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Netzwerk Südbaden - MAI 2015

Ausgabe Mai 2015

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Menschen<br />

REHA OFFENBURG: GÜNTER ZINNEKER GEHT IN DEN RUHESTAND<br />

Mehr Akzeptanz<br />

Ende Mai tritt der Geschäftsführer der<br />

Offenburger Gesellschaft zur Förderung<br />

psychisch Kranker, Günter Zinneker, in<br />

den Ruhestand. Zunächst war der gebürtige<br />

Westfale dort Heimleiter, bis sich der<br />

Singener Träger 1987 zurückzog und Zinneker<br />

zum Fortbestand des Wohnheims<br />

eine gemeinnützige GmbH gründete. Im<br />

Interview blickt er zurück.<br />

Herr Zinneker, Ihre Übernahme des Wohnheims<br />

in Offenburg war schon recht mutig.<br />

Günter Zinneker: Im Nachhinein habe<br />

ich das auch so empfunden. Aber damals,<br />

als ich die Entscheidung traf, da habe ich<br />

schlicht gedacht, „Ich mache das jetzt einfach<br />

mal“. Aber leicht war es am Anfang<br />

ganz sicher nicht.<br />

Was war für Sie besonders schwierig in dieser<br />

Zeit?<br />

Günter Zinneker: Der schlimmste Moment<br />

war defintiv der Brand unseres Wohnheims<br />

im Jahr 1990. Zwei Bewohner sind bei<br />

dem Unglück ums Leben gekommen. Die<br />

übrigen 26 mussten wir an anderen Orten<br />

unterbringen, was jedoch nahezu unmöglich<br />

war. Niemand wollte sie aufnehmen.<br />

Foto: Butz<br />

Woran lag das?<br />

Günter Zinneker: Die Akzeptanz gegenüber<br />

psychisch Kranken war und ist bis heute<br />

noch immer nicht sehr hoch. Viele glauben,<br />

diese Menschen seien unberechenbar.<br />

Das stimmt so nicht. Ich kenne sehr viele<br />

Krankheitsverläufe, bei denen eine relativ<br />

gute Stabilisierung eingetreten ist.<br />

Und wie verläuft die Krankheit im besten<br />

Fall?<br />

Günter Zinneker: Ein schönes Beispiel<br />

habe ich gerade diese Woche noch erlebt.<br />

Unsere beiden Job-Coaches haben einen<br />

Mitarbeiter aus unseren Reha-Werkstätten<br />

in ein Praktikum vermittelt. Daraus ist<br />

nun eine unbefristete Anstellung in dem<br />

Unternehmen geworden. Es ist schön zu<br />

sehen, dass sich bei den Arbeitgebern da<br />

inzwischen etwas tut.<br />

Ist das in anderen Bereichen nicht der Fall?<br />

Günter Zinneker: Die Wohnungssuche<br />

ist ein sehr großes Problem für psychisch<br />

Günter Zinneker<br />

Kranke. Dabei bieten wir den Vermietern<br />

an, als Zwischenmieter aufzutreten. Damit<br />

haben wir die Verantwortung, auch das Finanzielle<br />

betreffend.<br />

Wird es Ihnen schwer fallen, Ihr Engagement<br />

für psychisch Kranke einfach abzuschütteln?<br />

Günter Zinneker: Ich bin ein Mensch,<br />

der leicht abgeben kann. Zumal ich unser<br />

Haus in sehr gute Hände übergebe. Georg<br />

Eichner ist schon lange bei der Reha tätig<br />

und ein absoluter Glücksgriff. Von innen<br />

sind wir sehr gefestigt, da kann ich mit bestem<br />

Gewissen loslassen.<br />

Werden Sie trotzdem etwas vermissen?<br />

Günter Zinneker: Der Abschied von der<br />

Belegschaft wird mir doch schwer fallen.<br />

Die täglichen Kontakte und Gespräche<br />

werde ich vermissen. Da hat sich in der<br />

Vergangenheit eine tolle Mannschaft entwickelt.<br />

Gibt es einen unvergesslichen Moment in Ihrer<br />

Zeit als Geschäftsführer?<br />

Günter Zinneker: Das war eindeutig mein<br />

50. Geburtstag. Ich hatte zwar mit Gratulationen<br />

gerechnet, aber nicht mit einem<br />

anderthalbstündigen Bühnenprogramm.<br />

Was da für Talente geweckt worden sind!<br />

Eigentlich habe ich jedoch viele außergewöhnliche<br />

Momente erlebt, genau genommen<br />

täglich. Wenn mir ein Reha-Mitarbeiter<br />

zum Beispiel frohen Mutes auf dem<br />

Flur entgegenkam, hat mich das schon immer<br />

wieder berührt. Dann habe ich gesehen:<br />

Hier haben wir etwas richtig gemacht.<br />

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