Sannyas oder Nicht-Sein Anfang der 80er Jahre war eine ... - Adima
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<strong>Sannyas</strong> <strong>o<strong>der</strong></strong> <strong>Nicht</strong>-<strong>Sein</strong><br />
<strong>Anfang</strong> <strong>der</strong> <strong>80er</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>war</strong> <strong>eine</strong> intensive persönliche Krisenzeit in m<strong>eine</strong>m Lebenslauf. Nach<br />
mehreren fehlgeschlagenen Versuchen, <strong>eine</strong> Psychotherapie zu beginnen, fühlte ich mich tief<br />
verloren im emotionalen Chaos und "Spychomüll". Ich hatte Selbstmord Phantasien, <strong>war</strong><br />
aber ehrlich genug mir einzugestehen, dass ich das nicht wirklich ernst meinte und benutzte<br />
die Dramatik eher zur künstlerischen Inspiration, denn leidend tanzte es sich, vor allem auf<br />
<strong>der</strong> Bühne etwas besser. Traurigkeit, Selbstmitleid, Desorientiertheit und Frustration gab es<br />
auf allen Ebenen.<br />
Damals <strong>war</strong>en die rotgewandeten <strong>Sannyas</strong>in in Köln sehr aktiv und aus ihrer Ecke kam <strong>der</strong><br />
Spruch "<strong>Sannyas</strong> <strong>o<strong>der</strong></strong> Selbstmord", <strong>der</strong> mich neugierig machte. Ich besuchte ihre Disco oft<br />
mit an<strong>der</strong>en Tänzern, hatte aber k<strong>eine</strong>rlei Ambitionen in Richtung Guru und dachte, so <strong>eine</strong>n<br />
Unsinn nicht nötig zu haben. Tanzen befreite mich stets von m<strong>eine</strong>m Leiden, egal ob es<br />
Training <strong>war</strong>, auf <strong>der</strong> Bühne <strong>o<strong>der</strong></strong> in <strong>der</strong> Disco.<br />
Eines abends, nach vier Stunden Tanzen in <strong>der</strong> Disco, unfähig zu denken, versank ich in die<br />
Betrachtung <strong>eine</strong>s Bildes von "diesem Guru" und verliebte mich in das Bild. Ich kann nicht<br />
behaupten, dass irgendetwas geschah, doch in <strong>eine</strong>m einzigen Moment wurde mir bewusst,<br />
dass dieser Mann auf dem Bild wahrhaftig ist, dass er Wahrheit und Liebe IST! Im selben<br />
Augenblick überfluteten mich Glücksgefühle und ich wusste, dass ich s<strong>eine</strong> Schülerin bin! -<br />
nicht, dass ich es werden würde <strong>o<strong>der</strong></strong> mir überlegen wolle, son<strong>der</strong>n, dass ich es in diesem<br />
Moment schon bin. Ich hatte k<strong>eine</strong> Fragen mehr, was ein Guru sei. Die Antwort <strong>war</strong> aus<br />
m<strong>eine</strong>m eigenen Innern gekommen. Es <strong>war</strong> wie verliebt sein, ohne Befürchtungen <strong>o<strong>der</strong></strong><br />
Kompromisse. Ich hatte k<strong>eine</strong> an<strong>der</strong>es Wort dafür. Es <strong>war</strong> stärker als jede vorherige<br />
Verliebtheit. Es <strong>war</strong> ein einziges "Ja" und mich geborgen fühlen. Es <strong>war</strong> wie ein Ankommen.<br />
Um 2.00 Uhr nachts ging ich glückstaumelnd nach Hause mit einigen von Bhagwan's<br />
Büchern, <strong>eine</strong>m Bild, das ich sofort neben mein Bett stellte, und dem Gefühl, dass nun alles<br />
gut sei und ich nie wie<strong>der</strong> ein wirkliches Problem haben könnte. Am nächsten Tag färbte ich<br />
alles, was sich färben ließ Rot und ging von nun an zusätzlich zu m<strong>eine</strong>n sechzig<br />
Wochenstunden in <strong>der</strong> Tanzschule um 6.00 h morgens zur Dynamischen Meditation. M<strong>eine</strong><br />
Erfahrung mit dieser kathartischen Meditationstechnik <strong>war</strong> nicht sehr verblüffend, da ich<br />
mich täglich beim Tanztraining körperlich erschöpfte und die folgenden Zustände von<br />
stiller, zufriedener Leerheit gut kannte. Auch die Entspannung nach emotionaler Entladung<br />
<strong>war</strong> mir vertraut. Ich wollte nicht herausfinden, wie man diese Art Entspannung erzeugt,<br />
son<strong>der</strong>n wie man sie behält!<br />
Auf die offizielle Einweihung als <strong>Sannyas</strong>in musste ich noch lange <strong>war</strong>ten, genau neun<br />
Monate. Es gab damals ansch<strong>eine</strong>nd <strong>eine</strong> Vorschrift, dass man in <strong>eine</strong> <strong>der</strong> Kommunen<br />
eintreten müsse, um <strong>Sannyas</strong>in zu werden. Da mir im Traum nicht einfiel, ein Jahr vor<br />
m<strong>eine</strong>m hart erarbeiteten Examen, das Studium abzubrechen, um in <strong>der</strong> Kommune zu<br />
arbeiten und ich mich ohnehin als Einzelgängerin und nicht als Gruppentier empfand, hatte<br />
ich viele Gespräche zu führen, um m<strong>eine</strong>n <strong>Sannyas</strong>-Antrag nach Amerika schicken zu<br />
können. M<strong>eine</strong> Geduld wurde auf <strong>eine</strong> harte Probe gestellt und ich hatte mehr als genug<br />
Zeit, Bhagwan's Bücher zu lesen und verschiedenen Meditationen auszuprobieren. Jedes<br />
s<strong>eine</strong>r Worte empfand ich als Labsal und Verständnis. Ich sah <strong>eine</strong> Diskrepanz zwischen<br />
dem, was ich aus s<strong>eine</strong>n Büchern verstand und dem, was ich als Besucher in <strong>der</strong> Kommune<br />
erlebte. Doch letzten Endes <strong>war</strong>en mir die Lebensformen s<strong>eine</strong>r Jünger nicht so wichtig wie<br />
<strong>der</strong> Meister selbst und ich konnte aus s<strong>eine</strong>n Büchern nicht entnehmen, dass ich das Tanzen<br />
aufgeben müsste, um ein Leben in Wahrheit, Freiheit und Meditation führen zu können.<br />
Seit jener Nacht in <strong>der</strong> Disco sah ich mich von ganzem Herzen als Bhagwan's <strong>Sannyas</strong>in,<br />
auch wenn m<strong>eine</strong> Einweihung erst neun Monate später stattfand. Ich bekam die Mala und<br />
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den Namen Jivan (Leben) vor m<strong>eine</strong>n Vornamen. Nach kurzer Zeit wollte ich auch <strong>eine</strong>n<br />
neuen Rufnamen. Diesmal schrieb ich ohne Formular direkt an Bhagwan, auf die Ranch in<br />
Oregon, und erhielt nach zehn Tagen Antwort: mein neuer Rufname sollte "<strong>Adima</strong>"<br />
(unschuldig) sein.<br />
"Unschuldiges Leben" <strong>war</strong> in etwa das Gegenteil von allem, was ich bis dahin geglaubt hatte<br />
zu sein und doch fühlte ich mich zutiefst erkannt, in m<strong>eine</strong>m Wesen gesehen und geliebt. Ich<br />
hatte nie die Vorstellung, dass Bhagwan mir persönlich Aufmerksamkeit gegeben hatte <strong>o<strong>der</strong></strong><br />
geben könnte, denn das <strong>war</strong> allein schon wegen <strong>der</strong> Anzahl s<strong>eine</strong>r Schüler nicht möglich. Ich<br />
konnte mir das Phänomen s<strong>eine</strong>r Liebe, die für mich spürbar <strong>war</strong>, nicht erklären. Doch das<br />
brauchte ich auch nicht. Ich nahm es einfach dankbar an. In den folgenden <strong>Jahre</strong>n hatte ich<br />
das Gefühl, mit Liebe, Weisheit und Mitgefühl beschenkt zu werden. Bhagwan's, - später<br />
Osho's - Einwirken in mein Leben habe ich als bedingungslose Liebe empfunden, als das<br />
Angebot <strong>eine</strong>r fortwährend überfließenden Quelle, als ein Geben ohne Er<strong>war</strong>tungen, niemals<br />
als Vorschrift <strong>o<strong>der</strong></strong> Zwang in irgend<strong>eine</strong>r Form. Als diese Dinge später in Poona <strong>eine</strong> Rolle<br />
spielten sah ich, dass sie von <strong>Sannyas</strong>ins untereinan<strong>der</strong> kreiert wurden.<br />
Die ersten Monate im <strong>Sannyas</strong>-Honeymoon <strong>war</strong>en ein Höhenflug in je<strong>der</strong> Hinsicht. Jeden<br />
Morgen aufzuwachen und zu denken "ich bin <strong>Sannyas</strong>in", das Glück zu spüren, das ich<br />
synonym mit "Bhagwan" setzte, machte mein Leben leicht und froh. Dass das Gefühlspendel<br />
zur Abwechslung lediglich einmal auf die an<strong>der</strong>e Seite ausgeschlagen <strong>war</strong>, kam mir nicht in<br />
den Sinn. Ich glaubte, m<strong>eine</strong> Probleme seien alle für immer verschwunden. M<strong>eine</strong><br />
Sehnsucht, Bhagwan zu sehen, wuchs von Tag zu Tag. Ich hatte von Freunden gehört, wie<br />
überwältigend es sei, ihm in die Augen zu schauen. In die Augen <strong>eine</strong>s lebenden Buddha zu<br />
sehen, wünschte ich mir zutiefst. Ein gutes Jahr später, bei m<strong>eine</strong>m ersten und letzten Besuch<br />
auf <strong>der</strong> Ranch in Oregon, sollte sich dieser Wunsch erfüllen.<br />
Durch den Tod m<strong>eine</strong>s Vaters hatte ich Geld geerbt, welches mir diese kostspielige Reise -<br />
<strong>der</strong> Dollar stand bei DM 3,45 - ermöglichte. Von dem ganzen Ranchprojekt <strong>war</strong> ich sehr<br />
beeindruckt, konnte aber nach wie vor, eigentlich zu m<strong>eine</strong>m Kummer, k<strong>eine</strong>n Weg finden,<br />
mich in dieses sannyas übliche Kommune-Experiment integrieren zu wollen. Doch mir ging<br />
es nur darum, Bhagwan endlich zu sehen. Am zweiten Nachmittag um 2.15 Uhr <strong>war</strong> es<br />
soweit. Tausende von Rot gewandeten Menschen standen singend und feiernd in <strong>eine</strong>r<br />
endlosen Linie am Straßenrand. Dieser "Drive-by" <strong>war</strong> die beste und einzige Möglichkeit für<br />
alle diese Menschen, Bhagwan wenigstens kurz aus <strong>der</strong> Nähe zu sehen. <strong>Sein</strong> Wagen kam<br />
langsam angefahren. Als ich sah, das er <strong>eine</strong> Sonnenbrille trug, <strong>war</strong> ich total enttäuscht. Doch<br />
dann ... fuhr <strong>der</strong> Wagen noch langsamer, kam dicht auf mich zu und zum Stehen, das<br />
Fenster glitt hinunter, er schaute in m<strong>eine</strong> Richtung und schob mit <strong>eine</strong>m schelmischen<br />
Lächeln die Brille herunter. Ich sah ihm in die Augen ... da <strong>war</strong> NICHTS, da <strong>war</strong> niemand,<br />
da <strong>war</strong> ... nur diese Leere, die mich hineinzog, wie ein sanfter, magnetischer Strudel.<br />
Das letzte, was ich wahrnahm, <strong>war</strong>, das alle Formen in mir und um mich zu flüssigen Farben<br />
verschwammen. Konturen, jede Begrenztheit löste sich auf, alles floss in ein buntes Eins. Es<br />
schien mir als verschwände alles und je<strong>der</strong> einschließlich mir, kopfüber, spiralförmig<br />
drehend in die Mitte s<strong>eine</strong>r Augen. Dann <strong>war</strong> ich <strong>eine</strong> Weile "weg". Als ich wie<strong>der</strong> zu mir<br />
kam, sah ich in <strong>der</strong> Ferne die Rücklichter des Autos. Ich verstand zuerst k<strong>eine</strong> Sprache, sah<br />
Gesichter ohne zu wissen, was das ist. Ich empfand we<strong>der</strong> Angst noch Glück, nichts<br />
Definierbares und doch <strong>war</strong> es <strong>der</strong> seligste Moment m<strong>eine</strong>s bisherigen Daseins. Ich hatte<br />
<strong>eine</strong>n lebenden Buddha gesehen, hatte gesehen, dass da eigentlich niemand ist, k<strong>eine</strong> Person,<br />
so wie ich sie bisher kannte. Ich <strong>war</strong> erfüllt von <strong>der</strong> Präsenz <strong>der</strong> Liebe und des Friedens, die<br />
s<strong>eine</strong> Gegen<strong>war</strong>t umhüllte. Das Einzige, was ich nach <strong>eine</strong>r Weile denken konnte <strong>war</strong>:<br />
"Er<strong>war</strong>te nie, dass sich so etwas wie<strong>der</strong>holt".<br />
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Ich fühlte mich tief beschenkt und voller Dankbarkeit. Eigentlich hatte ich mich für einige<br />
Momente durch ihn hindurch aufgelöst. In diesem <strong>eine</strong>n Moment <strong>war</strong>en er und ich und alle<br />
an<strong>der</strong>en in <strong>eine</strong>m unbegrenzten <strong>Nicht</strong>s verschwunden. Die simple Wahrheit, dass dies<br />
fortwährend unser Sosein ist, konnte ich damals nicht realisieren. Lei<strong>der</strong> fiel ich in Trance<br />
<strong>o<strong>der</strong></strong> <strong>eine</strong> Art Ohnmacht, bevor mir bewusst werden konnte, dass ich mein eigenes Selbst<br />
erblickt hatte! Ich dachte also zwangsläufig, dass "nur Bhagwan so sein kann". Je mehr Zeit<br />
verstrich, um so mehr machte mein Verstand das Erlebnis zu <strong>eine</strong>r Abgrenzung. Ich schob<br />
alles Erlebte auf Bhagwan und begann, ihn auf <strong>eine</strong>n hohen Sockel zu stellen, weit entfernt<br />
von mir. Ich musste annehmen, dass die Wirkung <strong>eine</strong> Ursache hatte, die "nur Er"<br />
hervorrufen konnte, denn ich kannte k<strong>eine</strong> an<strong>der</strong>e Bewusstseinsebene als die von Ursache<br />
und Wirkung. Ohne es zu bemerken <strong>o<strong>der</strong></strong> zu wollen und ohne dass irgend jemand mich<br />
beeinflusst hätte, begann ich, <strong>eine</strong> Menge Projektionen auf Bhagwan zu richten. Ich dichtete<br />
ihm hellseherische Gaben, Allwissenheit und Unfehlbarkeit an. Ich begann, Konzepte über<br />
Erleuchtung zu erstellen, ohne dass ich es überhaupt merkte und <strong>war</strong> außerdem noch tief<br />
beeinflusst von m<strong>eine</strong>r katholischen Erziehung und dem Klima des kollektiv unbewussten,<br />
christlich geprägten Verständnisses im ganzen Abendland. So machte ich aus ihm <strong>eine</strong>n<br />
Gott, neben dem es k<strong>eine</strong>n an<strong>der</strong>en geben durfte. Damals konnte ich das nicht erkennen.<br />
Mein Honeymoon mit <strong>Sannyas</strong> kam, wie je<strong>der</strong> Honeymoon, zu <strong>eine</strong>m natürlichen Ende. Ich<br />
begriff, dass nicht alle Probleme einfach verschwunden <strong>war</strong>en und dass es Einiges zu lernen<br />
und zu verstehen gab. Mein Halt <strong>war</strong> mein Vertrauen in Osho. Ich hörte Osho, wie er sich in<br />
späterer Zeit in Poona nannte, noch oft sagen, dass wir <strong>eine</strong> persönliche Beziehung zu ihm<br />
haben, er aber k<strong>eine</strong> zu uns. Ich hörte ihn genauso oft sagen, dass er ein "ganz normaler<br />
Mensch sei", doch ich konnte das zu s<strong>eine</strong>n Lebzeiten nicht verstehen. Ich machte<br />
komplizierte Interpretationen, hielt s<strong>eine</strong> Aussagen für metaphorische Zen Hiebe <strong>o<strong>der</strong></strong> für<br />
Witze, aber nie für die schlichte, simple Wahrheit. Auf diese Weise erging es mir mit fast<br />
allem, was ich ihn sagen hörte. Mein Verstand interpretierte und deutete gemäss s<strong>eine</strong>s<br />
unglaublichen Sammelsuriums von Konditionierung und Glaubenssätzen. Und bevor ich<br />
mich versah, begann ich ohne es zu wollen, die neuen und unvermeidbaren<br />
Konditionierungen m<strong>eine</strong>r selbst gewählten Subkultur anzunehmen. Im Grunde wurde bald<br />
alles, was an<strong>der</strong>e <strong>Sannyas</strong>ins sagten, wichtiger als Osho. Ich passte mich in Sprache und<br />
Verhalten dem Image <strong>der</strong> Subkultur an. Ich wollte "wirklich dazu gehören", anerkannt<br />
werden, wollte mich therapieren und "in Ordnung bringen", um dann nach <strong>eine</strong>m Jahr <strong>o<strong>der</strong></strong><br />
so, als <strong>eine</strong> quasi mindestens halb erleuchtete, bessere Künstlerin die Welt mit erleuchteten<br />
Choreografien zu beglücken. Soweit <strong>der</strong> Plan. Also gab ich Haus, Beziehung und Karriere<br />
auf und ging nach Poona. Ich kehrte z<strong>war</strong> immer wie<strong>der</strong> nach Europa zurück, doch aus dem<br />
<strong>eine</strong>n Jahr wurden dreizehn <strong>Jahre</strong> voller Intensität, Erfahrungen und Verstrickungen.<br />
In Osho's Gegen<strong>war</strong>t sitzen zu können erfüllte mich mit Frieden, Liebe und Stille. Dieses<br />
Geschenk wurde mir drei <strong>Jahre</strong> lang zuteil. Auch wenn ich nicht verstand, auch wenn ich die<br />
Erfahrung <strong>der</strong> Stille von Osho's Gegen<strong>war</strong>t abhängig machte, wenn ich glaubte, er erzeuge<br />
diese Stille, so bekam ich doch <strong>eine</strong>n kl<strong>eine</strong>n Geschmack vom <strong>Sein</strong> jenseits des Verstandes.<br />
Ich erkannte k<strong>eine</strong>swegs, das dies m<strong>eine</strong> Natur ist, im Gegenteil, ich empfand Stille <strong>o<strong>der</strong></strong><br />
<strong>eine</strong>n ruhenden Verstand als glückselige Phänomene, die durch den unerreichbaren Osho<br />
ausgelöst werden und damit grundsätzlich von mir getrennt und entfernt sind. Was sie ja<br />
auch sind, so lange "Ich" "mich" als getrenntes Etwas empfinde. Osho's ständige Hinweise<br />
auf unsere Buddha-Natur, sein stetiges Bemühen, uns die simple Wahrheit unseres <strong>Sein</strong>s<br />
nahe zu bringen, sortierte ich als mitfühlenden, milden Scherz ein. Das <strong>war</strong> zu einfach!<br />
In m<strong>eine</strong>r Beharrlichkeit, als abgetrennte Form gesehen werden zu müssen, wandte ich mich<br />
<strong>der</strong> Faszination psychologischer Erklärungen zu. Ich wollte den Mind verstehen. Das reiche<br />
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Angebot an therapeutischen und heilenden Methoden in Osho Commune und die<br />
persönliche Freiheit dort genau das Tun und Lassen zu können was ich gerne wollte,<br />
beflügelten m<strong>eine</strong> Suche. In den ersten <strong>Jahre</strong>n probierte ich mich aus, erfuhr Höhen und<br />
Tiefen analytischer, psychischer, emotionaler Prozesse, fand Antworten und ver<strong>war</strong>f diese<br />
wie<strong>der</strong>, buddelte und arbeitete wie besessen an m<strong>eine</strong>r Vergangenheit.<br />
Die Therapeuten, die ich mir auswählte, gaben mir liebevolle Unterstützung und verhalfen<br />
mir zu <strong>eine</strong>m wun<strong>der</strong>baren Geschenk. Ich lernte, den Groll gegenüber m<strong>eine</strong>r<br />
Vergangenheit, m<strong>eine</strong>m persönlichen Drama, aufzugeben. Ich verlor das Interesse, mich<br />
immer wie<strong>der</strong> an dieselben Geschichten zu erinnern, um mich durch sie zu definieren. Mir<br />
wurde mit aller Deutlichkeit klar, wie sehr ich mich durch die Vergangenheit sehen wollte.<br />
M<strong>eine</strong> Kindheitsgeschichten benutzte ich stets als Prüfstein in zwischenmenschlichen<br />
Beziehungen. Wenn Freunde <strong>o<strong>der</strong></strong> Liebhaber darauf nicht ansprangen, hatten sie k<strong>eine</strong><br />
Chance. Ich realisierte, dass diese Strategie bequemer und angenehmer gewesen <strong>war</strong>, als<br />
mich spontan dem Leben zu stellen, unsicher zu sein, nicht zu wissen, wer ich eigentlich bin<br />
und nicht beeinflussen zu können, was geschieht. Verletzlich zu sein, schien mir die<br />
schlimmste Bedrohung überhaupt, doch <strong>der</strong> Geschmack von Wahrhaftigkeit ging damit<br />
einher und in <strong>der</strong> schützenden Atmosphäre des Ashrams erlaubte ich mir Öffnungen zum<br />
Unbekannten. Zumindest akzeptierte ich die Vorstellung davon.<br />
Eingebettet in den wun<strong>der</strong>schönen Garten, in dem Osho Commune lag und mit dem Gefühl<br />
im Herzen, in Indien wirklich zu Hause zu sein, machte ich Poona zu m<strong>eine</strong>m Zuhause. Für<br />
dreizehn <strong>Jahre</strong> lebte, arbeite, lernte, litt und liebte ich dort fünf bis acht Monate im Jahr. Ich<br />
wurde so identifiziert, "dort" zu leben, dass ich nach <strong>eine</strong>r Weile nicht mehr wusste, was ich<br />
eigentlich möchte. In den ersten <strong>Jahre</strong>n geschah viel Verstehen. Ja, ich begann die<br />
Kompliziertheiten des Verstandes zu begreifen, lernte, dass m<strong>eine</strong> Verhaltensmuster sich<br />
grundsätzlich nicht sehr von denen an<strong>der</strong>er unterschieden und dass es im Grunde<br />
unmöglich ist, dass m<strong>eine</strong> Persönlichkeit sich auf erfüllende Weise mit an<strong>der</strong>en<br />
Persönlichkeiten trifft. Wirklich erfüllendes Verschmelzen geschah nur in Stille.<br />
Mein Konzept von Erleuchtung <strong>war</strong> ungefähr, dass man "danach" k<strong>eine</strong>rlei<br />
Unannehmlichkeiten mehr zu spüren braucht und außerdem glaubte ich, irgendwie<br />
stufenweise bewusster werden zu können. Das glaubten die meisten von uns. Erleuchtung<br />
an sich, schien mir ein zu hohes Ziel. Es kam für mich nicht in Frage, angesichts m<strong>eine</strong>s<br />
inneren Chaos. Doch ich wollte wenigstens das Chaos innerhalb m<strong>eine</strong>r Persönlichkeit<br />
"transformieren". Was sich dabei von was in was an<strong>der</strong>es verän<strong>der</strong>n sollte und wer genau<br />
das dann sei, untersuchte ich lei<strong>der</strong> nie. Eigentlich ging es darum, per Definition zu<br />
bestimmen, wer ich bin und was ich an dem, was ich zu sein glaubte dahingehend verbessert<br />
habe, dass das Leben angenehmer wird. Ohne es zu bemerken, glaubte ich jahrelang, dass<br />
spirituelles Wissen und das Verstehen von psychologischen Hintergründen befreiend sei.<br />
Außerdem versuchte ich, nach den Idealbil<strong>der</strong>n dessen zu leben, was ich von Osho hörte<br />
und stellte an an<strong>der</strong>e Menschen die Er<strong>war</strong>tung, dass sie auch nach (m<strong>eine</strong>r Interpretation<br />
von) s<strong>eine</strong>n Worten leben müssten. Da das je<strong>der</strong> tat, entwickelte sich das Zusammenleben in<br />
Poona oft zu <strong>eine</strong>r Farce von zur Schau getragenen, spirituellen Konzepten, untermalt mit<br />
Osho Zitaten.<br />
Osho Commune <strong>war</strong> wie das Land <strong>der</strong> unbegrenzten Möglichkeiten. In Osho's Gegen<strong>war</strong>t<br />
hatte das Buddhafeld ein ständiges Energiehoch erlebt, in welchem Zeit als Phänomen<br />
gleichzeitig langsamer und schneller zu verlaufen schien. In wenigen Wochen geschahen so<br />
viele Erfahrungen wie sonst in <strong>Jahre</strong>n nicht und gleichzeitig hatte ich das Gefühl, überhaupt<br />
nicht zu altern. Das Zusammensein mit Menschen aller Nationalitäten und Kulturen <strong>war</strong><br />
bereichernd. Die Idee, dass wir alle in Meditation verschmelzen, breitete sich in unser aller<br />
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Köpfen aus, wurde aber von mir niemals auf Stimmigkeit untersucht. Meditation wurde zu<br />
<strong>eine</strong>r Ansammlung angenehmer Zustände, euphorisiert durch die Anzahl vieler Menschen<br />
in <strong>der</strong> Meditationshalle, doch Stille <strong>war</strong> und blieb ein phänomenaler Gegenpol zum Lärm. In<br />
wenigen <strong>Jahre</strong>n hatte ich den Kontakt zu m<strong>eine</strong>r eigentlichen Sehnsucht verloren.<br />
Persönliche Wünsche und Image <strong>war</strong>en längst wichtiger geworden und erhielten einfach<br />
<strong>eine</strong>n spirituellen Anstrich.<br />
Nach einigen <strong>Jahre</strong>n gestand ich mir ehrlicherweise ein, dass ich an Meditation eigentlich<br />
nicht interessiert <strong>war</strong>. Ich <strong>war</strong> ständig damit beschäftigt, m<strong>eine</strong>m Traum von "Mr. Right"<br />
nachzulaufen und wollte in jedem Fall in <strong>der</strong> spirituellen Welt noch Karriere machen. Mit<br />
diesem Eingeständnis lebte es sich nach dem ersten Schock dieser Erkenntnis, etwas<br />
entspannter. Wenigstens musste ich nun vor mir selber nicht mehr heilig tun, hielt aber das<br />
Bild von <strong>der</strong> perfekten Meditiererin für an<strong>der</strong>e aufrecht - man konnte ja nie wissen, welche<br />
Konsequenzen es sonst gehabt hätte. In Osho's physischer Gegen<strong>war</strong>t erlebte ich Stille und<br />
tiefes Einssein, oft <strong>eine</strong>n ruhenden Verstand und gedankliche Klarheit. Lei<strong>der</strong> machte ich<br />
s<strong>eine</strong> Gegen<strong>war</strong>t dafür verantwortlich, weil m<strong>eine</strong> Erfahrung dementsprechend erschien.<br />
Wahrheit und Stille, die eigentliche Sehnsucht m<strong>eine</strong>r Suche wurde für <strong>eine</strong> Weile in den<br />
Hintergrund gerückt. Ich interessierte mich für esoterische Wissenschaft und hatte einige<br />
Talente im Heilbereich entdeckt. Nun wollte ich Heilerin werden. Das Künstler-Ego suchte<br />
ständig nach <strong>eine</strong>r neuen Bühne.<br />
M<strong>eine</strong> ungesehene Arroganz, als <strong>Sannyas</strong>in sowieso mehr zu blicken als alle an<strong>der</strong>en<br />
Menschen bettete sich in das wohlige Gefühl, allein durch <strong>eine</strong>n Meister <strong>eine</strong> Art Schutz im<br />
Leben und Kredit im Erleuchtungskarussell zu haben ("wir werden auf alle Fälle alle<br />
erleuchtet, wenn wir sterben, weil wir mit Osho sind"). Es mag sein, dass ein Meister ein<br />
Schutz ist, doch Wahrheit, die nicht in Demut empfangen, erkannt und gelebt wird ist<br />
genauso unbrauchbar wie jede an<strong>der</strong>e Lüge. Von Hier, aus Sicht <strong>der</strong> Wahrheit, ist klar, dass<br />
ich damals einfach alles zum Konzept gemacht und dem Nutzen m<strong>eine</strong>s Mind, m<strong>eine</strong>r<br />
Bedürfnisse und persönlichen Ziele unterstellt habe. Natürlich konnte ich gar nicht an<strong>der</strong>s.<br />
Es <strong>war</strong> nichts falsch daran und hätte auch nicht an<strong>der</strong>s sein können. Osho Commmune <strong>war</strong><br />
<strong>der</strong> perfekte Spielplatz, um die Verirrungen und Wirrungen des Verstandes zu<br />
kristallisieren. Den Kontakt mit m<strong>eine</strong>r ursprünglichen, tiefen Sehnsucht hatte ich allerdings<br />
"unterwegs verloren", bzw. mit allen möglichen spirituellen Konzepten zugeschüttet.<br />
Osho <strong>war</strong> die erste sichtbare und spürbare Antwort auf die Sehnsucht m<strong>eine</strong>s Herzens nach<br />
dem Göttlichen. In s<strong>eine</strong>r Gegen<strong>war</strong>t <strong>war</strong>en Frieden, Liebe, Wahrheit so unerträglich spürbar<br />
nah und greifbar - und doch schien diese Erfahrung abhängig zu sein von s<strong>eine</strong>r physischen<br />
Präsenz. Ich bemühte mich zutiefst und ehrlichen Herzens, durch s<strong>eine</strong> Worte hindurch<br />
Stille zu erfahren und gab mich dem, was ich - <strong>o<strong>der</strong></strong> an<strong>der</strong>e in ihrer Rolle als Osho-<br />
Therapeuten - daraus verstanden, bedingungslos hin. Doch ich sehnte mich in all den <strong>Jahre</strong>n<br />
sehr nach direkter, persönlicher Unterweisung. Da dies mit Osho wegen <strong>der</strong> Menge <strong>der</strong><br />
Leute nicht mehr möglich <strong>war</strong>, floss die Kraft m<strong>eine</strong>r Sehnsucht in den Glauben an<br />
Methoden und (Meditations)-Techniken. In <strong>der</strong> spirituellen Subkultur <strong>der</strong> <strong>Sannyas</strong>ins<br />
durchlebte, durchliebte und durchlitt ich die Höhen und Tiefen m<strong>eine</strong>r Identifikation mit<br />
dem Glauben an Techniken und Methoden. Mit ernsthafter und manchmal geradezu<br />
fanatischer Eindringlichkeit "arbeitete ich an mir", glaubte, an mir als Person etwas<br />
verbessern <strong>o<strong>der</strong></strong> än<strong>der</strong>n zu können, wollte von ganzem Herzen ein besserer und vor allem<br />
spiritueller Mensch werden. Ich erfuhr Einsicht in die Strukturen des Verstandes und in die<br />
psychologischen Hintergründe m<strong>eine</strong>r Verhaltensmuster, doch die erhoffte Befreiung, die<br />
Auflösung in Stille, blieb aus. Mit größer und tiefer werdendem Einblick in m<strong>eine</strong><br />
Verstandes Programmierungen kam ich zu dem Schluss, dass Erleuchtung in diesem Leben<br />
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für mich unmöglich sein musste. Irgendwie hatte sich - entgegen dem, was Osho sagte - die<br />
Idee eingeschlichen, man müsse "sich" so lange reinigen, bis nur noch Erleuchtung übrig ist.<br />
Diese Idee muss zu Frustration führen, denn Erleuchtung ist we<strong>der</strong> durch Reduktion noch<br />
durch Addition zu erreichen. Erleuchtung ist überhaupt kein Zustand, kein Ziel, nichts<br />
erreichbares, weil wir das, was damit gemeint ist, schon SIND.<br />
In dem verbissenen Drang, an mir etwas verstehen, än<strong>der</strong>n <strong>o<strong>der</strong></strong> verbessern zu müssen und<br />
dem gleichzeitigen Versuch, m<strong>eine</strong> Interpretation von spirituellen Konzepten zu leben,<br />
verpasste ich das Wesentliche meistens. Ich verpasste die Wahrheit, verpasste den Ozean des<br />
Bewusstseins, weil ich lieber <strong>eine</strong> kl<strong>eine</strong> Welle sein wollte, die nicht sehen kann, dass sie<br />
schon immer aus demselben Wasser bestanden hat wie <strong>der</strong> Ozean. Ich wollte mit Osho's<br />
Weisheit und <strong>der</strong> in Poona angebotenen Therapie wenigstens <strong>eine</strong> bessere Welle werden.<br />
Osho's Experiment, die Verbindung von Spiritualität und Psychotherapie, s<strong>eine</strong> Vision von<br />
"Zorba the Buddha", das gigantische Experiment, alles in <strong>der</strong> menschlichen Psyche<br />
gleichzeitig aufzukochen und ins <strong>Nicht</strong>s verdampfen zu lassen, hat mich ordentlich durch<br />
die Mangel gedreht. <strong>Nicht</strong>s davon hat zum Erwachen geführt <strong>o<strong>der</strong></strong> es verhin<strong>der</strong>t und nichts<br />
davon hätte weg gelassen werden können. Dieses Paradoxon ergibt sich, weil sich alles in<br />
<strong>der</strong> Erfahrungsebene von mir und m<strong>eine</strong>r Geschichte abgespielt hat, in Wahrheit aber nie<br />
etwas geschehen ist. Alles sollte genauso sein, wie es geschah ... und alles könnte auch ganz<br />
an<strong>der</strong>s sein ... Erst in <strong>der</strong> Realisation des <strong>eine</strong>n Selbst erkenne ich Osho in Stille als Stille, in<br />
grenzenloser Liebe als mein Selbst, total unbeschreibbar und in tiefer Dankbarkeit für das<br />
Ersch<strong>eine</strong>n des erleuchteten Meisters Bhagwan Shree Rajneesh, Osho, in m<strong>eine</strong>m<br />
Lebensstrom.<br />
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