf Pflanzen blühten auf e<strong>in</strong>er für
e<strong>in</strong>e Erstaufforstung vorbereiteten Fläche
nahe der Weißenburg nordwestlich
Sömmerda (Abb. 1, 2). Die Fläche kam
e<strong>in</strong>em Rohbodenstandort sehr nahe. Die
Heimat dieses Nachtschattengewächses
ist Peru (HAEUPLER & MUER 2000).
Die Pflanze wird gewerbsmäßig vor allem
<strong>in</strong> Südafrika angebaut, was zu dem
deutschen Namen Kapstachelbeere geführt
hat. In Thür<strong>in</strong>gen kommt die Art
an Ruderalstellen <strong>und</strong> Flussufern auf
frischen, nährstoffreichen Böden vor.
Ihre Häufigkeit wird mit „selten“ e<strong>in</strong>geschätzt
(ZÜNDORF et al. 2006). Nächstgelegene
F<strong>und</strong>orte liegen bei Roßleben
<strong>und</strong> Vippachedelhausen.
Durchwachsene Silphie
(Silphium perfoliatum)
Messtischblatt-Quadrant: 4833/1
Rechtswert: 444687
Hochwert: 567215
Datum: 06.08.2008
E<strong>in</strong>e Gruppe von etwa 20 Pflanzen an
e<strong>in</strong>em Graben <strong>in</strong> der Nähe des Bahnhofgeländes
Kölleda wurde leider im
Rahmen der üblichen „Verschönerungsarbeiten“
abgemäht. E<strong>in</strong>e dieser
Pflanzen wurde dann zur Dokumentation
an anderer Stelle fotografiert
(Abb. 3, 4).
S. perfoliatum stammt aus Nordamerika
(AICHELE & SCHWEGLER 2004). Sie
f<strong>in</strong>det als Viehfutter <strong>und</strong> für die Beschickung
von Biogasanlagen Verwendung.
Ab dem 2. Anbaujahr kann mit ca. 130
bis 200 Dezitonnen Trockenmasse pro
Hektar gerechnet werden (Thür<strong>in</strong>ger
Landesanstalt für Landwirtschaft 2008).
Sie ist damit h<strong>in</strong>sichtlich ihrer Ertragsfähigkeit
mit dem Mais vergleichbar.
ZÜNDORF et al. (2006) schätzen das Auftreten
<strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen als „zerstreut (rar)“
e<strong>in</strong>. Es werden Weg- <strong>und</strong> Straßenränder,
Flussufer, Gräben, auf frischen bis
feuchten, basen- <strong>und</strong> nährstoffreichen
Böden besiedelt. Mit e<strong>in</strong>er weiteren
Ausbreitung wegen e<strong>in</strong>er verstärkten
Nutzung als sogenannte Energiepflanze
kann gerechnet werden.
Große Telekie (Telekia speciosa)
Messtischblatt-Quadrant: 4834/2
Rechtswert: 446048
Hochwert: 567317
Datum: 09.08.2009
Im Krähental nordöstlich von Rastenberg
wurde e<strong>in</strong>e Pflanze an e<strong>in</strong>em
schattigen, breitrandigen Fahrweg gef<strong>und</strong>en
(Abb. 5). Dieser Weg wurde
vom Verfasser <strong>in</strong> den letzten 15 Jahren
regelmäßig begangen, sodass 2009 als
das Jahr des ersten Auftretens e<strong>in</strong>er
blühenden Pflanze anzusehen ist. Das
Hauptverbreitungsgebiet dieser attraktiven
Staude liegt zwischen Kaukasus,
Karpaten <strong>und</strong> Balkan (AICHELE &
SCHWEGLER 2004). Für Thür<strong>in</strong>gen wird
die Häufigkeit mit „zerstreut“ angegeben
(ZÜNDORF et al. 2006). Staudenfluren
an Fließgewässern, Parkanlagen,
auch Straßenränder auf feuchten, basen-
<strong>und</strong> nährstoffreichen Lehm- <strong>und</strong> Tonbö-
den s<strong>in</strong>d geeignete Standorte für diese
Art. E<strong>in</strong> größeres Vorkommen gibt es
nahe des Ortes Ste<strong>in</strong>burg bei Bad Bibra
(Sachsen-Anhalt), etwa 7,5 km östlich
von Rastenberg <strong>und</strong> damit nicht weit
von der thür<strong>in</strong>gischen Landesgrenze
entfernt (Abb. 6).
Sche<strong>in</strong>erdbeere (Duchesnea <strong>in</strong>dica)
Messtischblatt-Quadrant: 4834/2
Rechtswert: 445928
Hochwert: 567160
Datum: 07.09.2008
E<strong>in</strong>e an e<strong>in</strong> Wohnhaus <strong>in</strong> Rastenberg
grenzende kle<strong>in</strong>e Rasenfläche ist auf
mehreren Quadratmetern besiedelt. Offenbar
wird das regelmäßige Mähen
gut vertragen. Früchte <strong>und</strong> blühende
Pflanzen waren noch bis <strong>in</strong> den November
2009 zu beobachten. Die Art wird
bei ZÜNDORF et al. (2006) unter der Rubrik
„Selten unbeständig e<strong>in</strong>geschleppte
oder verwilderte Arten“ geführt. In der
„Flora von Thür<strong>in</strong>gen“ s<strong>in</strong>d zwei Nachweise
aufgeführt. Aktuell gibt es zwei
Vorkommen <strong>in</strong> der Stadt Jena (HEINRICH
2009). D. <strong>in</strong>dica (= Potentilla <strong>in</strong>dica)
stammt aus den Gebirgen Südostasiens
(HAEUPLER & MUER 2000). Charakteristisch
s<strong>in</strong>d die leuchtend roten Früchte
<strong>und</strong> die Wurzelbildung an den Knoten
(Abb. 7).
Die aufgeführten Arten gehören nicht
zu den Neophyten, welche aus der Sicht
des Artenschutzes oder aus mediz<strong>in</strong>ischen
Gründen als problematisch anzusehen
s<strong>in</strong>d (KOWARIK 2002; MÜLLER et
al. 2005; WESTHUS et al. 2006). Die weitere
Ausbreitungsgeschichte sollte aber
trotzdem mit gebührender Aufmerksamkeit
verfolgt werden, wozu dieser
Beitrag anregen möchte.
Danksagung
Für ihre Unterstützung danke ich Frau
MARION LÖBNITZ, Frau ANGELIKA GEHL-
HAAR, Herrn Dr. GUNTER LÖBNITZ (alle
Erfurt) <strong>und</strong> Herrn SIGMAR BISKUP (Kölleda)
herzlich.
Literatur
AICHELE, D., & H.-W. SCHWEGLER
(2004): Die Blütenpflanzen Mitteleuropas.
– Stuttgart

LANDSCHAFTSPFLEGE UND NATURSCHUTZ IN THÜRINGEN 47. JAHRGANG (2010) HEFT 1 35
Abb. 1: Kapstachelbeere (Physalis peruviana) auf e<strong>in</strong>em Rohbodenstandort
nahe der Weißenburg bei Sömmerda. (Aufn. E. SCHMIDT;
14.10.2007)
Abb. 3: Die Durchwachsene Silphie (Silphium perfoliatum) könnte
als so genannte Energiepflanze e<strong>in</strong>e bedeutende Rolle spielen; die
Aufnahme stammt nicht vom F<strong>und</strong>ort der Pflanze. (Aufn. E. SCHMIDT;
06.08.2008)
Abb. 5: Die Heimat der attraktiven Telekie (Telekia speciosa) ist Südosteuropa.
Im Landkreis Sömmerda hat sie sich zunächst an e<strong>in</strong>em
schattigen Waldweg angesiedelt. (Aufn. E. SCHMIDT; 16.08.2009)
Abb. 7: Die leuchtend roten Früchte der Indischen Sche<strong>in</strong>erdbeere
(Duchesnea <strong>in</strong>dica) laden zum Verzehr e<strong>in</strong>. Sie besitzen aber nur
wenig Saft <strong>und</strong> haben e<strong>in</strong>en faden Geschmack; Marienthal, Sachsen-
Anhalt. (Aufn. E. SCHMIDT; 17.08.2008)
Abb. 2: Blüte der Kapstachelbeere (Physalis peruviana). (Aufn. E.
SCHMIDT; 14.10.2007)
Abb. 4: Der Name Becherpflanze für Silphium perfoliatum beruht auf
den becherförmig zusammengewachsenen Stängelblättern; die Aufnahme
stammt nicht vom F<strong>und</strong>ort der Pflanze. (Aufn. E. SCHMIDT;
06.08.2008)
Abb. 6: In der Nähe des Ortes Ste<strong>in</strong>burg (Sachsen-Anhalt) gibt es
e<strong>in</strong> größeres Vorkommen der Telekie (Telekia speciosa). (Aufn. E.
SCHMIDT; 07.08.2004)

36 LANDSCHAFTSPFLEGE UND NATURSCHUTZ IN THÜRINGEN 47. JAHRGANG (2010) HEFT 1
BARTHEL, K.-J., & J. PUSCH (1999): Flora
des Kyffhäusergebirges <strong>und</strong> der
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HAEUPLER, H., & T. MUER (2000): Bildatlas
der Farn- <strong>und</strong> Blütenpflanzen
Deutschlands. – Stuttgart
HEINRICH, W. (2009): Bemerkenswerte
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Durchwachsene Silphie (Silphium
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Mitteilungen aus dem Freistaat Thür<strong>in</strong>gen
BEATE SCHRADER
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aus Thür<strong>in</strong>gen. – <strong>Landschaftspflege</strong>
u. <strong>Naturschutz</strong> Thür. 43 (1):
1–19
ZÜNDORF, H.-J., K.-F. GÜNTHER, H.
KORSCH & W. WESTHUS (2006): Flora
von Thür<strong>in</strong>gen. – Jena
Erw<strong>in</strong> Schmidt
Ahornweg 6
99636 Rastenberg
Die Stiftung <strong>Naturschutz</strong> Thür<strong>in</strong>gen – größter Flächeneigentümer im GRÜNEN BAND
Das GRÜNE BAND Thür<strong>in</strong>gen, so
wird die ehemalige Grenze zwischen
Ost- <strong>und</strong> Westdeutschland bezeichnet.
Wo früher Stacheldraht <strong>und</strong> M<strong>in</strong>en
herrschten, regiert heute die Natur.
E<strong>in</strong> e<strong>in</strong>zigartiger Biotopverb<strong>und</strong> ist
dort entstanden, woh<strong>in</strong> Jahrzehnte lang
niemand e<strong>in</strong>en Fuß zu setzen wagte.
Braunkehlchen, Wanstschrecke <strong>und</strong>
seltene Orchideenarten haben von der
unmenschlichen Grenze profitiert <strong>und</strong>
sollen nun ihren Lebensraum behalten,
während gleichzeitig die Menschen
das GRÜNE BAND als Er<strong>in</strong>nerungslandschaft
erleben. Artenvielfalt, oder
anders ausgedrückt, Biodiversität, s<strong>in</strong>d
hier eng verknüpft mit sanftem Tourismus
<strong>und</strong> Denkmalpflege.
Diese doppelte Verantwortung, das
GRÜNE BAND für die Natur zu erhalten
<strong>und</strong> zu entwickeln, aber auch
Abb. 1: Unterzeichnung
der
Vere<strong>in</strong>barung
zwischen Stiftung
<strong>und</strong> Freistaat
Thür<strong>in</strong>gen.
(Aufn. B. SCHMIDT)
für die Menschen im Gedenken an die
deutsche Teilung erlebbar zu machen,
verlagert sich nun auf die Schultern der
Stiftung <strong>Naturschutz</strong> Thür<strong>in</strong>gen. Knapp
4.000 ha im GRÜNEN BAND, die heute
noch von der B<strong>und</strong>esanstalt für Immobilienaufgaben
verwaltet werden,
s<strong>in</strong>d am 01. Januar 2010 <strong>in</strong> das Eigentum
der Stiftung übergegangen.
Es bestehen allerd<strong>in</strong>gs noch rechtliche
Ansprüche ehemaliger Alteigentümer.
Falls diese Ansprüche berechtigt s<strong>in</strong>d,
werden e<strong>in</strong>zelne Flächen zurückgegeben.
Man geht daher nur von e<strong>in</strong>em
Umfang von ca. 3.600 bis 3.800 ha aus,
die dauerhaft bei der Stiftung verbleiben.
Bedenkt man, dass das GRÜNE
BAND <strong>in</strong> Deutschland <strong>in</strong>sgesamt ca.
1.400 km lang ist <strong>und</strong> dabei auf Thür<strong>in</strong>gen
ca. 763 km mit ca. 6.400 ha, also gut
die Hälfte, entfallen, so bedeutet dies,
dass die Stiftung <strong>Naturschutz</strong> Thür<strong>in</strong>gen
mehr als e<strong>in</strong> Viertel des GRÜNEN
BANDES <strong>in</strong> Deutschland betreut.
„Es ist e<strong>in</strong> riesiger Vertrauensbeweis für
die Stiftung“, so das Vorstandsmitglied
Dr. DIETER FRANZ anlässlich der Unterzeichnung
e<strong>in</strong>er Vere<strong>in</strong>barung (Abb. 1)
mit dem Land Thür<strong>in</strong>gen am 02. September
2009, “mit dem heutigen Tag

LANDSCHAFTSPFLEGE UND NATURSCHUTZ IN THÜRINGEN 47. JAHRGANG (2010) HEFT 1 37
peu à peu das Eigentum <strong>und</strong> die Verantwortung
für den Erhalt, die Pflege <strong>und</strong>
Weiterentwicklung der dem Freistaat
zustehenden Liegenschaften im GRÜ-
NEN BAND übernehmen zu dürfen.“
Rückblende: Bereits im Jahr 2003
begannen die Gespräche der Länder
mit den B<strong>und</strong>esm<strong>in</strong>isterien für F<strong>in</strong>anzen
<strong>und</strong> Umwelt mit dem Ziel, die im
B<strong>und</strong>esbesitz bef<strong>in</strong>dlichen Flächen des
GRÜNEN BANDES <strong>in</strong> das Eigentum
der B<strong>und</strong>esländer zu übertragen. Der
Freistaat Thür<strong>in</strong>gen stellte <strong>in</strong> Folge
dessen im Dezember 2003 den Antrag
auf unentgeltliche Zuordnung der b<strong>und</strong>eseigenen
Flächen. Im Koalitionsvertrag
von CDU, CSU <strong>und</strong> SPD vom
November 2005 heißt es: „Wir werden
daher gesamtstaatlich repräsentative
<strong>Naturschutz</strong>flächen des B<strong>und</strong>es (<strong>in</strong>kl.
Flächen des „GRÜNEN BANDES“)
… unentgeltlich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e B<strong>und</strong>esstiftung
e<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gen oder an die Länder übertragen.“
Trotzdem dauerte es noch drei
weitere Jahre <strong>und</strong> bedurfte langer, zäher
Verhandlungen um die Übernahme
der Personalkosten für die bislang im
GRÜNEN BAND tätigen B<strong>und</strong>esförster,
bis am 09. November 2008 e<strong>in</strong>e
Vere<strong>in</strong>barung zwischen dem B<strong>und</strong> <strong>und</strong>
dem Freistaat Thür<strong>in</strong>gen unterzeichnet
werden konnte.
Die Eckpunkte dieser Vere<strong>in</strong>barung
s<strong>in</strong>d:
• Der Freistaat verpflichtet sich, die
B<strong>und</strong>esanstalt für Immobilienaufgaben
(BImA) im Umfang von
520.000 Euro für Personalkosten
verteilt auf acht Jahre für Leistungen
des B<strong>und</strong>esforstes vertraglich
zu b<strong>in</strong>den.
• 380.000 Euro s<strong>in</strong>d für weitere
Dienstleistungsaufträge an die
BImA/B<strong>und</strong>esforst im Gebiet der
<strong>Naturschutz</strong>großprojekte „Eichsfeld-Werratal“
<strong>und</strong> „Rodachtal-Lange
Berge-Ste<strong>in</strong>achtal“ zu erstatten.
• Es erfolgt ke<strong>in</strong>e Vermessung, vielmehr
werden ganze Flurstücke übertragen.
• Zweckb<strong>in</strong>dung ist die Sicherung als
Bestandteil des Nationalen Naturerbes
<strong>und</strong> als historisches Denkmal.
• E<strong>in</strong>e direkte Übertragung an die
Stiftung <strong>Naturschutz</strong> Thür<strong>in</strong>gen
ist möglich, die Veräußerung <strong>und</strong>
Weitergabe an Dritte jedoch ausgeschlossen.
Somit war der Weg frei, e<strong>in</strong>e Vermögenszuordnung
zugunsten der Stiftung
<strong>Naturschutz</strong> Thür<strong>in</strong>gen zu beantragen.
Der Weg war fast frei, denn mit Kapitalerträgen
zwischen 100.000 <strong>und</strong>
150.000 Euro im Jahr war <strong>und</strong> ist die
Stiftung deutlich überfordert, die e<strong>in</strong>gangs
zitierten Aufgaben bei der Entwicklung
des GRÜNEN BANDES zu
erfüllen. Folgerichtig musste wiederum
e<strong>in</strong>e Vere<strong>in</strong>barung zwischen Freistaat
<strong>und</strong> Stiftung abgeschlossen werden,
nach der sich letztere verpflichtet, das
„GRÜNE BAND für künftige Generationen
als Teil des Nationalen Naturerbes
wie auch als Teil deutscher <strong>und</strong>
europäischer Nachkriegsgeschichte im
S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>es grünen Mahnmals sichtbar
<strong>und</strong> begreifbar zu machen“ (Abb. 2).
Gleichzeitig verpflichtet sich der Freistaat,
die Stiftung bei der Verwaltung,
Erhaltung <strong>und</strong> Entwicklung des GRÜ-
NEN BANDES im notwendigen Umfang
zu unterstützen <strong>und</strong> stellt sie von
allen Haftungsansprüchen bezüglich
Altlasten <strong>und</strong> Kampfmitteln frei.
Am 01. Januar 2010 s<strong>in</strong>d nun, unabhängig
vom konkreten Stand der Vermögenszuordnung
des e<strong>in</strong>zelnen Flurstücks,
alle ehemaligen B<strong>und</strong>esflächen
<strong>in</strong> den Besitz der Stiftung <strong>Naturschutz</strong>
Thür<strong>in</strong>gen übergegangen.
Und jetzt? „Die Stiftung <strong>Naturschutz</strong>
Thür<strong>in</strong>gen übernimmt <strong>in</strong> diesem S<strong>in</strong>ne
ke<strong>in</strong> Geschenk, sondern vielmehr e<strong>in</strong>e
große Aufgabe. Geme<strong>in</strong>sam mit den
vielen Akteuren, die seit Jahren aktiv
zusammenarbeiten <strong>und</strong> Projekte umsetzen,
ist die künftige Landnutzung nachhaltig,
konfliktfrei <strong>und</strong> im Konsens mit
den dort lebenden Menschen zu gestalten,“
so heißt es <strong>in</strong> der Pressemitteilung
des Thür<strong>in</strong>ger Umweltm<strong>in</strong>isteriums zur
Unterzeichnung der oben genannten
Vere<strong>in</strong>barung. Und diesen Konsens,
aber auch den Vorrang des <strong>Naturschutz</strong>es
betont das nachfolgend vorgestellte
Thür<strong>in</strong>ger Leitbild zum GRÜNEN
BAND, dem sich die Stiftung <strong>in</strong> ihrer
Vere<strong>in</strong>barung verpflichtet hat:
• Die Natur am GRÜNEN BAND hat
Vorrang, der e<strong>in</strong>zigartige Naturraum
wird erhalten <strong>und</strong> weiterentwickelt.
• Im GRÜNEN BAND soll auch für
künftige Generationen e<strong>in</strong> Teil deutscher
Geschichte sichtbar <strong>und</strong> begreifbar
werden.
• Die wirtschaftlichen Potenziale des
GRÜNEN BANDES sollen auch für
Fremdenverkehr <strong>und</strong> Naherholung
nutzbar gemacht werden.
• Die komplizierten Eigentumsverhältnisse
s<strong>in</strong>d zügig zu klären <strong>und</strong>
neu zu ordnen.
• Die künftige Landnutzung muss
nachhaltig, möglichst konfliktfrei
<strong>und</strong> im Konsens mit den Menschen
gestaltet werden.
Abb. 2: Sukzessionsdruck auf dem Kolonnenweg. Das GRÜNE BAND bleibt nur erlebbar,
wenn m<strong>in</strong>destens der Kolonnenweg freigehalten wird. (Aufn. I. WERRES)

38 LANDSCHAFTSPFLEGE UND NATURSCHUTZ IN THÜRINGEN 47. JAHRGANG (2010) HEFT 1
Inhaltlich untersetzt wird dieser Auftrag
durch die ebenfalls <strong>in</strong> den Vere<strong>in</strong>barungen
zwischen B<strong>und</strong> <strong>und</strong> Land sowie
zwischen Land <strong>und</strong> Stiftung verankerten
<strong>und</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Erprobungs- <strong>und</strong> Entwicklungsvorhaben(„Bestandsaufnahme
GRÜNES BAND“, August 2002)
durch das B<strong>und</strong>esamt für <strong>Naturschutz</strong>
ermittelten naturschutzfachlichen Werte.
Diese s<strong>in</strong>d entscheidender Handlungsmaßstab.
Schon jetzt gibt es e<strong>in</strong>e Fülle von Wünschen,
Anregungen <strong>und</strong> konkreten Vorschlägen
für e<strong>in</strong>zelne Projekte im oder
am GRÜNEN BAND. Alle<strong>in</strong> könnten
die wenigen Mitarbeiter/<strong>in</strong>nen der Stiftung
dieser Aufgabe sicher nicht gerecht
werden. Ihnen stehen die B<strong>und</strong>esförster
für forstwirtschaftliche Maßnahmen
von der Verkehrssicherungspflicht über
den Forstschutz bis zu Waldumbaumaßnahmen
zur Seite. Die Thür<strong>in</strong>ger
Landgesellschaft wurde beauftragt,
das Liegenschaftsmanagement von den
Gr<strong>und</strong>buch-Angelegenheiten über die
Nutzungsrechte bis zur Wahrung der Eigentümerrechte
<strong>in</strong> der Flurbere<strong>in</strong>igung
<strong>und</strong> vor allem die Datenpflege zu über-
BEATE SCHRADER
Der Thür<strong>in</strong>ger <strong>Naturschutz</strong>preis 2010
Die Stiftung <strong>Naturschutz</strong> Thür<strong>in</strong>gen
wurde 1995 auf Initiative der Thür<strong>in</strong>ger
Landesregierung als e<strong>in</strong>e Stiftung des
öffentlichen Rechts <strong>in</strong>s Leben gerufen.
Sie fördert Maßnahmen zur Erhaltung
<strong>und</strong> zum Schutz der Natur <strong>und</strong> zur
Pflege der Landschaft, aber auch Forschungen
auf speziellen Gebieten des
<strong>Naturschutz</strong>es sowie Maßnahmen zur
Aufklärung <strong>und</strong> Weiterbildung.
Erstmals im Jahr 2008 wurde der „Thür<strong>in</strong>ger
<strong>Naturschutz</strong>preis“ verliehen.
Für das Jahr 2010 hat der Stiftungsrat
den Beschluss gefasst, den Preis zum
zweiten Mal auszuloben <strong>und</strong> unter das
Motto gestellt „Jugend engagiert sich
für die Natur – <strong>Naturschutz</strong>projekte von
jungen Leuten zwischen 10 <strong>und</strong> 20“.
Die Stiftung will damit e<strong>in</strong>en Anreiz
schaffen, dass möglichst viele Jugendliche
sich wieder e<strong>in</strong>mal <strong>in</strong>tensiver mit
der Natur <strong>und</strong> dem Thema <strong>Naturschutz</strong>
ause<strong>in</strong>andersetzen. Das Thema wurde
nehmen. Und schließlich s<strong>in</strong>d da die
Ämter für Landentwicklung <strong>und</strong> Flurneuordnung,
die Forst- <strong>und</strong> Landwirtschaftsämter,
die <strong>Naturschutz</strong>behörden,
die LEADER-RAG’s <strong>und</strong> alle anderen
Akteure, die <strong>in</strong> landesweiten <strong>und</strong> regionalen
Arbeitsgruppen zusammengefasst
werden.
Die Stiftung hat ihre Ziele
analog des Leitbildes der
Landesregierung folgendermaßen
zusammengefasst:
• <strong>Naturschutz</strong> hat Vorrang, d. h. wertvolle
Lebensräume müssen erhalten
<strong>und</strong> entwickelt, gefährdete Arten
unterstützt werden.
• Das GRÜNE BAND soll für die
Menschen erlebbar se<strong>in</strong> (Wahrnehmbarkeit,
Umweltbildung).
• Biotoppflege muss langfristig funktionieren
(d. h. <strong>in</strong> der Regel Pflege
durch Nutzung).
• Die Menschen, die am GRÜNEN
BAND leben, sollen sich mit ihm
identifizieren können (Inwertsetzung
für Naherholung <strong>und</strong> Tourismus).
bewusst allgeme<strong>in</strong> gehalten <strong>und</strong> offen
formuliert, um dem Ideenreichtum ke<strong>in</strong>e
Grenzen zu setzen.
Der Thür<strong>in</strong>ger <strong>Naturschutz</strong>preis ist mit
5.000 Euro dotiert. Über die Vergabe
entscheidet e<strong>in</strong>e Jury, die vom Stiftungsrat
der Stiftung berufen wird. Der Preis
wird für Aktionen oder Projekte verliehen,
die <strong>in</strong> herausragender Weise e<strong>in</strong>en
Beitrag zur Erhaltung der heimischen
Natur leisten oder zur Verbesserung der
natürlichen Umwelt oder der Pflege von
Landschaftsräumen beitragen.
Was versteht man nun unter „herausragend“?
Herausragend können z. B.
Projekte se<strong>in</strong>, die e<strong>in</strong>e deutlich über
lokale Grenzen h<strong>in</strong>ausreichende Wirkung
erzielen, außergewöhnliche Ideen
<strong>in</strong> die Tat umsetzen, <strong>Naturschutz</strong> <strong>und</strong>
<strong>Landschaftspflege</strong> <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen spürbar
voranbr<strong>in</strong>gen <strong>und</strong> verschiedene
Aspekte des <strong>Naturschutz</strong>es mite<strong>in</strong>ander
• Das GRÜNE BAND soll verb<strong>in</strong>den
(Zusammenarbeit zwischen den Regionen,
Ländern, Staaten).
Hierüber möchte die Stiftung mit den
Akteuren vor Ort <strong>in</strong> Dialog treten.
Nicht zuletzt darüber, mit welchen Mitteln,
angefangen bei Eigenmitteln der
Stiftung <strong>Naturschutz</strong> Thür<strong>in</strong>gen über
Fördermittel des Landes <strong>und</strong> des B<strong>und</strong>es
bis h<strong>in</strong> zu europäischen Fördermitteln
s<strong>in</strong>nvolle <strong>und</strong> notwendig Projekte
umgesetzt werden können. Oder auch
darüber, welche Projekte für die Region
oder e<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>zelnen Nutzer wirtschaftlich
attraktiv s<strong>in</strong>d.
Ideen, Vorschläge <strong>und</strong> Anträge können
über die Homepage der Stiftung www.
stiftung-naturschutz-thuer<strong>in</strong>gen.de, aber
gerne auch <strong>in</strong> persönlichen Gesprächen
diskutiert werden.
Beate Schrader
Stiftung <strong>Naturschutz</strong> Thür<strong>in</strong>gen
Hallesche Straße 16
99085 Erfurt
e-mail: Beate.Schrader@tlug.thuer<strong>in</strong>gen.de
verb<strong>in</strong>den (z. B. Artenschutz mit Umweltbildung
<strong>und</strong> wirkungsvoller Öffentlichkeitsarbeit).
Die Projekte sollen
darüber h<strong>in</strong>aus möglichst Modellcharakter
besitzen, Vorbildfunktion haben
<strong>und</strong> nachhaltig wirken.
Die Stiftung ruft daher alle Jugendlichen
im Alter zwischen 10 <strong>und</strong> 20 Jahren
auf, sich zu bewerben. Teilnehmen
können sowohl E<strong>in</strong>zelpersonen als auch
Personengruppen wie beispielsweise
Schulklassen. Die Bewerbungsunterlagen
<strong>und</strong> weitere Informationen können
spätestens ab April 2010 im Internet, per
Post oder Fax abgerufen werden. Dann
gilt es, das Projekt für die Bewerbung
zu dokumentieren. E<strong>in</strong>sendeschluss ist
der 20. Juni 2010. Danach beg<strong>in</strong>nt die
Arbeit der Jury, <strong>in</strong> welcher Vertreter von
Wissenschaft, Verwaltung <strong>und</strong> Medien
vertreten s<strong>in</strong>d. Und am 11. September
2010 ist es dann soweit: Im Rahmen
e<strong>in</strong>er Festveranstaltung werden das

LANDSCHAFTSPFLEGE UND NATURSCHUTZ IN THÜRINGEN 47. JAHRGANG (2010) HEFT 1 39
Siegerprojekt <strong>und</strong> natürlich auch die
Preisträger geehrt <strong>und</strong> der Preis durch
den M<strong>in</strong>ister für Landwirtschaft, Forsten,
Umwelt <strong>und</strong> <strong>Naturschutz</strong>, Herrn Dr.
REINHOLZ verliehen.
Noch Fragen? Oder unsicher, ob euer
Projekt geeignet ist? Die Mitarbeiter/
MAIK SCHWABE
<strong>in</strong>nen der Geschäftsstelle oder die Mitglieder
des Vorstandes helfen gern. Ansprechpartner
s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>sbesondere:
Beate Schrader <strong>und</strong> Dr. Dieter Franz
(Vorstandsmitglieder der
Stiftung <strong>Naturschutz</strong> Thür<strong>in</strong>gen)
erreichbar über die Geschäftsstelle:
Hallesche Straße 16
99085 Erfurt
Tel.: 0361/3789-283
Fax: 0361 3789-282
e-mail: beate.schrader@tlug.thuer<strong>in</strong>gen.de
oder über unsere Homepage:
www.stiftung-naturschutz-thuer<strong>in</strong>gen.de
Beurteilung des Verbuschungsgrades <strong>und</strong> der Artenvielfalt auf gepflegten Wiesenflächen
Etwa 80 Teilnehmer, darunter Mitarbeiter
der Landwirtschafts- <strong>und</strong> <strong>Naturschutz</strong>verwaltung
sowie Landwirte, folgten
am 03. Juni 2009 der geme<strong>in</strong>samen
E<strong>in</strong>ladung von Thür<strong>in</strong>ger Landesanstalt
für Landwirtschaft (TLL), Deutschem
Grünlandverband e.V. (DGV) <strong>und</strong> Deutscher
Landeskulturgesellschaft (DLKG)
zur diesjährigen „KULAP-R<strong>und</strong>fahrt“
nach Jena <strong>und</strong> Umgebung (Abb. 1).
Das Programm zur Förderung von umweltgerechter
Landwirtschaft, Erhaltung
der Kulturlandschaft, <strong>Naturschutz</strong>
<strong>und</strong> <strong>Landschaftspflege</strong> <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen
– allgeme<strong>in</strong> als KULAP bekannt – besteht
seit 1993 <strong>und</strong> erfreut sich seither
e<strong>in</strong>er hohen Akzeptanz bei den Thür<strong>in</strong>ger
Landwirten. Von Anfang an lag
der Schwerpunkt des freiwilligen Förderprogramms
auf Maßnahmen der
extensiven Grünlandbewirtschaftung.
Mittlerweile wird e<strong>in</strong>e naturschutzfachlich
ausgerichtete Bewirtschaftung
auf etwa e<strong>in</strong>em Drittel des Grünlandes
im Freistaat gefördert. Zu den Zuwendungsvoraussetzungen
der KULAP-
Maßnahme N21 (Beweidung von Mager-
<strong>und</strong> Trockenstandorten) gehört die
E<strong>in</strong>haltung e<strong>in</strong>es Verbuschungsgrades
von maximal 25 % auf dem betroffenen
Feldstück bzw. dessen Erreichen bei höherem
Ausgangsbestand im ersten Verpflichtungsjahr.
Am ersten Exkursionspunkt stand daher
die E<strong>in</strong>schätzung der Verbuschung
im Vordergr<strong>und</strong> der Diskussion. Auf
extensiven Schafweiden am Jägerberg
konnten die Wirkungen unterschiedlicher
Beweidungs<strong>in</strong>tensität auf den
Pflanzenbestand <strong>in</strong> Augensche<strong>in</strong> genommen
werden. Auf e<strong>in</strong>er ungleich-
Abb. 1: Teilnehmer der „KULAP-R<strong>und</strong>fahrt“ <strong>in</strong> der Umgebung von Jena.
(Aufn T. BAUMGÄRTEL)
mäßig verbuschten Weidefläche erfolgte
exemplarisch die E<strong>in</strong>schätzung des
Verbuschungsgrades auf abgesteckten
Parzellen. Außerdem wurde die Abgrenzung
von Landschaftselementen
erläutert. Landschaftselemente s<strong>in</strong>d, zusammen
mit der dazugehörigen Grünlandfläche
beihilfe- bzw. förderfähig,
wenn sie bestimmte Anforderungen gemäß
„Def<strong>in</strong>itionen zur Ausweisung von
Landschaftselementen im Rahmen der
Direktzahlungen <strong>und</strong> der flächenbezogenen
ELER-Maßnahmen“ erfüllen.
Kommt es zur Überschreitung zulässiger
Verbuschungsgrade, ist die Zahlung von
EU-Mitteln für e<strong>in</strong>e landwirtschaftliche
Nutzung an den Landwirt nicht mehr
gerechtfertigt. Während der Diskussion
stellte sich heraus, dass es hierzu noch
Informationsbedarf bei den betroffenen
Landwirten zur Beurteilung der Flächen
<strong>und</strong> der notwendigen Konsequenzen der
Flächenbewirtschaftung gibt.
E<strong>in</strong>igkeit bestand bei den Teilnehmern
darüber, dass es notwendig ist, durch
Bewirtschaftungs- <strong>und</strong> ggf. zusätzliche
Pflegemaßnahmen die Grünlandflächen
weitestgehend offen zu halten <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e
förderschädliche Verbuschung zu vermeiden.
Darüber h<strong>in</strong>aus sollten Landwirte
befähigt werden, flächenkonkret
Ziele des <strong>Naturschutz</strong>es <strong>und</strong> der <strong>Landschaftspflege</strong>,
unter Berücksichtigung
aller betriebswirtschaftlichen Notwendigkeiten,
<strong>in</strong> die Bewirtschaftung zu
<strong>in</strong>tegrieren.
Bei der Besichtigung e<strong>in</strong>er älteren
Streuobstwiese wurde deutlich, dass die
Vitalität der vorhandenen Bäume im Alter
stark nachlässt. Die zur Erhaltung der
Streuobstwiese neu gepflanzten, hochstämmigen
Obstbäume erfordern e<strong>in</strong>en
erhöhten Pflegeaufwand, <strong>in</strong>sbesondere
e<strong>in</strong>en fachgerechten Baumschnitt.

40 LANDSCHAFTSPFLEGE UND NATURSCHUTZ IN THÜRINGEN 47. JAHRGANG (2010) HEFT 1
E<strong>in</strong> weiteres Schwerpunktthema der
R<strong>und</strong>fahrt bildete die Erfassung von
Kennarten gemäß den Anforderungen
der KULAP-Maßnahme L4 „Artenreiches
Grünland“. Erstmals seit 2008 wird
diese zielorientierte Maßnahme im KU-
LAP angeboten. Dazu wurden mehrere
Förderflächen mit Mutterkuhhaltung im
Gleistal begangen (Abb. 2).
MANFRED GROSSMANN
Abb. 2: Herr
PD Dr. habil. H.
HOCHBERG, Leiter
der Abteilung
Tierproduktion der
TLL, erläuterte die
Bestimmungsmerkmale
verschiedener
Grünlandkennarten
auf e<strong>in</strong>er naturschutzkonform
bewirtschafteten
Mutterkuhweide
im Gleistal bei Löberschütz
im Saale-
Holzland-Kreis.
(Aufn. M. SCHWABE)
Um die Förderung <strong>in</strong> Anspruch zu nehmen,
müssen je Feldstück nach vorgegebenen
Begehungsregeln m<strong>in</strong>destens
vier Zielarten aus dem 30 Arten umfassenden
Thür<strong>in</strong>ger Zielartenkatalog
mit jeweils m<strong>in</strong>destens drei Individuen
nachgewiesen werden. Das Bestimmen
blühender Pflanzen erwies sich für
Landwirte <strong>und</strong> Kontrolleure als relativ
Baumkronenpfad im Nationalpark Ha<strong>in</strong>ich wurde erweitert
Am 14. Mai 2009 wurde der neue Abschnitt
des Baumkronenpfades im Nationalpark
Ha<strong>in</strong>ich, dem „Urwald mitten
<strong>in</strong> Deutschland“, feierlich e<strong>in</strong>geweiht.
Zusammen mit dem „alten“ Abschnitt
– dessen Eröffnung 2005 war – hat
der Pfad nun e<strong>in</strong>e Länge von 530 Metern
(Abb. 1). In e<strong>in</strong>er Höhe von circa
10 Metern beg<strong>in</strong>nend, kann der Besucher
die Baumkronenwelt erforschen
<strong>und</strong> sich langsam bis <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Höhe von
circa 24 Metern „vortasten“. Zum Abschluss
geht es auf den über 40 Meter
hohen Turm, von wo der Blick über den
Ha<strong>in</strong>ich mit Deutschlands größter nutzungsfreien
Laubwaldfläche schweift,
an klaren Tagen sogar bis zum Brocken
im Harz.
Mit dem Baumkronenpfad verfolgt
der Nationalpark Ha<strong>in</strong>ich se<strong>in</strong> Anliegen,
Besuchern außergewöhnliche, erlebnisorientierte
Naturerfahrungen zu
ermöglichen. Die gr<strong>und</strong>legende Idee
für den Baumkronenpfad ist eng mit
sicher <strong>und</strong> selbst im kurzrasigen Bestand
konnten die erforderlichen Zielarten
<strong>in</strong> ausreichender Menge gef<strong>und</strong>en
werden. Auf e<strong>in</strong>er naturschutzkonform
bewirtschafteten Weide konnten noch
zahlreiche weitere Arten des Zielartenkataloges
identifiziert werden.
Die traditionell, jährlich stattf<strong>in</strong>dende
KULAP-R<strong>und</strong>fahrt bot auch im Jahr
2009 den unterschiedlichen Interessenten
Gelegenheit zum Gedanken- <strong>und</strong>
Erfahrungsaustausch r<strong>und</strong> um das KU-
LAP.
Drei aktuelle TLL-Broschüren mit Informationen
zum KULAP, darunter
Maßnahmeangebot, erreichte Umweltwirkungen
sowie der Thür<strong>in</strong>ger Zielartenkatalog,
stehen im Internet
http://www.thuer<strong>in</strong>gen.de/de/tll/
als Download zur Verfügung.
Maik Schwabe
Thür<strong>in</strong>ger Landesanstalt
für Landwirtschaft (TLL)
Naumburger Straße 98
07743 Jena-Zwätzen
e-mail: postmaster@tll.thuer<strong>in</strong>gen.de
Abb. 1: Der
Baumkronenpfad
ist <strong>in</strong> naturnahe
Laubwaldbestände
e<strong>in</strong>gebettet, die
im Herbst sehr
farbenprächtig
s<strong>in</strong>d. Die Aufnahme
zeigt e<strong>in</strong>en Teil
der Erweiterung,
im H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> ist
die zweistöckige
<strong>und</strong> überschirmte
Erlebnisstation
„Wilder Wald“
zu sehen.
(Aufn. T. STEPHAN)

LANDSCHAFTSPFLEGE UND NATURSCHUTZ IN THÜRINGEN 47. JAHRGANG (2010) HEFT 1 41
der im Nationalparkgesetz verankerten
Zielsetzung des Nationalparks verb<strong>und</strong>en,
Umweltbildung <strong>und</strong> Forschung zu
betreiben, aber auch e<strong>in</strong>er umweltschonenden
naturnahen Erholung <strong>und</strong> der
Entwicklung des Fremdenverkehrs zu
dienen.
Die Erweiterung br<strong>in</strong>gt nicht nur 200
Meter mehr Wanderpfad <strong>in</strong> den Baumkronen,
sondern drei neue Erlebnisplattformen.
Sie dienen als Informations-,
Ruhe- <strong>und</strong> Ausblickzonen. Inhaltlich
aufgegriffen werden die Themen Photosynthese,
Baumarten, Wildnisschutz
weltweit <strong>und</strong> <strong>in</strong> Deutschland sowie
Baumkronenforschung. E<strong>in</strong> Netztunnel
sowie e<strong>in</strong>e Erlebnisbrücke bieten allen
mutigen Besuchern ganz besondere
E<strong>in</strong>drücke <strong>und</strong> Empf<strong>in</strong>dungen vom
Leben im Kronendach unserer Wälder.
Die Nationalparkverwaltung hat zum
Baumkronenpfad <strong>und</strong> all se<strong>in</strong>en Erlebnis-
<strong>und</strong> Informationsbereichen e<strong>in</strong> sehr
<strong>in</strong>formatives Faltblatt „Unterwegs auf
dem Baumkronenpfad“ herausgegeben
(Bezug <strong>und</strong> weitere Infos unter www.
nationalpark-ha<strong>in</strong>ich.de).
Der Baumkronenpfad hat sich seit se<strong>in</strong>er
Eröffnung im August 2005 zu e<strong>in</strong>em
Persönliches
GÜNTER KÖHLER
Abb. 2: Das Erlebnis „Baumkronen“ ist gerade für K<strong>in</strong>der e<strong>in</strong>drucksvoll <strong>und</strong> fasz<strong>in</strong>ierend.
(Aufn. T. STEPHAN)
wahren Besuchermagneten entwickelt
(Abb. 2). Bis zum Jahresende 2009,
also <strong>in</strong> r<strong>und</strong> vier Jahren, wurden knapp
1 Million Besucher gezählt! Für 2009
konnten im gesamten Nationalpark r<strong>und</strong>
335.000 Besucher ermittelt werden, wovon
alle<strong>in</strong> r<strong>und</strong> zwei Drittel (215.000)
den Baumkronenpfad besuchten.
Herrn Prof. Dr. rer. nat. habil. GERHARD SCHÄLLER zum 80. Geburtstag
Am 01. Februar 2010 beg<strong>in</strong>g der Jenaer
Ökologe Prof. Dr. GERHARD SCHÄLLER
se<strong>in</strong>en 80. Geburtstag. In se<strong>in</strong>er 30-jährigen
(1965–1995) engagierten Lehr-
<strong>und</strong> Forschungstätigkeit an der Friedrich-Schiller-Universität
Jena ergaben
sich auch viele Bezüge zum regionalen
<strong>Naturschutz</strong>. Es ist se<strong>in</strong>em herausragenden
wissenschaftsorganisatorischen
Geschick <strong>und</strong> se<strong>in</strong>er diplomatischen Art
zu verdanken, dass der <strong>in</strong> der Nachfolge
von Prof. HANS JOACHIM MÜLLER (1911–
2007) übernommene Wissenschaftsbereich
(WB) Ökologie 1977–1981 vor
der universitätspolitisch geforderten
Auflösung bewahrt wurde. Mit fachlicher
Weitsicht <strong>und</strong> großem Engagement
gelang es ihm, im Jahre 1990 im Zuge
der politischen Wende das heutige prosperierende
Institut für Ökologie der
FSU zu gründen, dessen erster Direktor
er wurde, <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e der ersten sechs
Arbeitsgruppen war „<strong>Naturschutz</strong> <strong>und</strong>
Landschaftsgestaltung“.
Manfred Großmann
Nationalparkverwaltung Ha<strong>in</strong>ich
Bei der Marktkirche 9
99947 Bad Langensalza
e-mail: Manfred.Grossmann@forst.thuer<strong>in</strong>gen.de
GERHARD SCHÄLLER wurde 1930 im
vogtländischen Fraureuth geboren,
legte 1948 <strong>in</strong> Greiz se<strong>in</strong> Abitur ab <strong>und</strong>
immatrikulierte sich im Oktober 1949
an der FSU Jena <strong>in</strong> Biologie, mit dem
Hauptfach Zoologie <strong>und</strong> den Nebenfächern
Botanik <strong>und</strong> Chemie. Mit e<strong>in</strong>er
parasitologischen Diplomarbeit bei
Prof. MANFRED GERSCH schloss er 1954
das Studium ab <strong>und</strong> wurde kurz darauf
wissenschaftlicher Mitarbeiter am Insti- (Aufn. Archiv Prof. Dr. G. SCHÄLLER)

42 LANDSCHAFTSPFLEGE UND NATURSCHUTZ IN THÜRINGEN 47. JAHRGANG (2010) HEFT 1
tut für Phytopathologie der Deutschen
Akademie der Landwirtschaftswissenschaften
<strong>in</strong> Naumburg. Zwar nunmehr
mit entomologischen Problemen beschäftigt,
konnte er während dieser Zeit
se<strong>in</strong>e Dissertation zum Infektionsverlauf
von Trematodenlarven fertig stellen, mit
der er 1957 <strong>in</strong> Jena wiederum bei MAN-
FRED GERSCH promovierte. In Naumburg
beschäftigte sich GERHARD SCHÄLLER
vor allem mit praxisbezogener Forschung
an phytopathologisch wichtigen
Blattlausarten (besonders der Reblaus),
darunter Gallbildungen <strong>und</strong> Nekrosen,
Biochemie von Speicheldrüsensekreten
<strong>und</strong> Honigtau sowie Rassenbildung <strong>und</strong>
-trennung. Im Jahre 1965 folgte er HANS
JOACHIM MÜLLER (damals am AdL-Akademie<strong>in</strong>stitut
für Pflanzenzüchtung,
Quedl<strong>in</strong>burg), mit dem er bereits viele
Jahre enge fachliche Kontakte pflegte,
der auf den neu gegründeten Lehrstuhl
für Spezielle Zoologie <strong>und</strong> Entomologie
an der Jenaer Universität berufen
wurde. Als se<strong>in</strong> Oberassistent <strong>und</strong> erster
Mitarbeiter half er mit großem Geschick,
bew<strong>und</strong>ernswerter Umsicht <strong>und</strong>
übermäßig hohem Kraftaufwand beim
Aufbau des neu gegründeten Lehrstuhles.
Im Jahre 1966 habilitierte er sich
an der FSU Jena mit e<strong>in</strong>er Arbeit zur
biochemischen Analyse des Aphidenspeichels
<strong>und</strong> se<strong>in</strong>er Bedeutung für die
Gallenbildung, e<strong>in</strong>em Thema aus se<strong>in</strong>er
Naumburger Zeit.
In den Jenaer Jahren bearbeitete GER-
HARD SCHÄLLER e<strong>in</strong> breites Themenspektrum
zur Nahrungsökologie, Pro-
ANDREAS MEHM & MARTIN BIEDERMANN
ANDREAS THIELE zum 60. Geburtstag
Die geschichtsträchtige Kulturlandschaft
r<strong>und</strong> um das Gebiet der „Drei
Gleichen“, das <strong>in</strong>teressante Muschelkalktal
„Jonastal“ oder auch das <strong>Naturschutz</strong>gebiet
„Ziegenried“ bei Plaue
gehören zu den wertvollsten <strong>und</strong> artenreichsten
Gebieten Thür<strong>in</strong>gens. Ganz
eng verb<strong>und</strong>en mit der Erhaltung <strong>und</strong>
Pflege dieser „Naturschätze“ <strong>und</strong> tief
verwurzelt mit dieser Landschaft ist
ANDREAS THIELE aus Arnstadt, der am
23. Dezember 2009 se<strong>in</strong>en 60. Geburtstag
feierte.
duktionsbiologie, Ökosystem- <strong>und</strong>
Immissionsforschung, <strong>und</strong> dies mit Zikaden,
Heuschrecken <strong>und</strong> Websp<strong>in</strong>nen,
an denen er teils ökophysiologisch im
Labor experimentierte, teils synökologisch
im Gelände arbeitete. Mit der ab
1970/71 noch unter H. J. MÜLLER im
Rahmen e<strong>in</strong>er Forschungskooperation
(mit Halle, Görlitz <strong>und</strong> Eberswalde) begonnenen
synökologischen Forschung
zur Struktur, Produktivität <strong>und</strong> Stabilität
von naturnahen Graslandökosystemen
(NSG „Leutratal“) wurden aber auch
jene umfangreichen Geländearbeiten
begonnen, die wesentliche Aspekte des
wissenschaftlichen <strong>Naturschutz</strong>es aufgriffen
<strong>und</strong> das Leutratal zu e<strong>in</strong>em der
bestuntersuchten Schutzgebiete überhaupt
werden ließen (<strong>Naturschutz</strong>report
Heft 14, 1998). Ausgehend davon wurden
diese Arbeiten unter se<strong>in</strong>er Leitung
konsequent seit 1978/79 mit vergleichbarer
Methodik <strong>in</strong> immissionsbelasteten
Gebieten (Phosphatdüngemittelwerk
Steudnitz, Chemiefaserkomb<strong>in</strong>at
Schwarza) fortgesetzt, e<strong>in</strong>e Forschung,
die 1995–2006 als Teil e<strong>in</strong>es Graduiertenkollegs
zur Restaurationsökologie
ihren Höhepunkt erreichte.
Se<strong>in</strong>e engagierte universitäre Lehrtätigkeit
war von der fachlichen Breite
se<strong>in</strong>er Forschungsthemen geprägt <strong>und</strong>
schlug sich <strong>in</strong> Vorlesungen, Sem<strong>in</strong>aren,
Praktika <strong>und</strong> Exkursionen <strong>in</strong> Spezieller
Zoologie, Entomologie, Parasitologie
<strong>und</strong> Ökologie nieder. Er fungierte als
Mitautor der beiden ersten Ökologie-
Lehrbücher der DDR, dem „Lehrbuch
der Ökologie“ (1984, 1986 – Hrsg.
Se<strong>in</strong> Natur<strong>in</strong>teresse wurde bereits <strong>in</strong>
jungen Jahren vor allem durch se<strong>in</strong>en
Stiefvater, Lehrer für Biologie <strong>und</strong> Geographie,
ROLF MÜLLER geweckt, der u. a.
leidenschaftlich Tagfalter <strong>und</strong> Fledermäuse
im Saale-Ilm Gebiet erforschte.
Diese „Prägung“ führte ANDREAS THIE-
LE zum Studium an die Ernst-Moritz-
Arndt-Universität nach Greifswald. Hier
lernte er auch se<strong>in</strong>e spätere Frau MELIT-
TA THIELE kennen. Mit e<strong>in</strong>er entomologischen
Diplomarbeit (Untersuchungen
zur Tag- <strong>und</strong> Nachtaktivität von Cara-
R. SCHUBERT) <strong>und</strong> dem „Kompendium
der Ökologie“ (1984, 1989 – Hrsg.
H. J. MÜLLER), außerdem des weitverbreiteten
Bandes „Bestimmung wirbelloser
Tiere im Gelände“ (1. Aufl. 1985
– Hrsg. H. J. MÜLLER, 5. Aufl. 2008
– Hrsg. R. BÄHRMANN). Als Hochschullehrer
<strong>und</strong> <strong>in</strong>tegre Vertrauensperson
genoss GERHARD SCHÄLLER bei se<strong>in</strong>en
Mitarbeitern, Doktoranden, Diplomanden
<strong>und</strong> Studenten hohes Ansehen. Die
<strong>in</strong> jener Zeit an der Jenaer Ökologie
ausgebildeten zahlreichen Biologielehrer
<strong>und</strong> Fachökologen s<strong>in</strong>d heute <strong>in</strong>
Thür<strong>in</strong>gen <strong>in</strong> Gymnasien, M<strong>in</strong>isterien,
Umwelt- <strong>und</strong> <strong>Naturschutz</strong>behörden
sowie Gutachterbüros tätig. Darüber
h<strong>in</strong>aus brachte er se<strong>in</strong> Fachwissen zum
umweltverträglichen Ausbau der B<strong>und</strong>esautobahn
A4 e<strong>in</strong> (Vere<strong>in</strong> „Blühendes
Leutratal“) <strong>und</strong> ist bis heute Verbandsrat
im Zweckverband für das <strong>Naturschutz</strong>großprojekt
„Orchideenregion Jena“.
Wir wünschen dem Jubilar weiterh<strong>in</strong>
Ges<strong>und</strong>heit, Wohlergehen <strong>und</strong> teilnehmendes
Interesse an der regionalen
Entwicklung des Umwelt- <strong>und</strong> <strong>Naturschutz</strong>es.
Die Redaktion der Zeitschrift
„<strong>Landschaftspflege</strong> <strong>und</strong> <strong>Naturschutz</strong> <strong>in</strong>
Thür<strong>in</strong>gen“ schließt sich diesen herzlichen
Wünschen an.
Dr. habil. Günter Köhler
Friedrich-Schiller-Universität Jena
Institut für Ökologie
Dornburger Straße 159
07743 Jena
e-mail: Guenter.Koehler@uni-jena.de
biden) unter der Betreuung von Prof.
GERD MÜLLER-MOTZFELD, absolvierte er
1975 den Abschluss als Diplom-Fachlehrer
für Biologie <strong>und</strong> Chemie.
Als frisch gebackener Lehrer begann er
zunächst den Schuldienst <strong>in</strong> Osthausen
bei Arnstadt. Bereits kurz darauf wechselte
er aus familiären Gründen nach
Berl<strong>in</strong>, wo ANDREAS THIELE als Fachlehrer
an e<strong>in</strong>er Polytechnischen Oberschule
unterrichtete <strong>und</strong> außerhalb des
Schulunterrichtes erste Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaften
anbot.

LANDSCHAFTSPFLEGE UND NATURSCHUTZ IN THÜRINGEN 47. JAHRGANG (2010) HEFT 1 43
Nach Arnstadt zurückgekehrt, leitete
ANDREAS THIELE ab 1981 auch hier
Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaften für Natur- <strong>und</strong>
Umweltschutz für K<strong>in</strong>der <strong>und</strong> Jugendliche.
Unter den nicht immer e<strong>in</strong>fachen
Bed<strong>in</strong>gungen der damaligen Zeit wurden
beispielsweise die ersten Amphibienschutzzäune
an Straßen errichtet.
Immer wieder war er bemüht, <strong>in</strong>sbesondere
bei jungen Menschen die Fasz<strong>in</strong>ation
für Tiere <strong>und</strong> Pflanzen zu wecken
<strong>und</strong> unsere Verantwortung bei der Erhaltung
der Artenvielfalt aufzuzeigen.
Als Kreisnaturschutzbeauftragter des
Kreises Arnstadt <strong>in</strong>itiierte ANDREAS
THIELE viele Schutzgebietsausweisungen,
die heute z. T. <strong>in</strong> die Gebietskulisse
von NATURA 2000 <strong>in</strong>tegriert s<strong>in</strong>d <strong>und</strong>
zu den wertvollsten <strong>und</strong> artenreichsten
Schutzgebieten Thür<strong>in</strong>gens zählen.
Seit 1990 leitet ANDREAS THIELE die
damals neu gebildete „untere <strong>Naturschutz</strong>behörde“
im Landratsamt Arnstadt
<strong>und</strong> nach der Gebietsreform im
Jahr 1994 ebenso die des Ilm-Kreises.
Trotz der schwerwiegenden E<strong>in</strong>griffe <strong>in</strong>
Natur <strong>und</strong> Landschaft, wie der Bau der
Thür<strong>in</strong>ger-Wald-Autobahn <strong>und</strong> der z. T.
parallel dazu geführten ICE-Trasse, die
sehr viel Dienstzeit <strong>in</strong> Anspruch nahmen
<strong>und</strong> ihn fachlich wie auch emotional
sehr bewegt haben, versuchte er mit
immer neuem Elan, so gut wie möglich
Schäden abzuwenden oder zu m<strong>in</strong>imieren.
In den 1990er-Jahren wurden durch
se<strong>in</strong> Engagement für Thür<strong>in</strong>gen beispielhafte
Projekte im Landkreis umgesetzt
bzw. begonnen: beispielsweise
zu den Ödlandschrecken im Jonastal,
oder zum Schutz von Feuersalamander-
<strong>und</strong> Kreuzotter-Lebensräumen im Ilm-
Kreis, die bis heute e<strong>in</strong>e positive Ausstrahlung
<strong>und</strong> Modellwirkung – auch
über Thür<strong>in</strong>gen h<strong>in</strong>aus – haben.
Für ANDREAS THIELE ist die <strong>Naturschutz</strong>arbeit
Herzenssache. Man trifft
ihn häufig auch nach Dienstschluss
oder am Wochenende <strong>in</strong> der Natur <strong>und</strong>
se<strong>in</strong> Engagement setzt sich ebenso unermüdlich
ehrenamtlich fort.
Nach den Ereignissen von 1989 gehörte
ANDREAS THIELE zu den Fledermausk<strong>und</strong>lern
Thür<strong>in</strong>gens, die sich zur Interessengeme<strong>in</strong>schaft
Fledermausschutz
<strong>und</strong> -forschung Thür<strong>in</strong>gens e.V. zusammenfanden
<strong>und</strong> geme<strong>in</strong>sam die erste
Landesfauna der Fledermäuse erstellten.
In diese s<strong>in</strong>d se<strong>in</strong>e erhobenen faunisti-
(Aufn. S. BEYER)
schen Daten aus dem Landkreis Arnstadt
e<strong>in</strong>geflossen, die er bereits <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er
gesonderten Publikation im Jahr 1992
vorstellte. Seit dieser Zeit ist ANDREAS
THIELE stets der Ansprechpartner bei
Fledermausf<strong>und</strong>en, oder bei Fragen, die
Quartiere Gebäude bewohnender Fledermausarten
betreffen. Die Erhaltung
zahlreicher Fledermausquartiere, z. B.
der Kle<strong>in</strong>en Hufeisennase, des Großen
Mausohrs oder auch der Kle<strong>in</strong>en Bartfledermaus,
s<strong>in</strong>d se<strong>in</strong>em E<strong>in</strong>satz <strong>und</strong>
se<strong>in</strong>er kont<strong>in</strong>uierlichen Betreuung zu
verdanken. Ganz wichtig ist dabei der
persönliche Kontakt zu den betroffenen
Eigentümern bzw. „Quartiereltern“,
ohne den die Erhaltung dieser Fledermausquartiere
wenig Erfolg hat.
ANDREAS THIELE bemüht sich <strong>in</strong>tensiv
um die Sicherung der wertvollen Fledermaus-W<strong>in</strong>terquartiere,
<strong>in</strong>sbesondere im
Jonastal, die immer wieder durch Störungen
<strong>und</strong> E<strong>in</strong>brüche von so genannten
„Schatzsuchern“ gefährdet s<strong>in</strong>d.
Besonders erwähnenswert ist die mittlerweile
zur Tradition gewordene
„Fledermausnacht“ <strong>in</strong> der Kirche von
Dosdorf, die vom <strong>Naturschutz</strong>b<strong>und</strong> Ilm-
Kreis mit Unterstützung der unteren
<strong>Naturschutz</strong>behörde <strong>und</strong> der Interessengeme<strong>in</strong>schaft
Fledermausschutz <strong>und</strong>
-forschung <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen e.V. veranstaltet
wird. Mit Hilfe von Infrarotkameras
werden attraktive Live-Übertragungen
ermöglicht, die fasz<strong>in</strong>ierende E<strong>in</strong>blicke
<strong>in</strong> die im Kirchturm ansässige Mausohrwochenstube
bieten.
Das Interesse von ANDREAS THIELE gilt
aber nicht den Fledermäusen alle<strong>in</strong>,
sondern ist schon immer sehr breit gefächert.
So unterstützt er den Arbeitskreis
Heimische Orchideen (AHO) Thür<strong>in</strong>gen
e.V. oder engagiert sich im Thür<strong>in</strong>ger
Entomologenverband e. V. Hierbei begeistern
ihn besonders die Widderchen
(Familie Zygaenidae) bzw. liegt ihm die
Beachtung der speziellen ökologischen
Ansprüche verschiedener Tag- <strong>und</strong>
Nachtfalterarten <strong>und</strong> der oftmals daraus
resultierenden Pflegebedürftigkeit ihrer
Habitate besonders am Herzen.
Nicht zuletzt wirkt ANDREAS THIELE seit
Jahren im Redaktionskollegium dieser
Zeitschrift mit, <strong>in</strong> das er se<strong>in</strong>e reichen
Erfahrungen der praktischen <strong>Naturschutz</strong>arbeit
oder der faunistischen Erforschung
e<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gt.
Wir wünschen im Namen vieler Mitstreiter
<strong>und</strong> Kollegen ANDREAS THIELE alles
Gute, Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Schaffenskraft,
die anspruchsvollen Aufgaben des <strong>Naturschutz</strong>es
weiterh<strong>in</strong> zu meistern, trotz
mancher nicht ausbleibender „Rückschläge“
für den <strong>Naturschutz</strong> oder der
wachsenden Bürokratie das notwendige
Durchhaltevermögen zu besitzen sowie
genügend Zeit <strong>und</strong> Muße – draußen vor
Ort oder auf Reisen – die W<strong>und</strong>er der Natur
mit allen S<strong>in</strong>nen zu genießen! Möge
ihm die Freude an der Natur nie verloren
gehen, die man als Dank für das Engagement
im <strong>Naturschutz</strong> zurück erhält.
Als Redakteur der Zeitschrift „<strong>Landschaftspflege</strong>
<strong>und</strong> <strong>Naturschutz</strong> <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen“
möchte ich mich bei Dir, lieber
ANDREAS, auf diesem Wege recht herzlich
für De<strong>in</strong>e sehr wertvolle <strong>und</strong> langjährige
Mitarbeit im Redaktionskollegium
bedanken <strong>und</strong> Dir von ganzem
Herzen weiterh<strong>in</strong> alles Gute wünschen
(ANDREAS NÖLLERT).
„Freude ist so lebenswichtig wie Wasser
<strong>und</strong> Brot. Sie ist e<strong>in</strong> geheimnisvolles
Lebenselixier. Wo Freude fehlt, verkümmert
der Mensch, wird er e<strong>in</strong>sam <strong>und</strong>
wird se<strong>in</strong> Alltag düster <strong>und</strong> grau.
E<strong>in</strong>e unerschöpfliche Quelle der Schönheit
<strong>und</strong> Freude ist die Natur. Wir müssen
sie nur entdecken!“ (E. DANESCH)
Andreas Mehm
Untere <strong>Naturschutz</strong>behörde Ilm-Kreis
Ritterstraße 14
99310 Arnstadt
Mart<strong>in</strong> Biedermann
Interessengeme<strong>in</strong>schaft Fledermausschutz <strong>und</strong>
-forschung Thür<strong>in</strong>gen e.V.
Altenste<strong>in</strong>er Straße 68
36448 Schwe<strong>in</strong>a

44 LANDSCHAFTSPFLEGE UND NATURSCHUTZ IN THÜRINGEN 47. JAHRGANG (2010) HEFT 1
KARLI COBURGER
ECKHARD TITZ zum 65. Geburtstag
Am 29. Januar 2010 wurde ECKHARD
TITZ aus Zeulenroda 65 Jahre. Der langjährige
ehrenamtliche Naturschützer ist
Mitglied des <strong>Naturschutz</strong>beirates des
Landkreises Greiz, der Arbeitsgruppe
Artenschutz Thür<strong>in</strong>gen (AAT) e.V., des
Arbeitskreises Heimische Orchideen
(AHO) Thür<strong>in</strong>gen e.V. <strong>und</strong> leitete bis
2009 die NABU-Ortsgruppe Zeulenroda.
E<strong>in</strong>e Würdigung se<strong>in</strong>er vielfältigen
<strong>und</strong> erfolgreichen Arbeit lässt sich nicht
ohne weiteres auf e<strong>in</strong>er Textseite unterbr<strong>in</strong>gen.
Die untere <strong>Naturschutz</strong>behörde
Greiz nutzte daher die Gelegenheit, mit
dem Jubilar e<strong>in</strong> Interview zu führen.
Herr TITZ, Sie können über e<strong>in</strong> langes
<strong>und</strong> erfolgreiches Tun <strong>in</strong> vielen Bereichen
des Natur- <strong>und</strong> Artenschutzes
zurückblicken <strong>und</strong> Ihre Aktivitäten
<strong>in</strong> Zeulenroda <strong>und</strong> Umgebung ließen
Sie längst zu e<strong>in</strong>er Gallionsfigur des
<strong>Naturschutz</strong>es werden. Wo liegt der
Ursprung Ihrer Liebe zur Natur, <strong>in</strong>sbesondere
zur heimischen Flora <strong>und</strong>
Fauna?
Die Antwort fällt mir schwer. Vielleicht
waren es die K<strong>in</strong>dheitserlebnisse auf
dem Greizer Eichberg, wo me<strong>in</strong>e Oma
wohnte. Es gab dort e<strong>in</strong>en zeitweise unter
Wasser stehenden alten Ste<strong>in</strong>bruch,
Felder <strong>und</strong> Wiesen r<strong>und</strong> ums Haus <strong>und</strong>
e<strong>in</strong>e Oma, die sich immer über e<strong>in</strong>en
Feldblumenstrauß freute.
Von Rollfilmdias bis zur Digitalfotografie
– Sie s<strong>in</strong>d immer auch e<strong>in</strong> leidenschaftlicher
Naturfotograf gewesen.
Auch heute noch?
Me<strong>in</strong>e ersten Tierfotos „schoss“ ich im
Leipziger Zoo, als wir <strong>in</strong> der 8. Klasse
zum Wandertag mit der Schulklasse
dort waren. Danach waren es vor allem
die Bücher von HELMUT DRECHSLER,
KARL HEINZ MOLL <strong>und</strong> WOLF SPILLNER,
die mich nicht nur tief bee<strong>in</strong>druckten,
sondern auch zum Nachdenken anspornten.
Heute ist die Passion, Natur
im Bild „festzuhalten“, ungebrochen
ausgeprägt. Oft stehen derzeit Lebensräume
von Arten, die ich früher fotografierte,
im Zentrum me<strong>in</strong>es Interesses.
Es ist e<strong>in</strong>er me<strong>in</strong>er Fehler gewesen, das
nicht mit der gleichen Aufmerksamkeit
zu tun, die ich den Arten selbst widmete.
Notgedrungen, aber auch mit Freude
(Aufn. A. MARTIUS)
verwende ich dabei wieder das Mittelformat.
Seit langem bemühen Sie sich mit
großem Engagement um die Pflege
des Hangquellmoors „Kölbelmühle“.
Was s<strong>in</strong>d die Beweggründe?
Es ist nicht die Rede unserer Kanzler<strong>in</strong>
zur Bedeutung der Artenvielfalt. Immerh<strong>in</strong>
pflegen wir dieses „Fleckchen
Erde“ seit 31 (!) Jahren. In der Fachliteratur
kann man aber nachlesen, dass
es mit dem Artenschw<strong>und</strong> <strong>in</strong> unserem
Land noch viel dramatischer aussehen
würde, wenn nicht Gleichges<strong>in</strong>nte solche
Artenrefugien im Auge behalten
<strong>und</strong> unter naturschutzfachlichen Aspekten
pflegen würden. E<strong>in</strong> bisschen spielt
natürlich auch der Gedanke e<strong>in</strong>e Rolle,
was die eigenen K<strong>in</strong>der <strong>und</strong> Enkel,
aber auch die beteiligten ehemaligen
Schüler, rückblickend über unsere Generation
(<strong>und</strong> natürlich auch über mich)
denken werden.
2009 haben Sie mit Ihrer Ortsgruppe
erneut den Umweltpreis des Landratsamtes
Greiz erhalten. Bitte erläutern
Sie uns kurz das prämierte
Projekt!
Es gibt heute fantastische Möglichkeiten,
Fakten <strong>in</strong> Wort <strong>und</strong> Bild festzuhalten.
Unsere Ber<strong>in</strong>ger leisten e<strong>in</strong>e
immense Arbeit bei der Erfassung <strong>und</strong>
Kartierung von Bruthöhlen, die <strong>in</strong> erster
L<strong>in</strong>ie vom Schwarzspecht geschlagen
wurden. Solche Höhlen dienen sehr vielen
anderen Arten als Habitatbestandteil.
Es wäre aberwitzig, diese Daten nur
zu sammeln, um sie an e<strong>in</strong>e „Zentrale“
zu melden. Es geht uns um den Schutz
dieser Bäume vor versehentlicher oder
auch absichtlicher Fällung. Deshalb
teilen wir unsere Ergebnisse auch den
Forstverwaltungen <strong>und</strong> den Revierförstern
mit. Unser Projekt dient natürlich
auch der Vertiefung unseres Wissens
über die <strong>in</strong> den Höhlen lebenden Arten.
Das wiederum ist für unsere Schutzbemühungen
hilfreich.
Was macht Ihnen Sorgen, wenn es um
die Zukunft des Artenschutzes geht?
Es bedrückt mich, dass wir immer nur
das e<strong>in</strong>igermaßen wirkungsvoll schützen
können, was sich auch im Besitz
des <strong>Naturschutz</strong>es bef<strong>in</strong>det. Manche
Entwicklungen ängstigen mich ernsthaft.
Es darf plötzlich wieder bis fast
an die Bäche herangepflügt werden. Jemand,
der Gen-Mais zertrampelt, wird
e<strong>in</strong>gesperrt. Gestandene Waldarbeiter
werden durch Nichtfachleute ersetzt.
In den Schulen wird das Fach Biologie
durch e<strong>in</strong> Konstrukt ersetzt, das ganz
bestimmt nicht den Stellenwert des Artenschutzes
im Unterricht stärken wird.
Welchen Rat würden Sie jungen Naturschützern
auf den Weg geben?
„Lasst euch nicht e<strong>in</strong>reden, dass alles
<strong>in</strong> Ordnung ist. Glaubt ke<strong>in</strong>en der sagt:
’Das ist so!’ oder ‚Das geht nicht!’ Er
könnte es schon e<strong>in</strong> Leben lang falsch
gemacht haben.“ Das ist übrigens nicht
von mir, sondern von BERT BRECHT.
Also, nehmt euch Zeit zum Beobachten
<strong>und</strong> schaut nicht nur e<strong>in</strong>mal h<strong>in</strong>,
sondern immer wieder. Es kann immer
<strong>in</strong>teressanter werden!
Die monatliche Organisation von
Fachvorträgen <strong>in</strong> der NABU-Ortsgruppe
ist e<strong>in</strong>er Ihrer großen Verdienste.
Wie schaffen Sie es immer
wieder, sogar hochkarätige Referenten
nach Zeulenroda zu locken?
Da hilft nur das persönliche Gespräch.
Wenn der Gesprächspartner das Gefühl
bekommt, dass er hier wirklich willkommen
ist <strong>und</strong> vielleicht auch noch
Gleichges<strong>in</strong>nte trifft, klappt es nahezu
immer. Ich dränge auch nie e<strong>in</strong>en potenziellen
Referenten, sondern gebe
ihm oft e<strong>in</strong> ganzes Jahr „Vorlaufzeit“.

LANDSCHAFTSPFLEGE UND NATURSCHUTZ IN THÜRINGEN 47. JAHRGANG (2010) HEFT 1 45
Da fällt es den meisten leicht, „im Pr<strong>in</strong>zip
ja“ zu sagen. Danach bleibe ich dran
<strong>und</strong> erk<strong>und</strong>ige mich ab <strong>und</strong> zu nach se<strong>in</strong>er
Arbeit <strong>und</strong> nach unserem geme<strong>in</strong>samen
Projekt.
Zum Schluss noch unsere „Psycho-
Schaukel“, bitte beantworten Sie die
Fragen möglichst spontan <strong>und</strong> kurz.
Ihre Liebl<strong>in</strong>gs-Vogelart?
Der Tannenhäher.
Was fasz<strong>in</strong>iert Sie an Orchideen?
Dass immer die, die man erstmals sieht,
die schönste <strong>und</strong> <strong>in</strong>teressanteste ist.
Gibt es schon Fußstapfen-Nachfolger
bei Ihren K<strong>in</strong>dern <strong>und</strong> Enkeln?
Sie s<strong>in</strong>d alle mehr oder m<strong>in</strong>der „<strong>in</strong>fiziert“.
Toll f<strong>in</strong>de ich, dass ich beim An-
SKADI THIEL & HUBERTUS SPERLING
Zum Gedenken an ILKA WEDEKIND
Am 30. Dezember 2009 erlag ILKA WE-
DEKIND <strong>in</strong> Malch<strong>in</strong> (Mecklenburg-Vorpommern)
im Alter von nur 48 Jahren
e<strong>in</strong>er schweren Krankheit. Für viele, die
sie als stets lebendige, frohs<strong>in</strong>nige <strong>und</strong>
optimistisch gestimmte Frau kannten,
ist dies noch unfassbar.
Nach ihrem Biologiestudium <strong>in</strong> Jena
war ILKA WEDEKIND <strong>in</strong> den ersten Berufsjahren
im Staatlichen Forstwirtschaftsbetrieb
Bad Berka <strong>und</strong> <strong>in</strong> der
Zentralkl<strong>in</strong>ik Bad Berka beschäftigt.
Mit der politischen Wende fand sie e<strong>in</strong>
Betätigungsfeld, das fortan sowohl ihr
berufliches Leben als auch ihr ehrenamtliches
Engagement bestimmte – den
<strong>Naturschutz</strong>.
Seit 1991 war ILKA WEDEKIND mit unerschöpflichem
Elan <strong>und</strong> Ideenreichtum
am Aufbau der Thür<strong>in</strong>ger <strong>Naturschutz</strong>verwaltung
beteiligt. Bereits im
Bewerbungsgespräch wurde klar, hier
sucht jemand nicht nur e<strong>in</strong>e feste Anstellung,
sondern möchte sich <strong>in</strong> dieser
gesellschaftlichen Umbruchphase aktiv
gestaltend für die Natur <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen
e<strong>in</strong>setzen. In den Anfangsjahren galt es,
e<strong>in</strong>e wahre Flut von Bebauungsplänen
für neue Wohn- <strong>und</strong> Gewerbegebiete naturschutzfachlich
zu beurteilen. Darüber
schauen e<strong>in</strong>es großen Bestimmungsbuches
mit den Enkeln auch die Seiten mit
den Wanzen, den R<strong>und</strong>würmern oder
den Zikaden nicht überblättern darf.
Naturschützer werden oft als humorlos
bezeichnet. Stimmt das?
Ich hoffe, e<strong>in</strong> lebender Gegenbeweis zu
se<strong>in</strong>.
Gab es auch mal e<strong>in</strong>e Schmunzel-
Panne beim Botanisieren?
Me<strong>in</strong>e Enkel<strong>in</strong> nahm die (falsche) Brotbüchse
me<strong>in</strong>er Tochter <strong>in</strong> die Schule
mit. Dar<strong>in</strong> lagen Tollkirschen, die als
Anschauungsmaterial für die Pharmazeuten
gedacht waren. Die Tochter
merkte es zuerst <strong>und</strong> rief <strong>in</strong> der Schule
an. Man staunte!
h<strong>in</strong>aus lag der behördliche Aufbau der
<strong>Landschaftspflege</strong> <strong>in</strong> Mittelthür<strong>in</strong>gen <strong>in</strong>
ihrer Verantwortung, die fachliche Bewertung
<strong>und</strong> <strong>in</strong>haltliche Ausgestaltung
der dazugehörigen Förder<strong>in</strong>strumente
<strong>in</strong>begriffen. Durch ihre lebenslustige
Art, verb<strong>und</strong>en mit außergewöhnlichem
Engagement hat sie e<strong>in</strong>e Vielzahl von
ehrenamtlichen Naturschützern, <strong>Naturschutz</strong>stationen
<strong>und</strong> landwirtschaftlichen
Produktionsbetrieben <strong>in</strong> das oft
aufwändige Pflegemanagement e<strong>in</strong>bezogen
<strong>und</strong> so wichtige Gr<strong>und</strong>lagen für
Bei welchem Ereignis der Erdgeschichte
wären Sie gern dabei gewesen?
Bei ke<strong>in</strong>em. Sie waren alle zu laut, zu
lang, zu heiß oder zu nass. Ich b<strong>in</strong> ganz
froh, hier <strong>und</strong> heute zu leben.
Vielen Dank für das Interview <strong>und</strong>
weiterh<strong>in</strong> viel Erfolg, Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong>
Kraft bei der ehrenamtlichen Arbeit.
Diesen Wünschen schließt sich auch
der Redakteur dieser Zeitschrift, AN-
DREAS NÖLLERT, von ganzem Herzen
an!
Dr. Karli Coburger
Landratsamt Greiz, untere <strong>Naturschutz</strong>behörde
Dr.-Rathenau-Platz 11
07973 Greiz
die <strong>Landschaftspflege</strong> <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen mit
geschaffen.
Als Sachgebietsleiter<strong>in</strong> für die Bereiche
Schutzgebiete <strong>und</strong> <strong>Landschaftspflege</strong>
<strong>in</strong> der Oberen <strong>Naturschutz</strong>behörde
Thür<strong>in</strong>gens verschaffte sie sich mit
Fachverstand, organisatorischem Talent
<strong>und</strong> Arbeitseifer viel Anerkennung
<strong>und</strong> Erfolg. Beispielhaft seien das Verfahren
zur e<strong>in</strong>stweiligen Sicherstellung
des <strong>Naturschutz</strong>gebietes „Ha<strong>in</strong>ich“ als
Vorbereitung der Ausweisung des ersten
Thür<strong>in</strong>ger Nationalparks sowie die
Steuerung <strong>und</strong> der erfolgreiche Abschluss
von Unterschutzstellungsverfahren
für über 50 <strong>Naturschutz</strong>gebiete
genannt. In der <strong>Landschaftspflege</strong> lag
ILKA die Erhaltung der typischen Thür<strong>in</strong>ger
Streuobstwiesen besonders am
Herzen <strong>und</strong> sie hat Projekte wie den
mittlerweile traditionellen Obstmarkt
<strong>in</strong> Tiefengruben mit auf den Weg gebracht.
Bei ihrer Arbeit scheute sie auch
kritische Ause<strong>in</strong>andersetzungen nicht.
Redegewandt <strong>und</strong> schlagfertig konnte
sie argumentieren <strong>und</strong> so manches
Mal löste e<strong>in</strong> passender Spruch unvermeidliche
Spannungen. Aber nicht nur
die Verträge <strong>und</strong> Verfahren zählten. Ihr
Anspruch war, dass sich ihre Mitarbeiter
wohl fühlten <strong>und</strong> die Freude an der
Arbeit nicht verloren g<strong>in</strong>g.

46 LANDSCHAFTSPFLEGE UND NATURSCHUTZ IN THÜRINGEN 47. JAHRGANG (2010) HEFT 1
In ihrer Freizeit war ILKA WEDEKIND im
<strong>Naturschutz</strong>b<strong>und</strong> Deutschland e.V. aktiv
<strong>und</strong> widmete sich vor allem dem Nachwuchs.
Vom Beg<strong>in</strong>n der 1990er-Jahre
an organisierte sie jährlich e<strong>in</strong> <strong>Naturschutz</strong>ferienlager
im Raum Bad Berka,
später im Austausch mit dem Saarland.
Alle<strong>in</strong> die Planung <strong>und</strong> Organisation
waren e<strong>in</strong>e logistische Meisterleistung,
denn es gab nur wenig Erfahrung <strong>in</strong> der
Umweltbildung. Bei Naturk<strong>und</strong>everanstaltungen,
Lagerfeuer <strong>und</strong> Nachtwanderungen
bis h<strong>in</strong> zum Trösten von
K<strong>in</strong>dern mit Heimweh war ILKA dabei
– <strong>und</strong> morgens um 7:00 Uhr saß sie wie
gewohnt im Büro. In vielen K<strong>in</strong>dern
wurde durch ILKAS Wirken das Interesse
an der Natur geweckt.
Für den Thür<strong>in</strong>ger <strong>Naturschutz</strong> war es
e<strong>in</strong> Verlust, für ILKA WEDEKIND e<strong>in</strong> beruflicher
Aufstieg, als sie im Juni 1998
die Nachfolge von Herrn Dr. LEBRECHT
JESCHKE als Direktor<strong>in</strong> des Landesnatio-
RUDOLF SCHUBERT & RAINER HAUPT
nalparkamtes <strong>in</strong> Mecklenburg-Vorpommern
antrat. Von behördlicher Umstrukturierung
nicht verschont, war sie dort
zuletzt im Landesamt für Umwelt, <strong>Naturschutz</strong>
<strong>und</strong> Geologie tätig. Unter ihrer
Leitung wurden die Großschutzgebiete
<strong>in</strong> der Verwaltung <strong>und</strong> <strong>in</strong> der Außenwirkung
erheblich gestärkt. Für die drei
Nationalparke, zwei Biosphärenreservate
<strong>und</strong> damals fünf Naturparke setzte sie
noch vor dem b<strong>und</strong>esweiten „Corporate
Design“ von EUROPARC e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>heitliches,
geme<strong>in</strong>sames Ersche<strong>in</strong>ungsbild
durch <strong>und</strong> die Naturparke konnten ihren
Wirkungskreis durch die E<strong>in</strong>richtung
von Besucher<strong>in</strong>formationszentren
sowie den Aufbau <strong>und</strong> die Fortbildung
e<strong>in</strong>er Naturwacht stark vergrößern. Die
positive Wahrnehmung im Land hatte
den Aufbau von zwei weiteren Naturparken
zur Folge, die ILKA maßgeblich
forciert hat. Ehrenamtlich engagierte
sie sich im B<strong>und</strong>esvorstand des Verbandes
Deutscher Naturparke e.V.
Zum Gedenken an HUGO WEINITSCHKE (1930–2009)
Am 30. Dezember 2009 verstarb nach
schwerer Krankheit der langjährige Direktor
des Instituts für Landschaftsforschung
<strong>und</strong> <strong>Naturschutz</strong> Halle (ILN),
Prof. Dr. rer. nat. habil. HUGO WEINITSCH-
KE, der <strong>in</strong> dieser Funktion auch für die
Arbeitsgruppe Jena verantwortlich war.
Mit se<strong>in</strong>em Namen verb<strong>in</strong>den sich fast
vier Jahrzehnte erfolgreicher wissenschaftlicher
<strong>und</strong> ehrenamtlicher <strong>Naturschutz</strong>arbeit
<strong>in</strong> der ehemaligen DDR.
HUGO WEINITSCHKE wurde am 21. Februar
1930 im oberschlesischen Oppeln
(heute Republik Polen) als drittes von
vier K<strong>in</strong>dern (<strong>und</strong> e<strong>in</strong>ziger Junge) der
Familie geboren. Se<strong>in</strong>e Eltern betrieben
dort e<strong>in</strong>e Gärtnerei. Nach mehreren
Umzügen der Familie besuchte er die
Volksschule <strong>in</strong> Bernsdorf (Oberlausitz)
<strong>und</strong> schließlich von 1940 bis 1941 die
<strong>in</strong> Klitschmar bei Delitzsch. Hier fand
er e<strong>in</strong>e neue Heimat. Von 1941 bis 1947
lernte der aufgeweckte, strebsame Junge
<strong>in</strong> der Mittelschule <strong>in</strong> Halle <strong>und</strong> von
1948 bis 1949 gelangte er <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Vorsemester
an der Mart<strong>in</strong>-Luther-Universität
Halle-Wittenberg zum Abitur. Das
Professor Dr. HUGO
WEINITSCHKE (Mitte)
geme<strong>in</strong>sam mit
Dr. EBERHARD NIE-
MANN (rechts) <strong>und</strong>
e<strong>in</strong>em ausländischen
Gast bei der
Exkursion im NSG
„Wartburg-Hohe
Sonne“ am 31. Mai
1976 anlässlich
der <strong>Naturschutz</strong>tagung
des Rates
für Gegenseitige
Wirtschaftshilfe
(RGW/Comecon)
<strong>in</strong> Weimar <strong>und</strong>
Eisenach.
(Aufn. W. HIEKEL)
anschließende Biologiestudium an dieser
Universität beendete er 1953 mit der
Diplomarbeit „Die Waldgesellschaften
des Hakels“ <strong>und</strong> e<strong>in</strong>er erfolgreichen Diplomprüfung.
Wurde se<strong>in</strong> Studienwunsch offenbar
bereits <strong>in</strong> den K<strong>in</strong>derjahren durch das
Aufwachsen <strong>in</strong> der elterlichen Gärtne-
Seit dem Jahr 2001 beruft die Stiftung
für Ökologie <strong>und</strong> Demokratie e. V., die
sich für die Fortentwicklung der sozialen
zur ökologisch-sozialen Marktwirtschaft
e<strong>in</strong>setzt, jährlich e<strong>in</strong>e Frau
mit Ausstrahlung <strong>und</strong> Kompetenz als
Repräsentant<strong>in</strong> der Ökologie. Diese ehrenvolle
Funktion als „Ökologia – Botschafter<strong>in</strong>
der Ökologie“ wurde ILKA
WEDEKIND im Jahr 2002 zuteil.
ILKA WEDEKIND hat die Entwicklung im
Thür<strong>in</strong>ger <strong>Naturschutz</strong> auch nach ihrem
Weggang mit Interesse weiterverfolgt.
Für viele Thür<strong>in</strong>ger wird sie unvergessen
bleiben.
Skadi Thiel
Thür<strong>in</strong>ger Landesverwaltungsamt
Weimarplatz 4
99423 Weimar
Hubertus Sperl<strong>in</strong>g
Thür<strong>in</strong>ger Landesanstalt für Umwelt <strong>und</strong> Geologie
Göschwitzer Straße 41
07745 Jena
rei bee<strong>in</strong>flusst, so ist auch se<strong>in</strong> späterer
beruflicher Weg gekennzeichnet von
der Liebe zur Natur <strong>und</strong> der Verantwortung
gegenüber allem Lebenden.
Se<strong>in</strong> beruflicher Werdegang begann
am Institut für Landesforschung (später
Landschaftsforschung) <strong>und</strong> <strong>Naturschutz</strong>
Halle der Deutschen Akademie
der Landwirtschaftswissenschaften zu

LANDSCHAFTSPFLEGE UND NATURSCHUTZ IN THÜRINGEN 47. JAHRGANG (2010) HEFT 1 47
Berl<strong>in</strong>, zunächst als wissenschaftlicher
Assistent (1953–1959), später (1960–
1973) als wissenschaftlicher Oberassistent,
wissenschaftlicher Mitarbeiter
<strong>und</strong> Leiter der Zweigstelle Halle <strong>und</strong>
schließlich als Wissenschaftsorganisator
<strong>und</strong> stellvertretender Direktor. Als
1974 der damalige Direktor – Prof.
Dr. LUDWIG BAUER – aus ges<strong>und</strong>heitlichen
Gründen die Leitung des Instituts
niederlegte, wurde HUGO WEINITSCHKE
zum Direktor ernannt. 1975 berief ihn
die Akademie der Landwirtschaftswissenschaften
der DDR (AdL) aufgr<strong>und</strong>
se<strong>in</strong>er wissenschaftlichen Verdienste
zum Professor. Mit der Institutsleitung
übernahm er die Verantwortung sowohl
für die wissenschaftliche Forschung auf
dem Gebiet des <strong>Naturschutz</strong>es als auch
für die Anleitung <strong>und</strong> Qualifizierung
vieler ehren- <strong>und</strong> hauptamtlicher Mitarbeiter.
Diese Aufgaben erforderten – neben
der Auswahl guter Mitarbeiter – den
E<strong>in</strong>satz der ganzen Persönlichkeit, <strong>in</strong>sbesondere
e<strong>in</strong>e geschickte Diplomatie,
Kampf <strong>und</strong> Durchsetzungsvermögen
gegenüber Engstirnigkeit <strong>und</strong> kurzfristigem
ökonomischen Denken. Das Amt
des Institutsdirektors hatte der Verstorbene
bis zur Auflösung <strong>und</strong> Schließung
des Instituts Ende 1991 <strong>in</strong>ne.
Die soliden wissenschaftlichen Gr<strong>und</strong>lagen
für se<strong>in</strong>e verantwortungsvolle
Tätigkeit gehen u. a. auf se<strong>in</strong>e Dissertation
von 1959 „Die Waldgesellschaften
der Ha<strong>in</strong>leite“ <strong>und</strong> auf se<strong>in</strong>e Habilitationsschrift
von 1968 „Die Vegetationskarte,
Teil der Landschaftsanalyse, als
Gr<strong>und</strong>lage für die Nutzung <strong>und</strong> Pflege
der Landschaft (dargestellt an e<strong>in</strong>em
Beispiel aus dem Nordthür<strong>in</strong>ger Hügelland)“
zurück. In diesen Arbeiten,
die ebenfalls an der Sektion Biowissenschaften
der Universität Halle angefertigt
wurden, zeigt sich bereits se<strong>in</strong>e
wissenschaftliche Gr<strong>und</strong>e<strong>in</strong>stellung
zum <strong>Naturschutz</strong>: Die Erhaltung <strong>und</strong>
der Schutz von gefährdeten Organismen
s<strong>in</strong>d nur durch die Erhaltung der
Lebensgeme<strong>in</strong>schaften möglich. Diese
wiederum benötigen verantwortungsbewusst,
auf wissenschaftlicher Gr<strong>und</strong>lage
gestaltete Landschaften, <strong>in</strong> denen <strong>Naturschutz</strong>gebiete
e<strong>in</strong>en gleichberechtigten
Rang mit Produktions- <strong>und</strong> Siedlungsflächen
e<strong>in</strong>nehmen. Folgerichtig wurde
im von ihm geleiteten Institut nicht nur
über die Ökologie gefährdeter Tier- <strong>und</strong>
Pflanzenarten geforscht, sondern auch
über die Gestaltung von Agrarräumen
<strong>und</strong> Bergbaufolgelandschaften. Es wurden
Fragen der biologischen Mannigfaltigkeit
ebenso bearbeitet wie die der
W<strong>in</strong>d- <strong>und</strong> Wassererosion. Außerdem
wurde e<strong>in</strong>e rechnergestützte Dokumentation
aller <strong>Naturschutz</strong>gebiete der
DDR entworfen.
Die Ergebnisse se<strong>in</strong>er Arbeiten veröffentlichte
HUGO WEINITSCHKE <strong>in</strong> etwa
85 Publikationen <strong>und</strong> als Autor oder
Mitautor <strong>in</strong> mehreren Büchern, von denen
besonders das zusammen mit Professor
LUDWIG BAUER herausgegebene,
<strong>in</strong> drei Auflagen (1964, 1967 <strong>und</strong> 1979)
erschienene Werk „<strong>Landschaftspflege</strong>
<strong>und</strong> <strong>Naturschutz</strong>“ hervorgehoben werden
soll. Internationale Bedeutung erlangte
dieses Buch, als es 1971 <strong>in</strong> die
russische <strong>und</strong> 1976 <strong>in</strong> die ungarische
Sprache übersetzt wurde. Nachdem er
bereits an der 1. Auflage maßgeblich
mitgewirkt hatte, verdient auch die unter
se<strong>in</strong>er Leitung herausgegebene 2. Auflage
des „Handbuches der <strong>Naturschutz</strong>gebiete
der Deutschen Demokratischen
Republik“ <strong>in</strong> 5 Bänden (1980–1986)
Beachtung, weil sie für den deutschsprachigen
Raum se<strong>in</strong>erzeit wohl beispielhaft
war. In dem zusammen mit
4 Mitarbeitern des Instituts erarbeiteten
<strong>und</strong> von ihm herausgegebenen Buch
„<strong>Naturschutz</strong> <strong>und</strong> Landnutzung“ (1987)
f<strong>in</strong>den sich viele, auch gegenwärtig noch
wertvolle <strong>und</strong> wegweisende Gedanken,
<strong>in</strong>sbesondere zur engen Verknüpfung
von Landnutzung <strong>und</strong> Schutz der Natur,
„um dem <strong>Naturschutz</strong> se<strong>in</strong>en ihm
gebührenden Platz als Zweig der Landnutzung
e<strong>in</strong>zuräumen“. In dem kle<strong>in</strong>en
Büchle<strong>in</strong> „<strong>Naturschutz</strong>, gestern, heute
<strong>und</strong> morgen“ (1980) gab er e<strong>in</strong>en Abriss
der Geschichte des <strong>Naturschutz</strong>es <strong>und</strong>
plädierte für e<strong>in</strong>en umfassenden Schutz
der Natur als gesamtgesellschaftliche
Aufgabe, e<strong>in</strong>en Schutz der Natur für
den Menschen.
Nicht unerwähnt bleiben soll auch se<strong>in</strong>e
Tätigkeit als Chefredakteur der 5 von
den Zweigstellen bzw. regionalen Arbeitsgruppen
herausgegebenen <strong>Naturschutz</strong>-Periodika,
<strong>in</strong> diesem Falle auch
der vorliegenden Zeitschrift. Diese Tätigkeit
übte er von Ende 1978 bis Mitte
1990 aus, quasi als Mittler zwischen
der <strong>in</strong> der Staatsräson stehenden AdL
<strong>und</strong> der <strong>in</strong> Bezug auf Natur- <strong>und</strong> Umweltschutz
immer kritischer werdenden
Basis. Mehrfach schrieb er auch kürzere
Beiträge für die Zeitschrift, meist zur
Begründung, dass Natur- <strong>und</strong> Umweltschutz
auch <strong>in</strong> der entwickelten sozialistischen
Gesellschaft unverzichtbar s<strong>in</strong>d.
Die Interessen des <strong>Naturschutz</strong>es vertrat
HUGO WEINITSCHKE auch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Vielzahl
von nationalen <strong>und</strong> <strong>in</strong>ternationalen
wissenschaftlichen <strong>und</strong> gesellschaftlichen
Gremien. Beispielhaft sei die Mitgliedschaft
im Komitee „Man and the
Biosphere“ <strong>in</strong>nerhalb des Programms
der UNESCO genannt. Im Rahmen des
östlichen Wirtschaftsblocks RGW war
er Bevollmächtigter der DDR beim Thema
„Schutz der Biogeozönosen <strong>und</strong> der
Landschaft“. Er war weiterh<strong>in</strong> Sekretär
des Zentralen Arbeitskreises „Nutzung
der natürlichen Ressourcen“ im Forschungsrat
der DDR <strong>und</strong> stellvertretender
Vorsitzender des wissenschaftlichen
Rates der Hauptforschungsrichtung
„Ökologie“. Vielfach erhielt er für se<strong>in</strong>en
selbstlosen E<strong>in</strong>satz <strong>und</strong> se<strong>in</strong>e Erfolge
Ehrungen <strong>und</strong> Auszeichnungen.
E<strong>in</strong> besonderes Anliegen war HUGO
WEINITSCHKE die ehrenamtliche Arbeit
im <strong>Naturschutz</strong>. So gehörte er seit
1952 den Natur- <strong>und</strong> Heimatfre<strong>und</strong>en
im Kulturb<strong>und</strong> an. Seit 1960 leitete er
die Bezirkskommission Natur <strong>und</strong> Heimat
Halle. Als Zweigstellenleiter hielt
er e<strong>in</strong>e enge Verb<strong>in</strong>dung zu den <strong>Naturschutz</strong>beauftragten
der beiden Bezirke
Halle <strong>und</strong> Magdeburg. 1980 wurde er
Vorsitzender des Zentralen Fachausschusses
<strong>Naturschutz</strong> im Kulturb<strong>und</strong>,
Mitglied des Präsidialrates des Kulturb<strong>und</strong>es
<strong>und</strong> stellvertretender Vorsitzender
der Gesellschaft für Natur <strong>und</strong>
Umwelt. Über diese gesellschaftlichen
Gremien konnte er auch E<strong>in</strong>fluss auf die
Gesetzgebung im <strong>Naturschutz</strong> (vor allem
Landeskulturgesetz 1970) nehmen.
Mit der Wahrnehmung e<strong>in</strong>es Lehrauftrags
über <strong>Naturschutz</strong> an der Sektion
Biowissenschaften der Universität Halle
(1961–1971) hatte er die Möglichkeit,
Studenten mit den Problemen des
<strong>Naturschutz</strong>es vertraut zu machen.
Bei allen Belastungen blieb der Verstorbene
e<strong>in</strong> der Kultur, <strong>in</strong>sbesondere
der Literatur <strong>und</strong> Kunst, zugewandter
Mensch. Das Lesen guter Bücher war
für ihn Lebenselixier <strong>und</strong> bot ihm die
nötige Entspannung. Er war e<strong>in</strong> aktiver,
bescheidener, sich selbstlos für den
Fortschritt der Forschung <strong>und</strong> die Erhaltung
der Natur e<strong>in</strong>setzender Mensch.

48 LANDSCHAFTSPFLEGE UND NATURSCHUTZ IN THÜRINGEN 47. JAHRGANG (2010) HEFT 1
In se<strong>in</strong>em Ruhestand nach 1991 h<strong>in</strong>derte
ihn zunehmend e<strong>in</strong>e schwere
chronische Krankheit an e<strong>in</strong>em aktiven
Aufenthalt <strong>in</strong> der geliebten Natur. Aber
selbst das <strong>in</strong>tensive Beobachten <strong>und</strong> Erleben
alltäglicher kle<strong>in</strong>er Naturvorgänge
gab ihm viel <strong>in</strong>nere Kraft <strong>und</strong> Zufriedenheit,
so dass er se<strong>in</strong>e tückische
Krankheit tapfer ertrug. Selbst bis weni-
Neue Literatur
W. WRANIK, V. MEITZNER &
TH. MARTSCHEI
Verbreitungsatlas
der Heuschrecken
Mecklenburg-Vorpommerns
Beiträge zur floristischen <strong>und</strong>
faunistischen Erforschung des
Landes Mecklenburg-Vorpommern
Neubrandenburg LUNG M-V 2008;
273 Seiten +
Anhang mit e<strong>in</strong>liegender DVD,
175 Abbildungen,
47 Artverbreitungskarten;
Feste<strong>in</strong>band;
ISBN 978-3-86009-046-6;
Vertrieb: v.meitzner@gruenspektrum.de
Mit dieser fünften (als Atlas deklarierten)
Heuschreckenfauna e<strong>in</strong>es deutschen
B<strong>und</strong>eslandes <strong>in</strong> Buchform wird
die große Lücke im deutschen Nordosten
geschlossen. Gr<strong>und</strong>lage ist e<strong>in</strong>e
<strong>in</strong> den letzten beiden Jahrzehnten größtenteils
von den Mitgliedern des orthopterologischen
Arbeitskreises von
Mecklenburg-Vorpommern (MV) für
naturschutzfachliche Gutachten <strong>und</strong> <strong>in</strong>
entomologischer Freizeitforschung geleistete
Artenkartierung. Deren Ergebnisse
werden <strong>in</strong> den Kontext des relativ
schmalen historischen Oeuvres gestellt
(damit <strong>in</strong>sgesamt >11 000 Datensätze),
dessen letzte Bestandsaufnahme immerh<strong>in</strong>
40 Jahre zurückliegt (GÜNTHER
1971). Von den 81 <strong>in</strong> Deutschland residenten
Heuschreckenarten kommen 47
(19 Ensifera <strong>und</strong> 28 Caelifera) <strong>in</strong> MV
vor, von denen e<strong>in</strong> Drittel hier an der
Arealgrenze oder <strong>in</strong> verstreuten Vorposten
lebt.
ge Wochen vor se<strong>in</strong>em Tode arbeitete er
noch wissenschaftlich <strong>und</strong> schrieb se<strong>in</strong>e
Erfahrungen nieder, so z. B. auch für
das <strong>in</strong> Vorbereitung bef<strong>in</strong>dliche Buch
zur Forschungsgeschichte des ILN.
HUGO WEINITSCHKE wird uns <strong>und</strong> den
kommenden Generationen <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em
Wirken als Mensch <strong>und</strong> Wissenschaftler
Der ansprechend gestaltete Band gliedert
sich <strong>in</strong> 6 substantielle Kapitel,
beg<strong>in</strong>nend mit der Naturräumlichen
Gliederung von MV <strong>in</strong> 6 Landschaftszonen
<strong>und</strong> 18 Großlandschaften (Übersichtskarte
im Innene<strong>in</strong>band). Es folgen
die für MV wichtigsten Lebensraumtypen
für Heuschrecken, deren Hauptzönosen
auf mesophilen, trockenen
<strong>und</strong> nassen Standorten tabellarisch zusammengestellt
s<strong>in</strong>d. Es schließen sich
Lebensweise, Erfassungsmethoden <strong>und</strong>
Bestimmung im Gelände sowie e<strong>in</strong>e
(sehr) kurze Erforschungsgeschichte
<strong>in</strong> MV an. Im Zentrum des Bandes
– e<strong>in</strong>geleitet von e<strong>in</strong>er Checkliste mit
Gefährdungsgraden (noch Stand 1997!,
ke<strong>in</strong>e Zusatz<strong>in</strong>formationen) – werden
auf über 200 Seiten die Arten <strong>in</strong> systematischer
Folge abgehandelt. Zu jeder
Art f<strong>in</strong>den sich Angaben zu Areal,
Verbreitung <strong>in</strong> MV, Biotopansprüchen,
Lebensweise (mit Gesangsdiagramm),
<strong>in</strong> Er<strong>in</strong>nerung bleiben. Wir werden ihm
stets e<strong>in</strong> ehrendes Andenken bewahren.
Prof. Dr. Rudolf Schubert
Eythstraße 28
06118 Halle
Prof. Dr. Ra<strong>in</strong>er Haupt
Johann-Friedrich-Straße 32
07745 Jena
Verwechslungsmöglichkeiten, Bestandse<strong>in</strong>schätzung
<strong>und</strong> Gefährdung <strong>in</strong> MV
(<strong>und</strong> <strong>in</strong> den angrenzenden B<strong>und</strong>esländern)
sowie Schutzmaßnahmen. H<strong>in</strong>zu
kommen e<strong>in</strong>e schwarz/weiße MTBQ-
Rasterverbreitungskarte (mit Zeitschnitten
bis 1941, 1942–89 <strong>und</strong> ab 1990)
<strong>und</strong> mehrere Farbfotos (meist beider
Geschlechter, dazu Körperdetails <strong>und</strong>
besondere Lebensräume – fast durchweg
von W. WRANIK; im Druck leider
nicht immer gelungen). Abschließend,
<strong>und</strong> nach e<strong>in</strong>em kurzen Abriss der glazial
geprägten Landschaftsgeschichte,
wird das Artenspektrum bewertet <strong>und</strong>
MV <strong>in</strong> den Kontext der deutschlandweiten
Gefährdungsanalyse (MAAS et
al. 2002) gestellt, aber es werden auch
die aktuellen Gefährdungen aufgezeigt.
Das Literaturverzeichnis mit etwa
300 Titeln enthält immerh<strong>in</strong> 170 zu
MV, deren Großteil unveröffentlicht als
Berichte <strong>und</strong> Gutachten vorliegt, <strong>und</strong>
die sich leider nur ungenügend <strong>in</strong> den
Artkapiteln wiederf<strong>in</strong>den. E<strong>in</strong> Anhang
mit Erfassungsbogen, Danksagung,
Bildquellen <strong>und</strong> wissenschaftlichem
Artenregister (hilfreich zum schnellen
Auff<strong>in</strong>den) schließt den Band ab. Auf
e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>liegenden DVD (ab W<strong>in</strong>dows
2000) ist – neben Buchkapiteln <strong>und</strong> vertiefenden
Erläuterungen zu Körperbau,
Biologie <strong>und</strong> Ökologie der e<strong>in</strong>zelnen
Arten – vor allem e<strong>in</strong> aufwändig bebilderter
Bestimmungsschlüssel mit vielen
Detailfotos, unterlegt mit Video- <strong>und</strong>
Gesangssequenzen, zu f<strong>in</strong>den. Damit
sollen vor allem junge Interessenten an
die durchaus kurzweilige Beschäftigung
mit dieser <strong>in</strong>teressanten Insektengruppe
herangeführt werden.
Es war das Ziel der Bearbeiter dazu
anzuregen, Heuschrecken <strong>in</strong> MV <strong>in</strong>-

LANDSCHAFTSPFLEGE UND NATURSCHUTZ IN THÜRINGEN 47. JAHRGANG (2010) HEFT 1 49
tensiver als bisher <strong>in</strong> ökologische <strong>und</strong>
naturschutzfachliche Arbeiten e<strong>in</strong>zub<strong>in</strong>den
<strong>und</strong> damit auch regionale Erfassungslücken
zu schließen. Damit richtet
S. KÄMPFE
Die Flora Weimars <strong>und</strong>
se<strong>in</strong>er Umgebung
Weimar 2009;
Weimarer Schriften Heft 64,
Hrsg.: Stadtmuseum Weimar,
Karl-Liebknecht-Straße 5–9,
99423 Weimar,
ISBN 978-3-910053-46-7,
152 S. mit über
230 Farbfotos <strong>und</strong> Abbildungen sowie
e<strong>in</strong>er Verbreitungskarte
Der Autor STEFAN KÄMPFE dürfte den
thür<strong>in</strong>gischen Pflanzenfre<strong>und</strong>en nicht
unbekannt se<strong>in</strong>. Seit Beg<strong>in</strong>n der 1990er-
Jahre ist er e<strong>in</strong>er der aktivsten Mitarbeiter
der Floristischen Kartierung Thür<strong>in</strong>gens.
Se<strong>in</strong>e Tätigkeit ist dabei besonders
auf das Stadtgebiet von Weimar <strong>und</strong>
se<strong>in</strong>e unmittelbare Umgebung konzentriert.
Mit diesem Gebiet, das sich etwa
über 160 km² ausdehnt, befasst sich
auch die vorliegende Arbeit.
Dass es sich dabei nicht um e<strong>in</strong>e klassische
Flora handelt, merkt der Leser
schon beim ersten Nachschlagen. So
nimmt die kle<strong>in</strong> gedruckte Artenliste
des Gebietes, <strong>in</strong> der r<strong>und</strong> 1.050 Farn-
<strong>und</strong> Blütenpflanzen verzeichnet s<strong>in</strong>d,
nur knapp 12 Druckseiten e<strong>in</strong>. Den wissenschaftlichen
<strong>und</strong> deutschen Pflan-
A. AEBISCHER
Der Rotmilan –
E<strong>in</strong> fasz<strong>in</strong>ierender Greifvogel
Bern 2009,
Haupt-Verlag;
232 Seiten, farbig illustriert;
ISBN 978-3-258-07417-7
Der Leser wird umfangreich über diesen
w<strong>und</strong>erschönen Greifvogel unserer
sich die Fauna als Leitfaden an e<strong>in</strong>en
breiten Nutzerkreis von Orthopterologen,
Fach- <strong>und</strong> Hobbyentomologen,
<strong>Naturschutz</strong>behörden, Hochschul- <strong>und</strong>
zennamen folgen <strong>in</strong> abgekürzter Form
Informationen zum Status, zur Häufigkeit
<strong>und</strong> zur Verbreitung im Gebiet.
F<strong>und</strong>ortangaben zu e<strong>in</strong>zelnen Arten lassen
sich allerd<strong>in</strong>gs nur wenige aus dem
Textteil erschließen.
Das Anliegen des Autors ist es vielmehr,
durch e<strong>in</strong>en reich bebilderten Textteil,
der die Pflanzenwelt der Umgebung
Weimars anschaulich beschreibt, Interesse
an der Botanik zu wecken <strong>und</strong>
se<strong>in</strong>e Freude an der Beschäftigung mit
der heimischen Pflanzenwelt auf den
Leser zu übertragen. Besonders durch
die zahlreichen, ästhetisch sehr ansprechenden
Farbfotos wirbt er für mehr
Verständnis für die Wildpflanzen. Bei
etlichen ausgesprochen schönen Pflanzenfotos
hätte man sich e<strong>in</strong> etwas größeres
Darstellungsformat gewünscht.
Der Textteil umfasst die standörtliche
Beschreibung des Bearbeitungsgebietes
e<strong>in</strong>schließlich e<strong>in</strong>er geologischen
Übersichtskarte. Schon bei den detaillierten
Ausführungen zum Klima wird
das besondere Interesse des Autors an
der Wetter- <strong>und</strong> Klimak<strong>und</strong>e deutlich.
Es folgen Abschnitte zur Geschichte
<strong>und</strong> zur Methodik der Erforschung der
Flora. Anhand vieler Beispiele wird
der Wandel <strong>und</strong> auch die Verarmung
der Weimarer Pflanzenwelt, <strong>in</strong>sbesondere
der Wälder, des Grünlandes, der
Äcker <strong>und</strong> der Gewässer, beschrieben.
Heimat <strong>in</strong>formiert. Leicht verständlich
geschrieben, vermittelt das Buch wertvolle
Informationen. Unterstrichen werden
diese durch e<strong>in</strong>e Vielzahl von zum
Teil spektakulären Bildern des eleganten
Seglers.
Das Werk zeugt von e<strong>in</strong>er großen Fleißarbeit.
Akribisch hat <strong>in</strong> dieser Monografie
der Autor Wissenswertes zum
Rotmilan zusammengetragen. Umfangreiche
Recherchen – 16 Seiten Literaturverzeichnis
<strong>und</strong> e<strong>in</strong>e ausführliche
Danksagung – unterstreichen dies. Fak-
Gymnasiallehrer, Studenten <strong>und</strong> <strong>in</strong>teressierte
Schüler.
Dr. G. KÖHLER
E<strong>in</strong> weiterer Abschnitt widmet sich den
beobachteten Artenzahlen (auf Messtischblatt-Viertelquadranten
bezogen)
<strong>und</strong> der Artenverteilung im Gebiet. Anschließend
wird die Pflanzenwelt wichtiger
Lebensräume vorgestellt. Dabei
wird auch die Stadtnatur gebührend berücksichtigt
– fußend auf den langjährigen
Erfahrungen des Autors als Mitarbeiter
des Grünflächenamtes der Stadt
Weimar. E<strong>in</strong>e Schilderung des Ersche<strong>in</strong>ungsbildes
der Flora im Jahresverlauf
schließt den Textteil ab, dem noch die
bereits genannte Artenliste, e<strong>in</strong> Bildteil
sowie wichtige, weiterführende Literatur
<strong>und</strong> Informationsquellen folgen.
In der vorliegenden Broschüre vermittelt
der Autor se<strong>in</strong> breit gefächertes
Wissen zur Pflanzenwelt se<strong>in</strong>es Heimatgebietes,
unterlegt mit vielen detaillierten
Beobachtungen. Dabei s<strong>in</strong>d
besonders se<strong>in</strong>e Liebe zur Pflanzenwelt
<strong>und</strong> se<strong>in</strong>e Bemühungen um deren Erhaltung
zu spüren. So appelliert er für
mehr Verständnis <strong>und</strong> Toleranz gegenüber
Wildpflanzen im Stadtgrün. Die
Broschüre richtet sich natürlich zuallererst
an Naturfre<strong>und</strong>e der Weimarer Umgebung.
Durch ihre Informationsbreite,
viele <strong>in</strong>teressante Details <strong>und</strong> die sehr
ansprechenden Fotos kann sie darüber
h<strong>in</strong>aus allen botanisch <strong>in</strong>teressierten
Lesern empfohlen werden.
Dr. W. WESTHUS
ten reihen sich an Fakten. Der geneigte
Leser kann sehr viele Daten dem großzügig
gestalteten Buch entnehmen.
In sechs Kapiteln beschreibt der Autor
den Vogel, se<strong>in</strong>en Lebensraum, die
Balz, die Brut <strong>und</strong> die Entwicklung der
Jungvögel bis h<strong>in</strong> zu Wanderungen <strong>und</strong>
der Überw<strong>in</strong>terung des Rotmilans.
Angesichts der Bestandse<strong>in</strong>brüche <strong>in</strong>
„Rotmilanländern“ weist er auf e<strong>in</strong>en
möglichen Zusammenhang zwischen
Überw<strong>in</strong>terung im Brutgebiet <strong>und</strong> Bestandsentwicklung
h<strong>in</strong>.

50 LANDSCHAFTSPFLEGE UND NATURSCHUTZ IN THÜRINGEN 47. JAHRGANG (2010) HEFT 1
E<strong>in</strong>e Fülle von Informationen erbrachten
auch die Ber<strong>in</strong>gung, die Markierung
mit Flügelmarken <strong>und</strong> die Satellitentelemetrie.
Gerade Letztere schafft,
nicht nur zum Zuggeschehen, e<strong>in</strong>en
enormen Wissenszuwachs <strong>und</strong> könnte
daher ausführlicher beleuchtet werden.
In e<strong>in</strong>em Kapitel zeigt der Autor, dass
der Rotmilan e<strong>in</strong> „echter Europäer“ ist.
In Spanien, Frankreich <strong>und</strong> Deutschland
leben ¾ des Weltbestandes des Rotmilans.
Neben diesen 3 Ländern werden
sehr ausführlich auch die Vorkommen
<strong>in</strong> anderen, hauptsächlich europäischen
Ländern, betrachtet.
In dem Abschnitt „Gefährdung <strong>und</strong>
Schutz“ zählt der Autor bekannte Gefährdungsursachen
auf. Sie reichen von
Habitatveränderungen über Abschüsse,
Strommasten, Straßenverkehr, W<strong>in</strong>dkraftanlagen,
E<strong>in</strong>satz vergifteter Köder,
Schwermetalle, Schließen von Mülldeponien
bis h<strong>in</strong> zu natürlichen Fe<strong>in</strong>den.
Bekanntermaßen betreffen diese Gefährdungen
auch e<strong>in</strong>e Vielzahl anderer
Greife. Der Autor weist darauf h<strong>in</strong>,
dass, obwohl der Rotmilan <strong>in</strong> „praktisch
allen europäischen Ländern geschützt“
sei, menschliches E<strong>in</strong>wirken mehr als ¾
aller bekannten Todesfälle ausmache.
Nach 6 Kapiteln zum Rotmilan werden
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em weiteren, andere europäische
Greife <strong>in</strong> Kurzporträts vorgestellt. Gemessen
an den Ausführungen zum Rotmilan
<strong>in</strong> den vorhergehenden Kapiteln,
ersche<strong>in</strong>t diese Aufstellung überflüssig.
Nachauflagen „<strong>Naturschutz</strong>report“
Sehr geehrte Leser<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Leser!
Seit längerer Zeit s<strong>in</strong>d Heft 17 (2001) „Fauna der Heuschrecken (Ensifera
et Caelifera) des Freistaates Thür<strong>in</strong>gen“ sowie Heft 22 (2005) „Verbreitungsatlas
der Libellen (Odonata) im Freistaat Thür<strong>in</strong>gen“ vergriffen.
Die Nachfrage nach diesen Faunenwerken war sehr groß <strong>und</strong> wir
haben uns deshalb entschlossen, von beiden Heften jeweils unveränderte
Nachdrucke <strong>in</strong> Auftrag zu geben. Es liegen nunmehr 200 Exemplare von
Heft 17 <strong>und</strong> 300 Exemplare von Heft 22 vor, die wieder von uns bezogen
werden können.
Der Preis pro Exemplar beträgt für jede Ausgabe 10,00 € zzgl. Porto.
Bei Interesse richten Sie bitte Ihre schriftlichen Bestellungen an:
Frau Susanne Oberländer
Thür<strong>in</strong>ger Landesanstalt für Umwelt <strong>und</strong> Geologie
Referat 14
Göschwitzer Straße 41
07745 Jena
Fax: 03641/684-222
E-Mail: Susanne.Oberlaender@TLUG.Thuer<strong>in</strong>gen.de
Wir hoffen, mit dem Nachdruck dem Wunsch vieler Naturfre<strong>und</strong>e entsprochen
zu haben <strong>und</strong> wünschen auf diesem Wege unseren Leser<strong>in</strong>nen
<strong>und</strong> Lesern alles Gute für das Jahr 2010 sowie Freude an unseren beiden
Schriftenreihen. Die Redaktion
E<strong>in</strong>erseits ist das <strong>in</strong>teressante Werk
durch die Vielzahl an Informationen
manchmal sehr weit gefächert, so wie
z. B. bei der Auflistung „von Materialien,
die man <strong>in</strong> der Westschweiz <strong>in</strong>
Rotmilannestern fand“ (S. 64 Tab. 2)
oder den Aufzählungen der farbigen
Flügelmarkierungen (s. S. 170–171).
Andererseits wäre das Foto e<strong>in</strong>es Rotmilangewölles
e<strong>in</strong>e wertvolle Ergänzung
zum Text. E<strong>in</strong>e Straffung des Textes
zu Gunsten der fast durchweg guten
Fotos wäre wünschenswert gewesen.
Trotzdem ist für Ornithologen, Liebhaber
dieser farbenfrohen Greifvogelart
<strong>und</strong> Jäger dieses Buch zu empfehlen.
Dr. R. SIENHOLD

Neue Literatur
B<strong>und</strong>esamt für <strong>Naturschutz</strong> (Hrsg.)
Rote Liste
gefährdeter Tiere, Pflanzen <strong>und</strong> Pilze Deutschlands
Band 1: Wirbeltiere
<strong>Naturschutz</strong> <strong>und</strong> Biologische Vielfalt Heft 70 (1)
Bonn-Bad Godesberg 2009;
386 Seiten, 39 Abbildungen auf Farbtafeln
bei den jeweiligen Artengruppen
(außer Fische & Neunaugen)
ISBN 978-3-7843-5033-2
Bezug: BfN-Schriftenvertrieb im Landwirtschaftsverlag
48084 Münster
S. HAUER, H. ANSORGE &
U. ZÖPHEL
unter Mitwirkung
von 27 weiteren Autoren
Atlas der
Säugetiere Sachsens
<strong>Naturschutz</strong> <strong>und</strong>
<strong>Landschaftspflege</strong>
Dresden 2009;
416 Seiten, 192, zumeist farbige Abbildungen
ISBN 978-3-00-027555-5
Bezug: Zentraler Broschürenversand der Sächsischen Staatsregierung,
Hammerweg 30, 01127 Dresden
B. THIESMEIER & U. SCHULTE
Der Bergmolch
im Flachland wie im Hochgebirge zu Hause
Beiheft der Zeitschrift
für Feldherpetologie 13
Bielefeld 2010,
Laurenti-Verlag;
160 Seiten,
60 Farbabbildungen auf
16 Tafeln,
61 Schwarz-Weiß-Abbildungen,
11 Tabellen
ISBN 978-3-933066-42-8
Bezug: verlag@laurenti.de

Neue Literatur
D. GLANDT & R. JEHLE
Der Moorfrosch/
The Moor Frog (Rana arvalis)
Supplement der Zeitschrift
für Feldherpetologie 13
Bielefeld 2008,
Laurenti-Verlag;
496 Seiten,
sehr viele Farb- <strong>und</strong> Schwarz-Weiß-Abbildungen
<strong>in</strong>kl. Diagramme, Grafiken <strong>und</strong> Verbreitungskarten;
39 E<strong>in</strong>zelbeiträge
aus 16 Ländern
ISBN 978-3-933066-37-4
Bezug: verlag@laurenti.de
M. HACHTEL, M. SCHLÜPMANN, B. THIESMEIER &
K. WEDDELING (Hrsg.)
Methoden der
Feldherpetologie
Supplement der Zeitschrift für Feldherpetologie 15
Bielefeld 2009,
Laurenti-Verlag;
424 Seiten,
21 E<strong>in</strong>zelbeiträge
mit sehr vielen Schwarz-Weiß-Abbildungen,
Grafiken <strong>und</strong> Tabellen
ISBN 978-3-933066-41-1
Bezug: verlag@laurenti.de
A. MEYER, S. ZUMBACH, B. SCHMIDT & J.-C. MONNEY
Auf Schlangenspuren
<strong>und</strong> Krötenpfaden
Amphibien <strong>und</strong> Reptilien der Schweiz
Bern, Stuttgart, Wien, 2009,
Haupt Verlag; 336 Seiten,
371 Farbabbildungen
<strong>in</strong>kl. Verbreitungskarten,
1 Schwarz-Weiß-Abbildung.
E<strong>in</strong> hochästhetisch gestalteter <strong>und</strong> <strong>in</strong>formativer Band mit
ausschließlich brillanten <strong>und</strong> z. T. genialen Fotografien – Schweizer Präzision!
ISBN 978-3-258-07350-7
Bezug: <strong>in</strong>fo@karch.ch

Naturraum Plothener Teichplatte (Aufn. A. NÖLLERT) Aufn. W. FIEDLER