05.06.2015 Aufrufe

Text der Diplomarbeit - Hiss Reet

Text der Diplomarbeit - Hiss Reet

Text der Diplomarbeit - Hiss Reet

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Abteilung Jülich<br />

Fachbereich 11<br />

Elektrotechnik und Automation<br />

Studienrichtung: Elektrische Energietechnik<br />

DIPLOMARBEIT<br />

____________________________________________<br />

Untersuchungen zu Blitzschutzmaßnahmen an<br />

mo<strong>der</strong>nen <strong>Reet</strong>dächern<br />

____________________________________________<br />

erstellt von<br />

Ralf Reißen<br />

Diese Arbeit wurde ausgegeben und betreut von Prof. Dr.-Ing. Alexan<strong>der</strong><br />

Kern, Labor für Hochspannungstechnik <strong>der</strong> Fachhochschule Aachen,<br />

Abteilung Jülich.<br />

Waldfeucht-Haaren, den 01.05.2000


Vorwort<br />

Die vorliegende <strong>Diplomarbeit</strong> entstand im Labor für Hochspannungstechnik<br />

<strong>der</strong> Fachhochschule Aachen, Abteilung Jülich.<br />

Ich möchte folgenden Personen meinen herzlichen Dank aussprechen:<br />

Herrn Prof. Dr.-Ing. A. Kern für die<br />

interessante Themenstellung<br />

und hervorragende Betreuung meiner Arbeit<br />

und die Übernahme des Referates,<br />

Herrn Prof. Dr.-Ing. C. Helsper für die Übernahme des Koreferats,<br />

Herrn Dipl.-Ing. R. Thormählen und Herrn K. Herzog <strong>der</strong><br />

Firma Hans Thormählen GmbH & Co für die kompetente Beratung<br />

und die Bereitstellung verschiedener Hilfsmittel,<br />

Allen Mitarbeitern des Labors L3 <strong>der</strong> Fachhochschule Aachen,<br />

Abteilung Jülich für die tatkräftige Unterstützung beim Aufbau<br />

von Versuchen und ihrer Durchführung,<br />

Meinem Kommilitonen Markus Nießen, mit dem ich mich während<br />

<strong>der</strong> gesamten Studienzeit auf Prüfungen vorbereitet<br />

und Praktika durchgeführt habe,<br />

Herrn Hans Verbeek für die gründliche Durchsicht meines Skripts.<br />

Waldfeucht-Haaren, im Mai 2000


E i d e s s t a t t l i c h e E r k l ä r u n g<br />

Hiermit erkläre ich an Eides statt, dass ich die vorliegende <strong>Diplomarbeit</strong><br />

selbständig angefertigt und verfasst habe. Es sind keine an<strong>der</strong>en als die<br />

angegebenen Quellen und Hilfsmittel benutzt worden.<br />

Waldfeucht-Haaren, den 01.05.2000<br />

_____________________________<br />

Ralf Reißen


<strong>Diplomarbeit</strong><br />

Inhaltsverzeichnis<br />

Ralf Reißen<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

1. Einleitung und Grundsätzliches 3<br />

1.1. Aus <strong>der</strong> Historie 3<br />

1.2. Blitzschutz und die Unternehmensphilosophie <strong>der</strong> Blitzschutzfirma Hans<br />

Thormählen GmbH & Co 4<br />

1.2.1. Grundsätze des Unternehmens 5<br />

1.3. Aufgabenstellung 6<br />

2. Grundsätzlicher Aufbau von Weichdächern 9<br />

2.1. Der Werkstoff 9<br />

2.2. Eigenschaften eines <strong>Reet</strong>daches 10<br />

2.3. Verlegungsarten 12<br />

2.3.1. Gebundenes <strong>Reet</strong>dach 13<br />

2.3.2. Genähtes <strong>Reet</strong>dach 14<br />

2.3.3. Geschraubtes <strong>Reet</strong>dach 15<br />

2.4. Firstarten bei <strong>Reet</strong>dächern 16<br />

2.4.1. Der <strong>Reet</strong>first 16<br />

2.4.2. Der Heidefirst 17<br />

2.4.3. Der Sodenfirst 18<br />

2.4.4. An<strong>der</strong>e gängige Firstarten 19<br />

3. Stand <strong>der</strong> Blitzschutznormung und Stand <strong>der</strong> Technik 20<br />

3.1. Der Blitzschutz in <strong>der</strong> VDE-Norm 20<br />

3.2. Ist ein Blitzschutzsystem erfor<strong>der</strong>lich o<strong>der</strong> sogar vorgeschrieben? 25<br />

3.2.1. Die Bauordnung 25<br />

3.1.1. Schutzklassenberechnung nach VDE 26<br />

4. Beson<strong>der</strong>e Gefahrenpunkte bei <strong>Reet</strong>dächern 31<br />

4.1. Maschendrahtüberzug 31<br />

4.2. Metallene Durchführungen und Installationen 32<br />

4.3. Nichtfachgerechte Installation und Wartung von Blitzschutzsystemen 34<br />

4.4. Firstabdeckungen aus Kupferblech 34<br />

4.5. Binde- und Vorlegedrähte 35<br />

5. Schäden, die durch Blitzeinwirkung an reetgedeckten Häusern<br />

entstanden sind 36<br />

6. Blitzschutztechnische Anfor<strong>der</strong>ungen, die an Weichdächer gestellt<br />

werden müssen 41<br />

6.1. Experimentelle Untersuchung an einem Modell des Blitzschutzsystems<br />

für <strong>Reet</strong>dächer 41<br />

6.1.1. Untersuchung mit Wechselspannung 46<br />

6.1.1.1. Versuch 1: ohne Mittelelektrode 47<br />

6.1.1.2. Versuch 2: mit potentialfreier Mittelelektrode (Vorlegedraht) 15 cm<br />

über <strong>der</strong> Latte 47<br />

6.1.1.3. Versuch 3: mit potentialfreier Mittelelektrode (Vorlegedraht) 10 cm<br />

über <strong>der</strong> Latte 48<br />

-1-


<strong>Diplomarbeit</strong><br />

Inhaltsverzeichnis<br />

Ralf Reißen<br />

6.1.1.4. Versuch 4: realistisches <strong>Reet</strong>dachmodell mit Abständen nach VDE<br />

sowie Binde- und Vorlegedrähte (15 cm über <strong>der</strong> Latte) 49<br />

6.1.1.5. Versuch 5: realistisches <strong>Reet</strong>dachmodell mit Abständen nach VDE<br />

sowie Binde- und Vorlegedrähte (10 cm über <strong>der</strong> Latte) 50<br />

6.1.1.6. Versuch 6: realistisches <strong>Reet</strong>dachmodell mit Abständen nach VDE<br />

und geerdeten Binde- und Vorlegedrähten (15 cm über <strong>der</strong> Latte) 51<br />

6.1.2. Untersuchung mit Blitzstoßspannung 52<br />

6.2. Kriterien für einen wirksamen Blitzschutz 55<br />

6.2.1. Erdung <strong>der</strong> metallenen Teile 55<br />

6.2.2. Keine Erdung <strong>der</strong> metallenen Teile 57<br />

6.2.3. Keine Verwendung von metallenen Teilen 57<br />

6.2.4. Verwendung von Kunstreet 58<br />

7. Konzept für Neubauten und Nachrüstungen an bestehenden<br />

Gebäuden anhand von Fallbeispielen 59<br />

7.1. Dach mit Heide- o<strong>der</strong> Sodenfirst 61<br />

7.2. Dach mit Ziegelfirst 62<br />

7.3. Dach mit Kupferfirst 63<br />

7.4. Dachsanierung mittels Wellblech 65<br />

7.5. Verwendung von Kehlblechen 67<br />

7.6. Der Kamin 68<br />

7.6.1. Kaminsanierung 70<br />

7.7. Näherungsprobleme durch nicht fachgerechte Installation <strong>der</strong><br />

Nie<strong>der</strong>spannungskabel 72<br />

8. Verbessreungsvorschläge 73<br />

8.1. Entwicklung neuer Stützen und Abstandhalter 73<br />

Anhang 77<br />

Literaturverzeichnis 78<br />

Quellenangabe <strong>der</strong> Fotos und Abbildungen 79<br />

-2-


<strong>Diplomarbeit</strong><br />

1. Einleitung und Grundsätzliches<br />

Ralf Reißen<br />

1. Einleitung und Grundsätzliches<br />

1.1. Aus <strong>der</strong> Historie<br />

Das uralte Bestreben des Menschen, das Gewitterphänomen zu erfassen, war bis<br />

weit in die Neuzeit hinein geprägt durch mythologische Vorstellungen,<br />

insbeson<strong>der</strong>e aus <strong>der</strong> altbabylonischen und altgriechischen Zeit, in <strong>der</strong> man sich<br />

die zerstörenden Wirkungen des Blitzes durch einen von Göttern o<strong>der</strong> Göttinnen<br />

vom Himmel geschleu<strong>der</strong>ten, zündenden Feuerstrahl und durch einen<br />

zerschmetternden Donnerkeil zu erklären versucht hatte.<br />

Ein bedeuten<strong>der</strong> Schritt in <strong>der</strong> naturwissenschaftlich begründeten Erkenntnis des<br />

Blitzphänomens nach <strong>der</strong> Zeit <strong>der</strong> mystischen Deutungen erwuchs aus den<br />

Experimenten mit Reibungselektrizität. Zwar war schon den Griechen etwa 600 v.<br />

Chr. die elektrische Wirkung des geriebenen Bernsteins bekannt, aber erst durch<br />

die Erfindung <strong>der</strong> rotierenden Elektrisiermaschinen als Ladungserzeuger, bei<br />

denen zwei Isolierstoffe unterschiedlicher Konsistenz kontinuierlich<br />

aufeinan<strong>der</strong>gerieben werden, und die <strong>der</strong> Leydener Flasche als Ladungs- und<br />

damit Energiespeicher, konnte die Elektrizität soweit intensiviert werden, dass<br />

deutlich leuchtende Funken, die sich prasselnd entluden, beobachtet werden<br />

konnten.<br />

Als erster erkannte <strong>der</strong> Physiker und Ingenieur in schwedischen und<br />

kursächsischen Diensten, Otto von Guericke (1602-1686), <strong>der</strong> im Jahre 1670 in<br />

Magdeburg die erste Elektrisiermaschine mit einer Schwefelkugel fertigte, die<br />

Analogie zwischen einer elektrostatischen Entladung im Laboratorium und <strong>der</strong><br />

Blitzentladung. Ergänzend stellte <strong>der</strong> Englän<strong>der</strong> William Wall 1698 die folgende<br />

Hypothese auf: Wenn man ein genügend großes Stück Bernstein reibt, muss es<br />

Blitz und Donner wie bei einem Gewitter geben. Johann Heinrich Winkler,<br />

Physikprofessor in Leipzig, publizierte dann 1746 die Ansicht, dass die elektrische<br />

Wolkenentladung die Ursache eines Gewitters sei und sich <strong>der</strong> Blitz zur Erde<br />

entlade.<br />

Weitere Experimente, z.B. des Staatsmanns, Schriftstellers und<br />

Naturwissenschaftlers Benjamin Franklin (1706-1790), <strong>der</strong> Versuche mit Stangen<br />

und Drachen im Gewitterfeld durchführte, bestätigten diese Thesen. [5]<br />

-3-


<strong>Diplomarbeit</strong><br />

1. Einleitung und Grundsätzliches<br />

Ralf Reißen<br />

1.2. Blitzschutz und die Unternehmensphilosophie <strong>der</strong> Blitschutzfirma<br />

Hans Thormählen GmbH & Co<br />

Ein Blitzschlag birgt eine große Gefahr. In früheren Jahrhun<strong>der</strong>ten brannten ganze<br />

Städte ab, wenn in Bauwerke die „Elektrizität“ einschlug. Der Amerikaner<br />

Benjamin Franklin, einer <strong>der</strong> Grün<strong>der</strong>väter <strong>der</strong> Vereinigten Staaten von Amerika,<br />

erfand 1752 den Blitzableiter und somit einen ersten wirksamen Schutz gegen die<br />

Naturgewalt. Mit seiner Erfindung wurde in Deutschland erstmals 1769 die<br />

Michaeliskirche in Hamburg ausgerüstet.<br />

Kirchen gehören auch heute noch zu den Bauwerken, die von <strong>der</strong> norddeutschen<br />

Firma Hans Thormählen GmbH & Co mit entsprechenden Anlagen ausgestattet<br />

werden. Hauptaugenmerk liegt aber im Industriezeitalter auf dem Schutz von<br />

Wohnhäusern, technischen Anlagen und an<strong>der</strong>en Einrichtungen. Schlecht<br />

geschützte Gebäude bergen große Gefahren. Was passiert etwa, wenn durch<br />

einen Blitz die Großrechenanlage eines Unternehmens ausfallen sollte? Noch<br />

gefährlicher sind die Folgen in an<strong>der</strong>en Bereichen. Unzureichen<strong>der</strong> Schutz <strong>der</strong><br />

Krankenhäuser o<strong>der</strong> Verkehrslenkungseinrichtungen von Bahn und Flugsicherung<br />

könnte für viele Menschen tödliche Folgen haben.<br />

Bei öffentlichen Gebäuden wie Verwaltungen, Kliniken, Industrieanlagen <strong>der</strong><br />

privaten Wirtschaft etc. ist es bereits Standard, ja vielfach sogar Vorschrift, ein<br />

Blitzschutzsystem zu installieren.<br />

Wichtig ist es, für jedes Gebäude eine optimale Lösung zu entwickeln. Die<br />

Techniker <strong>der</strong> Firma Thormählen informieren sich vor Ort und fertigen dann einen<br />

Entwurf an. In Feinarbeit wird mit Hilfe mo<strong>der</strong>nster Technik die richtige Anlage<br />

erstellt und anschließend von den Monteuren eingebaut. Dabei arbeitet das<br />

Großenmeerer Unternehmen eng mit Architekten und Ingenieuren vor Ort<br />

zusammen.<br />

Um für eine gute Betreuung auch bei Reparaturen und Wartung vor Ort zu sorgen,<br />

wurden im Laufe <strong>der</strong> Jahre Geschäftsstellen in Bremen, Kiel, Hannover,<br />

Osnabrück, Bielefeld und Aurich eingerichtet. Ferner trägt die Kooperation mit<br />

Firmen in Hamburg, Schwerin, Magdeburg, Leipzig und Berlin dazu bei, dass<br />

-4-


<strong>Diplomarbeit</strong><br />

1. Einleitung und Grundsätzliches<br />

Ralf Reißen<br />

Baustellen in Norddeutschland innerhalb weniger Stunden erreicht werden<br />

können.<br />

Mit <strong>der</strong> Einführung hochempfindlicher Informationstechnik gegen Überspannung<br />

sind neue Aufgaben auf die Blitzschutzbauer zugekommen.<br />

1.2.1. Grundsätze des Unternehmens<br />

Die Hans Thormählen GmbH & Co. ist ein mittelständisches Handwerksunternehmen<br />

für Blitzschutz- und Elektrotechnik mit Sitz in Großenmeer/<br />

Norddeutschland.<br />

Seit mehr als 47 Jahren arbeitet die Firma Thormählen erfolgreich auf dem Gebiet<br />

<strong>der</strong> Planung, Projektierung, Errichtung und Prüfung von<br />

• Blitzschutzanlagen<br />

• Erdungsanlagen<br />

• Potentialausgleichsanlagen<br />

• Überspannungsschutzanlagen<br />

• elektrischen Anlagen<br />

Neben dem Stammhaus garantieren sechs über den gesamten norddeutschen<br />

Raum verteilte Handelsvertretungen eine große Nähe zum Kunden.<br />

Die hohe fachliche Kompetenz <strong>der</strong> Unternehmens wird auch durch die Eintragung<br />

als „Elektrokonzessionsbetrieb“ bei <strong>der</strong> EWE Oldenburg unterstrichen.<br />

Um immer über aktuelle Informationen zu verfügen, ist die Firma Thormählen<br />

Mitglied in folgenden Fachverbänden:<br />

-5-


<strong>Diplomarbeit</strong><br />

1. Einleitung und Grundsätzliches<br />

Ralf Reißen<br />

• TÜV Norddeutschland<br />

• Elektroinnung<br />

• Verbund Deutscher Elektrotechniker (VDE)<br />

• Verband Deutscher Blitzschutzfirmen (VDB)<br />

• För<strong>der</strong>kreis des ABB (Ausschuß für Blitzschutz und Blitzschutzforschung)<br />

• RAL-Gütegemeinschaft für Blitzschutzanlagen e.V.<br />

Vor allem die drei letztgenannten Fachverbände arbeiten aktiv auf dem Gebiet <strong>der</strong><br />

Schadenanalyse bzw. Ursachenforschung. Die Ergebnisse dieser Arbeit<br />

ermöglichen es, steuernd auf Produkt- und Montagequalität einzuwirken.<br />

Neue Entwicklungen in den Märkten, in Forschung und Technik und im<br />

ökologischen und rechtlichen Umfeld erfor<strong>der</strong>n neue Formen für die Umsetzung,<br />

Sicherstellung und Dokumentation des traditionellen Bemühens um Qualität.<br />

So wurde im Jahre 1995 ein Qualitätsmanagementsystem eingeführt, das nach<br />

DIN EN ISO 9001 zertifiziert ist. Des weiteren wurde 1999 ein Managementsystem<br />

für Sicherheit, Gesundheit und Umweltschutz nach dem SCC-Kriterien eingeführt.<br />

1.3. Aufgabenstellung<br />

<strong>Reet</strong>dächer sind in weiten Teilen von Norddeutschland sehr verbreitet und<br />

bedürfen aufgrund ihres hohen Brandrisikos eines beson<strong>der</strong>en Blitzschutzes; denn<br />

wenn <strong>der</strong> Blitz einmal einschlägt und das <strong>Reet</strong> durch die auftretende<br />

Funkenbildung entzündet wird, brennt meist das ganze Haus ab.<br />

Zur Verbesserung des Blitzschutzes von Weichdächern wurde von <strong>der</strong> Firma<br />

Hans Thormählen GmbH & Co diese Untersuchungen, die im Rahmen einer<br />

<strong>Diplomarbeit</strong> ausgeführt werden sollten, unterstützt.<br />

-6-


<strong>Diplomarbeit</strong><br />

1. Einleitung und Grundsätzliches<br />

Ralf Reißen<br />

Abbildung 1: typisches norddeutsches <strong>Reet</strong>dach [16]<br />

In <strong>der</strong> DIN VDE 0185 Teil 2 [6] ist zwar genau beschrieben, wie solch ein<br />

Blitzschutz für Häuser mit weicher Bedachung auszusehen hat, dennoch bleiben<br />

hier einige Fragen offen. Deshalb soll in dieser Arbeit zum einen <strong>der</strong> Stand <strong>der</strong><br />

heutigen Blitzschutznormung aufgezeigt werden, und zum an<strong>der</strong>en sollen die<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen herausgearbeitet werden, die an mo<strong>der</strong>ne <strong>Reet</strong>dächer in<br />

verschiedenster Ausführung gestellt werden müssen. Probleme, die im Bezug auf<br />

Blitzschutz bei mo<strong>der</strong>nen <strong>Reet</strong>dächern auftreten, sind beispielsweise metallene<br />

Durchführungen (Kaminsanierung mittels Edelstahlrohr) o<strong>der</strong> etwa<br />

Firstabdeckungen aus Kupferblech. Um die Wirkung dieser Werkstoffe in<br />

Verbindung mit einem Blitzschutzsystem zu untersuchen, sollte im Vorfeld bereits<br />

<strong>der</strong> Aufbau des Daches mit all seinen Metallteilen (Dachdeckerdrähte) bekannt<br />

sein. Hieraus kann dann ein technisches Modell erarbeitet werden.<br />

Grundsätzlich ist <strong>der</strong> Blitzschutz von Weichdächern nichts Neues. In einer<br />

Veröffentlichung aus dem Jahre 1928 [9] ist genau beschrieben, was für einen<br />

solchen Blitzschutz zu tun ist:<br />

-7-


<strong>Diplomarbeit</strong><br />

1. Einleitung und Grundsätzliches<br />

Ralf Reißen<br />

„ 22. Weichgedeckte Gebäude<br />

Die weichgedeckten Gebäude tragen mit die Hauptschuld an <strong>der</strong> Größe des auf<br />

dem Land entstehenden Blitzschadens. Beim Einschlag entsteht meist ein<br />

Vollschaden, indem das ganze Gebäude sofort in Flammen steht, ferner kann<br />

durch Flugfeuer <strong>der</strong> Schaden sich leicht auch auf die Umgebung verbreiten.<br />

Die Zündungsgefahr wi rd in hervorragendem Maße durch Drahteinlagen in den<br />

Stroh-, Rohr-, Schilf- und Schindeldächern erhöht. Wie schon an an<strong>der</strong>er Stelle<br />

hervorgehoben, brennt beim Eindringen des Blitzes in Heu und Stroh meistens<br />

gleich das Gebäude im ganzen Umfang, so daß es für das Gebäude samt Inhalt<br />

keine Rettung mehr gibt.<br />

Bei Dächern dieser Art muß <strong>der</strong> Blitzstrom künstlich in genügen<strong>der</strong> Entfernung<br />

von <strong>der</strong> Dachfläche gehalten werden. Die Leitungen werden daher auf hölzernen<br />

Stützen angebracht, so daß sie von <strong>der</strong> Dachfläche mindestens 40 cm Abstand<br />

haben. Die Leitungen sollen das Dach wegen <strong>der</strong> Drahteinlagen möglichst nicht<br />

durchdringen. Wo sich das ausnahmsweise nicht durchführen lassen sollte, sind<br />

die Leitungen so stark mit Holz zu umkleiden, daß sie vom Dach und von den<br />

Vorräten im Inneren gründlich getrennt sind.<br />

Die Fangvorrichtung auf dem First soll wenigstens 50 cm Abstand vom First<br />

haben, auf die Enden des Firstes ist je eine Auffangvorrichtung zu setzen. Von<br />

je<strong>der</strong> Fangvorrichtung soll eine Ableitung zur Erde geführt werden, die am<br />

untersten Punkt <strong>der</strong> Fangvorrichtung angeschlossen wird.<br />

An die Erdleitung sind alle bevorzugten Entladestellen anzuschließen<br />

(Jauchegruben und an<strong>der</strong>e feuchte Stellen). Im übrigen wird eine Ringleitung<br />

empfohlen.<br />

Schornsteine, innere Metallteile usw. sind wie bei an<strong>der</strong>en Gebäuden zu<br />

behandeln.“<br />

Betrachtet man diese Ausführungen aus dem Jahre 1928, so sind schon einige<br />

Parallelen mit <strong>der</strong> heutigen DIN 57185 / VDE 0185 Teil 2 [6] zu erkennen.<br />

-8-


<strong>Diplomarbeit</strong><br />

2. Grundsätzlicher Aufbau von Weichdächern<br />

Ralf Reißen<br />

2. Grundsätzlicher Aufbau von Weichdächern<br />

2.1. Der Werkstoff<br />

Das wohl älteste Dacheindeckungsmaterial in unserer Kulturgeschichte ist das<br />

Stroh und <strong>Reet</strong>. Es war überall vorhanden und kostete fast nichts. Roggen- und<br />

Weizenstroh fiel früher üblicherweise bei <strong>der</strong> Getreideernte sowieso an, und da es<br />

von Hand geschnitten wurde, blieben die einzelnen Halme auch unversehrt und<br />

zerdrückten nicht. <strong>Reet</strong> hingegen wuchs in feuchten Gebieten im Überfluß und<br />

wurde überwiegend in den arbeitsarmen Wintermonaten geschnitten.<br />

Heute verwendet man als Basis für Weichdächer fast ausschließlich <strong>Reet</strong>,<br />

welches in einigen Veröffentlichungen auch als Schilfrohr, Ried, Reith, Rohrschilf<br />

o<strong>der</strong> auch nur als Schilf bezeichnet wird. Der lateinische Name lautet<br />

„Pharagmites communis“ und weist auf seine gute Eignung für Zäune und Wände<br />

hin, denn „phragma“ heißt Zaun [1]. Das Gras ist in Mitteleuropa am Rande<br />

stehen<strong>der</strong> Gewässer o<strong>der</strong> auf sumpfigen Wiesen sehr verbreitet. Da in<br />

Deutschland die sogenannten <strong>Reet</strong>schallen immer seltener werden, das Schilf in<br />

einigen Regionen unter Landschafts- bzw. unter Naturschutz steht, wird es<br />

größtenteils aus den Balkanstaaten importiert. Dachfertiges Schilfrohr wird heute<br />

aus den Ostlän<strong>der</strong>n Polen, Ungarn, Tschechien, aber auch aus Österreich und <strong>der</strong><br />

Türkei importiert.<br />

Als Baustoff sind nur Halme mit einer Länge zwischen 1,40 m und 2,00 m<br />

geeignet, die über <strong>der</strong> Wurzel abgeschnitten werden. Das <strong>Reet</strong> soll ausgereift,<br />

gesund, blattfrei, dünnhalmig (etwa 3 mm bis höchstens 9 mm dick), gradhalmig<br />

und bei <strong>der</strong> Verarbeitung trocken und gesäubert sein. Die Halme sollten nicht<br />

spröde sein und trotzdem eine hohe Biegefestigkeit haben. Wird das Rohr längere<br />

Zeit nicht geschnitten, so wird es brüchig und porös. Daher eignen sich für das<br />

Decken nur einjährige Halme.<br />

Nach dem Schneiden wird das <strong>Reet</strong> zu Garben gebunden und getrocknet. In <strong>der</strong><br />

Fachliteratur werden die Garben auch als Bund, Bündel o<strong>der</strong> Rohrbund<br />

bezeichnet. Das heutige Eurobund für Importreet hat einen Umfang von 60 cm,<br />

das entspricht einem Durchmesser von etwa 19 cm, gemessen 10 cm oberhalb<br />

des Wurzelendes.<br />

-9-


<strong>Diplomarbeit</strong><br />

2. Grundsätzlicher Aufbau von Weichdächern<br />

Ralf Reißen<br />

Abbildung 2: <strong>Reet</strong>bunde vor <strong>der</strong> Verarbeitung [16]<br />

Weichgedeckte Dächer haben nach wie vor ihre Bedeutung im ortsgebundenen,<br />

landwirtschaftlichen Bauwesen, bei Einzelhäusern, die sich in die Landschaft<br />

einfügen sollen und in einigen Wohngebieten, in denen man bewußt das <strong>Reet</strong>dach<br />

als typisches Gestaltungsmerkmal haben möchte. Zudem ist es beliebt als<br />

Dachdeckungsmaterial für Schutzhütten, zur Überdachung von Hinweistafeln<br />

unter an<strong>der</strong>em in Erholungs- und Naturschutzgebieten.<br />

Zur Herstellung des Firstes werden verschiedene Materialien verwendet. Der<br />

klassische First ist <strong>der</strong> Heidefirst. Hier werden Heidekraut o<strong>der</strong> Heidesoden mit<br />

Hilfe von Holzpflöcken am First befestigt. Eine ganz an<strong>der</strong>e Art <strong>der</strong><br />

Firsteindeckung ist <strong>der</strong> Ziegelfirst o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Kupferfirst. Hierfür ist jedoch eine<br />

geson<strong>der</strong>te Holz-Unterkonstruktion notwendig, auf <strong>der</strong> dann die Ziegel bzw. das<br />

Kupferblech befestigt werden.<br />

2.2. Eigenschaften eines <strong>Reet</strong>daches<br />

Vergleicht man ein Weichdach mit einem herkömmlichen Ziegeldach, so hat das<br />

Weichdach den Vorteil einer hervorragenden Wärmedämmung. Im Winter hält es<br />

warm und im Sommer ist es unter dem Dach angenehm kühl. Die Feuchtigkeit<br />

kann unter dem darunterliegenden Raum leicht durch das Dach abgeführt werden.<br />

Das bedeutet, dass es nicht zu Kondenswasserbildung kommen kann. Die<br />

-10-


<strong>Diplomarbeit</strong><br />

2. Grundsätzlicher Aufbau von Weichdächern<br />

Ralf Reißen<br />

Feuergefährdung eines weichgedeckten Hauses ist groß, sei es durch<br />

Blitzeinschlag, Funkenflug, Kurzschluß in Leitungen und elektrischen Geräten<br />

o<strong>der</strong> sogar durch vorsätzliche Brandstiftung. Wenn ein <strong>Reet</strong>dach einmal brennt, so<br />

ist auch die Feuerwehr machtlos, da das Löschwasser, welches von außen<br />

aufgetragen wird, außen am <strong>Reet</strong> einfach abläuft und das Dach von innen her<br />

weiterbrennt. Deshalb ist ein beson<strong>der</strong>er Schutz des Hauses notwendig. Ein<br />

wichtiger Punkt des Brandschutzes ist eine gut funktionierendes<br />

Blitzschutzsystem. Im Brandfall können ganze Teile des brennenden Daches<br />

abrutschen und somit den Hausbewohnern den Fluchtweg ins Freie versperren.<br />

Deshalb wird die Bindung des <strong>Reet</strong>s mit einen nichtbrennbarem Material<br />

(verzinkter Draht ∅ 1 – 1,5 mm o<strong>der</strong> Kupferdraht) vorgeschrieben. Früher<br />

verwendete man Haselnuß- o<strong>der</strong> Weidenruten in Verbindung mit Stroh- o<strong>der</strong><br />

Sisalbän<strong>der</strong>n, die leicht durchbrannten und somit die Verbindung zwischen <strong>Reet</strong><br />

und Lattung lösten.<br />

Eine völlig an<strong>der</strong>e Eigenschaft eines <strong>Reet</strong>daches ist die Grünbildung. Moose sind<br />

meist die ersten Ansiedler auf <strong>der</strong> noch kahlen Dachhaut und werden durch den<br />

Schatten hoher Bäume mit ihren herunterfallenden organischen Abfallstoffen<br />

geför<strong>der</strong>t. Die Moose durchdringen mit ihren Wurzeln die Halmwände und führen<br />

über zunehmende Humusbildung zu einer Art Erdschicht auf <strong>der</strong> Dachhaut. Diese<br />

Humus- und Erdschicht ermöglicht weiteres Pflanzenwachstum. Je schneller<br />

dieser natürliche Verrottungsprozeß in Gang gesetzt und vorangetrieben wird, um<br />

so nachhaltiger werden die Atmung und die Durchlüftung <strong>der</strong> Dachhaut<br />

verschlechtert. Mit dem Pflanzenbewuchs auf dem <strong>Reet</strong>dach kommen auch die<br />

tierischen Schädlinge wie Ratten, Mäuse, Sperlinge etc., die sich im Dach<br />

einnisten. Ein wirksamer Schutz vor <strong>der</strong> Grünbildung und ihren Folgen kann durch<br />

chemische Maßnahmen getroffen werden. Diese sind aber nur wirksam, wenn sie<br />

in regelmäßigen Zeitabständen (alle 2-3 Jahre) wie<strong>der</strong>holt werden. Wer keine<br />

chemischen Maßnahmen zur Moosbekämpfung ergreifen möchte, sollte sein Dach<br />

regelmäßig reinigen und pflegen.<br />

Eine an<strong>der</strong>e Methode zur Moosbekämpfung wird <strong>der</strong>zeit in Norddeutschland<br />

getestet: Durch Einbringen von Kupferblechen, beispielsweise als Firstabdeckung,<br />

über die dann das Regenwasser abtropft, son<strong>der</strong>t das Regenwasser bestimmte<br />

-11-


<strong>Diplomarbeit</strong><br />

2. Grundsätzlicher Aufbau von Weichdächern<br />

Ralf Reißen<br />

Stoffe aus dem Kupfer ab, die eine Moosbildung verhin<strong>der</strong>n sollen. Diese<br />

Kupferbleche in <strong>der</strong> Dachhaut o<strong>der</strong> auf dem First stellen natürlich ganz beson<strong>der</strong>e<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen an das Blitzschutzsystem.<br />

2.3. Verlegungsarten<br />

Bei Weichdächern spielt <strong>der</strong> Neigungswinkel des Daches eine wesentliche Rolle.<br />

Er soll mindestens 45° betragen. Noch besser ist es, wenn er größer als 50° ist, da<br />

bei dieser Neigung <strong>der</strong> Wind nicht unter die Halme greifen kann, son<strong>der</strong>n sie<br />

andrückt. Das Dach ist bei dieser Neigung flugschnee- und treibregensicher.<br />

Regen dringt normal bis 5 cm, bei Sturm bis 10 cm in die Deckung ein.<br />

Die Deckung ist bei <strong>Reet</strong> 30 cm bis 35 cm, bei Stroh 25 cm bis 30 cm dick.<br />

Die Dachunterkonstruktion besteht wie bei Ziegeldächern aus einem Tragwerk aus<br />

Holzbalken mit Sparren, <strong>der</strong>en Abstand 1 m nicht überschreiten sollte. Auf diesen<br />

Sparren werden dann die Latten, <strong>der</strong>en Abstand von <strong>der</strong> Dachneigung bestimmt<br />

wird, angebracht. Üblicherweise beträgt <strong>der</strong> Lattenabstand 30 cm, maximal jedoch<br />

35 cm. Als Lattung können Rundhölzer, aber auch normale Rechteck-Dachlatten<br />

(30 mm 40 mm), verwendet werden.<br />

Das Decken des <strong>Reet</strong>daches ist in einer glatten Fläche von <strong>der</strong> Traufe bis zum<br />

First auszuführen, wobei die einzelnen Lagen nacheinan<strong>der</strong> immer waagrecht<br />

durchgehend aufzubringen sind. Auf <strong>der</strong> Lattung wird eine dünne Unterlage aus<br />

<strong>Reet</strong> o<strong>der</strong> Stroh, die sogenannte Streulage, aufgebracht. Diese Streulage soll<br />

verhin<strong>der</strong>n, dass die Spitzen <strong>der</strong> Deckbunde unter die Latten getrieben werden.<br />

Bei <strong>der</strong> Bindung <strong>der</strong> einzelnen Decklagen muss <strong>der</strong> Vorlegedraht von <strong>der</strong> Latte<br />

her etwa inmitten <strong>der</strong> Deckung liegen. Das bedeutet bei einer Deckschicht von<br />

beispielsweise 30 cm, dass die Bindung bei etwa 15 cm, von <strong>der</strong> Latte aus<br />

gesehen, liegen müsste (vergleiche Abb.3). Die Bindung sollte möglichst in <strong>der</strong><br />

Mitte <strong>der</strong> Halmlänge in Abständen von etwa 20 cm erfolgen. Die Bindung hat die<br />

Aufgabe, das <strong>Reet</strong> fest an die Lattung zu pressen. Die Bindung kann auf<br />

verschiedene Arten erfolgen:<br />

-12-


<strong>Diplomarbeit</strong><br />

2. Grundsätzlicher Aufbau von Weichdächern<br />

Ralf Reißen<br />

2.3.1. Gebundenes <strong>Reet</strong>dach<br />

Beim gebundenen <strong>Reet</strong>dach werden die einzelnen Decklagen unter Verwendung<br />

eines Vorlegedrahtes, dem sogenannten Bandstock, mit Bindedraht an die Latten<br />

gebunden. Durch den Bandstock erhält die Deckung eine gute Festigkeit, da <strong>der</strong><br />

Bindedraht mit einer Zange sehr fest angezogen werden kann. Als Bandstock und<br />

Bindedraht sollten ausschließlich<br />

nicht brennbare Materialien<br />

verwendet werden. Geeignete<br />

Bandstöcke sind aus verzinktem<br />

Stahldraht o<strong>der</strong> Kupferdraht mit<br />

einer Dicke von etwa 5 mm.<br />

Früher verwendete man auch<br />

Bandstöcke aus daumendicken<br />

Haselnuß- o<strong>der</strong> Weidenstöcken.<br />

Als Bindedraht eignet sich<br />

nichtrosten<strong>der</strong> Stahldraht mit<br />

einer Mindestdicke von 1 mm.<br />

Abbildung 3: Gebundenes <strong>Reet</strong>dach (Schnitt) [3]<br />

Abbildung 4:<br />

Gebundenes <strong>Reet</strong>dach<br />

(Draufsicht)<br />

a - Bandstock<br />

b - Bindedraht<br />

c – Latte<br />

[2]<br />

-13-


<strong>Diplomarbeit</strong><br />

2. Grundsätzlicher Aufbau von Weichdächern<br />

Ralf Reißen<br />

2.3.2. Genähtes <strong>Reet</strong>dach<br />

Beim genähten <strong>Reet</strong>dach werden die Bunde <strong>der</strong> jeweiligen Decklage mit Draht<br />

ohne Verwendung eines Vorlegedrahtes direkt an die Latten genäht. Der<br />

Bindedraht liegt etwa in <strong>der</strong> Mitte <strong>der</strong> Deckschicht. Die Bindung erfolgt in <strong>der</strong> Mitte<br />

<strong>der</strong> Rohrlänge und soll fest an die Lattung gedrückt werden. Zudem sind die<br />

einzelnen Bindungen in je<strong>der</strong><br />

weiteren Decklage versetzt<br />

anzubringen. Die Schichtweite<br />

(Durchmesser <strong>der</strong> Bindungsschlaufe)<br />

beträgt maximal 25 cm. Der Näher<br />

(außen auf dem Dach) und <strong>der</strong><br />

Gegennäher (innen unter dem Dach)<br />

nähen mit <strong>Reet</strong>nadel und Draht die<br />

Deckung auf die Lattung. Für<br />

genähte Dächer verwendet man<br />

nichtrostenden Stahldraht mit einer<br />

Mindestdicke von 1 mm, kunststoffummantelten<br />

Draht mit einer<br />

Mindestdicke von 2 mm o<strong>der</strong><br />

Kupferdraht mit einer Mindestdicke<br />

von 1,5 mm. Abbildung 5: Genähtes <strong>Reet</strong>dach (Schnitt) [3]<br />

Abbildung 6:<br />

Genähtes <strong>Reet</strong>dach<br />

(Draufsicht)<br />

a – Naht<br />

b – Latte<br />

[2]<br />

-14-


<strong>Diplomarbeit</strong><br />

2. Grundsätzlicher Aufbau von Weichdächern<br />

Ralf Reißen<br />

2.3.3. Geschraubtes <strong>Reet</strong>dach<br />

Die in Dänemark entwickelte Schraubtechnik wird seit Mitte <strong>der</strong> 80er Jahre auch in<br />

Deutschland angewendet. Hierbei handelt es sich um eine mo<strong>der</strong>ne und Zeit<br />

sparende Variante des gebundenen Daches, bei <strong>der</strong> Schrauben mit einem mittig<br />

umwickelten Draht mit einem Elektroschrauber von oben in die Lattung versenkt<br />

werden. Der Abstand <strong>der</strong> Schrauben darf 20 cm nicht unterschreiten. Die<br />

Dauerhaftigkeit eines geschraubten Daches hängt wesentlich von <strong>der</strong> Befestigung<br />

<strong>der</strong> Schraube in <strong>der</strong> Latte und <strong>der</strong> Festigkeit <strong>der</strong> Rödelung des Drahtes ab.<br />

Deshalb ist es wichtig, dass die Schraube nie in den Randbereich <strong>der</strong> Latte<br />

gedreht wird, sodass die Latte durch die Schraube gespalten werden kann.<br />

Diese Bindung kann auch dann eingesetzt werden, wenn wegen Dachausbauten<br />

<strong>der</strong> Draht nicht mehr um die Dachlatten herumgeführt werden kann. Da <strong>der</strong> Draht<br />

jedoch schneller reißt als bei Zugbelastungen, kann bei dieser Technik <strong>der</strong> Draht<br />

nicht so fest wie bei <strong>der</strong> traditionellen Bindung durch eine Schlaufe angezogen<br />

werden.<br />

Bei geschraubten Dächern ist<br />

nichtrosten<strong>der</strong> Stahldraht mit<br />

einer Mindestdicke von 1 mm<br />

zu verwenden. Als<br />

Vorlegedraht bzw. Bandstock<br />

ist ein nichtrosten<strong>der</strong> Stahldraht<br />

o<strong>der</strong> ein Kupferdraht mit<br />

einem Querschnitt von etwa 5<br />

mm zu verwenden. Die<br />

Schrauben zur Befestigung<br />

des Drahtes sollen<br />

nichtrostend sein und eine<br />

Mindestgröße von 4,5 mm <br />

35 mm haben.<br />

Abbildung 7: Geschraubtes <strong>Reet</strong>dach (Schnitt) [3]<br />

-15-


<strong>Diplomarbeit</strong><br />

2. Grundsätzlicher Aufbau von Weichdächern<br />

Ralf Reißen<br />

2.4. Firstarten bei <strong>Reet</strong>dächern<br />

Die Firsteindeckung bei <strong>Reet</strong>dächern ist beson<strong>der</strong>s heikel. Hier, am höchsten<br />

Punkt des Daches, treffen Wind und Regen auf die kantige Firstlinie. Um diese<br />

Stelle, die den härtesten Witterungseinflüssen ausgesetzt ist, einzudecken,<br />

bedient man sich verschiedenster Methoden und Materialien. Diese Firstarten sind<br />

regional unterschiedlich und letztendlich auch eine Frage <strong>der</strong> Kosten.<br />

2.4.1. Der <strong>Reet</strong>first<br />

Soll die Firsteindeckung mit <strong>Reet</strong> erfolgen, so ist im Vorfeld die Hauptwindrichtung<br />

zu bestimmen. Die Halme <strong>der</strong> letzten beiden <strong>Reet</strong>lagen werden nicht<br />

abgeschnitten, son<strong>der</strong>n über die Firstlattung auf die an<strong>der</strong>e Dachseite gebogen<br />

und dort unter das <strong>Reet</strong> gestopft. Auf die letzten beiden Lagen <strong>der</strong> Wetter<br />

abgewandten Dachseite wird eine <strong>Reet</strong>lage genäht. Die über den First stehenden<br />

<strong>Reet</strong>halme werden zur an<strong>der</strong>en<br />

Seite gebogen. Auf <strong>der</strong><br />

Wetterseite wird anschließend<br />

eine <strong>Reet</strong>schicht mit den<br />

Stoppelenden nach oben an die<br />

beiden letzten Dachlatten genäht,<br />

so dass die Halmenden über die<br />

abgeknickte <strong>Reet</strong>schicht <strong>der</strong><br />

gegenüberliegenden Seite<br />

hinausragen. Damit wird im First<br />

eine Regen durchlässige Fuge<br />

vermieden.<br />

Abbildung 8: Mecklenburger <strong>Reet</strong>first (Schnitt) [2]<br />

-16-


<strong>Diplomarbeit</strong><br />

2. Grundsätzlicher Aufbau von Weichdächern<br />

Ralf Reißen<br />

2.4.2. Der Heidefirst<br />

Der Heidefirst wird aus geschnittenem, erdfeuchtem Heidekraut geformt. Er hat je<br />

nach Sparrenlänge beidseitig eine Schenkellänge von bis zu 1m. Die Neigung <strong>der</strong><br />

Schenkel darf die Dachneigung nicht unterschreiten. Von <strong>der</strong> Firstspitze, an <strong>der</strong><br />

<strong>der</strong> Heidefirst etwa 30cm dick ist, verjüngt er sich zur unteren Kante auf etwa<br />

10cm. Zur Befestigung des Heidefirstes gibt es wie<strong>der</strong> mehrere Methoden.<br />

Zum einen kann dies mit Holzpflöcken aus gespaltenem Weichholz, welche<br />

einseitig angespitzt werden, geschehen. Die Länge dieser Holzpflöcke sollte 0,3 –<br />

0,6 m, ihr Querschnitt etwa 15 – 20<br />

mm betragen. Je Meter Heidefirst sind<br />

etwa 100 Holzpflöcke zu verwenden.<br />

Eine zusätzliche Bespannung des<br />

Firstes mit z.B. Kunststoffnetzen ist<br />

möglich. Die Verwendung von<br />

Drahtgeflechten wie z.B.<br />

Maschendraht etc. ist in Verbindung<br />

mit Blitzschutz an Gebäuden nicht<br />

zulässig.<br />

Eine an<strong>der</strong>e Befestigungsmethode für<br />

den Heidefirst ist das Aufbringen von<br />

Hängehölzern. Diese etwa 10 bis 12 kg<br />

schweren, meist eichenen Hängehölzer<br />

werden im Abstand von etwa 30cm<br />

über den First gelegt.<br />

Da das Heidekraut im Laufe <strong>der</strong> Jahre<br />

in sich zusammensackt, ist es<br />

notwendig, den Heidefirst etwa alle 5<br />

bis 10 Jahre wie<strong>der</strong> aufzufüllen.<br />

Abbildung 9: Gesteckter Heidefirst<br />

(Schnitt) [3]<br />

Abbildung 10: Heidefirst mit Hängehölzern<br />

(Schnitt) [2]<br />

-17-


<strong>Diplomarbeit</strong><br />

2. Grundsätzlicher Aufbau von Weichdächern<br />

Ralf Reißen<br />

2.4.3. Der Sodenfirst<br />

Der Sodenfirst besteht aus gewachsenen Grassoden, die etwa 5 cm dick,<br />

zwischen 30 und 40 cm breit und etwa 1,30 bis 1,50 m lang. Auf 1 m First sollen<br />

etwa 7 bis 9 Soden verlegt werden. Der Anlegewinkel liegt zwischen 60° und 70°<br />

(siehe Abbildung 12). Die Befestigung <strong>der</strong> einzelnen Soden erfolgt durch<br />

Hartholzpflöcke von etwa 20 bis 30 cm Länge. Jede Sode soll gepflockt sein, o<strong>der</strong><br />

wenn eine zusätzliche<br />

Netzabdeckung am First<br />

vorhanden ist, ist jede zweite Sode<br />

zu pflocken. Die Unterlage für den<br />

Sodenfirst besteht aus einer<br />

abgerundeten <strong>Reet</strong>lage. Darauf<br />

folgt eine Abdeckung aus z.B.<br />

einer besandeten Bitumenbahn<br />

o<strong>der</strong> einer Kunststoffbahn (siehe<br />

Abbildung 11).<br />

Abbildung 11: Sodenfirst (Schnitt) [3]<br />

Abbildung 12: Sodenfirst (Seitenansicht) [3]<br />

-18-


<strong>Diplomarbeit</strong><br />

2. Grundsätzlicher Aufbau von Weichdächern<br />

Ralf Reißen<br />

2.4.4. An<strong>der</strong>e gängige Firstarten<br />

Die Deckung des Firstes kann mit an<strong>der</strong>en geeigneten Werkstoffen ausgeführt<br />

werden.<br />

In einigen Regionen Norddeutschlands wird <strong>der</strong> First mit einem geson<strong>der</strong>ten<br />

Firstdachstuhl ausgestattet, <strong>der</strong> über <strong>der</strong> letzten <strong>Reet</strong>lage angebracht ist. Dieser<br />

dient dazu, den First mit Ziegeln o<strong>der</strong> einem geeigneten Wellplattenmaterial<br />

einzudecken.<br />

Abbildung 13:<br />

<strong>Reet</strong>dach mit Firstdachstuhl<br />

und Ziegeleindeckung [16]<br />

Eine an<strong>der</strong>e Art <strong>der</strong> Firsteindeckung, die zusätzlich auch noch vor <strong>der</strong><br />

Vermoosung des <strong>Reet</strong>daches schützen soll, ist die Eindeckung mit Kupferblech.<br />

Wie beim Ziegelfirst wird auch hier eine Holzkonstruktion auf <strong>der</strong> letzten<br />

<strong>Reet</strong>schicht am First benötigt, woran dann die Kupferbleche befestigt werden. Aus<br />

dekorativen Gründen o<strong>der</strong> um <strong>der</strong> Vermoosung vorzubeugen, ist es auch möglich,<br />

dass diese Kupferbleche auch an<br />

an<strong>der</strong>en Stellen des Daches<br />

vorkommen, beispielsweise am<br />

Ortgang o<strong>der</strong> an <strong>der</strong> Kehle. Diese<br />

Bleche, die eine größere<br />

Metallfläche auf dem Dach<br />

darstellen, sind für einen<br />

wirksamen Blitzschutz des<br />

Gebäudes ein ernsthaftes<br />

Problem.<br />

Abbildung 14: <strong>Reet</strong>dach mit Kupferfirst [16]<br />

-19-


<strong>Diplomarbeit</strong><br />

3. Stand <strong>der</strong> Blitzschutznormung und Stand <strong>der</strong> Technik<br />

Ralf Reißen<br />

3. Stand <strong>der</strong> Blitzschutznormung und Stand <strong>der</strong> Technik<br />

3.1. Der Blitzschutz in <strong>der</strong> VDE-Norm<br />

Ein Blitzschutzsystem für den äußeren Blitzschutz besitzt als wesentliche<br />

Komponenten die Fangeinrichtung, die Ableitung und die Erdungsanlage. Die<br />

Fangeinrichtung besteht im allgemeinen aus einer Firstleitung und ggf. aus<br />

Fangstangen, die z.B. am Giebel o<strong>der</strong> an aus <strong>der</strong> Dachfläche herausragenden<br />

Aufbauten (Schornstein etc.) befestigt werden. Diese Fangeinrichtungen werden<br />

durch die Ableitungen auf direktem Wege nach unten zur Erdungsanlage geführt.<br />

Die Erdungsanlage hat die Aufgabe, den auftretenden Blitzstrom möglichst<br />

großflächig im Erdboden zu verteilen.<br />

In <strong>der</strong> DIN 57185 Teil 2 / VDE 0185 Teil 2 [6] ist genau beschrieben, wie ein<br />

Blitzschutzsystem für Weichdächer (Äußerer Blitzschutz) zu bauen ist:<br />

„ 6.1.2 Gebäude mit weicher Bedachung (Weichdächer)<br />

6.1.2.1 Bei Dachdeckungen aus <strong>Reet</strong>, Stroh o<strong>der</strong> Schilf müssen die Fangleitungen<br />

auf isolierten Stützen (Holzpfählen nach DIN 48812) gespannt verlegt werden. Der<br />

Abstand zwischen den Leitungen und dem First muß mindestens 0,6 m, zwischen<br />

den übrigen Leitungen auf dem Dach und <strong>der</strong> Dachhaut mindestens 0,4 m<br />

betragen. Diese Abstände gelten für neuwertige Dächer. Bei abgenutzten Dächern<br />

sind die Abstände entsprechend größer und so zu wählen, dass nach einer<br />

Neueindeckung die oben angegebenen Abstände nicht unterschritten sind. Der<br />

Abstand von <strong>der</strong> Weichdachtraufe zur Traufenstütze darf 0,15 m nicht<br />

unterschreiten.<br />

Bei Firstleitungen sind Spannweiten bis etwa 15 m, bei Ableitungen Spannweiten<br />

bis etwa 10 m ohne zusätzliche Abstützungen anzustreben.<br />

Der Abstand <strong>der</strong> Ableitungen voneinan<strong>der</strong> ergibt sich aus DIN 57185 Teil 1 / VDE<br />

0185 Teil 1 Abschnitt 5.2.1.<br />

6.1.2.2 Spannpfähle müssen mit <strong>der</strong> Dachkonstruktion (Sparren und Querhölzer)<br />

mit Durchgangsbolzen nebst Unterlegscheiben fest verbunden werden.<br />

-20-


<strong>Diplomarbeit</strong><br />

3. Stand <strong>der</strong> Blitzschutznormung und Stand <strong>der</strong> Technik<br />

Ralf Reißen<br />

6.1.2.3 Oberhalb <strong>der</strong> Dachfläche befindliche metallene Teile (wie Windfahnen,<br />

Berieselungsanlagen, Leitern) müssen so befestigt werden, z.B. auf nichtleitenden<br />

Stützen, dass die Abstände nach Abschnitt 6.1.2.1 eingehalten sind.<br />

Zuleitungen zu Berieselungsanlagen dürfen im Bereich <strong>der</strong> Durchführung durch<br />

die Dachhaut auf mindestens 0,6 m ober- und unterhalb nur aus Kunststoff<br />

bestehen.<br />

6.1.2.4 Bei Weichdächern die von einem metallenen Drahtnetz überzogen sind, ist<br />

ein wirksamer Blitzschutz nach den Abschnitten 6.1.2.1 bis 6.1.2.3 nicht möglich.<br />

Das gleiche gilt, wenn Abdeckungen, Berieselungsanlagen, Entlüftungsrohre,<br />

Schornsteineinfassungen, Dachfenster, Oberlichter und <strong>der</strong>gleichen aus Metall<br />

vorhanden sind.<br />

In diesen Fällen ist ein wirksamer Blitzschutz nur durch eine isolierte<br />

Blitzschutzanlage mit Fangstangen neben den Gebäuden bzw. mit Fangleitungen<br />

o<strong>der</strong> Fangnetzen zwischen Masten neben den Gebäuden zu erreichen (siehe DIN<br />

57185 Teil 1 / VDE 0185 Teil 1, Abschnitt 5.1.2).<br />

6.1.2.5 Grenzt ein Weichdach an eine Dachdeckung aus Metall und soll das<br />

Gebäude mit einer Blitzschutzanlage versehen werden, so muß zwischen dem<br />

Weichdach und dem übrigen Dach eine elektrisch nichtleitende Dacheindeckung<br />

von mindestens 1 m Breite, z.B. aus Zementasbest o<strong>der</strong> Kunststoff, eingefügt<br />

werden. Für den Teil <strong>der</strong> Blitzschutzanlage auf dem Weichdach gelten die<br />

Abschnitte 6.1.2.1 bis 6.1.2.3.<br />

6.1.2.6 Zweige von Bäumen sind in mindestens 2 m Abstand vom Weichdach zu<br />

halten.<br />

Wenn Bäume dicht an einem Gebäude stehen und es überragen, muß an dem<br />

den Bäumen zugewandten Dachrand (Traufkante, Giebel) eine Fangleitung<br />

angebracht werden, die mit <strong>der</strong> Blitzschutzanlage zu verbinden ist. Die Abstände<br />

nach Abschnitt 6.1.2.1 sind dabei einzuhalten.<br />

-21-


<strong>Diplomarbeit</strong><br />

3. Stand <strong>der</strong> Blitzschutznormung und Stand <strong>der</strong> Technik<br />

Ralf Reißen<br />

6.1.2.7 Antennen und Elektrosirenen sind auf weichgedeckten Dächern nicht<br />

zulässig. Antennen und elektrische Anlagen unter Dach müssen von <strong>der</strong><br />

Blitzschutzanlage einen größeren Abstand haben, als sich nach DIN 57185 Teil 1 /<br />

VDE 0185 Teil 1, Abschnitt 5.3.2, ergibt.“<br />

Zur Veranschaulichung <strong>der</strong> VDE-Bestimmungen und des Aufbaus einer solchen<br />

Anlage sollen die folgenden Zeichnungen dienen:<br />

Abbildung 15: Montage <strong>der</strong> Fangeinrichtungen und Ableitungen für ein<br />

Gebäude mit weicher Bedachung [4]<br />

1 Fangstange auf Holzpfahl<br />

2 Giebelstange Abstand vom Weichdach mindestens 0,4 m und<br />

Höhe über First mindestens 0,6 m.<br />

3 Ableitung mit Leitungsstütze<br />

4 Traufenstütze. Entfernung vom Weichdach mindestens 0,15 m<br />

5 Spannkloben (zum Spannen <strong>der</strong> Ableitung über dem Weichdach)<br />

-22-


<strong>Diplomarbeit</strong><br />

3. Stand <strong>der</strong> Blitzschutznormung und Stand <strong>der</strong> Technik<br />

Ralf Reißen<br />

Mit den oben genannten Maßnahmen sind nun die Montage <strong>der</strong> Fangleitung und<br />

<strong>der</strong> Ableitung ausreichend beschrieben. Die dritte Komponente, die ein<br />

Blitzschutzsystem für den äußeren Blitzschutz ausmacht, ist eine gute<br />

Erdungsanlage. Diese wird in <strong>der</strong> DIN 57185 Teil 1 / VDE 0185 Teil 1 in Abschnitt<br />

5.3 behandelt. Die Erdungsanlage darf als Fundamenter<strong>der</strong>, Ringer<strong>der</strong> o<strong>der</strong> in<br />

Son<strong>der</strong>fällen aus Einzeler<strong>der</strong>n aufgebaut werden.<br />

In den Entwürfen zur Europäischen Norm DIN V ENV 61024-1 [7] ist bislang<br />

nichts über das Thema Blitzschutz von Weichdächern zu finden.<br />

Eine komplettes Blitzschutzsystem für äußeren Gebäudeblitzschutz ist auf <strong>der</strong><br />

folgenden Seite dargestellt:<br />

-23-


<strong>Diplomarbeit</strong><br />

3. Stand <strong>der</strong> Blitzschutznormung und Stand <strong>der</strong> Technik<br />

Ralf Reißen<br />

Abbildung 16: äußerer Blitzschutz von Weichdächern [4]<br />

1 Fangstangen auf Holzpfählen<br />

2 Schornsteinumführung mit Schornsteinstangen<br />

3 Firstleitung 0,6 m über dem First verlegt<br />

4 Abstand <strong>der</strong> Ableitung von <strong>der</strong> Dachfläche 0,4 m<br />

5 Traufenstütze<br />

6 Spannkloben<br />

7 Giebelstange<br />

8 Trennstelle<br />

9 Übergang von Rundstahl auf Bandstahl<br />

10 Anschluß <strong>der</strong> Wasserleitungsrohre an den Potentialausgleich<br />

11 Ringer<strong>der</strong> o<strong>der</strong> Fundamenter<strong>der</strong><br />

12 Stab- o<strong>der</strong> Ban<strong>der</strong><strong>der</strong><br />

13 Baumzweige müssen mind. 2 m vom Weichdach entfernt gehalten werden<br />

14 Potentialausgleichschiene<br />

15 Überspannungsschutzgerät <strong>der</strong> Anfor<strong>der</strong>ungsklasse B<br />

16 Schutzleiter des Starkstromnetzes<br />

-24-


<strong>Diplomarbeit</strong><br />

3. Stand <strong>der</strong> Blitzschutznormung und Stand <strong>der</strong> Technik<br />

Ralf Reißen<br />

3.2. Ist ein Blitzschutzsystem erfor<strong>der</strong>lich o<strong>der</strong> sogar vorgeschrieben?<br />

3.2.1. Die Bauordnung<br />

Ob ein Blitzschutzsystem zwingend vorgeschrieben ist, entscheidet die<br />

Baubehörde, meist das Kreis- o<strong>der</strong> Stadtbauamt, die für die Genehmigung eines<br />

Bauvorhabens verantwortlich sind. Als Grundlage für diese Entscheidung dienen<br />

die Bauordnungen (BauO) <strong>der</strong> jeweiligen Bundeslän<strong>der</strong>, die sich zum Thema<br />

Blitzschutz kaum voneinan<strong>der</strong> unterscheiden.<br />

So sagt beispielsweise die Nie<strong>der</strong>sächsische Bauordnung (NBauO) [12] zu<br />

diesem Thema:<br />

„ § 20 Brandschutz<br />

(3) Bauliche Anlagen, bei denen nach Lage, Bauart o<strong>der</strong> Benutzung Blitzschlag<br />

leicht eintreten o<strong>der</strong> zu schweren Folgen führen kann, müssen mit dauernd<br />

wirksamen Blitzschutzanlagen versehen sein.“<br />

Aus § 51 geht hervor, dass im Einzelfall beson<strong>der</strong>e Anfor<strong>der</strong>ungen an die bauliche<br />

Anlage, u.a. ein funktionsfähiges Blitzschutzsystem, gestellt werden.<br />

„§51 Bauliche Anlagen und Räume beson<strong>der</strong>er Art und Nutzung<br />

(2) Bauliche Anlagen o<strong>der</strong> Räume beson<strong>der</strong>er Art o<strong>der</strong> Nutzung sind<br />

insbeson<strong>der</strong>e:<br />

...<br />

8. bauliche Anlagen und Räume von großer Ausdehnung o<strong>der</strong> mit erhöhter<br />

Brand-, Explosions-, Strahlen- o<strong>der</strong> Verkehrsgefahr.“<br />

Es ist also möglich, dass die Installation eines Blitzschutzsystem vom Bauamt<br />

vorgeschrieben wird.<br />

Ist dies nicht <strong>der</strong> Fall, liegt es im Ermessen des Bauherrn, ob ein<br />

Blitzschutzsystem erfor<strong>der</strong>lich ist o<strong>der</strong> nicht. Zur Risikoabschätzung ist es ratsam,<br />

eine Schutzklassenberechnung (siehe 3.2.2.) durchzuführen.<br />

-25-


<strong>Diplomarbeit</strong><br />

3. Stand <strong>der</strong> Blitzschutznormung und Stand <strong>der</strong> Technik<br />

Ralf Reißen<br />

3.2.2. Schutzklassenberechnung nach VDE<br />

Zur Ermittlung <strong>der</strong> Notwendigkeit eines Blitzschutzsystems und zur Bestimmung<br />

<strong>der</strong> Blitzschutzklasse wurde in <strong>der</strong> Vornorm DIN V ENV 61024 [7] ein<br />

Berechnungs-system für eine Risikoabschätzung festgelegt. Diese<br />

Risikoabschätzung richtet sich nach folgenden festgesetzten Kriterien:<br />

- Abmessungen <strong>der</strong> baulichen Anlage und Dichte <strong>der</strong> Erdblitze<br />

- Lage <strong>der</strong> baulichen Anlage<br />

- Gebäudekonstruktion (Bauart, Material)<br />

- Gebäudenutzung und Gebäudeinhalt<br />

- Folgeschäden eines Blitzeinschlags<br />

Mit Hilfe dieser Kriterien werden zwei Parameter berechnet, die erwartete Anzahl<br />

<strong>der</strong> Direkteinschläge (Nd) und die vertretbare Anzahl <strong>der</strong> Einschläge, die einen<br />

Schaden verursachen (Nc). Das Verhältnis bei<strong>der</strong> Zahlen gibt Aufschluß über die<br />

Notwendigkeit eines Blitzschutzsystems und über die zu verwendende<br />

Schutzklasse. Diese Berechnung soll nun für ein reetgedecktes Haus durchgeführt<br />

werden. Natürlich ist dabei zu beachten, dass die Kriterien für diese<br />

Risikoabschätzung von Haus zu Haus verschieden sind. In unserem Beispiel steht<br />

das Haus in Norddeutschland, ist ein typisches aus Backsteinen gemauertes Haus<br />

und hat Gebäude und Bäume in <strong>der</strong> Nachbarschaft.<br />

a) Berechnung <strong>der</strong> erwarteten Anzahl <strong>der</strong> jährlichen Direkteinschläge Nd<br />

N<br />

d<br />

= N ⋅ ⋅ ⋅10 −6<br />

g<br />

Ae<br />

Ce<br />

pro Jahr<br />

Darin bedeuten:<br />

Ng<br />

Ae<br />

Durchschnittliche jährliche Dichte <strong>der</strong> Erdblitze, in Blitzen je<br />

Quadratkilometer und Jahr, in <strong>der</strong> Region, in <strong>der</strong> sich die<br />

bauliche Anlage befindet.<br />

Äquivalente Fangfläche <strong>der</strong> freistehenden baulichen Anlage.<br />

Diese ist definiert als eine Bodenfläche, welche dieselbe<br />

jährliche Häufigkeit von Direkteinschlägen hat wie die<br />

bauliche Anlage.<br />

Ce Koeffizient zur Berücksichtigung <strong>der</strong> Umgebung <strong>der</strong><br />

baulichen Anlage.<br />

-26-


<strong>Diplomarbeit</strong><br />

3. Stand <strong>der</strong> Blitzschutznormung und Stand <strong>der</strong> Technik<br />

Ralf Reißen<br />

Für unsere Beispielrechnung ergeben sich folgende Werte:<br />

1<br />

Ng = 2,2 (Für Regionen mit 25 Gewittertagen im Jahr [7])<br />

2<br />

km ⋅ a<br />

Ae =<br />

Ce = 0,25<br />

6 H<br />

2<br />

⋅ H ⋅W<br />

+ 9 ⋅π ⋅ = 5618<br />

2<br />

m<br />

(Für ein Gebäude mit Breite W=16m,<br />

Länge L=10m und Höhe H=12,5 m)<br />

(bauliche Anlage in einem großen Gebiet mit Gebäuden<br />

o<strong>der</strong> Bäumen gleicher o<strong>der</strong> größerer Höhe )<br />

1<br />

Damit ist Nd = 0,0031<br />

Jahr<br />

b) Berechnung <strong>der</strong> akzeptierten Einschlagshäufigkeit Nc<br />

N c<br />

= A ⋅ B ⋅C<br />

Darin bedeuten:<br />

Nc<br />

A<br />

B<br />

C<br />

Akzeptierte Einschlagshäufigkeit<br />

Komponente, mit <strong>der</strong> die Gebäudekonstruktion berücksichtigt wird<br />

Komponente, mit <strong>der</strong> die Gebäudenutzung und <strong>der</strong> Gebäudeinhalt<br />

berücksichtigt werden<br />

Komponente, mit <strong>der</strong> die Folgeschäden berücksichtigt werden<br />

Der Faktor A errechnet sich aus:<br />

A = A<br />

1<br />

⋅ A2<br />

⋅ A3<br />

⋅ A4<br />

Darin bedeuten:<br />

Bauart <strong>der</strong> Wände<br />

A1<br />

A2<br />

A3<br />

A4<br />

Dachkonstruktion<br />

Dachdeckung<br />

Dachaufbauten<br />

Für das Beispielhaus ergibt sich für den Faktor A:<br />

A = 0 ,5 ⋅ 0,1 ⋅ 0,05 ⋅1<br />

= 0,0025<br />

-27-


<strong>Diplomarbeit</strong><br />

3. Stand <strong>der</strong> Blitzschutznormung und Stand <strong>der</strong> Technik<br />

Ralf Reißen<br />

mit:<br />

A<br />

1<br />

=0,5 Bauart <strong>der</strong> Wände: Mauerwerk, Beton<br />

A<br />

2<br />

=0,1 Dachkonstruktion: Holz<br />

A =0,05 Dachdeckung: Weichdächer<br />

3<br />

A<br />

4<br />

=1 Dachaufbauten: keine<br />

Der Faktor B errechnet sich aus:<br />

B = B<br />

Darin bedeuten:<br />

B1<br />

B2<br />

1<br />

⋅ B2<br />

⋅ B3<br />

⋅ B4<br />

Nutzung durch Personen<br />

Art des Gebäudeinhaltes<br />

B3<br />

B4<br />

Wert des Gebäudeinhaltes<br />

Maßnahmen und Einrichtung zur Schadensverringerung<br />

Somit ergibt sich für den Faktor B:<br />

mit<br />

B = 1 ⋅ 0,2 ⋅1⋅1<br />

= 0,2<br />

B<br />

1<br />

=1 Nutzung durch Personen: keine Panikgefahr<br />

B<br />

2<br />

=0,2 Art des Gebäudeinhaltes: entflammbar<br />

B =1 Wert des Gebäudeinhaltes: einfache Einrichtung<br />

3<br />

B<br />

4<br />

=1 Maßnahmen und Einrichtung zur Schadensverringerung: keine<br />

-28-


<strong>Diplomarbeit</strong><br />

3. Stand <strong>der</strong> Blitzschutznormung und Stand <strong>der</strong> Technik<br />

Ralf Reißen<br />

Der Faktor C errechnet sich aus:<br />

C = C<br />

Darin bedeuten:<br />

C1<br />

C2<br />

C3<br />

1<br />

⋅C<br />

2<br />

⋅C3<br />

Umweltgefährdung<br />

Ausfall wichtiger Versorgungsleistungen, die von den Einrichtungen<br />

des Gebäudes zur Verfügung gestellt werden<br />

Sonstige Folgeschäden<br />

Somit ergibt sich für den Faktor C:<br />

mit<br />

C = 1 ⋅1⋅1<br />

= 1<br />

C<br />

1<br />

=1 Umweltgefährdung: keine<br />

C<br />

2<br />

=1 Ausfall wichtiger Versorgungsleistungen, die von den<br />

Einrichtungen des Gebäudes zur Verfügung gestellt werden:<br />

kein Ausfall<br />

C =1 Sonstige Folgeschäden: gering<br />

3<br />

Daraus kann man nun die akzeptierte Einschlagshäufigkeit Nc berechnen:<br />

N C<br />

=<br />

A ⋅ B ⋅ C<br />

1<br />

Damit ist Nc=0,0005<br />

Jahr<br />

Da Nc < Nd ist, ist für ein solches Gebäude ein Blitzschutzsystem notwendig.<br />

Verallgemeinert kann man sagen:<br />

Ist die Anzahl <strong>der</strong> erwarteten jährlichen Direkteinschläge Nd kleiner o<strong>der</strong> gleich <strong>der</strong><br />

Anzahl <strong>der</strong> akzeptierten Einschläge Nc, so ist ein Blitzschutzsystem nicht<br />

notwendig.<br />

-29-


<strong>Diplomarbeit</strong><br />

3. Stand <strong>der</strong> Blitzschutznormung und Stand <strong>der</strong> Technik<br />

Ralf Reißen<br />

c) Bestimmung <strong>der</strong> Schutzklasse<br />

Die Bestimmung <strong>der</strong> Schutzklasse nach dem Wirkungsgrad (Effektivität),<br />

den das Blitzschutzsystem später haben soll.<br />

Die Effektivität E errechnet sich aus:<br />

Nc 0,0005<br />

E ≥ 1 − = 1 − = 0,84<br />

0,0031<br />

N d<br />

Für diesen Wert von E wird in <strong>der</strong> ENV 61024-1 (Tabelle 1: Beziehung zwischen<br />

Schutzklasse und Wirksamkeit) [7] die Blitzschutzklasse III vorgeschrieben.<br />

Über die Wirkungsbereiche <strong>der</strong> 4 Schutzklassen soll die folgende Tabelle<br />

Aufschluß bringen:<br />

-30-<br />

Blitzschutzklasse<br />

Wirkungsgrad<br />

E in %<br />

Maschenweite<br />

in m<br />

Typ.<br />

Abstand<br />

<strong>der</strong> Ableitungen<br />

in<br />

m<br />

Stromscheitelwert<br />

I in kA<br />

Impulsladung<br />

Q in As<br />

Spez.<br />

Energie<br />

SE<br />

In MJ/Ω<br />

I 98 5x5 10 200 100 10<br />

II 95 10x10 15 150 75 5,6<br />

III 90 15x15 20 100 50 2,5<br />

IV 80 20x20 25 100 50 2,5<br />

Tabelle 1:<br />

Zuordnung von Wirkungsgrad, Maschenweite, Abstand <strong>der</strong> Ableitungen,<br />

Stromscheitelwert, Impulsladung und spez. Energie zu den Schutzklassen


<strong>Diplomarbeit</strong><br />

4. Beson<strong>der</strong>e Gefahrenpunkte bei <strong>Reet</strong>dächern<br />

Ralf Reißen<br />

4. Beson<strong>der</strong>e Gefahrenpunkte bei <strong>Reet</strong>dächern<br />

Hinsichtlich ihrer Brandgefährdung bedürfen <strong>Reet</strong>dächer eines beson<strong>der</strong>en<br />

Schutzes; denn das leicht entzündliche <strong>Reet</strong> ist bereits durch einen kleinen<br />

Funken sehr schnell entflammbar. Bei einem direkten Blitzeinschlag und den<br />

damit verbundenen Überschlägen und Teilentladungen an den metallenen Teilen<br />

(Dachdeckerdraht, Bleche etc.), die im <strong>Reet</strong> verarbeitet sind, kommt es zur<br />

Funkenbildung und damit zu Bränden.<br />

Selbst wenn ein Blitzschutzsystem nach DIN VDE 0185 Teil 2 [6] vorhanden ist,<br />

ist <strong>der</strong>en Wirksamkeit stark von den sonstigen Gegebenheiten auf dem <strong>Reet</strong>dach<br />

und von <strong>der</strong> Stromstärke und Stromsteilheit des Blitzes abhängig. Näherungen zu<br />

metallenen Teilen spielen dabei eine wichtige Rolle.<br />

Betrachtet man die VDE-Bestimmungen, so ist schnell zu erkennen, dass<br />

Probleme bei <strong>der</strong> Planung und Montage einer solchen Blitzschutzanlage<br />

vorprogrammiert sind.<br />

Sind beispielsweise die metallenen Binde- und Vorlegedrähte bei einer solchen<br />

Anlage als metallenes Drahtnetz zu betrachten, wie in <strong>der</strong> VDE 0185 Teil 2 unter<br />

Abschnitt 6.1.2.4 beschrieben, o<strong>der</strong> sind damit ausschließlich die Maschendrähte<br />

auf dem Heidefirst gemeint? Rein technisch gesehen sorgt <strong>der</strong> Maschendraht auf<br />

dem First für größere Probleme, da <strong>der</strong> Abstand zur Fangeinrichtung kleiner ist als<br />

<strong>der</strong> Abstand zwischen Fangeinrichtung und Bindedrähten. Bei einem<br />

Blitzeinschlag und dem damit verursachten elektrischen Feld zwischen<br />

Fangleitung und Dachhaut bzw. Maschendraht kann es zu Überschlägen und<br />

damit zu Funkenbildung kommen.<br />

4.1. Maschendrahtüberzug<br />

Ein wirksamer Blitzschutz ist also zunächst nicht möglich, wenn das Dach mit<br />

metallenem Maschendraht ganz o<strong>der</strong> teilweise überzogen ist. Dieser<br />

Maschendraht dient hauptsächlich zum Schutz des Heide- bzw. Sodenfirstes vor<br />

Vogelabtragungen. In <strong>der</strong> Fachregel für Dachdeckungen mit <strong>Reet</strong> des Deutschen<br />

Dachdeckerhandwerkes ist auf diese Problematik ausdrücklich hingewiesen. Auf<br />

eine Initiative <strong>der</strong> Blitzschutzfirma Hans Thormählen GmbH & Co, die zum ersten<br />

-31-


<strong>Diplomarbeit</strong><br />

4. Beson<strong>der</strong>e Gefahrenpunkte bei <strong>Reet</strong>dächern<br />

Ralf Reißen<br />

Mal auf diesen Sachverhalt aufmerksam machte, wurde dies auch in <strong>der</strong> neuen<br />

Fachregel berücksichtigt: „ 4.3.2.(4) Eine zusätzliche Bespannung mit z.B.<br />

Kunststoffnetzen ist möglich. Die Verwendung von Drahtgeflechten ist in<br />

Verbindung mit Blitzschutz an Gebäuden nicht zulässig.“ [3].<br />

Die beste Lösung dieses Problems besteht darin, den metallenen Maschendraht<br />

gegen ein UV-beständiges Kunststoffnetz auszutauschen. Die Haltbarkeit dieser<br />

Kunststoffnetze liegt nach Herstellerangaben bei mindestens 8 bis 10 Jahren und<br />

ist somit eine akzeptable Alternative. Ein weiterer Vorteil dieser Kunststoffnetze<br />

besteht darin, dass sie sich dem First und seiner individuellen Form und<br />

gegebenenfalls einer Formän<strong>der</strong>ung besser anpassen als ein relativ starrer<br />

Metallmaschendraht.<br />

4.2. Metallene Durchführungen und Installationen<br />

Metallene Durchführungen sind laut VDE nicht zulässig (siehe DIN 57185 Teil 2 /<br />

VDE 0185 Teil 2 Abschnitt 6.1.2.3 und 6.1.2.4). Neben <strong>der</strong> klaren Auslegung <strong>der</strong><br />

VDE spielen auch hier die Grenzfälle eine Rolle. Bei einer Kaminsanierung<br />

beispielsweise tritt solch ein Grenzfall ein. Soll nämlich ein Kamin, <strong>der</strong> aus<br />

Backsteinen gemauert ist, saniert werden, weil eine neue Heizungsanlage<br />

installiert wurde, so geschieht dies nach den Richtlinien <strong>der</strong> FEUVO<br />

(Feuerungsverordnung). Diese FEUVO besagt, dass die Sanierung des Kamins<br />

mit einem geeigneten Werkstoff<br />

erfolgen soll, <strong>der</strong> in den meisten Fällen<br />

aus einem Edelstahlrohr besteht, das<br />

durch den bestehenden Kamin<br />

eingezogen wird. Hier wird ganz klar<br />

eine metallene Durchführung erzeugt,<br />

die jedoch einen gewissen Abstand<br />

(Dicke des gemauerten Kamins) zum<br />

Weichdach aufweist.<br />

Abbildung 17: Kaminsanierung mittels<br />

Edelstahlrohr [16]<br />

-32-


<strong>Diplomarbeit</strong><br />

4. Beson<strong>der</strong>e Gefahrenpunkte bei <strong>Reet</strong>dächern<br />

Ralf Reißen<br />

Dieses Problem kann auf zweierlei Weise gelöst werden. Wenn ein Edelstahlrohr<br />

verwendet wurde, muss neben dem Kamin eine Fangstange montiert werden, die<br />

den Gefährdungsbereich des Edelstahlrohres abschirmt. Hierbei sind die in <strong>der</strong><br />

VDE angegebenen Mindestabstände unbedingt zu beachten.<br />

Eine an<strong>der</strong>e Möglichkeit besteht darin, die Kaminsanierung mit einem<br />

nichtmetallenen Material durchzuführen. Hierzu wird ein spezielles Kunststoffrohr<br />

verwendet, das in 3 verschiedenen Typenklassen hergestellt wird, wobei die<br />

Abgastemperatur maßgebend ist:<br />

Typ max. Abgastemperatur in °C<br />

A 80<br />

B 120<br />

C 160<br />

Im Vergleich zum Edelstahlrohr ist dies allerdings eine recht kostspielige<br />

Angelegenheit. Zudem müssen die genauen Abgastemperaturen <strong>der</strong> Heizanlage<br />

bekannt sein.<br />

Ein an<strong>der</strong>es Problem sind Näherungen, hervorgerufen durch Kreuzungen <strong>der</strong><br />

Ableitungen des Blitzschutzsystems und <strong>der</strong> elektrischen Installation des Hauses.<br />

Diese treten z.B. an <strong>der</strong> Traufe auf: Die metallenen Traufenstützen, die den<br />

Ableitungsdraht spannen sollen, werden direkt an <strong>der</strong> Hauswand befestigt.<br />

Werden nun Leitungen für die Rundumbeleuchtung, für Alarmtechnik o<strong>der</strong> für eine<br />

Brandmeldeanlage etc. an diesen Traufenstützen befestigt o<strong>der</strong> so geführt, dass<br />

<strong>der</strong> Sicherheitsabstand unterschritten wird, so ist im Fall einer Blitzentladung mit<br />

direkten Überschlägen und Funkenbildung bzw. Einkopplungen in diese Leitungen<br />

zu rechnen. Um dies zu vermeiden, ist es unbedingt erfor<strong>der</strong>lich, einen<br />

ausreichenden Sicherheitsabstand zwischen Leitung und Ableitungsdraht bzw.<br />

Traufenstütze einzuhalten. Dieser Sicherheitsabstand kann nach DIN V ENV<br />

61024-1 [7] berechnet werden, in <strong>der</strong> Praxis hat sich jedoch ein Abstand von etwa<br />

0,5 m bewährt.<br />

Eine Unterschreitung dieses Sicherheitsabstands ist auch gegeben, wenn an <strong>der</strong><br />

Stelle, an dem die Stütze auf <strong>der</strong> Außenwand montiert ist, an <strong>der</strong> Innenwand<br />

elektrische Leitungen o<strong>der</strong> metallene Rohre vorhanden sind. Um mögliche<br />

Näherungseffekte auszuschließen, ist es erfor<strong>der</strong>lich, die Traufenstütze aus einem<br />

-33-


<strong>Diplomarbeit</strong><br />

4. Beson<strong>der</strong>e Gefahrenpunkte bei <strong>Reet</strong>dächern<br />

Ralf Reißen<br />

nicht leitenden Material herzustellen o<strong>der</strong> zwischen die metallenen Teile einen<br />

Isolator einzubauen (vgl. Kapitel 8).<br />

4.3. Nichtfachgerechte Installation und Wartung von Blitzschutzsystemen<br />

Ein nicht zu unterschätzen<strong>der</strong> Gefahrenpunkt ist die nicht fachgerechte Installation<br />

und Wartung des Blitzschutzsystems. Werden bereits bei <strong>der</strong> Installation Fehler<br />

gemacht, indem z.B. die Mindestabstände nicht eingehalten o<strong>der</strong> Traufenstützen<br />

falsch montiert werden, so kann eine einwandfreie Funktion des<br />

Blitzschutzsystems nicht gewährleistet werden.<br />

Abbildung 18:<br />

nicht fachgerecht installierte<br />

Traufenstütze [16]<br />

Bei <strong>der</strong> Wartung ist darauf zu achten, dass die Erdungswi<strong>der</strong>stände infolge von<br />

korrodierenden Leitungsübergängen nicht zu groß werden. Auch sollte unbedingt<br />

vermieden werden, den Ableitungsdraht als Rankhilfe für Kletterpflanzen zu<br />

mißbrauchen, da durch diesen Pflanzenbewuchs ein isoliert aufgebautes<br />

Blitzschutzsystem nicht mehr möglich ist.<br />

4.4. Firstabdeckungen aus Kupferblech<br />

Der Kupferfirst, wie er unter Kapitel 2.4.4. dargestellt wird, stellt für den Blitzschutz<br />

auch ein erhebliches Problem dar. Diese Problematik ist analog zu dem unter 4.1.<br />

genannten Maschendrahtüberzug und ist in <strong>der</strong> VDE 0185 Teil 2 in Kapitel 6.1.2.4<br />

aufgeführt. Bei einem Blitzeinschlag in die Blitzschutzanlage und dem damit<br />

-34-


<strong>Diplomarbeit</strong><br />

4. Beson<strong>der</strong>e Gefahrenpunkte bei <strong>Reet</strong>dächern<br />

Ralf Reißen<br />

entstehenden elektrischen Feld zwischen <strong>der</strong> Fangleitung und dem Erdpotential,<br />

das z.B. direkt unter dem Dach liegt, wird <strong>der</strong> Kupferfirst, <strong>der</strong> zwischen dieser<br />

Anordnung liegt, diesem elektrischen Feld voll ausgesetzt. Nun ist es möglich,<br />

wenn <strong>der</strong> First relativ nahe an dem Erdpotential liegt, dass hier Teilentladungen<br />

und Überschläge stattfinden, die mit Funkenbildung verbunden sind. Dies alles<br />

geschieht, ohne dass ein Durchschlag von <strong>der</strong> Fangleitung o<strong>der</strong> vom<br />

Ableitungsdraht auf den Kupferfirst stattgefunden hat.<br />

4.5 Binde- und Vorlegedrähte<br />

Das gleiche Phänomen, das unter 4.4. beschrieben wurde, kann natürlich auch bei<br />

den Dachdeckerdrähten, den Binde- und Vorlegedrähten auftreten; denn auch hier<br />

haben wir es mit einem Metallteil zu tun, das großflächig auf dem Dach verteilt ist.<br />

Zwar ist hier <strong>der</strong> Abstand zum Blitzschutzsystem größer, dafür ist mit den<br />

Bindedrähten jedoch noch eine an<strong>der</strong>e Schwierigkeit verbunden: Sie<br />

durchschneiden das unter 4.4 genannte elektrische Feld senkrecht, da sie vom<br />

Vorlegedraht bis unter die<br />

Lattung reichen (vgl.2.3.2).<br />

Dies kann dann ebenfalls dazu<br />

führen, dass bei Näherungen<br />

zur Elektroinstallation des<br />

Hauses auch hier Teilentladungen<br />

und Überschläge<br />

zwischen Bindedraht und<br />

Elektroinstallation stattfinden.<br />

Abbildung 19: Bindedrähte von innen unterm Dach<br />

umschließen die Lattung [15]<br />

Die unter 4.4 und 4.5 dargestellte Problematik wird in Kapitel 6 ausführlich<br />

untersucht (Lösungsmöglichkeiten siehe 6.2.1 und 6.2.2 sowie Kapitel 7).<br />

-35-


<strong>Diplomarbeit</strong><br />

5. Schäden, die durch Blitzeinwirkung an reetgedeckten Häusern entstanden sind<br />

Ralf Reißen<br />

5. Schäden, die durch Blitzeinwirkung an reetgedeckten Häusern<br />

entstanden sind<br />

In Regionen, wo Weichdächer weit verbreitet sind, ist immer wie<strong>der</strong> in Zeitungen<br />

zu lesen, dass Häuser, die mit <strong>Reet</strong> o<strong>der</strong> Stroh gedeckt waren, ein Opfer <strong>der</strong><br />

Flammen wurden. Verursacht werden solche Brände in vielen Fällen durch die<br />

Auswirkungen eines Blitzeinschlages.<br />

Selbst mit einem installierten Blitzschutzsystem besteht immer noch ein Risiko.<br />

Zwar ist die Gefahr von Direkteinschlägen äußerst gering, dafür ist es aber<br />

möglich, dass durch Näherungen Teilentladungen und sogar Überschläge und<br />

damit Funkenbildung auftritt. Voraussetzung für eine einwandfreie Funktion eines<br />

Blitzschutzsystems sind regelmäßige Sicht- und Funktionsprüfungen <strong>der</strong> Anlage.<br />

Beson<strong>der</strong>s spektakulär ist <strong>der</strong> Blitzeinschlag in das reetgedeckte Rathaus in<br />

Worpswede, das mit einem Blitzschutzsystem versehen war und dennoch in <strong>der</strong><br />

Nacht vom 13. auf den 14.06.1997 infolge eines Blitzeinschlags abgebrannt ist. In<br />

dem Untersuchungsbericht <strong>der</strong> Firma Thormählen [8] wird von den<br />

Gegebenheiten berichtet:<br />

„Das ca. 30 x14 m große und ehemalige Bauerngehöft wurde vor 10 Jahren<br />

renoviert und zum Rathaus hergerichtet. Der Bau ist mit einem ziegelgedeckten<br />

Neubau durch einen Zwischenbau (Schieferdach) verbunden. Das reithgedeckte<br />

Gebäude und auch das Nebengebäude ist mit einer Blitzschutzanlage vor etwa 10<br />

Jahren ausgerüstet worden. Der Neubau hat mit Sicherheit einen<br />

Fundamenter<strong>der</strong>. Bei dem Altbau, <strong>der</strong> auch bei den Grundmauern unterfangen<br />

wurde, scheint auch ein Fundamenter<strong>der</strong> gelegt worden zu sein, da an einer Stelle<br />

ein korrodiertes Bandeisen in <strong>der</strong> Erdoberfläche zu finden war. Die<br />

Erdungswi<strong>der</strong>stände sind auf <strong>der</strong> beigefügten Skizze festgehalten worden. Das<br />

reithgedeckte Gebäude hatte einen Heidefirst, die Firstleitung war an<br />

Blitzschutzmaste befestigt, ferner war das Gebäude mit 6 Ableitungen versehen.<br />

Die Oberleitung bestand aus Kupfer. Die Augenzeugen, die den<br />

Schadenshergang gesehen haben, wi<strong>der</strong>sprechen sich. Einerseits will man<br />

wahrgenommen haben, dass <strong>der</strong> Blitz in die Blitzschutzanlage in <strong>der</strong> Mitte des<br />

Gebäudes eingeschlagen hat und von da aus über das völlig nasse Dach etwa in<br />

<strong>der</strong> Mitte <strong>der</strong> Dachfläche auf die unmittelbar unter <strong>der</strong> Dachfläche verlaufenden<br />

-36-


<strong>Diplomarbeit</strong><br />

5. Schäden, die durch Blitzeinwirkung an reetgedeckten Häusern entstanden sind<br />

Ralf Reißen<br />

zahlreichen Kabel übergeschlagen und somit gezündet hat. Der Bericht eines<br />

an<strong>der</strong>en Augenzeugen will jedoch den Brand vorne im Haus gesehen haben. Eine<br />

an<strong>der</strong>e Version sagt auch noch, dass die Drähte bei dem Blitzeinschlag geglüht<br />

hätten. Der Heidefirst war mit einem metallenen Maschendraht überzogen. Die<br />

elektrische Anlage und <strong>der</strong> eingebaute Überspannungsableiter war zerstört. Ein<br />

Bandstahl, offensichtlich vom Fundamenter<strong>der</strong>, ist auf die Potentialausgleichschiene<br />

gelegt. Ob <strong>der</strong> Bandstahl vom Neubau o<strong>der</strong> vom Altbau kommt, konnte<br />

nicht festgestellt werden, zumal <strong>der</strong> Raum wegen Einsturzgefahr verriegelt war.<br />

Die neben dem Haus stehenden hohen Bäume weisen keine Blitzspuren auf.<br />

Meine Recherchen beim Sicherheitsbeauftragten des Landkreises Osterholz-<br />

Scharmbeck und bei <strong>der</strong> Kriminalpolizei, ebenfalls Osterholz-Scharmbeck, haben<br />

ergeben, dass in <strong>der</strong> Nacht folgende Stromstärken durch das Blitzortungssystem<br />

<strong>der</strong> Firma Siemens gemessen wurden:<br />

144kA<br />

119kA innerhalb von 10 Minuten<br />

151kA<br />

163kA<br />

nach 4 Minuten<br />

186kA<br />

nach 5 Minuten<br />

198kA<br />

nach 1Minute<br />

177kA<br />

nach 20 Minuten<br />

138kA<br />

Die Polizei will mir jedoch eine komplette Auswertung des „Siemens<br />

Ortungssystems“ nicht aushändigen. Die Ortschaft Worpswede liegt im Landkreis<br />

Osterholz-Scharmbeck, dieser Landkreis wie<strong>der</strong>um liegt nordöstlich <strong>der</strong> Stadt<br />

Bremen. Die Fachleute in unserem Hause sind überrascht von den hohen<br />

Stromstärken, die in dieser fraglichen Nacht gemessen wurden.<br />

Nach meiner Auffassung hat ein stromstarker Blitz die Blitzschutzanlage getroffen<br />

und hat sich, bedingt durch den starken Regenguß, leitend über den<br />

Maschendraht und die 4mm Bindedrähte des Reithdaches auf die elektrischen<br />

Leitungen, die in großer Zahl unmittelbar unter dem Reithdach verliefen,<br />

durchgeschlagen. Im übrigen waren überall an den Traufen elektrisch betriebene<br />

Rundummel<strong>der</strong> und elektrische Beleuchtung installiert.“<br />

-37-


<strong>Diplomarbeit</strong><br />

5. Schäden, die durch Blitzeinwirkung an reetgedeckten Häusern entstanden sind<br />

Ralf Reißen<br />

Was war hier geschehen? Zunächst fällt auf, dass die hier aufgeführten Blitze sehr<br />

hohe Blitzstromstärken aufweisen. Statistisch gesehen liegen ansonsten die<br />

meisten Blitze bei Stromstärken unter 100 kA. Dies ergibt sich aus analysierten<br />

Blitzstrommessungen, die als Auswertung in <strong>der</strong> ENV 61024-1 [7] Anhang A<br />

aufgeführt sind:<br />

„A1 Statistische Verteilung<br />

Die Blitzstrommessungen wurden im allgemeinen aus Messungen an hohen<br />

Objekten erhalten. Für diese Norm wird angenommen, daß diese Kennwerte auch<br />

für bauliche Anlagen unter 60 m gelten. Die statistische Verteilung <strong>der</strong><br />

gemessenen Blitzstromkennwerte kann als logarithmische Normalverteilung<br />

angesehen werden. Auf dieser Basis kann die Wahrscheinlichkeit des Auftretens<br />

irgendeines Wertes eines Parameters aus den Werten in Bild A.1 berechnet<br />

werden. Der Anteil <strong>der</strong> Polaritäten ist abhängig vom Geographischen Bereich.<br />

Wenn keine örtlichen Informationen vorliegen, sollte angenommen werden, daß<br />

10% <strong>der</strong> Blitze positive und 90% negative Ströme führen. Die Kennwerte dieser<br />

Norm basieren auf 10% positiven und 90% negativen Blitzen.“<br />

Das bedeutet, die Blitzstromkennwerte können direkt aus dem Diagramm (Bild A.1<br />

in <strong>der</strong> o.g. Norm), getrennt nach positivem und negativem Erstblitz und negativem<br />

Folgeblitz, abgelesen werden. So kann man mit Hilfe <strong>der</strong> Verhältnisse 10%<br />

positivem zu 90% negativem Blitz jede Blitzstromwahrscheinlichkeit ausrechnen:<br />

Möchte man beispielsweise eine 5% tige Wahrscheinlichkeit errechnen, so<br />

ergeben sich folgende Werte:<br />

negativer Erstblitz (5%-Wert) = 85 kA<br />

positiver Blitz (5%-Wert) = 250 kA<br />

daraus ergibt sich: 85 kA⋅<br />

0,9 + 250kA⋅<br />

0,1 = 101, 5kA<br />

Das bedeutet, dass rein statistisch nur 5% aller Erstblitzströme größer als<br />

101,5 kA sind<br />

Also ist anzunehmen, dass die aufgeführte Liste mit den sehr hohen<br />

Blitzstromstärken unvollständig ist.<br />

-38-


<strong>Diplomarbeit</strong><br />

5. Schäden, die durch Blitzeinwirkung an reetgedeckten Häusern entstanden sind<br />

Ralf Reißen<br />

Zur Veranschaulichung des Sachverhaltes und <strong>der</strong> technischen Gegebenheiten<br />

soll eine Prinzipskizze Aufschluß geben:<br />

Abbildung 20: Prinzipskizze des <strong>Reet</strong>dachfirstes mit Blitzschutzsystem,<br />

Dachdeckerdrähten und elektrischer Installation mit Angabe<br />

von ungefähren Abständen [15]<br />

Anhand dieser Zeichnung kann man nun versuchen, den Hergang des<br />

Blitzeinschlags zu rekonstruieren. Lei<strong>der</strong> sind zu dem vorliegenden Fall keine<br />

genauen Angaben über die einzelnen Abstände bekannt, jedoch könnten sie mit<br />

den hier eingetragenen Abständen in etwa übereinstimmen (siehe auch Kapitel 2<br />

beson<strong>der</strong>s 2.3.1 und 2.4.2). Außerdem ist anzumerken, dass die vorhandenen<br />

-39-


<strong>Diplomarbeit</strong><br />

5. Schäden, die durch Blitzeinwirkung an reetgedeckten Häusern entstanden sind<br />

Ralf Reißen<br />

Bindedrähte im Dach <strong>der</strong> Elektroinstallation unter dem Dach zu nahe gekommen<br />

sind. So ist möglicherweise <strong>der</strong> Abstand von einigen Bindedrähten zu einer<br />

Lampenzuleitung zu gering gewesen.<br />

Technisch gesehen ist diese Anordnung ein großer Kondensator, <strong>der</strong><br />

verschiedene Dielektrika (Mehrschichtdielektrika) und einige leitende<br />

Zwischenräume aufweist. Er ist wie folgt aufgebaut:<br />

Die Fangspitze, Fangleitung und Ableitung, die hohes Potential annehmen<br />

können, stellen die eine Elektrode des Kondensators dar. Das erste Dielektrikum,<br />

das folgt, sollte die Luft sein; jedoch ist aus zahlreichen Versuchen und aus <strong>der</strong><br />

VDE bekannt, dass an dieser Stelle die Isolierstütze aus Bongossiholz<br />

einzusetzen ist. Denn betrachtet man ein festes Medium (hier Holz) als<br />

Dielektrikum, so sind die isolierenden Eigenschaften viel schlechter als die bei<br />

Luft. Das liegt hauptsächlich daran, dass an diesem festen Medium<br />

Gleitdurchschläge, hervorgerufen durch Verunreinigungen <strong>der</strong> Oberfläche o<strong>der</strong><br />

durch Feuchtigkeit, auftreten. Um diese unterschiedlichen Dielektrika zu<br />

vergleichen, arbeitet man in <strong>der</strong> VDE mit dem Koeffizienten km, <strong>der</strong> Aufschluss<br />

über die Güte des Dielektrikums gibt.<br />

Material<br />

Km<br />

Luft 1<br />

Festes Material 0,5<br />

Als nächstes folgt eine leitende Schicht in Form des Maschendrahtes über dem<br />

Heidefirst. Ein Gemisch aus nassem Heidekraut und <strong>Reet</strong> bildet das zweite<br />

Dielektrikum, das durch die Durchnässung einen relativ schlechten Isolator<br />

darstellt. Darunter verläuft <strong>der</strong> Dachdeckerdraht (Vorlege- und Bindedrähte), <strong>der</strong><br />

auch als leitende Schicht betrachtet werden kann. Die letzte Isolierschicht ist nicht<br />

so leicht zu bestimmen und hängt ausschließlich von <strong>der</strong> Art und Verlegungsweise<br />

<strong>der</strong> Elektroinstallation ab. Im worst-case-Fall würde das letzte Schichtdielektrika<br />

nur aus einem Kabelmantel, beispielsweise eines NYM-Kabels, bestehen. Die<br />

zweite Elektrode des Kondensators besteht aus <strong>der</strong> Elektroinstallation.<br />

-40-


<strong>Diplomarbeit</strong><br />

5. Schäden, die durch Blitzeinwirkung an reetgedeckten Häusern entstanden sind<br />

Ralf Reißen<br />

Bei einem Blitzeinschlag auf <strong>der</strong> Fangleitung o<strong>der</strong> auf <strong>der</strong> Fangspitze entsteht auf<br />

ihr ein hohes elektrisches Potential. In diesem Zusammenhang wäre es natürlich<br />

wichtig zu wissen, wie groß <strong>der</strong> Blitzstrom und die Blitzstromsteilheit gewesen<br />

sind, wo <strong>der</strong> Blitz genau eingeschlagen hat und wie hoch <strong>der</strong> entsprechende<br />

Erdungswi<strong>der</strong>stand war. Zu allen drei Fragestellungen liegen jedoch keine Daten<br />

vor.<br />

Zwischen <strong>der</strong> Fanganordnung und <strong>der</strong> Erde (in unserem Fall die<br />

Elektroinstallationsleitungen) baut sich ein sehr großes elektrisches Feld auf.<br />

Durch dieses Feld ist es bereits möglich, dass zwischen Maschendraht und<br />

Dachdeckerdraht bzw. zwischen Dachdeckerdraht und Erde (Elektroinstallation)<br />

Teilentladungen o<strong>der</strong> sogar Überschläge entstehen. Diese Überschläge und die<br />

damit verbundene Funkenbildung können bereits ausreichen, um das <strong>Reet</strong>dach zu<br />

entzünden. Bei beson<strong>der</strong>s starken Blitzen wird das Feld so groß, dass es auch an<br />

dem Isolationsmast aus Bongossiholz zunächst zu Gleitentladungen, dann zum<br />

Überschlag kommt.<br />

-41-


<strong>Diplomarbeit</strong><br />

6. Blitzschutztechnische Anfor<strong>der</strong>ungen, die an Weichdächer gestellt werden müssen<br />

Ralf Reißen<br />

6. Blitzschutztechnische Anfor<strong>der</strong>ungen, die an Weichdächer<br />

gestellt werden müssen<br />

6.1. Experimentelle Untersuchung an einem Modell des Blitzschutzsystems<br />

für <strong>Reet</strong>dächer<br />

Um die Effekte zu untersuchen, die an einem Blitzschutzsystem für <strong>Reet</strong>dächer<br />

auftreten, wurde ein Modell entwickelt und aufgebaut. Wichtig war es, dass dieses<br />

Modell die in <strong>der</strong> VDE angegebenen Maße aufwies, um es dann im<br />

Hochspannungslabor <strong>der</strong> Fachhochschule Aachen, Abteilung Jülich, mit einigen<br />

Hochspannungs- und Blitzstoßspannungsversuchen zu untersuchen.<br />

Zunächst wurde ein Holzgestell aufgebaut, das aus versuchstechnischen Gründen<br />

we<strong>der</strong> Nägel noch Schrauben aufweisen sollte, um die Versuchsergebnisse nicht<br />

durch „Fremdmetalle“ zu beeinflussen. Auf diesem Holzgestell wurden dann die<br />

beiden für den Versuch notwendigen Elektroden (eine Hochspannungselektrode<br />

und eine geerdete Elektrode) befestigt. Die geerdete Elektrode sollte die<br />

Elektroinstallation, die sich direkt unter dem Dach befindet, simulieren. Die<br />

Hochspannungselektrode stellt den Blitzableiter dar. Diese beiden Elektroden<br />

wurden aus Rundstahl mit einem Durchmesser von 8 mm hergestellt.<br />

Abbildung 21: Prinzipieller Aufbau des Versuchsmodells einer<br />

Blitzschutzanordnug für ein <strong>Reet</strong>dach [15]<br />

-42-


<strong>Diplomarbeit</strong><br />

6. Blitzschutztechnische Anfor<strong>der</strong>ungen, die an Weichdächer gestellt werden müssen<br />

Ralf Reißen<br />

Die gesamte Versuchsanordnung war etwa 3 m lang. In das Holzgestell konnte<br />

zusätzlich noch eine potentialfreie Mittelelektrode (Rundstahl mit Durchmesser 5<br />

mm), die den Vorlegedraht simulieren sollte, eingesetzt werden. Um den<br />

Dachaufbau schließlich komplett zu simulieren, wurden mit Hilfe von<br />

Abstandhaltern aus Holz noch Bindedrähte (∅ 1,4 mm) zwischen Lattung und<br />

Vorlegedraht befestigt. Die Versuche wurden mit verschiedenen<br />

Modellanordnungen und verschiedenen Abständen <strong>der</strong> Elektroden durchgefahren.<br />

Der Abstand von <strong>der</strong> Hochspannungselektrode zur geerdeten Elektrode war etwa<br />

0,75 m groß. Dieser Abstand setzt sich zusammen aus dem Abstand des<br />

Ableitungsdrahtes vom <strong>Reet</strong>dach, <strong>der</strong> nach VDE 0,4 m beträgt, <strong>der</strong> Dicke des<br />

<strong>Reet</strong>daches, das nach <strong>der</strong> Fachregel für Dachdecker etwa 0,3 m dick ist und <strong>der</strong><br />

Lattung, die ungefähr 3 cm – 5 cm ausmacht.<br />

Der potentialfreie Vorlegedraht liegt etwa 10-15 cm über <strong>der</strong> Lattung. Deswegen<br />

wurden auch beide Abstände beim Versuchsaufbau berücksichtigt.<br />

Zur Veranschaulichung des Versuchsaufbaus sollen folgende Fotos dienen:<br />

Abbildung 22: Versuchsanordnung in <strong>der</strong> Hochspannungshalle [15]<br />

-43-


<strong>Diplomarbeit</strong><br />

6. Blitzschutztechnische Anfor<strong>der</strong>ungen, die an Weichdächer gestellt werden müssen<br />

Ralf Reißen<br />

Abbildung 23: Detailaufnahme <strong>der</strong> Anbindung an die Hochspannung [15]<br />

Abbildung 24: Detailaufnahme <strong>der</strong> geerdeten Elektrode unter <strong>der</strong> Latte<br />

und des potentialfreien Vorlegedrahtes [15]<br />

-44-


<strong>Diplomarbeit</strong><br />

6. Blitzschutztechnische Anfor<strong>der</strong>ungen, die an Weichdächer gestellt werden müssen<br />

Ralf Reißen<br />

Abbildung 25: Bindedrähte zwischen Vorlegedrähten und Lattung<br />

mit hölzernen Abstandhaltern [15]<br />

Abbildung 26: Detailaufnahme <strong>der</strong> Bindedrähte zwischen Vorlegedrähten<br />

und Lattung mit Abstandhaltern [15]<br />

-45-


<strong>Diplomarbeit</strong><br />

6. Blitzschutztechnische Anfor<strong>der</strong>ungen, die an Weichdächer gestellt werden müssen<br />

Ralf Reißen<br />

6.1.1. Untersuchung mit Wechselspannung<br />

Die erste Versuchsreihe wurde mit Wechselspannung durchgeführt. Dazu wurde<br />

die Versuchsanordnung an einen Hochspannungsprüftransformator<br />

angeschlossen, <strong>der</strong> eine Spannung von Umax,eff = 500 kV liefert. Bei jedem Versuch<br />

aus <strong>der</strong> Versuchsreihe wurde die Spannung langsam erhöht, bis ein Durchschlag<br />

erfolgte. Dabei waren die auftretenden Effekte sehr gut zu beobachten.<br />

Abbildung 27: Versuchsaufbau mit Hochspannungstransformator [15]<br />

Im Folgenden werden alle Versuche <strong>der</strong> Versuchsreihe nacheinan<strong>der</strong><br />

beschrieben. Zur Veranschaulichung des prinzipiellen Aufbaus des jeweiligen<br />

Versuchs soll eine Skizze dienen. Die beobachteten Effekte, wie <strong>der</strong> Einsatz von<br />

Teilentladungen, werden jeweils beschrieben.<br />

-46-


<strong>Diplomarbeit</strong><br />

6. Blitzschutztechnische Anfor<strong>der</strong>ungen, die an Weichdächer gestellt werden müssen<br />

Ralf Reißen<br />

6.1.1.1. Versuch 1: ohne Mittelelektrode<br />

Diese Versuchsanordnung sollte hauptsächlich<br />

zur Ermittlung <strong>der</strong> Durchschlagsspannung<br />

dienen.<br />

Der Durchschlag erfolgte bei einer Spannung<br />

von 244 kV. Der Weg <strong>der</strong> meisten Durchschläge<br />

erfolgte als Gleitdurchschlag an einer <strong>der</strong><br />

Holzstützen (vgl. Abb.21)<br />

Abb. 28: Versuchsaufbau 1 [15]<br />

Teilentladungen erfolgten ausschließlich an <strong>der</strong><br />

Hochspannungselektrode. Der Einsatz dieser<br />

Teilentladungen erfolgte hörbar ab etwa 40 kV<br />

und sichtbar ab etwa 100 kV<br />

6.1.1.2. Versuch 2: mit potentialfreier Mittelelektrode (Vorlegedraht) 15 cm über<br />

<strong>der</strong> Latte<br />

Diese Versuchsanordnung sollte Aufschluß<br />

darüber bringen, ob an <strong>der</strong> potentialfreien<br />

Mittelelektrode Teilentladungen stattfinden.<br />

Dies war jedoch nicht <strong>der</strong> Fall. Die<br />

Teilentladungen traten ausschließlich an <strong>der</strong><br />

Hochspannungselektrode auf: Der Einsatz <strong>der</strong><br />

Teilentladungen erfolgte hörbar ab etwa 40 kV<br />

und sichtbar ab etwa 100 kV<br />

Abb. 29: Versuchsaufbau 2 [15]<br />

Der Durchschlag erfolgte bei einer Spannung<br />

von 238 kV. Auch hier waren fast ausschließlich<br />

-47-


<strong>Diplomarbeit</strong><br />

6. Blitzschutztechnische Anfor<strong>der</strong>ungen, die an Weichdächer gestellt werden müssen<br />

Ralf Reißen<br />

Gleitdurchschläge zu beobachten, wobei <strong>der</strong> Weg <strong>der</strong> Entladungen in vielen<br />

Fällen über die potentialfreie Mittelelektrode führte (siehe Abbildung 30).<br />

Abbildung 30: Durchschlag an Versuchsanordnung [15]<br />

6.1.1.3. Versuch 3: mit potentialfreier Mittelelektrode (Vorlegedraht) 10 cm über<br />

<strong>der</strong> Latte<br />

Wie zuvor bereits in <strong>der</strong> zweiten Versuchsanordnung<br />

traten auch hier die Teilentladungen<br />

ausschließlich an <strong>der</strong> Hochspannungselektrode<br />

auf. Teilentladungen setzten hörbar ab etwa 40<br />

kV und sichtbar ab etwa 100 kV.<br />

Der Durchschlag, <strong>der</strong> auch hier als<br />

Gleitdurchschlag wie auf Abbildung 30 zu sehen<br />

war, erfolgte bei einer Scheitelspannung von 225<br />

kV.<br />

Abb. 31: Versuchsaufbau 3 [15]<br />

-48-


<strong>Diplomarbeit</strong><br />

6. Blitzschutztechnische Anfor<strong>der</strong>ungen, die an Weichdächer gestellt werden müssen<br />

Ralf Reißen<br />

6.1.1.4. Versuch 4: realistisches <strong>Reet</strong>dachmodel mit Abständen nach VDE sowie<br />

Binde- und Vorlegedrähte (15 cm über <strong>der</strong> Latte)<br />

Abb. 32: Versuchsaufbau 4 [15]<br />

Diese Modellanordnung beinhaltet die<br />

Eigenschaften, die <strong>Reet</strong>dächer zeigen, die nach<br />

dem heutigen Stand <strong>der</strong> Technik aufgebaut sind<br />

(vgl. Kapitel 2.3.1 und 2.3.2).<br />

Hier traten Teilentladungen zwischen dem<br />

Bindedraht und <strong>der</strong> geerdeten Elektrode auf.<br />

Der Abstand von dem unteren Punkt des<br />

Bindedrahtes zur Erdelektrode betrug etwa 10<br />

mm. Zunächst war es verwun<strong>der</strong>lich, dass <strong>der</strong><br />

Teilentladungseinsatz bereits bei etwa 34 kV zu<br />

hören war. Sichtbar wurde dieser, und zwar mit<br />

deutlichem Funkensprühen, ab einer Spannung<br />

von 70 kV. Dieses Funkensprühen bei <strong>der</strong> Spannung von 70 kV reichte aus, ein<br />

Papiertaschentuch, welches zwischen dem Bindedraht und <strong>der</strong> Erdelektrode<br />

befestigt war, zu entzünden.<br />

Der Durchschlag, <strong>der</strong> im unteren Teil <strong>der</strong> Versuchsanordnung ausschließlich über<br />

die Bindedrähte erfolgte, trat bei einer Spannung von 200 kV auf.<br />

Abbildung 33:<br />

Durchschlag bei Wechselspannung<br />

(oberer Teil:<br />

Gleitdurchschlag an Holzstütze,<br />

unterer Teil:<br />

Durchschlag über Bindedraht)<br />

[15]<br />

-49-


<strong>Diplomarbeit</strong><br />

6. Blitzschutztechnische Anfor<strong>der</strong>ungen, die an Weichdächer gestellt werden müssen<br />

Ralf Reißen<br />

6.1.1.5. Versuch 5: realistisches <strong>Reet</strong>dachmodel mit Abständen nach VDE sowie<br />

Binde- und Vorlegedrähte (10 cm über <strong>der</strong> Latte)<br />

Analog zu Versuch 4 sollten nun die Effekte bei<br />

vermin<strong>der</strong>tem Abstand zwischen Vorlegedraht<br />

und Erdelektrode untersucht werden.<br />

Auch hier traten die Teilentladungen wie<strong>der</strong><br />

ausschließlich am Zwischenraum zwischen<br />

Bindedraht und geerdeter Elektrode auf. Hörbarer<br />

TE-Einsatz erfolgte ab 38 kV, sichtbarer ab etwa<br />

75 kV.<br />

Der Durchschlag, <strong>der</strong> wie in Abbildung 33 zu<br />

sehen war, erfolgte bei 205 kV.<br />

Abb. 34: Versuchsaufbau 5 [15]<br />

Da bei den Versuchen 4 und 5 die Teilentladungen und damit verbunden eine<br />

massive Funkenbildung zwischen dem Bindedraht und <strong>der</strong> Erdelektrode auftraten,<br />

war es nun noch interessant, den Zusammenhang zwischen dem Abstand <strong>der</strong><br />

beiden Drähte und <strong>der</strong> Höhe <strong>der</strong> Spannung zu untersuchen, bei <strong>der</strong> ein sichtbarer<br />

TE-Einsatz auftrat. Bei den bisherigen Versuchen 4 und 5 betrug dieser Abstand<br />

zwischen dem unteren Ende des Bindedrahtes und dem geerdeten Draht 10 mm.<br />

Im folgenden Versuchsteil, <strong>der</strong> die sonstigen Abstände des Versuch 4 aufwies,<br />

wurde dieser Abstand variiert. Die Ergebnisse sind in <strong>der</strong> Tabelle dargestellt:<br />

Abstand<br />

Bindedraht – Erdelektrode<br />

in mm<br />

TE-Einsatz bei einer<br />

Scheitelspannung<br />

in kV<br />

-50-<br />

Durchschlags-<br />

Spannung<br />

in kV<br />

2 37 200<br />

5 58 198<br />

10 70 200<br />

16 85 198<br />

Tabelle 2: TE-Einsatz und Durchschlagsspannung in Abhängigkeit vom Abstand<br />

Bindedraht - Erdelektrode


<strong>Diplomarbeit</strong><br />

6. Blitzschutztechnische Anfor<strong>der</strong>ungen, die an Weichdächer gestellt werden müssen<br />

Ralf Reißen<br />

6.1.1.6. Versuch 6: realistisches <strong>Reet</strong>dachmodel mit Abständen nach VDE und<br />

geerdeten Binde- und Vorlegedrähten (15 cm über <strong>der</strong> Latte)<br />

Nun sollte untersucht werden, was an <strong>der</strong><br />

Anordnung passiert, wenn <strong>der</strong> Vorlegedraht, <strong>der</strong><br />

mit dem Bindedraht elektrisch leitend verbunden<br />

ist, geerdet wird. Die Erdung erfolgte nur an einer<br />

Stelle am Vorlegedraht, und zwar durch<br />

einfaches Verbinden mittels des Bindedrahtes an<br />

die geerdete Elektrode.<br />

Abb. 35: Versuchsaufbau 6 [15]<br />

Hier erfolgte <strong>der</strong> Einsatz <strong>der</strong> Teilentladungen<br />

wie<strong>der</strong> ausschließlich an <strong>der</strong> Hochspannungselektrode.<br />

Der TE-Einsatz war ab einer Spannung von 40kV<br />

zu hören und sichtbar ab etwa 100kV. Die Durchschlagsspannung war schon bei<br />

180kV erreicht, was sich mit dem kleiner gewordenen Abstand zwischen<br />

Hochspannung und Erde erklären läßt.<br />

-51-


<strong>Diplomarbeit</strong><br />

6. Blitzschutztechnische Anfor<strong>der</strong>ungen, die an Weichdächer gestellt werden müssen<br />

Ralf Reißen<br />

6.1.2. Untersuchung mit Blitzstoßspannung<br />

Die zweite Versuchsreihe wurde mit Blitzstoßspannung durchgeführt. Dazu wurde<br />

die Versuchsanordnung an einen 9-stufigen Marx-Generator mit einer Summenladespannung<br />

von 900kV angeschlossen. Dieser Marxgenerator ist in <strong>der</strong> Lage,<br />

eine nach VDE genormte Blitzstoßspannung 1,2/50 zu liefern, die einen Blitzstrom<br />

in <strong>der</strong> Größenordnung von einigen hun<strong>der</strong>t Ampere liefert. Nach VDE hat die<br />

Blitzstoßspannung 1,2/50 eine Stirnzeit T1= 1,2μs ±30% und eine Rückenhalbwertzeit<br />

T2= 50μs ± 20%.<br />

Zur Erläuterung dieser Zeiten<br />

soll das neben stehende Diagramm<br />

Aufschluß geben.<br />

T1 = Stirnzeit<br />

T2 = Rückenhalbwertsz eit<br />

Tc = Abschneidezeit<br />

Abbildung 36: Definition von Kenngrößen <strong>der</strong><br />

Blitzstoßspannung 1,2/50 [10]<br />

Abbildung 37: 9-Stufiger Marx-Generator in <strong>der</strong> Hochspannungshalle<br />

<strong>der</strong> Fachhochschule Aachen, Abt. Jülich [15]<br />

-52-


<strong>Diplomarbeit</strong><br />

6. Blitzschutztechnische Anfor<strong>der</strong>ungen, die an Weichdächer gestellt werden müssen<br />

Ralf Reißen<br />

Zu Beginn <strong>der</strong> Versuche ergab sich, dass die Holzstützen des Modells den<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen des Versuchs nicht gewachsen waren: Nach drei Durchschlägen<br />

waren alle drei Holzstützen (siehe Abbildung 22) vom Blitzstrom zerstört worden.<br />

Die völlig zerstörten Holzstützen wurden gegen Kunststoffstützen aus Pertinax<br />

ausgetauscht und mit Kunststoffschrauben an den Holzfüßen des Modells<br />

befestigt. Dann konnte <strong>der</strong> Blitzstoßspannungsversuch gefahren werden.<br />

Bei jedem Versuch aus <strong>der</strong> Versuchsreihe wurde die Spannung langsam erhöht,<br />

bis die Durchschlagsspannung erreicht war. Anschließend wurde die Höhe <strong>der</strong><br />

Spannung etwas verringert, um das eventuelle Auftreten von Teilentladungen zu<br />

beobachten. Dies wurde mit allen 6 Versuchsanordnungen (vgl. 6.1.1.1 bis<br />

6.1.1.6) durchgeführt. Bei keiner <strong>der</strong> Versuchsanordnungen waren jedoch<br />

zunächst Teilentladungen bzw. Überschläge zu beobachten. Hier ist zu<br />

berücksichtigen, dass <strong>der</strong> Vorgang dieser Blitzentladungen immerhin im μs-<br />

Bereich liegt.<br />

Schließlich wurde die ganze Versuchsreihe noch einmal wie<strong>der</strong>holt, diesmal<br />

jedoch mit einem „mechanischen Auge“, einem Fotoapparat, <strong>der</strong> mit Hilfe <strong>der</strong><br />

Langzeitbelichtung die Teilentladungen sichtbar machen sollte. Auf den später<br />

entwickelten Bil<strong>der</strong>n war jedoch nichts festzustellen, was auf eine Teilentladung<br />

hinweisen könnte. Es kann also über das Auftreten von Teilentladungen im<br />

Zusammenhang mit <strong>der</strong> Blitzstoßspannung keine Aussage gemacht werden.<br />

Die Ermittlung <strong>der</strong> Durchschlagsspannung (hier 50%-Durchschlagsspannung)<br />

erfolgte nach <strong>der</strong> „up and down Methode“:<br />

Bei jedem Versuch aus <strong>der</strong> Versuchsreihe wurde die Spannung langsam erhöht,<br />

bis die Durchschlagsspannung erreicht war. Nach dem erfolgten Durchschlag<br />

wurde die Höhe <strong>der</strong> Spannung dann etwas herabgesetzt. Erfolgte erneut ein<br />

Durchschlag, so war die Spannung wie<strong>der</strong> herabzusetzen, an<strong>der</strong>enfalls, wenn<br />

kein Durchschlag erfolgte, musste die Spannung erhöht werden. Diese Prozedur<br />

wurde 20 mal wie<strong>der</strong>holt, um genügend Meßwerte zu haben, um die 50%-<br />

Durchschlagsspannung Ud/50% zu ermitteln. Hierbei war zu beachten, dass<br />

mindestens 8 und höchstens 12 <strong>der</strong> 20 Versuche einen Durchschlag zur Folge<br />

hatten. Der Mittelwert dieser 20 Messungen ergibt die 50%-Durchschlagspannung<br />

Ud/50.<br />

-53-


<strong>Diplomarbeit</strong><br />

6. Blitzschutztechnische Anfor<strong>der</strong>ungen, die an Weichdächer gestellt werden müssen<br />

Ralf Reißen<br />

In <strong>der</strong> folgenden Tabelle sind alle Versuchsreihen mit den entsprechenden<br />

Messergebnissen <strong>der</strong> einzelnen Versuche dargestellt. Die Spannungen, bei denen<br />

Durchschläge erfolgten, sind fett und kursiv gedruckt.<br />

Versuch<br />

Nr.:<br />

-54-<br />

Versuchsaufbau<br />

1<br />

U d<br />

kV<br />

Versuchsaufbau<br />

2<br />

U d<br />

kV<br />

Versuchsaufbau<br />

3<br />

U d<br />

kV<br />

Versuchsaufbau<br />

4<br />

U d<br />

kV<br />

Versuchsaufbau<br />

5<br />

U d<br />

kV<br />

Versuchsaufbau<br />

6<br />

1 424,1 408,4 418,8 314,2 340,3 324,6<br />

2 408,4 387,5 413,6 335,1 345,6 308,9<br />

3 392,7 390,1 408,4 319,4 350,8 314,2<br />

4 403,2 403,2 418,8 324,6 345,6 324,6<br />

5 424,1 403,2 424,1 329,9 345,6 324,6<br />

6 418,8 392,7 413,6 319,4 345,6 324,6<br />

7 403,2 408,4 413,6 324,6 335,1 324,6<br />

8 413,6 397,9 413,6 324,6 345,6 319,4<br />

9 408,4 397,9 413,6 324,6 345,6 324,6<br />

10 408,4 418,8 413,6 319,4 345,6 327,3<br />

11 413,6 408,4 418,8 324,6 340,3 324,6<br />

12 418,8 392,7 418,8 324,6 345,6 324,6<br />

13 418,8 408,4 413,6 324,6 340,3 324,6<br />

14 403,2 418,8 408,4 314,2 345,6 324,6<br />

15 413,6 397,9 387,5 324,6 345,6 324,6<br />

16 413,6 403,2 387,5 314,2 345,6 322,0<br />

17 403,2 418,8 403,2 324,6 345,6 324,6<br />

18 397,9 413,6 408,4 314,2 345,6 319,4<br />

19 397,9 413,6 397,9 324,6 340,3 322,0<br />

20 408,4 408,4 403,2 329,8 345,6 324,6<br />

Ud/50%<br />

in kV<br />

409,7 404,6 409,9 322,8 344,3 322,7<br />

Tabelle 3: Durchschlagsspannungen nach <strong>der</strong> 50% Methode<br />

U d<br />

kV<br />

Wie man aus den Werten in <strong>der</strong> Tabelle ersehen kann, ist die Durchschlagsspannung<br />

direkt proportional zum Abstand <strong>der</strong> jeweiligen Elektrodenanordnung.<br />

Ist beispielsweise eine nur potentialfreie Mittelelektrode vorhanden, so macht dies<br />

keinen großen Unterschied in <strong>der</strong> Durchschlagsspannung (Versuchsanordnung 1<br />

bis 3). Werden im Versuchsaufbau Bindedrähte verwendet, so ist die


<strong>Diplomarbeit</strong><br />

6. Blitzschutztechnische Anfor<strong>der</strong>ungen, die an Weichdächer gestellt werden müssen<br />

Ralf Reißen<br />

Durchschlagsspannung direkt um 90 kV (Abstand 55cm) bzw. um 65 kV (Abstand<br />

60cm) niedriger. Ob die Dachdeckerdrähte geerdet sind, spielt für die<br />

Durchschlagsspannung in unserem Versuchsaufbau keine nennenswerte Rolle.<br />

6.2. Kriterien für einen wirksamen Blitzschutz<br />

Wie die Versuche in Kapitel 6.1. gezeigt haben, sind für einen wirksamen<br />

Blitzschutz von reetgedeckten Gebäuden einige Kriterien zu beachten. Wichtigster<br />

Punkt ist dabei, dass das Blitzschutzsystem isoliert aufgebaut ist und dass die<br />

Sicherheitsabstände nach VDE auf keinen Fall unterschritten werden. In den<br />

Versuchen wurde deutlich, dass die größte Gefahr bei solchen Anlagen die<br />

Näherungen von Metallteilen auf dem Dach (Dachdeckerdraht, Firstabdeckung<br />

aus Kupferblech etc.) zu geerdeten Teilen (Elektroinstallation, geerdete Rohre<br />

etc.) in unmittelbarer Nähe sind. Der Sicherheitsabstand um solche Näherungen<br />

auszuschließen, kann nach DIN V ENV 61024-1 [7] berechnet werden, in <strong>der</strong><br />

Praxis hat sich jedoch ein Abstand von etwa 0,5 m bewährt. Können diese<br />

Näherungen o<strong>der</strong> die Wirkung dieser Näherungen ausgeschaltet werden, so ist<br />

ein wirksamer Blitzschutz grundsätzlich möglich.<br />

6.2.1. Erdung <strong>der</strong> metallenen Teile<br />

Ist unmittelbar unter dem Dach die Elektroinstallation o<strong>der</strong> etwa ein geerdetes<br />

Rohr (Wasserleitung etc.) vorhanden, so sind, um die Wirkung einer eventuellen<br />

Näherung zu vermeiden, alle auf o<strong>der</strong> in dem <strong>Reet</strong>dach befindlichen Metallteile zu<br />

erden. Dies gilt auch für die Dachdeckerdrähte. In <strong>der</strong> Realität ist dies jedoch ein<br />

schwieriges Unterfangen! Bei <strong>der</strong> Eindeckungsart eines genähten <strong>Reet</strong>daches<br />

(vgl. 2.3.2) ist eine Erdung <strong>der</strong> Drähte nahezu unmöglich. Beim gebundenen o<strong>der</strong><br />

geschraubten <strong>Reet</strong>dach (vgl. 2.3.1 und 2.3.3), welches in Norddeutschland die<br />

häufigsten Dachdecktechniken sind, ist ein großflächiges Erden <strong>der</strong><br />

Dachdeckerdrähte bei einem Neubau möglich: Die Vorlegedrähte müssen dazu<br />

-55-


<strong>Diplomarbeit</strong><br />

6. Blitzschutztechnische Anfor<strong>der</strong>ungen, die an Weichdächer gestellt werden müssen<br />

Ralf Reißen<br />

mit einem geeigneten Draht elektrisch leitend untereinan<strong>der</strong> verbunden werden.<br />

Die Verbindung mit dem Potentialausgleich erfolgt über eine Kupferleitung mit<br />

einer Querschnittsfläche von 6 mm². Die Anbindung an diese Leitung und die<br />

Durchführung durch das <strong>Reet</strong>dach müssen unbedingt isoliert werden, um an<br />

diesen Stellen eine Funkenbildung zu vermeiden. Diese Isolation kann durch<br />

einen handelsüblichen PVC-Überzug erfolgen.<br />

Wie dies aussehen könnte, soll die folgende Skizze deutlich machen:<br />

Abbildung 38: Erdung <strong>der</strong> Vorlegedrähte am Beispiel eines Walmdaches [15]<br />

An<strong>der</strong>e auf dem Dach befindliche Metallteile, wie z.B. ein Kupferfirst, sind ebenso<br />

zu erden. Dies sollte bereits beim Montieren des Kupferblechs berücksichtigt<br />

werden, da <strong>der</strong> Anschluß am besten von unten am Blech angebracht wird und <strong>der</strong><br />

6 mm²-Kupferdraht, <strong>der</strong> die Anbindung an den Potentialausgleich gewährleistet,<br />

durch die Dachhaut heruntergeführt werden soll. Auch hier ist eine Isolation <strong>der</strong><br />

Anschlußklemmen und des Durchführungsdrahtes vorzunehmen, um eine<br />

Funkenbildung zu verhin<strong>der</strong>n.<br />

-56-


<strong>Diplomarbeit</strong><br />

6. Blitzschutztechnische Anfor<strong>der</strong>ungen, die an Weichdächer gestellt werden müssen<br />

Ralf Reißen<br />

Wenn ein solcher Kupferfirst aus mehreren Blechteilen zusammengefügt wird, so<br />

ist beson<strong>der</strong>s darauf zu achten, dass die einzelnen Teile gut elektrisch leitend<br />

miteinan<strong>der</strong> verbunden werden, damit <strong>der</strong> Wi<strong>der</strong>stand vom äußersten Kupferblech<br />

zur Potentialausgleichschiene möglichst klein bleibt und durch eventuelle<br />

„schlechte o<strong>der</strong> isolierende Übergänge“ keine Funkenbildung auftritt.<br />

6.2.2. Keine Erdung <strong>der</strong> metallenen Teile<br />

Soll an einem Altbau ein Blitzschutzsystem nachgerüstet werden, so ist es nicht<br />

mehr möglich, die im Dach befindlichen Dachdeckerdrähte zu erden. Es ist jedoch<br />

grundsätzlich auch hier möglich, ein Blitzschutzsystem aufzubauen, ohne dass die<br />

Metallteile im und auf dem Dach geerdet werden müssen. Dann muss aber<br />

gewährleistet sein, dass auf <strong>der</strong> gesamten Dachfläche unter dem Dach und<br />

beson<strong>der</strong>s an den Stellen, wo über dem Dach die Fangleitung o<strong>der</strong> die<br />

Ableitungen hängen, keine Näherungen zu geerdeten Teilen entstehen können.<br />

Im Näherungsbereich <strong>der</strong> Dachdeckerdrähte, beson<strong>der</strong>s des Bindedrahts, muss<br />

auf Elektroinstallation und an<strong>der</strong>e geerdete Installationen, wie z.B. Wasser o<strong>der</strong><br />

Heizungsrohre, verzichtet werden. Ist dies möglich, so sind nicht geerdete,<br />

potentialfreie Elektroden wie Dachdeckerdrähte o<strong>der</strong> Kupferfirste o<strong>der</strong> sogar<br />

Kehlen aus Kupferblech möglich.<br />

Dieses Prinzip ist allerdings äußerst fehler-intolerant. Ein auch nachträglich<br />

eingebautes metallenes Teil, das die Näherungsbedingungen nicht erfüllt, führt zu<br />

einem Unterlaufen des Schutzes. Aus diesem Grunde kann dieses Prinzip nicht<br />

zur grundsätzlichen Anwendung empfohlen werden!<br />

6.2.3. keine Verwendung von metallenen Teilen<br />

Die Näherungsproblematik könnte auch dadurch verhin<strong>der</strong>t werden, dass in und<br />

auf dem Dach keine metallenen Teile Verwendung finden. Dies erweist sich als<br />

sehr schwierig! Die „Fachregel für Dachdeckungen mit <strong>Reet</strong>“ besagt ausdrücklich,<br />

dass aus Brandschutzgründen die Befestigung des <strong>Reet</strong>s ausschließlich mit<br />

nichtbrennbaren Materialien, wie etwa Draht, zu erfolgen hat. Einen Werkstoff<br />

-57-


<strong>Diplomarbeit</strong><br />

6. Blitzschutztechnische Anfor<strong>der</strong>ungen, die an Weichdächer gestellt werden müssen<br />

Ralf Reißen<br />

aufzuzeigen, <strong>der</strong> allen Ansprüchen genügt, <strong>der</strong> <strong>der</strong> Brandschutz- und <strong>der</strong><br />

Näherungsproblematik gerecht wird und <strong>der</strong> zudem noch tragbar ist, was die<br />

Kosten und den Verlegeaufwand betrifft, würde über den Rahmen dieser<br />

<strong>Diplomarbeit</strong> hinausgehen.<br />

Die einzige Methode, die auch heute zum Teil noch Anwendung findet, ist das<br />

Befestigen mit Holzruten (Weiden, Haselnuss etc.) als Vorlegematerial und das<br />

Binden mit geeigneten Naturfasern (Sisal-, Kokos- o<strong>der</strong> Hanfbän<strong>der</strong>). Dies<br />

geschieht jedoch nur bei historisch wertvollen Gebäuden und soll dann<br />

hauptsächlich als Anschauungsobjekt, z. B. in Museumsdörfern, dienen.<br />

6.2.4. Verwendung von Kunstreet<br />

Die Möglichkeit, Kunstreet zu verwenden, sollte nur <strong>der</strong> Vollständigkeit halber mit<br />

in diese Ausarbeitung mit aufgenommen werden:<br />

Mit Argumenten des Brandschutzes und des Naturschutzes wird heute bereits ein<br />

Kunstreet angeboten, das sich in <strong>der</strong> Optik weitgehend dem natürlichen <strong>Reet</strong>dach<br />

anpaßt. Es handelt sich um geradlinige Halme aus Hart-PVC, die auf mo<strong>der</strong>nen<br />

Extru<strong>der</strong>n gefertigt werden und dann in unterschiedlicher Länge und Färbung<br />

sowie mit unregelmäßigen freien Enden zu einer wetterfesten, unverrottbaren<br />

Schindel thermisch verschweißt sind. Jede einzelne Schindel in den<br />

Abmessungen 50 x 25 cm ist mit entsprechenden Nagellöchern für die Anbringung<br />

auf dem Dachunterbau versehen. Bei Dächern mit diesen Schindeln wird das<br />

„<strong>Reet</strong>dach“ auf die reine Optik reduziert allerdings mit dem Argument,<br />

bauphysikalisch nach DIN 4102 als Hartbedachung zu gelten. Das Material gilt als<br />

schwer entflammbar und wi<strong>der</strong>standsfähig gegen Flugfeuer und strahlende<br />

Wärme. Mit den bauphysikalischen, biologischen und ästhetischen Eigenschaften<br />

des <strong>Reet</strong>daches aus Naturmaterialien hat diese Dachdeckung allerdings nur noch<br />

wenig gemeinsam. [1]<br />

-58-


<strong>Diplomarbeit</strong><br />

Ralf Reißen<br />

7. Konzept für Neubauten und Nachrüstungen an bestehenden Gebäuden anhand von Fallbeispielen<br />

7. Konzept für Neubauten und Nachrüstungen an bestehenden<br />

Gebäuden anhand von Fallbeispielen<br />

In diesem Kapitel soll auf konkrete Fälle von Dachaufbauten, Firstarten, Kaminen,<br />

Dachsanierungen usw. eingegangen werden. Zudem sollen Lösungsvorschläge zu<br />

den Gefahrenpunkten an <strong>Reet</strong>dächern anhand <strong>der</strong> in Kapitel 4 dargestellten<br />

Probleme aufgezeigt werden.<br />

Beim Decken des <strong>Reet</strong>daches ist bereits zu beachten, dass die Dachdeckerdrähte<br />

in den Potentialausgleich des Hauses einzubeziehen sind (vgl. 6.2.1.). Dies ist<br />

jedoch nur möglich, wenn das Dach „gebunden“ o<strong>der</strong> „geschraubt“ (vgl 2.3.1. und<br />

2.3.3.) wird, da bei diesen Decktechniken ein Vorlegedraht Verwendung findet.<br />

Dieser Vorlegedraht darf auf keinen Fall kunststoffummantelt sein o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e<br />

isolierende Eigenschaften aufweisen, da dies zwangsläufig zu Funkenbildung an<br />

<strong>der</strong> Isolation führen würde. Das gleiche gilt auch für den Bindedraht. Als<br />

Bindedraht sollte ein verzinkter Stahldraht mit einem Durchmesser von 1 mm o<strong>der</strong><br />

ein Kupferdraht mit einem Durchmesser von 1,5 mm verwendet werden.<br />

Geeignete Vorlegedrähte sollten ebenfalls aus verzinktem Stahl o<strong>der</strong> aus Kupfer<br />

bestehen und einen Durchmesser von 5 mm aufweisen.<br />

Um die Dachdeckerdrähte nun an den Potentialausgleich anzuschließen, müssen<br />

diese mittels Draht elektrisch leitend verbunden werden (siehe Abb. 38). Dies<br />

geschieht, indem die Vorlegedrähte mit einem Draht (dem Verbindungsdraht),<br />

dessen Durchmesser und Beschaffenheit dem Vorlegedraht entsprechen sollte,<br />

verbunden werden. Das Verbinden dieser Drähte soll mit Hilfe des Bindedrahtes<br />

erfolgen, indem dieser einfach in einer Schlaufe um die sich kreuzenden<br />

Vorlegedrähte gelegt und mit einer Zange angezogen und verdrillt wird. Hinter<br />

dem untersten Vorlegedraht (an <strong>der</strong> Traufe) ist <strong>der</strong> Verbindungsdraht mit einem<br />

Isolierschlauch zu versehen und durch das <strong>Reet</strong> hindurch unter die Dachfläche zu<br />

führen. Von hier aus soll <strong>der</strong> Verbindungsdraht mit einem isolierten Kupferdraht<br />

mit einer Querschnittsfläche von 6 mm² an die Potentialausgleichschiene<br />

angebunden werden.<br />

-59-


<strong>Diplomarbeit</strong><br />

Ralf Reißen<br />

7. Konzept für Neubauten und Nachrüstungen an bestehenden Gebäuden anhand von Fallbeispielen<br />

Ist das Dach bereits vorhanden, so ist es nicht mehr möglich, die<br />

Dachdeckerdrähte an den Potentialausgleich anzuschließen. Hier ist es dann<br />

wichtig, bei sämtlichen metallenen Installationen (Elektroinstallation,<br />

Antennenkabel, metallene Rohre etc.) einen ausreichenden Abstand von den<br />

Dachdeckerdrähten (Abstand >20 cm) einzuhalten (vgl.6.2.2.). Dies ist auch bei<br />

nachträglichen Installationsarbeiten von allen Installateuren zu berücksichtigen.<br />

Eine beispielsweise nachträglich verlegte Leitung, die diese<br />

Näherungsbedingungen nicht erfüllt, führt unweigerlich zu einem Unterlaufen des<br />

Schutzes. Deswegen ist dieses Prinzip äußerst fehler-intolerant und kann nicht zur<br />

grundsätzlichen Anwendung empfohlen werden. Sollte es dennoch praktiziert<br />

werden, so sind regelmäßige Kontrollen und Sichtprüfungen eine wichtige<br />

Voraussetzung für ein funktionsfähiges Blitzschutzsystem.<br />

Über Art und Umfang dieser Sicht- und Funktionsprüfungen gibt die VDE V 0185<br />

Teil 110 [11], die sich ausschließlich mit diesem Thema beschäftigt, Auskunft. In<br />

dieser Norm ist ebenfalls nachzulesen, in welchen Zeitabständen für die<br />

entsprechende Schutzklasse eine Prüfung durchzuführen ist.<br />

Ein Blitzschutzsystem für reetgedeckte Häuser muss isoliert aufgebaut sein. Das<br />

bedeutet: Alle Fangleitungen und Ableitungen müssen auf Isolierstützen<br />

angebracht werden und zum Dach einen Mindestabstand von 60 cm für die<br />

Fangleitung und 40 cm für den Ableitungsdraht aufweisen. Die Mindestabstände<br />

von 60 bzw. 40 cm zum Dach gewährleisten einen Abstand zwischen den<br />

Dachdeckerdrähten und dem Blitzschutzsystem von etwa 55-60 cm. Diese<br />

Mindestabstände sollen je nach Beschaffenheit des Daches (z.B. Kupferfirst)<br />

vergrößert werden, und zwar in dem Maße, dass die Abstände vom<br />

Blitzschutzsystem zu den Metallteilen von 60 cm gewährleistet sind. Die<br />

Isolierstützen bestehen im allgemeinen aus einem Hartholz (z.B. Bongossiholz).<br />

Es ist jedoch auch möglich, an<strong>der</strong>e Isolierstoffe zu verwenden (siehe auch Kapitel<br />

8).<br />

-60-


<strong>Diplomarbeit</strong><br />

Ralf Reißen<br />

7. Konzept für Neubauten und Nachrüstungen an bestehenden Gebäuden anhand von Fallbeispielen<br />

7.1. Dach mit Heide- o<strong>der</strong> Sodenfirst<br />

Die am meisten verbreitete Firstart in Norddeutschland ist wohl <strong>der</strong> Heidefirst<br />

(siehe auch 2.4.2.). Beim Heide- o<strong>der</strong> auch beim Sodenfirst werden ausschließlich<br />

in <strong>der</strong> Natur nachwachsende Rohstoffe wie Heidekraut o<strong>der</strong> Grassoden<br />

verwendet.<br />

Bei <strong>der</strong> Installation eines Blitzschutzsystems ist hier beson<strong>der</strong>s darauf zu achten,<br />

dass die Sicherheitsabstände <strong>der</strong> isolierten Fangleitung (60 cm Abstand zum First)<br />

und <strong>der</strong> Ableitungen (40 cm Abstand zur Dachfläche), nach VDE 0185 Teil 2 [6],<br />

nicht unterschritten werden. Dies ist beson<strong>der</strong>es zu beachten, da das Firstmaterial<br />

dem natürlichen Prozess <strong>der</strong> Verrottung unterliegt und ca. alle 8 bis 10 Jahre<br />

nachgebessert werden muss. Beim Nachbessern bzw. „Auffrischen“ des Firstes<br />

mit Heidekraut o<strong>der</strong> Grassoden dürfen die o. g. Abstände nicht unterschritten<br />

werden.<br />

Abbildung 39: Beispielhaft installiertes Blitzschutzsystem auf <strong>Reet</strong>dach mit<br />

Heidefirst [16]<br />

Zum Schutz des Firstes vor Vogelabtragungen wurde er bisher mit einem<br />

metallenen Maschendraht abgedeckt. Dies ist jedoch aus blitzschutztechnischen<br />

-61-


<strong>Diplomarbeit</strong><br />

Ralf Reißen<br />

7. Konzept für Neubauten und Nachrüstungen an bestehenden Gebäuden anhand von Fallbeispielen<br />

Gründen nicht zulässig. In <strong>der</strong> Fachregel für Dachdeckungen mit <strong>Reet</strong> des<br />

Deutschen Dachdeckerhandwerkes ist auf diese Problematik ausdrücklich<br />

hingewiesen: „4.3.2.(4) Eine zusätzliche Bespannung mit z.B. Kunststoffnetzen ist<br />

möglich. Die Verwendung von Drahtgeflächten ist in Verbindung mit Blitzschutz an<br />

Gebäuden nicht zulässig.“ Der Heide- o<strong>der</strong> Sodenfirst kann genau so gut mit<br />

einem UV-beständigem Kunststoff- bzw. Nylonnetz vor den Vogelabtragungen<br />

geschützt werden. Ein Beispiel für ein solches Firstschutznetz ist das Netz SN<br />

50/2 aus hochfestem Nylonnetzwerk, olivgrün, uv-stabilisierend imprägniert und<br />

mit Flammschutzfaktor ausgerüstet (Bezogen werden kann es z.B. bei <strong>der</strong><br />

Netzfabrik Walter Kremmin KG, Ammerlän<strong>der</strong> Heerstraße 189-207, 26129<br />

Oldenburg).<br />

7.2. Dach mit Ziegelfirst<br />

In einigen Regionen Norddeutschlands ist es weit verbreitet, den First des<br />

<strong>Reet</strong>daches mit 3-4 Reihen Ziegeln einzudecken, <strong>der</strong> sogenannte Ziegelfirst<br />

(siehe auch 2.4.4.). Der Ziegelfirst darf blitzschutztechnisch nicht als<br />

Hartbedachung gedeutet werden. Würde er als eine solche gelten, wären die<br />

Mindestabstände nach DIN 57 185 / VDE 0185 Teil 2 [6] nicht erfor<strong>der</strong>lich, und auf<br />

dem First könnte die Fangleitung unmittelbar über den Ziegeln montiert werden.<br />

Dies ist bei einigen Blitzschutzfirmen allerdings gängige Praxis, von <strong>der</strong> jedoch<br />

dringenst Abstand genommen werden muss!<br />

Da sich unmittelbar unter dem Ziegelfirst das <strong>Reet</strong> mit seinen Dachdeckerdrähten<br />

befindet (vgl. Abb. 13), ist es auch vom Blitzschutz als Weichdach bzw.<br />

Weichdachfirst anzusehen. Das bedeutet, dass die Mindestabstände nach DIN 57<br />

185 / VDE 0185 Teil 2 [6] (Fangleitungen 60 cm Abstand zum First und Ableitung<br />

40 cm Abstand zur Dachfläche) einzuhalten sind.<br />

-62-


<strong>Diplomarbeit</strong><br />

Ralf Reißen<br />

7. Konzept für Neubauten und Nachrüstungen an bestehenden Gebäuden anhand von Fallbeispielen<br />

Abbildung 40: Beispielhaft installiertes Blitzschutzsystem auf <strong>Reet</strong>dach<br />

mit Ziegelfirst [16]<br />

7.3. Dach mit Kupferfirst<br />

Eine neue Art <strong>der</strong> Firsteindeckung, die zusätzlich noch vor <strong>der</strong> Vermoosung des<br />

<strong>Reet</strong>daches schützen soll, ist die Eindeckung mit Kupferblechen, dem<br />

sogenannten Kupferfirst (siehe auch 2.4.4.). Beim Blitzschutz für <strong>der</strong>artige<br />

Gebäude mit Kupferfirst ist folgendes zu beachten:<br />

1. Die Dachdeckerdrähte sind alle, wie zu Beginn dieses Kapitels<br />

beschrieben, in den Potentialausgleich einzubeziehen. Ist dies bei<br />

bestehenden Dächern nicht mehr möglich, so müssen, wie zu Beginn des<br />

Kapitels beschrieben, Näherungen zu geerdeten Teilen ausgeschlossen<br />

werden (vgl. Seite 60).<br />

2. Die einzelnen Kupferbleche sind gut elektrisch leitend miteinan<strong>der</strong> zu<br />

verbinden. Hier genügt jedoch, wenn die einzelnen Bleche durch<br />

Schrauben miteinan<strong>der</strong> verbunden sind.<br />

-63-


<strong>Diplomarbeit</strong><br />

Ralf Reißen<br />

7. Konzept für Neubauten und Nachrüstungen an bestehenden Gebäuden anhand von Fallbeispielen<br />

3. Der Kupferfirst ist mit einer Kupferleitung <strong>der</strong> Querschnittsfläche von 6 mm²<br />

an den Potentialausgleich anzubinden. Bei dieser Anbindung ist darauf zu<br />

achten, dass die Kupferleitung von <strong>der</strong> Blechunterkante her angeschlossen<br />

wird und von dort aus isoliert durch das <strong>Reet</strong>dach geführt wird. Der<br />

Anschluss an das Kupferblech ist ebenfalls mittels Schrumpfschlauch zu<br />

isolieren. Bei großen Dächern ist es ratsam, den Kupferfirst von zwei<br />

Stellen aus an den Potentialausgleich anzubinden.<br />

4. Der Kupferfirst darf auf keinen Fall direkt an die Fangleitung o<strong>der</strong> an die<br />

Ableitung des Blitzschutzsystems angebunden werden.<br />

5. Die Mindestabstände für die Fangleitung und für die Ableitung sollen erhöht<br />

werden. Für die Fangleitung wird mindestens 80 cm Abstand zum<br />

Kupferfirst und bei den Ableitungen wird mindestens 60 cm Abstand von<br />

Ableitung zum Kupferfirst empfohlen. Der Abstand zwischen Ableitung und<br />

Weichdach darf nach VDE [6] 40 cm weiter nicht unterschreiten.<br />

Diese Methode ist zwar nicht normgerecht (vgl. 3.1.), finden diese 5 Punkte jedoch<br />

Beachtung, so ist <strong>der</strong> Blitzschutz für ein Dach mit Kupferfirst grundsätzlich<br />

möglich. Zusätzlich sollte man noch beachten, dass regelmäßige Sicht- und<br />

Funktionsprüfungen für den einwandfreien Betrieb eines <strong>der</strong>artigen<br />

Blitzschutzsystems Voraussetzung sind.<br />

Abbildung 41: Blitzschutzsystem auf <strong>Reet</strong>dach mit Kupferfirst [16]<br />

-64-


<strong>Diplomarbeit</strong><br />

Ralf Reißen<br />

7. Konzept für Neubauten und Nachrüstungen an bestehenden Gebäuden anhand von Fallbeispielen<br />

7.4. Dachsanierung mittels Wellblech<br />

<strong>Reet</strong>dächer werden mit <strong>der</strong> Zeit morsch und undicht. Je nach Pflege des Daches<br />

und nach den Witterungsbedingungen, denen dieses Dach ausgesetzt ist, soll ein<br />

<strong>Reet</strong>dach in Abständen von 40 bis 60 Jahren erneuert werden. Da dies eine<br />

kostspielige Angelegenheit ist, werden diese Dächer nicht selten aus<br />

Kostengründen mit einem preiswerteren Material saniert. Auf das schon<br />

bestehende Weichdach, das wegen seiner hervorragenden wärmedämmenden<br />

Eigenschaften bestehen bleibt, werden einfach Wellblechplatten befestigt. Diese<br />

bestehen aus einer etwa 1 bis 1,5 mm dicken Blechschicht aus Aluminium- o<strong>der</strong><br />

Stahlblech, welches mit Kunststoff beschichtet ist.<br />

Abbildung 42: Mit Wellblech saniertes <strong>Reet</strong>dach (unter dem Wellblech befindet<br />

sich noch das <strong>Reet</strong>) [16]<br />

Ähnlich wie beim Kupferfirst sind auch hier an das Blitzschutzsystem beson<strong>der</strong>e<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen zu stellen:<br />

1. Die Dachdeckerdrähte sollten alle, wie zu Beginn dieses Kapitels beschrieben,<br />

in den Potentialausgleich einbezogen weden. Dies ist nachträglich jedoch nicht<br />

möglich. So ist hier beson<strong>der</strong>s darauf zu achten, dass zu den<br />

Dachdeckerdrähten aus dem Dachinneren keine Näherungen entstehen, wie<br />

zu Beginn des Kapitels beschrieben (vgl. auch 6.2.2.). Hier sollte <strong>der</strong> Abstand<br />

von den Bindedrähten zur Installation von >20 cm eingehalten werden.<br />

-65-


<strong>Diplomarbeit</strong><br />

Ralf Reißen<br />

7. Konzept für Neubauten und Nachrüstungen an bestehenden Gebäuden anhand von Fallbeispielen<br />

2. Die einzelnen Wellblechplatten sind gut elektrisch leitend miteinan<strong>der</strong> zu<br />

verbinden. Hier genügt jedoch, wenn die einzelnen Bleche durch<br />

Blechschrauben miteinan<strong>der</strong> verbunden sind.<br />

3. Das Wellblechdach ist mit einer Kupferleitung <strong>der</strong> Querschnittsfläche von 6<br />

mm² an den Potentialausgleich anzubinden. Bei dieser Anbindung ist darauf zu<br />

achten, dass die Kupferleitung von <strong>der</strong> Blechunterkante her angeschlossen<br />

wird und von dort aus isoliert durch das <strong>Reet</strong>dach geführt wird. Der Anschluss<br />

an das Wellblech ist ebenfalls mittels Schrumpfschlauch zu isolieren. Bei<br />

großen Dächern ist es ratsam, das Blechdach von zwei Stellen aus an den<br />

Potentialausgleich anzubinden.<br />

4. Das Wellblechdach darf auf keinen Fall direkt an die Fangleitung o<strong>der</strong> an die<br />

Ableitung des Blitzschutzsystems angebunden werden.<br />

5. Die Mindestabstände für die Fangleitung und für die Ableitung sollten erhöht<br />

werden. Für die Fangleitung sollte mindestens 80 cm Abstand zum Wellblech<br />

und bei den Ableitungen mindestens 60 cm Abstand zwischen Ableitung und<br />

Wellblech eingehalten werden.<br />

Diese Methode ist zwar nicht normgerecht (vgl. 3.1.), finden diese 5 Punkte jedoch<br />

Beachtung, so ist <strong>der</strong> Blitzschutz für ein mit Wellblech saniertes <strong>Reet</strong>dach<br />

grundsätzlich möglich. An dieser Stelle sollte noch darauf hingewiesen werden,<br />

dass, wenn im <strong>Reet</strong>dach isolierte Dachdeckerdrähte vorhanden sind, eine<br />

Funkenbildung nicht gänzlich ausgeschlossen werden kann.<br />

Die bessere Methode, ein Weichdach kostengünstig zu sanieren, ist, auf<br />

Wellblechplatten zu verzichten und stattdessen PVC o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e nichtmetallische<br />

Platten zu verwenden. Diese kann man genauso wie die Wellblechplatten direkt<br />

auf dem <strong>Reet</strong>dach befestigen mit dem Vorteil, dass bei diesem Material keine<br />

Näherungsproblematik auftritt und man somit die Punkte 1 bis 4 nicht zu beachten<br />

hat. Auch sind bei <strong>der</strong> Verwendung von PVC-Wellplatten für die Installation des<br />

Blitzschutzsystems die Abstände nach DIN 57 185 / VDE 0185 Teil 2 [6]<br />

(Fangleitung 60 cm über dem First und Ableitung 40 cm über dem Dach)<br />

ausreichend.<br />

-66-


<strong>Diplomarbeit</strong><br />

Ralf Reißen<br />

7. Konzept für Neubauten und Nachrüstungen an bestehenden Gebäuden anhand von Fallbeispielen<br />

7.5. Verwendung von Kehlblechen<br />

In <strong>der</strong> Kehle, wo zwei Dachflächen zusammenstoßen (siehe Anhang), werden<br />

vielfach „Regenrinnen“ aus Kunststoff o<strong>der</strong> Metall angebracht, um an dieser<br />

beson<strong>der</strong>s beanspruchten Stelle den Abfluss von Regenwasser zu beschleunigen.<br />

Werden hier Materialien aus Kunststoff o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e nichtleitende Materialien<br />

verwendet, so ist dies für den Blitzschutz unproblematisch. Wenn die<br />

„Regenrinnen“ jedoch aus Metall gefertigt sind, so ist analog zum Kupferfirst<br />

einiges zu beachten:<br />

1. Auch hier sind die Dachdeckerdrähte, wie zu Beginn diese Kapitels<br />

beschrieben, in den Potentialausgleich einzubeziehen. Ist dies bei<br />

bestehenden Dächern nicht mehr möglich, so müssen, wie zu Beginn des<br />

Kapitels beschrieben, Näherungen zu geerdeten Teilen ausgeschlossen<br />

werden (vgl. Seite 60).<br />

2. Die einzelnen Kehlbleche sind gut elektrisch leitend miteinan<strong>der</strong> zu verbinden.<br />

Hier genügt es jedoch, wenn die einzelnen Bleche durch Schrauben<br />

miteinan<strong>der</strong> verbunden sind.<br />

3. Das Kehlblech ist mit einem Kupferdraht <strong>der</strong> Querschnittsfläche von 6 mm² an<br />

den Potentialausgleich anzubinden. Dabei ist darauf zu achten, dass <strong>der</strong><br />

Kupferdraht von <strong>der</strong> Blechunterkante her angeschlossen und von dort aus<br />

isoliert durch das <strong>Reet</strong>dach geführt wird. Der Anschluss an das Kehlblech ist<br />

mittels Schrumpfschlauch zu isolieren.<br />

4. Das Kehlblech darf auf keinen Fall direkt an die Fangleitung o<strong>der</strong> an die<br />

Ableitung des Blitzschutzsystems angebunden werden.<br />

5. Die Mindestabstände für die Fangleitung und für die Ableitung solten dort<br />

erhöht werden, wo sich das Kehlblech und die Fang- o<strong>der</strong> Ableitung<br />

schneiden. Die Fangleitung sollte mindestens 80 cm Abstand zum Kehlblech<br />

und die Ableitungen sollten mindestens 60 cm Abstand zwischen Ableitung<br />

und Kehlblech aufweisen.<br />

Auch diese Methode ist wegen <strong>der</strong> verwendeten Metallteile nicht normgerecht.<br />

-67-


<strong>Diplomarbeit</strong><br />

Ralf Reißen<br />

7. Konzept für Neubauten und Nachrüstungen an bestehenden Gebäuden anhand von Fallbeispielen<br />

7.6. Der Kamin<br />

Der Kamin tritt bei Weichdächern immer am First aus dem Dach heraus und soll<br />

mindestens 80 cm über dem Weichdachfirst liegen, so besagt es die<br />

Feuerungsverordnung. Dies bedeutet für den Blitzschutz, dass die Fangleitung um<br />

den Kamin herumgeführt wird. Dabei soll die Fangleitung am besten von beiden<br />

Seiten um den Kamin herum befestigt werden. Solange am o<strong>der</strong> im Kamin keine<br />

Metallteile vorhanden sind, ist es auch problemlos möglich, die Fangleitung am<br />

Kamin zu befestigen.<br />

Zum Schutz vor Direkteinschlägen ist es erfor<strong>der</strong>lich, eine Fangstange am Kamin<br />

zu befestigen, die diesen in <strong>der</strong> Höhe überragt, so dass <strong>der</strong> entsprechende<br />

Schutzwinkel nach ENV 61024-1 [7] eingehalten werden kann.<br />

Wie dies aussehen könnte, soll Abbildung 43 zeigen:<br />

Abbildung 43:<br />

Von Fangleitung umspannter<br />

Kamin mit zusätzlicher<br />

Fangstange [16]<br />

Die Länge <strong>der</strong> Fangstange ist vom erfor<strong>der</strong>lichen Schutzwinkel abhängig. Der<br />

Schutzwinkel a wird nach ENV 61024-1 [7] aus dem folgenden Diagramm<br />

bestimmt:<br />

-68-


<strong>Diplomarbeit</strong><br />

Ralf Reißen<br />

7. Konzept für Neubauten und Nachrüstungen an bestehenden Gebäuden anhand von Fallbeispielen<br />

Abbildung 44: Zuordnung des Blitzschutzwinkels zu den einzelnen Schutzklassen in<br />

Abhängigkeit von <strong>der</strong> Höhe h <strong>der</strong> baulichen Anlage [7]<br />

Um den Schutzwinkel a zu bestimmen, ist es erfor<strong>der</strong>lich, die Schutzklasse und<br />

die genaue Höhe des zu schützenden Objektes, hier des Kamins, zu kennen. Sind<br />

diese Werte bekannt, so kann man den Schutzwinkel a aus dem Diagramm<br />

ablesen.<br />

Wenn man den Schutzwinkel ermittelt hat, wird mit seiner Hilfe die Länge <strong>der</strong><br />

Fangstange berechnet:<br />

Abbildung 45: Schutzbereich einer Fangstange [15]<br />

-69-


<strong>Diplomarbeit</strong><br />

Ralf Reißen<br />

7. Konzept für Neubauten und Nachrüstungen an bestehenden Gebäuden anhand von Fallbeispielen<br />

H =<br />

r S<br />

tanα<br />

darin bedeuten:<br />

H<br />

rs<br />

a<br />

Höhe <strong>der</strong> Fangstange über dem zu schützenden Objekt<br />

Schutzradius <strong>der</strong> Fangstange<br />

Schutzwinkel<br />

Beispiel:<br />

Für ein 10 m hohes Gebäude <strong>der</strong> Schutzklasse II, dessen Kamin einen<br />

Durchmesser von 1,2 m aufweist, ergibt sich:<br />

a = 54° aus Diagramm (Abbildung 45)<br />

rs = 1,2 m<br />

r<br />

H = S<br />

= 0,872 m<br />

tanα<br />

Die Fangstange müsste somit 0,872 m über das zu schützende<br />

Objekt hinaus reichen.<br />

7.6.1. Kaminsanierung<br />

Wie bereits in Kapitel 4.2. erwähnt, werden alte Kamine saniert, indem durch den<br />

bestehenden Backsteinkamin ein Edelstahlrohr eingezogen wird. Dieses Rohr,<br />

das eine metallene Dachdurchführung darstellt, stellt an das Blitzschutzsystem<br />

beson<strong>der</strong>e Anfor<strong>der</strong>ungen. Wird eine Kaminsanierung durchgeführt, so ist<br />

zugleich ein bereits vorhandenes Blitzschutzsystem angemessen zu verän<strong>der</strong>n.<br />

Folgende Punkte sind dabei zu beachten:<br />

1. Das Edelstahlrohr ist am Tiefpunkt (Erdgeschoß, Keller) an den<br />

Potentialausgleich anzuschließen.<br />

2. Auf keinen Fall darf das Edelstahlrohr mit <strong>der</strong> Fangleitung o<strong>der</strong> mit <strong>der</strong><br />

Ableitung des Blitzschutzsystems direkt verbunden werden.<br />

-70-


<strong>Diplomarbeit</strong><br />

Ralf Reißen<br />

7. Konzept für Neubauten und Nachrüstungen an bestehenden Gebäuden anhand von Fallbeispielen<br />

3. Die Fangleitung auf dem First ist in ausreichend großem Abstand (60 cm)<br />

an dem Edelstahlrohr vorbeizuführen. Wenn die Dicke <strong>der</strong> Kaminmauer<br />

nicht ausreicht, sind Isolierstützen zu verwenden, an denen die Fangleitung<br />

befestigt und auf Abstand gehalten wird. Als Isolierstützen sollten bevorzugt<br />

Kunststoff- o<strong>der</strong> GFK-Stützen (Glasfaser verstärkter Kunststoff) verwendet<br />

werden.<br />

4. Ebenfalls in ausreichendem Sicherheitsabstand (60 cm) ist eine<br />

Fangstange zu montieren, die an die Fangleitung angeschlossen wird und<br />

den gesamten Kaminbereich schützt (vgl. 7.5. Schutzbereich einer<br />

Fangstange).<br />

Abbildung 46: Mittels Edelstahlrohr sanierter Kamin mit Isolierstützen,<br />

Fangstange und Fangleitung [15]<br />

Die gleiche Konzeption ist gültig, wenn für ein reetgedecktes Gebäude mit<br />

edelstahlrohr-saniertem Kamin ein Blitzschutzsystem neu installiert werden soll.<br />

Wenn man diese aufwendige Installation umgehen möchte, ist es erfor<strong>der</strong>lich, den<br />

Kamin mit an<strong>der</strong>en, nichtmetallenen Materialien zu sanieren. Hierzu wird ein<br />

-71-


<strong>Diplomarbeit</strong><br />

Ralf Reißen<br />

7. Konzept für Neubauten und Nachrüstungen an bestehenden Gebäuden anhand von Fallbeispielen<br />

spezielles Kunststoffrohr verwendet, das in 3 verschiedenen Typenklassen<br />

hergestellt wird, wobei die Abgastemperatur maßgebend ist:<br />

Typ max. Abgastemperatur in °C<br />

A 80<br />

B 120<br />

C 160<br />

Im Vergleich zum Edelstahlrohr wäre dies allerdings eine erheblich<br />

kostenaufwendigere Sanierung.<br />

7.7. Näherungsprobleme durch nicht fachgerechte Installation <strong>der</strong><br />

Nie<strong>der</strong>spannungskabel<br />

Ein nicht zu unterschätzendes Problem sind Näherungen, hervorgerufen durch<br />

Kreuzungen <strong>der</strong> Ableitungen des Blitzschutzsystems und <strong>der</strong> elektrischen<br />

Installation des Hauses. Diese treten sehr häufig an <strong>der</strong> Traufe auf. Die<br />

metallenen Traufenstützen, die die Ableitungsdrähte spannen sollen, werden<br />

direkt an <strong>der</strong> Hauswand befestigt. Werden nun Leitungen für eine<br />

Rundumbeleuchtung, für Alarmtechnik o<strong>der</strong> für eine Brandmeldeanlage etc. an<br />

diesen Traufenstützen befestigt o<strong>der</strong> so geführt, dass <strong>der</strong> Sicherheitsabstand<br />

unterschritten wird, so ist im Fall einer Blitzentladung mit direkten Überschlägen<br />

und Funkenbildung bzw. Einkopplungen in diese Leitungen zu rechnen. Um dies<br />

zu vermeiden, ist es dringend erfor<strong>der</strong>lich, einen Sicherheitsabstand zwischen den<br />

Leitungen und dem Ableitungsdraht bzw. <strong>der</strong> Traufenstütze einzuhalten. Dieser<br />

Sicherheitsabstand kann nach DIN V ENV 61024-1 [7] berechnet werden, in <strong>der</strong><br />

Praxis hat sich jedoch ein Abstand von etwa 0,5 m bewährt. Da <strong>der</strong>artige<br />

Installationen häufig nachträglich durchgeführt werden, sind regelmäßige<br />

Sichtprüfungen erfor<strong>der</strong>lich. Bei einer solchen Sichtprüfung können Fehler, die<br />

sich im Laufe <strong>der</strong> Zeit eingestellt haben, erkannt und behoben werden, was den<br />

einwandfreien Betrieb des Blitzschutzsystems gewährleistet.<br />

Eine Entschärfung dieser Näherungsproblematik an <strong>der</strong> Traufe ist durch den<br />

Einsatz von Traufenstützen mit einer eingebauten Isolierstrecke möglich (siehe<br />

auch Kapitel 8).<br />

-72-


<strong>Diplomarbeit</strong><br />

8. Verbesserungsvorschläge<br />

Ralf Reißen<br />

8. Verbesserungsvorschläge<br />

8.1. Entwicklung neuer Stützen und Abstandhalter<br />

Der wesentliche Punkt eines isolierten Blitzschutzsystems sind die Isolierstützen<br />

auf dem Dach. Das sind die Blitzschutzmaste zur Befestigung <strong>der</strong> Fangleitung auf<br />

dem First, die Schrägstützen zur Befestigung <strong>der</strong> Ableitung auf dem Dach und die<br />

Traufenstützen zum Spannen <strong>der</strong> Ableitung unter <strong>der</strong> Traufe. Bei den Dach- und<br />

Firststützen handelt es sich ausschließlich um Holzstützen aus Hartholz<br />

(Bongossiholz) mit einer Länge von 60 cm über dem First und 40 cm über dem<br />

Dach. Wenn das Holz durchnässt ist und das Wasser infolge starken Regens an<br />

den Seiten dieser Stützen herunterläuft, ist die Isolationswirkung dieser<br />

„Holzisolatoren“ relativ schlecht.<br />

Die Traufenstützen, die aus einem verzinkten Stahl hergestellt sind, weisen<br />

überhaupt keine Isolationswirkung auf. Dies kann im Fall eines Blitzeinschlags zu<br />

Näherungen führen, wie sie in Kapitel 4.2. und 7.7. beschrieben sind.<br />

Aufgrund dieser Erkenntnisse hat die Firma Hans Thormählen GmbH & Co an <strong>der</strong><br />

Verbesserung <strong>der</strong> Wirksamkeit dieser Blitzschutzbauteile gearbeitet. Um die<br />

Gefahr von direkten Überschlägen zu reduzieren, wurden die Firststützen,<br />

Schrägstützen und die Traufenstützen mit Isolierstrecken versehen.<br />

Im einzelnen wurden folgende Bauteile mit Isolierstrecken versehen:<br />

- Firststütze Bongossi-Holzmast mit 20kV-Isolator<br />

- Schrägstütze Bongossi-Holzmast mit 10kV-Isolator<br />

- Traufenstütze verzinkte Stahlstütze mit 10kV-Isolator<br />

Die Hochspannungsbauteile mit den Isolierstrecken wurden auf ihre Tauglichkeit<br />

für den Einsatz in einem Blitzschutzsystem vorher experimentell untersucht. Die<br />

Untersuchung fand im Labor <strong>der</strong> Hochspannungstechnik <strong>der</strong> Universität <strong>der</strong><br />

Bundeswehr in München statt.<br />

-73-


<strong>Diplomarbeit</strong><br />

8. Verbesserungsvorschläge<br />

Ralf Reißen<br />

Abbildung 47:<br />

Traufenstütze mit 10kV Isolator [13]<br />

Abbildung 48:<br />

Schrägstütze mit eingebautem 10kV<br />

Isolator [13]<br />

-74-


<strong>Diplomarbeit</strong><br />

8. Verbesserungsvorschläge<br />

Ralf Reißen<br />

Abbildung 49:<br />

Firststütze mit aufgesetztem 20kV<br />

Isolator und aufgeschraubter Fang-<br />

Stange [13]<br />

Zur Auswertung dieser Versuche wurde von Prof. Dr.-Ing. J. Wiesinger und Dr.-<br />

Ing. W. Zischank ein Prüfbericht [14] erstellt.<br />

Zusätzlich wurde von Dipl.-Ing. R. Thormählen, <strong>der</strong> diese Versuche in Auftrag<br />

gegeben hatte, ein Fachaufsatz [13] zu diesem Thema verfasst. Betrachtet man<br />

beide Auswertungen, so kommt man zu folgenden Schlußfolgerungen:<br />

- Isolatoren sollen mindestens 50% <strong>der</strong> Gesamtlänge <strong>der</strong> First- o<strong>der</strong><br />

Schrägstützen ausmachen.<br />

- Die First- und Schrägstützen sind in ihrem Aufbau mit dem Isolator als<br />

Kondensatoranordnung mit Mehrschichtdielektrika zu betrachten. Probleme<br />

treten hier auf, wenn zur Verbindung <strong>der</strong> Holzteile mit den Isolatoren<br />

-75-


<strong>Diplomarbeit</strong><br />

8. Verbesserungsvorschläge<br />

Ralf Reißen<br />

metallene Bolzen verwendet werden. Deshalb ist im Falle <strong>der</strong> Firststütze<br />

<strong>der</strong> Einsatz eines Isolators nur dann lohnenswert, wenn zur Verbindung <strong>der</strong><br />

Bauteile auf metallene Gewindebolzen verzichtet wird. Die Zugfestigkeit<br />

eines Kunststoffbolzens (Polyethylen) <strong>der</strong> gleichen Dicke wurde in einem<br />

Versuch getestet. Mit etwa 950 kN Belastung reicht sie für übliche<br />

Zugbelastungen aus.<br />

- Im Falle <strong>der</strong> Schrägstützen ist <strong>der</strong> Isolator, bezogen auf die Gesamtlänge<br />

zu kurz, seine Wirkung ist minimal, sein Einsatz lohnt unter diesen<br />

Voraussetzungen nicht.<br />

- Im Falle <strong>der</strong> Traufenstützen bringt <strong>der</strong> Isolator den gewünschten Effekt, da<br />

zuvor überhaupt keine Isolationsstrecke vorhanden war. An <strong>der</strong><br />

Traufenstütze sollte man in jedem Fall einen Isolator verwenden. Dieser<br />

sollte möglichst weit vorne (Richtung Spannschloß) befestigt werden. Hier<br />

erscheint jedoch <strong>der</strong> Einsatz von 10 kV Isolatoren, die im Labor ein Ud/50%<br />

von etwa115 kV aufwiesen, als zu gering bemessen.<br />

Abbildung 50: Traufenstütze mit Isolator vorne am Spannschloß [16]<br />

-76-


<strong>Diplomarbeit</strong><br />

Anhang<br />

Ralf Reißen<br />

Anhang<br />

Die verschiedenen Bereiche eines Daches im Überblick<br />

Abbildung 51: Dachbereiche eines Hauses [15]<br />

-77-


<strong>Diplomarbeit</strong><br />

Literaturverzeichnis:<br />

Ralf Reißen<br />

Literaturverzeichnis:<br />

[1] M. Schra<strong>der</strong> <strong>Reet</strong> & Stroh als historisches Baumaterial<br />

An<strong>der</strong>weit Verlag GmbH 1998<br />

[2] Dipl. Ing. T. Finke Dachatlas<br />

Prof. Ing. E. Schunck Informationsdienst für Neuzeitliches Bauen e.V.<br />

Prof. Dr. R. Jenisch Bonn<br />

Dipl. Ing. H.J. Oster Institut für internationale Architektur-<br />

Dokumentation, München<br />

Verlagsgesellschaft Rudolf Müller, Köln 1996<br />

[3] Fachregel für Dachdeckungen mit <strong>Reet</strong><br />

Zentralverband des Deutschen<br />

Dachdeckerhandwerks<br />

D+W Service GmbH Köln 1998<br />

[4] Dipl. Ing. H. Neuhaus VDE-Schriftenreihe 44 Blitzschutzanlagen<br />

Erläuterungen zu DIN 57 185 / VDE 0185<br />

VDE-Verlag GmbH 1983<br />

[5] Dr.-Ing. P. Hasse Handbuch für Blitzschutz und Erdung<br />

Prof. Dr.-Ing. J. Wiesinger Pflaum Verlag München<br />

VDE-Verlag Berlin, Offenbach 1989<br />

[6] DIN 57 185 / VDE 0185 Teil 2<br />

Blitzschutzanlage<br />

Errichten beson<strong>der</strong>er Anlagen<br />

Deutsche Elektrotechnische Kommission im DIN<br />

und VDE<br />

VDE-Verlag GmbH Berlin 1982<br />

[7] Vornorm DIN V ENV 61024-1<br />

Klassifikation VDE V 0185 Teil 100<br />

Blitzschutz Baulicher Anlagen<br />

Teil 1: Allgemeine Grundsätze<br />

Deutsche Elektrotechnische Kommission im DIN<br />

und VDE<br />

VDE-Verlag GmbH Berlin 1996<br />

[8] H. Thormählen Untersuchungsbericht über den Blitzschlag<br />

im Rathaus Worpswede<br />

Eigendruck 1997<br />

[9] H. Klaiber Blitzschutz <strong>der</strong> Gebäude<br />

Walter de Gruyter & Co. Berlin und Leipzig 1928<br />

-78-


<strong>Diplomarbeit</strong><br />

An<strong>der</strong>weit Verlag GmbH 1998<br />

Ralf Reißen<br />

[10] A. Küchler Hochspannungstechnik<br />

VDI-Verlag Düsseldorf 1996<br />

[11] DIN V VDE V 0185 Teil 110<br />

Leitfaden zur Prüfung von Blitzschutzsystemen<br />

Deutsche Elektrotechnische Kommission im DIN<br />

und VDE<br />

VDE-Verlag GmbH Berlin 1997<br />

[12] Nie<strong>der</strong>sächsische Bauordnung (NbauO)<br />

in <strong>der</strong> Fassung <strong>der</strong> Bek. Vom 13.Juli1995<br />

zul. Geänd. Durch Art. I des Gesetzes vom<br />

06.10.1997<br />

[13] Dipl. Ing. R. Thormählen Fachaufsatz über die Verbesserung <strong>der</strong><br />

Wirksamkeit von Blitzschutzbauteilen bei<br />

Weichdächern<br />

Eigendruck 1998<br />

[14] Prof. Dr. Ing. J. Wiesinger Prüfbericht über Äquivalente Längen von<br />

Dr. Ing. W. Zischank Isolierstützen für Weichdächer<br />

Universität <strong>der</strong> Bundeswehr München 1998<br />

Quellenangabe <strong>der</strong> Fotos und Abbildungen<br />

[15] Eigene Fotos und selbst erstellte Zeichnungen<br />

[16] Fotos und Abbildungen, die von <strong>der</strong> Hans<br />

Thormählen GmbH & Co, Großenmeer<br />

zur Verfügung gestellt wurden<br />

-79-

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!