Text der Diplomarbeit - Hiss Reet
Text der Diplomarbeit - Hiss Reet
Text der Diplomarbeit - Hiss Reet
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Abteilung Jülich<br />
Fachbereich 11<br />
Elektrotechnik und Automation<br />
Studienrichtung: Elektrische Energietechnik<br />
DIPLOMARBEIT<br />
____________________________________________<br />
Untersuchungen zu Blitzschutzmaßnahmen an<br />
mo<strong>der</strong>nen <strong>Reet</strong>dächern<br />
____________________________________________<br />
erstellt von<br />
Ralf Reißen<br />
Diese Arbeit wurde ausgegeben und betreut von Prof. Dr.-Ing. Alexan<strong>der</strong><br />
Kern, Labor für Hochspannungstechnik <strong>der</strong> Fachhochschule Aachen,<br />
Abteilung Jülich.<br />
Waldfeucht-Haaren, den 01.05.2000
Vorwort<br />
Die vorliegende <strong>Diplomarbeit</strong> entstand im Labor für Hochspannungstechnik<br />
<strong>der</strong> Fachhochschule Aachen, Abteilung Jülich.<br />
Ich möchte folgenden Personen meinen herzlichen Dank aussprechen:<br />
Herrn Prof. Dr.-Ing. A. Kern für die<br />
interessante Themenstellung<br />
und hervorragende Betreuung meiner Arbeit<br />
und die Übernahme des Referates,<br />
Herrn Prof. Dr.-Ing. C. Helsper für die Übernahme des Koreferats,<br />
Herrn Dipl.-Ing. R. Thormählen und Herrn K. Herzog <strong>der</strong><br />
Firma Hans Thormählen GmbH & Co für die kompetente Beratung<br />
und die Bereitstellung verschiedener Hilfsmittel,<br />
Allen Mitarbeitern des Labors L3 <strong>der</strong> Fachhochschule Aachen,<br />
Abteilung Jülich für die tatkräftige Unterstützung beim Aufbau<br />
von Versuchen und ihrer Durchführung,<br />
Meinem Kommilitonen Markus Nießen, mit dem ich mich während<br />
<strong>der</strong> gesamten Studienzeit auf Prüfungen vorbereitet<br />
und Praktika durchgeführt habe,<br />
Herrn Hans Verbeek für die gründliche Durchsicht meines Skripts.<br />
Waldfeucht-Haaren, im Mai 2000
E i d e s s t a t t l i c h e E r k l ä r u n g<br />
Hiermit erkläre ich an Eides statt, dass ich die vorliegende <strong>Diplomarbeit</strong><br />
selbständig angefertigt und verfasst habe. Es sind keine an<strong>der</strong>en als die<br />
angegebenen Quellen und Hilfsmittel benutzt worden.<br />
Waldfeucht-Haaren, den 01.05.2000<br />
_____________________________<br />
Ralf Reißen
<strong>Diplomarbeit</strong><br />
Inhaltsverzeichnis<br />
Ralf Reißen<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
1. Einleitung und Grundsätzliches 3<br />
1.1. Aus <strong>der</strong> Historie 3<br />
1.2. Blitzschutz und die Unternehmensphilosophie <strong>der</strong> Blitzschutzfirma Hans<br />
Thormählen GmbH & Co 4<br />
1.2.1. Grundsätze des Unternehmens 5<br />
1.3. Aufgabenstellung 6<br />
2. Grundsätzlicher Aufbau von Weichdächern 9<br />
2.1. Der Werkstoff 9<br />
2.2. Eigenschaften eines <strong>Reet</strong>daches 10<br />
2.3. Verlegungsarten 12<br />
2.3.1. Gebundenes <strong>Reet</strong>dach 13<br />
2.3.2. Genähtes <strong>Reet</strong>dach 14<br />
2.3.3. Geschraubtes <strong>Reet</strong>dach 15<br />
2.4. Firstarten bei <strong>Reet</strong>dächern 16<br />
2.4.1. Der <strong>Reet</strong>first 16<br />
2.4.2. Der Heidefirst 17<br />
2.4.3. Der Sodenfirst 18<br />
2.4.4. An<strong>der</strong>e gängige Firstarten 19<br />
3. Stand <strong>der</strong> Blitzschutznormung und Stand <strong>der</strong> Technik 20<br />
3.1. Der Blitzschutz in <strong>der</strong> VDE-Norm 20<br />
3.2. Ist ein Blitzschutzsystem erfor<strong>der</strong>lich o<strong>der</strong> sogar vorgeschrieben? 25<br />
3.2.1. Die Bauordnung 25<br />
3.1.1. Schutzklassenberechnung nach VDE 26<br />
4. Beson<strong>der</strong>e Gefahrenpunkte bei <strong>Reet</strong>dächern 31<br />
4.1. Maschendrahtüberzug 31<br />
4.2. Metallene Durchführungen und Installationen 32<br />
4.3. Nichtfachgerechte Installation und Wartung von Blitzschutzsystemen 34<br />
4.4. Firstabdeckungen aus Kupferblech 34<br />
4.5. Binde- und Vorlegedrähte 35<br />
5. Schäden, die durch Blitzeinwirkung an reetgedeckten Häusern<br />
entstanden sind 36<br />
6. Blitzschutztechnische Anfor<strong>der</strong>ungen, die an Weichdächer gestellt<br />
werden müssen 41<br />
6.1. Experimentelle Untersuchung an einem Modell des Blitzschutzsystems<br />
für <strong>Reet</strong>dächer 41<br />
6.1.1. Untersuchung mit Wechselspannung 46<br />
6.1.1.1. Versuch 1: ohne Mittelelektrode 47<br />
6.1.1.2. Versuch 2: mit potentialfreier Mittelelektrode (Vorlegedraht) 15 cm<br />
über <strong>der</strong> Latte 47<br />
6.1.1.3. Versuch 3: mit potentialfreier Mittelelektrode (Vorlegedraht) 10 cm<br />
über <strong>der</strong> Latte 48<br />
-1-
<strong>Diplomarbeit</strong><br />
Inhaltsverzeichnis<br />
Ralf Reißen<br />
6.1.1.4. Versuch 4: realistisches <strong>Reet</strong>dachmodell mit Abständen nach VDE<br />
sowie Binde- und Vorlegedrähte (15 cm über <strong>der</strong> Latte) 49<br />
6.1.1.5. Versuch 5: realistisches <strong>Reet</strong>dachmodell mit Abständen nach VDE<br />
sowie Binde- und Vorlegedrähte (10 cm über <strong>der</strong> Latte) 50<br />
6.1.1.6. Versuch 6: realistisches <strong>Reet</strong>dachmodell mit Abständen nach VDE<br />
und geerdeten Binde- und Vorlegedrähten (15 cm über <strong>der</strong> Latte) 51<br />
6.1.2. Untersuchung mit Blitzstoßspannung 52<br />
6.2. Kriterien für einen wirksamen Blitzschutz 55<br />
6.2.1. Erdung <strong>der</strong> metallenen Teile 55<br />
6.2.2. Keine Erdung <strong>der</strong> metallenen Teile 57<br />
6.2.3. Keine Verwendung von metallenen Teilen 57<br />
6.2.4. Verwendung von Kunstreet 58<br />
7. Konzept für Neubauten und Nachrüstungen an bestehenden<br />
Gebäuden anhand von Fallbeispielen 59<br />
7.1. Dach mit Heide- o<strong>der</strong> Sodenfirst 61<br />
7.2. Dach mit Ziegelfirst 62<br />
7.3. Dach mit Kupferfirst 63<br />
7.4. Dachsanierung mittels Wellblech 65<br />
7.5. Verwendung von Kehlblechen 67<br />
7.6. Der Kamin 68<br />
7.6.1. Kaminsanierung 70<br />
7.7. Näherungsprobleme durch nicht fachgerechte Installation <strong>der</strong><br />
Nie<strong>der</strong>spannungskabel 72<br />
8. Verbessreungsvorschläge 73<br />
8.1. Entwicklung neuer Stützen und Abstandhalter 73<br />
Anhang 77<br />
Literaturverzeichnis 78<br />
Quellenangabe <strong>der</strong> Fotos und Abbildungen 79<br />
-2-
<strong>Diplomarbeit</strong><br />
1. Einleitung und Grundsätzliches<br />
Ralf Reißen<br />
1. Einleitung und Grundsätzliches<br />
1.1. Aus <strong>der</strong> Historie<br />
Das uralte Bestreben des Menschen, das Gewitterphänomen zu erfassen, war bis<br />
weit in die Neuzeit hinein geprägt durch mythologische Vorstellungen,<br />
insbeson<strong>der</strong>e aus <strong>der</strong> altbabylonischen und altgriechischen Zeit, in <strong>der</strong> man sich<br />
die zerstörenden Wirkungen des Blitzes durch einen von Göttern o<strong>der</strong> Göttinnen<br />
vom Himmel geschleu<strong>der</strong>ten, zündenden Feuerstrahl und durch einen<br />
zerschmetternden Donnerkeil zu erklären versucht hatte.<br />
Ein bedeuten<strong>der</strong> Schritt in <strong>der</strong> naturwissenschaftlich begründeten Erkenntnis des<br />
Blitzphänomens nach <strong>der</strong> Zeit <strong>der</strong> mystischen Deutungen erwuchs aus den<br />
Experimenten mit Reibungselektrizität. Zwar war schon den Griechen etwa 600 v.<br />
Chr. die elektrische Wirkung des geriebenen Bernsteins bekannt, aber erst durch<br />
die Erfindung <strong>der</strong> rotierenden Elektrisiermaschinen als Ladungserzeuger, bei<br />
denen zwei Isolierstoffe unterschiedlicher Konsistenz kontinuierlich<br />
aufeinan<strong>der</strong>gerieben werden, und die <strong>der</strong> Leydener Flasche als Ladungs- und<br />
damit Energiespeicher, konnte die Elektrizität soweit intensiviert werden, dass<br />
deutlich leuchtende Funken, die sich prasselnd entluden, beobachtet werden<br />
konnten.<br />
Als erster erkannte <strong>der</strong> Physiker und Ingenieur in schwedischen und<br />
kursächsischen Diensten, Otto von Guericke (1602-1686), <strong>der</strong> im Jahre 1670 in<br />
Magdeburg die erste Elektrisiermaschine mit einer Schwefelkugel fertigte, die<br />
Analogie zwischen einer elektrostatischen Entladung im Laboratorium und <strong>der</strong><br />
Blitzentladung. Ergänzend stellte <strong>der</strong> Englän<strong>der</strong> William Wall 1698 die folgende<br />
Hypothese auf: Wenn man ein genügend großes Stück Bernstein reibt, muss es<br />
Blitz und Donner wie bei einem Gewitter geben. Johann Heinrich Winkler,<br />
Physikprofessor in Leipzig, publizierte dann 1746 die Ansicht, dass die elektrische<br />
Wolkenentladung die Ursache eines Gewitters sei und sich <strong>der</strong> Blitz zur Erde<br />
entlade.<br />
Weitere Experimente, z.B. des Staatsmanns, Schriftstellers und<br />
Naturwissenschaftlers Benjamin Franklin (1706-1790), <strong>der</strong> Versuche mit Stangen<br />
und Drachen im Gewitterfeld durchführte, bestätigten diese Thesen. [5]<br />
-3-
<strong>Diplomarbeit</strong><br />
1. Einleitung und Grundsätzliches<br />
Ralf Reißen<br />
1.2. Blitzschutz und die Unternehmensphilosophie <strong>der</strong> Blitschutzfirma<br />
Hans Thormählen GmbH & Co<br />
Ein Blitzschlag birgt eine große Gefahr. In früheren Jahrhun<strong>der</strong>ten brannten ganze<br />
Städte ab, wenn in Bauwerke die „Elektrizität“ einschlug. Der Amerikaner<br />
Benjamin Franklin, einer <strong>der</strong> Grün<strong>der</strong>väter <strong>der</strong> Vereinigten Staaten von Amerika,<br />
erfand 1752 den Blitzableiter und somit einen ersten wirksamen Schutz gegen die<br />
Naturgewalt. Mit seiner Erfindung wurde in Deutschland erstmals 1769 die<br />
Michaeliskirche in Hamburg ausgerüstet.<br />
Kirchen gehören auch heute noch zu den Bauwerken, die von <strong>der</strong> norddeutschen<br />
Firma Hans Thormählen GmbH & Co mit entsprechenden Anlagen ausgestattet<br />
werden. Hauptaugenmerk liegt aber im Industriezeitalter auf dem Schutz von<br />
Wohnhäusern, technischen Anlagen und an<strong>der</strong>en Einrichtungen. Schlecht<br />
geschützte Gebäude bergen große Gefahren. Was passiert etwa, wenn durch<br />
einen Blitz die Großrechenanlage eines Unternehmens ausfallen sollte? Noch<br />
gefährlicher sind die Folgen in an<strong>der</strong>en Bereichen. Unzureichen<strong>der</strong> Schutz <strong>der</strong><br />
Krankenhäuser o<strong>der</strong> Verkehrslenkungseinrichtungen von Bahn und Flugsicherung<br />
könnte für viele Menschen tödliche Folgen haben.<br />
Bei öffentlichen Gebäuden wie Verwaltungen, Kliniken, Industrieanlagen <strong>der</strong><br />
privaten Wirtschaft etc. ist es bereits Standard, ja vielfach sogar Vorschrift, ein<br />
Blitzschutzsystem zu installieren.<br />
Wichtig ist es, für jedes Gebäude eine optimale Lösung zu entwickeln. Die<br />
Techniker <strong>der</strong> Firma Thormählen informieren sich vor Ort und fertigen dann einen<br />
Entwurf an. In Feinarbeit wird mit Hilfe mo<strong>der</strong>nster Technik die richtige Anlage<br />
erstellt und anschließend von den Monteuren eingebaut. Dabei arbeitet das<br />
Großenmeerer Unternehmen eng mit Architekten und Ingenieuren vor Ort<br />
zusammen.<br />
Um für eine gute Betreuung auch bei Reparaturen und Wartung vor Ort zu sorgen,<br />
wurden im Laufe <strong>der</strong> Jahre Geschäftsstellen in Bremen, Kiel, Hannover,<br />
Osnabrück, Bielefeld und Aurich eingerichtet. Ferner trägt die Kooperation mit<br />
Firmen in Hamburg, Schwerin, Magdeburg, Leipzig und Berlin dazu bei, dass<br />
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<strong>Diplomarbeit</strong><br />
1. Einleitung und Grundsätzliches<br />
Ralf Reißen<br />
Baustellen in Norddeutschland innerhalb weniger Stunden erreicht werden<br />
können.<br />
Mit <strong>der</strong> Einführung hochempfindlicher Informationstechnik gegen Überspannung<br />
sind neue Aufgaben auf die Blitzschutzbauer zugekommen.<br />
1.2.1. Grundsätze des Unternehmens<br />
Die Hans Thormählen GmbH & Co. ist ein mittelständisches Handwerksunternehmen<br />
für Blitzschutz- und Elektrotechnik mit Sitz in Großenmeer/<br />
Norddeutschland.<br />
Seit mehr als 47 Jahren arbeitet die Firma Thormählen erfolgreich auf dem Gebiet<br />
<strong>der</strong> Planung, Projektierung, Errichtung und Prüfung von<br />
• Blitzschutzanlagen<br />
• Erdungsanlagen<br />
• Potentialausgleichsanlagen<br />
• Überspannungsschutzanlagen<br />
• elektrischen Anlagen<br />
Neben dem Stammhaus garantieren sechs über den gesamten norddeutschen<br />
Raum verteilte Handelsvertretungen eine große Nähe zum Kunden.<br />
Die hohe fachliche Kompetenz <strong>der</strong> Unternehmens wird auch durch die Eintragung<br />
als „Elektrokonzessionsbetrieb“ bei <strong>der</strong> EWE Oldenburg unterstrichen.<br />
Um immer über aktuelle Informationen zu verfügen, ist die Firma Thormählen<br />
Mitglied in folgenden Fachverbänden:<br />
-5-
<strong>Diplomarbeit</strong><br />
1. Einleitung und Grundsätzliches<br />
Ralf Reißen<br />
• TÜV Norddeutschland<br />
• Elektroinnung<br />
• Verbund Deutscher Elektrotechniker (VDE)<br />
• Verband Deutscher Blitzschutzfirmen (VDB)<br />
• För<strong>der</strong>kreis des ABB (Ausschuß für Blitzschutz und Blitzschutzforschung)<br />
• RAL-Gütegemeinschaft für Blitzschutzanlagen e.V.<br />
Vor allem die drei letztgenannten Fachverbände arbeiten aktiv auf dem Gebiet <strong>der</strong><br />
Schadenanalyse bzw. Ursachenforschung. Die Ergebnisse dieser Arbeit<br />
ermöglichen es, steuernd auf Produkt- und Montagequalität einzuwirken.<br />
Neue Entwicklungen in den Märkten, in Forschung und Technik und im<br />
ökologischen und rechtlichen Umfeld erfor<strong>der</strong>n neue Formen für die Umsetzung,<br />
Sicherstellung und Dokumentation des traditionellen Bemühens um Qualität.<br />
So wurde im Jahre 1995 ein Qualitätsmanagementsystem eingeführt, das nach<br />
DIN EN ISO 9001 zertifiziert ist. Des weiteren wurde 1999 ein Managementsystem<br />
für Sicherheit, Gesundheit und Umweltschutz nach dem SCC-Kriterien eingeführt.<br />
1.3. Aufgabenstellung<br />
<strong>Reet</strong>dächer sind in weiten Teilen von Norddeutschland sehr verbreitet und<br />
bedürfen aufgrund ihres hohen Brandrisikos eines beson<strong>der</strong>en Blitzschutzes; denn<br />
wenn <strong>der</strong> Blitz einmal einschlägt und das <strong>Reet</strong> durch die auftretende<br />
Funkenbildung entzündet wird, brennt meist das ganze Haus ab.<br />
Zur Verbesserung des Blitzschutzes von Weichdächern wurde von <strong>der</strong> Firma<br />
Hans Thormählen GmbH & Co diese Untersuchungen, die im Rahmen einer<br />
<strong>Diplomarbeit</strong> ausgeführt werden sollten, unterstützt.<br />
-6-
<strong>Diplomarbeit</strong><br />
1. Einleitung und Grundsätzliches<br />
Ralf Reißen<br />
Abbildung 1: typisches norddeutsches <strong>Reet</strong>dach [16]<br />
In <strong>der</strong> DIN VDE 0185 Teil 2 [6] ist zwar genau beschrieben, wie solch ein<br />
Blitzschutz für Häuser mit weicher Bedachung auszusehen hat, dennoch bleiben<br />
hier einige Fragen offen. Deshalb soll in dieser Arbeit zum einen <strong>der</strong> Stand <strong>der</strong><br />
heutigen Blitzschutznormung aufgezeigt werden, und zum an<strong>der</strong>en sollen die<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen herausgearbeitet werden, die an mo<strong>der</strong>ne <strong>Reet</strong>dächer in<br />
verschiedenster Ausführung gestellt werden müssen. Probleme, die im Bezug auf<br />
Blitzschutz bei mo<strong>der</strong>nen <strong>Reet</strong>dächern auftreten, sind beispielsweise metallene<br />
Durchführungen (Kaminsanierung mittels Edelstahlrohr) o<strong>der</strong> etwa<br />
Firstabdeckungen aus Kupferblech. Um die Wirkung dieser Werkstoffe in<br />
Verbindung mit einem Blitzschutzsystem zu untersuchen, sollte im Vorfeld bereits<br />
<strong>der</strong> Aufbau des Daches mit all seinen Metallteilen (Dachdeckerdrähte) bekannt<br />
sein. Hieraus kann dann ein technisches Modell erarbeitet werden.<br />
Grundsätzlich ist <strong>der</strong> Blitzschutz von Weichdächern nichts Neues. In einer<br />
Veröffentlichung aus dem Jahre 1928 [9] ist genau beschrieben, was für einen<br />
solchen Blitzschutz zu tun ist:<br />
-7-
<strong>Diplomarbeit</strong><br />
1. Einleitung und Grundsätzliches<br />
Ralf Reißen<br />
„ 22. Weichgedeckte Gebäude<br />
Die weichgedeckten Gebäude tragen mit die Hauptschuld an <strong>der</strong> Größe des auf<br />
dem Land entstehenden Blitzschadens. Beim Einschlag entsteht meist ein<br />
Vollschaden, indem das ganze Gebäude sofort in Flammen steht, ferner kann<br />
durch Flugfeuer <strong>der</strong> Schaden sich leicht auch auf die Umgebung verbreiten.<br />
Die Zündungsgefahr wi rd in hervorragendem Maße durch Drahteinlagen in den<br />
Stroh-, Rohr-, Schilf- und Schindeldächern erhöht. Wie schon an an<strong>der</strong>er Stelle<br />
hervorgehoben, brennt beim Eindringen des Blitzes in Heu und Stroh meistens<br />
gleich das Gebäude im ganzen Umfang, so daß es für das Gebäude samt Inhalt<br />
keine Rettung mehr gibt.<br />
Bei Dächern dieser Art muß <strong>der</strong> Blitzstrom künstlich in genügen<strong>der</strong> Entfernung<br />
von <strong>der</strong> Dachfläche gehalten werden. Die Leitungen werden daher auf hölzernen<br />
Stützen angebracht, so daß sie von <strong>der</strong> Dachfläche mindestens 40 cm Abstand<br />
haben. Die Leitungen sollen das Dach wegen <strong>der</strong> Drahteinlagen möglichst nicht<br />
durchdringen. Wo sich das ausnahmsweise nicht durchführen lassen sollte, sind<br />
die Leitungen so stark mit Holz zu umkleiden, daß sie vom Dach und von den<br />
Vorräten im Inneren gründlich getrennt sind.<br />
Die Fangvorrichtung auf dem First soll wenigstens 50 cm Abstand vom First<br />
haben, auf die Enden des Firstes ist je eine Auffangvorrichtung zu setzen. Von<br />
je<strong>der</strong> Fangvorrichtung soll eine Ableitung zur Erde geführt werden, die am<br />
untersten Punkt <strong>der</strong> Fangvorrichtung angeschlossen wird.<br />
An die Erdleitung sind alle bevorzugten Entladestellen anzuschließen<br />
(Jauchegruben und an<strong>der</strong>e feuchte Stellen). Im übrigen wird eine Ringleitung<br />
empfohlen.<br />
Schornsteine, innere Metallteile usw. sind wie bei an<strong>der</strong>en Gebäuden zu<br />
behandeln.“<br />
Betrachtet man diese Ausführungen aus dem Jahre 1928, so sind schon einige<br />
Parallelen mit <strong>der</strong> heutigen DIN 57185 / VDE 0185 Teil 2 [6] zu erkennen.<br />
-8-
<strong>Diplomarbeit</strong><br />
2. Grundsätzlicher Aufbau von Weichdächern<br />
Ralf Reißen<br />
2. Grundsätzlicher Aufbau von Weichdächern<br />
2.1. Der Werkstoff<br />
Das wohl älteste Dacheindeckungsmaterial in unserer Kulturgeschichte ist das<br />
Stroh und <strong>Reet</strong>. Es war überall vorhanden und kostete fast nichts. Roggen- und<br />
Weizenstroh fiel früher üblicherweise bei <strong>der</strong> Getreideernte sowieso an, und da es<br />
von Hand geschnitten wurde, blieben die einzelnen Halme auch unversehrt und<br />
zerdrückten nicht. <strong>Reet</strong> hingegen wuchs in feuchten Gebieten im Überfluß und<br />
wurde überwiegend in den arbeitsarmen Wintermonaten geschnitten.<br />
Heute verwendet man als Basis für Weichdächer fast ausschließlich <strong>Reet</strong>,<br />
welches in einigen Veröffentlichungen auch als Schilfrohr, Ried, Reith, Rohrschilf<br />
o<strong>der</strong> auch nur als Schilf bezeichnet wird. Der lateinische Name lautet<br />
„Pharagmites communis“ und weist auf seine gute Eignung für Zäune und Wände<br />
hin, denn „phragma“ heißt Zaun [1]. Das Gras ist in Mitteleuropa am Rande<br />
stehen<strong>der</strong> Gewässer o<strong>der</strong> auf sumpfigen Wiesen sehr verbreitet. Da in<br />
Deutschland die sogenannten <strong>Reet</strong>schallen immer seltener werden, das Schilf in<br />
einigen Regionen unter Landschafts- bzw. unter Naturschutz steht, wird es<br />
größtenteils aus den Balkanstaaten importiert. Dachfertiges Schilfrohr wird heute<br />
aus den Ostlän<strong>der</strong>n Polen, Ungarn, Tschechien, aber auch aus Österreich und <strong>der</strong><br />
Türkei importiert.<br />
Als Baustoff sind nur Halme mit einer Länge zwischen 1,40 m und 2,00 m<br />
geeignet, die über <strong>der</strong> Wurzel abgeschnitten werden. Das <strong>Reet</strong> soll ausgereift,<br />
gesund, blattfrei, dünnhalmig (etwa 3 mm bis höchstens 9 mm dick), gradhalmig<br />
und bei <strong>der</strong> Verarbeitung trocken und gesäubert sein. Die Halme sollten nicht<br />
spröde sein und trotzdem eine hohe Biegefestigkeit haben. Wird das Rohr längere<br />
Zeit nicht geschnitten, so wird es brüchig und porös. Daher eignen sich für das<br />
Decken nur einjährige Halme.<br />
Nach dem Schneiden wird das <strong>Reet</strong> zu Garben gebunden und getrocknet. In <strong>der</strong><br />
Fachliteratur werden die Garben auch als Bund, Bündel o<strong>der</strong> Rohrbund<br />
bezeichnet. Das heutige Eurobund für Importreet hat einen Umfang von 60 cm,<br />
das entspricht einem Durchmesser von etwa 19 cm, gemessen 10 cm oberhalb<br />
des Wurzelendes.<br />
-9-
<strong>Diplomarbeit</strong><br />
2. Grundsätzlicher Aufbau von Weichdächern<br />
Ralf Reißen<br />
Abbildung 2: <strong>Reet</strong>bunde vor <strong>der</strong> Verarbeitung [16]<br />
Weichgedeckte Dächer haben nach wie vor ihre Bedeutung im ortsgebundenen,<br />
landwirtschaftlichen Bauwesen, bei Einzelhäusern, die sich in die Landschaft<br />
einfügen sollen und in einigen Wohngebieten, in denen man bewußt das <strong>Reet</strong>dach<br />
als typisches Gestaltungsmerkmal haben möchte. Zudem ist es beliebt als<br />
Dachdeckungsmaterial für Schutzhütten, zur Überdachung von Hinweistafeln<br />
unter an<strong>der</strong>em in Erholungs- und Naturschutzgebieten.<br />
Zur Herstellung des Firstes werden verschiedene Materialien verwendet. Der<br />
klassische First ist <strong>der</strong> Heidefirst. Hier werden Heidekraut o<strong>der</strong> Heidesoden mit<br />
Hilfe von Holzpflöcken am First befestigt. Eine ganz an<strong>der</strong>e Art <strong>der</strong><br />
Firsteindeckung ist <strong>der</strong> Ziegelfirst o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Kupferfirst. Hierfür ist jedoch eine<br />
geson<strong>der</strong>te Holz-Unterkonstruktion notwendig, auf <strong>der</strong> dann die Ziegel bzw. das<br />
Kupferblech befestigt werden.<br />
2.2. Eigenschaften eines <strong>Reet</strong>daches<br />
Vergleicht man ein Weichdach mit einem herkömmlichen Ziegeldach, so hat das<br />
Weichdach den Vorteil einer hervorragenden Wärmedämmung. Im Winter hält es<br />
warm und im Sommer ist es unter dem Dach angenehm kühl. Die Feuchtigkeit<br />
kann unter dem darunterliegenden Raum leicht durch das Dach abgeführt werden.<br />
Das bedeutet, dass es nicht zu Kondenswasserbildung kommen kann. Die<br />
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<strong>Diplomarbeit</strong><br />
2. Grundsätzlicher Aufbau von Weichdächern<br />
Ralf Reißen<br />
Feuergefährdung eines weichgedeckten Hauses ist groß, sei es durch<br />
Blitzeinschlag, Funkenflug, Kurzschluß in Leitungen und elektrischen Geräten<br />
o<strong>der</strong> sogar durch vorsätzliche Brandstiftung. Wenn ein <strong>Reet</strong>dach einmal brennt, so<br />
ist auch die Feuerwehr machtlos, da das Löschwasser, welches von außen<br />
aufgetragen wird, außen am <strong>Reet</strong> einfach abläuft und das Dach von innen her<br />
weiterbrennt. Deshalb ist ein beson<strong>der</strong>er Schutz des Hauses notwendig. Ein<br />
wichtiger Punkt des Brandschutzes ist eine gut funktionierendes<br />
Blitzschutzsystem. Im Brandfall können ganze Teile des brennenden Daches<br />
abrutschen und somit den Hausbewohnern den Fluchtweg ins Freie versperren.<br />
Deshalb wird die Bindung des <strong>Reet</strong>s mit einen nichtbrennbarem Material<br />
(verzinkter Draht ∅ 1 – 1,5 mm o<strong>der</strong> Kupferdraht) vorgeschrieben. Früher<br />
verwendete man Haselnuß- o<strong>der</strong> Weidenruten in Verbindung mit Stroh- o<strong>der</strong><br />
Sisalbän<strong>der</strong>n, die leicht durchbrannten und somit die Verbindung zwischen <strong>Reet</strong><br />
und Lattung lösten.<br />
Eine völlig an<strong>der</strong>e Eigenschaft eines <strong>Reet</strong>daches ist die Grünbildung. Moose sind<br />
meist die ersten Ansiedler auf <strong>der</strong> noch kahlen Dachhaut und werden durch den<br />
Schatten hoher Bäume mit ihren herunterfallenden organischen Abfallstoffen<br />
geför<strong>der</strong>t. Die Moose durchdringen mit ihren Wurzeln die Halmwände und führen<br />
über zunehmende Humusbildung zu einer Art Erdschicht auf <strong>der</strong> Dachhaut. Diese<br />
Humus- und Erdschicht ermöglicht weiteres Pflanzenwachstum. Je schneller<br />
dieser natürliche Verrottungsprozeß in Gang gesetzt und vorangetrieben wird, um<br />
so nachhaltiger werden die Atmung und die Durchlüftung <strong>der</strong> Dachhaut<br />
verschlechtert. Mit dem Pflanzenbewuchs auf dem <strong>Reet</strong>dach kommen auch die<br />
tierischen Schädlinge wie Ratten, Mäuse, Sperlinge etc., die sich im Dach<br />
einnisten. Ein wirksamer Schutz vor <strong>der</strong> Grünbildung und ihren Folgen kann durch<br />
chemische Maßnahmen getroffen werden. Diese sind aber nur wirksam, wenn sie<br />
in regelmäßigen Zeitabständen (alle 2-3 Jahre) wie<strong>der</strong>holt werden. Wer keine<br />
chemischen Maßnahmen zur Moosbekämpfung ergreifen möchte, sollte sein Dach<br />
regelmäßig reinigen und pflegen.<br />
Eine an<strong>der</strong>e Methode zur Moosbekämpfung wird <strong>der</strong>zeit in Norddeutschland<br />
getestet: Durch Einbringen von Kupferblechen, beispielsweise als Firstabdeckung,<br />
über die dann das Regenwasser abtropft, son<strong>der</strong>t das Regenwasser bestimmte<br />
-11-
<strong>Diplomarbeit</strong><br />
2. Grundsätzlicher Aufbau von Weichdächern<br />
Ralf Reißen<br />
Stoffe aus dem Kupfer ab, die eine Moosbildung verhin<strong>der</strong>n sollen. Diese<br />
Kupferbleche in <strong>der</strong> Dachhaut o<strong>der</strong> auf dem First stellen natürlich ganz beson<strong>der</strong>e<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen an das Blitzschutzsystem.<br />
2.3. Verlegungsarten<br />
Bei Weichdächern spielt <strong>der</strong> Neigungswinkel des Daches eine wesentliche Rolle.<br />
Er soll mindestens 45° betragen. Noch besser ist es, wenn er größer als 50° ist, da<br />
bei dieser Neigung <strong>der</strong> Wind nicht unter die Halme greifen kann, son<strong>der</strong>n sie<br />
andrückt. Das Dach ist bei dieser Neigung flugschnee- und treibregensicher.<br />
Regen dringt normal bis 5 cm, bei Sturm bis 10 cm in die Deckung ein.<br />
Die Deckung ist bei <strong>Reet</strong> 30 cm bis 35 cm, bei Stroh 25 cm bis 30 cm dick.<br />
Die Dachunterkonstruktion besteht wie bei Ziegeldächern aus einem Tragwerk aus<br />
Holzbalken mit Sparren, <strong>der</strong>en Abstand 1 m nicht überschreiten sollte. Auf diesen<br />
Sparren werden dann die Latten, <strong>der</strong>en Abstand von <strong>der</strong> Dachneigung bestimmt<br />
wird, angebracht. Üblicherweise beträgt <strong>der</strong> Lattenabstand 30 cm, maximal jedoch<br />
35 cm. Als Lattung können Rundhölzer, aber auch normale Rechteck-Dachlatten<br />
(30 mm 40 mm), verwendet werden.<br />
Das Decken des <strong>Reet</strong>daches ist in einer glatten Fläche von <strong>der</strong> Traufe bis zum<br />
First auszuführen, wobei die einzelnen Lagen nacheinan<strong>der</strong> immer waagrecht<br />
durchgehend aufzubringen sind. Auf <strong>der</strong> Lattung wird eine dünne Unterlage aus<br />
<strong>Reet</strong> o<strong>der</strong> Stroh, die sogenannte Streulage, aufgebracht. Diese Streulage soll<br />
verhin<strong>der</strong>n, dass die Spitzen <strong>der</strong> Deckbunde unter die Latten getrieben werden.<br />
Bei <strong>der</strong> Bindung <strong>der</strong> einzelnen Decklagen muss <strong>der</strong> Vorlegedraht von <strong>der</strong> Latte<br />
her etwa inmitten <strong>der</strong> Deckung liegen. Das bedeutet bei einer Deckschicht von<br />
beispielsweise 30 cm, dass die Bindung bei etwa 15 cm, von <strong>der</strong> Latte aus<br />
gesehen, liegen müsste (vergleiche Abb.3). Die Bindung sollte möglichst in <strong>der</strong><br />
Mitte <strong>der</strong> Halmlänge in Abständen von etwa 20 cm erfolgen. Die Bindung hat die<br />
Aufgabe, das <strong>Reet</strong> fest an die Lattung zu pressen. Die Bindung kann auf<br />
verschiedene Arten erfolgen:<br />
-12-
<strong>Diplomarbeit</strong><br />
2. Grundsätzlicher Aufbau von Weichdächern<br />
Ralf Reißen<br />
2.3.1. Gebundenes <strong>Reet</strong>dach<br />
Beim gebundenen <strong>Reet</strong>dach werden die einzelnen Decklagen unter Verwendung<br />
eines Vorlegedrahtes, dem sogenannten Bandstock, mit Bindedraht an die Latten<br />
gebunden. Durch den Bandstock erhält die Deckung eine gute Festigkeit, da <strong>der</strong><br />
Bindedraht mit einer Zange sehr fest angezogen werden kann. Als Bandstock und<br />
Bindedraht sollten ausschließlich<br />
nicht brennbare Materialien<br />
verwendet werden. Geeignete<br />
Bandstöcke sind aus verzinktem<br />
Stahldraht o<strong>der</strong> Kupferdraht mit<br />
einer Dicke von etwa 5 mm.<br />
Früher verwendete man auch<br />
Bandstöcke aus daumendicken<br />
Haselnuß- o<strong>der</strong> Weidenstöcken.<br />
Als Bindedraht eignet sich<br />
nichtrosten<strong>der</strong> Stahldraht mit<br />
einer Mindestdicke von 1 mm.<br />
Abbildung 3: Gebundenes <strong>Reet</strong>dach (Schnitt) [3]<br />
Abbildung 4:<br />
Gebundenes <strong>Reet</strong>dach<br />
(Draufsicht)<br />
a - Bandstock<br />
b - Bindedraht<br />
c – Latte<br />
[2]<br />
-13-
<strong>Diplomarbeit</strong><br />
2. Grundsätzlicher Aufbau von Weichdächern<br />
Ralf Reißen<br />
2.3.2. Genähtes <strong>Reet</strong>dach<br />
Beim genähten <strong>Reet</strong>dach werden die Bunde <strong>der</strong> jeweiligen Decklage mit Draht<br />
ohne Verwendung eines Vorlegedrahtes direkt an die Latten genäht. Der<br />
Bindedraht liegt etwa in <strong>der</strong> Mitte <strong>der</strong> Deckschicht. Die Bindung erfolgt in <strong>der</strong> Mitte<br />
<strong>der</strong> Rohrlänge und soll fest an die Lattung gedrückt werden. Zudem sind die<br />
einzelnen Bindungen in je<strong>der</strong><br />
weiteren Decklage versetzt<br />
anzubringen. Die Schichtweite<br />
(Durchmesser <strong>der</strong> Bindungsschlaufe)<br />
beträgt maximal 25 cm. Der Näher<br />
(außen auf dem Dach) und <strong>der</strong><br />
Gegennäher (innen unter dem Dach)<br />
nähen mit <strong>Reet</strong>nadel und Draht die<br />
Deckung auf die Lattung. Für<br />
genähte Dächer verwendet man<br />
nichtrostenden Stahldraht mit einer<br />
Mindestdicke von 1 mm, kunststoffummantelten<br />
Draht mit einer<br />
Mindestdicke von 2 mm o<strong>der</strong><br />
Kupferdraht mit einer Mindestdicke<br />
von 1,5 mm. Abbildung 5: Genähtes <strong>Reet</strong>dach (Schnitt) [3]<br />
Abbildung 6:<br />
Genähtes <strong>Reet</strong>dach<br />
(Draufsicht)<br />
a – Naht<br />
b – Latte<br />
[2]<br />
-14-
<strong>Diplomarbeit</strong><br />
2. Grundsätzlicher Aufbau von Weichdächern<br />
Ralf Reißen<br />
2.3.3. Geschraubtes <strong>Reet</strong>dach<br />
Die in Dänemark entwickelte Schraubtechnik wird seit Mitte <strong>der</strong> 80er Jahre auch in<br />
Deutschland angewendet. Hierbei handelt es sich um eine mo<strong>der</strong>ne und Zeit<br />
sparende Variante des gebundenen Daches, bei <strong>der</strong> Schrauben mit einem mittig<br />
umwickelten Draht mit einem Elektroschrauber von oben in die Lattung versenkt<br />
werden. Der Abstand <strong>der</strong> Schrauben darf 20 cm nicht unterschreiten. Die<br />
Dauerhaftigkeit eines geschraubten Daches hängt wesentlich von <strong>der</strong> Befestigung<br />
<strong>der</strong> Schraube in <strong>der</strong> Latte und <strong>der</strong> Festigkeit <strong>der</strong> Rödelung des Drahtes ab.<br />
Deshalb ist es wichtig, dass die Schraube nie in den Randbereich <strong>der</strong> Latte<br />
gedreht wird, sodass die Latte durch die Schraube gespalten werden kann.<br />
Diese Bindung kann auch dann eingesetzt werden, wenn wegen Dachausbauten<br />
<strong>der</strong> Draht nicht mehr um die Dachlatten herumgeführt werden kann. Da <strong>der</strong> Draht<br />
jedoch schneller reißt als bei Zugbelastungen, kann bei dieser Technik <strong>der</strong> Draht<br />
nicht so fest wie bei <strong>der</strong> traditionellen Bindung durch eine Schlaufe angezogen<br />
werden.<br />
Bei geschraubten Dächern ist<br />
nichtrosten<strong>der</strong> Stahldraht mit<br />
einer Mindestdicke von 1 mm<br />
zu verwenden. Als<br />
Vorlegedraht bzw. Bandstock<br />
ist ein nichtrosten<strong>der</strong> Stahldraht<br />
o<strong>der</strong> ein Kupferdraht mit<br />
einem Querschnitt von etwa 5<br />
mm zu verwenden. Die<br />
Schrauben zur Befestigung<br />
des Drahtes sollen<br />
nichtrostend sein und eine<br />
Mindestgröße von 4,5 mm <br />
35 mm haben.<br />
Abbildung 7: Geschraubtes <strong>Reet</strong>dach (Schnitt) [3]<br />
-15-
<strong>Diplomarbeit</strong><br />
2. Grundsätzlicher Aufbau von Weichdächern<br />
Ralf Reißen<br />
2.4. Firstarten bei <strong>Reet</strong>dächern<br />
Die Firsteindeckung bei <strong>Reet</strong>dächern ist beson<strong>der</strong>s heikel. Hier, am höchsten<br />
Punkt des Daches, treffen Wind und Regen auf die kantige Firstlinie. Um diese<br />
Stelle, die den härtesten Witterungseinflüssen ausgesetzt ist, einzudecken,<br />
bedient man sich verschiedenster Methoden und Materialien. Diese Firstarten sind<br />
regional unterschiedlich und letztendlich auch eine Frage <strong>der</strong> Kosten.<br />
2.4.1. Der <strong>Reet</strong>first<br />
Soll die Firsteindeckung mit <strong>Reet</strong> erfolgen, so ist im Vorfeld die Hauptwindrichtung<br />
zu bestimmen. Die Halme <strong>der</strong> letzten beiden <strong>Reet</strong>lagen werden nicht<br />
abgeschnitten, son<strong>der</strong>n über die Firstlattung auf die an<strong>der</strong>e Dachseite gebogen<br />
und dort unter das <strong>Reet</strong> gestopft. Auf die letzten beiden Lagen <strong>der</strong> Wetter<br />
abgewandten Dachseite wird eine <strong>Reet</strong>lage genäht. Die über den First stehenden<br />
<strong>Reet</strong>halme werden zur an<strong>der</strong>en<br />
Seite gebogen. Auf <strong>der</strong><br />
Wetterseite wird anschließend<br />
eine <strong>Reet</strong>schicht mit den<br />
Stoppelenden nach oben an die<br />
beiden letzten Dachlatten genäht,<br />
so dass die Halmenden über die<br />
abgeknickte <strong>Reet</strong>schicht <strong>der</strong><br />
gegenüberliegenden Seite<br />
hinausragen. Damit wird im First<br />
eine Regen durchlässige Fuge<br />
vermieden.<br />
Abbildung 8: Mecklenburger <strong>Reet</strong>first (Schnitt) [2]<br />
-16-
<strong>Diplomarbeit</strong><br />
2. Grundsätzlicher Aufbau von Weichdächern<br />
Ralf Reißen<br />
2.4.2. Der Heidefirst<br />
Der Heidefirst wird aus geschnittenem, erdfeuchtem Heidekraut geformt. Er hat je<br />
nach Sparrenlänge beidseitig eine Schenkellänge von bis zu 1m. Die Neigung <strong>der</strong><br />
Schenkel darf die Dachneigung nicht unterschreiten. Von <strong>der</strong> Firstspitze, an <strong>der</strong><br />
<strong>der</strong> Heidefirst etwa 30cm dick ist, verjüngt er sich zur unteren Kante auf etwa<br />
10cm. Zur Befestigung des Heidefirstes gibt es wie<strong>der</strong> mehrere Methoden.<br />
Zum einen kann dies mit Holzpflöcken aus gespaltenem Weichholz, welche<br />
einseitig angespitzt werden, geschehen. Die Länge dieser Holzpflöcke sollte 0,3 –<br />
0,6 m, ihr Querschnitt etwa 15 – 20<br />
mm betragen. Je Meter Heidefirst sind<br />
etwa 100 Holzpflöcke zu verwenden.<br />
Eine zusätzliche Bespannung des<br />
Firstes mit z.B. Kunststoffnetzen ist<br />
möglich. Die Verwendung von<br />
Drahtgeflechten wie z.B.<br />
Maschendraht etc. ist in Verbindung<br />
mit Blitzschutz an Gebäuden nicht<br />
zulässig.<br />
Eine an<strong>der</strong>e Befestigungsmethode für<br />
den Heidefirst ist das Aufbringen von<br />
Hängehölzern. Diese etwa 10 bis 12 kg<br />
schweren, meist eichenen Hängehölzer<br />
werden im Abstand von etwa 30cm<br />
über den First gelegt.<br />
Da das Heidekraut im Laufe <strong>der</strong> Jahre<br />
in sich zusammensackt, ist es<br />
notwendig, den Heidefirst etwa alle 5<br />
bis 10 Jahre wie<strong>der</strong> aufzufüllen.<br />
Abbildung 9: Gesteckter Heidefirst<br />
(Schnitt) [3]<br />
Abbildung 10: Heidefirst mit Hängehölzern<br />
(Schnitt) [2]<br />
-17-
<strong>Diplomarbeit</strong><br />
2. Grundsätzlicher Aufbau von Weichdächern<br />
Ralf Reißen<br />
2.4.3. Der Sodenfirst<br />
Der Sodenfirst besteht aus gewachsenen Grassoden, die etwa 5 cm dick,<br />
zwischen 30 und 40 cm breit und etwa 1,30 bis 1,50 m lang. Auf 1 m First sollen<br />
etwa 7 bis 9 Soden verlegt werden. Der Anlegewinkel liegt zwischen 60° und 70°<br />
(siehe Abbildung 12). Die Befestigung <strong>der</strong> einzelnen Soden erfolgt durch<br />
Hartholzpflöcke von etwa 20 bis 30 cm Länge. Jede Sode soll gepflockt sein, o<strong>der</strong><br />
wenn eine zusätzliche<br />
Netzabdeckung am First<br />
vorhanden ist, ist jede zweite Sode<br />
zu pflocken. Die Unterlage für den<br />
Sodenfirst besteht aus einer<br />
abgerundeten <strong>Reet</strong>lage. Darauf<br />
folgt eine Abdeckung aus z.B.<br />
einer besandeten Bitumenbahn<br />
o<strong>der</strong> einer Kunststoffbahn (siehe<br />
Abbildung 11).<br />
Abbildung 11: Sodenfirst (Schnitt) [3]<br />
Abbildung 12: Sodenfirst (Seitenansicht) [3]<br />
-18-
<strong>Diplomarbeit</strong><br />
2. Grundsätzlicher Aufbau von Weichdächern<br />
Ralf Reißen<br />
2.4.4. An<strong>der</strong>e gängige Firstarten<br />
Die Deckung des Firstes kann mit an<strong>der</strong>en geeigneten Werkstoffen ausgeführt<br />
werden.<br />
In einigen Regionen Norddeutschlands wird <strong>der</strong> First mit einem geson<strong>der</strong>ten<br />
Firstdachstuhl ausgestattet, <strong>der</strong> über <strong>der</strong> letzten <strong>Reet</strong>lage angebracht ist. Dieser<br />
dient dazu, den First mit Ziegeln o<strong>der</strong> einem geeigneten Wellplattenmaterial<br />
einzudecken.<br />
Abbildung 13:<br />
<strong>Reet</strong>dach mit Firstdachstuhl<br />
und Ziegeleindeckung [16]<br />
Eine an<strong>der</strong>e Art <strong>der</strong> Firsteindeckung, die zusätzlich auch noch vor <strong>der</strong><br />
Vermoosung des <strong>Reet</strong>daches schützen soll, ist die Eindeckung mit Kupferblech.<br />
Wie beim Ziegelfirst wird auch hier eine Holzkonstruktion auf <strong>der</strong> letzten<br />
<strong>Reet</strong>schicht am First benötigt, woran dann die Kupferbleche befestigt werden. Aus<br />
dekorativen Gründen o<strong>der</strong> um <strong>der</strong> Vermoosung vorzubeugen, ist es auch möglich,<br />
dass diese Kupferbleche auch an<br />
an<strong>der</strong>en Stellen des Daches<br />
vorkommen, beispielsweise am<br />
Ortgang o<strong>der</strong> an <strong>der</strong> Kehle. Diese<br />
Bleche, die eine größere<br />
Metallfläche auf dem Dach<br />
darstellen, sind für einen<br />
wirksamen Blitzschutz des<br />
Gebäudes ein ernsthaftes<br />
Problem.<br />
Abbildung 14: <strong>Reet</strong>dach mit Kupferfirst [16]<br />
-19-
<strong>Diplomarbeit</strong><br />
3. Stand <strong>der</strong> Blitzschutznormung und Stand <strong>der</strong> Technik<br />
Ralf Reißen<br />
3. Stand <strong>der</strong> Blitzschutznormung und Stand <strong>der</strong> Technik<br />
3.1. Der Blitzschutz in <strong>der</strong> VDE-Norm<br />
Ein Blitzschutzsystem für den äußeren Blitzschutz besitzt als wesentliche<br />
Komponenten die Fangeinrichtung, die Ableitung und die Erdungsanlage. Die<br />
Fangeinrichtung besteht im allgemeinen aus einer Firstleitung und ggf. aus<br />
Fangstangen, die z.B. am Giebel o<strong>der</strong> an aus <strong>der</strong> Dachfläche herausragenden<br />
Aufbauten (Schornstein etc.) befestigt werden. Diese Fangeinrichtungen werden<br />
durch die Ableitungen auf direktem Wege nach unten zur Erdungsanlage geführt.<br />
Die Erdungsanlage hat die Aufgabe, den auftretenden Blitzstrom möglichst<br />
großflächig im Erdboden zu verteilen.<br />
In <strong>der</strong> DIN 57185 Teil 2 / VDE 0185 Teil 2 [6] ist genau beschrieben, wie ein<br />
Blitzschutzsystem für Weichdächer (Äußerer Blitzschutz) zu bauen ist:<br />
„ 6.1.2 Gebäude mit weicher Bedachung (Weichdächer)<br />
6.1.2.1 Bei Dachdeckungen aus <strong>Reet</strong>, Stroh o<strong>der</strong> Schilf müssen die Fangleitungen<br />
auf isolierten Stützen (Holzpfählen nach DIN 48812) gespannt verlegt werden. Der<br />
Abstand zwischen den Leitungen und dem First muß mindestens 0,6 m, zwischen<br />
den übrigen Leitungen auf dem Dach und <strong>der</strong> Dachhaut mindestens 0,4 m<br />
betragen. Diese Abstände gelten für neuwertige Dächer. Bei abgenutzten Dächern<br />
sind die Abstände entsprechend größer und so zu wählen, dass nach einer<br />
Neueindeckung die oben angegebenen Abstände nicht unterschritten sind. Der<br />
Abstand von <strong>der</strong> Weichdachtraufe zur Traufenstütze darf 0,15 m nicht<br />
unterschreiten.<br />
Bei Firstleitungen sind Spannweiten bis etwa 15 m, bei Ableitungen Spannweiten<br />
bis etwa 10 m ohne zusätzliche Abstützungen anzustreben.<br />
Der Abstand <strong>der</strong> Ableitungen voneinan<strong>der</strong> ergibt sich aus DIN 57185 Teil 1 / VDE<br />
0185 Teil 1 Abschnitt 5.2.1.<br />
6.1.2.2 Spannpfähle müssen mit <strong>der</strong> Dachkonstruktion (Sparren und Querhölzer)<br />
mit Durchgangsbolzen nebst Unterlegscheiben fest verbunden werden.<br />
-20-
<strong>Diplomarbeit</strong><br />
3. Stand <strong>der</strong> Blitzschutznormung und Stand <strong>der</strong> Technik<br />
Ralf Reißen<br />
6.1.2.3 Oberhalb <strong>der</strong> Dachfläche befindliche metallene Teile (wie Windfahnen,<br />
Berieselungsanlagen, Leitern) müssen so befestigt werden, z.B. auf nichtleitenden<br />
Stützen, dass die Abstände nach Abschnitt 6.1.2.1 eingehalten sind.<br />
Zuleitungen zu Berieselungsanlagen dürfen im Bereich <strong>der</strong> Durchführung durch<br />
die Dachhaut auf mindestens 0,6 m ober- und unterhalb nur aus Kunststoff<br />
bestehen.<br />
6.1.2.4 Bei Weichdächern die von einem metallenen Drahtnetz überzogen sind, ist<br />
ein wirksamer Blitzschutz nach den Abschnitten 6.1.2.1 bis 6.1.2.3 nicht möglich.<br />
Das gleiche gilt, wenn Abdeckungen, Berieselungsanlagen, Entlüftungsrohre,<br />
Schornsteineinfassungen, Dachfenster, Oberlichter und <strong>der</strong>gleichen aus Metall<br />
vorhanden sind.<br />
In diesen Fällen ist ein wirksamer Blitzschutz nur durch eine isolierte<br />
Blitzschutzanlage mit Fangstangen neben den Gebäuden bzw. mit Fangleitungen<br />
o<strong>der</strong> Fangnetzen zwischen Masten neben den Gebäuden zu erreichen (siehe DIN<br />
57185 Teil 1 / VDE 0185 Teil 1, Abschnitt 5.1.2).<br />
6.1.2.5 Grenzt ein Weichdach an eine Dachdeckung aus Metall und soll das<br />
Gebäude mit einer Blitzschutzanlage versehen werden, so muß zwischen dem<br />
Weichdach und dem übrigen Dach eine elektrisch nichtleitende Dacheindeckung<br />
von mindestens 1 m Breite, z.B. aus Zementasbest o<strong>der</strong> Kunststoff, eingefügt<br />
werden. Für den Teil <strong>der</strong> Blitzschutzanlage auf dem Weichdach gelten die<br />
Abschnitte 6.1.2.1 bis 6.1.2.3.<br />
6.1.2.6 Zweige von Bäumen sind in mindestens 2 m Abstand vom Weichdach zu<br />
halten.<br />
Wenn Bäume dicht an einem Gebäude stehen und es überragen, muß an dem<br />
den Bäumen zugewandten Dachrand (Traufkante, Giebel) eine Fangleitung<br />
angebracht werden, die mit <strong>der</strong> Blitzschutzanlage zu verbinden ist. Die Abstände<br />
nach Abschnitt 6.1.2.1 sind dabei einzuhalten.<br />
-21-
<strong>Diplomarbeit</strong><br />
3. Stand <strong>der</strong> Blitzschutznormung und Stand <strong>der</strong> Technik<br />
Ralf Reißen<br />
6.1.2.7 Antennen und Elektrosirenen sind auf weichgedeckten Dächern nicht<br />
zulässig. Antennen und elektrische Anlagen unter Dach müssen von <strong>der</strong><br />
Blitzschutzanlage einen größeren Abstand haben, als sich nach DIN 57185 Teil 1 /<br />
VDE 0185 Teil 1, Abschnitt 5.3.2, ergibt.“<br />
Zur Veranschaulichung <strong>der</strong> VDE-Bestimmungen und des Aufbaus einer solchen<br />
Anlage sollen die folgenden Zeichnungen dienen:<br />
Abbildung 15: Montage <strong>der</strong> Fangeinrichtungen und Ableitungen für ein<br />
Gebäude mit weicher Bedachung [4]<br />
1 Fangstange auf Holzpfahl<br />
2 Giebelstange Abstand vom Weichdach mindestens 0,4 m und<br />
Höhe über First mindestens 0,6 m.<br />
3 Ableitung mit Leitungsstütze<br />
4 Traufenstütze. Entfernung vom Weichdach mindestens 0,15 m<br />
5 Spannkloben (zum Spannen <strong>der</strong> Ableitung über dem Weichdach)<br />
-22-
<strong>Diplomarbeit</strong><br />
3. Stand <strong>der</strong> Blitzschutznormung und Stand <strong>der</strong> Technik<br />
Ralf Reißen<br />
Mit den oben genannten Maßnahmen sind nun die Montage <strong>der</strong> Fangleitung und<br />
<strong>der</strong> Ableitung ausreichend beschrieben. Die dritte Komponente, die ein<br />
Blitzschutzsystem für den äußeren Blitzschutz ausmacht, ist eine gute<br />
Erdungsanlage. Diese wird in <strong>der</strong> DIN 57185 Teil 1 / VDE 0185 Teil 1 in Abschnitt<br />
5.3 behandelt. Die Erdungsanlage darf als Fundamenter<strong>der</strong>, Ringer<strong>der</strong> o<strong>der</strong> in<br />
Son<strong>der</strong>fällen aus Einzeler<strong>der</strong>n aufgebaut werden.<br />
In den Entwürfen zur Europäischen Norm DIN V ENV 61024-1 [7] ist bislang<br />
nichts über das Thema Blitzschutz von Weichdächern zu finden.<br />
Eine komplettes Blitzschutzsystem für äußeren Gebäudeblitzschutz ist auf <strong>der</strong><br />
folgenden Seite dargestellt:<br />
-23-
<strong>Diplomarbeit</strong><br />
3. Stand <strong>der</strong> Blitzschutznormung und Stand <strong>der</strong> Technik<br />
Ralf Reißen<br />
Abbildung 16: äußerer Blitzschutz von Weichdächern [4]<br />
1 Fangstangen auf Holzpfählen<br />
2 Schornsteinumführung mit Schornsteinstangen<br />
3 Firstleitung 0,6 m über dem First verlegt<br />
4 Abstand <strong>der</strong> Ableitung von <strong>der</strong> Dachfläche 0,4 m<br />
5 Traufenstütze<br />
6 Spannkloben<br />
7 Giebelstange<br />
8 Trennstelle<br />
9 Übergang von Rundstahl auf Bandstahl<br />
10 Anschluß <strong>der</strong> Wasserleitungsrohre an den Potentialausgleich<br />
11 Ringer<strong>der</strong> o<strong>der</strong> Fundamenter<strong>der</strong><br />
12 Stab- o<strong>der</strong> Ban<strong>der</strong><strong>der</strong><br />
13 Baumzweige müssen mind. 2 m vom Weichdach entfernt gehalten werden<br />
14 Potentialausgleichschiene<br />
15 Überspannungsschutzgerät <strong>der</strong> Anfor<strong>der</strong>ungsklasse B<br />
16 Schutzleiter des Starkstromnetzes<br />
-24-
<strong>Diplomarbeit</strong><br />
3. Stand <strong>der</strong> Blitzschutznormung und Stand <strong>der</strong> Technik<br />
Ralf Reißen<br />
3.2. Ist ein Blitzschutzsystem erfor<strong>der</strong>lich o<strong>der</strong> sogar vorgeschrieben?<br />
3.2.1. Die Bauordnung<br />
Ob ein Blitzschutzsystem zwingend vorgeschrieben ist, entscheidet die<br />
Baubehörde, meist das Kreis- o<strong>der</strong> Stadtbauamt, die für die Genehmigung eines<br />
Bauvorhabens verantwortlich sind. Als Grundlage für diese Entscheidung dienen<br />
die Bauordnungen (BauO) <strong>der</strong> jeweiligen Bundeslän<strong>der</strong>, die sich zum Thema<br />
Blitzschutz kaum voneinan<strong>der</strong> unterscheiden.<br />
So sagt beispielsweise die Nie<strong>der</strong>sächsische Bauordnung (NBauO) [12] zu<br />
diesem Thema:<br />
„ § 20 Brandschutz<br />
(3) Bauliche Anlagen, bei denen nach Lage, Bauart o<strong>der</strong> Benutzung Blitzschlag<br />
leicht eintreten o<strong>der</strong> zu schweren Folgen führen kann, müssen mit dauernd<br />
wirksamen Blitzschutzanlagen versehen sein.“<br />
Aus § 51 geht hervor, dass im Einzelfall beson<strong>der</strong>e Anfor<strong>der</strong>ungen an die bauliche<br />
Anlage, u.a. ein funktionsfähiges Blitzschutzsystem, gestellt werden.<br />
„§51 Bauliche Anlagen und Räume beson<strong>der</strong>er Art und Nutzung<br />
(2) Bauliche Anlagen o<strong>der</strong> Räume beson<strong>der</strong>er Art o<strong>der</strong> Nutzung sind<br />
insbeson<strong>der</strong>e:<br />
...<br />
8. bauliche Anlagen und Räume von großer Ausdehnung o<strong>der</strong> mit erhöhter<br />
Brand-, Explosions-, Strahlen- o<strong>der</strong> Verkehrsgefahr.“<br />
Es ist also möglich, dass die Installation eines Blitzschutzsystem vom Bauamt<br />
vorgeschrieben wird.<br />
Ist dies nicht <strong>der</strong> Fall, liegt es im Ermessen des Bauherrn, ob ein<br />
Blitzschutzsystem erfor<strong>der</strong>lich ist o<strong>der</strong> nicht. Zur Risikoabschätzung ist es ratsam,<br />
eine Schutzklassenberechnung (siehe 3.2.2.) durchzuführen.<br />
-25-
<strong>Diplomarbeit</strong><br />
3. Stand <strong>der</strong> Blitzschutznormung und Stand <strong>der</strong> Technik<br />
Ralf Reißen<br />
3.2.2. Schutzklassenberechnung nach VDE<br />
Zur Ermittlung <strong>der</strong> Notwendigkeit eines Blitzschutzsystems und zur Bestimmung<br />
<strong>der</strong> Blitzschutzklasse wurde in <strong>der</strong> Vornorm DIN V ENV 61024 [7] ein<br />
Berechnungs-system für eine Risikoabschätzung festgelegt. Diese<br />
Risikoabschätzung richtet sich nach folgenden festgesetzten Kriterien:<br />
- Abmessungen <strong>der</strong> baulichen Anlage und Dichte <strong>der</strong> Erdblitze<br />
- Lage <strong>der</strong> baulichen Anlage<br />
- Gebäudekonstruktion (Bauart, Material)<br />
- Gebäudenutzung und Gebäudeinhalt<br />
- Folgeschäden eines Blitzeinschlags<br />
Mit Hilfe dieser Kriterien werden zwei Parameter berechnet, die erwartete Anzahl<br />
<strong>der</strong> Direkteinschläge (Nd) und die vertretbare Anzahl <strong>der</strong> Einschläge, die einen<br />
Schaden verursachen (Nc). Das Verhältnis bei<strong>der</strong> Zahlen gibt Aufschluß über die<br />
Notwendigkeit eines Blitzschutzsystems und über die zu verwendende<br />
Schutzklasse. Diese Berechnung soll nun für ein reetgedecktes Haus durchgeführt<br />
werden. Natürlich ist dabei zu beachten, dass die Kriterien für diese<br />
Risikoabschätzung von Haus zu Haus verschieden sind. In unserem Beispiel steht<br />
das Haus in Norddeutschland, ist ein typisches aus Backsteinen gemauertes Haus<br />
und hat Gebäude und Bäume in <strong>der</strong> Nachbarschaft.<br />
a) Berechnung <strong>der</strong> erwarteten Anzahl <strong>der</strong> jährlichen Direkteinschläge Nd<br />
N<br />
d<br />
= N ⋅ ⋅ ⋅10 −6<br />
g<br />
Ae<br />
Ce<br />
pro Jahr<br />
Darin bedeuten:<br />
Ng<br />
Ae<br />
Durchschnittliche jährliche Dichte <strong>der</strong> Erdblitze, in Blitzen je<br />
Quadratkilometer und Jahr, in <strong>der</strong> Region, in <strong>der</strong> sich die<br />
bauliche Anlage befindet.<br />
Äquivalente Fangfläche <strong>der</strong> freistehenden baulichen Anlage.<br />
Diese ist definiert als eine Bodenfläche, welche dieselbe<br />
jährliche Häufigkeit von Direkteinschlägen hat wie die<br />
bauliche Anlage.<br />
Ce Koeffizient zur Berücksichtigung <strong>der</strong> Umgebung <strong>der</strong><br />
baulichen Anlage.<br />
-26-
<strong>Diplomarbeit</strong><br />
3. Stand <strong>der</strong> Blitzschutznormung und Stand <strong>der</strong> Technik<br />
Ralf Reißen<br />
Für unsere Beispielrechnung ergeben sich folgende Werte:<br />
1<br />
Ng = 2,2 (Für Regionen mit 25 Gewittertagen im Jahr [7])<br />
2<br />
km ⋅ a<br />
Ae =<br />
Ce = 0,25<br />
6 H<br />
2<br />
⋅ H ⋅W<br />
+ 9 ⋅π ⋅ = 5618<br />
2<br />
m<br />
(Für ein Gebäude mit Breite W=16m,<br />
Länge L=10m und Höhe H=12,5 m)<br />
(bauliche Anlage in einem großen Gebiet mit Gebäuden<br />
o<strong>der</strong> Bäumen gleicher o<strong>der</strong> größerer Höhe )<br />
1<br />
Damit ist Nd = 0,0031<br />
Jahr<br />
b) Berechnung <strong>der</strong> akzeptierten Einschlagshäufigkeit Nc<br />
N c<br />
= A ⋅ B ⋅C<br />
Darin bedeuten:<br />
Nc<br />
A<br />
B<br />
C<br />
Akzeptierte Einschlagshäufigkeit<br />
Komponente, mit <strong>der</strong> die Gebäudekonstruktion berücksichtigt wird<br />
Komponente, mit <strong>der</strong> die Gebäudenutzung und <strong>der</strong> Gebäudeinhalt<br />
berücksichtigt werden<br />
Komponente, mit <strong>der</strong> die Folgeschäden berücksichtigt werden<br />
Der Faktor A errechnet sich aus:<br />
A = A<br />
1<br />
⋅ A2<br />
⋅ A3<br />
⋅ A4<br />
Darin bedeuten:<br />
Bauart <strong>der</strong> Wände<br />
A1<br />
A2<br />
A3<br />
A4<br />
Dachkonstruktion<br />
Dachdeckung<br />
Dachaufbauten<br />
Für das Beispielhaus ergibt sich für den Faktor A:<br />
A = 0 ,5 ⋅ 0,1 ⋅ 0,05 ⋅1<br />
= 0,0025<br />
-27-
<strong>Diplomarbeit</strong><br />
3. Stand <strong>der</strong> Blitzschutznormung und Stand <strong>der</strong> Technik<br />
Ralf Reißen<br />
mit:<br />
A<br />
1<br />
=0,5 Bauart <strong>der</strong> Wände: Mauerwerk, Beton<br />
A<br />
2<br />
=0,1 Dachkonstruktion: Holz<br />
A =0,05 Dachdeckung: Weichdächer<br />
3<br />
A<br />
4<br />
=1 Dachaufbauten: keine<br />
Der Faktor B errechnet sich aus:<br />
B = B<br />
Darin bedeuten:<br />
B1<br />
B2<br />
1<br />
⋅ B2<br />
⋅ B3<br />
⋅ B4<br />
Nutzung durch Personen<br />
Art des Gebäudeinhaltes<br />
B3<br />
B4<br />
Wert des Gebäudeinhaltes<br />
Maßnahmen und Einrichtung zur Schadensverringerung<br />
Somit ergibt sich für den Faktor B:<br />
mit<br />
B = 1 ⋅ 0,2 ⋅1⋅1<br />
= 0,2<br />
B<br />
1<br />
=1 Nutzung durch Personen: keine Panikgefahr<br />
B<br />
2<br />
=0,2 Art des Gebäudeinhaltes: entflammbar<br />
B =1 Wert des Gebäudeinhaltes: einfache Einrichtung<br />
3<br />
B<br />
4<br />
=1 Maßnahmen und Einrichtung zur Schadensverringerung: keine<br />
-28-
<strong>Diplomarbeit</strong><br />
3. Stand <strong>der</strong> Blitzschutznormung und Stand <strong>der</strong> Technik<br />
Ralf Reißen<br />
Der Faktor C errechnet sich aus:<br />
C = C<br />
Darin bedeuten:<br />
C1<br />
C2<br />
C3<br />
1<br />
⋅C<br />
2<br />
⋅C3<br />
Umweltgefährdung<br />
Ausfall wichtiger Versorgungsleistungen, die von den Einrichtungen<br />
des Gebäudes zur Verfügung gestellt werden<br />
Sonstige Folgeschäden<br />
Somit ergibt sich für den Faktor C:<br />
mit<br />
C = 1 ⋅1⋅1<br />
= 1<br />
C<br />
1<br />
=1 Umweltgefährdung: keine<br />
C<br />
2<br />
=1 Ausfall wichtiger Versorgungsleistungen, die von den<br />
Einrichtungen des Gebäudes zur Verfügung gestellt werden:<br />
kein Ausfall<br />
C =1 Sonstige Folgeschäden: gering<br />
3<br />
Daraus kann man nun die akzeptierte Einschlagshäufigkeit Nc berechnen:<br />
N C<br />
=<br />
A ⋅ B ⋅ C<br />
1<br />
Damit ist Nc=0,0005<br />
Jahr<br />
Da Nc < Nd ist, ist für ein solches Gebäude ein Blitzschutzsystem notwendig.<br />
Verallgemeinert kann man sagen:<br />
Ist die Anzahl <strong>der</strong> erwarteten jährlichen Direkteinschläge Nd kleiner o<strong>der</strong> gleich <strong>der</strong><br />
Anzahl <strong>der</strong> akzeptierten Einschläge Nc, so ist ein Blitzschutzsystem nicht<br />
notwendig.<br />
-29-
<strong>Diplomarbeit</strong><br />
3. Stand <strong>der</strong> Blitzschutznormung und Stand <strong>der</strong> Technik<br />
Ralf Reißen<br />
c) Bestimmung <strong>der</strong> Schutzklasse<br />
Die Bestimmung <strong>der</strong> Schutzklasse nach dem Wirkungsgrad (Effektivität),<br />
den das Blitzschutzsystem später haben soll.<br />
Die Effektivität E errechnet sich aus:<br />
Nc 0,0005<br />
E ≥ 1 − = 1 − = 0,84<br />
0,0031<br />
N d<br />
Für diesen Wert von E wird in <strong>der</strong> ENV 61024-1 (Tabelle 1: Beziehung zwischen<br />
Schutzklasse und Wirksamkeit) [7] die Blitzschutzklasse III vorgeschrieben.<br />
Über die Wirkungsbereiche <strong>der</strong> 4 Schutzklassen soll die folgende Tabelle<br />
Aufschluß bringen:<br />
-30-<br />
Blitzschutzklasse<br />
Wirkungsgrad<br />
E in %<br />
Maschenweite<br />
in m<br />
Typ.<br />
Abstand<br />
<strong>der</strong> Ableitungen<br />
in<br />
m<br />
Stromscheitelwert<br />
I in kA<br />
Impulsladung<br />
Q in As<br />
Spez.<br />
Energie<br />
SE<br />
In MJ/Ω<br />
I 98 5x5 10 200 100 10<br />
II 95 10x10 15 150 75 5,6<br />
III 90 15x15 20 100 50 2,5<br />
IV 80 20x20 25 100 50 2,5<br />
Tabelle 1:<br />
Zuordnung von Wirkungsgrad, Maschenweite, Abstand <strong>der</strong> Ableitungen,<br />
Stromscheitelwert, Impulsladung und spez. Energie zu den Schutzklassen
<strong>Diplomarbeit</strong><br />
4. Beson<strong>der</strong>e Gefahrenpunkte bei <strong>Reet</strong>dächern<br />
Ralf Reißen<br />
4. Beson<strong>der</strong>e Gefahrenpunkte bei <strong>Reet</strong>dächern<br />
Hinsichtlich ihrer Brandgefährdung bedürfen <strong>Reet</strong>dächer eines beson<strong>der</strong>en<br />
Schutzes; denn das leicht entzündliche <strong>Reet</strong> ist bereits durch einen kleinen<br />
Funken sehr schnell entflammbar. Bei einem direkten Blitzeinschlag und den<br />
damit verbundenen Überschlägen und Teilentladungen an den metallenen Teilen<br />
(Dachdeckerdraht, Bleche etc.), die im <strong>Reet</strong> verarbeitet sind, kommt es zur<br />
Funkenbildung und damit zu Bränden.<br />
Selbst wenn ein Blitzschutzsystem nach DIN VDE 0185 Teil 2 [6] vorhanden ist,<br />
ist <strong>der</strong>en Wirksamkeit stark von den sonstigen Gegebenheiten auf dem <strong>Reet</strong>dach<br />
und von <strong>der</strong> Stromstärke und Stromsteilheit des Blitzes abhängig. Näherungen zu<br />
metallenen Teilen spielen dabei eine wichtige Rolle.<br />
Betrachtet man die VDE-Bestimmungen, so ist schnell zu erkennen, dass<br />
Probleme bei <strong>der</strong> Planung und Montage einer solchen Blitzschutzanlage<br />
vorprogrammiert sind.<br />
Sind beispielsweise die metallenen Binde- und Vorlegedrähte bei einer solchen<br />
Anlage als metallenes Drahtnetz zu betrachten, wie in <strong>der</strong> VDE 0185 Teil 2 unter<br />
Abschnitt 6.1.2.4 beschrieben, o<strong>der</strong> sind damit ausschließlich die Maschendrähte<br />
auf dem Heidefirst gemeint? Rein technisch gesehen sorgt <strong>der</strong> Maschendraht auf<br />
dem First für größere Probleme, da <strong>der</strong> Abstand zur Fangeinrichtung kleiner ist als<br />
<strong>der</strong> Abstand zwischen Fangeinrichtung und Bindedrähten. Bei einem<br />
Blitzeinschlag und dem damit verursachten elektrischen Feld zwischen<br />
Fangleitung und Dachhaut bzw. Maschendraht kann es zu Überschlägen und<br />
damit zu Funkenbildung kommen.<br />
4.1. Maschendrahtüberzug<br />
Ein wirksamer Blitzschutz ist also zunächst nicht möglich, wenn das Dach mit<br />
metallenem Maschendraht ganz o<strong>der</strong> teilweise überzogen ist. Dieser<br />
Maschendraht dient hauptsächlich zum Schutz des Heide- bzw. Sodenfirstes vor<br />
Vogelabtragungen. In <strong>der</strong> Fachregel für Dachdeckungen mit <strong>Reet</strong> des Deutschen<br />
Dachdeckerhandwerkes ist auf diese Problematik ausdrücklich hingewiesen. Auf<br />
eine Initiative <strong>der</strong> Blitzschutzfirma Hans Thormählen GmbH & Co, die zum ersten<br />
-31-
<strong>Diplomarbeit</strong><br />
4. Beson<strong>der</strong>e Gefahrenpunkte bei <strong>Reet</strong>dächern<br />
Ralf Reißen<br />
Mal auf diesen Sachverhalt aufmerksam machte, wurde dies auch in <strong>der</strong> neuen<br />
Fachregel berücksichtigt: „ 4.3.2.(4) Eine zusätzliche Bespannung mit z.B.<br />
Kunststoffnetzen ist möglich. Die Verwendung von Drahtgeflechten ist in<br />
Verbindung mit Blitzschutz an Gebäuden nicht zulässig.“ [3].<br />
Die beste Lösung dieses Problems besteht darin, den metallenen Maschendraht<br />
gegen ein UV-beständiges Kunststoffnetz auszutauschen. Die Haltbarkeit dieser<br />
Kunststoffnetze liegt nach Herstellerangaben bei mindestens 8 bis 10 Jahren und<br />
ist somit eine akzeptable Alternative. Ein weiterer Vorteil dieser Kunststoffnetze<br />
besteht darin, dass sie sich dem First und seiner individuellen Form und<br />
gegebenenfalls einer Formän<strong>der</strong>ung besser anpassen als ein relativ starrer<br />
Metallmaschendraht.<br />
4.2. Metallene Durchführungen und Installationen<br />
Metallene Durchführungen sind laut VDE nicht zulässig (siehe DIN 57185 Teil 2 /<br />
VDE 0185 Teil 2 Abschnitt 6.1.2.3 und 6.1.2.4). Neben <strong>der</strong> klaren Auslegung <strong>der</strong><br />
VDE spielen auch hier die Grenzfälle eine Rolle. Bei einer Kaminsanierung<br />
beispielsweise tritt solch ein Grenzfall ein. Soll nämlich ein Kamin, <strong>der</strong> aus<br />
Backsteinen gemauert ist, saniert werden, weil eine neue Heizungsanlage<br />
installiert wurde, so geschieht dies nach den Richtlinien <strong>der</strong> FEUVO<br />
(Feuerungsverordnung). Diese FEUVO besagt, dass die Sanierung des Kamins<br />
mit einem geeigneten Werkstoff<br />
erfolgen soll, <strong>der</strong> in den meisten Fällen<br />
aus einem Edelstahlrohr besteht, das<br />
durch den bestehenden Kamin<br />
eingezogen wird. Hier wird ganz klar<br />
eine metallene Durchführung erzeugt,<br />
die jedoch einen gewissen Abstand<br />
(Dicke des gemauerten Kamins) zum<br />
Weichdach aufweist.<br />
Abbildung 17: Kaminsanierung mittels<br />
Edelstahlrohr [16]<br />
-32-
<strong>Diplomarbeit</strong><br />
4. Beson<strong>der</strong>e Gefahrenpunkte bei <strong>Reet</strong>dächern<br />
Ralf Reißen<br />
Dieses Problem kann auf zweierlei Weise gelöst werden. Wenn ein Edelstahlrohr<br />
verwendet wurde, muss neben dem Kamin eine Fangstange montiert werden, die<br />
den Gefährdungsbereich des Edelstahlrohres abschirmt. Hierbei sind die in <strong>der</strong><br />
VDE angegebenen Mindestabstände unbedingt zu beachten.<br />
Eine an<strong>der</strong>e Möglichkeit besteht darin, die Kaminsanierung mit einem<br />
nichtmetallenen Material durchzuführen. Hierzu wird ein spezielles Kunststoffrohr<br />
verwendet, das in 3 verschiedenen Typenklassen hergestellt wird, wobei die<br />
Abgastemperatur maßgebend ist:<br />
Typ max. Abgastemperatur in °C<br />
A 80<br />
B 120<br />
C 160<br />
Im Vergleich zum Edelstahlrohr ist dies allerdings eine recht kostspielige<br />
Angelegenheit. Zudem müssen die genauen Abgastemperaturen <strong>der</strong> Heizanlage<br />
bekannt sein.<br />
Ein an<strong>der</strong>es Problem sind Näherungen, hervorgerufen durch Kreuzungen <strong>der</strong><br />
Ableitungen des Blitzschutzsystems und <strong>der</strong> elektrischen Installation des Hauses.<br />
Diese treten z.B. an <strong>der</strong> Traufe auf: Die metallenen Traufenstützen, die den<br />
Ableitungsdraht spannen sollen, werden direkt an <strong>der</strong> Hauswand befestigt.<br />
Werden nun Leitungen für die Rundumbeleuchtung, für Alarmtechnik o<strong>der</strong> für eine<br />
Brandmeldeanlage etc. an diesen Traufenstützen befestigt o<strong>der</strong> so geführt, dass<br />
<strong>der</strong> Sicherheitsabstand unterschritten wird, so ist im Fall einer Blitzentladung mit<br />
direkten Überschlägen und Funkenbildung bzw. Einkopplungen in diese Leitungen<br />
zu rechnen. Um dies zu vermeiden, ist es unbedingt erfor<strong>der</strong>lich, einen<br />
ausreichenden Sicherheitsabstand zwischen Leitung und Ableitungsdraht bzw.<br />
Traufenstütze einzuhalten. Dieser Sicherheitsabstand kann nach DIN V ENV<br />
61024-1 [7] berechnet werden, in <strong>der</strong> Praxis hat sich jedoch ein Abstand von etwa<br />
0,5 m bewährt.<br />
Eine Unterschreitung dieses Sicherheitsabstands ist auch gegeben, wenn an <strong>der</strong><br />
Stelle, an dem die Stütze auf <strong>der</strong> Außenwand montiert ist, an <strong>der</strong> Innenwand<br />
elektrische Leitungen o<strong>der</strong> metallene Rohre vorhanden sind. Um mögliche<br />
Näherungseffekte auszuschließen, ist es erfor<strong>der</strong>lich, die Traufenstütze aus einem<br />
-33-
<strong>Diplomarbeit</strong><br />
4. Beson<strong>der</strong>e Gefahrenpunkte bei <strong>Reet</strong>dächern<br />
Ralf Reißen<br />
nicht leitenden Material herzustellen o<strong>der</strong> zwischen die metallenen Teile einen<br />
Isolator einzubauen (vgl. Kapitel 8).<br />
4.3. Nichtfachgerechte Installation und Wartung von Blitzschutzsystemen<br />
Ein nicht zu unterschätzen<strong>der</strong> Gefahrenpunkt ist die nicht fachgerechte Installation<br />
und Wartung des Blitzschutzsystems. Werden bereits bei <strong>der</strong> Installation Fehler<br />
gemacht, indem z.B. die Mindestabstände nicht eingehalten o<strong>der</strong> Traufenstützen<br />
falsch montiert werden, so kann eine einwandfreie Funktion des<br />
Blitzschutzsystems nicht gewährleistet werden.<br />
Abbildung 18:<br />
nicht fachgerecht installierte<br />
Traufenstütze [16]<br />
Bei <strong>der</strong> Wartung ist darauf zu achten, dass die Erdungswi<strong>der</strong>stände infolge von<br />
korrodierenden Leitungsübergängen nicht zu groß werden. Auch sollte unbedingt<br />
vermieden werden, den Ableitungsdraht als Rankhilfe für Kletterpflanzen zu<br />
mißbrauchen, da durch diesen Pflanzenbewuchs ein isoliert aufgebautes<br />
Blitzschutzsystem nicht mehr möglich ist.<br />
4.4. Firstabdeckungen aus Kupferblech<br />
Der Kupferfirst, wie er unter Kapitel 2.4.4. dargestellt wird, stellt für den Blitzschutz<br />
auch ein erhebliches Problem dar. Diese Problematik ist analog zu dem unter 4.1.<br />
genannten Maschendrahtüberzug und ist in <strong>der</strong> VDE 0185 Teil 2 in Kapitel 6.1.2.4<br />
aufgeführt. Bei einem Blitzeinschlag in die Blitzschutzanlage und dem damit<br />
-34-
<strong>Diplomarbeit</strong><br />
4. Beson<strong>der</strong>e Gefahrenpunkte bei <strong>Reet</strong>dächern<br />
Ralf Reißen<br />
entstehenden elektrischen Feld zwischen <strong>der</strong> Fangleitung und dem Erdpotential,<br />
das z.B. direkt unter dem Dach liegt, wird <strong>der</strong> Kupferfirst, <strong>der</strong> zwischen dieser<br />
Anordnung liegt, diesem elektrischen Feld voll ausgesetzt. Nun ist es möglich,<br />
wenn <strong>der</strong> First relativ nahe an dem Erdpotential liegt, dass hier Teilentladungen<br />
und Überschläge stattfinden, die mit Funkenbildung verbunden sind. Dies alles<br />
geschieht, ohne dass ein Durchschlag von <strong>der</strong> Fangleitung o<strong>der</strong> vom<br />
Ableitungsdraht auf den Kupferfirst stattgefunden hat.<br />
4.5 Binde- und Vorlegedrähte<br />
Das gleiche Phänomen, das unter 4.4. beschrieben wurde, kann natürlich auch bei<br />
den Dachdeckerdrähten, den Binde- und Vorlegedrähten auftreten; denn auch hier<br />
haben wir es mit einem Metallteil zu tun, das großflächig auf dem Dach verteilt ist.<br />
Zwar ist hier <strong>der</strong> Abstand zum Blitzschutzsystem größer, dafür ist mit den<br />
Bindedrähten jedoch noch eine an<strong>der</strong>e Schwierigkeit verbunden: Sie<br />
durchschneiden das unter 4.4 genannte elektrische Feld senkrecht, da sie vom<br />
Vorlegedraht bis unter die<br />
Lattung reichen (vgl.2.3.2).<br />
Dies kann dann ebenfalls dazu<br />
führen, dass bei Näherungen<br />
zur Elektroinstallation des<br />
Hauses auch hier Teilentladungen<br />
und Überschläge<br />
zwischen Bindedraht und<br />
Elektroinstallation stattfinden.<br />
Abbildung 19: Bindedrähte von innen unterm Dach<br />
umschließen die Lattung [15]<br />
Die unter 4.4 und 4.5 dargestellte Problematik wird in Kapitel 6 ausführlich<br />
untersucht (Lösungsmöglichkeiten siehe 6.2.1 und 6.2.2 sowie Kapitel 7).<br />
-35-
<strong>Diplomarbeit</strong><br />
5. Schäden, die durch Blitzeinwirkung an reetgedeckten Häusern entstanden sind<br />
Ralf Reißen<br />
5. Schäden, die durch Blitzeinwirkung an reetgedeckten Häusern<br />
entstanden sind<br />
In Regionen, wo Weichdächer weit verbreitet sind, ist immer wie<strong>der</strong> in Zeitungen<br />
zu lesen, dass Häuser, die mit <strong>Reet</strong> o<strong>der</strong> Stroh gedeckt waren, ein Opfer <strong>der</strong><br />
Flammen wurden. Verursacht werden solche Brände in vielen Fällen durch die<br />
Auswirkungen eines Blitzeinschlages.<br />
Selbst mit einem installierten Blitzschutzsystem besteht immer noch ein Risiko.<br />
Zwar ist die Gefahr von Direkteinschlägen äußerst gering, dafür ist es aber<br />
möglich, dass durch Näherungen Teilentladungen und sogar Überschläge und<br />
damit Funkenbildung auftritt. Voraussetzung für eine einwandfreie Funktion eines<br />
Blitzschutzsystems sind regelmäßige Sicht- und Funktionsprüfungen <strong>der</strong> Anlage.<br />
Beson<strong>der</strong>s spektakulär ist <strong>der</strong> Blitzeinschlag in das reetgedeckte Rathaus in<br />
Worpswede, das mit einem Blitzschutzsystem versehen war und dennoch in <strong>der</strong><br />
Nacht vom 13. auf den 14.06.1997 infolge eines Blitzeinschlags abgebrannt ist. In<br />
dem Untersuchungsbericht <strong>der</strong> Firma Thormählen [8] wird von den<br />
Gegebenheiten berichtet:<br />
„Das ca. 30 x14 m große und ehemalige Bauerngehöft wurde vor 10 Jahren<br />
renoviert und zum Rathaus hergerichtet. Der Bau ist mit einem ziegelgedeckten<br />
Neubau durch einen Zwischenbau (Schieferdach) verbunden. Das reithgedeckte<br />
Gebäude und auch das Nebengebäude ist mit einer Blitzschutzanlage vor etwa 10<br />
Jahren ausgerüstet worden. Der Neubau hat mit Sicherheit einen<br />
Fundamenter<strong>der</strong>. Bei dem Altbau, <strong>der</strong> auch bei den Grundmauern unterfangen<br />
wurde, scheint auch ein Fundamenter<strong>der</strong> gelegt worden zu sein, da an einer Stelle<br />
ein korrodiertes Bandeisen in <strong>der</strong> Erdoberfläche zu finden war. Die<br />
Erdungswi<strong>der</strong>stände sind auf <strong>der</strong> beigefügten Skizze festgehalten worden. Das<br />
reithgedeckte Gebäude hatte einen Heidefirst, die Firstleitung war an<br />
Blitzschutzmaste befestigt, ferner war das Gebäude mit 6 Ableitungen versehen.<br />
Die Oberleitung bestand aus Kupfer. Die Augenzeugen, die den<br />
Schadenshergang gesehen haben, wi<strong>der</strong>sprechen sich. Einerseits will man<br />
wahrgenommen haben, dass <strong>der</strong> Blitz in die Blitzschutzanlage in <strong>der</strong> Mitte des<br />
Gebäudes eingeschlagen hat und von da aus über das völlig nasse Dach etwa in<br />
<strong>der</strong> Mitte <strong>der</strong> Dachfläche auf die unmittelbar unter <strong>der</strong> Dachfläche verlaufenden<br />
-36-
<strong>Diplomarbeit</strong><br />
5. Schäden, die durch Blitzeinwirkung an reetgedeckten Häusern entstanden sind<br />
Ralf Reißen<br />
zahlreichen Kabel übergeschlagen und somit gezündet hat. Der Bericht eines<br />
an<strong>der</strong>en Augenzeugen will jedoch den Brand vorne im Haus gesehen haben. Eine<br />
an<strong>der</strong>e Version sagt auch noch, dass die Drähte bei dem Blitzeinschlag geglüht<br />
hätten. Der Heidefirst war mit einem metallenen Maschendraht überzogen. Die<br />
elektrische Anlage und <strong>der</strong> eingebaute Überspannungsableiter war zerstört. Ein<br />
Bandstahl, offensichtlich vom Fundamenter<strong>der</strong>, ist auf die Potentialausgleichschiene<br />
gelegt. Ob <strong>der</strong> Bandstahl vom Neubau o<strong>der</strong> vom Altbau kommt, konnte<br />
nicht festgestellt werden, zumal <strong>der</strong> Raum wegen Einsturzgefahr verriegelt war.<br />
Die neben dem Haus stehenden hohen Bäume weisen keine Blitzspuren auf.<br />
Meine Recherchen beim Sicherheitsbeauftragten des Landkreises Osterholz-<br />
Scharmbeck und bei <strong>der</strong> Kriminalpolizei, ebenfalls Osterholz-Scharmbeck, haben<br />
ergeben, dass in <strong>der</strong> Nacht folgende Stromstärken durch das Blitzortungssystem<br />
<strong>der</strong> Firma Siemens gemessen wurden:<br />
144kA<br />
119kA innerhalb von 10 Minuten<br />
151kA<br />
163kA<br />
nach 4 Minuten<br />
186kA<br />
nach 5 Minuten<br />
198kA<br />
nach 1Minute<br />
177kA<br />
nach 20 Minuten<br />
138kA<br />
Die Polizei will mir jedoch eine komplette Auswertung des „Siemens<br />
Ortungssystems“ nicht aushändigen. Die Ortschaft Worpswede liegt im Landkreis<br />
Osterholz-Scharmbeck, dieser Landkreis wie<strong>der</strong>um liegt nordöstlich <strong>der</strong> Stadt<br />
Bremen. Die Fachleute in unserem Hause sind überrascht von den hohen<br />
Stromstärken, die in dieser fraglichen Nacht gemessen wurden.<br />
Nach meiner Auffassung hat ein stromstarker Blitz die Blitzschutzanlage getroffen<br />
und hat sich, bedingt durch den starken Regenguß, leitend über den<br />
Maschendraht und die 4mm Bindedrähte des Reithdaches auf die elektrischen<br />
Leitungen, die in großer Zahl unmittelbar unter dem Reithdach verliefen,<br />
durchgeschlagen. Im übrigen waren überall an den Traufen elektrisch betriebene<br />
Rundummel<strong>der</strong> und elektrische Beleuchtung installiert.“<br />
-37-
<strong>Diplomarbeit</strong><br />
5. Schäden, die durch Blitzeinwirkung an reetgedeckten Häusern entstanden sind<br />
Ralf Reißen<br />
Was war hier geschehen? Zunächst fällt auf, dass die hier aufgeführten Blitze sehr<br />
hohe Blitzstromstärken aufweisen. Statistisch gesehen liegen ansonsten die<br />
meisten Blitze bei Stromstärken unter 100 kA. Dies ergibt sich aus analysierten<br />
Blitzstrommessungen, die als Auswertung in <strong>der</strong> ENV 61024-1 [7] Anhang A<br />
aufgeführt sind:<br />
„A1 Statistische Verteilung<br />
Die Blitzstrommessungen wurden im allgemeinen aus Messungen an hohen<br />
Objekten erhalten. Für diese Norm wird angenommen, daß diese Kennwerte auch<br />
für bauliche Anlagen unter 60 m gelten. Die statistische Verteilung <strong>der</strong><br />
gemessenen Blitzstromkennwerte kann als logarithmische Normalverteilung<br />
angesehen werden. Auf dieser Basis kann die Wahrscheinlichkeit des Auftretens<br />
irgendeines Wertes eines Parameters aus den Werten in Bild A.1 berechnet<br />
werden. Der Anteil <strong>der</strong> Polaritäten ist abhängig vom Geographischen Bereich.<br />
Wenn keine örtlichen Informationen vorliegen, sollte angenommen werden, daß<br />
10% <strong>der</strong> Blitze positive und 90% negative Ströme führen. Die Kennwerte dieser<br />
Norm basieren auf 10% positiven und 90% negativen Blitzen.“<br />
Das bedeutet, die Blitzstromkennwerte können direkt aus dem Diagramm (Bild A.1<br />
in <strong>der</strong> o.g. Norm), getrennt nach positivem und negativem Erstblitz und negativem<br />
Folgeblitz, abgelesen werden. So kann man mit Hilfe <strong>der</strong> Verhältnisse 10%<br />
positivem zu 90% negativem Blitz jede Blitzstromwahrscheinlichkeit ausrechnen:<br />
Möchte man beispielsweise eine 5% tige Wahrscheinlichkeit errechnen, so<br />
ergeben sich folgende Werte:<br />
negativer Erstblitz (5%-Wert) = 85 kA<br />
positiver Blitz (5%-Wert) = 250 kA<br />
daraus ergibt sich: 85 kA⋅<br />
0,9 + 250kA⋅<br />
0,1 = 101, 5kA<br />
Das bedeutet, dass rein statistisch nur 5% aller Erstblitzströme größer als<br />
101,5 kA sind<br />
Also ist anzunehmen, dass die aufgeführte Liste mit den sehr hohen<br />
Blitzstromstärken unvollständig ist.<br />
-38-
<strong>Diplomarbeit</strong><br />
5. Schäden, die durch Blitzeinwirkung an reetgedeckten Häusern entstanden sind<br />
Ralf Reißen<br />
Zur Veranschaulichung des Sachverhaltes und <strong>der</strong> technischen Gegebenheiten<br />
soll eine Prinzipskizze Aufschluß geben:<br />
Abbildung 20: Prinzipskizze des <strong>Reet</strong>dachfirstes mit Blitzschutzsystem,<br />
Dachdeckerdrähten und elektrischer Installation mit Angabe<br />
von ungefähren Abständen [15]<br />
Anhand dieser Zeichnung kann man nun versuchen, den Hergang des<br />
Blitzeinschlags zu rekonstruieren. Lei<strong>der</strong> sind zu dem vorliegenden Fall keine<br />
genauen Angaben über die einzelnen Abstände bekannt, jedoch könnten sie mit<br />
den hier eingetragenen Abständen in etwa übereinstimmen (siehe auch Kapitel 2<br />
beson<strong>der</strong>s 2.3.1 und 2.4.2). Außerdem ist anzumerken, dass die vorhandenen<br />
-39-
<strong>Diplomarbeit</strong><br />
5. Schäden, die durch Blitzeinwirkung an reetgedeckten Häusern entstanden sind<br />
Ralf Reißen<br />
Bindedrähte im Dach <strong>der</strong> Elektroinstallation unter dem Dach zu nahe gekommen<br />
sind. So ist möglicherweise <strong>der</strong> Abstand von einigen Bindedrähten zu einer<br />
Lampenzuleitung zu gering gewesen.<br />
Technisch gesehen ist diese Anordnung ein großer Kondensator, <strong>der</strong><br />
verschiedene Dielektrika (Mehrschichtdielektrika) und einige leitende<br />
Zwischenräume aufweist. Er ist wie folgt aufgebaut:<br />
Die Fangspitze, Fangleitung und Ableitung, die hohes Potential annehmen<br />
können, stellen die eine Elektrode des Kondensators dar. Das erste Dielektrikum,<br />
das folgt, sollte die Luft sein; jedoch ist aus zahlreichen Versuchen und aus <strong>der</strong><br />
VDE bekannt, dass an dieser Stelle die Isolierstütze aus Bongossiholz<br />
einzusetzen ist. Denn betrachtet man ein festes Medium (hier Holz) als<br />
Dielektrikum, so sind die isolierenden Eigenschaften viel schlechter als die bei<br />
Luft. Das liegt hauptsächlich daran, dass an diesem festen Medium<br />
Gleitdurchschläge, hervorgerufen durch Verunreinigungen <strong>der</strong> Oberfläche o<strong>der</strong><br />
durch Feuchtigkeit, auftreten. Um diese unterschiedlichen Dielektrika zu<br />
vergleichen, arbeitet man in <strong>der</strong> VDE mit dem Koeffizienten km, <strong>der</strong> Aufschluss<br />
über die Güte des Dielektrikums gibt.<br />
Material<br />
Km<br />
Luft 1<br />
Festes Material 0,5<br />
Als nächstes folgt eine leitende Schicht in Form des Maschendrahtes über dem<br />
Heidefirst. Ein Gemisch aus nassem Heidekraut und <strong>Reet</strong> bildet das zweite<br />
Dielektrikum, das durch die Durchnässung einen relativ schlechten Isolator<br />
darstellt. Darunter verläuft <strong>der</strong> Dachdeckerdraht (Vorlege- und Bindedrähte), <strong>der</strong><br />
auch als leitende Schicht betrachtet werden kann. Die letzte Isolierschicht ist nicht<br />
so leicht zu bestimmen und hängt ausschließlich von <strong>der</strong> Art und Verlegungsweise<br />
<strong>der</strong> Elektroinstallation ab. Im worst-case-Fall würde das letzte Schichtdielektrika<br />
nur aus einem Kabelmantel, beispielsweise eines NYM-Kabels, bestehen. Die<br />
zweite Elektrode des Kondensators besteht aus <strong>der</strong> Elektroinstallation.<br />
-40-
<strong>Diplomarbeit</strong><br />
5. Schäden, die durch Blitzeinwirkung an reetgedeckten Häusern entstanden sind<br />
Ralf Reißen<br />
Bei einem Blitzeinschlag auf <strong>der</strong> Fangleitung o<strong>der</strong> auf <strong>der</strong> Fangspitze entsteht auf<br />
ihr ein hohes elektrisches Potential. In diesem Zusammenhang wäre es natürlich<br />
wichtig zu wissen, wie groß <strong>der</strong> Blitzstrom und die Blitzstromsteilheit gewesen<br />
sind, wo <strong>der</strong> Blitz genau eingeschlagen hat und wie hoch <strong>der</strong> entsprechende<br />
Erdungswi<strong>der</strong>stand war. Zu allen drei Fragestellungen liegen jedoch keine Daten<br />
vor.<br />
Zwischen <strong>der</strong> Fanganordnung und <strong>der</strong> Erde (in unserem Fall die<br />
Elektroinstallationsleitungen) baut sich ein sehr großes elektrisches Feld auf.<br />
Durch dieses Feld ist es bereits möglich, dass zwischen Maschendraht und<br />
Dachdeckerdraht bzw. zwischen Dachdeckerdraht und Erde (Elektroinstallation)<br />
Teilentladungen o<strong>der</strong> sogar Überschläge entstehen. Diese Überschläge und die<br />
damit verbundene Funkenbildung können bereits ausreichen, um das <strong>Reet</strong>dach zu<br />
entzünden. Bei beson<strong>der</strong>s starken Blitzen wird das Feld so groß, dass es auch an<br />
dem Isolationsmast aus Bongossiholz zunächst zu Gleitentladungen, dann zum<br />
Überschlag kommt.<br />
-41-
<strong>Diplomarbeit</strong><br />
6. Blitzschutztechnische Anfor<strong>der</strong>ungen, die an Weichdächer gestellt werden müssen<br />
Ralf Reißen<br />
6. Blitzschutztechnische Anfor<strong>der</strong>ungen, die an Weichdächer<br />
gestellt werden müssen<br />
6.1. Experimentelle Untersuchung an einem Modell des Blitzschutzsystems<br />
für <strong>Reet</strong>dächer<br />
Um die Effekte zu untersuchen, die an einem Blitzschutzsystem für <strong>Reet</strong>dächer<br />
auftreten, wurde ein Modell entwickelt und aufgebaut. Wichtig war es, dass dieses<br />
Modell die in <strong>der</strong> VDE angegebenen Maße aufwies, um es dann im<br />
Hochspannungslabor <strong>der</strong> Fachhochschule Aachen, Abteilung Jülich, mit einigen<br />
Hochspannungs- und Blitzstoßspannungsversuchen zu untersuchen.<br />
Zunächst wurde ein Holzgestell aufgebaut, das aus versuchstechnischen Gründen<br />
we<strong>der</strong> Nägel noch Schrauben aufweisen sollte, um die Versuchsergebnisse nicht<br />
durch „Fremdmetalle“ zu beeinflussen. Auf diesem Holzgestell wurden dann die<br />
beiden für den Versuch notwendigen Elektroden (eine Hochspannungselektrode<br />
und eine geerdete Elektrode) befestigt. Die geerdete Elektrode sollte die<br />
Elektroinstallation, die sich direkt unter dem Dach befindet, simulieren. Die<br />
Hochspannungselektrode stellt den Blitzableiter dar. Diese beiden Elektroden<br />
wurden aus Rundstahl mit einem Durchmesser von 8 mm hergestellt.<br />
Abbildung 21: Prinzipieller Aufbau des Versuchsmodells einer<br />
Blitzschutzanordnug für ein <strong>Reet</strong>dach [15]<br />
-42-
<strong>Diplomarbeit</strong><br />
6. Blitzschutztechnische Anfor<strong>der</strong>ungen, die an Weichdächer gestellt werden müssen<br />
Ralf Reißen<br />
Die gesamte Versuchsanordnung war etwa 3 m lang. In das Holzgestell konnte<br />
zusätzlich noch eine potentialfreie Mittelelektrode (Rundstahl mit Durchmesser 5<br />
mm), die den Vorlegedraht simulieren sollte, eingesetzt werden. Um den<br />
Dachaufbau schließlich komplett zu simulieren, wurden mit Hilfe von<br />
Abstandhaltern aus Holz noch Bindedrähte (∅ 1,4 mm) zwischen Lattung und<br />
Vorlegedraht befestigt. Die Versuche wurden mit verschiedenen<br />
Modellanordnungen und verschiedenen Abständen <strong>der</strong> Elektroden durchgefahren.<br />
Der Abstand von <strong>der</strong> Hochspannungselektrode zur geerdeten Elektrode war etwa<br />
0,75 m groß. Dieser Abstand setzt sich zusammen aus dem Abstand des<br />
Ableitungsdrahtes vom <strong>Reet</strong>dach, <strong>der</strong> nach VDE 0,4 m beträgt, <strong>der</strong> Dicke des<br />
<strong>Reet</strong>daches, das nach <strong>der</strong> Fachregel für Dachdecker etwa 0,3 m dick ist und <strong>der</strong><br />
Lattung, die ungefähr 3 cm – 5 cm ausmacht.<br />
Der potentialfreie Vorlegedraht liegt etwa 10-15 cm über <strong>der</strong> Lattung. Deswegen<br />
wurden auch beide Abstände beim Versuchsaufbau berücksichtigt.<br />
Zur Veranschaulichung des Versuchsaufbaus sollen folgende Fotos dienen:<br />
Abbildung 22: Versuchsanordnung in <strong>der</strong> Hochspannungshalle [15]<br />
-43-
<strong>Diplomarbeit</strong><br />
6. Blitzschutztechnische Anfor<strong>der</strong>ungen, die an Weichdächer gestellt werden müssen<br />
Ralf Reißen<br />
Abbildung 23: Detailaufnahme <strong>der</strong> Anbindung an die Hochspannung [15]<br />
Abbildung 24: Detailaufnahme <strong>der</strong> geerdeten Elektrode unter <strong>der</strong> Latte<br />
und des potentialfreien Vorlegedrahtes [15]<br />
-44-
<strong>Diplomarbeit</strong><br />
6. Blitzschutztechnische Anfor<strong>der</strong>ungen, die an Weichdächer gestellt werden müssen<br />
Ralf Reißen<br />
Abbildung 25: Bindedrähte zwischen Vorlegedrähten und Lattung<br />
mit hölzernen Abstandhaltern [15]<br />
Abbildung 26: Detailaufnahme <strong>der</strong> Bindedrähte zwischen Vorlegedrähten<br />
und Lattung mit Abstandhaltern [15]<br />
-45-
<strong>Diplomarbeit</strong><br />
6. Blitzschutztechnische Anfor<strong>der</strong>ungen, die an Weichdächer gestellt werden müssen<br />
Ralf Reißen<br />
6.1.1. Untersuchung mit Wechselspannung<br />
Die erste Versuchsreihe wurde mit Wechselspannung durchgeführt. Dazu wurde<br />
die Versuchsanordnung an einen Hochspannungsprüftransformator<br />
angeschlossen, <strong>der</strong> eine Spannung von Umax,eff = 500 kV liefert. Bei jedem Versuch<br />
aus <strong>der</strong> Versuchsreihe wurde die Spannung langsam erhöht, bis ein Durchschlag<br />
erfolgte. Dabei waren die auftretenden Effekte sehr gut zu beobachten.<br />
Abbildung 27: Versuchsaufbau mit Hochspannungstransformator [15]<br />
Im Folgenden werden alle Versuche <strong>der</strong> Versuchsreihe nacheinan<strong>der</strong><br />
beschrieben. Zur Veranschaulichung des prinzipiellen Aufbaus des jeweiligen<br />
Versuchs soll eine Skizze dienen. Die beobachteten Effekte, wie <strong>der</strong> Einsatz von<br />
Teilentladungen, werden jeweils beschrieben.<br />
-46-
<strong>Diplomarbeit</strong><br />
6. Blitzschutztechnische Anfor<strong>der</strong>ungen, die an Weichdächer gestellt werden müssen<br />
Ralf Reißen<br />
6.1.1.1. Versuch 1: ohne Mittelelektrode<br />
Diese Versuchsanordnung sollte hauptsächlich<br />
zur Ermittlung <strong>der</strong> Durchschlagsspannung<br />
dienen.<br />
Der Durchschlag erfolgte bei einer Spannung<br />
von 244 kV. Der Weg <strong>der</strong> meisten Durchschläge<br />
erfolgte als Gleitdurchschlag an einer <strong>der</strong><br />
Holzstützen (vgl. Abb.21)<br />
Abb. 28: Versuchsaufbau 1 [15]<br />
Teilentladungen erfolgten ausschließlich an <strong>der</strong><br />
Hochspannungselektrode. Der Einsatz dieser<br />
Teilentladungen erfolgte hörbar ab etwa 40 kV<br />
und sichtbar ab etwa 100 kV<br />
6.1.1.2. Versuch 2: mit potentialfreier Mittelelektrode (Vorlegedraht) 15 cm über<br />
<strong>der</strong> Latte<br />
Diese Versuchsanordnung sollte Aufschluß<br />
darüber bringen, ob an <strong>der</strong> potentialfreien<br />
Mittelelektrode Teilentladungen stattfinden.<br />
Dies war jedoch nicht <strong>der</strong> Fall. Die<br />
Teilentladungen traten ausschließlich an <strong>der</strong><br />
Hochspannungselektrode auf: Der Einsatz <strong>der</strong><br />
Teilentladungen erfolgte hörbar ab etwa 40 kV<br />
und sichtbar ab etwa 100 kV<br />
Abb. 29: Versuchsaufbau 2 [15]<br />
Der Durchschlag erfolgte bei einer Spannung<br />
von 238 kV. Auch hier waren fast ausschließlich<br />
-47-
<strong>Diplomarbeit</strong><br />
6. Blitzschutztechnische Anfor<strong>der</strong>ungen, die an Weichdächer gestellt werden müssen<br />
Ralf Reißen<br />
Gleitdurchschläge zu beobachten, wobei <strong>der</strong> Weg <strong>der</strong> Entladungen in vielen<br />
Fällen über die potentialfreie Mittelelektrode führte (siehe Abbildung 30).<br />
Abbildung 30: Durchschlag an Versuchsanordnung [15]<br />
6.1.1.3. Versuch 3: mit potentialfreier Mittelelektrode (Vorlegedraht) 10 cm über<br />
<strong>der</strong> Latte<br />
Wie zuvor bereits in <strong>der</strong> zweiten Versuchsanordnung<br />
traten auch hier die Teilentladungen<br />
ausschließlich an <strong>der</strong> Hochspannungselektrode<br />
auf. Teilentladungen setzten hörbar ab etwa 40<br />
kV und sichtbar ab etwa 100 kV.<br />
Der Durchschlag, <strong>der</strong> auch hier als<br />
Gleitdurchschlag wie auf Abbildung 30 zu sehen<br />
war, erfolgte bei einer Scheitelspannung von 225<br />
kV.<br />
Abb. 31: Versuchsaufbau 3 [15]<br />
-48-
<strong>Diplomarbeit</strong><br />
6. Blitzschutztechnische Anfor<strong>der</strong>ungen, die an Weichdächer gestellt werden müssen<br />
Ralf Reißen<br />
6.1.1.4. Versuch 4: realistisches <strong>Reet</strong>dachmodel mit Abständen nach VDE sowie<br />
Binde- und Vorlegedrähte (15 cm über <strong>der</strong> Latte)<br />
Abb. 32: Versuchsaufbau 4 [15]<br />
Diese Modellanordnung beinhaltet die<br />
Eigenschaften, die <strong>Reet</strong>dächer zeigen, die nach<br />
dem heutigen Stand <strong>der</strong> Technik aufgebaut sind<br />
(vgl. Kapitel 2.3.1 und 2.3.2).<br />
Hier traten Teilentladungen zwischen dem<br />
Bindedraht und <strong>der</strong> geerdeten Elektrode auf.<br />
Der Abstand von dem unteren Punkt des<br />
Bindedrahtes zur Erdelektrode betrug etwa 10<br />
mm. Zunächst war es verwun<strong>der</strong>lich, dass <strong>der</strong><br />
Teilentladungseinsatz bereits bei etwa 34 kV zu<br />
hören war. Sichtbar wurde dieser, und zwar mit<br />
deutlichem Funkensprühen, ab einer Spannung<br />
von 70 kV. Dieses Funkensprühen bei <strong>der</strong> Spannung von 70 kV reichte aus, ein<br />
Papiertaschentuch, welches zwischen dem Bindedraht und <strong>der</strong> Erdelektrode<br />
befestigt war, zu entzünden.<br />
Der Durchschlag, <strong>der</strong> im unteren Teil <strong>der</strong> Versuchsanordnung ausschließlich über<br />
die Bindedrähte erfolgte, trat bei einer Spannung von 200 kV auf.<br />
Abbildung 33:<br />
Durchschlag bei Wechselspannung<br />
(oberer Teil:<br />
Gleitdurchschlag an Holzstütze,<br />
unterer Teil:<br />
Durchschlag über Bindedraht)<br />
[15]<br />
-49-
<strong>Diplomarbeit</strong><br />
6. Blitzschutztechnische Anfor<strong>der</strong>ungen, die an Weichdächer gestellt werden müssen<br />
Ralf Reißen<br />
6.1.1.5. Versuch 5: realistisches <strong>Reet</strong>dachmodel mit Abständen nach VDE sowie<br />
Binde- und Vorlegedrähte (10 cm über <strong>der</strong> Latte)<br />
Analog zu Versuch 4 sollten nun die Effekte bei<br />
vermin<strong>der</strong>tem Abstand zwischen Vorlegedraht<br />
und Erdelektrode untersucht werden.<br />
Auch hier traten die Teilentladungen wie<strong>der</strong><br />
ausschließlich am Zwischenraum zwischen<br />
Bindedraht und geerdeter Elektrode auf. Hörbarer<br />
TE-Einsatz erfolgte ab 38 kV, sichtbarer ab etwa<br />
75 kV.<br />
Der Durchschlag, <strong>der</strong> wie in Abbildung 33 zu<br />
sehen war, erfolgte bei 205 kV.<br />
Abb. 34: Versuchsaufbau 5 [15]<br />
Da bei den Versuchen 4 und 5 die Teilentladungen und damit verbunden eine<br />
massive Funkenbildung zwischen dem Bindedraht und <strong>der</strong> Erdelektrode auftraten,<br />
war es nun noch interessant, den Zusammenhang zwischen dem Abstand <strong>der</strong><br />
beiden Drähte und <strong>der</strong> Höhe <strong>der</strong> Spannung zu untersuchen, bei <strong>der</strong> ein sichtbarer<br />
TE-Einsatz auftrat. Bei den bisherigen Versuchen 4 und 5 betrug dieser Abstand<br />
zwischen dem unteren Ende des Bindedrahtes und dem geerdeten Draht 10 mm.<br />
Im folgenden Versuchsteil, <strong>der</strong> die sonstigen Abstände des Versuch 4 aufwies,<br />
wurde dieser Abstand variiert. Die Ergebnisse sind in <strong>der</strong> Tabelle dargestellt:<br />
Abstand<br />
Bindedraht – Erdelektrode<br />
in mm<br />
TE-Einsatz bei einer<br />
Scheitelspannung<br />
in kV<br />
-50-<br />
Durchschlags-<br />
Spannung<br />
in kV<br />
2 37 200<br />
5 58 198<br />
10 70 200<br />
16 85 198<br />
Tabelle 2: TE-Einsatz und Durchschlagsspannung in Abhängigkeit vom Abstand<br />
Bindedraht - Erdelektrode
<strong>Diplomarbeit</strong><br />
6. Blitzschutztechnische Anfor<strong>der</strong>ungen, die an Weichdächer gestellt werden müssen<br />
Ralf Reißen<br />
6.1.1.6. Versuch 6: realistisches <strong>Reet</strong>dachmodel mit Abständen nach VDE und<br />
geerdeten Binde- und Vorlegedrähten (15 cm über <strong>der</strong> Latte)<br />
Nun sollte untersucht werden, was an <strong>der</strong><br />
Anordnung passiert, wenn <strong>der</strong> Vorlegedraht, <strong>der</strong><br />
mit dem Bindedraht elektrisch leitend verbunden<br />
ist, geerdet wird. Die Erdung erfolgte nur an einer<br />
Stelle am Vorlegedraht, und zwar durch<br />
einfaches Verbinden mittels des Bindedrahtes an<br />
die geerdete Elektrode.<br />
Abb. 35: Versuchsaufbau 6 [15]<br />
Hier erfolgte <strong>der</strong> Einsatz <strong>der</strong> Teilentladungen<br />
wie<strong>der</strong> ausschließlich an <strong>der</strong> Hochspannungselektrode.<br />
Der TE-Einsatz war ab einer Spannung von 40kV<br />
zu hören und sichtbar ab etwa 100kV. Die Durchschlagsspannung war schon bei<br />
180kV erreicht, was sich mit dem kleiner gewordenen Abstand zwischen<br />
Hochspannung und Erde erklären läßt.<br />
-51-
<strong>Diplomarbeit</strong><br />
6. Blitzschutztechnische Anfor<strong>der</strong>ungen, die an Weichdächer gestellt werden müssen<br />
Ralf Reißen<br />
6.1.2. Untersuchung mit Blitzstoßspannung<br />
Die zweite Versuchsreihe wurde mit Blitzstoßspannung durchgeführt. Dazu wurde<br />
die Versuchsanordnung an einen 9-stufigen Marx-Generator mit einer Summenladespannung<br />
von 900kV angeschlossen. Dieser Marxgenerator ist in <strong>der</strong> Lage,<br />
eine nach VDE genormte Blitzstoßspannung 1,2/50 zu liefern, die einen Blitzstrom<br />
in <strong>der</strong> Größenordnung von einigen hun<strong>der</strong>t Ampere liefert. Nach VDE hat die<br />
Blitzstoßspannung 1,2/50 eine Stirnzeit T1= 1,2μs ±30% und eine Rückenhalbwertzeit<br />
T2= 50μs ± 20%.<br />
Zur Erläuterung dieser Zeiten<br />
soll das neben stehende Diagramm<br />
Aufschluß geben.<br />
T1 = Stirnzeit<br />
T2 = Rückenhalbwertsz eit<br />
Tc = Abschneidezeit<br />
Abbildung 36: Definition von Kenngrößen <strong>der</strong><br />
Blitzstoßspannung 1,2/50 [10]<br />
Abbildung 37: 9-Stufiger Marx-Generator in <strong>der</strong> Hochspannungshalle<br />
<strong>der</strong> Fachhochschule Aachen, Abt. Jülich [15]<br />
-52-
<strong>Diplomarbeit</strong><br />
6. Blitzschutztechnische Anfor<strong>der</strong>ungen, die an Weichdächer gestellt werden müssen<br />
Ralf Reißen<br />
Zu Beginn <strong>der</strong> Versuche ergab sich, dass die Holzstützen des Modells den<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen des Versuchs nicht gewachsen waren: Nach drei Durchschlägen<br />
waren alle drei Holzstützen (siehe Abbildung 22) vom Blitzstrom zerstört worden.<br />
Die völlig zerstörten Holzstützen wurden gegen Kunststoffstützen aus Pertinax<br />
ausgetauscht und mit Kunststoffschrauben an den Holzfüßen des Modells<br />
befestigt. Dann konnte <strong>der</strong> Blitzstoßspannungsversuch gefahren werden.<br />
Bei jedem Versuch aus <strong>der</strong> Versuchsreihe wurde die Spannung langsam erhöht,<br />
bis die Durchschlagsspannung erreicht war. Anschließend wurde die Höhe <strong>der</strong><br />
Spannung etwas verringert, um das eventuelle Auftreten von Teilentladungen zu<br />
beobachten. Dies wurde mit allen 6 Versuchsanordnungen (vgl. 6.1.1.1 bis<br />
6.1.1.6) durchgeführt. Bei keiner <strong>der</strong> Versuchsanordnungen waren jedoch<br />
zunächst Teilentladungen bzw. Überschläge zu beobachten. Hier ist zu<br />
berücksichtigen, dass <strong>der</strong> Vorgang dieser Blitzentladungen immerhin im μs-<br />
Bereich liegt.<br />
Schließlich wurde die ganze Versuchsreihe noch einmal wie<strong>der</strong>holt, diesmal<br />
jedoch mit einem „mechanischen Auge“, einem Fotoapparat, <strong>der</strong> mit Hilfe <strong>der</strong><br />
Langzeitbelichtung die Teilentladungen sichtbar machen sollte. Auf den später<br />
entwickelten Bil<strong>der</strong>n war jedoch nichts festzustellen, was auf eine Teilentladung<br />
hinweisen könnte. Es kann also über das Auftreten von Teilentladungen im<br />
Zusammenhang mit <strong>der</strong> Blitzstoßspannung keine Aussage gemacht werden.<br />
Die Ermittlung <strong>der</strong> Durchschlagsspannung (hier 50%-Durchschlagsspannung)<br />
erfolgte nach <strong>der</strong> „up and down Methode“:<br />
Bei jedem Versuch aus <strong>der</strong> Versuchsreihe wurde die Spannung langsam erhöht,<br />
bis die Durchschlagsspannung erreicht war. Nach dem erfolgten Durchschlag<br />
wurde die Höhe <strong>der</strong> Spannung dann etwas herabgesetzt. Erfolgte erneut ein<br />
Durchschlag, so war die Spannung wie<strong>der</strong> herabzusetzen, an<strong>der</strong>enfalls, wenn<br />
kein Durchschlag erfolgte, musste die Spannung erhöht werden. Diese Prozedur<br />
wurde 20 mal wie<strong>der</strong>holt, um genügend Meßwerte zu haben, um die 50%-<br />
Durchschlagsspannung Ud/50% zu ermitteln. Hierbei war zu beachten, dass<br />
mindestens 8 und höchstens 12 <strong>der</strong> 20 Versuche einen Durchschlag zur Folge<br />
hatten. Der Mittelwert dieser 20 Messungen ergibt die 50%-Durchschlagspannung<br />
Ud/50.<br />
-53-
<strong>Diplomarbeit</strong><br />
6. Blitzschutztechnische Anfor<strong>der</strong>ungen, die an Weichdächer gestellt werden müssen<br />
Ralf Reißen<br />
In <strong>der</strong> folgenden Tabelle sind alle Versuchsreihen mit den entsprechenden<br />
Messergebnissen <strong>der</strong> einzelnen Versuche dargestellt. Die Spannungen, bei denen<br />
Durchschläge erfolgten, sind fett und kursiv gedruckt.<br />
Versuch<br />
Nr.:<br />
-54-<br />
Versuchsaufbau<br />
1<br />
U d<br />
kV<br />
Versuchsaufbau<br />
2<br />
U d<br />
kV<br />
Versuchsaufbau<br />
3<br />
U d<br />
kV<br />
Versuchsaufbau<br />
4<br />
U d<br />
kV<br />
Versuchsaufbau<br />
5<br />
U d<br />
kV<br />
Versuchsaufbau<br />
6<br />
1 424,1 408,4 418,8 314,2 340,3 324,6<br />
2 408,4 387,5 413,6 335,1 345,6 308,9<br />
3 392,7 390,1 408,4 319,4 350,8 314,2<br />
4 403,2 403,2 418,8 324,6 345,6 324,6<br />
5 424,1 403,2 424,1 329,9 345,6 324,6<br />
6 418,8 392,7 413,6 319,4 345,6 324,6<br />
7 403,2 408,4 413,6 324,6 335,1 324,6<br />
8 413,6 397,9 413,6 324,6 345,6 319,4<br />
9 408,4 397,9 413,6 324,6 345,6 324,6<br />
10 408,4 418,8 413,6 319,4 345,6 327,3<br />
11 413,6 408,4 418,8 324,6 340,3 324,6<br />
12 418,8 392,7 418,8 324,6 345,6 324,6<br />
13 418,8 408,4 413,6 324,6 340,3 324,6<br />
14 403,2 418,8 408,4 314,2 345,6 324,6<br />
15 413,6 397,9 387,5 324,6 345,6 324,6<br />
16 413,6 403,2 387,5 314,2 345,6 322,0<br />
17 403,2 418,8 403,2 324,6 345,6 324,6<br />
18 397,9 413,6 408,4 314,2 345,6 319,4<br />
19 397,9 413,6 397,9 324,6 340,3 322,0<br />
20 408,4 408,4 403,2 329,8 345,6 324,6<br />
Ud/50%<br />
in kV<br />
409,7 404,6 409,9 322,8 344,3 322,7<br />
Tabelle 3: Durchschlagsspannungen nach <strong>der</strong> 50% Methode<br />
U d<br />
kV<br />
Wie man aus den Werten in <strong>der</strong> Tabelle ersehen kann, ist die Durchschlagsspannung<br />
direkt proportional zum Abstand <strong>der</strong> jeweiligen Elektrodenanordnung.<br />
Ist beispielsweise eine nur potentialfreie Mittelelektrode vorhanden, so macht dies<br />
keinen großen Unterschied in <strong>der</strong> Durchschlagsspannung (Versuchsanordnung 1<br />
bis 3). Werden im Versuchsaufbau Bindedrähte verwendet, so ist die
<strong>Diplomarbeit</strong><br />
6. Blitzschutztechnische Anfor<strong>der</strong>ungen, die an Weichdächer gestellt werden müssen<br />
Ralf Reißen<br />
Durchschlagsspannung direkt um 90 kV (Abstand 55cm) bzw. um 65 kV (Abstand<br />
60cm) niedriger. Ob die Dachdeckerdrähte geerdet sind, spielt für die<br />
Durchschlagsspannung in unserem Versuchsaufbau keine nennenswerte Rolle.<br />
6.2. Kriterien für einen wirksamen Blitzschutz<br />
Wie die Versuche in Kapitel 6.1. gezeigt haben, sind für einen wirksamen<br />
Blitzschutz von reetgedeckten Gebäuden einige Kriterien zu beachten. Wichtigster<br />
Punkt ist dabei, dass das Blitzschutzsystem isoliert aufgebaut ist und dass die<br />
Sicherheitsabstände nach VDE auf keinen Fall unterschritten werden. In den<br />
Versuchen wurde deutlich, dass die größte Gefahr bei solchen Anlagen die<br />
Näherungen von Metallteilen auf dem Dach (Dachdeckerdraht, Firstabdeckung<br />
aus Kupferblech etc.) zu geerdeten Teilen (Elektroinstallation, geerdete Rohre<br />
etc.) in unmittelbarer Nähe sind. Der Sicherheitsabstand um solche Näherungen<br />
auszuschließen, kann nach DIN V ENV 61024-1 [7] berechnet werden, in <strong>der</strong><br />
Praxis hat sich jedoch ein Abstand von etwa 0,5 m bewährt. Können diese<br />
Näherungen o<strong>der</strong> die Wirkung dieser Näherungen ausgeschaltet werden, so ist<br />
ein wirksamer Blitzschutz grundsätzlich möglich.<br />
6.2.1. Erdung <strong>der</strong> metallenen Teile<br />
Ist unmittelbar unter dem Dach die Elektroinstallation o<strong>der</strong> etwa ein geerdetes<br />
Rohr (Wasserleitung etc.) vorhanden, so sind, um die Wirkung einer eventuellen<br />
Näherung zu vermeiden, alle auf o<strong>der</strong> in dem <strong>Reet</strong>dach befindlichen Metallteile zu<br />
erden. Dies gilt auch für die Dachdeckerdrähte. In <strong>der</strong> Realität ist dies jedoch ein<br />
schwieriges Unterfangen! Bei <strong>der</strong> Eindeckungsart eines genähten <strong>Reet</strong>daches<br />
(vgl. 2.3.2) ist eine Erdung <strong>der</strong> Drähte nahezu unmöglich. Beim gebundenen o<strong>der</strong><br />
geschraubten <strong>Reet</strong>dach (vgl. 2.3.1 und 2.3.3), welches in Norddeutschland die<br />
häufigsten Dachdecktechniken sind, ist ein großflächiges Erden <strong>der</strong><br />
Dachdeckerdrähte bei einem Neubau möglich: Die Vorlegedrähte müssen dazu<br />
-55-
<strong>Diplomarbeit</strong><br />
6. Blitzschutztechnische Anfor<strong>der</strong>ungen, die an Weichdächer gestellt werden müssen<br />
Ralf Reißen<br />
mit einem geeigneten Draht elektrisch leitend untereinan<strong>der</strong> verbunden werden.<br />
Die Verbindung mit dem Potentialausgleich erfolgt über eine Kupferleitung mit<br />
einer Querschnittsfläche von 6 mm². Die Anbindung an diese Leitung und die<br />
Durchführung durch das <strong>Reet</strong>dach müssen unbedingt isoliert werden, um an<br />
diesen Stellen eine Funkenbildung zu vermeiden. Diese Isolation kann durch<br />
einen handelsüblichen PVC-Überzug erfolgen.<br />
Wie dies aussehen könnte, soll die folgende Skizze deutlich machen:<br />
Abbildung 38: Erdung <strong>der</strong> Vorlegedrähte am Beispiel eines Walmdaches [15]<br />
An<strong>der</strong>e auf dem Dach befindliche Metallteile, wie z.B. ein Kupferfirst, sind ebenso<br />
zu erden. Dies sollte bereits beim Montieren des Kupferblechs berücksichtigt<br />
werden, da <strong>der</strong> Anschluß am besten von unten am Blech angebracht wird und <strong>der</strong><br />
6 mm²-Kupferdraht, <strong>der</strong> die Anbindung an den Potentialausgleich gewährleistet,<br />
durch die Dachhaut heruntergeführt werden soll. Auch hier ist eine Isolation <strong>der</strong><br />
Anschlußklemmen und des Durchführungsdrahtes vorzunehmen, um eine<br />
Funkenbildung zu verhin<strong>der</strong>n.<br />
-56-
<strong>Diplomarbeit</strong><br />
6. Blitzschutztechnische Anfor<strong>der</strong>ungen, die an Weichdächer gestellt werden müssen<br />
Ralf Reißen<br />
Wenn ein solcher Kupferfirst aus mehreren Blechteilen zusammengefügt wird, so<br />
ist beson<strong>der</strong>s darauf zu achten, dass die einzelnen Teile gut elektrisch leitend<br />
miteinan<strong>der</strong> verbunden werden, damit <strong>der</strong> Wi<strong>der</strong>stand vom äußersten Kupferblech<br />
zur Potentialausgleichschiene möglichst klein bleibt und durch eventuelle<br />
„schlechte o<strong>der</strong> isolierende Übergänge“ keine Funkenbildung auftritt.<br />
6.2.2. Keine Erdung <strong>der</strong> metallenen Teile<br />
Soll an einem Altbau ein Blitzschutzsystem nachgerüstet werden, so ist es nicht<br />
mehr möglich, die im Dach befindlichen Dachdeckerdrähte zu erden. Es ist jedoch<br />
grundsätzlich auch hier möglich, ein Blitzschutzsystem aufzubauen, ohne dass die<br />
Metallteile im und auf dem Dach geerdet werden müssen. Dann muss aber<br />
gewährleistet sein, dass auf <strong>der</strong> gesamten Dachfläche unter dem Dach und<br />
beson<strong>der</strong>s an den Stellen, wo über dem Dach die Fangleitung o<strong>der</strong> die<br />
Ableitungen hängen, keine Näherungen zu geerdeten Teilen entstehen können.<br />
Im Näherungsbereich <strong>der</strong> Dachdeckerdrähte, beson<strong>der</strong>s des Bindedrahts, muss<br />
auf Elektroinstallation und an<strong>der</strong>e geerdete Installationen, wie z.B. Wasser o<strong>der</strong><br />
Heizungsrohre, verzichtet werden. Ist dies möglich, so sind nicht geerdete,<br />
potentialfreie Elektroden wie Dachdeckerdrähte o<strong>der</strong> Kupferfirste o<strong>der</strong> sogar<br />
Kehlen aus Kupferblech möglich.<br />
Dieses Prinzip ist allerdings äußerst fehler-intolerant. Ein auch nachträglich<br />
eingebautes metallenes Teil, das die Näherungsbedingungen nicht erfüllt, führt zu<br />
einem Unterlaufen des Schutzes. Aus diesem Grunde kann dieses Prinzip nicht<br />
zur grundsätzlichen Anwendung empfohlen werden!<br />
6.2.3. keine Verwendung von metallenen Teilen<br />
Die Näherungsproblematik könnte auch dadurch verhin<strong>der</strong>t werden, dass in und<br />
auf dem Dach keine metallenen Teile Verwendung finden. Dies erweist sich als<br />
sehr schwierig! Die „Fachregel für Dachdeckungen mit <strong>Reet</strong>“ besagt ausdrücklich,<br />
dass aus Brandschutzgründen die Befestigung des <strong>Reet</strong>s ausschließlich mit<br />
nichtbrennbaren Materialien, wie etwa Draht, zu erfolgen hat. Einen Werkstoff<br />
-57-
<strong>Diplomarbeit</strong><br />
6. Blitzschutztechnische Anfor<strong>der</strong>ungen, die an Weichdächer gestellt werden müssen<br />
Ralf Reißen<br />
aufzuzeigen, <strong>der</strong> allen Ansprüchen genügt, <strong>der</strong> <strong>der</strong> Brandschutz- und <strong>der</strong><br />
Näherungsproblematik gerecht wird und <strong>der</strong> zudem noch tragbar ist, was die<br />
Kosten und den Verlegeaufwand betrifft, würde über den Rahmen dieser<br />
<strong>Diplomarbeit</strong> hinausgehen.<br />
Die einzige Methode, die auch heute zum Teil noch Anwendung findet, ist das<br />
Befestigen mit Holzruten (Weiden, Haselnuss etc.) als Vorlegematerial und das<br />
Binden mit geeigneten Naturfasern (Sisal-, Kokos- o<strong>der</strong> Hanfbän<strong>der</strong>). Dies<br />
geschieht jedoch nur bei historisch wertvollen Gebäuden und soll dann<br />
hauptsächlich als Anschauungsobjekt, z. B. in Museumsdörfern, dienen.<br />
6.2.4. Verwendung von Kunstreet<br />
Die Möglichkeit, Kunstreet zu verwenden, sollte nur <strong>der</strong> Vollständigkeit halber mit<br />
in diese Ausarbeitung mit aufgenommen werden:<br />
Mit Argumenten des Brandschutzes und des Naturschutzes wird heute bereits ein<br />
Kunstreet angeboten, das sich in <strong>der</strong> Optik weitgehend dem natürlichen <strong>Reet</strong>dach<br />
anpaßt. Es handelt sich um geradlinige Halme aus Hart-PVC, die auf mo<strong>der</strong>nen<br />
Extru<strong>der</strong>n gefertigt werden und dann in unterschiedlicher Länge und Färbung<br />
sowie mit unregelmäßigen freien Enden zu einer wetterfesten, unverrottbaren<br />
Schindel thermisch verschweißt sind. Jede einzelne Schindel in den<br />
Abmessungen 50 x 25 cm ist mit entsprechenden Nagellöchern für die Anbringung<br />
auf dem Dachunterbau versehen. Bei Dächern mit diesen Schindeln wird das<br />
„<strong>Reet</strong>dach“ auf die reine Optik reduziert allerdings mit dem Argument,<br />
bauphysikalisch nach DIN 4102 als Hartbedachung zu gelten. Das Material gilt als<br />
schwer entflammbar und wi<strong>der</strong>standsfähig gegen Flugfeuer und strahlende<br />
Wärme. Mit den bauphysikalischen, biologischen und ästhetischen Eigenschaften<br />
des <strong>Reet</strong>daches aus Naturmaterialien hat diese Dachdeckung allerdings nur noch<br />
wenig gemeinsam. [1]<br />
-58-
<strong>Diplomarbeit</strong><br />
Ralf Reißen<br />
7. Konzept für Neubauten und Nachrüstungen an bestehenden Gebäuden anhand von Fallbeispielen<br />
7. Konzept für Neubauten und Nachrüstungen an bestehenden<br />
Gebäuden anhand von Fallbeispielen<br />
In diesem Kapitel soll auf konkrete Fälle von Dachaufbauten, Firstarten, Kaminen,<br />
Dachsanierungen usw. eingegangen werden. Zudem sollen Lösungsvorschläge zu<br />
den Gefahrenpunkten an <strong>Reet</strong>dächern anhand <strong>der</strong> in Kapitel 4 dargestellten<br />
Probleme aufgezeigt werden.<br />
Beim Decken des <strong>Reet</strong>daches ist bereits zu beachten, dass die Dachdeckerdrähte<br />
in den Potentialausgleich des Hauses einzubeziehen sind (vgl. 6.2.1.). Dies ist<br />
jedoch nur möglich, wenn das Dach „gebunden“ o<strong>der</strong> „geschraubt“ (vgl 2.3.1. und<br />
2.3.3.) wird, da bei diesen Decktechniken ein Vorlegedraht Verwendung findet.<br />
Dieser Vorlegedraht darf auf keinen Fall kunststoffummantelt sein o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e<br />
isolierende Eigenschaften aufweisen, da dies zwangsläufig zu Funkenbildung an<br />
<strong>der</strong> Isolation führen würde. Das gleiche gilt auch für den Bindedraht. Als<br />
Bindedraht sollte ein verzinkter Stahldraht mit einem Durchmesser von 1 mm o<strong>der</strong><br />
ein Kupferdraht mit einem Durchmesser von 1,5 mm verwendet werden.<br />
Geeignete Vorlegedrähte sollten ebenfalls aus verzinktem Stahl o<strong>der</strong> aus Kupfer<br />
bestehen und einen Durchmesser von 5 mm aufweisen.<br />
Um die Dachdeckerdrähte nun an den Potentialausgleich anzuschließen, müssen<br />
diese mittels Draht elektrisch leitend verbunden werden (siehe Abb. 38). Dies<br />
geschieht, indem die Vorlegedrähte mit einem Draht (dem Verbindungsdraht),<br />
dessen Durchmesser und Beschaffenheit dem Vorlegedraht entsprechen sollte,<br />
verbunden werden. Das Verbinden dieser Drähte soll mit Hilfe des Bindedrahtes<br />
erfolgen, indem dieser einfach in einer Schlaufe um die sich kreuzenden<br />
Vorlegedrähte gelegt und mit einer Zange angezogen und verdrillt wird. Hinter<br />
dem untersten Vorlegedraht (an <strong>der</strong> Traufe) ist <strong>der</strong> Verbindungsdraht mit einem<br />
Isolierschlauch zu versehen und durch das <strong>Reet</strong> hindurch unter die Dachfläche zu<br />
führen. Von hier aus soll <strong>der</strong> Verbindungsdraht mit einem isolierten Kupferdraht<br />
mit einer Querschnittsfläche von 6 mm² an die Potentialausgleichschiene<br />
angebunden werden.<br />
-59-
<strong>Diplomarbeit</strong><br />
Ralf Reißen<br />
7. Konzept für Neubauten und Nachrüstungen an bestehenden Gebäuden anhand von Fallbeispielen<br />
Ist das Dach bereits vorhanden, so ist es nicht mehr möglich, die<br />
Dachdeckerdrähte an den Potentialausgleich anzuschließen. Hier ist es dann<br />
wichtig, bei sämtlichen metallenen Installationen (Elektroinstallation,<br />
Antennenkabel, metallene Rohre etc.) einen ausreichenden Abstand von den<br />
Dachdeckerdrähten (Abstand >20 cm) einzuhalten (vgl.6.2.2.). Dies ist auch bei<br />
nachträglichen Installationsarbeiten von allen Installateuren zu berücksichtigen.<br />
Eine beispielsweise nachträglich verlegte Leitung, die diese<br />
Näherungsbedingungen nicht erfüllt, führt unweigerlich zu einem Unterlaufen des<br />
Schutzes. Deswegen ist dieses Prinzip äußerst fehler-intolerant und kann nicht zur<br />
grundsätzlichen Anwendung empfohlen werden. Sollte es dennoch praktiziert<br />
werden, so sind regelmäßige Kontrollen und Sichtprüfungen eine wichtige<br />
Voraussetzung für ein funktionsfähiges Blitzschutzsystem.<br />
Über Art und Umfang dieser Sicht- und Funktionsprüfungen gibt die VDE V 0185<br />
Teil 110 [11], die sich ausschließlich mit diesem Thema beschäftigt, Auskunft. In<br />
dieser Norm ist ebenfalls nachzulesen, in welchen Zeitabständen für die<br />
entsprechende Schutzklasse eine Prüfung durchzuführen ist.<br />
Ein Blitzschutzsystem für reetgedeckte Häuser muss isoliert aufgebaut sein. Das<br />
bedeutet: Alle Fangleitungen und Ableitungen müssen auf Isolierstützen<br />
angebracht werden und zum Dach einen Mindestabstand von 60 cm für die<br />
Fangleitung und 40 cm für den Ableitungsdraht aufweisen. Die Mindestabstände<br />
von 60 bzw. 40 cm zum Dach gewährleisten einen Abstand zwischen den<br />
Dachdeckerdrähten und dem Blitzschutzsystem von etwa 55-60 cm. Diese<br />
Mindestabstände sollen je nach Beschaffenheit des Daches (z.B. Kupferfirst)<br />
vergrößert werden, und zwar in dem Maße, dass die Abstände vom<br />
Blitzschutzsystem zu den Metallteilen von 60 cm gewährleistet sind. Die<br />
Isolierstützen bestehen im allgemeinen aus einem Hartholz (z.B. Bongossiholz).<br />
Es ist jedoch auch möglich, an<strong>der</strong>e Isolierstoffe zu verwenden (siehe auch Kapitel<br />
8).<br />
-60-
<strong>Diplomarbeit</strong><br />
Ralf Reißen<br />
7. Konzept für Neubauten und Nachrüstungen an bestehenden Gebäuden anhand von Fallbeispielen<br />
7.1. Dach mit Heide- o<strong>der</strong> Sodenfirst<br />
Die am meisten verbreitete Firstart in Norddeutschland ist wohl <strong>der</strong> Heidefirst<br />
(siehe auch 2.4.2.). Beim Heide- o<strong>der</strong> auch beim Sodenfirst werden ausschließlich<br />
in <strong>der</strong> Natur nachwachsende Rohstoffe wie Heidekraut o<strong>der</strong> Grassoden<br />
verwendet.<br />
Bei <strong>der</strong> Installation eines Blitzschutzsystems ist hier beson<strong>der</strong>s darauf zu achten,<br />
dass die Sicherheitsabstände <strong>der</strong> isolierten Fangleitung (60 cm Abstand zum First)<br />
und <strong>der</strong> Ableitungen (40 cm Abstand zur Dachfläche), nach VDE 0185 Teil 2 [6],<br />
nicht unterschritten werden. Dies ist beson<strong>der</strong>es zu beachten, da das Firstmaterial<br />
dem natürlichen Prozess <strong>der</strong> Verrottung unterliegt und ca. alle 8 bis 10 Jahre<br />
nachgebessert werden muss. Beim Nachbessern bzw. „Auffrischen“ des Firstes<br />
mit Heidekraut o<strong>der</strong> Grassoden dürfen die o. g. Abstände nicht unterschritten<br />
werden.<br />
Abbildung 39: Beispielhaft installiertes Blitzschutzsystem auf <strong>Reet</strong>dach mit<br />
Heidefirst [16]<br />
Zum Schutz des Firstes vor Vogelabtragungen wurde er bisher mit einem<br />
metallenen Maschendraht abgedeckt. Dies ist jedoch aus blitzschutztechnischen<br />
-61-
<strong>Diplomarbeit</strong><br />
Ralf Reißen<br />
7. Konzept für Neubauten und Nachrüstungen an bestehenden Gebäuden anhand von Fallbeispielen<br />
Gründen nicht zulässig. In <strong>der</strong> Fachregel für Dachdeckungen mit <strong>Reet</strong> des<br />
Deutschen Dachdeckerhandwerkes ist auf diese Problematik ausdrücklich<br />
hingewiesen: „4.3.2.(4) Eine zusätzliche Bespannung mit z.B. Kunststoffnetzen ist<br />
möglich. Die Verwendung von Drahtgeflächten ist in Verbindung mit Blitzschutz an<br />
Gebäuden nicht zulässig.“ Der Heide- o<strong>der</strong> Sodenfirst kann genau so gut mit<br />
einem UV-beständigem Kunststoff- bzw. Nylonnetz vor den Vogelabtragungen<br />
geschützt werden. Ein Beispiel für ein solches Firstschutznetz ist das Netz SN<br />
50/2 aus hochfestem Nylonnetzwerk, olivgrün, uv-stabilisierend imprägniert und<br />
mit Flammschutzfaktor ausgerüstet (Bezogen werden kann es z.B. bei <strong>der</strong><br />
Netzfabrik Walter Kremmin KG, Ammerlän<strong>der</strong> Heerstraße 189-207, 26129<br />
Oldenburg).<br />
7.2. Dach mit Ziegelfirst<br />
In einigen Regionen Norddeutschlands ist es weit verbreitet, den First des<br />
<strong>Reet</strong>daches mit 3-4 Reihen Ziegeln einzudecken, <strong>der</strong> sogenannte Ziegelfirst<br />
(siehe auch 2.4.4.). Der Ziegelfirst darf blitzschutztechnisch nicht als<br />
Hartbedachung gedeutet werden. Würde er als eine solche gelten, wären die<br />
Mindestabstände nach DIN 57 185 / VDE 0185 Teil 2 [6] nicht erfor<strong>der</strong>lich, und auf<br />
dem First könnte die Fangleitung unmittelbar über den Ziegeln montiert werden.<br />
Dies ist bei einigen Blitzschutzfirmen allerdings gängige Praxis, von <strong>der</strong> jedoch<br />
dringenst Abstand genommen werden muss!<br />
Da sich unmittelbar unter dem Ziegelfirst das <strong>Reet</strong> mit seinen Dachdeckerdrähten<br />
befindet (vgl. Abb. 13), ist es auch vom Blitzschutz als Weichdach bzw.<br />
Weichdachfirst anzusehen. Das bedeutet, dass die Mindestabstände nach DIN 57<br />
185 / VDE 0185 Teil 2 [6] (Fangleitungen 60 cm Abstand zum First und Ableitung<br />
40 cm Abstand zur Dachfläche) einzuhalten sind.<br />
-62-
<strong>Diplomarbeit</strong><br />
Ralf Reißen<br />
7. Konzept für Neubauten und Nachrüstungen an bestehenden Gebäuden anhand von Fallbeispielen<br />
Abbildung 40: Beispielhaft installiertes Blitzschutzsystem auf <strong>Reet</strong>dach<br />
mit Ziegelfirst [16]<br />
7.3. Dach mit Kupferfirst<br />
Eine neue Art <strong>der</strong> Firsteindeckung, die zusätzlich noch vor <strong>der</strong> Vermoosung des<br />
<strong>Reet</strong>daches schützen soll, ist die Eindeckung mit Kupferblechen, dem<br />
sogenannten Kupferfirst (siehe auch 2.4.4.). Beim Blitzschutz für <strong>der</strong>artige<br />
Gebäude mit Kupferfirst ist folgendes zu beachten:<br />
1. Die Dachdeckerdrähte sind alle, wie zu Beginn dieses Kapitels<br />
beschrieben, in den Potentialausgleich einzubeziehen. Ist dies bei<br />
bestehenden Dächern nicht mehr möglich, so müssen, wie zu Beginn des<br />
Kapitels beschrieben, Näherungen zu geerdeten Teilen ausgeschlossen<br />
werden (vgl. Seite 60).<br />
2. Die einzelnen Kupferbleche sind gut elektrisch leitend miteinan<strong>der</strong> zu<br />
verbinden. Hier genügt jedoch, wenn die einzelnen Bleche durch<br />
Schrauben miteinan<strong>der</strong> verbunden sind.<br />
-63-
<strong>Diplomarbeit</strong><br />
Ralf Reißen<br />
7. Konzept für Neubauten und Nachrüstungen an bestehenden Gebäuden anhand von Fallbeispielen<br />
3. Der Kupferfirst ist mit einer Kupferleitung <strong>der</strong> Querschnittsfläche von 6 mm²<br />
an den Potentialausgleich anzubinden. Bei dieser Anbindung ist darauf zu<br />
achten, dass die Kupferleitung von <strong>der</strong> Blechunterkante her angeschlossen<br />
wird und von dort aus isoliert durch das <strong>Reet</strong>dach geführt wird. Der<br />
Anschluss an das Kupferblech ist ebenfalls mittels Schrumpfschlauch zu<br />
isolieren. Bei großen Dächern ist es ratsam, den Kupferfirst von zwei<br />
Stellen aus an den Potentialausgleich anzubinden.<br />
4. Der Kupferfirst darf auf keinen Fall direkt an die Fangleitung o<strong>der</strong> an die<br />
Ableitung des Blitzschutzsystems angebunden werden.<br />
5. Die Mindestabstände für die Fangleitung und für die Ableitung sollen erhöht<br />
werden. Für die Fangleitung wird mindestens 80 cm Abstand zum<br />
Kupferfirst und bei den Ableitungen wird mindestens 60 cm Abstand von<br />
Ableitung zum Kupferfirst empfohlen. Der Abstand zwischen Ableitung und<br />
Weichdach darf nach VDE [6] 40 cm weiter nicht unterschreiten.<br />
Diese Methode ist zwar nicht normgerecht (vgl. 3.1.), finden diese 5 Punkte jedoch<br />
Beachtung, so ist <strong>der</strong> Blitzschutz für ein Dach mit Kupferfirst grundsätzlich<br />
möglich. Zusätzlich sollte man noch beachten, dass regelmäßige Sicht- und<br />
Funktionsprüfungen für den einwandfreien Betrieb eines <strong>der</strong>artigen<br />
Blitzschutzsystems Voraussetzung sind.<br />
Abbildung 41: Blitzschutzsystem auf <strong>Reet</strong>dach mit Kupferfirst [16]<br />
-64-
<strong>Diplomarbeit</strong><br />
Ralf Reißen<br />
7. Konzept für Neubauten und Nachrüstungen an bestehenden Gebäuden anhand von Fallbeispielen<br />
7.4. Dachsanierung mittels Wellblech<br />
<strong>Reet</strong>dächer werden mit <strong>der</strong> Zeit morsch und undicht. Je nach Pflege des Daches<br />
und nach den Witterungsbedingungen, denen dieses Dach ausgesetzt ist, soll ein<br />
<strong>Reet</strong>dach in Abständen von 40 bis 60 Jahren erneuert werden. Da dies eine<br />
kostspielige Angelegenheit ist, werden diese Dächer nicht selten aus<br />
Kostengründen mit einem preiswerteren Material saniert. Auf das schon<br />
bestehende Weichdach, das wegen seiner hervorragenden wärmedämmenden<br />
Eigenschaften bestehen bleibt, werden einfach Wellblechplatten befestigt. Diese<br />
bestehen aus einer etwa 1 bis 1,5 mm dicken Blechschicht aus Aluminium- o<strong>der</strong><br />
Stahlblech, welches mit Kunststoff beschichtet ist.<br />
Abbildung 42: Mit Wellblech saniertes <strong>Reet</strong>dach (unter dem Wellblech befindet<br />
sich noch das <strong>Reet</strong>) [16]<br />
Ähnlich wie beim Kupferfirst sind auch hier an das Blitzschutzsystem beson<strong>der</strong>e<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen zu stellen:<br />
1. Die Dachdeckerdrähte sollten alle, wie zu Beginn dieses Kapitels beschrieben,<br />
in den Potentialausgleich einbezogen weden. Dies ist nachträglich jedoch nicht<br />
möglich. So ist hier beson<strong>der</strong>s darauf zu achten, dass zu den<br />
Dachdeckerdrähten aus dem Dachinneren keine Näherungen entstehen, wie<br />
zu Beginn des Kapitels beschrieben (vgl. auch 6.2.2.). Hier sollte <strong>der</strong> Abstand<br />
von den Bindedrähten zur Installation von >20 cm eingehalten werden.<br />
-65-
<strong>Diplomarbeit</strong><br />
Ralf Reißen<br />
7. Konzept für Neubauten und Nachrüstungen an bestehenden Gebäuden anhand von Fallbeispielen<br />
2. Die einzelnen Wellblechplatten sind gut elektrisch leitend miteinan<strong>der</strong> zu<br />
verbinden. Hier genügt jedoch, wenn die einzelnen Bleche durch<br />
Blechschrauben miteinan<strong>der</strong> verbunden sind.<br />
3. Das Wellblechdach ist mit einer Kupferleitung <strong>der</strong> Querschnittsfläche von 6<br />
mm² an den Potentialausgleich anzubinden. Bei dieser Anbindung ist darauf zu<br />
achten, dass die Kupferleitung von <strong>der</strong> Blechunterkante her angeschlossen<br />
wird und von dort aus isoliert durch das <strong>Reet</strong>dach geführt wird. Der Anschluss<br />
an das Wellblech ist ebenfalls mittels Schrumpfschlauch zu isolieren. Bei<br />
großen Dächern ist es ratsam, das Blechdach von zwei Stellen aus an den<br />
Potentialausgleich anzubinden.<br />
4. Das Wellblechdach darf auf keinen Fall direkt an die Fangleitung o<strong>der</strong> an die<br />
Ableitung des Blitzschutzsystems angebunden werden.<br />
5. Die Mindestabstände für die Fangleitung und für die Ableitung sollten erhöht<br />
werden. Für die Fangleitung sollte mindestens 80 cm Abstand zum Wellblech<br />
und bei den Ableitungen mindestens 60 cm Abstand zwischen Ableitung und<br />
Wellblech eingehalten werden.<br />
Diese Methode ist zwar nicht normgerecht (vgl. 3.1.), finden diese 5 Punkte jedoch<br />
Beachtung, so ist <strong>der</strong> Blitzschutz für ein mit Wellblech saniertes <strong>Reet</strong>dach<br />
grundsätzlich möglich. An dieser Stelle sollte noch darauf hingewiesen werden,<br />
dass, wenn im <strong>Reet</strong>dach isolierte Dachdeckerdrähte vorhanden sind, eine<br />
Funkenbildung nicht gänzlich ausgeschlossen werden kann.<br />
Die bessere Methode, ein Weichdach kostengünstig zu sanieren, ist, auf<br />
Wellblechplatten zu verzichten und stattdessen PVC o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e nichtmetallische<br />
Platten zu verwenden. Diese kann man genauso wie die Wellblechplatten direkt<br />
auf dem <strong>Reet</strong>dach befestigen mit dem Vorteil, dass bei diesem Material keine<br />
Näherungsproblematik auftritt und man somit die Punkte 1 bis 4 nicht zu beachten<br />
hat. Auch sind bei <strong>der</strong> Verwendung von PVC-Wellplatten für die Installation des<br />
Blitzschutzsystems die Abstände nach DIN 57 185 / VDE 0185 Teil 2 [6]<br />
(Fangleitung 60 cm über dem First und Ableitung 40 cm über dem Dach)<br />
ausreichend.<br />
-66-
<strong>Diplomarbeit</strong><br />
Ralf Reißen<br />
7. Konzept für Neubauten und Nachrüstungen an bestehenden Gebäuden anhand von Fallbeispielen<br />
7.5. Verwendung von Kehlblechen<br />
In <strong>der</strong> Kehle, wo zwei Dachflächen zusammenstoßen (siehe Anhang), werden<br />
vielfach „Regenrinnen“ aus Kunststoff o<strong>der</strong> Metall angebracht, um an dieser<br />
beson<strong>der</strong>s beanspruchten Stelle den Abfluss von Regenwasser zu beschleunigen.<br />
Werden hier Materialien aus Kunststoff o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e nichtleitende Materialien<br />
verwendet, so ist dies für den Blitzschutz unproblematisch. Wenn die<br />
„Regenrinnen“ jedoch aus Metall gefertigt sind, so ist analog zum Kupferfirst<br />
einiges zu beachten:<br />
1. Auch hier sind die Dachdeckerdrähte, wie zu Beginn diese Kapitels<br />
beschrieben, in den Potentialausgleich einzubeziehen. Ist dies bei<br />
bestehenden Dächern nicht mehr möglich, so müssen, wie zu Beginn des<br />
Kapitels beschrieben, Näherungen zu geerdeten Teilen ausgeschlossen<br />
werden (vgl. Seite 60).<br />
2. Die einzelnen Kehlbleche sind gut elektrisch leitend miteinan<strong>der</strong> zu verbinden.<br />
Hier genügt es jedoch, wenn die einzelnen Bleche durch Schrauben<br />
miteinan<strong>der</strong> verbunden sind.<br />
3. Das Kehlblech ist mit einem Kupferdraht <strong>der</strong> Querschnittsfläche von 6 mm² an<br />
den Potentialausgleich anzubinden. Dabei ist darauf zu achten, dass <strong>der</strong><br />
Kupferdraht von <strong>der</strong> Blechunterkante her angeschlossen und von dort aus<br />
isoliert durch das <strong>Reet</strong>dach geführt wird. Der Anschluss an das Kehlblech ist<br />
mittels Schrumpfschlauch zu isolieren.<br />
4. Das Kehlblech darf auf keinen Fall direkt an die Fangleitung o<strong>der</strong> an die<br />
Ableitung des Blitzschutzsystems angebunden werden.<br />
5. Die Mindestabstände für die Fangleitung und für die Ableitung solten dort<br />
erhöht werden, wo sich das Kehlblech und die Fang- o<strong>der</strong> Ableitung<br />
schneiden. Die Fangleitung sollte mindestens 80 cm Abstand zum Kehlblech<br />
und die Ableitungen sollten mindestens 60 cm Abstand zwischen Ableitung<br />
und Kehlblech aufweisen.<br />
Auch diese Methode ist wegen <strong>der</strong> verwendeten Metallteile nicht normgerecht.<br />
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<strong>Diplomarbeit</strong><br />
Ralf Reißen<br />
7. Konzept für Neubauten und Nachrüstungen an bestehenden Gebäuden anhand von Fallbeispielen<br />
7.6. Der Kamin<br />
Der Kamin tritt bei Weichdächern immer am First aus dem Dach heraus und soll<br />
mindestens 80 cm über dem Weichdachfirst liegen, so besagt es die<br />
Feuerungsverordnung. Dies bedeutet für den Blitzschutz, dass die Fangleitung um<br />
den Kamin herumgeführt wird. Dabei soll die Fangleitung am besten von beiden<br />
Seiten um den Kamin herum befestigt werden. Solange am o<strong>der</strong> im Kamin keine<br />
Metallteile vorhanden sind, ist es auch problemlos möglich, die Fangleitung am<br />
Kamin zu befestigen.<br />
Zum Schutz vor Direkteinschlägen ist es erfor<strong>der</strong>lich, eine Fangstange am Kamin<br />
zu befestigen, die diesen in <strong>der</strong> Höhe überragt, so dass <strong>der</strong> entsprechende<br />
Schutzwinkel nach ENV 61024-1 [7] eingehalten werden kann.<br />
Wie dies aussehen könnte, soll Abbildung 43 zeigen:<br />
Abbildung 43:<br />
Von Fangleitung umspannter<br />
Kamin mit zusätzlicher<br />
Fangstange [16]<br />
Die Länge <strong>der</strong> Fangstange ist vom erfor<strong>der</strong>lichen Schutzwinkel abhängig. Der<br />
Schutzwinkel a wird nach ENV 61024-1 [7] aus dem folgenden Diagramm<br />
bestimmt:<br />
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<strong>Diplomarbeit</strong><br />
Ralf Reißen<br />
7. Konzept für Neubauten und Nachrüstungen an bestehenden Gebäuden anhand von Fallbeispielen<br />
Abbildung 44: Zuordnung des Blitzschutzwinkels zu den einzelnen Schutzklassen in<br />
Abhängigkeit von <strong>der</strong> Höhe h <strong>der</strong> baulichen Anlage [7]<br />
Um den Schutzwinkel a zu bestimmen, ist es erfor<strong>der</strong>lich, die Schutzklasse und<br />
die genaue Höhe des zu schützenden Objektes, hier des Kamins, zu kennen. Sind<br />
diese Werte bekannt, so kann man den Schutzwinkel a aus dem Diagramm<br />
ablesen.<br />
Wenn man den Schutzwinkel ermittelt hat, wird mit seiner Hilfe die Länge <strong>der</strong><br />
Fangstange berechnet:<br />
Abbildung 45: Schutzbereich einer Fangstange [15]<br />
-69-
<strong>Diplomarbeit</strong><br />
Ralf Reißen<br />
7. Konzept für Neubauten und Nachrüstungen an bestehenden Gebäuden anhand von Fallbeispielen<br />
H =<br />
r S<br />
tanα<br />
darin bedeuten:<br />
H<br />
rs<br />
a<br />
Höhe <strong>der</strong> Fangstange über dem zu schützenden Objekt<br />
Schutzradius <strong>der</strong> Fangstange<br />
Schutzwinkel<br />
Beispiel:<br />
Für ein 10 m hohes Gebäude <strong>der</strong> Schutzklasse II, dessen Kamin einen<br />
Durchmesser von 1,2 m aufweist, ergibt sich:<br />
a = 54° aus Diagramm (Abbildung 45)<br />
rs = 1,2 m<br />
r<br />
H = S<br />
= 0,872 m<br />
tanα<br />
Die Fangstange müsste somit 0,872 m über das zu schützende<br />
Objekt hinaus reichen.<br />
7.6.1. Kaminsanierung<br />
Wie bereits in Kapitel 4.2. erwähnt, werden alte Kamine saniert, indem durch den<br />
bestehenden Backsteinkamin ein Edelstahlrohr eingezogen wird. Dieses Rohr,<br />
das eine metallene Dachdurchführung darstellt, stellt an das Blitzschutzsystem<br />
beson<strong>der</strong>e Anfor<strong>der</strong>ungen. Wird eine Kaminsanierung durchgeführt, so ist<br />
zugleich ein bereits vorhandenes Blitzschutzsystem angemessen zu verän<strong>der</strong>n.<br />
Folgende Punkte sind dabei zu beachten:<br />
1. Das Edelstahlrohr ist am Tiefpunkt (Erdgeschoß, Keller) an den<br />
Potentialausgleich anzuschließen.<br />
2. Auf keinen Fall darf das Edelstahlrohr mit <strong>der</strong> Fangleitung o<strong>der</strong> mit <strong>der</strong><br />
Ableitung des Blitzschutzsystems direkt verbunden werden.<br />
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<strong>Diplomarbeit</strong><br />
Ralf Reißen<br />
7. Konzept für Neubauten und Nachrüstungen an bestehenden Gebäuden anhand von Fallbeispielen<br />
3. Die Fangleitung auf dem First ist in ausreichend großem Abstand (60 cm)<br />
an dem Edelstahlrohr vorbeizuführen. Wenn die Dicke <strong>der</strong> Kaminmauer<br />
nicht ausreicht, sind Isolierstützen zu verwenden, an denen die Fangleitung<br />
befestigt und auf Abstand gehalten wird. Als Isolierstützen sollten bevorzugt<br />
Kunststoff- o<strong>der</strong> GFK-Stützen (Glasfaser verstärkter Kunststoff) verwendet<br />
werden.<br />
4. Ebenfalls in ausreichendem Sicherheitsabstand (60 cm) ist eine<br />
Fangstange zu montieren, die an die Fangleitung angeschlossen wird und<br />
den gesamten Kaminbereich schützt (vgl. 7.5. Schutzbereich einer<br />
Fangstange).<br />
Abbildung 46: Mittels Edelstahlrohr sanierter Kamin mit Isolierstützen,<br />
Fangstange und Fangleitung [15]<br />
Die gleiche Konzeption ist gültig, wenn für ein reetgedecktes Gebäude mit<br />
edelstahlrohr-saniertem Kamin ein Blitzschutzsystem neu installiert werden soll.<br />
Wenn man diese aufwendige Installation umgehen möchte, ist es erfor<strong>der</strong>lich, den<br />
Kamin mit an<strong>der</strong>en, nichtmetallenen Materialien zu sanieren. Hierzu wird ein<br />
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<strong>Diplomarbeit</strong><br />
Ralf Reißen<br />
7. Konzept für Neubauten und Nachrüstungen an bestehenden Gebäuden anhand von Fallbeispielen<br />
spezielles Kunststoffrohr verwendet, das in 3 verschiedenen Typenklassen<br />
hergestellt wird, wobei die Abgastemperatur maßgebend ist:<br />
Typ max. Abgastemperatur in °C<br />
A 80<br />
B 120<br />
C 160<br />
Im Vergleich zum Edelstahlrohr wäre dies allerdings eine erheblich<br />
kostenaufwendigere Sanierung.<br />
7.7. Näherungsprobleme durch nicht fachgerechte Installation <strong>der</strong><br />
Nie<strong>der</strong>spannungskabel<br />
Ein nicht zu unterschätzendes Problem sind Näherungen, hervorgerufen durch<br />
Kreuzungen <strong>der</strong> Ableitungen des Blitzschutzsystems und <strong>der</strong> elektrischen<br />
Installation des Hauses. Diese treten sehr häufig an <strong>der</strong> Traufe auf. Die<br />
metallenen Traufenstützen, die die Ableitungsdrähte spannen sollen, werden<br />
direkt an <strong>der</strong> Hauswand befestigt. Werden nun Leitungen für eine<br />
Rundumbeleuchtung, für Alarmtechnik o<strong>der</strong> für eine Brandmeldeanlage etc. an<br />
diesen Traufenstützen befestigt o<strong>der</strong> so geführt, dass <strong>der</strong> Sicherheitsabstand<br />
unterschritten wird, so ist im Fall einer Blitzentladung mit direkten Überschlägen<br />
und Funkenbildung bzw. Einkopplungen in diese Leitungen zu rechnen. Um dies<br />
zu vermeiden, ist es dringend erfor<strong>der</strong>lich, einen Sicherheitsabstand zwischen den<br />
Leitungen und dem Ableitungsdraht bzw. <strong>der</strong> Traufenstütze einzuhalten. Dieser<br />
Sicherheitsabstand kann nach DIN V ENV 61024-1 [7] berechnet werden, in <strong>der</strong><br />
Praxis hat sich jedoch ein Abstand von etwa 0,5 m bewährt. Da <strong>der</strong>artige<br />
Installationen häufig nachträglich durchgeführt werden, sind regelmäßige<br />
Sichtprüfungen erfor<strong>der</strong>lich. Bei einer solchen Sichtprüfung können Fehler, die<br />
sich im Laufe <strong>der</strong> Zeit eingestellt haben, erkannt und behoben werden, was den<br />
einwandfreien Betrieb des Blitzschutzsystems gewährleistet.<br />
Eine Entschärfung dieser Näherungsproblematik an <strong>der</strong> Traufe ist durch den<br />
Einsatz von Traufenstützen mit einer eingebauten Isolierstrecke möglich (siehe<br />
auch Kapitel 8).<br />
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<strong>Diplomarbeit</strong><br />
8. Verbesserungsvorschläge<br />
Ralf Reißen<br />
8. Verbesserungsvorschläge<br />
8.1. Entwicklung neuer Stützen und Abstandhalter<br />
Der wesentliche Punkt eines isolierten Blitzschutzsystems sind die Isolierstützen<br />
auf dem Dach. Das sind die Blitzschutzmaste zur Befestigung <strong>der</strong> Fangleitung auf<br />
dem First, die Schrägstützen zur Befestigung <strong>der</strong> Ableitung auf dem Dach und die<br />
Traufenstützen zum Spannen <strong>der</strong> Ableitung unter <strong>der</strong> Traufe. Bei den Dach- und<br />
Firststützen handelt es sich ausschließlich um Holzstützen aus Hartholz<br />
(Bongossiholz) mit einer Länge von 60 cm über dem First und 40 cm über dem<br />
Dach. Wenn das Holz durchnässt ist und das Wasser infolge starken Regens an<br />
den Seiten dieser Stützen herunterläuft, ist die Isolationswirkung dieser<br />
„Holzisolatoren“ relativ schlecht.<br />
Die Traufenstützen, die aus einem verzinkten Stahl hergestellt sind, weisen<br />
überhaupt keine Isolationswirkung auf. Dies kann im Fall eines Blitzeinschlags zu<br />
Näherungen führen, wie sie in Kapitel 4.2. und 7.7. beschrieben sind.<br />
Aufgrund dieser Erkenntnisse hat die Firma Hans Thormählen GmbH & Co an <strong>der</strong><br />
Verbesserung <strong>der</strong> Wirksamkeit dieser Blitzschutzbauteile gearbeitet. Um die<br />
Gefahr von direkten Überschlägen zu reduzieren, wurden die Firststützen,<br />
Schrägstützen und die Traufenstützen mit Isolierstrecken versehen.<br />
Im einzelnen wurden folgende Bauteile mit Isolierstrecken versehen:<br />
- Firststütze Bongossi-Holzmast mit 20kV-Isolator<br />
- Schrägstütze Bongossi-Holzmast mit 10kV-Isolator<br />
- Traufenstütze verzinkte Stahlstütze mit 10kV-Isolator<br />
Die Hochspannungsbauteile mit den Isolierstrecken wurden auf ihre Tauglichkeit<br />
für den Einsatz in einem Blitzschutzsystem vorher experimentell untersucht. Die<br />
Untersuchung fand im Labor <strong>der</strong> Hochspannungstechnik <strong>der</strong> Universität <strong>der</strong><br />
Bundeswehr in München statt.<br />
-73-
<strong>Diplomarbeit</strong><br />
8. Verbesserungsvorschläge<br />
Ralf Reißen<br />
Abbildung 47:<br />
Traufenstütze mit 10kV Isolator [13]<br />
Abbildung 48:<br />
Schrägstütze mit eingebautem 10kV<br />
Isolator [13]<br />
-74-
<strong>Diplomarbeit</strong><br />
8. Verbesserungsvorschläge<br />
Ralf Reißen<br />
Abbildung 49:<br />
Firststütze mit aufgesetztem 20kV<br />
Isolator und aufgeschraubter Fang-<br />
Stange [13]<br />
Zur Auswertung dieser Versuche wurde von Prof. Dr.-Ing. J. Wiesinger und Dr.-<br />
Ing. W. Zischank ein Prüfbericht [14] erstellt.<br />
Zusätzlich wurde von Dipl.-Ing. R. Thormählen, <strong>der</strong> diese Versuche in Auftrag<br />
gegeben hatte, ein Fachaufsatz [13] zu diesem Thema verfasst. Betrachtet man<br />
beide Auswertungen, so kommt man zu folgenden Schlußfolgerungen:<br />
- Isolatoren sollen mindestens 50% <strong>der</strong> Gesamtlänge <strong>der</strong> First- o<strong>der</strong><br />
Schrägstützen ausmachen.<br />
- Die First- und Schrägstützen sind in ihrem Aufbau mit dem Isolator als<br />
Kondensatoranordnung mit Mehrschichtdielektrika zu betrachten. Probleme<br />
treten hier auf, wenn zur Verbindung <strong>der</strong> Holzteile mit den Isolatoren<br />
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<strong>Diplomarbeit</strong><br />
8. Verbesserungsvorschläge<br />
Ralf Reißen<br />
metallene Bolzen verwendet werden. Deshalb ist im Falle <strong>der</strong> Firststütze<br />
<strong>der</strong> Einsatz eines Isolators nur dann lohnenswert, wenn zur Verbindung <strong>der</strong><br />
Bauteile auf metallene Gewindebolzen verzichtet wird. Die Zugfestigkeit<br />
eines Kunststoffbolzens (Polyethylen) <strong>der</strong> gleichen Dicke wurde in einem<br />
Versuch getestet. Mit etwa 950 kN Belastung reicht sie für übliche<br />
Zugbelastungen aus.<br />
- Im Falle <strong>der</strong> Schrägstützen ist <strong>der</strong> Isolator, bezogen auf die Gesamtlänge<br />
zu kurz, seine Wirkung ist minimal, sein Einsatz lohnt unter diesen<br />
Voraussetzungen nicht.<br />
- Im Falle <strong>der</strong> Traufenstützen bringt <strong>der</strong> Isolator den gewünschten Effekt, da<br />
zuvor überhaupt keine Isolationsstrecke vorhanden war. An <strong>der</strong><br />
Traufenstütze sollte man in jedem Fall einen Isolator verwenden. Dieser<br />
sollte möglichst weit vorne (Richtung Spannschloß) befestigt werden. Hier<br />
erscheint jedoch <strong>der</strong> Einsatz von 10 kV Isolatoren, die im Labor ein Ud/50%<br />
von etwa115 kV aufwiesen, als zu gering bemessen.<br />
Abbildung 50: Traufenstütze mit Isolator vorne am Spannschloß [16]<br />
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<strong>Diplomarbeit</strong><br />
Anhang<br />
Ralf Reißen<br />
Anhang<br />
Die verschiedenen Bereiche eines Daches im Überblick<br />
Abbildung 51: Dachbereiche eines Hauses [15]<br />
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<strong>Diplomarbeit</strong><br />
Literaturverzeichnis:<br />
Ralf Reißen<br />
Literaturverzeichnis:<br />
[1] M. Schra<strong>der</strong> <strong>Reet</strong> & Stroh als historisches Baumaterial<br />
An<strong>der</strong>weit Verlag GmbH 1998<br />
[2] Dipl. Ing. T. Finke Dachatlas<br />
Prof. Ing. E. Schunck Informationsdienst für Neuzeitliches Bauen e.V.<br />
Prof. Dr. R. Jenisch Bonn<br />
Dipl. Ing. H.J. Oster Institut für internationale Architektur-<br />
Dokumentation, München<br />
Verlagsgesellschaft Rudolf Müller, Köln 1996<br />
[3] Fachregel für Dachdeckungen mit <strong>Reet</strong><br />
Zentralverband des Deutschen<br />
Dachdeckerhandwerks<br />
D+W Service GmbH Köln 1998<br />
[4] Dipl. Ing. H. Neuhaus VDE-Schriftenreihe 44 Blitzschutzanlagen<br />
Erläuterungen zu DIN 57 185 / VDE 0185<br />
VDE-Verlag GmbH 1983<br />
[5] Dr.-Ing. P. Hasse Handbuch für Blitzschutz und Erdung<br />
Prof. Dr.-Ing. J. Wiesinger Pflaum Verlag München<br />
VDE-Verlag Berlin, Offenbach 1989<br />
[6] DIN 57 185 / VDE 0185 Teil 2<br />
Blitzschutzanlage<br />
Errichten beson<strong>der</strong>er Anlagen<br />
Deutsche Elektrotechnische Kommission im DIN<br />
und VDE<br />
VDE-Verlag GmbH Berlin 1982<br />
[7] Vornorm DIN V ENV 61024-1<br />
Klassifikation VDE V 0185 Teil 100<br />
Blitzschutz Baulicher Anlagen<br />
Teil 1: Allgemeine Grundsätze<br />
Deutsche Elektrotechnische Kommission im DIN<br />
und VDE<br />
VDE-Verlag GmbH Berlin 1996<br />
[8] H. Thormählen Untersuchungsbericht über den Blitzschlag<br />
im Rathaus Worpswede<br />
Eigendruck 1997<br />
[9] H. Klaiber Blitzschutz <strong>der</strong> Gebäude<br />
Walter de Gruyter & Co. Berlin und Leipzig 1928<br />
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<strong>Diplomarbeit</strong><br />
An<strong>der</strong>weit Verlag GmbH 1998<br />
Ralf Reißen<br />
[10] A. Küchler Hochspannungstechnik<br />
VDI-Verlag Düsseldorf 1996<br />
[11] DIN V VDE V 0185 Teil 110<br />
Leitfaden zur Prüfung von Blitzschutzsystemen<br />
Deutsche Elektrotechnische Kommission im DIN<br />
und VDE<br />
VDE-Verlag GmbH Berlin 1997<br />
[12] Nie<strong>der</strong>sächsische Bauordnung (NbauO)<br />
in <strong>der</strong> Fassung <strong>der</strong> Bek. Vom 13.Juli1995<br />
zul. Geänd. Durch Art. I des Gesetzes vom<br />
06.10.1997<br />
[13] Dipl. Ing. R. Thormählen Fachaufsatz über die Verbesserung <strong>der</strong><br />
Wirksamkeit von Blitzschutzbauteilen bei<br />
Weichdächern<br />
Eigendruck 1998<br />
[14] Prof. Dr. Ing. J. Wiesinger Prüfbericht über Äquivalente Längen von<br />
Dr. Ing. W. Zischank Isolierstützen für Weichdächer<br />
Universität <strong>der</strong> Bundeswehr München 1998<br />
Quellenangabe <strong>der</strong> Fotos und Abbildungen<br />
[15] Eigene Fotos und selbst erstellte Zeichnungen<br />
[16] Fotos und Abbildungen, die von <strong>der</strong> Hans<br />
Thormählen GmbH & Co, Großenmeer<br />
zur Verfügung gestellt wurden<br />
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