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Wappenbeschreibung für Wersauer Wappen - Gerhard Kirchner

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<strong><strong>Wappen</strong>beschreibung</strong> <strong>für</strong> <strong>Wersauer</strong> <strong>Wappen</strong><br />

Wersau nimmt in zweifacher Hinsicht eine Sonderstellung ein. Zum einen geht<br />

Wersau nicht auf eine fränkische<br />

Ortsgründung zurück, sondern ist vermutlich<br />

eine der ältesten Siedlungen im Gersprenztal<br />

aus der Zeit der Alemannen, die im 3.Jahrh.<br />

in den Odenwald eindrangen. Urkundlich<br />

erwähnt ist das Dorf erstmals 1314 unter<br />

dem Namen "Wersauwe". Der Ort gehörte<br />

zur Herrschaft Breuberg. Im Jahr 1806 kam<br />

Wersau an das Großherzogtum Hessen.<br />

Bei der Gebietsreform in Hessen wurde<br />

Wersau am 1. August 1972 durch Gesetz<br />

zugleich mit den Gemeinden Höllerbach, Nieder-Kainsbach und Wallbach in die<br />

Gemeinde Brensbach eingegliedert und wechselte dabei vom Landkreis Dieburg<br />

zum Odenwaldkreis.<br />

Die zweite Besonderheit und gleichzeitig ein besonderer Blickfang ist die seit<br />

1439 eigene Kirche von Wersau, die als Bergkirche über dem Dorf steht,<br />

möglicherweise eine Wehrkirche war und sich durch einen allein stehenden<br />

Glockenturm auszeichnet, der mittlerweile das Wahrzeichen von Wersau ist.<br />

Der Pfarrberg mit dem alten Pfarrhaus als beherrschendem Bauwerk ist der<br />

älteste Teil des Dorfes. Dieser steht zusammen mit den beiden großen Hofreiten<br />

an der Biegung der Schulstraße, mit der befestigten Wehrkirchenanlage und mit<br />

dem alten Teil des Friedhofes als Gesamtanlage unter Denkmalschutz. Geschützt<br />

sind nicht nur die Gebäude, sondern auch die besonders vollständig erhaltenen,<br />

steinernen Einfriedungen und der steile Treppenweg zwischen Schulstraße und<br />

Pfarrberg.<br />

Zerlegen wir den Ursprungsnamen „Wersauwe“ in Wer „s“ und auwe finden wir<br />

im altdeutschen Wortschatz folgende Hinweise :<br />

wer(e), n. UK 1289 FN .offe diz / daz wer. ¬.auf das Wehr; mnd. wer(e) =<br />

Hinderung, Widerstand, Aufruhr, ein konkretes Hindernis, z.B. Stauwerk im<br />

Wasser, Fischwehr<br />

wer(e), wehr(e) in FN WW in Namen sumpfig-modrige Niederungsorte und<br />

Gewässer


Weiter ist anzunehmen, dass das Wort <strong>für</strong> 'Uferlandschaft' in Südhessen<br />

['au w a, 'au w ə] lautete.<br />

Also gehe ich davon aus , dass der Ortsname Wersau aus Wer „wer(e)“ und Aue<br />

„au w ə“ seinen Ursprung hat.<br />

Wer, Wehr „wer(e)“<br />

Da die Wehrkirchenanlage erst um 1439 entstand ist zu vermuten, dass der<br />

Ortsname (Niederungsort) sich mit den frühzeitlichen feuchten, modrigen<br />

Gersprenzufern verbindet. Der im Altdeutschen Wortschatz zu findende<br />

Begriff „wer(e)“ steht auch <strong>für</strong> eine frühere feuchte Uferlandschaft im unteren<br />

Gersprenztal. Sie bestand überwiegend aus Sumpf und Torfwiesen und war<br />

damals bestimmt ein Traum <strong>für</strong> Kräutersammler und Heilkundige. Denn dort<br />

fanden sie all die Heilpflanzen, Kräuter und andere seltsame Gewächse, die sie<br />

<strong>für</strong> ihre Tinkturen und Salben benötigten.<br />

Au(e) au w ə<br />

Die Gersprenzauen, waren die vom wechselnden Hoch- und Niedrigwasser<br />

geprägte Niederungen entlang der Gersprenz. Sie standen als Teil des<br />

Gersprenztales in permanentem Austausch mit der Gersprenz selbst und ihrem<br />

Einzugsgebiet.<br />

Nach der Rodung des ursprünglichen Auwaldes wurden die Gersprenzauen früher<br />

meist nur als Weiden genutzt, da der Boden <strong>für</strong> die ackerbauliche Nutzung zu<br />

feucht war.<br />

Neben Kühe - und Schweine wurden in Wersau in großem Umfang auch Gänse<br />

gehalten. Sie wurden vornehmlich in den Gersprenzauen geweidet. In alten<br />

Kirchenbüchern war auch von <strong>Wersauer</strong> Gänsehirten die Rede.<br />

Gänse ( „ Werscher Gäns „ )<br />

Gänse wurden vor allem ihrer Federn wegen gehalten. Es war selbstverständlich,<br />

daß jedes Mädchen selbst erzeugte Federbetten mit in die Ehe bekam. Ein<br />

Gänsebraten kam dagegen nur selten und nur bei größeren Bauern auf den Tisch.<br />

Den Gänsen wurden mehrmals im Sommer die Daunenfedern ausgerupft, immer<br />

wenn sie ,Jlügge" wurden, d.h. wenn sich ihre Federn relativ leicht ausreißen<br />

ließen. Das "Koppen" war Sache der Frauen, manche waren darin besonders<br />

geschickt und wurden von Haus zu Haus darum gebeten.<br />

Schöne Federn und Daunen liefern Gänse aber nur, wenn sie genügend Auslauf<br />

haben und sich in Bächen oder Teichen baden können. Die <strong>Wersauer</strong> Gänse


wurden vor allem auf den Auwiesen entlang der Gersprenz geweidet. Dem<br />

Gänsehirten stand von jeder Gans 1 Gescheid Gerste und 2 Kreuzer an Geld zu,<br />

die er selbst bei den Eigentümern einsammeln musste. Die Gemeinde gewährte<br />

ihm, wie den anderen Hirten, auch einen Beitrag zum Hauszins und die<br />

Nutznießung eines Allmendstückes. Die Gänse wurden ab 1. April an jedem<br />

Wochentag, wenn es die Witterung erlaubte, bis zum Spätherbst ausgetrieben,<br />

und zwar von Morgens 7-10 Uhr und nachmittags von 2-6 Uhr.<br />

Also, was lag näher aus all diesen Tatsachen und Gegebenheiten ein <strong>Wersauer</strong><br />

Ortswappen zu gestalten<br />

Ich entschied mich <strong>für</strong> ein redendes <strong>Wappen</strong> (französisch armes parlantes),<br />

auch sprechendes <strong>Wappen</strong> genannt. Man bezeichnet in der Heraldik solche<br />

<strong>Wappen</strong>, die auf den Namen des Inhabers oder eines Ortes entweder anspielen<br />

oder ihn rebusartig darstellen. Die spätere offizielle Heraldik verfuhr bei der<br />

Wahl der redenden <strong>Wappen</strong> sehr willkürlich und den Gesetzen der Heroldskunst<br />

widersprechend. Viele redenden <strong>Wappen</strong> offenbaren erst in der Landes- bzw.<br />

Ortssprache ihr Geheimnis:<br />

Das <strong>Wappen</strong> von Wersau ist in der Mitte vertikal geteilt. Es zeigt heraldisch<br />

rechts auf grünem Untergrund eine weiße Gans und einen weißen<br />

Schrägwellenbalken und links den <strong>Wersauer</strong> Kirchturm auf goldenem Grund.<br />

Die grüne Seite ist (heraldisch) rechts oder vorn, die gelb (goldene) links oder<br />

hinten.<br />

In der Heraldik (<strong>Wappen</strong>kunde) kann beim <strong>Wappen</strong>malen die heraldische Tinktur<br />

Gold, das als Metall bezeichnet wird, durch Gelb ersetzt werden.<br />

Das <strong>Wersauer</strong> <strong>Wappen</strong> gestaltet sich einfach in der Ausführung und doch <strong>für</strong> ein<br />

Ortswappen unüblich, fünffach redend.<br />

1. Der grüne Untergrund im rechten geteilten Schild ist redender Hinweis<br />

auf die Bezeichnung der früheren Gersprenzauen (Gänseweiden).<br />

2. Die darin enthaltene Gans steht <strong>für</strong> die früher im Volksmund<br />

bezeichneten <strong>Wersauer</strong> Dorfbewohner als „ <strong>Wersauer</strong> Gänse „


3. Der ebenfalls im grünen Untergrund, weiße ( in der Heraldik silberne )<br />

Schrägwellenbalken, stellt die an Wersau vorbei fließende und eng mit<br />

dem Ort verbundene Gersprenz dar.<br />

Ein natürlicher Fluß / Bach“ sollte in der Heraldik mit asymmetrischen<br />

Wellenschrägbalken, Schrägwellenbalken, Begrenzungslinien und<br />

Wellenkonturen in der Motivfläche erscheinen.<br />

4. Der goldene Untergrund im linken geteilten Schild ist redender Hinweis<br />

auf etwas besonderes – diesbezüglich unserem frei stehenden<br />

Glockenturm.<br />

In der Heraldik wird zwischen Farben und Metallen unterschieden. Das<br />

heraldische Gold ist mithin keine Farbe, sondern – wie auch Silber – ein Metall.<br />

Nach den heraldischen Grundsätzen müssen Farben und Metalle wechseln,<br />

daraus ergibt sich die Häufigkeit von Gold. Im Farbdruck wird es meist als Gelb<br />

dargestellt. Es steht symbolisch häufig <strong>für</strong> das Beste, <strong>für</strong> eine Spitzenleistung.<br />

Das Metall Gold ist wegen seines „Sonnenglanzes“ schon seit frühen Zeiten das<br />

Metall der Götter, der Kaiser und der Könige.<br />

5. Der darin dargestellte <strong>Wersauer</strong> Kirchturm ist schlicht das Wahrzeichen<br />

von Wersau.<br />

Das Bauwerk Kirche bzw. Kirchturm wird in der Heraldik meist stark stilisiert<br />

gestaltet.<br />

Anders im <strong>Wersauer</strong> <strong>Wappen</strong>. Es ist eine exakte Darstellung des realen Turmes.<br />

<strong>Gerhard</strong> <strong>Kirchner</strong>

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