Rhythmus für den Unterricht 7.PDF - Gerhard Reiter
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serie<br />
blickpunkt<br />
<strong>Rhythmus</strong> für <strong>den</strong> <strong>Unterricht</strong> (5)<br />
Taktarten und Taktsysteme<br />
In der letzten Ausgabe des Magazins haben wir uns mit Taktsystemen der europäischen Musik<br />
beschäftigt. Das hervorstechendste Merkmal dabei ist, dass wir immer klar definierte Taktanfänge<br />
und Schlüsse vor uns haben. Anders sieht es bei manchen außereuropäischen Taktsystemen<br />
aus, die viel eher als Kreise, als Zyklen zu verstehen sind. Lesen Sie in dieser Ausgabe:<br />
Das Konzept von Timeline und Clave (Teil 1)<br />
Um diese Begriffe näher zu beleuchten, wer<strong>den</strong><br />
wir uns mit schwarzafrikanischer und lateinamerikanischer<br />
Musik beschäftigen, und diese bei<strong>den</strong> Kultur-Oberbegriffe<br />
hängen rhythmisch so eng zusammen,<br />
dass es sinnlos wäre, sie getrennt zu behandeln.<br />
Aber lassen Sie mich zuerst die bei<strong>den</strong> Begriffe definieren:<br />
1) Timeline<br />
bedeutet wörtlich übersetzt „Zeitlinie“, und sie ist<br />
genau das, was der Begriff aussagt. Eine TL (Timeline)<br />
ist eine rhythmische Figur, die immer und ohne Campana Variation<br />
12<br />
8 œ ‰ œ ‰ œ œ ‰<br />
j<br />
œ ‰ œ ‰ œ<br />
durchgespielt wird. Sie ist als „Dirigent“ zu ver-<br />
stehen, <strong>den</strong>n alle teilnehmen<strong>den</strong> Musiker orientieren<br />
sich genauso an ihr wie die Tänzer und die Zuhörer. 12<br />
‹<br />
Conga (l. H.) 8 œ ‰<br />
‹<br />
œ ‰<br />
‹<br />
œ ‰<br />
‹<br />
œ ‰<br />
Die TL legt Beat und Offbeat fest, sowie Einsätze und Traditionellerweise wird die TL auf einer gusseiseren<br />
Akzente, man soliert mit ihr oder (bewusst!) gegen Doppelglocke gespielt, wobei der gesamte <strong>Rhythmus</strong><br />
sie. Kein afrikanischer Musiker würde auf die Idee nur auf der kleineren (höheren) Glocke angeschlagen<br />
12 improvisiert<br />
kommen zu sagen, er spiele von der „1“ Tumba weg oder (r. H.) wird. 8 Es gibt jedoch die Möglichkeit, <strong>den</strong> ersten Akzent<br />
auf der tieferen Glocke zu spielen, was die Sache<br />
der „2+“ oder der „4“ usw., sondern er wird seinen<br />
Einsatz immer und AUSSCHLIESSLICH in bezug auf<br />
einen speziellen Akzent der TL betrachten.<br />
TLs wer<strong>den</strong> meist auf gut hörbaren Glocken gespielt.<br />
ungemein erleichtert. Bevor der <strong>Rhythmus</strong> gespielt<br />
wird, sollte er allerdings gesprochen wer<strong>den</strong>: Die Solmisationssilben<br />
sind:<br />
2) Clave (Mz. Claves)<br />
ist ein Wort spanischen Ursprungs und bedeutet soviel<br />
wie „Schlüssel“. Da es ein spanisches Wort ist, ist die<br />
Aussprache ebenfalls spanisch (kláwe) und NICHT<br />
englisch, wie uns manche Jazzmusiker einzure<strong>den</strong> versuchen.<br />
Es gibt eine TL-Glockenlinie, die aus der Yorubá-Tradition<br />
kommt (Yorubá sind ein westafrikanisches Volk<br />
mit einer fantastisch ausgeprägten Kultur. Sie leben in<br />
Nigerien, <strong>den</strong> umliegen<strong>den</strong> Ländern und seit der Sklavenzeit<br />
auch in Lateinamerika, besonders in Kuba und<br />
Brasilien (Lesen Sie dazu auch <strong>den</strong> Artikel von Mag.<br />
Claudia Hirsch in dieser Ausgabe).<br />
Die TL dient als Basis für unzählige Rhythmen und<br />
Musikstile:<br />
Lon gon golon gon gon go<br />
Bembe III<br />
Betrachten wir als erstes die Taktstruktur.<br />
Der <strong>Rhythmus</strong> steht im 12/8-Takt, was genau vier mögliche<br />
Taktarten (Hand zulässt, die /- entsprechend Stick) der Anzahl<br />
der Metrumsschläge - aus ihm gebildet wer<strong>den</strong> können.<br />
Das nennt man POLYMETRIK oder umgangssprachlich<br />
POLYRHYTHMIK (diese Bezeichnung ist nicht<br />
‹\ = Stick au<br />
Claves sind im Prinzip nichts anderes als Vereinfachungen<br />
von TLs (durch das Auslassen einiger Akzen-<br />
œ ‹ ganz œ korrekt, œ ‹ <strong>den</strong>n œ œ Polyrhythmik ‹ œ œ heißt ‹ eigentlich œ nichts<br />
Quinto<br />
(2 Sticks)<br />
__<br />
te), oder anders ausgedrückt: TLs sind Umspielungen anderes P als das PVerwen<strong>den</strong> vieler P Rhythmen, P hier wer<strong>den</strong><br />
aber zusätzlich unterschiedliche Metren verwen-<br />
q = Stick ope<br />
von Clavesfiguren. Sie wer<strong>den</strong> meist auf zwei ca. 15<br />
__<br />
cm langen Rundhölzern, die gegeneinander geschlagen<br />
wer<strong>den</strong>, gespielt, bei uns auch als Conga Klanghölzer Sie wer<strong>den</strong> gebildet, indem œ unterschiedlich œ . viele Pulsdet;<br />
siehe Tabelle).<br />
‹\<br />
= Stick abg<br />
œ œ œ ‰ œ œ œ ‰<br />
P P P P P P<br />
bekannt.<br />
schläge (in diesem Fall Achtel; zum Begriff Puls siehe<br />
Tumba<br />
œ ‰ ‹ ‰ ‹ ‹ ‰<br />
Bembe II<br />
(mit Orchester)<br />
j<br />
‹ ‰ ‹ ‰ œ<br />
__<br />
1
lickpunkt<br />
serie<br />
1 2 3 4 5 6<br />
1 2 3<br />
Lon gon go lon gon gon go<br />
R<br />
œ<br />
‰<br />
R R<br />
œ œ<br />
6<br />
8<br />
6<br />
8<br />
auch Pan Arts Magazin 4/98) für die Bildung der Metrumsschläge<br />
verwendet wer<strong>den</strong>, also:<br />
3x4 Pulse = 3/4-Takt<br />
4x3 Pulse = 4/4-Takt<br />
6x2 Pulse = 6/8-Takt<br />
.<br />
.<br />
6<br />
8<br />
. œ<br />
B B<br />
Übung<br />
6<br />
8<br />
. œ ‰ œ<br />
6<br />
8<br />
2<br />
1 2 3 4<br />
œ œ ‰<br />
R R L<br />
œ<br />
L<br />
.<br />
1 2<br />
Columbia de la Habana<br />
j<br />
œ<br />
j<br />
œ œ ‰<br />
R<br />
j<br />
œ œ œ œ<br />
B<br />
œ œ ‰<br />
œ ‰ œ<br />
j<br />
œ<br />
‰<br />
œ<br />
j<br />
œ ‰<br />
j<br />
œ<br />
‘<br />
‘<br />
Œ<br />
œ ‰ œ œ ‰ œ<br />
Sprechen Sie die TL und klatschen Sie dazu:<br />
TIP:<br />
Sollte das Schwierigkeiten bereiten R(was L wahrscheinlich<br />
6<br />
8<br />
.<br />
der Fall<br />
œ œ ‹ ist), können<br />
œ œ ‹ Sie eine<br />
œ œ Vorübung dazu machen:<br />
œ œ ‰ .<br />
L R L R L R L R R<br />
Klatschen<br />
6<br />
8<br />
. œ<br />
‹<br />
Sie die Metrumsschläge<br />
‰ œ<br />
‹<br />
‰ œ<br />
‹<br />
und schlagen Sie für<br />
die dazwischenliegen<strong>den</strong> Pulse auf die ‰ Schenkel, œ œ rechte œ<br />
.<br />
Hand Bauf <strong>den</strong> rechten B Schenkel B und linke BHand auf <strong>den</strong><br />
linken Schenkel, z. B.:<br />
3/4:<br />
6<br />
8<br />
. (Klatschen<br />
œ ‰ œ<br />
œ / links ‰ /<br />
œ<br />
œrechts / links) œ ‰ 3xœ ‰ œ<br />
.<br />
4/4: (Klatschen / links / rechts) 4x<br />
‰<br />
j<br />
œ ‰<br />
j<br />
œ<br />
Œ<br />
.<br />
.<br />
.<br />
.<br />
Campana<br />
q<br />
___ = r. H.<br />
___ = l. H.<br />
a) 3/4-Takt<br />
b) 4/4-Takt<br />
c) 6/8-Takt<br />
d) 2/2-Takt<br />
q<br />
e) die Taktarten abwechselnd und ohne zu unterbrechen<br />
(zum Beispiel je<strong>den</strong> 4x oder je<strong>den</strong> 2x)<br />
Columbia Santiago<br />
Wenn Sie die Übung beherrschen, können Sie dasselbe<br />
mit der 6/8-Clave versuchen.<br />
Wenn das funktioniert - und das sollte es recht bald -<br />
tippen Sie nur mehr auf die Schenkel, sodass Sie <strong>den</strong><br />
Kontakt zwar spüren aber nichts hören. das sollte die<br />
Probleme lösen, aber verzweifeln Sie nicht, das ist ein<br />
.<br />
2x6 Pulse = 2/2-Takt<br />
Durch das Weglassen einiger Akzente können die unterschiedlichsten<br />
Claveslinien gebildet wer<strong>den</strong>, eine davon<br />
ist in Kuba als 6/8-Clave (seis por ocho-clave) bekannt.<br />
Sie sehen, es wird lediglich jeweils einer der bei<strong>den</strong><br />
Doppelschläge weggelassen, und die 12/8 wer<strong>den</strong> in<br />
2x 6/8 zerlegt. Versuchen Sie, die TL zu sprechen und<br />
die Clave zu klatschen und umgekehrt!<br />
Lesen Sie mehr darüber in der nächsten Folge!<br />
schwieriges Thema, und es kann lange dauern, bis Sie<br />
sich wirklich sicher fühlen.<br />
Diese Übung können Sie auch in großen Gruppen machen.<br />
Übung für Profis<br />
a) Stampfen Sie bei der Ausführung der Übung, und<br />
zwar 4x, also im 4/4-Takt (immer rechts-links<br />
abwechselnd).<br />
b) Wiederholen Sie die Übungen und stampfen sie<br />
dabei 3x (1= rechter Fuß vor, 2= linker Fuß<br />
zurück, 3= rechter Fuß beistellen; dann mit dem<br />
linken Fuß beginnen).<br />
Übung für<br />
Perkussionisten<br />
Spielen Sie die TL mit der rechten Hand auf einer Tumba<br />
und die Metrumsschläge mit der linken Hand auf einer<br />
Conga. Verwen<strong>den</strong> Sie dabei auch unterschiedliche<br />
Klänge. Danach können Sie rechts und links vertauschen<br />
und mit umgekehrtem Handing alles noch einmal<br />
durchführen.<br />
<strong>Gerhard</strong> <strong>Reiter</strong>