Verkehrsmittelwahl aus psychologischer Sicht 1. Einführung 2 ...
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Prof. P. G. Richter (Peri)<br />
TU Dresden, Institut für Arbeits-, Organisations- und Sozialpsychologie,<br />
BZW A 243, Tel.: 46333587, e-mail: peri@psychologie.tu-dresden.de,<br />
Home: www.architekturpsychologie-dresden.de<br />
<strong>Verkehrsmittelwahl</strong><br />
<strong>aus</strong> <strong>psychologischer</strong> <strong>Sicht</strong><br />
<strong>1.</strong> <strong>Einführung</strong><br />
2. Hypothesen- und Einstellungstheorien zur<br />
Erklärung von Verhaltensabsichten<br />
3. Ein Rahmenmodell<br />
4. Ausgewählte Untersuchungsergebnisse und<br />
Erklärungsansätze*<br />
5. Interventionsansätze* und -beispiele<br />
6. Literatur<br />
2<strong>1.</strong>12.2007<br />
*) Exkurse zu weiteren psychologischen Theorien
2. Hypothesen- und Einstellungstheorien zur<br />
Erklärung von Verhaltensabsichten<br />
Expectation<br />
of outcome<br />
A H<br />
B<br />
bi ei<br />
(vgl. BRUNER und POSTMAN, 1951)<br />
X = Situation<br />
bj mcj<br />
Normative<br />
beliefs<br />
Value of<br />
expectation<br />
Motivation to<br />
comply<br />
X = Situation<br />
Am Beispiel: Kauf eines Produktes der Marke Z<br />
Attitude<br />
Intention<br />
Social<br />
pressure<br />
(bi) Ich glaube, daß Marke Z einen guten Wiederverkaufswert hat.<br />
(ei) Auf einen guten Wiederverkaufswert kommt es mir besonders an.<br />
(bj) Ich nehme an, daß meine Freunde die Marke Z schätzen.<br />
(mcj) Am positiven Urteil meiner Freunde ist mir sehr gelegen.<br />
Behavior<br />
Abb. Theorie des überlegten Handelns (vgl. FISHBEIN & AIJZEN, 1975)
Zutreffenswahrscheinlichkeit<br />
behavioraler<br />
Überzeugungen<br />
Bewertung dieser<br />
Überzeugung<br />
Überzeugung, daß bestimmte<br />
Bezugspersonen<br />
erwarten, ein Verhalten<br />
<strong>aus</strong>zuführen<br />
Motivation, mit diesen<br />
Bezugspersonen übereinzustimmen<br />
Überzeugungen über<br />
verhaltensbezogene<br />
Ressourcen bzw. Barrieren<br />
Verhaltenserleichterung<br />
durch diese Kontrollfaktoren<br />
Einstellung<br />
zum<br />
Verhalten<br />
Subjektive<br />
Norm<br />
Wahrgenommene<br />
Verhaltenskontrolle<br />
Intention Verhalten<br />
Selbstidentität<br />
Vergangenes<br />
Verhalten<br />
(SPARKS &<br />
SHEPERD;<br />
1992)<br />
Abb.: Graphische Darstellung der Theorie des geplanten Verhaltens (BAMBERG, 1999)<br />
Energiebezogene Einstellungsdimensionen (vgl. SELIGMAN u.a., 1979)<br />
• Bedürfnis nach persönlichem Komfort 41,9<br />
• Glaube an technologische Lösungen der Energiekrise 1,1<br />
• Glaube an persönlichen Beitrag zum Energiesparen 4,9<br />
• Ansprüche an Verhältnis von Aufwand zu Ertrag des Energiesparens 3,0<br />
• Gesundheitliche Überlegungen 10,1<br />
• Überzeugung vom Vorhandensein der Energiekrise 0,5<br />
R 2<br />
(Summe Varianzaufklärung ca. 60%)
3. Ein Rahmenmodell<br />
DZIEKAN, SCHLAG & JÜNGER, 2004
DZIEKAN, SCHLAG & JÜNGER, 2004
4. Ausgewählte Untersuchungsergebnisse und<br />
Erklärungsansätze<br />
Abb. Motive für Freizeitmobilität<br />
EISNER, LAMBRECHT & STAMM, 1993
FLADE, 2004
Nach BACHMANN, GAWRONSKI & SCHOLL, 1998
FLADE, 2000
PREISENDÖRFER & DIEKMANN, 2000
5. Interventionsansätze und -beispiele<br />
nach MOSLER & GUSKI 1998<br />
>>> Vor<strong>aus</strong>setzung: Schaffen von Verhaltensmöglichkeiten/<br />
Handlungsrahmen!<br />
Kognitionsorientierte Interventionsformen<br />
Informieren<br />
Überzeugen (Persuasion)<br />
(Selbst-) Zielsetzung<br />
Private Selbstverpflichtung<br />
Öffentliche Selbstverpflichtung<br />
Vorbildverhalten / Modellernen<br />
Soziale Normvorgabe<br />
Verhaltensorientierte Interventionsformen<br />
Foot-in-the-door Technik<br />
Prompts / Hinweise<br />
Rückmeldung und Selbstüberwachung<br />
Belohnung für Ergebnisse<br />
Lotterie<br />
Wettbewerb<br />
>>> Methodenmix nach Push-/Pullprinzip!
6. Literatur<br />
Bachmann, T., Gawronski, B. & Scholl, W. (1998). Werthaltungen und<br />
Freizeitmobilität. In: Axh<strong>aus</strong>en, K. u. a. (Hrsg.). Freizeitverkehr - Innovative Analysen<br />
und Lösungsansätze in einem multidisziplinären Handlungsfeld. Workshop BMBF.<br />
Bonn.<br />
Eisner, M., Lamprecht, M. & Stamm, H. (1993). Freizeit und Freizeitmobilität in der<br />
modernen Gesellschaft. In: Fuhrer, U. (Hrsg.). Wohnen mit dem Auto. Zürich:<br />
Chronos<br />
Flade, A. (2000). Emotionale Aspekte räumlicher Mobilität. Umweltpsychologie. 4,<br />
2000, <strong>1.</strong> 50-63<br />
Flade, A. (2004). Städtisches Umfeld und Verkehrsmittelnutzung älterer Menschen.<br />
In: Schlag, B. & Megel, K. (Hrsg.). Mobilität und gesellschaftliche Partizipation im<br />
Alter. Stuttgart: Kohlhammer<br />
Fuhrer, U. & Kaiser, F. G. (1994). Multilokales Wohnen – Psychologische Aspekte<br />
der Freizeitmobilität. Bern, Göttingen, Toronto, Seattle: Hans Huber<br />
Dziekan, K., Schlag, B. & Jünger, I. (2004). Barrieren der Bahnnutzung –<br />
Mobilitätshemmnisse und Mobilitätsbedürfnisse. In: Schlag, B. (Hrsg.).<br />
Verkehrspsychologie. Mobilität - Sicherheit - Fahrerassistenz. Lengerich: Pabst<br />
Science Publishers<br />
Preisendörfer, P. & Diekmann, A. (2000). Der öffentliche Personennahverkehr <strong>aus</strong><br />
der <strong>Sicht</strong> der Bevölkerung: Mangelnde Informiertheit, Vorurteile und<br />
Fehleinschätzungen der Fahrzeiten. Umweltpsychologie. 4, 2000, <strong>1.</strong> 76-92<br />
Preuss, S. (1991). Umweltkatastrophe Mensch – Über unsere Grenzen und<br />
Möglichkeiten ökologisch bewusst zu handeln. Heidelberg: Asanger<br />
Richter, P. G., Richter, R. & Vogelgesang, F. (1998). Alltagsmobilität in der Stadt –<br />
<strong>Verkehrsmittelwahl</strong> und Ansätze für die Verhaltensmodifikation. In. Giese, E. (Hrsg.)<br />
Verkehr ohne (W)Ende? – Psychologische und Sozialwissenschaftliche Beiträge.<br />
Tübingen: DGVT<br />
Richter, P. G. (2008). Architekturpsychologie – Eine <strong>Einführung</strong>. Lengerich: Pabst<br />
Science Publishers
Exkurse<br />
Exkurs: Bedürfniskontinuum Mobilität<br />
DZIEKAN, SCHLAG & JÜNGER, 2004
Exkurs: Hauptfunktionen der Privatheit<br />
nach PASTALAN, 1970<br />
Ausbildung der individuellen Identität<br />
Schutz des Individuums<br />
Regulation von Emotionen<br />
Beispiel:<br />
Eigenes Zimmer in<br />
Kindheit und Jugend<br />
Beispiele:<br />
Eigenes Arbeitszimmer<br />
PKW oder ÖPNV<br />
auf dem Arbeitsweg<br />
(vgl. RICHTER, 2008)
Exkurs: Auswirkungen von Beengungsstress<br />
Affektiv<br />
Physiologisch<br />
(LEWIS, 2005)<br />
Leistungsverhalten<br />
Verhaltensänderung<br />
Vermeidung<br />
Aggression<br />
Generalisierung<br />
(BAUM & VALINS, 1977)<br />
>>> Auslöser: Verletzungen der Intimdistanz im öffentlichen Territorium<br />
Tab. Interpersonelle Distanzen nach HALL, 1969<br />
Distanz Zone Aktivitäten Empfindungen<br />
0 bis 45 cm intim Sportarten mit<br />
Körperkontakt<br />
(Sex, Ringen)<br />
45 bis 120<br />
cm<br />
120 b. 360<br />
cm<br />
über 360<br />
cm<br />
persönlich Interaktionen mit<br />
Freunden und<br />
Bekannten<br />
Sehr stark. Berührung<br />
geht vor Sprechen.<br />
Gemäßigt. Normale<br />
<strong>Sicht</strong>verhältnisse.<br />
Sprechen geht vor<br />
Berühren.<br />
sozial Arbeit und Geschäft Minimal. Normale Sprech-<br />
lautstärke. Keine<br />
Berührungen.<br />
öffentlich Formelle Interaktionen<br />
- z. B. das Halten einer<br />
Rede<br />
Sehr schwach.<br />
Übertriebene<br />
Gestik unterstreicht das<br />
Gesagte.<br />
vgl. RICHTER, 2008
Exkurs: Theorie der Kognitiven Dissonanz<br />
A1<br />
A2<br />
(nach FESTINGER, 1975)<br />
Dissonanz Beurteilung Spannung...<br />
A1 z.B. Ich rauche viel. Kauf und / oder Benutzung Produkt X<br />
A2 z.B. Rauchen erzeugt Krebs Ökotest: Produkt X ist umweltschädlich<br />
... Reduktionsdruck<br />
Vor<br />
Nach<br />
Entscheidung<br />
nach Prinzip: Einfachheit, Effizienz, Stabilität<br />
Überbetonung konsonanter Information<br />
Leugnung dissonanter Information<br />
Aufwertung der gewählten Alternative<br />
Abwertung der nicht gewählten Alternative<br />
der Bedeutsamkeit der Entscheidung
Exkurs: Theorie des Kollektiven Handelns<br />
(vgl. OLSON, 1965)<br />
kleine, überschaubare Gruppen versus große, anonyme<br />
Gruppen Gruppen<br />
• konkretes, individuell<br />
verankertes Erleben<br />
• unmittelbare Rückmeldung<br />
von Verhalten<br />
• <strong>aus</strong>geprägteres<br />
Kontrollerleben<br />
• höhere Grade an<br />
Kontrollüberzeugung<br />
Möglichkeiten nachhaltiger<br />
Verhaltensmodifikationen<br />
Dilemma<br />
• abstraktes, schlecht<br />
zuordenbares Erleben<br />
• Verhaltenseffekte oft in ferner<br />
Zukunft erwartet<br />
• fatalistische Grundhaltung<br />
• niedrigere Grade an<br />
Kontrollüberzeugung<br />
temporäre Verhaltenseffekte,<br />
Lippenbekenntnisse<br />
Exkurs: (Nicht-) Erlebbarkeit von Umweltkosten<br />
(vgl. PREUSS, 1991)<br />
Abb. Kostenvergleich Bahn und PKW (GEO, 1991)