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Im Blickpunkt: Dem Klimawandel begegnen. - Gtz

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akzente<br />

aus der Arbeit der GTZ<br />

4.08<br />

D 13139 F I ISSN 0945-4497<br />

<strong>Im</strong> <strong>Blickpunkt</strong><br />

<strong>Dem</strong> <strong>Klimawandel</strong> <strong>begegnen</strong><br />

Indonesien:<br />

Anreize zum Klimaschutz<br />

Peru:<br />

Zeitzeugen des <strong>Klimawandel</strong>s<br />

Tunesien:<br />

Klimabewusste Allianzen<br />

Bitte beachten:<br />

Adressaktualisierung<br />

in der Heftmitte


02<br />

Inhalt<br />

q<br />

08 | Luftverschmutzung<br />

Abgase im Straßenverkehr von Jakarta<br />

tragen zur Umweltbelastung bei.<br />

Foto I Bernd Kubisch<br />

q<br />

30 | Frauen in Uniform<br />

Die Ausbildung der Polizei in Nicaragua nimmt die<br />

Geschlechterproblematik ernst.<br />

Foto I Toni Keppeler<br />

q<br />

12 | Reisbauer<br />

Jorge Jimenez<br />

„Der <strong>Klimawandel</strong><br />

macht die Pflanzen<br />

anfällig für<br />

Krankheiten.“<br />

Foto I Michael Netzhammer<br />

<strong>Im</strong> <strong>Blickpunkt</strong>: <strong>Dem</strong> <strong>Klimawandel</strong> <strong>begegnen</strong><br />

08 Anreize zum Klimaschutz<br />

INDONESIEN: Die Regierung in Jakarta begegnet dem <strong>Klimawandel</strong>.<br />

12 Zeitzeugen des <strong>Klimawandel</strong>s<br />

PERU: Wie die Anpassung an den <strong>Klimawandel</strong> gelingen kann.<br />

17 „Afrika ist der verwundbarste Kontinent“<br />

UGANDA: Interview mit Jesca Eriyo, Staatsministerin für Umweltschutz<br />

im Ministerium für Wasser und Umweltschutz in Uganda.<br />

20 Klimabewusste Allianzen<br />

TUNESIEN: Dürren und steigender Meeresspiegel zwingen zum Handeln.<br />

24 Ein sauberer Mechanismus<br />

INDIEN: Die GTZ forciert den Clean Development Mechanism.<br />

26 <strong>Dem</strong> <strong>Klimawandel</strong> <strong>begegnen</strong><br />

EXPERTENTHEMA: Auch beim Klimaschutz steht die Frage nach personellen,<br />

institutionellen und organisatorischen Kapazitäten im Vordergrund.<br />

28 Das Rad nicht neu erfinden<br />

ESCHBORN: Kooperation mit starken Partnern und einem Mix aus Erfahrung<br />

und Innovation.<br />

Panorama<br />

30 Polizei mit weiblichem Gesicht<br />

NICARAGUA: Sicherheitskräfte nach zehn Jahren vorbildlich modernisiert.<br />

33 Näher an den Frauen<br />

Interview mit Aminta Granera, Nicaraguas oberster Polizistin.<br />

34 Ex-Kämpfer hinterm Pflug<br />

UGANDA: Krisenprävention in der Region West Nile.<br />

37 Cash Crops gegen den Hunger<br />

BURKINA FASO: Alternative Einkommen führen Kleinbauern aus der Armut.<br />

40 Grüner Brückenschlag<br />

SÜDAFRIKA: Wie die Biosphärenreservate Rhön und Kruger-to-Canyons<br />

kooperieren.<br />

43 Freier Blick über die Schulter<br />

INDONESIEN: Peer Review sorgt für grenzüberschreitende Einsichten.<br />

46 In drei Schritten zur CO 2 -Neutralität<br />

GTZ INTERN: Die GTZ fördert Klimaschutz weltweit – und zu Hause.<br />

Service<br />

03 <strong>Im</strong>pressum<br />

04 Aktuell<br />

48 Telegramm aus der internationalen Zusammenarbeit<br />

50 Rezensionen und Fachliteratur<br />

51 Buch-Akzente, Vorschau


EDITORIAL<br />

akzente 4.08<br />

03<br />

Hand in Hand mit starken Allianzpartnern, ausgestattet mit<br />

einem reichen Erfahrungsschatz und stets auf innovative<br />

Lösungen bedacht, so begegnet die GTZ dem globalen <strong>Klimawandel</strong>.<br />

Die Anpassung an neue und bereits eintreffende<br />

Szenarien ist möglich. Vorausgesetzt: die personellen, institutionellen<br />

und organisatorischen Kapazitäten stimmen.<br />

Stephan Paulus,<br />

Leiter der Abteilung<br />

Umwelt und Klima<br />

Titelfoto IJörg Böthling<br />

Liebe Leserinnen und Leser,<br />

20 | Dürre<br />

Die Dattelbauern im Süden<br />

Tunesiens rechnen wegen<br />

der anhaltenden Hitze mit<br />

bis zu 40 Prozent<br />

Ernteverlust.<br />

Foto I Claudia Altmann<br />

40 | Kooperation<br />

Die Rhön und<br />

Krugers-to-Canyon managen<br />

ihre Biosphärenreservate<br />

nach gleichen Prinzipien.<br />

Foto I fotolia<br />

IMPRESSUM<br />

17 | <strong>Im</strong> Interview<br />

Die Staatsministerin für<br />

Umweltschutz im Ministerium<br />

für Wasser und<br />

Umweltschutz in Uganda.<br />

Foto I Peter Himsel<br />

37 | Einkommen<br />

Die Einwohner im Dorf<br />

Obiré können ihre<br />

Cashewnüsse bald zu<br />

fairen Preisen verkaufen.<br />

Foto IJörg Böthling<br />

Herausgeber: Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) GmbH,<br />

Postfach 5180, D-65726 Eschborn; Telefon: +49 6196 790, Telefax: +49 6196 796 169<br />

Dorothee Hutter, Leiterin Unternehmenskommunikation<br />

Redaktion: Wolfgang Barina / wolfgang.barina@gtz.de (verantwortlich)<br />

und Georg Schuler / KonzeptTextRedaktion, Mainz<br />

Lektorat: textschrittmacher, Lübeck<br />

Layout: Iris Christmann, Wiesbaden<br />

Druck: wd print + medien GmbH & Co. KG, Wetzlar<br />

Lithos: Communications!, Albecker und Haupt GmbH, Frankfurt am Main<br />

Papier: Recyclingpapier ohne optische Aufheller<br />

Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht immer die Meinung des<br />

Herausgebers wieder. Erscheinungsweise: viermal jährlich plus Sonderausgaben.<br />

Erscheinungsdatum der vorliegenden Ausgabe: Dezember 2008.<br />

ISSN 0945-4497<br />

der <strong>Klimawandel</strong> ist unvermeidbar. Noch können wir ihn eindämmen,<br />

aber die Zeit zum Handeln verrinnt. Die Medien berichten<br />

über den <strong>Klimawandel</strong> auf Seite eins. Der Druck auf die Regierungen<br />

nimmt zu, sich bis zur Weltklimakonferenz in Kopenhagen<br />

im nächsten Jahr auf ein wirksames neues Klimaregime zu<br />

einigen. Neue Finanzmechanismen beginnen zu greifen. Gelder<br />

aus der Veräußerung von Zertifikaten im europäischen Emissionshandel<br />

fließen in Klimaschutzinitiativen. Die Klimapolitik ist zur<br />

Chefsache geworden. Es geht um viel. Nicht zuletzt auch um die<br />

sogenannte Klimagerechtigkeit.<br />

Viele ärmere Entwicklungsländer, die den <strong>Klimawandel</strong> meist<br />

gar nicht mit verursacht haben, sind hinsichtlich seiner Folgen<br />

besonders verwundbar. Es fehlt ihnen an Anpassungskapazitäten.<br />

Große Schwellenländer wie China und Indien, die neben den<br />

Industriestaaten zu den weltweit größten Emittenten von Treibhausgasen<br />

zählen, müssen ihren Energie- und Ressourcenverbrauch<br />

vom Wirtschaftswachstum entkoppeln. Einige dieser Länder<br />

haben eigene Klimaschutzstrategien vorgelegt und suchen<br />

nach Wegen, Klimapolitik mit Wettbewerbs- und Innovationspolitik<br />

zu verbinden.<br />

Die internationale Zusammenarbeit muss in beide Richtungen<br />

wirksame Beiträge leisten: sowohl zur Anpassung an den <strong>Klimawandel</strong><br />

als auch zur Minderung von Emissionen. Als Dienstleister<br />

der Bundesregierung greift die GTZ dabei auf eine langjährige<br />

Erfahrung zurück und fördert Programme für Energieeffizienz und<br />

erneuerbare Energien, für den Erhalt von Kohlenstoffsenken, die<br />

Substitution von klimaschädlichen Kühlmitteln, mehr<br />

Ressourcen-Effizienz in der Wirtschaft sowie die Anpassung an<br />

den <strong>Klimawandel</strong>, etwa in der Landwirtschaft. Wir unterstützen<br />

außerdem neue Ansätze wie strategische nationale Klima-Checks<br />

oder innovative Finanzierungsmechanismen: zum Beispiel lohnende<br />

Anreize für vermiedene Entwaldung oder den Clean<br />

Development Mechanism.<br />

Die technischen Lösungen sind in vielen Fällen bekannt. Doch<br />

es fehlt an schneller Umsetzung, an förderlichen Rahmenbedingungen,<br />

an Anreizen; kurz: an Kapazitäten zur breiten Anwendung<br />

der Lösungen. Wir sind darauf spezialisiert, in unseren<br />

Partnerländern solche Kapazitäten zu entwickeln. Der <strong>Klimawandel</strong><br />

ist in der GTZ als schnell wachsendes Arbeitsfeld fest verankert.<br />

Denn allzu viel hängt davon ab, ob die Eindämmung des<br />

<strong>Klimawandel</strong>s gelingt.<br />

Ihr Stephan Paulus


04<br />

„Delegierte Kooperation“ im Wassersektor<br />

Die englische Entwicklungsorganisation DFID und das<br />

Bundesentwicklungsministerium (BMZ) kooperieren beim<br />

Wassermanagement im südlichen Afrika. Eine Zusammenarbeit<br />

mit Modellcharakter, so hoffen beide Seiten.<br />

Pretoria: Deutschland ist im südlichen Afrika mit der Geberkoordination<br />

im regionalen Wassersektor betraut. Maßgebliche<br />

Aufgaben übernimmt hier das Projekt „Grenzüberschreitendes<br />

Wassermanagement in der Southern African Development<br />

Community (SADC)“. Die Rolle der GTZ beim grenzüberschreitenden<br />

Wassermanagement brachte die englische Entwicklungsorganisation<br />

DFID in Pretoria auf den Gedanken, ihre eigenen<br />

regionalen Wasseraktivitäten möglicherweise ans BMZ zu delegieren.<br />

Erste Gespräche hierzu fanden bereits im Sommer 2006<br />

statt. Bald jedoch zeigte sich, dass es für eine sogenannte<br />

„Delegierte Kooperation“ im Sinne der Erklärung von Paris<br />

noch kein Vorbild gibt. Kann DFID die Verfahren, Regeln<br />

und Richtlinien der GTZ überhaupt akzeptieren? Wer darf<br />

was, wann, wie entscheiden? Wie detailliert muss die<br />

Planung sein? Wer ist für was verantwortlich? Viele grundsätzliche<br />

Fragen mussten erst geklärt werden. „Die Unsicherheit<br />

zögerte die Verhandlungen 18 Monate lang hinaus“, sagt<br />

Horst Vogel, Teamleiter des Konventionsprojekts „Grenzüberschreitendes<br />

Wassermanagement“.<br />

<strong>Im</strong> vergangenen Mai gelang der Durchbruch. DFID und<br />

BMZ unterzeichneten eine Absichtserklärung. Ein darin enthaltenes<br />

Programm-Memorandum legt fest, wie das SADC-Sekretariat<br />

künftig sowohl personell als auch inhaltlich zu stärken<br />

ist, wie Nichtregierungsorganisationen in die Kooperation<br />

eingebunden werden können und wie Kampagnen<br />

Türöffner zum Markt<br />

sowie die PR-Arbeit aussehen sollen. Die Delegierte Kooperation<br />

startete am 1. Juni und läuft vorläufig bis zum 31. März<br />

2011.<br />

Die englische Entwicklungsorganisation DFID steuert rund<br />

6,5 Millionen Euro dazu bei. Der deutsche Beitrag für denselben<br />

Zeitraum beträgt rund 5,4 Millionen Euro. Das bisherige<br />

deutsche Projekt bleibt in seiner Grundkonzeption bestehen,<br />

wird aber entsprechend den finanziellen Verbesserungen<br />

durch den britischen Beitrag ausgeweitet. Dies bedeutet, dass<br />

in Flussgebieten wie Rovuma und Okavango zusätzliche Arbeiten<br />

aufgenommen werden können. Flussgebietsorganisationen<br />

wie die Rovuma Joint Water Commission können umfangreicher<br />

beraten werden. Das SADC-Sekretariat wird besser<br />

ausgestattet sein.t<br />

Die afghanische Agentur für Exportförderung öffnet inländischen Unternehmen die Türen zum Weltmarkt.<br />

In Den Haag erhielt sie dafür einen World Trade Promotion Organization Award.<br />

Wasser ist Gemeingut. Dies gilt weltweit für rund 250 Wassereinzugsgebiete,<br />

die sich mehr als zwei Staaten teilen. Die Victoriafälle beispielsweise<br />

gehören im Süden zu Simbabwe und im Norden zu Sambia.<br />

Foto I Goertler<br />

Den Haag: Die afghanische<br />

Agentur für Exportförderung<br />

(EPAA) hat auf der Weltkonferenz<br />

der Handelsförderungsorganisationen<br />

im niederländischen<br />

Den Haag den World<br />

Trade Promotion Organization<br />

Award erhalten. EPAA<br />

ist Preisträgerin in der Kategorie<br />

der am wenigsten entwickelten<br />

Länder. Die Agentur<br />

wird seit ihrer Gründung<br />

im Jahr 2006 von der GTZ<br />

im Auftrag des Bundesentwicklungsministeriums<br />

(BMZ) beraten.<br />

Mit dem Award würdigt das<br />

Internationale Handelszentrum<br />

der Vereinten Nationen<br />

mit Sitz in Genf seit 1996 exzellente<br />

Institutionen aus Entwicklungs-,<br />

Schwellen- und<br />

Industrieländern für ihren<br />

Beitrag zum wirtschaftlichen<br />

Wachstum ihres Landes.<br />

Organisationen wie die EPAA<br />

öffnen ihren Kunden die Tür<br />

zum Weltmarkt.<br />

Die Gewinner aus Afghanistan<br />

haben es innerhalb ihrer<br />

Kategorie am besten verstanden,<br />

einheimische Unternehmen<br />

bei der Erschließung<br />

neuer Exportmärkte zu unterstützen.<br />

EPAA steigerte seit<br />

ihrer Gründung die Exportkapazitäten<br />

von 350 Unternehmen<br />

um durchschnittlich 30<br />

Prozent. Beispielsweise hat<br />

EPAA 30 afghanische Teppichproduzenten,<br />

die ihre<br />

Produktionsstätten von pakistanischen<br />

Flüchtlingslagern<br />

nach Afghanistan umgesiedelt<br />

hatten, bei der Teilnahme<br />

an der größten europäischen<br />

Teppichausstellung<br />

Domotex in Hannover unterstützt.<br />

Auf dieser Ausstellung<br />

wurde zum ersten Mal ein<br />

Teppich aus Afghanistan in<br />

der Kategorie „Best Modern<br />

Design“ ausgezeichnet.<br />

„Afghanistan braucht mehr<br />

Unternehmen, die erfolgreich<br />

sind und der einheimischen<br />

Bevölkerung ein Einkommen<br />

ermöglichen“, sagte Ulrich<br />

Mueller, Leiter des GTZ-Programms<br />

für nachhaltige wirtschaftliche<br />

Entwicklung in Afghanistan,<br />

und fügte hinzu:<br />

„Die EPAA leistet dazu einen<br />

wesentlichen Beitrag.“<br />

t


AKTUELL<br />

akzente 4.08<br />

05<br />

Think-Tank Energie<br />

Zehn Länder Nordafrikas und des Nahen Ostens vernetzen<br />

sich in einem Regionalzentrum zu Aspekten erneuerbarer<br />

Energien und der Energieeffizienz.<br />

Eschborn: Steigende Öl- und<br />

Gaspreise treffen die MENA-<br />

Länder Nordafrikas und des<br />

Nahen Ostens hart. Die<br />

MENA-Mitglieder Ägypten,<br />

Algerien, Jemen, Jordanien,<br />

Libanon, Libyen, Marokko,<br />

Palästina, Syrien und Tunesien<br />

wollen sich künftig zu<br />

energiepolitischen Fragen<br />

stärker regional vernetzen<br />

und eröffneten in Kairo ein<br />

Regionalzentrum für erneuerbare<br />

Energien und Energieeffizienz.<br />

Das Zentrum<br />

dient den MENA-Mitgliedsstaaten<br />

als regionaler, unabhängiger<br />

Think-Tank. Das<br />

ägyptische Ministerium für<br />

Elektrizität und Energie<br />

sowie Deutschland, Däne-<br />

mark und die EU-Kommission<br />

unterstützen die Kooperation<br />

finanziell und<br />

technisch. Das Zentrum<br />

will dazu beitragen, Politiken<br />

für erneuerbare Energien<br />

und Energieeffizienz zu<br />

entwickeln und auszutauschen,<br />

die Rahmenbedingungen<br />

für die Forschung<br />

zu verbessern und die Rolle<br />

der Privatwirtschaft zu stärken.<br />

Neben der Zusammenarbeit<br />

der regionalen Akteure<br />

liegt ein weiterer<br />

Schwerpunkt auf dem Austausch<br />

und der Kooperation<br />

mit der Europäischen Union.<br />

Die GTZ unterstützt das<br />

Sekretariat in Kairo im Auftrag<br />

des BMZ.<br />

t<br />

<strong>Im</strong> Sari auf der Baustelle:<br />

Mehr als 2 000 Frauen leisteten Schwerstarbeit beim Bau der 30<br />

Kilometer langen Landstraße im nepalesischen Rolpa-Distrikt im<br />

mittleren Westen Nepals. Ihr Lohn: ein eigenes Einkommen, Mitsprache<br />

bei der Planung und beim Bau und letztlich auch gesellschaftliche<br />

Anerkennung für ihre Leistung. Die Straße wurde nun<br />

nach vier Jahren Bauzeit eröffnet. Die Bewohner der angrenzenden<br />

Gemeinden erreichen jetzt viel schneller die nächste Gesundheitsstation<br />

oder auch andere lokale Märkte, um ihre Erzeugnisse<br />

zu verkaufen. Der Straßenbau ist eine von vielen Maßnahmen aus<br />

dem Programm „Ernährungssicherheit und Wiederaufbau in der<br />

Region Rukum/Rolpa”, das die GTZ im Auftrag des BMZ durchführt. t<br />

Foto | Sandra Konold<br />

Aids hemmt in vielen Ländern die soziale und ökonomische Entwicklung. <strong>Im</strong> vergangenen Jahr lebten laut UNAIDS weltweit rund 33 Millionen<br />

Menschen mit dem HI-Virus. Auf der Aids-Konferenz in Mexiko-Stadt diskutierten deshalb rund 24 000 Fachleute aus mehr als 190 Ländern über<br />

die aktuelle Entwicklung. Tausende Aids-Aktivisten zogen zudem beim Universal Action Now March am Eröffnungstag lautstark durch die<br />

Straßen der mexikanischen Hauptstadt. Die GTZ war unter anderem mit ihrer überregionalen BACKUP-Initiative beim Gipfel dabei. Die Konferenz<br />

endete mit einem Appell für mehr Aufklärung, Vorbeugung und besseren Zugang zu antiretroviralen Medikamenten für alle Infizierten.<br />

Foto I Pelcastre, Mondaphoto<br />

t


06<br />

Rat für Soziale<br />

Verantwortung<br />

Abfalltrennung: eine der Lösungen für das Müllproblem in den Tourismushochburgen<br />

der mexikanischen Karibik.<br />

Foto I Alejandro von Bertrab<br />

400 Tonnen Müll<br />

am Tag<br />

Eine öffentlich-private Partnerschaft (PPP) baut den gewaltigen<br />

Müllberg ab, den sechs Millionen Touristen jährlich<br />

in den mexikanischen Urlaubszentren hinterlassen.<br />

San José: Ein Netzwerk costa-ricanischer Organisationen<br />

hat in San José den Nationalen Rat für Soziale Verantwortung<br />

ins Leben gerufen. Der Gründung war eine dreijährige<br />

inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Thema<br />

Corporate Social Responsibility (CSR) vorausgegangen.<br />

Ein Prozess, den die GTZ gemeinsam mit dem United<br />

Nations Development Programme (UNDP) und der spanischen<br />

Agentur für Entwicklungszusammenarbeit<br />

(AECID) angeregt und organisiert hatte. Der Nationale<br />

Rat betrachtet es als seine Aufgabe, das Thema „Soziale<br />

Verantwortung“ aktiv in die Entwicklungsdiskussion in<br />

Costa Rica einzubringen.<br />

Eine nationale Konferenz hatte das Thema Corporate<br />

Social Responsibility erstmals im Oktober 2004 in die<br />

costa-ricanische Öffentlichkeit getragen. Am runden<br />

Tisch erörterten Unternehmen und Organisationen anschließend<br />

Aspekte von Regierungspolitik und Armutsbekämpfung,<br />

Wertschöpfungsketten, Transparenz und<br />

öffentlicher Rechenschaft. <strong>Im</strong> vergangenen Jahr gelang<br />

es dann, strategische Leitlinien für die CSR-Agenda in<br />

Costa Rica zu verabschieden. Die Beteiligten einigten<br />

sich darauf, das Netzwerk zügig einzurichten.<br />

t<br />

Cancún: 400 Tonnen Abfall<br />

täglich, verursacht von den<br />

jährlich mehr als sechs Millionen<br />

Touristen in der mexikanischen<br />

Karibik. Weil dieser<br />

riesige Müllberg in den<br />

Urlaubszentren Riviera Maya,<br />

Cancún und Cozumel meist<br />

unsachgemäß entsorgt wird,<br />

ist die Umwelt erheblich belastet.<br />

Die Abfallmenge<br />

macht ein Drittel des gesamten<br />

Müllaufkommens in der<br />

Region aus. Eine Allianz aus<br />

Tourismussektor, der Regierung<br />

des betroffenen Bundeslandes<br />

und der GTZ will<br />

den Missstand jetzt beenden.<br />

Die GTZ im Auftrag des<br />

BMZ, der Schweizer Reiseveranstalter<br />

Kuoni Travel<br />

Holding, die von der Travel<br />

Foundation Netherlands<br />

unterstützte Organisation<br />

„Amigos de Sian Ka’an“ und<br />

die mexikanischen Ministerien<br />

für Stadtentwicklung<br />

und Umwelt sowie für Tourismus<br />

des Bundesstaates<br />

Quintana Roo starteten ein<br />

gemeinsames öffentlich-privates<br />

Projekt. Sie wollen die<br />

integrierte Abfallwirtschaft<br />

in der Region fördern. Am<br />

Auftakt-Workshop in Cancún<br />

nahmen 32 Tourismusunternehmen<br />

teil.<br />

„Zunächst müssen die<br />

Hotels für die Problematik<br />

sensibilisiert werden. Danach<br />

erarbeiten wir grundlegende<br />

Konzepte einer integrierten<br />

Abfallwirtschaft“,<br />

sagt Alejandro von Bertrab,<br />

Mitarbeiter im Programm<br />

„Umweltmanagement und<br />

nachhaltige Ressourcennutzung“.<br />

In einem Jahr sollen<br />

Pläne zur Abfallentsorgung<br />

von Hotels vorliegen. „Bestandteile<br />

eines solchen<br />

Plans sind beispielsweise<br />

Mülltrennung, Recycling<br />

oder Kompostierung“, sagt<br />

Alejandro von Bertrab und<br />

ergänzt: „Dafür müssen wir<br />

lokale Entsorgungsbetriebe<br />

und Kompostieranlagen mit<br />

ins Boot nehmen.“ t<br />

Annette Schavan und Kapil Sibal<br />

Deutschland und Indien vertiefen<br />

Forschungskooperation<br />

Foto IMehta<br />

Forschung und technologischer Fortschritt können zu einem<br />

sozial gerechten und ökologisch nachhaltigen Wirtschaftswachstum<br />

beitragen. Darüber sprachen rund 80 Vertreter von Wissenschaft,<br />

Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft auf der ersten<br />

deutsch-indischen Konferenz „Science for Sustainability – Driver<br />

for a Common Future“ in Neu-Delhi. Das vom deutschen und<br />

indischen Forschungsministerium veranstaltete Treffen war Teil<br />

der Indienreise von Annette Schavan. Die Bundesforschungsministerin<br />

und ihr indischer Kollege Kapil Sibal vereinbarten eine<br />

enge Kooperation zu „Forschung für Nachhaltigkeit“. GTZAgenZ<br />

hatte die Konferenz im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung<br />

und Forschung mit vorbereitet.<br />

t


AKTUELL<br />

akzente 4.08<br />

07<br />

Besitzrechtsklärung aus der Luft<br />

Die GTZ unterstützt die Regierung Namibias bei der Landreform. Es müssen noch 240 000<br />

individuelle Landtitel von Bauern geklärt werden.<br />

Eschborn: In 9 000 Metern<br />

Höhe gleitet eine Propellermaschine<br />

über Nord-Namibia.<br />

Ein Team der dänischen Firma<br />

COWI fliegt ein festgelegtes<br />

Gebiet ab und fotografiert mit<br />

einer leistungsstarken digitalen<br />

Kamera exakt umrissene Gebiete<br />

von jeweils zehn mal zehn<br />

Kilometern. Die Fotos sind die<br />

Grundlage für die Klärung von<br />

Landbesitzfragen. GTZ International<br />

Services trägt im Auftrag<br />

der Europäischen Union zur<br />

Registrierung von Landnutzungsrechten<br />

bei. Dieses Projekt<br />

ist Teil des EU-Programms<br />

zur ländlichen Armutsminderung<br />

in Namibia. Um auf friedlichem<br />

Wege einen allseits<br />

akzeptierten Kompromiss bei<br />

der Landreform zu erzielen,<br />

muss zwischen unterschiedlichen<br />

Interessen vermittelt<br />

werden. Viele Landwirte in<br />

Namibia berufen sich bei den<br />

von ihnen genutzten Feldern<br />

lediglich auf ungeschriebene<br />

traditionelle Rechte. Doch erst<br />

offizielle Besitzurkunden und<br />

eine amtliche Registrierung<br />

verschaffen Rechtssicherheit.<br />

Weil diese Sicherheit fehlt,<br />

unterbleiben dringend notwendige<br />

Investitionen, die<br />

wiederum ein höheres Einkommen<br />

und bessere Lebensbedingungen<br />

ermöglichen<br />

würden.<br />

Die von EU, KfW Entwicklungsbank,<br />

Deutschem Entwicklungsdienst<br />

und der GTZ<br />

eingeleitete Registrierung von<br />

Grundeigentum brachte inzwischen<br />

bereits 1 000 Landwirten<br />

einen rechtsgültigen<br />

Besitznachweis. Weitere 500<br />

Bauern werden bald hinzukommen.<br />

Die Besitztitel sind<br />

im Grundbuch des Ministeriums<br />

eingetragen.<br />

Auf dem Zertifikat sind eine<br />

Luftaufnahme der Liegenschaft,<br />

der Name des Eigentümers,<br />

das Nutzungsrecht<br />

sowie einschlägige Ortsangaben<br />

verzeichnet. Die Gebühr<br />

für den gesamten Vorgang<br />

beträgt umgerechnet<br />

rund 6,50 Euro. Der neuen<br />

Regelung gingen langwierige<br />

Verhandlungen mit dem<br />

kommunalen Landausschuss,<br />

der traditionellen Landbehörde,<br />

dem Regionalrat, den<br />

Dorfvorstehern und den bisherigen<br />

Nutzern der Felder<br />

voraus.<br />

Eine Spezialkamera macht Luftaufnahmen. Darauf sind Wege, Felder,<br />

Bauernhöfe und sogar einzelne Bäume scharf zu erkennen.<br />

Fotos I Witmer<br />

t<br />

Financial<br />

Literacy Week<br />

Eschborn: In der ghanaischen<br />

Hauptstadt fand die erste Financial<br />

Literacy Week des<br />

Landes statt. Freiwillige verteilten<br />

Broschüren, Pocketguides<br />

und Poster mit Informationen<br />

zu den Themen Sparen, Kredite,<br />

Investieren und Versicherungen.<br />

Die Entwicklung und<br />

den Druck der verteilten Materialien<br />

unterstützte das GTZ-<br />

Programm „Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung”<br />

im Auftrag<br />

des BMZ. Ghanas größte<br />

Tageszeitung erschien mit<br />

einer zwölfseitigen Beilage zu<br />

Financial Literacy.<br />

Der ghanaische Vizepräsident<br />

Alhaji Aliu Mahama eröffnete<br />

Ghanas erste Financial<br />

Literacy Week mit den Worten:<br />

„Um Wohlstand und finanzielle<br />

Sicherheit zu erreichen,<br />

muss die Fähigkeit vorhanden<br />

sein, fundierte Sparund<br />

Investitionsentscheidungen<br />

treffen zu können.“ t<br />

Anpfiff zum Frieden<br />

<strong>Im</strong> Fußball muss Teamgeist herrschen. Aggressivität<br />

führt auf die Verliererstraße. In Kolumbien wird Gewalt<br />

nach besonderen Regeln ins Abseits gestellt.<br />

Bogotá: Ein Fußball, zwei Teams, ein paar feste Grundregeln<br />

und viel Flexibilität. Das sind die Zutaten für Golombiao, ein<br />

an Fußball angelehntes Spiel, das in vielen Ländern verbreitet<br />

ist. Die kolumbianische Variante hilft dabei, Konflikte friedlich<br />

beizulegen. So muss das erste Tor beispielsweise immer<br />

von einer Frau geschossen werden. Statt eines Schiedsrichters<br />

begleitet ein Berater das Spiel. Die außergewöhnlichen<br />

Spielregeln hat die GTZ im Auftrag des BMZ entwickelt.<br />

Beim Golombiao lernen Jugendliche auf spielerische Art,<br />

vorgegebene Regeln zu respektieren und sich so in die soziale<br />

Umwelt einzufügen. Diese Basisarbeit ist notwendig in<br />

einem Land wie Kolumbien, das seit mehr als 40 Jahren<br />

durch den bewaffneten Konflikt zwischen der Regierung<br />

und aufständischen Gruppen geprägt ist. Beim Friedensfußball<br />

in sozialen Brennpunkten der Städte spielen ehemals<br />

verfeindete Parteien miteinander. Gemeinsam mit dem<br />

Berater handeln die Vierer-Teams vorab zusätzliche Regeln<br />

aus. Gerade Jugendliche, die Probleme sonst gerne schnell<br />

mit Gewalt lösen möchten, lernen auf diese Weise einen<br />

anderen Weg. Das stärkt die Fähigkeit zu einem friedlichen<br />

Miteinander.<br />

t<br />

Zentrum für<br />

WM-Initiativen<br />

Johannesburg: Vor Vertretern<br />

der südafrikanischen Regierung<br />

und Gästen aus Sportverbänden,<br />

deutschen Entwicklungsorganisationen<br />

und<br />

internationalen Wirtschaftsunternehmen<br />

ist das Centre<br />

for German World Cup<br />

Initiatives eröffnet worden.<br />

Das Zentrum diene dem<br />

Erfahrungsaustausch deutscher<br />

und südafrikanischer<br />

Initiativen im Blick auf die<br />

Fußball-WM 2010, sagte der<br />

deutsche Botschafter Dieter<br />

Haller in seiner Eröffnungsrede.<br />

Das Zentrum gebe den<br />

Initiativen ein gemeinsames<br />

Dach, so GTZ-Büroleiter<br />

Peter Conze. Es sei eine<br />

Plattform für den Informationsaustausch<br />

und stehe für partnerschaftliche<br />

Zusammenarbeit.<br />

Das Zentrum befindet<br />

sich in den gemeinsamen<br />

Büroräumen von InWEnt<br />

und der GTZ in Pretoria. t


08<br />

Anreize zum<br />

Klimaschutz<br />

Bernd Kubisch | Text<br />

Am Walderhalt verdienen statt am Holzeinschlag, Schadstoff-Emissionen vermindern<br />

und Energie einsparen: Indonesien plant mit deutscher Hilfe umfassende<br />

Schritte. Künftiger Schwerpunkt der Entwicklungszusammenarbeit ist der <strong>Klimawandel</strong>.


K LIMAWANDEL akzente 4.08 09<br />

en Menschen in Indonesien<br />

werden die Folgen<br />

D<br />

des globalen <strong>Klimawandel</strong>s<br />

immer bewusster. Wenn der<br />

Meeresspiegel weiter so steigt<br />

wie bisher, könnten schon in 30<br />

Jahren weite Teile der Hauptstadt<br />

Jakarta unter Wasser stehen. Auf<br />

den vielen Inseln des Landes drohen<br />

häufiger Überschwemmungen<br />

oder Dürreperioden. Indonesien<br />

ist einer der großen Verursacher<br />

von Treibhausgasen.<br />

Feuerkatastrophen, verursacht<br />

durch Brandrodung und Leichtsinn,<br />

vernichteten in den letzten<br />

Jahren riesige Waldflächen.<br />

Rauchwolken und Emissionen<br />

belästigen auch Nachbarländer.<br />

Die indonesische Regierung<br />

und Kommunen haben erkannt:<br />

Es ist an der Zeit, sich dem <strong>Klimawandel</strong><br />

zu stellen, Emissionen<br />

im Energie- und Transportsektor<br />

sowie in der Industrie zu verringern<br />

und den Wald zu schützen.<br />

Das Interesse an einer Zusammenarbeit<br />

mit internationalen<br />

Partnern auf diesen Gebieten ist<br />

entsprechend groß.<br />

Deutschland und Indonesien<br />

gehen dabei neue Wege, die international<br />

Schule machen sollen.<br />

Bedrohte Waldflächen zu erhalten<br />

und Energie zu sparen, soll<br />

belohnt werden. Schwerpunktthema<br />

der entwicklungspolitischen<br />

Zusammenarbeit ist seit<br />

Oktober 2007 der <strong>Klimawandel</strong>.<br />

Zwei Programme bilden künftig<br />

das Kernstück der Zusammenarbeit:<br />

„Wald und Klima“ sowie<br />

„Umwelt und Klima“.<br />

Berater der GTZ und Mitarbeiter<br />

der KfW Entwicklungsbank arbeiten<br />

seither im Auftrag des deutschen<br />

Entwicklungsministeriums<br />

(BMZ) mit indonesischen Partnern<br />

daran, für Walderhalt und Energieeinsparung<br />

innovative Finanzierungs-,<br />

Erfassungs- und Kontrollmechanismen<br />

zu erarbeiten. „Wir<br />

sind in der inhaltlichen Diskussion<br />

weltweit ganz vorne“, sagt Manfred<br />

Kiefer von der KfW Entwicklungsbank<br />

in Jakarta.<br />

Die deutsche Finanzielle und<br />

die Technische Zusammenarbeit<br />

wirken erstmalig auch im Klimaschutz<br />

zusammen und fördern<br />

Walderhalt sowie Energieeinsparungen<br />

in Industrie und Verkehr<br />

in den Städten Indonesiens mit<br />

insgesamt über 40 Millionen<br />

Euro.<br />

Weiterhin wurden von deutscher<br />

Seite Mittel für eine Initiative<br />

„Heart of Borneo“ zugesagt,<br />

mit der Indonesien, Brunei und<br />

Malaysia gemeinsam die besonders<br />

artenreichen Wälder der riesigen<br />

Insel schützen wollen.<br />

Ein weiterer Baustein der indonesisch-deutschen<br />

Zusammenarbeit<br />

zum <strong>Klimawandel</strong> könnte<br />

auch die Nutzung der Möglichkeiten<br />

der internationalen „Forest<br />

Carbon Partnership Facility“<br />

(FCPF) sein. Diese globale, von<br />

der UN-Weltklimakonferenz auf<br />

Bali beschlossene Initiative soll<br />

durch finanzielle Anreize für Unternehmer<br />

in Entwicklungs- und<br />

Schwellenländern die Entwal–<br />

dung wirkungsvoll stoppen. Die<br />

Rodung tropischer Wälder trägt<br />

zu 18 Prozent zum weltweiten<br />

Treibhauseffekt bei. Der Verzicht<br />

auf Entwaldung könnte nach<br />

dem Modell der FCPF beachtliche<br />

Finanzströme aus Industriein<br />

Entwicklungsstaaten fließen<br />

lassen. Von den 40 Millionen Euro,<br />

die Deutschland in die FCPF<br />

einzahlt, soll auch Indonesien<br />

profitieren.<br />

Synergien durch Koordination<br />

Aus seinem Büro im fünften Stock<br />

des indonesischen Umweltministeriums<br />

koordiniert Dieter Brulez<br />

auf deutscher Seite die Konzepte<br />

und Aktivitäten zum Schwerpunkt<br />

<strong>Klimawandel</strong> in der indonesisch-deutschen<br />

Zusammenarbeit.<br />

An den neuen Programmen<br />

gegen den <strong>Klimawandel</strong> werden<br />

neben KfW und GTZ auch der<br />

Deutsche Entwicklungsdienst,<br />

das Centrum für internationale<br />

Migration und Entwicklung<br />

(CIM) und InWEnt, die deutsche<br />

Organisation für Internationale<br />

Weiterbildung und Entwicklung,<br />

mitarbeiten. In Teilbereichen<br />

sind auch andere Geberländer<br />

wie Australien, die Niederlande<br />

und Japan aktiv. Synergieeffekte<br />

sollen genutzt und „Entscheidungen<br />

schnell getroffen werden“,<br />

sagt GTZ-Mitarbeiter Brulez.<br />

Auf indonesischer Seite sind<br />

die Ministerien für Umwelt,<br />

Forsten und Energie wichtige<br />

Partner. <strong>Im</strong> Forstministerium und<br />

einigen Kommunen wird schon<br />

an Anreizen getüftelt, die das<br />

Programm „Wald und Klima“ setzen<br />

könnte, um die fortschreitende<br />

Entwaldung zu vermeiden<br />

und wie die Kontrolle der hierfür<br />

zu schaffenden Anreizsysteme<br />

funktionieren kann. An Ausgleichszahlungen<br />

ist ebenso gedacht wie<br />

an Job-Alternativen zur Arbeit auf<br />

Äckern, in Plantagen oder im Sägewerk.<br />

Einige Grundlagen, die den<br />

neuen indonesisch-deutschen<br />

Klimaprogrammen die praktische<br />

Arbeit erleichtern dürften, haben<br />

Indonesien und die Bundesregierung<br />

schon früher gelegt. Dazu<br />

zählt das länderübergreifende,<br />

noch laufende Waldprogramm<br />

Südostasien in Kooperation mit<br />

den ASEAN-Staaten. Mit dem<br />

Umweltministerium wird seit<br />

1999 im industriellen Umweltund<br />

Klimaschutz zusammengearbeitet.<br />

Und bereits vor elf Jahren<br />

hat die GTZ im Auftrag des BMZ<br />

ein langfristiges Programm gestartet,<br />

das die Managementkapazitäten<br />

des Forstministeriums<br />

stärkt. Auch der ergänzende Aufbau<br />

von Forstverwaltungen auf<br />

Regional- und Distriktebene ist<br />

eine notwendige Voraussetzung<br />

für eine nachhaltige Waldbewirtschaftung.<br />

Diese Forest Management<br />

Units sind ein wichtiger<br />

Beitrag zur Reduzierung von<br />

durch Entwaldung entstehenden<br />

Treibhausgasen. Das Personal<br />

pflegt und kontrolliert das zugeteilte<br />

Gebiet und schlägt in Zukunft<br />

Alarm, wenn es brennt<br />

oder illegal gerodet wird.<br />

ttt<br />

Nasse Blockade:<br />

Heftige Regenfälle legen<br />

den Verkehr in Jakarta<br />

lahm.<br />

Foto I Mirka Bodenbender


10<br />

Waldbrände in<br />

Indonesien<br />

Fotos I Georg Buchholz<br />

Wald- und Torfbrände verursachen<br />

in Indonesien schätzungsweise<br />

80 Prozent der Treibhausgase,<br />

sagt eine Studie aus dem<br />

Jahr 2007. Nach den Schätzungen<br />

der Weltbank und der britischen<br />

Entwicklungsorganisation DFID<br />

ist Indonesien der weltweit drittgrößte<br />

Emittent von Treibhausgasen,<br />

nach den USA und China.<br />

Zwischen 1985 und 1997 verschwanden<br />

jährlich 1,8 Millionen<br />

Hektar Wald in Indonesien. Bis<br />

zum Jahr 2000 waren es nach<br />

Angaben des Umweltministeriums<br />

in Jakarta gar 2,8 Millionen<br />

Hektar pro Jahr. Die Entwaldungsfläche<br />

ging dann bis 2005 auf<br />

rund eine Million Hektar jährlich<br />

zurück.<br />

Urwaldschutz ist Klimaschutz<br />

Das sei immer noch schlimm genug,<br />

sagt GTZ-Mitarbeiter Georg<br />

Buchholz. Denn Urwaldschutz sei<br />

Klimaschutz. Der Diplom-Forstwirt<br />

im laufenden Projekt beim<br />

Forstministerium ist auch gefragter<br />

Experte zur Vorbereitung des<br />

neuen Programms „Wald und<br />

Klima“. „Es gibt noch große Diskrepanzen<br />

zwischen Vision, Planung<br />

und Realisierung“, sagt<br />

Georg Buchholz. Yetti Rusli,<br />

Direktorin der Waldplanungsbehörde<br />

im Forstministerium,<br />

bedauert Brandrodungen und<br />

illegale Abholzung, „die in wirtschaftlichen<br />

Krisenzeiten zunahmen“.<br />

Das Umweltbewusstsein<br />

im Lande sei heute jedoch reifer.<br />

Der verbesserte Unterricht in<br />

Schulen und Fortbildung habe<br />

dazu beigetragen.<br />

Zu den Gründen für illegale<br />

Waldzerstörung zählen Armut,<br />

ungeklärte Besitzverhältnisse,<br />

unternehmerische und behördliche<br />

Profit- und Geldgier sowie<br />

fehlende Kontrolle und juristische<br />

Konsequenzen. Yetti Rusli hofft,<br />

dass der offene Dialog zwischen<br />

Behörden, Kommunen, Anwohnern,<br />

Kleinbauern, Plantagenbesitzern<br />

und Großunternehmen hier<br />

einiges zum Besseren bewirkt.<br />

„Der Druck von Industrie,<br />

Agrar- und Plantagenwirtschaft auf<br />

die Wälder ist weiter groß“, sagt<br />

Georg Buchholz. Die aktuell diskutierte<br />

Frage lautet: Wer vergibt<br />

die Lizenzen zur Waldbewirtschaftung?<br />

Machbar ist nach Ansicht<br />

von Yetti Rusli, dass die angrenzenden<br />

Dörfer das Nutzungsrecht<br />

für ein Stück Wald erhalten<br />

und den Waldschutz vor Ort organisieren.<br />

Nötig sind in jedem<br />

Fall: Registrierung, Kontrolle,<br />

Monitoring und eine genau zertifizierte<br />

nachhaltige Nutzung. Geklärt<br />

werden muss auch, wie Risiken<br />

wie Waldbrände abgesichert<br />

werden. „Vor allem der<br />

Torfboden brennt wie Zunder<br />

und setzt besonders viel Kohlenstoffdioxid<br />

frei“, sagt Georg Buchholz.<br />

Die GTZ hat deshalb auch<br />

Waldfeuerwehren ausgebildet,<br />

beispielsweise auf Sumatra. Die<br />

Flächen, um die es beim neuen<br />

Klimaprogramm geht, haben<br />

jedoch ganz andere Dimensionen.<br />

Wald schonen und verdienen<br />

Vor allem muss noch geklärt werden,<br />

wie Menge und Wert des im<br />

Wald gebundenen Kohlenstoffs<br />

bemessen werden. Diese Zahlen<br />

sind Basis für finanzielle Zuwendungen<br />

der internationalen Gemeinschaft<br />

als Anerkennung für<br />

erhaltene Waldflächen. Der Emissionshandel<br />

bringt dem Land<br />

damit Geld für den Kohlenstoff,<br />

der weiter im lebenden Holz gespeichert<br />

bleibt. Großkonzessionäre<br />

verfügen mit 70 000 Hektar<br />

Wald und mehr über einen großen<br />

Teil der Tropenwälder im<br />

Land. Georg Buchholz kann sich<br />

gut vorstellen, eines der Unternehmen<br />

für die nachhaltige Holzbewirtschaftung,<br />

das sogenannte<br />

Reduced <strong>Im</strong>pact Logging, zu<br />

gewinnen. Bei pfleglicher Holzernte,<br />

die keine anderen Flächen<br />

und Bäume beschädigt, könne<br />

eine Firma einen beachtlichen<br />

Ausgleich erhalten für die Menge<br />

Kohlenstoff, die bei einem behutsamen<br />

Umgang mit der Natur<br />

erhalten bleibt.<br />

Eine andere noch offene Frage<br />

ist die Entschädigung der Landbevölkerung.<br />

Bauern erwarten<br />

ebenfalls Alternativen zur Waldnutzung<br />

und neue Jobs. Bei nachhaltiger<br />

Bewirtschaftung durch<br />

Anwohner und Kommunen kann<br />

ein kleiner Waldanteil – etwa 20<br />

Prozent der Fläche – auch landwirtschaftlich<br />

genutzt werden,<br />

zum Beispiel für Obstbäume.<br />

„Außerdem muss eine von allen


K LIMAWANDEL akzente 4.08 11<br />

anerkannte Institution geschaffen<br />

werden, die Waldflächen zu<br />

Schutzzonen erklärt und das komplizierte<br />

Monitoring übernimmt“,<br />

sagt Georg Buchholz. Manfred<br />

Kiefer von der KfW Entwicklungsbank<br />

begrüßt diese Ideen: „Wir<br />

wollen in möglichst verschiedenen<br />

Modellen ausprobieren, wie<br />

die Förderung verteilt wird. Wir<br />

würden auch für eine sinnvolle<br />

Aufforstung mit urwaldähnlichen<br />

Bäumen zahlen.“<br />

Treibhausgase und<br />

Umweltsünder<br />

Gleich mehrere Optionen für klimarelevante<br />

Maßnahmen gibt es<br />

im Programm „Umwelt und Klima“.<br />

Die GTZ und die KfW Entwicklungsbank<br />

prüfen, wie umweltfreundliche<br />

Transportsysteme,<br />

energieeffiziente Projekte in<br />

der Industrie und Abfallpilotprojekte<br />

in Kommunen eingerichtet<br />

und gefördert werden können.<br />

Die Zeit drängt. Der Individualverkehr<br />

wächst rapide und verstopft<br />

die Straßen. Überall im Land bestehen<br />

illegale Müllhalden mit teils<br />

gefährlichem Abfall und klimaschädlichen<br />

Emissionen, der Energieverbrauch<br />

in der Industrie<br />

wächst zunehmend.<br />

Ein anderes Projekt sind erneuerbare<br />

Energien wie Geothermie.<br />

Bohrungen nach heißem<br />

Wasser und heißen Dämpfen<br />

können sehr kostspielig sein,<br />

weiß Dieter Brulez. Aber der<br />

Energiemangel hemmt die Entwicklung<br />

von Industrie, Gewerbe<br />

und sozialer Infrastruktur. In<br />

schwer zugänglichen indonesischen<br />

Regionen ist deshalb das<br />

bereits seit Langem tätige und<br />

gerade heute sehr erfolgreiche<br />

Mini Hydro Power Project beliebt.<br />

Die Kleinwasserkraftwerke<br />

nutzen die reichen Wasserressourcen<br />

im Land.<br />

Das laufende deutsch-indonesische<br />

Umweltprogramm hat bereits<br />

seinen Beitrag dazu geleistet,<br />

dass kleine und mittlere Unternehmen<br />

in Zentral-Java ökologisch<br />

verträglichere Produktionsverfahren<br />

anwenden und dennoch<br />

ihre Wettbewerbsfähigkeit<br />

steigern.<br />

Indonesien will beim Klimaschutz<br />

möglichst rasche Erfolge<br />

durch internationale Kooperation.<br />

Lange Debatten über Schuldzuweisungen<br />

an reiche Staaten<br />

möchte Indonesien nicht führen.<br />

„Wir können die Industriestaaten<br />

nicht aus der Verantwortung für<br />

den <strong>Klimawandel</strong> entlassen, müssen<br />

aber in unserem Land viel<br />

gegen die von uns verursachten<br />

Treibhausgase und andere Umweltsünden<br />

tun“, sagt Frau Sulistyowati<br />

aus dem Umweltministerium<br />

und weiß damit ihren<br />

Chef, den indonesischen Umweltminister<br />

Rachmat Witoelar,<br />

an ihrer Seite, der seit der UN-<br />

Klimakonferenz auf Bali Vorsitzender<br />

der Conference of Parties<br />

(COP) der UNFCCC ist.<br />

„Der hohe Energieverbrauch pro<br />

Kopf ist ein großes Problem. Das<br />

müssen wir stärker anpacken“, sagt<br />

die Klimaexpertin und zeigt an die<br />

Decke ihres Büros. Auch am Tag<br />

brennt in vielen Räumen des<br />

Ministeriums unnötig Licht. Energieverschwendung<br />

ist in Indonesien<br />

auch politisch bedingt. Die<br />

Regierung des Erdöl produzierenden<br />

Landes subventioniert seit Langem<br />

Benzin- und Treibstoffpreise.<br />

Das führt auch zu mehr Verbrauch,<br />

Staus und Abgasen und ineffizienter<br />

Produktion. Erste Schritte zur<br />

Anpassung der lokalen Spritpreise<br />

an den Weltmarktpreis für Öl sind<br />

gemacht. Die Reaktion darauf:<br />

<strong>Dem</strong>onstrationen auf den Straßen.<br />

<strong>Im</strong>pulse aus Bali<br />

Indonesien brachte auf der Konferenz<br />

in Bali zahlreiche sinnvolle<br />

Initiativen ein, die in vielen Teilen<br />

umgesetzt wurden. Das bestätigt<br />

auch Heiner von Lüpke. Er<br />

arbeitet als Berater für Klimaschutz<br />

im indonesisch-deutschen<br />

Umweltprogramm und unterstützte<br />

bei der Vorbereitung des<br />

Klimagipfels in Bali auch das<br />

Team des Konferenzvorsitzenden,<br />

Umweltminister Rachmat<br />

Witoelar. „Die UN-Konferenz auf<br />

Bali hat dem Land viele <strong>Im</strong>pulse<br />

auf nationaler Ebene gebracht.<br />

Das wollen wir in der Klimadiskussion<br />

weiter nutzen“, sagt von<br />

Lüpke. Die deutsche Seite bescheinigt<br />

den indonesischen<br />

Kollegen, sich sehr engagiert und<br />

gezielt in die internationale Diskussion<br />

eingebracht zu haben.<br />

Häufige Regenfluten und Überschwemmungen machen<br />

Naomi Sorgen: „Dann gibt es in vielen Schulen<br />

keinen Unterricht, in meinem Stadtteil aber schon.<br />

Der liegt höher.“ Natürlich kennt Naomi die englischen<br />

Worte Climate Change und die indonesischen<br />

Umweltprobleme: „Wir Menschen sind doch selbst<br />

schuld. Schlimm sind Verkehr, Gestank und Abgase<br />

in der Stadt“ Ihr Vater ist Motorrad-Taxifahrer. Oft<br />

fährt sie mit ihm, dann zieht sie sich zusätzlich<br />

zum Helm noch ein Tuch über Nase und Mund:<br />

„Sicher ist sicher.“<br />

Foto I Bernd Kubisch<br />

Zu den Bali-<strong>Im</strong>pulsen für Indonesien<br />

gehört, dass der indonesische<br />

Präsident die Gründung eines<br />

Nationalen Rates für <strong>Klimawandel</strong><br />

eingeleitet und mit einem im Vergleich<br />

zum bisherigen Komitee<br />

besseren Mandat und mehr Ressourcen<br />

versehen hat.<br />

Indonesien verkündete anlässlich<br />

der Weltklimakonferenz auch<br />

seinen Nationalen Aktionsplan<br />

zum <strong>Klimawandel</strong>. Dessen konsequente<br />

Umsetzung kann ein<br />

wichtiger Beitrag Indonesiens zur<br />

Stabilität des Weltklimas sein.<br />

Umweltverbände kritisieren, dass<br />

der Plan bisher nur auf dem Papier<br />

stehe. Dieter Brulez sieht in<br />

dem Plan jedoch viel Positives.<br />

Denn nun seien alle Fachministerien<br />

und andere wichtige Behörden<br />

mit im Boot. Der Nationale<br />

Aktionsplan zum <strong>Klimawandel</strong><br />

soll mit festen Budgets in die<br />

Revision des aktuellen Fünfjahresplans<br />

einmünden.<br />

Bernd Kubisch<br />

t


12<br />

Zeitzeugen des<br />

<strong>Klimawandel</strong>s<br />

Michael Netzhammer | Text und Fotos<br />

Eine Fotoausstellung aus Peru dokumentiert, wie der <strong>Klimawandel</strong> sich bereits<br />

auf das Leben der Menschen auswirkt. Dass eine Anpassung an den Wandel<br />

gelingen kann, zeigen gleichzeitig Projekte in den Regionen Piura und Arequipa.<br />

Erfahrungswerte:<br />

Jorge Jimenez beackert<br />

seit 30 Jahren die<br />

Felder seiner Eltern.<br />

Lange genug, um feststellen<br />

zu können: „Die<br />

Temperaturen sind<br />

insgesamt angestiegen.“<br />

Ob es viel oder wenig<br />

regnen wird,<br />

kann er heute – anders<br />

als früher - nicht mehr<br />

einschätzen.<br />

D<br />

rei Tage schon sind die Menschen in Morropón<br />

im Norden von Peru ohne Sonne.<br />

„In diesem Jahr ist es besonders kalt und<br />

dauernd bewölkt“, sagt Jorge Jimenez. Ganz anders<br />

als früher. Sein Bruder Javier nickt. Seit mehr als 30<br />

Jahren beackert er mit Jorge die Felder der Eltern.<br />

Lange genug, um feststellen zu können, dass „heute<br />

die Temperaturen insgesamt angestiegen“ sind, dass<br />

sie aber auch „sehr viel stärker schwanken als früher“.<br />

Das macht es schwierig, die richtigen Pflanzen<br />

anzubauen.<br />

Zweimal im Jahr ernten die beiden Brüder auf ihren<br />

in Terrassen angelegten Feldern. Reis haben sie<br />

gerade geerntet, das restliche Stroh abgebrannt. Nun<br />

pflügt Javier den Ackerboden um, während Jorge mit<br />

einem Spaten kleine Löcher in die Krume sticht, Soja-<br />

Saatgut hineinwirft und mit Erde abdeckt. Früher<br />

habe er Yucca gepflanzt. Soja aber wachse schneller,<br />

bringe mehr Ertrag und brauche weniger Wasser.<br />

Davon haben sie hier nicht immer genug. Doch der<br />

Anbau von Soja berge auch Risiken. „Zu viel Wasser<br />

verträgt die Pflanze nicht“, sagt der Familienvater.<br />

Ob es viel oder wenig regnen wird, das kann er<br />

heute nicht mehr einschätzen. Zu viel habe sich<br />

verändert. „Es gibt heute sehr viel mehr Krankheiten<br />

bei Pflanzen, bei Tieren, auch bei uns Menschen“,<br />

sagt Jorge. Nun grassiere in Morropón wieder<br />

Denguefieber. „Weil die Temperaturen raufund<br />

runtergehen, erkranken meine Kinder und leiden<br />

viel häufiger unter Erkältungen oder an<br />

Grippe“, sagt er. Außerdem registriert er mehr<br />

Schädlinge, Pilze und andere Plagen als früher.<br />

Weshalb er mehr Pestizide spritzen müsse. Das aber<br />

koste zusätzliches Geld und schade zudem der<br />

Umwelt.<br />

Die Brüder Jimenez sind mit ihren Beobachtungen<br />

nicht allein. Überall spüren Peruaner die Auswirkungen<br />

des <strong>Klimawandel</strong>s, egal ob sie nun in<br />

den semiariden Küstenregionen oder in der Andenregion<br />

Landwirtschaft betreiben, Trekkingtouristen<br />

in den Anden als Führer begleiten oder vom<br />

Fischfang im Pazifik oder in der Amazonasregion<br />

leben. Der <strong>Klimawandel</strong> ist für sie kein Zukunftsszenarium,<br />

sondern etwas, das bereits begonnen hat<br />

und mehr und mehr Einfluss auf ihr Leben nimmt.<br />

Wie die Menschen in Peru den <strong>Klimawandel</strong><br />

wahrnehmen, das offenbart die Fotoausstellung<br />

„Das Klima ändert sich und damit mein Leben“.<br />

Mitten in der Hauptstadt Lima, im Park von Miraflores,<br />

stehen die Lichtkästen. Sie zeigen großformatige<br />

Porträts von Frauen und Männern aus ganz<br />

Peru. Die Bewohner der Hauptstadt flanieren vorbei,<br />

betrachten die Bilder und lesen die Aussagen<br />

der Menschen über den <strong>Klimawandel</strong>. Zum Beispiel<br />

von Lidia Feliciano Benique aus Puno: „Oh Gott,<br />

was für ein Durcheinander. Wenn die Andenmöwe<br />

früher ihre Eier in der Prärie legte, konnten wir uns<br />

darauf verlassen, dass es ein trockenes Jahr mit wenig<br />

Regen geben würde. Doch letztes Jahr regnete<br />

es trotzdem sintflutartig und der Regen wusch alle<br />

Nester weg.“<br />

Die Ausstellung ist Teil eines Pilotprojektes zum<br />

<strong>Klimawandel</strong>, das die GTZ im Zuge eines vom<br />

BMZ finanzierten, international agierenden Beratungsprojekts<br />

zum Klimaschutz in Peru durchführt.<br />

Die porträtierten Menschen legen Zeugnis darüber<br />

ab, wie sich der <strong>Klimawandel</strong> bereits auf ihr Leben<br />

auswirkt und wie sie sich an die Veränderungen<br />

anpassen. „Die Ausstellung zeigt damit auch, wie<br />

wichtig das lokale und traditionelle Wissen der<br />

Menschen für den Anpassungsprozess ist“, sagt<br />

Ingrid Prem, Koordinatorin der Komponente<br />

„Schutz der natürlichen Ressourcen“ des deutschperuanischen<br />

Programms Nachhaltige Ländliche<br />

Entwicklung, in dessen fortlaufende Aktivitäten das<br />

Pilotprojekt samt Fotoausstellung eingebettet ist.<br />

Die Programmmitarbeiter beraten das peruanische<br />

Umweltministerium sowie die Regionalregierungen<br />

von Piura im Norden und Arequipa im Süden bei<br />

der Anpassung an den <strong>Klimawandel</strong>. Die Politik<br />

spielt dabei eine wichtige Rolle: „Praktische Schritte<br />

sind notwendig, wichtig ist es jedoch auch, dass<br />

der <strong>Klimawandel</strong> Sektoren übergreifend in den<br />

Planungsprozessen und bei öffentlichen Investitionen<br />

berücksichtigt wird“, sagt Ingrid Prem.<br />

Anpassung heißt dabei zweierlei: Die Risiken müs-<br />

ttt


K LIMAWANDEL akzente 4.08 13


14<br />

Agrarforschung:<br />

Luftwaffenmajor<br />

Guillermo Lazo (rechts)<br />

bei seiner agrometeorologischen<br />

Forschung auf einem<br />

Versuchsacker.<br />

sen minimiert und die aus dem Wandel erwachsenden<br />

Chancen genutzt werden.<br />

Gute Erfahrungen<br />

Wie sich Risiken verringern lassen, das zeigt die in<br />

Piura entwickelte Strategie zur Katastrophenvorsorge.<br />

Peru ist immer wieder den Auswirkungen des El-<br />

Niño-Phänomens ausgesetzt. Besonders hart trifft es<br />

die Region Piura. „Wir haben jedoch gelernt, dass wir<br />

gegenüber El Niño nicht machtlos sind – wenn wir<br />

uns darauf einstellen“, sagt Augusto Zegarra von der<br />

Regionalregierung Piura und fügt hinzu: „Nach den<br />

extremen Regenfällen von 1982 wurden die eingestürzten<br />

Brücken für größere Wassermassen ausgelegt<br />

und ohne Pfeiler gebaut, die Fundamente von Straßen<br />

gegen Unterspülungen gesichert und Straßen in Überflutungsgebieten<br />

auch als Kanäle ausgelegt. In jedem<br />

Distrikt gibt es inzwischen einen Katastrophenschutz,<br />

zudem wurden Vorsorgepläne geschrieben und Notfalllager<br />

angelegt.“<br />

Wichtige Schritte, und doch erst ein Anfang. Das<br />

El-Niño-Phänomen wird laut Experten infolge der<br />

globalen Erwärmung voraussichtlich nicht nur intensiver,<br />

sondern auch häufiger auftreten. Eine Anpassungsstrategie<br />

für die Region muss daher über<br />

die bisherige Vorsorge deutlich hinausgehen und<br />

alle betroffenen Sektoren einbeziehen.<br />

Den Politikern fehlen aber in der Regel auch Informationen,<br />

um den <strong>Klimawandel</strong> bei ihren Entscheidungen<br />

berücksichtigen zu können. Wichtige<br />

Daten dafür gibt es in vielen Regionen aber schon<br />

– zumindest auf dem Papier. Erhoben werden sie<br />

zum Beispiel vom peruanischen Meteorologie- und<br />

Wasserinstitut SENAMHI. Das staatliche, der Luftwaffe<br />

unterstellte Institut betreibt allein in der<br />

Region Piura 50 Wetterstationen. „Wir unterstützen<br />

SENAMHI dabei, die gewonnenen Daten zu<br />

interpretieren und zielgruppengerecht aufzubereiten“,<br />

sagt GTZ-Mitarbeiter Tulio Santoyo in Piura.<br />

Zusammen mit der Nationalen Universität von<br />

Piura und dem peruanischen Institut für Agrar-


K LIMAWANDEL akzente 4.08 15<br />

forschung wird außerdem agrometeorologische<br />

Forschung betrieben.<br />

Wie dies funktioniert, erläutert Guillermo Lazo auf<br />

dem Unigelände. In seiner blauen Uniform wirkt der<br />

Luftwaffenmajor ein wenig fremd auf dem Versuchsacker.<br />

Auf zwei etwa vier Quadratmeter großen<br />

Flächen wachsen jeweils 16 Pflanzen einer Maissorte.<br />

Wasser erhalten die Pflanzen aus Plastikbehältern,<br />

wodurch der genaue Wasserverbrauch ermittelt werden<br />

kann. „Bauern versorgen ihre Maisfelder mit bis<br />

zu 12 000 Kubikmetern Wasser pro Hektar. Wir<br />

glauben, dass die Pflanze bereits mit 8 000 Kubikmetern<br />

auskommt“, sagt der Major. Das gilt es nun<br />

zu beweisen. Ähnliche Versuche mit anderen Nutzpflanzen<br />

sollen dabei helfen, den tatsächlichen<br />

Wasserbedarf zu bestimmen und die knappe Ressource<br />

effizienter einzusetzen. Baumwolle, Zuckerrohr<br />

oder Reis, die in der Region vorwiegend angebaut<br />

werden, verbrauchen noch sehr viel mehr<br />

Wasser und sind für den Standort unter Nachhaltigkeitskriterien<br />

nicht mehr tragbar.<br />

Wasser für alle?<br />

Der Zugang zu Wasser und dessen gerechte Verteilung<br />

ist eines der wichtigen Themen bei der Klimaanpassung.<br />

Ob entlang der niederschlagsarmen Küste in der<br />

Region Piura genügend Wasser für Menschen und Bewässerungslandwirtschaft<br />

vorhanden sein wird, entscheidet<br />

sich in erster Linie oben in den Anden, in<br />

einer Höhe von weit mehr als 3 000 Metern. Dort speichern<br />

Böden und Pflanzen das wertvolle Nass in den<br />

Paramos, einer typischen Vegetationsform in den<br />

feuchten Hochgebirgen der tropischen Anden. Ob sie<br />

das auch in Zukunft tun werden, hängt von vielen<br />

Faktoren ab. Zum einen bedroht der <strong>Klimawandel</strong> das<br />

empfindliche ökologische Gleichgewicht dieser Zonen.<br />

Zum anderen werden die Paramos zunehmend in landwirtschaftliche<br />

Nutzflächen umgewandelt. Das hat drastische<br />

Folgen für den Wasserhaushalt. Die GTZ berät<br />

hier ihre Partner zum Beispiel beim Management von<br />

Wassereinzugsgebieten sowie bei der Ausweisung und<br />

dem Management von Schutzgebieten, inklusive alternativer<br />

Modelle für deren nachhaltige Finanzierung.<br />

Die Anpassung an den <strong>Klimawandel</strong> stößt aber in<br />

Peru zuweilen auf politische, wirtschaftliche und<br />

kulturelle Widerstände. Wasser ist solch ein politisches<br />

Thema, in dem regionale Akteure schnell in<br />

Einflussgebiete nationaler Unternehmen und Politiker<br />

geraten. Marcos Castillo scheut sich trotzdem<br />

nicht, die Dinge beim Namen zu nennen. Seine<br />

regionale Wasserbehörde verwaltet das Wasser der<br />

beiden Flüsse Chira und Piura. Diese transportieren<br />

im Jahr dreieinhalb Milliarden Kubikmeter, von<br />

denen anderthalb Milliarden Kubikmeter genutzt<br />

werden. Drei Viertel davon fließen in den Sommermonaten<br />

Januar bis April. „Wir müssen also Wasser<br />

sparen“, sagt Castillo.<br />

Um Anreize dafür zu schaffen, müsste das Wasser<br />

vier Mal mehr kosten als heute. Die Preise aber legen<br />

die Wasserbezirke fest, in denen die Wassernutzer<br />

organisiert sind. „Das ist so, als würden Autofahrer an<br />

„Wenn sich am Berg Ausangate Wolken bilden und er sich mit Schnee<br />

verhüllt, sind wir glücklich und bringen ihm Opfer. Er speichert das<br />

Wasser, dass wir in der Pflanzzeit von Oktober bis Dezember brauchen.<br />

Früher begann es im Oktober zu regnen, jetzt erst im Dezember.<br />

Das ist zu spät für unsere Kartoffeln, sie werden nicht mehr reif.“<br />

Maximo Crispin Mandura aus Ocongate, Cusco (2008)<br />

(Bild und Text aus der Fotoausstellung Peru)<br />

Foto I Thomas J. Mueller (DED/SPDA)<br />

Die Lage<br />

Das Ziel<br />

Das Konzept<br />

Die Partner<br />

Die Kosten<br />

ttt<br />

Praktische Anpassungsschritte<br />

Die Auswirkungen des <strong>Klimawandel</strong>s bedrohen in Peru<br />

Bevölkerung und Ökosysteme und damit die Nachhaltigkeit<br />

der Entwicklungsprozesse.<br />

Die Partnerorganisationen sind in der Lage, die negativen<br />

Auswirkungen des <strong>Klimawandel</strong>s in den Regionen Piura und<br />

Arequipa zu mindern.<br />

Die GTZ berät ihre Partner dabei, Klimaszenarien zu erstellen,<br />

Daten aufzubereiten und zu verbreiten, praktische Anpassungsschritte<br />

in der Landwirtschaft und im Wassermanagement<br />

einzuleiten und das Thema Anpassung in<br />

lokale und regionale Planungsprozesse zu integrieren.<br />

Das Umweltministerium, die Regionalregierungen von<br />

Piura und Arequipa, lokale Verbände und Nutzergruppen.<br />

Das BMZ unterstützt die Technische Zusammenarbeit zur<br />

Anpassung an den <strong>Klimawandel</strong> in Peru über ein Pilotprojekt<br />

des überregionalen Klimaschutzprogramms der GTZ<br />

mit rund 150 000 Euro.


16<br />

Porträts im<br />

Großformat: Die<br />

Lichtkästen der<br />

Fotoausstellung „Das<br />

Klima ändert sich und<br />

damit mein Leben“<br />

ziehen im Park von<br />

Miraflores in Lima die<br />

Blicke der Passanten<br />

auf sich.<br />

der Tankstelle selbst den Preis bestimmen können“,<br />

sagt Marcos Castillo und lacht. Die Ansicht, Wasser sei<br />

umsonst, könne jedoch nur langfristig verändert werden.<br />

Der Mann sieht seine Aufgabe sportlich. Auf einem<br />

Registerschrank in seinem Büro stehen fünf Fußballpokale,<br />

die er gewonnen hat.<br />

Dass man Wasserressourcen und Bewässerungsdistrikte<br />

erfolgreich managen kann, hat Marcos<br />

Castillo in San Lorenzo bewiesen. Statt 25 000 Kubikmetern<br />

pro Hektar Reisfeld verbrauchen die<br />

Bauern in San Lorenzo nur noch 13 000 Kubikmeter.<br />

Diesen Erfolg will er nun wiederholen. Seine<br />

Behörde wartet Kanäle und Staudämme, installiert<br />

Wasserzähler, um den tatsächlichen Bedarf zu ermitteln,<br />

berät Farmer und macht Vorschläge, in welchen<br />

Zonen welche Pflanzen angebaut werden sollten.<br />

Gemeinsam mit der GTZ hat er dazu einen<br />

Jahresplan erarbeitet.<br />

Auf dem Weg von Sullana zurück nach Piura führt<br />

die Straße an Sanddünen und einer endlos scheinenden<br />

Einöde vorbei. Dann aber verändert sich die<br />

Landschaft. Zu beiden Seiten stehen Bäume und<br />

Sträucher. „Vor dreißig Jahren gab es hier nur Wanderdünen<br />

und wenig Vegetation“, erzählt Tulio Santoyo.<br />

Nun aber bedecken Baumarten wie Algarrobo,<br />

Zapote oder Overal rund 600 000 Hektar. Sie<br />

verdanken ihre Existenz den intensiven Regenfällen<br />

während der El-Niño-Phasen. Mit den Bäumen haben<br />

sich auch Menschen angesiedelt. Aus den Früchten<br />

des Algarrobo-Baumes wird ein sehr beliebter<br />

Sirup gewonnen, aus den anderen Arten sägen die<br />

Einheimischen Bauholz. Bei der nachhaltigen Nutzung<br />

werden sie von der GTZ beraten.<br />

Wandel in den Köpfen<br />

„Ziel ist es, die sogenannte Anpassungsfähigkeit zu<br />

erhöhen“, sagt Ingrid Prem. Dazu brauche das Land<br />

noch mehr Fachleute, die solche Anpassungen auch<br />

planen und umsetzen können. Gleichzeitig würden<br />

nicht nur geeignete Technologien, sondern auch verlässliche<br />

Daten und entsprechende Finanzmittel be–<br />

nötigt. Wichtig sei zudem ein faires, transparentes<br />

Zusammenspiel von Staat und Zivilgesellschaft. Voraussetzungen,<br />

die in Peru in vielen Bereichen noch<br />

nicht ausreichend gegeben sind. Bei diesem Veränderungsprozess<br />

unterstützt die GTZ ihre Partner.<br />

Die Bevölkerung muss außerdem besser als bisher<br />

über den <strong>Klimawandel</strong> informiert werden. In Arequipa<br />

hat das Thema bereits Einzug in die Lehrpläne<br />

gehalten. Dafür wurden Unterrichtsmaterialien altersgerecht<br />

aufbereitet und auf die Region zugeschnitten.<br />

So spielt auch schon mal der Gletscher Coropuna<br />

die Hauptrolle in einem spannenden Klima-<br />

Comic. Auf diese Art und Weise erfahren die kleinen<br />

Arequipeños spielerisch die Ursachen und<br />

Auswirkungen der globalen Erwärmung und wie<br />

wichtig ein verantwortungsbewusster Umgang mit<br />

den natürlichen Ressourcen ist. Die Kinder zu erreichen<br />

ist besonders wichtig, nicht zuletzt, weil sie<br />

ihre wachsende Sensibilität ins Elternhaus tragen.<br />

Die Fotoausstellung ist Teil dieser Kommunikationsstrategie.<br />

Sie ist als Wanderausstellung konzipiert.<br />

„Die Fotoschau versteht sich als wachsende Sammlung<br />

von Zeitzeugenberichten über den <strong>Klimawandel</strong><br />

und dokumentiert, wie die Menschen sich daran anpassen“,<br />

sagt Ingrid Prem. Besonders die Menschen<br />

auf dem Land verfügen über Erfahrung mit der Anpassung.<br />

Ihr enormer Wissensschatz soll die Erkenntnisse<br />

der Wissenschaft ergänzen. Vielen anderen Menschen<br />

mangelt es jedoch noch an Wissen und Einsicht,<br />

beklagt Henry Llerena, Präsident eines Bewässerungskomitees<br />

in Arequipa und eine der Personen,<br />

die die Fotoausstellung porträtiert. „Alles ändert sich“,<br />

sagt er, „aber leider dauert es länger, bis sich auch in<br />

den Köpfen der Menschen etwas verändert.“<br />

Michael Netzhammer ist freier Journalist in Hamburg.<br />

Die Fotoausstellung im Internet: www.elclimacambia.pe<br />

t


K LIMAWANDEL<br />

akzente 4.08<br />

17<br />

Jesca Eriyo ist eine von drei Frauen an der Spitze<br />

des Ministeriums für Wasser und Umweltschutz in<br />

Uganda. Akzente sprach mit ihr über die Folgen des<br />

<strong>Klimawandel</strong>s und Fragen der Anpassung.<br />

Jesca Eriyo,<br />

Staatsministerin<br />

für Umweltschutz<br />

im Ministerium für<br />

Wasser und Umweltschutz<br />

in Uganda.<br />

Foto I Peter Himsel<br />

„Afrika ist<br />

der verwundbarste<br />

Kontinent“<br />

Akzente: Sehr geehrte Frau Ministerin,<br />

in welcher Weise ist Ihr<br />

Land Uganda vom <strong>Klimawandel</strong><br />

betroffen?<br />

Jesca Eriyo: Die Wirtschaft<br />

Ugandas ist in weiten Teilen<br />

von der Nutzung der natürlichen<br />

Ressourcen des Landes<br />

abhängig, die wiederum empfindlich<br />

auf Klimavariabilität<br />

und <strong>Klimawandel</strong> reagieren. Das<br />

wichtigste Standbein der Wirtschaft<br />

ist die Landwirtschaft.<br />

Die landwirtschaftlichen Erträge<br />

und in der Folge auch die Exporte<br />

sind stark von Klimavariabilität<br />

und <strong>Klimawandel</strong> betroffen.<br />

Die Auswirkungen des <strong>Klimawandel</strong>s<br />

beschränken sich<br />

aber nicht nur auf den landwirtschaftlichen<br />

Sektor, sondern<br />

weiten sich auf andere Sektoren<br />

aus, wie zum Beispiel Gesundheit,<br />

Wasser, Energie und Verkehrsinfrastruktur.<br />

Welches sind die akuten Folgen?<br />

Uganda sah sich in immer kürzerer<br />

Abfolge mit extremen<br />

Wetter- und Klimaereignissen<br />

konfrontiert, wie zum Beispiel<br />

Dürren und schweren Stürmen<br />

mit Hagelstürmen und Überschwemmungen.<br />

Jedes dieser<br />

Ereignisse hatte schwerwiegende<br />

negative Auswirkungen auf<br />

unsere Armutsbekämpfungsprogramme.<br />

Die lang anhaltenden<br />

Dürreperioden der Jahre<br />

2005 und 2006 ließen den Wasserstand<br />

des Viktoriaseebeckens<br />

absinken, was wiederum schwerwiegende<br />

Auswirkungen auf<br />

Ugandas Stromerzeugung durch<br />

Wasserkraft hatte. Die damit<br />

erzwungene Energieerzeugung<br />

durch Wärmekraft gehört zu<br />

den Folgen dieser Dürreperioden.<br />

Die Überschwemmungen<br />

des Jahres 2007, von denen<br />

die Region Teso in Ostuganda<br />

sowie einige Teile Nordugandas<br />

betroffen waren, zerstörten<br />

Ernten und Infrastruktur, wie<br />

zum Beispiel Brücken und Häuser<br />

in armen ländlichen Gemeinden.<br />

Die Fluten führten auch<br />

zum Ausbruch von Malaria,<br />

Cholera, Ruhr und Durchfallerkrankungen.<br />

Die Menschen in<br />

diesen ländlichen Gebieten sind<br />

noch dabei, sich ihr Leben wieder<br />

neu aufzubauen. Lang anhaltende<br />

Dürreperioden führen<br />

zum Tod von Tieren, Hungers-<br />

nöten und durch Krankheitserreger<br />

in der Luft übertragenen<br />

Krankheiten, wie zum Beispiel<br />

Meningitis und Atemwegserkrankungen.<br />

Landrutsche zerstören<br />

Gehöfte und verschütten<br />

Brunnen, Wasserquellen trocknen<br />

aus.<br />

Welche Teile der ugandischen<br />

Bevölkerung sind am härtesten<br />

betroffen?<br />

Die Hochlandgebiete sind dicht<br />

bevölkert. Dies hat zu einer<br />

Umweltdegradierung geführt,<br />

die sich in einer Versandung<br />

von Gewässern, im Austrocknen<br />

von Feuchtgebieten sowie<br />

in einer größeren Entwaldung<br />

zeigt. In der Folge breiteten<br />

sich, begünstigt durch höhere<br />

Temperaturen, Moskitos aus.<br />

Die Gefahr von Erdrutschen ist<br />

höher. Der sogenannte Viehkorridor,<br />

der sich von Mbarara<br />

in Südwestuganda bis Karamoja<br />

im Nordosten erstreckt, ist ein<br />

Trockengebiet mit Tierbestand.<br />

Der wachsende Tierbestand<br />

führte zu einer steigenden Landdegradierung<br />

sowie zu Wanderbewegungen<br />

der Tiere auf<br />

ttt


18<br />

der Suche nach Wasser und<br />

Gras. Die Konsequenz: häufigere<br />

Konflikte um diese Ressourcen<br />

und in der Folge eine<br />

Destabilisierung dieser Region.<br />

Wie trifft der <strong>Klimawandel</strong> die<br />

Frauen?<br />

In vielen afrikanischen Ländern<br />

sind die Rollen für Frauen und<br />

Männer klar definiert. Diese Rollen<br />

unterscheiden sich in den<br />

jeweiligen ethnischen Gruppen.<br />

Die allgemeine Sorge für die Familie,<br />

der Anbau von Feldfrüchten,<br />

die Ernte, das Kochen sowie<br />

das Holen von Wasser und<br />

Sammeln von Feuerholz fallen<br />

ausschließlich in den Arbeitsbereich<br />

von Frauen und Mädchen.<br />

Diese Aktivitäten sind allgemein<br />

klimaanfällig. Der <strong>Klimawandel</strong><br />

hat negative Auswirkungen auf<br />

die Lebensführung der Frauen.<br />

Sie benötigen mehr Zeit für die<br />

Arbeit auf den Feldern sowie<br />

zum Feuerholzsammeln und<br />

Wasserholen. Nahe gelegene<br />

Wasserläufe sind ausgetrocknet.<br />

Der schlechte Gesundheitszustand<br />

der Familie, zum Beispiel<br />

als Folge von Dürreperioden<br />

oder Keimen im Wasser als Folge<br />

der Überschwemmungen, setzt<br />

die Frauen zusätzlich unter<br />

Druck. Sie leiden am stärksten<br />

unter den Auswirkungen des<br />

<strong>Klimawandel</strong>s.<br />

Was hat in dieser Situation auf<br />

nationaler und lokaler Ebene<br />

Priorität?<br />

Um ein nachhaltiges wirtschaftliches<br />

Wachstum zu gewährleisten,<br />

liegen die Leistungsschwerpunkte<br />

auf nationaler Ebene in<br />

der Agrarproduktion und in der<br />

Stromerzeugung durch Wasserkraft.<br />

Auf lokaler Ebene geht es<br />

um den Zugang zu Wasser, grundlegende<br />

Gesundheitsdienste und<br />

Biomasseenergie. Agrarproduktion,<br />

Zugang zu Wasser, Gesundheitsdienste<br />

und Biomasseenergie<br />

stehen in wechselseitiger<br />

Beziehung. Eine geringe Agrarproduktion<br />

wirkt sich auf die<br />

Gesundheit aus und umgekehrt.<br />

In ähnlicher Weise wirkt sich<br />

eine Belastung der Gewässer<br />

negativ auf die Agrarproduktion<br />

und die Gesundheit aus.<br />

Welche Rolle spielt der Umgang<br />

mit Biomasse in Uganda?<br />

Ugandas Energiebedarf wird zu<br />

rund 95 Prozent aus der Biomasse<br />

natürlicher Wälder gedeckt.<br />

Trotz dieser großen Bedeutung<br />

gab es in Uganda keine bewusste<br />

Politik zur Unterstützung und<br />

Förderung der Energieerzeugung<br />

aus Biomasse. Die hohen Kosten<br />

für Elektrizität und andere Energieformen<br />

sowie die steigende<br />

Bevölkerungszahl führten zu einer<br />

stärkeren Abholzung, was<br />

insbesondere in Form von Landdegradierung<br />

schwerwiegende<br />

Konsequenzen für die physikalische<br />

Umwelt nach sich zieht.<br />

Der Viehkorridor ist davon besonders<br />

schwer betroffen. Abholzung<br />

und Landdegradierung<br />

sind zwei Hauptfaktoren für den<br />

Verlust von Oberboden und damit<br />

für den Rückgang der Produktivität.<br />

Wie äußert sich das konkret?<br />

<strong>Im</strong> West-Nil-Distrikt zum Beispiel<br />

wurden Wälder für den<br />

Anbau und die Trocknung von<br />

Tabak abgeholzt, so dass die<br />

Frauen jetzt vier bis fünf Stunden<br />

benötigen, um Feuerholz zu<br />

sammeln. In vielen anderen<br />

Gebieten Nord- und Ostugandas<br />

ist die Situation nicht besser:<br />

Binnenvertriebene haben den<br />

Großteil der Vegetation gerodet<br />

und werden, sobald sie nach<br />

Hause zurückkehren, weitere<br />

Rodungen für Bautätigkeiten<br />

und die Erschließung von<br />

Ackerland vornehmen. Anpflanzungen<br />

von Waldgebieten und<br />

Agroforstwirtschaft müssen gefördert<br />

werden. Zusätzlich zur<br />

Abmilderung des <strong>Klimawandel</strong>s<br />

und der Anpassung daran bringen<br />

derartige Bemühungen vielfache<br />

Vorteile, wie zum Beispiel<br />

höhere Bodenfruchtbarkeit, verbesserte<br />

Wasserfassung und Zugang<br />

zur Biomasseenergie.<br />

Welches sind die wichtigen Kooperationen<br />

im Kampf gegen den<br />

<strong>Klimawandel</strong> und wo muss noch<br />

agiert werden?<br />

Die United Nations Framework<br />

Convention on Climate Change,<br />

die UNFCCC, stellt die internationale<br />

Basis für den Umgang<br />

mit dem <strong>Klimawandel</strong> dar. Das<br />

Kyoto-Protokoll enthält rechtlich<br />

verbindliche Auflagen und<br />

es ist wichtig, dass die Vertragsparteien<br />

ihren Verpflichtungen<br />

nachkommen und die Regierungen<br />

und Menschen in die<br />

Pflicht nehmen, ihren Teil beizutragen.<br />

Während insbesondere<br />

in einigen entwickelten Ländern<br />

unter den Vertragsparteien,<br />

wie zum Beispiel Deutschland,<br />

einige moderate Anstrengungen<br />

zur Reduzierung der Treibhausgas-Emissionen<br />

unternommen<br />

wurden, waren die Anpassungserfolge<br />

an den <strong>Klimawandel</strong> in<br />

den Entwicklungsländern wesentlich<br />

geringer. Alle Länder<br />

haben zum <strong>Klimawandel</strong> beigetragen.<br />

Und obwohl der Beitrag<br />

der am wenigsten entwickelten<br />

Länder am geringsten ist, sind<br />

sie aufgrund ihres Entwicklungsstands<br />

am meisten davon betroffen.<br />

Daher ist es nur fair, wenn<br />

entwickelte Länder den Bedürfnissen<br />

dieser Länder ihre spezielle<br />

Aufmerksamkeit widmen.<br />

Was erwarten Sie von der<br />

Gebergemeinschaft?<br />

Allgemein gab es einiges Durcheinander<br />

zwischen den Verpflichtungen<br />

aus multilateralen Abkommen<br />

und der Entwicklungszusammenarbeit.<br />

Die Vertragsparteien<br />

müssen versuchen, so<br />

weit wie möglich ihre Verpflichtungen<br />

aus der UNFCCC und<br />

dem Kyoto-Protokoll zu erfüllen.<br />

Entwickelte Länder unterhalten<br />

aber auch bilaterale Programme<br />

in Entwicklungsländern.<br />

Diese Programme sind<br />

und werden durch die Auswirkungen<br />

des <strong>Klimawandel</strong>s negativ<br />

beeinflusst. Der <strong>Klimawandel</strong><br />

muss daher in diese Programme<br />

integriert werden. Nur<br />

wenige entwickelte Länder und<br />

Entwicklungsländer haben dies


K LIMAWANDEL akzente 4.08 19<br />

bisher getan. Entwicklungsagenturen<br />

beginnen jetzt damit, den<br />

<strong>Klimawandel</strong> in ihre bilateralen<br />

Programme zu integrieren. Praktische<br />

Maßnahmen könnten den<br />

Bedarf und die Bedeutung der<br />

Integration des <strong>Klimawandel</strong>s in<br />

sektorenspezifische Aktivitäten<br />

verdeutlichen.<br />

Was ist nötig, um ein internationales<br />

Abkommen für ein zukünftiges<br />

Klimaregime zu entwickeln?<br />

Die wissenschaftliche Beweislast<br />

ist mittlerweile erdrückend: Der<br />

<strong>Klimawandel</strong> ist bereits im Gange<br />

und wird sich fortsetzen.<br />

Insbesondere für die Entwicklung<br />

in den armen Ländern bedeutet<br />

der <strong>Klimawandel</strong> ein<br />

großes Risiko und verlangt dringendes<br />

Handeln. Es lohnt sich<br />

auch finanziell, in eine Reduzierung<br />

der Treibhausgas-Emissionen<br />

zu investieren. Auf der Gesetzes-<br />

und Politikebene muss<br />

dringend ein klares Verständnis<br />

über die Bedrohung durch den<br />

<strong>Klimawandel</strong> und seine Auswirkungen<br />

herrschen. Der Bali Action<br />

Plan ist ein richtiger Schritt<br />

in die richtige Richtung. Wir<br />

müssen diese Dynamik durch<br />

den Dialog auf dem Weg nach<br />

Kopenhagen aufrechterhalten<br />

und unser Engagement zur<br />

Lösung des Problems praktisch<br />

unter Beweis stellen. Dies wird<br />

sicherlich sowohl auf technischer<br />

als auch auf politischer<br />

Ebene große Anstrengungen<br />

erfordern. Dies ist notwendig.<br />

Wir können es uns nicht leisten,<br />

in unseren Bemühungen nachzulassen.<br />

Wird genug getan zur Bewältigung<br />

der Auswirkungen des <strong>Klimawandel</strong>s<br />

auf dem afrikanischen<br />

Kontinent?<br />

Es wird ganz sicherlich nicht<br />

genug getan, um Afrika beim<br />

Aufbau der erforderlichen Kapazitäten<br />

zur Anpassung an den<br />

<strong>Klimawandel</strong>, und zur Bewältigung<br />

der Folgen zu unterstützen.<br />

Afrika ist der verwundbarste<br />

Kontinent, insbesondere Afrika<br />

südlich der Sahara. Dort<br />

gibt es große Trockengebiete.<br />

Die Wasserknappheit nimmt zu.<br />

Die zunehmend schweren und<br />

länger anhaltenden Dürreperioden<br />

verursachen Elend und<br />

Leid. Es gibt keine nachhaltige<br />

Nahrungsmittelhilfe. Afrika<br />

muss Unterstützung erhalten,<br />

um innovative Wege zur Anpassung<br />

an die potenziellen Risiken<br />

des <strong>Klimawandel</strong>s zu finden.<br />

Afrikas Beitrag zu den globalen<br />

Treibhausgas-Emissionen beträgt<br />

vier Prozent, und dennoch zahlt<br />

der Schwarze Kontinent viel,<br />

viel mehr als andere Kontinente.<br />

Es ist an der Zeit, dass die<br />

Weltgemeinschaft beginnt, ihren<br />

Beitrag zu den globalen Problemen<br />

anzuerkennen und den entsprechenden<br />

Anteil an Verantwortung<br />

zu übernehmen. Preiswerter<br />

und adäquater Technologietransfer<br />

ist für Afrika von<br />

großer Bedeutung. Erneuerbare<br />

Energien sowie Technologien<br />

zur Wettervorhersage und Frühwarnsysteme<br />

müssen dringend<br />

entwickelt werden.<br />

t<br />

Das Gespräch führte Hermann-Josef Plumm.<br />

Er ist GTZ-Programmleiter im ugandisch-deutschen<br />

Programm zur Entwicklung des Wassersektors.<br />

Auf dem Podium:<br />

Jesca Eriyo, ergreift<br />

auf vielen Konferenzen<br />

das Wort.<br />

Foto I Peter Himsel


20<br />

Klimabewusste<br />

Allianzen<br />

Claudia Altmann | Text<br />

Der <strong>Klimawandel</strong> ist längst kein rein wissenschaftliches Phänomen mehr.<br />

Die Frage der Anpassung an die Folgen hat den politischen und praktischen<br />

Alltag erreicht. In Tunesien formiert sich eine klimabewusste Allianz. Sie verbindet<br />

kleine Dörfer und die große Politik.<br />

N<br />

och herrscht Stille im Palmenhain von Ha–<br />

zoua, einem kleinen tunesischen Ort an<br />

der algerischen Grenze. Inmitten der Wüste<br />

hat sich die Natur hier ein Fleckchen reserviert,<br />

wo sie unter dem Dach unzähliger Palmwedel in<br />

angenehmer Kühle Gemüse und Obstbäume gedeihen<br />

lässt. Schwer hängen die Zweige mit den prallen<br />

Datteln zur Erde herab. Die meisten haben<br />

bereits die goldbraune Farbe angenommen, die<br />

einen vollmundigen süßen Geschmack verspricht.<br />

Von Oktober bis Dezember werden die Männer im<br />

Dorf die großen Stämme erklimmen und Zweig um<br />

Zweig herunterholen.<br />

Die Dattelsorte „Deglet Nour“ gilt als die schmackhafteste.<br />

Tunesien liefert davon rund 35 000 Tonnen<br />

jährlich nach Europa, wo die gesunde und nahrhafte<br />

Frucht sehr beliebt ist. Die Datteln aus Hazoua übertreffen<br />

diese Qualität noch. Der Grund: Sie stammen<br />

aus nachhaltigem biologisch-dynamischem Anbau. Vor<br />

sechs Jahren entschieden sich einige Bauern für diese<br />

Art des Anbaus und gründeten den Verband zur Entwicklung<br />

der biodynamischen Landwirtschaft. „Wir<br />

sind eigentlich Beduinen und von daher schon immer<br />

gegen die Anwendung chemischer Produkte“, sagt<br />

Verbandschef Saidi und fügt hinzu: „Hier bot sich für<br />

uns eine gute Gelegenheit für eine Produktion nach<br />

unseren Vorstellungen mit gleichzeitiger Exportgarantie.“<br />

Saidi zählt mittlerweile 120 Bauern zu seinen Mitstreitern,<br />

die 111 Hektar Nutzfläche bearbeiten. Der<br />

Export stieg von 66 Tonnen im ersten Jahr auf 160<br />

Tonnen im Jahr 2007. Von der ortsansässigen Firma<br />

Beni Ghreb wird die Ernte für den Export verarbeitet.<br />

Die Schweizer Firma Vita Terra vermarktet sie<br />

anschließend nach den Regeln des fairen Handels in<br />

ganz Europa. Die Zertifikate „Ecocert“ und „<strong>Dem</strong>eter“<br />

auf den Verpackungen garantieren dem Verbraucher,<br />

dass er Datteln aus rein biologischer sowie<br />

sozial- und umweltverträglicher Produktion genießen<br />

kann.<br />

Die Bauern verdienen mit dieser neuen Produktionsart<br />

bis zu 30 Prozent mehr. Außerdem haben<br />

sie die Sicherheit, dass ihre gesamte Ernte aufgekauft<br />

wird und der Preis nicht von Schwankungen<br />

und Spekulationen des nationalen Marktes abhängt.<br />

Seit vier Jahren exportieren sie hochwertige Sämereien<br />

bis in die Schweiz. Der Versand von Trockengemüse<br />

soll demnächst folgen. „Diese Vielfalt ist<br />

neu für Hazoua“, sagt Saidi und fügt hinzu: „Am<br />

wichtigsten aber ist für uns, dass wir unseren Kindern<br />

später gesunde Palmen und Pflanzen auf<br />

gesundem Boden in die Hände geben werden.“ Das<br />

Beispiel aus Hazoua hat sich bis nach Europa herumgesprochen,<br />

und so kommen jährlich mehrere kleine<br />

Besuchergruppen.<br />

Den geschäftstüchtigen Oasenbewohnern tut sich<br />

damit ein weiteres Feld auf: der Ökotourismus.<br />

„Wir wollen uns damit schon bald eine weitere Einnahmequelle<br />

erschließen“, kündigt Saidi optimistisch<br />

an. Eine steigende Zahl von Besuchern, die<br />

sich für die Bewirtschaftungsmethode interessieren,<br />

besucht schon jetzt die Oase Hazoua. Eine Entwicklungspartnerschaft<br />

mit der Wirtschaft unterstützt<br />

den Ökotourismus in der Oase. An ihr sind die<br />

Tunesische Firma Beni Ghrib, die Schweizer Firma<br />

Vita Terra beteiligt sowie die GTZ, und zwar über<br />

zwei ihrer im Auftrag des BMZ laufenden Projekte:<br />

zur Umsetzung der Klimarahmenkonvention in<br />

Tunesien sowie des nationalen Aktionsplans gegen<br />

Desertifikation.<br />

Sensible Klimazone<br />

Die Biodattel hat dem Ort Hazoua mit seinen 4 500<br />

Einwohnern noch mehr gebracht als wirtschaftlichen<br />

und sozialen Erfolg. Die Dorfbewohner sind<br />

sensibel geworden, was ihre Umwelt und damit<br />

verbundene Aspekte nachhaltiger Entwicklung<br />

angeht. Ihre Oase liegt am Rande des Salzsees<br />

Schott el-Djerid und damit in einer vom Klima-


KLIMAWANDEL<br />

akzente 4.08<br />

21<br />

wandel besonders bedrohten Region. Eine Gefahr,<br />

die ihnen hier droht, tritt immer deutlicher zutage:<br />

„Seit mehreren Jahren ist der im September übliche<br />

Regen ausgeblieben“, beklagt der Umweltschützer<br />

Benmahfoudh Okacha von der Nichtregierungsorganisation<br />

Club UNESCO Tozeur. Zudem hätten<br />

hausgemachte Probleme zur Veränderung des Klimas<br />

beigetragen: Die Anbaufläche für Datteln wurde<br />

auf 6 000 Hektar verdoppelt und die angelegten<br />

Brunnen entzogen dem Salzsee das Wasser. Weil der<br />

See nun nicht mehr als Stabilisator und Wasserspeicher<br />

zur Versorgung der Oasen funktioniert, gerät<br />

das natürliche Gleichgewicht aus den Fugen. Die reflektierende<br />

weiße Salzoberfläche des ausgetrockneten<br />

Sees lässt die Temperaturen noch steigen.<br />

Für Sorten wie Deglet Nour ist das Klima viel zu<br />

heiß und trocken. „Seit Jahren schlagen wir bei den<br />

Behörden deswegen Alarm, aber der Staat reagiert<br />

nicht“, kritisiert Umweltschützer Benmahfoudh<br />

Okacha und befürchtet: „In diesem Jahr müssen wir<br />

Schmackhafter<br />

Exportschlager:<br />

<strong>Im</strong>mer mehr Besucher<br />

interessieren sich für<br />

die biologisch-dynamischen<br />

Anbaumethoden<br />

der Dattelbauern in<br />

der Oase Hazoua.<br />

Von der Dattelsorte<br />

„Deglet Nour“ gehen<br />

rund 35 000 Tonnen<br />

jährlich nach Europa.<br />

Foto I Claudia Altmann


22<br />

wegen der anhaltenden Hitze mit bis zu 40 Prozent<br />

Ernteverlust rechnen. Das bedeutet für die rund<br />

100 000 Einwohner der Region eine Katastrophe,<br />

leben doch 90 Prozent von ihnen vom Dattelanbau.“<br />

Die sozialen Konsequenzen liegen auf der<br />

Hand. Als Beispiel zitiert Okacha die Stadt Nefta,<br />

einst die „Perle der Oasen“, deren Einwohnerzahl in<br />

den vergangenen 50 Jahren durch Abwanderung in<br />

die Küstenregionen um mehr als die Hälfte auf<br />

20 000 Menschen zurückging.<br />

Diesen Trend hat auch die GTZ beobachtet, die in<br />

der Region im Auftrag des Bundesministeriums für<br />

wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung<br />

seit mehreren Jahren mit dem Programm zur Eindämmung<br />

der Wüstenbildung präsent ist. Die GTZ-<br />

Mitarbeiter sind überzeugt vom Engagement der<br />

Kleinbauern von Hazoua und unterstützen sie bei<br />

der besseren Nutzung von Drainagewasser für die<br />

Kompostproduktion. Die Entwicklungspartnerschaft<br />

mit der Firma Vita Terra fördert die Erarbeitung des<br />

Ökotourismus-Konzepts und dessen Umsetzung. Das<br />

reicht von der Ausbildung der Touristenführer und<br />

Buchhalter über die Aufstellung eines Geschäftsplanes<br />

bis hin zum Bau einer Herberge.<br />

Fundierte Prognosen<br />

Die Lage<br />

Das Ziel<br />

Das Konzept<br />

Die Partner<br />

Die Kosten<br />

Die GTZ-Aktivitäten in Hazoua sind nur ein Teil des<br />

ganzen Programms, mit dem Tunesien sich langfristig<br />

an den <strong>Klimawandel</strong> anpassen will. Das Land hat<br />

die Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen<br />

und das Kyoto-Protokoll ratifiziert. Doch es fehlt an<br />

institutionellen und fachlichen Voraussetzungen, um<br />

dem Problem die Stirn zu bieten.<br />

Die Prognosen sind alarmierend. Eine Studie sagt<br />

bis zum Jahr 2030 einen Temperaturanstieg von 0,9<br />

Grad Celsius im Norden und 1,6 Grad Celsius im<br />

Kapazitäten für den Klimaschutz<br />

In Tunesien fehlen institutionelle und fachliche<br />

Voraussetzungen, um dem <strong>Klimawandel</strong> zu<br />

<strong>begegnen</strong>.<br />

Nationale Strukturen für den Klimaschutz schaffen<br />

die rechtlichen, institutionellen und fachlichen Voraussetzungen<br />

dafür, den Klimaschutz zu verbessern.<br />

Die GTZ berät im Umgang mit dem Clean Development<br />

Mechanism und fördert nationale Sektorstrategien<br />

zur Anpassung an den <strong>Klimawandel</strong><br />

in den Sektoren Landwirtschaft, Gesundheit,<br />

Tourismus und Umwelt sowie entsprechende<br />

Aktionspläne.<br />

Tunesische Regierungsstellen, Weltbank, UNDP<br />

und Globale Umweltfazilität.<br />

Das BMZ fördert die Technische Zusammenarbeit<br />

zur Unterstützung bei der Umsetzung der Klimarahmenkonvention<br />

in Tunesien mit 4,5 Millionen<br />

Euro.<br />

Süden voraus. Zu den erwarteten Wetterextremen<br />

gehören heftigere Regenfälle im Norden sowie<br />

schneller aufeinanderfolgende Hitzewellen im<br />

Zentrum und Süden des Landes, die die Wasservorräte<br />

um 28 Prozent schrumpfen lassen werden.<br />

Die vorausgesagten Entwicklungen bis 2050 sind<br />

noch beängstigender. Zwischen 1999 und 2003<br />

erlebte Tunesien bereits vier lange Dürrezeiten, die<br />

schwerwiegende Folgen vor allem für den Getreideanbau<br />

hatten. Fast jeder Dritte der zehn Millionen<br />

Tunesier lebt von der Landwirtschaft. Bestätigen<br />

sich die Voraussagen, so wird die Olivenernte bis<br />

2050 um die Hälfte sinken und die Anbaufläche für<br />

Getreide um 20 Prozent zurückgehen. Der <strong>Klimawandel</strong><br />

lässt die Desertifikation noch schneller voranschreiten.<br />

Ein weiteres Problem ist der erwartete Anstieg<br />

des Meeresspiegels, der das vom Tourismus lebende<br />

Land an seiner 1 300 Kilometer langen Küste treffen<br />

wird. Das mögliche Szenario: Ferienparadiese<br />

wie die Insel Djerba werden teilweise von der<br />

Landkarte verschwinden. Ein Drittel der Inselgruppe<br />

Kerkenna wird bis 2030 vom Mittelmeer verschluckt.<br />

Zugebaute Lagunen und Dünen in Hamam Lif sowie<br />

umgeleitete Flussbetten bei Biserta in Nordtunesien<br />

beschleunigen den zerstörerischen Prozess, so die<br />

Prognose.<br />

Die Studie habe gezeigt, wie komplex das Problem<br />

und wie dringlich die Suche nach Lösungen<br />

ist, meint Ammar Amri, dessen Beratungsbüro die<br />

Studie im Auftrag der GTZ und des tunesischen


K LIMAWANDEL<br />

akzente 4.08<br />

23<br />

Tunesien:<br />

Überschwemmung als<br />

Folge von extremen<br />

Niederschlägen und<br />

fehlender Drainage.<br />

Gleichzeitig dehnt sich<br />

an anderer Stelle die<br />

Wüste aus.<br />

Foto I GTZ<br />

Landwirtschaftsministeriums sowie mit Unterstützung<br />

internationaler Experten erarbeitete. Die Regierung<br />

sei gezwungen, sich dem Problem zu stellen.<br />

„Der Gesellschaft muss bewusst werden, dass es<br />

hier nicht länger um ein wissenschaftliches Thema<br />

geht“, fordert er. Ein wichtiger Erfolg sei es, den<br />

übergreifenden Charakter des Problems aufgezeigt<br />

zu haben.<br />

Prävention am runden Tisch<br />

Dieser Meinung ist auch Jörg Linke, der das GTZ-<br />

Team im Programm zur Eindämmung der Wüstenausbreitung<br />

leitet. „Wir haben eine mehrere Sektoren<br />

übergreifende Herangehensweise erarbeitet und<br />

Experten aus Landwirtschaft, Umwelt, Tourismus<br />

und erstmals auch Gesundheit an einen Tisch gebracht“,<br />

sagt er. Nadhif Mabrouk vom Gesundheitsministerium<br />

weiß vor allem diesen partizipativen<br />

Ansatz zu schätzen. „Die anderen Partner geben<br />

Geld und damit hat sich’s. Hier lernen wir, nachhaltig<br />

und mit einer umfassenden Vision zu arbeiten.<br />

Das ist neu. Diese Studie wird nicht in irgendeiner<br />

Schublade verschwinden.“ Der Gesundheitssektor stelle<br />

sich bereits auf die Folgen des <strong>Klimawandel</strong>s ein.<br />

Experten warnen vor allem vor Krankheiten, die<br />

durch Wasser und Insekten übertragen werden:<br />

Typhus und Malaria. Die Lage muss künftig besser<br />

erforscht und überwacht werden. Häufiger auftretende<br />

Naturkatastrophen verlangen nach Frühwarnsystemen<br />

und angepasster Infrastruktur. Das heißt zum<br />

Beispiel: Krankenhäuser in Gegenden, denen Überschwemmungen<br />

drohen, müssen verlegt werden.<br />

Ab dem kommenden Jahr schon soll ein Aktionsplan<br />

umgesetzt werden. „Am wichtigsten ist die<br />

Sensibilisierung. Wir bekommen sehr viele Anfragen<br />

von unseren Kollegen aus dem Landesinneren.<br />

Dank unserer Informationsarbeit wird das<br />

Engagement immer größer“, freut sich Nadhif<br />

Mabrouk.<br />

In der Landwirtschaft sind ebenfalls erste Aktivitäten<br />

geplant. An der nationalen Anpassungsstrategie<br />

des Sektors wirkte die GTZ mit. Bis Ende des<br />

Jahres sollen mehrere Pilotregionen ausgewählt<br />

werden, in denen die Bevölkerung dabei unterstützt<br />

wird, sich den erwarteten Folgen des <strong>Klimawandel</strong>s<br />

anzupassen. Das Wassertarifsystem soll landesweit<br />

gerechter gestaltet und so umgestellt werden,<br />

dass – unter Berücksichtigung sozialer Aspekte<br />

– für den höchsten Verbrauch auch am meisten<br />

bezahlt wird. Bisher kommen Landwirtschaft und<br />

Tourismus in den Genuss von Sondertarifen und<br />

stattlichen Subventionen. Neue Tarife sind eine<br />

wichtige Voraussetzung für einen vernünftigen und<br />

sparsamen Umgang mit dem immer knapper werdenden<br />

Wasser.<br />

Für extreme Wetterlagen und die Folgen des <strong>Klimawandel</strong>s<br />

soll ein Frühwarnsystem eingerichtet<br />

werden, das Entscheidungsgrundlagen für unterschiedliche<br />

Nutzer zur Verfügung stellt: zum Beispiel<br />

den Gesundheitssektor, den Tourismus, das<br />

Innenministerium und die Landwirtschaft.<br />

ttt


24<br />

In der Landwirtschaft und im Gesundheitssektor<br />

gelingt es nach Einschätzung von Jörg Linke gut, die<br />

Partner zu sensibilisieren und mit ihnen zu kooperieren.<br />

Die Verantwortlichen im Tourismusministerium<br />

hingegen tun sich noch schwer. „Der Sektor erholt<br />

sich gerade von den Folgen des Anschlags islamistischer<br />

Extremisten in Djerba im Jahr 2002, bei dem<br />

16 ausländische Touristen getötet wurden, darunter<br />

elf Deutsche. Die Besucherzahlen waren danach<br />

drastisch zurückgegangen. „Es braucht offenbar<br />

noch einige Zeit, bis die Akteure der Tourismussparten<br />

verstehen, dass die Folgen des <strong>Klimawandel</strong>s<br />

Veränderungen im ökonomischen und ökologischen<br />

Verhalten notwendig machen, um auf dem<br />

Tourismusmarkt konkurrenzfähig zu bleiben“, sagt<br />

Jörg Linke. <strong>Im</strong>merhin ist eine Taskforce im Tourismusministerium<br />

bereits mit anderen Ministerien<br />

über all das im Gespräch und bereitet zusammen<br />

mit der GTZ eine Anpassungsstrategie vor.<br />

Das Zertifikat-Prinzip<br />

Vergleichsweise offen und zügig lässt sich derweil<br />

über die Mechanismen für eine umweltverträgliche<br />

Entwicklung sprechen, der zweiten großen Komponente<br />

des Klima-Anpassungsprogramms. Die ökonomischen<br />

Vorteile liegen hier klarer auf der Hand.<br />

„Tunesien ist nicht zur Reduktion seiner Treibhausemissionen<br />

verpflichtet, hat aber mit Blick auf eine<br />

klimafreundliche Politik Interesse signalisiert“, sagt<br />

Jörg Linke. Das Prinzip lautet: emissionsmindernde<br />

Projekte in Entwicklungsländern durch die Vergabe<br />

von Emissionszertifikaten fördern. Industrieländer<br />

kaufen diese Zertifikate und können sie sich bei der<br />

vorgeschriebenen Reduzierung von Treibhausgasen<br />

anrechnen lassen.<br />

Die GTZ trug in den vergangenen Jahren dazu bei,<br />

dieses Procedere in Politik und Wirtschaft bekannt zu<br />

machen. Sie unterstützt die nationale Behörde, die das<br />

Ein sauberer<br />

Mechanismus<br />

Hermann Herz | Text<br />

Unternehmen in Industrieländern können über den Clean Development<br />

Mechanism eigene Emissionen rechnerisch senken, indem sie Maßnahmen<br />

zur Treibhausgasminderung in Entwicklungsländern finanzieren. Die Carbon<br />

Procurement Unit der GTZ in Indien vermittelt erfolgreich zertifizierte<br />

Emissionsgutschriften.<br />

D<br />

er Clean Development<br />

Mechanism (CDM) ist<br />

ein Instrument des<br />

Kyoto-Protokolls und damit der<br />

UN-Klimarahmenkonvention<br />

(UNFCCC). CDM und das<br />

Europäische Emissionshandelssystem<br />

bieten Deutschland als<br />

Industrieland und dort tätigen<br />

Unternehmen die Möglichkeit,<br />

eigenen Verpflichtungen zur<br />

Reduzierung von Treibhausgasemissionen<br />

auch durch Projekte<br />

in Entwicklungs- und<br />

Schwellenländern nachzukommen.<br />

Die dort erreichten Emissionsminderungen<br />

werden zertifi-<br />

ziert, die Zertifikate dann auf<br />

eigene Reduktionsverpflichtungen<br />

angerechnet. Die Attraktivität<br />

solcher Certified Emission<br />

Reductions liegt darin, dass<br />

Treibhausgasemissionen in Entwicklungsländern<br />

häufig kostengünstiger<br />

als in Industrieländern<br />

verringert werden können.<br />

Positiver Nebeneffekt: Oft ist<br />

der Emissionshandel mit einem<br />

Technologietransfer in Schwellen-<br />

und Entwicklungsländer<br />

verbunden, was zu einer nachhaltigen<br />

lokalen oder regionalen<br />

Entwicklung dieser Länder beiträgt.<br />

Deutsche Unternehmen haben<br />

die GTZ beauftragt, ihnen in<br />

Indien Partner für derartige Emissionsgutschriften<br />

zu vermitteln.<br />

Für diesen privatwirtschaftlichen<br />

Auftrag hat GTZ International<br />

Services in der indischen Hauptstadtregion<br />

Gurgaon eine zentrale<br />

Anlaufstelle geschaffen, die Carbon<br />

Procurement Unit (CPU).<br />

Seit vergangenem Jahr unterstützt<br />

das Team deutsche Firmen bei<br />

der Identifikation geeigneter Projekte<br />

der Treibhausgasminderung<br />

und bereitet den erfolgreichen<br />

Transfer der Zertifikate aus Indien<br />

nach Europa vor. Auswahl der


K LIMAWANDEL akzente 4.08 25<br />

Zertifikatsystem durchsetzen soll. Jetzt können sich<br />

Interessenten landesweit in einem vom tunesischen<br />

Umweltministerium herausgegebenen Handbuch sowie<br />

auf der Internetseite www.mdptunisie.tn bis ins Detail<br />

informieren und sich bei entsprechenden Projekten<br />

unterstützen lassen. Viele Fragen, vor allem juristische<br />

und banktechnische, sind aber noch zu klären.<br />

„In der Industrie, vor allem im Energie- und Abfallsektor,<br />

gibt es bei uns kaum noch ein Vorhaben,<br />

das nicht dieses Zertifikat-Prinzip zumindest in Betracht<br />

zieht“, stellt Rafik Missaoui fest, der maßgeblich<br />

an der Erarbeitung des Handbuchs beteiligt war.<br />

Der Ökonom ist sicher, dass künftig auch andere<br />

Sektoren davon profitieren werden. Das Interesse<br />

unter den Berufsverbänden sei riesig. „Es könnte<br />

sogar zur Einführung völlig neuer Branchen führen“,<br />

sagt er enthusiastisch.<br />

Als Beispiel nennt er eine Studie zum Anbau der<br />

Purgiernuss, einem Wolfsmilchgewächs, aus dem<br />

Biodiesel hergestellt wird. Die Pflanze hätte in der<br />

mitteltunesischen Region Kairouan und der Küstenregion<br />

um Gabès gute Wachstumsbedingungen.<br />

Da sie für den Menschen ohnehin ungenießbar ist,<br />

könnte sie mit Brauchwasser versorgt werden. „Wir<br />

prüfen, ob der Anbau der Pflanze sowie die Produktion<br />

und der spätere Einsatz von Biokraftstoff rentabel<br />

und interessant für alle Beteiligten wären“, sagt<br />

Missaoui. Dazu gehöre unter anderem, dass Arbeitsplätze<br />

entstehen und keine landwirtschaftlichen Pflanzen<br />

für die Nahrungsmittelproduktion verdrängt werden.<br />

Die Studie lieferte die Grundlage für eine politische<br />

Entscheidung über den Anbau nachwachsender<br />

Rohstoffe für Biosprit und analysierte dabei das Potenzial<br />

zur Minderung von Treibhausgasen.<br />

Claudia Altmann arbeitet als freie Journalistin, unter anderem fürs ZDF,<br />

und lebt in Berlin und in Algier.<br />

t<br />

Projekte und CPU-Leistungen orientieren<br />

sich an den klima- und<br />

entwicklungspolitischen Zielen<br />

der internationalen Entwicklungszusammenarbeit:<br />

maximale Emissionsminderung<br />

bei gleichzeitiger<br />

Förderung einer nachhaltigen<br />

Entwicklung und Stimulierung<br />

eines Technologietransfers aus<br />

Deutschland und Europa nach<br />

Indien.<br />

Das zehnköpfige CPU-Team vor<br />

Ort setzt sich überwiegend aus<br />

indischen Experten zusammen<br />

und wird von einem deutschen<br />

Teamleiter geführt. Es steht in<br />

enger Beziehung zu relevanten<br />

Projekten und Programmen der<br />

GTZ in Indien und der Region.<br />

Um seine Funktion als Plattform<br />

für den deutschen und indischen<br />

Markt des Zertifikathandels ausfüllen<br />

zu können, bietet die CPU ein<br />

umfangreiches Leistungsspektrum,<br />

das sich an den verbindlichen<br />

Vorgaben und Kriterien des<br />

CDM orientiert.<br />

<strong>Im</strong> Vordergrund stehen dabei:<br />

Energieeffizienz in der Industrie<br />

und im Energiesektor, der Einsatz<br />

erneuerbarer Energien wie Wasserkraft<br />

und Biomasse, die Vermeidung<br />

von Methanemissionen<br />

unter anderem aus der Abfallbehandlung<br />

sowie die Emissionsvermeidung<br />

in industriellen Prozessen.<br />

Die GTZ unterstützt außerdem<br />

die Projekteigner und<br />

-entwickler dabei, ihr Projekt den<br />

Vorgaben der UNFCCC entsprechend<br />

zu beschreiben, die daraus<br />

resultierenden Emissionsreduk-<br />

tionen zu beziffern, die Angaben<br />

durch zertifizierte Prüfer bestätigen<br />

zu lassen und das Projekt bei<br />

den zuständigen Institutionen in<br />

Indien und der UNFCCC zu registrieren.<br />

Zum Leistungsspektrum gehört<br />

ferner die Entwicklung eines<br />

Konzepts der Carbon-Finanzierung.<br />

Diese Finanzierung erlaubt<br />

es dem Projekteigner, die künftigen<br />

Einnahmen aus dem Verkauf<br />

der Zertifikate optimal seinem<br />

aktuellen Finanzbedarf anzupassen.<br />

Dazu bieten die deutschen<br />

Käufer unterschiedliche Modelle<br />

an: Vorauszahlungen auf die zu<br />

erwartenden Zertifikate, eine<br />

flexible Gestaltung der Kaufpreise<br />

bis hin zur Eigenkapitalbeteiligung<br />

bei den Projekteignern.<br />

Während der gesamten Laufzeit<br />

werden die vermiedenen Emissionen<br />

nach einem vorgegebenen<br />

Monitoringplan gemessen und<br />

von unabhängigen Dritten verifiziert.<br />

Die CPU berät und begleitet<br />

diesen Prozess.<br />

<strong>Im</strong> August dieses Jahres stammten<br />

allein 356 von weltweit 1156<br />

Projekten zur Schaffung von<br />

Emissionsgutschriften aus Indien.<br />

Jährlich entstehen dadurch gut 31<br />

Millionen Certified Emission Reductions.<br />

Dieser Markt ist für<br />

deutsche Käufer von großem<br />

Interesse, darunter auch für einen<br />

Kunden der CPU: die RWE<br />

Power AG. Das Unternehmen aus<br />

Essen kann bis zum Jahr 2012 bis<br />

zu 90 Millionen derartiger Zertifikate<br />

einsetzen, um seinen eige-<br />

nen Verpflichtungen nachzukommen.<br />

Ein Großteil davon soll aus<br />

Indien kommen, unter anderem<br />

vermittelt durch die CPU. Von<br />

den angestrebten zehn Millionen<br />

Zertifikaten sind innerhalb des<br />

ersten Jahres bereits fünf Millionen<br />

vertraglich zwischen dem<br />

Käufer und den Projekteignern<br />

vereinbart oder stehen kurz davor.<br />

Die Carbon Procurement Unit<br />

hat derzeit rund 300 Einzelprojekte<br />

in ihrem Portfolio, die sie<br />

auf ihre Eignung als CDM-Projekt<br />

überprüft. Darunter das weltgrößte<br />

Projekt zur Stromerzeugung aus<br />

Biogas und Biomasse, das sich<br />

über acht indische Bundesstaaten<br />

erstreckt und letztlich eine Stromleistung<br />

von mehr als 700 Megawatt<br />

erbringen wird.<br />

t<br />

Der Autor ist Leiter des GTZ-Teams „Carbon<br />

Procurement Unit”.<br />

Internet: www.gtz.de/cpu<br />

Treibhausgase:<br />

Maximale<br />

Emissionsminderung,<br />

nachhaltige<br />

Entwicklung und<br />

Stimulierung des<br />

Technologietransfers<br />

aus Deutschland und<br />

Europa nach Indien<br />

– diese Aufgabe<br />

stellt sich die Carbon<br />

Procurement Unit von<br />

GTZ International<br />

Services.


<strong>Dem</strong> <strong>Klimawandel</strong><br />

<strong>begegnen</strong><br />

Lorenz Petersen | Text<br />

Emissionen mindern und sich den Folgen anpassen: So lauten die beiden<br />

Hauptaufgaben, die der <strong>Klimawandel</strong> stellt. Aus Sicht der internationalen<br />

Zusammenarbeit ist klar: Auch beim Klimaschutz steht einmal mehr die<br />

Frage nach personellen, institutionellen und organisatorischen Kapazitäten<br />

im Vordergrund.<br />

K<br />

aum ein Thema steht<br />

derzeit so sehr im<br />

internationalen Fokus<br />

wie der <strong>Klimawandel</strong>. Zu folgenreich<br />

ist das Phänomen in<br />

unseren Alltag getreten, als dass<br />

über seine Brisanz länger hinweggesehen<br />

werden könnte.<br />

Überschwemmungen, Wirbelstürme<br />

und Dürren betreffen<br />

alle Erdteile und führen besonders<br />

in armen Ländern zu weitreichenden,<br />

oft katastrophalen<br />

Folgen. Wenn nicht konsequent<br />

umgesteuert wird, kann der<br />

Wandel des Weltklimas in Zukunft<br />

noch gewaltigere wirtschaftliche<br />

Schäden bringen.<br />

Der Bericht des britischen Ökonomen<br />

Nicholas Stern lässt<br />

daran keinen Zweifel.<br />

Die Wissenschaft hat einen<br />

besonderen Beitrag dazu geleistet,<br />

das Phänomen <strong>Klimawandel</strong><br />

auf die internationale Agenda<br />

zu setzen. Kein anderes Feld<br />

internationaler Politik verfügt<br />

über einen vergleichbar aufwändigen<br />

und mittlerweile sogar<br />

durch den Nobelpreis aufgewerteten<br />

wissenschaftlichen Begleitprozess<br />

zur Entwicklung belastbarer<br />

Wirkungsszenarien: Das<br />

Intergovernmental Panel on<br />

Climate Change stellt ständig<br />

aktuelles fundiertes Grundlagenwissen<br />

bereit. Die internationale<br />

Klimapolitik hinkt diesem Erkenntnisstand<br />

bei der Umsetzung<br />

aber weit hinterher. Das<br />

vor nunmehr elf Jahren beschlossene<br />

Umsetzungsinstrument, das<br />

sogenannte Kyoto-Protokoll,<br />

läuft 2012 aus. Längst hat die<br />

dynamische Emissionsentwicklung<br />

die darin für klassische<br />

Industrieländer enthaltenen verbindlichen<br />

Ziele zur Emissionsminderung<br />

überholt. Die USA als<br />

wichtigste Industrienation ratifizierten<br />

das Kyoto-Protokoll ohnehin<br />

nie. Länder mit schnell wachsenden<br />

Volkswirtschaften wie<br />

China, das sich auf dem Sprung<br />

zum weltweit größten CO 2-<br />

Emittenten befindet, gelten im<br />

Protokoll außerdem noch als<br />

Entwicklungsländer. Wenn es um<br />

Emissionsminderung geht, haben<br />

sie deswegen bisher keine Pflichten<br />

zu erfüllen. Das Gleiche gilt<br />

für Indien, Brasilien und Südafrika.<br />

Die Lücke zwischen anerkannt<br />

notwendigem Handeln und politischer<br />

Umsetzung muss geschlossen<br />

werden. Dies soll bis<br />

zur Vertragsstaatenkonferenz der<br />

Klimarahmenkonvention im<br />

Dezember 2009 in Kopenhagen<br />

geschehen. Das Kyoto-Protokoll<br />

soll schließlich ersetzt werden.<br />

Dabei geht es um viel.<br />

Die Lasten einer angemessen<br />

wirksamen und radikalen Emissionsminderung<br />

müssen fair verteilt<br />

werden zwischen aktuellen<br />

und zukünftigen Verursachern.<br />

Den Ländern des Südens darf<br />

dabei die Chance auf eigene<br />

Entwicklung nicht genommen<br />

werden. Besondere praktische<br />

Relevanz hat ein Nachfolgeregime<br />

ab 2012 auch deswegen,<br />

weil das Kyoto-Protokoll bisher<br />

der politische Rahmen für den<br />

internationalen Emissionshandel<br />

ist. Das Handelsvolumen internationaler<br />

Kohlenstoffmärkte<br />

betrug im vergangenen Jahr 63<br />

Milliarden Euro. Für das laufende<br />

Jahr wird eine Steigerung<br />

von 60 Prozent vorhergesagt.<br />

Die Europäische Union versucht<br />

bei den internationalen<br />

Klimaverhandlungen regelmäßig<br />

ihren Beitrag für den fairen<br />

Interessenausgleich zwischen<br />

den klimapolitischen Blöcken<br />

zu leisten. In einem „Europa der<br />

27“ hat die EU zur eigenen<br />

Konsensbildung allerdings mittlerweile<br />

stark steigenden eigenen<br />

Koordinationsbedarf aufgrund<br />

sich verschiebender politischer<br />

und ökonomischer<br />

Gewichte.<br />

Vier Themen in Kopenhagen<br />

Mit Mühe einigten sich auf der<br />

Weltklimakonferenz in Bali die


EXPERTENTHEMA<br />

akzente 4.08<br />

27<br />

Vertragsstaaten auf die großen<br />

Themenblöcke, die die Grundlage<br />

für ein internationales<br />

Klimaregime nach 2012 sein<br />

müssen. Bis zum Dezember<br />

2009 gilt es, vier davon abzuarbeiten.<br />

t<br />

t<br />

t<br />

Lorenz Petersen<br />

Die Minderung von Emissionen<br />

ist der erste große Themenblock.<br />

Hier sollten die<br />

Industrieländer laut Intergovernmental<br />

Panel on Climate<br />

Change ihre Treibhausgasemissionen<br />

bis zum Jahr 2020<br />

um 25 bis 40 Prozent reduzieren,<br />

verglichen mit 1990. Bis<br />

zum Jahr 2050 gilt eine Minderungsquote<br />

von 80 Prozent.<br />

Dieses Ziel leitet sich aus der<br />

Vorgabe ab, dass sich die<br />

weltweite Durchschnittstemperatur<br />

nicht um mehr als<br />

zwei Grad Celsius erhöhen<br />

soll. Ein wichtiges Thema<br />

unter vielen wird zudem sein,<br />

wie effektiv der Wald erhalten<br />

werden kann.<br />

Die Anpassung an den <strong>Klimawandel</strong><br />

sowie dessen Auswirkungen<br />

und Kosten betreffen<br />

hauptsächlich die Entwicklungsländer.<br />

Aus Sicht der<br />

armen Staaten sind die Industrieländer<br />

aufgefordert, hier<br />

eine „historische Verantwortung“<br />

zu übernehmen.<br />

Der Technologietransfer in<br />

Entwicklungsländer soll schneller<br />

und leichter funktionieren<br />

können. Ein Thema, bei dem<br />

es in den vergangenen Jahren<br />

t<br />

nur wenig Fortschritt gab. Insbesondere<br />

China, aber auch<br />

eine Reihe weiterer Schwellenländer<br />

fordern jedoch den<br />

erleichterten Zugang zu den<br />

Technologien der klassischen<br />

Industriestaaten.<br />

Die Kosten des <strong>Klimawandel</strong>s<br />

sind hoch. Noch viel größer<br />

sind aber die Kosten, wenn<br />

wir nicht handeln. Das UN-<br />

Klimasekretariat beziffert die<br />

zusätzlichen Gesamtkosten,<br />

um die Treibhausgasemissionen<br />

bis 2030 auf heutigem<br />

Niveau zu stabilisieren, auf<br />

jährlich 200 bis 210 Milliarden<br />

US-Dollar. Gemessen an den<br />

Dimensionen der gegenwärtigen<br />

Finanzkrise ein überschaubarer<br />

Wert. Der Stern-Report<br />

schätzt die globalen Kosten<br />

des <strong>Klimawandel</strong>s auf ein Prozent<br />

der globalen Wirtschaftskraft.<br />

Handelte die internationale<br />

Gemeinschaft nicht, würden<br />

die Kosten der Klimaerwärmung<br />

auf das Fünffache<br />

dieses Wertes steigen. Wer<br />

diese Kosten zu tragen hat<br />

und wie dieser Finanzausgleich<br />

international organisiert<br />

wird, ist eine der Kernfragen<br />

für eine politische Einigung in<br />

Kopenhagen.<br />

Der letzte große Zwischenschritt<br />

hin zu einer internationalen<br />

Einigung in Kopenhagen findet<br />

im Dezember 2008 statt. In<br />

der polnischen Stadt Poznań sollen<br />

dann für alle vier genannten<br />

Themenfelder die Fundamente<br />

für eine Einigung gelegt werden.<br />

Klimapolitik gerecht gestalten<br />

Klimapolitik und Entwicklungspolitik<br />

sind eng miteinander<br />

verwoben. Der <strong>Klimawandel</strong><br />

gefährdet zudem die Entwicklungsanstrengungen<br />

und wirkt<br />

sich unmittelbar auf die Entwicklungszusammenarbeit<br />

aus.<br />

Aus der Perspektive der Entwicklungsländer<br />

wird beim<br />

Klimathema auch die Frage des<br />

eigenen Rechts auf Entwicklung<br />

verhandelt. Solange in Indien<br />

nicht einmal zwei Tonnen, in<br />

den USA aber noch mehr als 20<br />

Tonnen CO 2 pro Person und<br />

Jahr ausgestoßen werden – in<br />

Deutschland rund zehn Tonnen<br />

–, solange argumentieren Entwicklungsländer<br />

nachvollziehbar<br />

mit mangelnder Klimagerechtigkeit.<br />

Bundeskanzlerin Angela<br />

Merkel tritt spätestens seit ihrem<br />

Besuch in Indien für eine Pro-<br />

Kopf-Emissionsmenge von zwei<br />

Tonnen ein. In der Konsequenz<br />

müsste China demnach schon<br />

jetzt Anstrengungen zur Reduktion<br />

unternehmen, denn in dem<br />

Land fallen pro Kopf mehr als<br />

drei Tonnen CO 2 an.<br />

Sehr intensiv befasst sich die<br />

Klimapolitik mit der Höhe und<br />

der Organisation finanzieller<br />

Transfers. Oft allerdings ohne zu<br />

fragen, wie die zum Teil riesigen<br />

Summen sinnvoll, seriös<br />

und wirkungsvoll eingesetzt<br />

werden können. <strong>Im</strong>mer wieder<br />

entsteht der Eindruck: Bei Teilen<br />

der klimapolitischen Verhandlungselite<br />

existiert nur<br />

wenig Verständnis für die Bedeutung<br />

fehlender Kapazitäten<br />

in Entwicklungsländern.<br />

Das Bundesministerium für<br />

wirtschaftliche Zusammenarbeit<br />

und Entwicklung (BMZ)<br />

stellt in diesem Jahr mit 900<br />

Millionen Euro doppelt so viele<br />

Mittel wie im vergangenen Jahr<br />

bereit, damit Partnerregierungen<br />

beim Klimaschutz den<br />

Sprung von der Politik in die<br />

Praxis schaffen. Auch dies zeigt<br />

die wachsende Bedeutung, die<br />

Entwicklungspolitik und -zusammenarbeit<br />

dem Klimaschutz<br />

beimessen. Das Aktionsprogramm<br />

„Klima und Entwicklung“<br />

des BMZ definiert die<br />

Arbeits- und Investitionsschwerpunkte.<br />

Dazu gehört<br />

auch, dass alle klimarelevanten<br />

Entwicklungsprojekte im Hinblick<br />

auf Klimawirkungen systematisch<br />

geprüft und, wenn<br />

nötig, umgestaltet werden.<br />

Hinzu kommen, ebenfalls in<br />

diesem Jahr, weitere 120 Millionen<br />

Euro, die das Bundesumweltministerium<br />

(BMU) für die<br />

internationale Zusammenarbeit<br />

im Klimaschutz bereitstellt,<br />

ttt


Gelder, die aus der Veräußerung<br />

von Emissionsrechten an deutsche<br />

Unternehmen stammen.<br />

Was tut die GTZ?<br />

Mit einem Leistungsspektrum<br />

von politischer Beratung bis hin<br />

zur praktischen Umsetzung und<br />

einem Schwerpunkt beim Capacity<br />

Development ist die GTZ<br />

sehr gut aufgestellt. Denn auch<br />

im Klimaschutz steht die Frage<br />

nach personellen, institutionellen,<br />

organisatorischen Kapazitäten<br />

im Mittelpunkt. Die GTZ<br />

leistet Politikberatung für das<br />

BMZ, wirkt in dessen Auftrag<br />

an Klimaverhandlungen mit,<br />

entwickelt länderspezifische<br />

Strategien zur Minderung von<br />

Treibhausgasen, setzt Klimaschutzprojekte<br />

im Auftrag des<br />

BMZ um und seit Kurzem auch für<br />

das BMU. Die GTZ baut ferner<br />

in Entwicklungsländern Kapazitäten<br />

zur Teilnahme am Emissionshandel<br />

auf. Unsere Berater<br />

sind auf vielen besonders klimarelevanten<br />

Feldern aktiv: auf<br />

dem Gebiet der Energieeffizienz<br />

und der erneuerbaren Energien,<br />

im Waldschutz, beim Transport<br />

sowie im Bausektor und in der<br />

Landwirtschaft. Und damit in<br />

den wichtigsten Sektoren, die<br />

Emissionen verursachen.<br />

In den Schwellenländern wird<br />

unsere Beratung in Fragen der<br />

Ressourcen-Effizienz eine wichtige<br />

Rolle spielen. Für die Anpassung<br />

an den <strong>Klimawandel</strong> ist<br />

es wichtig, Strategien zu fördern<br />

und umzusetzen. Eine<br />

Aufgabe, die uns vor allem in<br />

den sogenannten least developed<br />

countries noch verstärkt<br />

beschäftigen wird.<br />

t<br />

Der Autor ist Leiter des Klimaschutzprogramms<br />

in Entwicklungsländern bei der GTZ in Eschborn.<br />

Das Rad nicht<br />

neu erfinden<br />

Innovation, wo nötig, in die Breite gehen, wo<br />

möglich – und beides Hand in Hand mit starken<br />

Allianzpartnern. So begegnet die GTZ dem<br />

globalen <strong>Klimawandel</strong>.<br />

D<br />

Jan Peter Schemmel | Text<br />

em Leitbild der nachhaltigen<br />

Entwicklung<br />

verpflichtet, stellt sich<br />

die GTZ dem <strong>Klimawandel</strong>. Als<br />

Dienstleister der Bundesregierung<br />

und anderer Auftraggeber<br />

unterstützt sie ihre Partner innovativ<br />

und wirksam dabei, Emissionen<br />

zu mindern und sich<br />

dem <strong>Klimawandel</strong> anzupassen.<br />

Die GTZ kooperiert dabei mit<br />

schlagkräftigen Allianzpartnern<br />

und berät im dynamischen<br />

Politikfeld Klima darüber, wo<br />

welche Ansätze und Investitionen<br />

besonders vielversprechend<br />

sind, auch vor dem Hintergrund<br />

des Engagements weiterer<br />

Akteure.<br />

Wie können wir Wirtschaftswachstum<br />

und Treibhausgas-<br />

Emissionen entkoppeln? Wo<br />

müssen bei der Anpassung an<br />

den <strong>Klimawandel</strong> Prioritäten<br />

gesetzt und knappe Ressourcen<br />

investiert werden? Wie können<br />

wir lokale und nationale Entscheidungsträger<br />

heute motivieren,<br />

Änderungen herbeizuführen,<br />

die in der Zukunft einen<br />

globalen Nutzen generieren? Der<br />

<strong>Klimawandel</strong> stellt viele Fragen.<br />

Die innovativen Herangehensweisen,<br />

die die GTZ erarbeitet,<br />

geben praktische Antworten.<br />

Ob es darum geht, den Kohlenstoffmarkt<br />

jenseits klassischer<br />

CDM-Projekte weiterzuentwickeln<br />

oder praktikable internationale<br />

Finanzierungsmechanismen<br />

für vermiedene Entwaldung<br />

zu gestalten: Die GTZ fördert<br />

die erstmalige Anwendung<br />

neuer Konzepte und speist die<br />

Ergebnisse zurück in die nationale<br />

und internationale Politik.<br />

Gleiches gilt für die Entwicklung<br />

nationaler oder städtischer<br />

Strategien, die darauf abzielen,<br />

Emissionen zu mindern und<br />

sich dem <strong>Klimawandel</strong> anzupassen.<br />

<strong>Im</strong> Risikomanagement verfügt<br />

die GTZ ebenfalls über<br />

langjährige Erfahrung. Wir beraten<br />

unsere Partner dabei, ihre<br />

Sektorpolitiken oder -programme<br />

an die Auswirkungen des<br />

<strong>Klimawandel</strong>s anzupassen.<br />

Die Aufgaben, die der <strong>Klimawandel</strong><br />

mit sich bringt, sind<br />

gewaltig, und einige Fragen stellen<br />

sich sicherlich neu. Dennoch<br />

sind Lösungselemente<br />

und die meisten erforderlichen<br />

Technologien bekannt, die dazu<br />

beitragen können, die Erderwärmung<br />

zu stabilisieren. Die GTZ<br />

unterstützt deren Anwendung<br />

bereits seit vielen Jahren, etwa<br />

indem sie erneuerbare Energien,<br />

Energieeffizienz und den Walderhalt<br />

fördert. Gleiches gilt bei<br />

der Anpassung an den <strong>Klimawandel</strong>.<br />

Sind erst einmal die<br />

Gefährdungen genau bekannt<br />

und bewertet, können auch hier<br />

häufig bekannte Lösungen eingesetzt<br />

werden: beispielsweise<br />

effiziente Bewässerungsmethoden<br />

oder die Pflanzung von


EXPERTENTHEMA<br />

akzente 4.08<br />

29<br />

Jan Peter Schemmel<br />

Mangrovenwäldern für den<br />

Küstenschutz. Das Rad muss<br />

also in vielen Fällen nicht erst<br />

neu erfunden werden. Wo<br />

immer möglich, wird sich die<br />

GTZ verstärkt für die schnelle<br />

Ausbreitung bewährter, effizienter<br />

und lokal angepasster Lösungen<br />

einsetzen. Innovative Ansätze<br />

sind hier nur nötig, um<br />

Hindernisse für deren Verbreitung<br />

zu überwinden.<br />

Um mit ihrem Portfolio in voller<br />

Breite zur Begrenzung der<br />

Treibhausgase beitragen zu können,<br />

wird die GTZ parallel dazu<br />

die Beratungsleistung relevanter<br />

bestehender sowie neuer Projekte<br />

und Programme zum<br />

Klimaschutz systematisch optimieren.<br />

Projekte in besonders<br />

betroffenen Sektoren werden<br />

künftig darauf untersucht, ob<br />

der <strong>Klimawandel</strong> ihre Wirkungen<br />

gefährden kann. Wo eine<br />

Anpassung nötig ist, wird sie<br />

auch darauf ausgerichtet, die<br />

entsprechenden Kapazitäten der<br />

Partnerländer zu verbessern.<br />

Gobale Aufgaben wie die des<br />

Klimaschutzes und der Anpassung<br />

an den <strong>Klimawandel</strong> können<br />

aber natürlich nicht im<br />

Alleingang angegangen werden.<br />

Wo sich Klima- und Sektorthemen<br />

berühren, baut die GTZ<br />

deshalb auf Allianzen mit global<br />

führenden Instituten. <strong>Im</strong> Verbund<br />

mit unseren Allianzpartnern<br />

entwickeln wir innovative Ansätze<br />

bis zur Umsetzungsreife<br />

und nutzen Netzwerke dazu,<br />

bewährte Lösungen zügig zu<br />

verbreiten.<br />

t<br />

Der Autor ist Mitarbeiter der GTZ-Abteilung<br />

„Umwelt und Klima“.<br />

Klima und Biodiversität:<br />

Kooperation in der Himalaja-Region<br />

Der Schutz des Klimas und der Biodiversität sind zentrale Ziele der deutschen Entwicklungszusammenarbeit in<br />

Asien. Ein Workshop in Kathmandu hat in diesem Zusammenhang die regionale Kooperation von Projekten und<br />

Programmen der deutschen Entwicklungszusammenarbeit in den acht Mitgliedstaaten des Internationalen<br />

Zentrums für die Entwicklung der Himalaja-Hindukusch-Bergregion (ICIMOD) erörtert. An dem Treffen nahmen 25<br />

Fachleute von ICIMOD, des Centrums für internationale Migration und Entwicklung (CIM) sowie GTZ-Mitarbeiter aus<br />

Projekten in der Region und der GTZ-Zentrale in Eschborn teil. „Die Ergebnisse übertreffen meine Erwartungen.<br />

Jetzt müssen wir sehen, dass die Ideen auch in die Praxis umgesetzt werden“, sagte Thomas Labahn, GTZ-<br />

Büroleiter in Nepal und Initiator des Workshops, nach dem Treffen (Foto).<br />

ICIMOD wird in den kommenden fünf Jahren mit sechs Millionen Euro aus der Kasse des Bundesministeriums für<br />

wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung unterstützt. Am Sitz von ICIMOD in Kathmandu arbeiten derzeit<br />

allein fünf integrierte CIM-Fachkräfte.


30<br />

Polizei mit<br />

weiblichem Gesicht<br />

Toni Keppeler | Text und Fotos<br />

Zehn Jahre nach Beginn eines Gender-Programms ist die Polizei von Nicaragua<br />

ein Vorbild für Lateinamerika und berät Sicherheitskräfte anderer Länder bei<br />

der Modernisierung.


PANORAMA akzente 4.08 31<br />

I<br />

n Nueva Guinea tragen die Männer noch<br />

einen Colt an der Hüfte und einen Hut<br />

mit breiter Krempe auf dem Kopf. Ein<br />

grober Querbalken zum Anbinden der Pferde begrenzt<br />

die überdachten Veranden der einfachen<br />

Holzhäuschen. Die Viehwirtschaft ernährt die<br />

Einwohner des nicaraguanischen Dorfes, knapp<br />

300 Kilometer nordöstlich der Hauptstadt Managua.<br />

Ein lohnendes Geschäft. Monat für Monat<br />

werden 12 000 Rinder auf die Märkte im dicht<br />

besiedelten Westen transportiert. Nueva Guinea<br />

ist einsam, aber reich und aus beiden Gründen<br />

für Viehdiebe und Wegelagerer interessant. Die<br />

Tageszeitung El Nuevo Diario hat den Flecken als<br />

den gefährlichsten Ort Nicaraguas bezeichnet.<br />

Nueva Guinea hat ein Problem, und Aminta<br />

Granera ist gekommen, um es zu lösen. Die kleine,<br />

fast zarte Frau mit den schulterlangen glatten<br />

Haaren und der feinen Brille ist die Polizeichefin<br />

von Nicaragua. Vor ihr gab es nur Männer auf<br />

diesem Posten. Keiner von ihnen kam je nach<br />

Nueva Guinea. Aminta Granera aber geht überallhin,<br />

wo es Probleme gibt, und deshalb ist sie<br />

beim Volk beliebt. In Umfragen schneidet sie<br />

besser ab als jede andere öffentliche Figur. Sie<br />

war die erste Polizeichefin, die der Drogenmafia<br />

harte Schläge versetzte und hochrangige Offiziere<br />

im eigenen Haus entließ, weil diese mit dem<br />

organisierten Verbrechen zusammengearbeitet<br />

hatten. Die oberste Polizistin des Landes hat deshalb<br />

schon viele und ernst zu nehmende Todesdrohungen<br />

erhalten. Ein Dutzend Leibwächter<br />

begleitet sie in Nueva Guinea: starke Kerle in<br />

Tarnanzügen, mit halbautomatischen Waffen und<br />

mit so breiten Schultern, dass sich die schmale<br />

Polizeichefin dahinter unsichtbar machen könnte.<br />

Doch Aminta Granera zeigt ihr Gesicht. <strong>Im</strong><br />

katholischen Gemeindezentrum, einer einfachen<br />

Halle mit Wellblechdach, stellt sie sich den Bürgern.<br />

Gut 200 von ihnen sind gekommen, fast nur<br />

Männer. Und sie reden, einer nach dem anderen,<br />

vier Stunden lang. Viele machen große Umwege,<br />

bis sie zum Thema kommen. Einer streift gar die<br />

Situation im Irak, bevor er sagt: „Nueva Guinea ist<br />

eine Konfliktzone mit Morden, Überfällen und<br />

Entführungen.“ Granera sitzt auf dem Podium und<br />

hört zu. Die Männer klagen, dass es zu wenige<br />

Polizisten gebe im Ort und dass die nicht einmal<br />

genügend Geld hätten, um ihren Einsatzwagen zu<br />

reparieren. Bestochene Richter ließen Viehdiebe,<br />

so sie denn überhaupt verhaftet wurden, schon<br />

nach wenigen Tagen wieder frei. Schwarze Schafe<br />

unter den Gesetzeshütern versorgten die Räuberbanden<br />

mit Tipps: darüber, wann wo ein größerer<br />

Viehtrieb anstehe oder wer gerade gute Verkäufe<br />

getätigt und also Bares bei sich habe.<br />

„Ja, wir haben zu wenig Polizei in Nueva Guinea“,<br />

sagt Granera, als es keine weiteren Wortmeldungen<br />

mehr gibt. Die Gegend am Rand des<br />

Dschungels hat 48 Polizisten für 140 000 Einwohner,<br />

die auf fast 2 800 Quadratkilometer verstreut<br />

sind. Das sind 31 Polizisten für 100 000 Einwohner,<br />

zwei für 100 Quadratkilometer. Die nationalen<br />

Durchschnittswerte liegen mehr als vier Mal so<br />

hoch. <strong>Im</strong> laufenden Jahr gab es 17 Tote. Granera<br />

schlüsselt die Zahl auf. Eines der Opfer wurde von<br />

der Verbrecherbande ‚Die vermummten Gesichter‘<br />

umgebracht. Und dann die verblüffende Wahrheit:<br />

„Dreizehn Fälle hatten mit Alkohol und innerfamiliärer<br />

Gewalt zu tun, zwei Personen waren Opfer<br />

einer Familienfehde.“ Ein Raunen geht durch den<br />

Gemeindesaal.<br />

Der tägliche Machismo<br />

Das Problem, das Nueva Guinea hat, ähnelt also<br />

durchaus dem anderer Orte in Nicaragua. Es heißt:<br />

Machismo. Männer, die im Suff ihre Frauen schlagen<br />

und manchmal sogar erschlagen. Unter innerfamiliärer<br />

Gewalt, dem krassesten Ausdruck der<br />

Diskriminierung, leiden 30 bis 50 Prozent der<br />

nicaraguanischen Frauen. Frauen werden aber<br />

auch benachteiligt bei Einstellungen im öffentlichen<br />

Dienst und bei gleicher Qualifikation deutlich<br />

schlechter bezahlt als Männer. Frauen besitzen<br />

weniger Land und erhalten kaum Kredite. Wer<br />

institutionell etwas dagegen tun will, bekommt es<br />

mit der mächtigen und extrem konservativen<br />

katholischen Kirche zu tun. Die hat erst kürzlich<br />

durchgesetzt, dass Schwangerschaftsabbrüche<br />

selbst bei akuter Lebensgefahr für die Mutter verboten<br />

sind.<br />

Ein schwieriges Umfeld für Genderpolitik. „Am<br />

Anfang fühlte ich mich wie jemand, der den Menschen<br />

Lesen und Schreiben beibringen muss“, sagt<br />

Elizabeth Rodríguez, Direktorin der Polizeiakademie<br />

„Walter Mendoza“. Am Anfang – das war 1996.<br />

Damals begann ein von der GTZ – im Auftrag des<br />

BMZ – unterstütztes Projekt, das Frauenförderung<br />

in ein Programm zur Modernisierung der nicaraguanischen<br />

Polizei integrieren wollte. Die Polizei<br />

selbst hatte um Unterstützung gebeten für die<br />

damals geschaffenen Frauenkommissariate, die sich<br />

gezielt mit der innerfamiliären Gewalt auseinandersetzten.<br />

Doch die neuen Dienststellen wurden<br />

bereits von anderen Entwicklungsorganisationen<br />

unterstützt. So einigten sich die Polizei, das staatliche<br />

Nicaraguanische Fraueninstitut und die GTZ<br />

darauf, den Genderaspekt in der gesamten Polizeiarbeit<br />

zu berücksichtigen.<br />

Die GTZ kann dabei auf einem über die Jahre<br />

gewachsenen Vertrauensverhältnis aufbauen. Die<br />

Genderpolitik der Polizei soll aktualisiert und ihre<br />

Strategien zur Prävention und zur Betreuung von<br />

Opfern von intrafamiliärer und sexueller Gewalt<br />

sollen verbessert werden. Weil es auf Gemeindeebene<br />

spezielle Frauenkommissariate noch selten<br />

gibt, trägt die GTZ in ausgewählten Gemeinden<br />

dazu bei, die Dienstleistungen der Polizeistationen<br />

zu verbessern, wenn es um Fälle familiärer und<br />

sexueller Gewalt geht.<br />

„Wir rannten damals offene Türen ein“, erinnert<br />

sich Marion Bihler, die das Projekt für die GTZ<br />

zwischen 2000 und 2006 betreute. Der Zusammenhang<br />

zwischen öffentlicher Sicherheit, Armutsbekämpfung<br />

und nachhaltiger Entwicklung ist<br />

ttt<br />

Modernisierte<br />

Institution:<br />

Der Anteil der Frauen<br />

in der nicaraguanischen<br />

Polizei nähert<br />

sich der 30-Prozent-<br />

Marke. Die Interamerikanische<br />

Entwicklungsbank<br />

zeichnete die<br />

Polizei für ihre Frauenförderpolitik<br />

aus.<br />

Andere Polizeikräfte in<br />

Mittelamerika und der<br />

Karibik fragen um entsprechenden<br />

Rat.


32<br />

offenkundig. Gerade in den von Gewalt gebeutelten<br />

ehemaligen Bürgerkriegsländern Mittelamerikas<br />

ist fehlende Sicherheit ein wesentliches<br />

Hemmnis der Entwicklung. Und weil bekannt<br />

war, welch üble Rolle Polizeikräfte in Lateinamerika<br />

in der Zeit der Militärdiktaturen gespielt hatten,<br />

hielt man lieber Distanz.<br />

Eine neue Polizei<br />

Doch die nicaraguanische Polizei ist anders. <strong>Im</strong><br />

Jahr 1979, als die sandinistische Guerilla den<br />

Diktator Anastasio Somoza gestürzt hatte, gab es<br />

einen Neuanfang. Die gefürchtete Nationalgarde<br />

wurde aufgelöst. Ehemalige Guerillakämpfer bauten<br />

eine neue Polizei auf. Elizabeth Rodríguez<br />

und Aminta Granera gehörten zu den Gründerinnen.<br />

„Wir wollten, dass der Wandel hin zu einer<br />

menschlicheren Gesellschaft auch in der neuen<br />

Polizei sichtbar sein sollte“, sagt Rodríguez heute.<br />

Und obwohl sie damals „noch gar nicht wusste,<br />

dass es so etwas wie eine Gendertheorie gibt“,<br />

gehörten Frauen ganz selbstverständlich mit<br />

dazu. Zwischen 30 und 40 Prozent der Polizeikräfte<br />

waren bis zum Jahr 1990 weiblich. In diesem<br />

Jahr wurde die sandinistische Regierung<br />

abgewählt. Unter der folgenden konservativen<br />

Regierung sank der Frauenanteil auf unter 20<br />

Prozent.<br />

Heute, nach zehn Jahren aktiver Genderpolitik,<br />

nähert sich dieser Anteil wieder der 30-Prozent-<br />

Marke. Die nicaraguanische Polizei wurde für<br />

ihre Frauenförderpolitik von der Interamerikanischen<br />

Entwicklungsbank ausgezeichnet und<br />

berät inzwischen andere Polizeikräfte in Mittelamerika<br />

und der Karibik. Und dabei geht es<br />

nicht nur um Gleichberechtigung, sondern um<br />

die Modernisierung der gesamten Institution.<br />

Denn der Genderaspekt sei direkt verknüpft mit<br />

der Professionalität von Polizeiarbeit, sagt Elizabeth<br />

Rodríguez und ergänzt: „Mehr als die Hälfte<br />

unserer Bevölkerung sind Frauen. Da ist es nur<br />

logisch, dass dies in unserer Institution genauso<br />

sein sollte. Eine Polizei, die die spezifischen Probleme<br />

der Bevölkerungsmehrheit nicht kennt,<br />

kann nicht professionell arbeiten.“<br />

Vor zehn Jahren noch hatten Frauen bei der<br />

nicaraguanischen Polizei kaum eine Chance. Schon<br />

alleine die Aufnahmebedingungen waren für die<br />

meisten unerfüllbar. „Eine Mindestgröße von 1,65<br />

Metern war Pflicht“, sagt Elizabeth Rodríguez. Kaum<br />

eine nicaraguanische Frau erreicht dieses Maß. In<br />

der Auswahlkommission saßen fast ausschließlich<br />

Männer, denen beispielsweise alleinerziehende<br />

Frauen von vornherein suspekt waren. Schaffte es<br />

trotzdem eine durch das Auswahlverfahren, gab<br />

es an der Polizeiakademie keinen Platz. „Wir waren<br />

auf Frauen einfach nicht eingerichtet. Unsere<br />

Kasernen waren nur für ein Geschlecht gedacht“,<br />

erinnert sich Elizabeth Rodríguez. Die GTZ half<br />

beim Aufbau des ersten Frauentrakts.<br />

Neutrale Auswahl<br />

Inzwischen sind die Ausschreibungen der Polizeiakademie<br />

geschlechtsneutral, die Mindestgröße für<br />

Frauen wurde auf 1,55 Meter heruntergesetzt, die<br />

Dozenten werden regelmäßig in Genderfragen<br />

fortgebildet und in der Ausbildung spielt das<br />

Thema in nahezu jedem Fach eine Rolle. „Die GTZ<br />

hat uns viel bei der Revision des Lehrplans und<br />

bei der Aus- und Fortbildung der Dozenten geholfen“,<br />

sagt Elizabeth Rodríguez. Auf die besonderen<br />

Bedürfnisse der ethnischen Minderheiten Nicaraguas<br />

wurde ebenfalls Rücksicht genommen. Früher<br />

waren Inígenas in der Polizei so gut wie nicht zu<br />

finden. Heute sind zwölf Prozent der Polizeikräfte<br />

indianisch oder schwarz. Das entspricht in etwa<br />

dem Bevölkerungsdurchschnitt.<br />

Von den 1 200 Schülerinnen und Schülern der<br />

Akademie werden 700 in einem einjährigen Kurs<br />

zum Polizisten ausgebildet. Zusätzlich bekommen<br />

sie das sogenannte Polizeiabitur, das ihnen ein<br />

anschließendes vierjähriges Studium der Polizeiwissenschaften<br />

ermöglicht. Darauf wiederum können<br />

Spezialisierungskurse aufgebaut werden. „Wir<br />

wollen unseren Leuten Aufstiegschancen eröffnen“,<br />

sagt Elizabeth Rodríguez. Das wecke ihren<br />

Ehrgeiz und diene der Professionalisierung.<br />

Außerhalb der Ausbildung wird die Geschlechtsproblematik<br />

in der nicaraguanischen Polizei ebenfalls<br />

ernst genommen. Und das nicht nur bei den<br />

Frauenkommissariaten, die sich speziell um diskriminierte<br />

und misshandelte Frauen kümmern. Das<br />

neue Denken setzt sich in der gesamten Institution<br />

fest. Die statistische Erfassung von Delikten berücksichtigt<br />

die Geschlechtskomponente ebenfalls.<br />

Das mag wenig spektakulär erscheinen, hat aber<br />

weitreichende Folgen. Ohne diese Statistik könnte<br />

Aminta Granera der Bürgerversammlung in Nueva<br />

Guinea nicht erklären, was das eigentliche Problem<br />

des abgelegenen Ortes ist: nicht Viehdiebe<br />

und Mörderbanden, sondern Männer, die ihre<br />

Frauen erschlagen.<br />

<strong>Im</strong> Vergleich zu diesem Problem ist die mangelnde<br />

Polizeipräsenz verhältnismäßig einfach zu lösen.<br />

Die Polizeichefin verspricht 30 Polizisten mehr.<br />

Ab sofort. Zehn von ihnen habe sie bereits mitgebracht,<br />

dazu vier neue geländegängige Motorräder.<br />

Ein zweiter Patrouillenwagen werde in den nächsten<br />

Tagen kommen. Das überwiegend männliche<br />

Auditorium klatscht Beifall. So etwas sind die<br />

Menschen in Nueva Guinea nicht gewohnt von<br />

ihren Autoritäten. Bisher hatten sie nur Versprechen<br />

gehört. Nie waren Taten gefolgt. Und da<br />

kommt nun eine Frau und hält Wort. Es ist vielleicht<br />

das erste Mal, dass eine Frau diesen Männern<br />

Respekt abringt.<br />

t<br />

Toni Keppeler ist Mitglied der Reportage-Agentur Zeitenspiegel.


PANORAMA akzente 4.08 33<br />

Nicaraguas oberste Polizistin Aminta Granera erläutert<br />

im Gespräch mit Akzente, weshalb Genderpolitik die<br />

Arbeit ihrer Institution professioneller macht.<br />

Aminta Granera,<br />

Polizeichefin von<br />

Nicaragua<br />

Näher an den Frauen<br />

Akzente: Frau Granera, Sie sind Polizeichefin von<br />

Nicaragua. Die nationale Polizeiakademie wird ebenfalls<br />

von einer Frau geleitet. Und auch darüber hinaus<br />

gibt es ungewöhnlich viele Frauen in polizeilichen<br />

Führungspositionen. Woran liegt das?<br />

Aminta Granera: Wir Frauen, die heute in leitenden<br />

Positionen der Polizei sind, haben alle in den<br />

siebziger Jahren an der sandinistischen Revolution<br />

teilgenommen. Wir haben damals unser Leben<br />

genauso aufs Spiel gesetzt wie die Männer. Als es<br />

später darum ging, verantwortliche Posten zu<br />

besetzen, gab es nicht den geringsten Zweifel<br />

daran, dass wir die gleichen Fähigkeiten haben<br />

wie Männer und also auch gleiche Möglichkeiten<br />

und Rechte haben müssen. In den achtziger Jahren<br />

waren bis zu 40 Prozent der Polizeikräfte Frauen.<br />

Danach ist dieser Anteil im Zusammenhang mit<br />

Massenentlassungen dramatisch gesunken.<br />

Das ist wahr, auf deutlich unter 20 Prozent. Jetzt<br />

sind wir bei gut 28 Prozent. Ich glaube und hoffe,<br />

dass wir wieder die 40 Prozent erreichen können.<br />

Sie wollen das mit einem Frauenförderprogramm<br />

erreichen, das die GTZ zehn Jahre lang begleitete. Ist<br />

ihr Ziel ohne internationale Kooperation nicht zu<br />

schaffen?<br />

Die zehn Jahre, die uns die GTZ begleitet hat, waren<br />

wichtige zehn Jahre für uns. Und das nicht nur<br />

wegen der wirtschaftlichen Hilfe. Wir tauschten<br />

Erfahrungen aus und lernten voneinander. Auf diesem<br />

Weg ist es uns gelungen, den Genderaspekt in<br />

der gesamten Polizei von Nicaragua zu verankern.<br />

<strong>Im</strong> Inneren der Institution genauso wie im Dienst<br />

an der Gesellschaft. Wir sind dabei professioneller<br />

geworden und heute ein Vorbild: Gemeinsam mit<br />

der GTZ beraten wir die Polizei in anderen Ländern<br />

der Region.<br />

Was hat der Genderaspekt mit der<br />

Professionalisierung der Polizeiarbeit zu tun?<br />

Mehr als die Hälfte der nicaraguanischen Bevölkerung<br />

ist weiblich. Die Erwartungen, die Frauen an<br />

die Polizei haben, sind ganz andere als diejenigen<br />

der Männer. Wenn wir wirklich effizient und professionell<br />

sein wollen, müssen wir unterschiedliche<br />

Antworten geben auf die Forderungen der Frauen<br />

und die der Männer. Die meisten Anrufe bei unserem<br />

Notdienst kommen beispielsweise von Frauen,<br />

die unter häuslicher Gewalt leiden. Wir haben versucht,<br />

diesem Bedürfnis nach Sicherheit von Seiten<br />

der Frauen mit unseren Frauenkommissariaten zu<br />

entsprechen: mit spezialisiertem Personal, das mit<br />

Frauen im Schockzustand umgehen kann und sie<br />

auch nach einer Anzeige besucht, um zu sehen, ob<br />

sich ihre Situation verbessert.<br />

Auch innerhalb der Polizei haben Frauen heute mehr<br />

Gewicht.<br />

Das ist schlicht eine Sache der Menschenrechte. Es<br />

ist ein Recht von uns Frauen, Chancengleichheit zu<br />

haben. Die Kolleginnen sollen spüren, dass sie die<br />

gleichen Möglichkeiten haben wie die Kollegen. Die<br />

Tatsache, dass es immer mehr Frauen auf den verschiedenen<br />

Hierarchieebenen der Polizei gibt, ermöglicht<br />

es uns auch, den Genderaspekt im Polizeidienst<br />

nach außen zu verstärken.<br />

Wären Männer nicht auf die Idee gekommen, so etwas<br />

wie Frauenkommissariate einzurichten?<br />

Ich weiß es nicht. Wir verstanden den Genderaspekt<br />

in der Polizei nie als Kampf gegen die<br />

Männer. Wir Frauen haben versucht, den Männern<br />

mit unserem Handeln zu zeigen, dass wir am selben<br />

Strang ziehen müssen, um professioneller zu<br />

werden. Dazu müssen wir die gleichen Möglichkeiten<br />

haben zu studieren, aufzusteigen, eine<br />

Leitungsposition einzunehmen. Wir haben bewiesen,<br />

dass wir das können. Und dass wir manchmal<br />

sogar besser sind als die Männer.<br />

t<br />

Das Interview führte Toni Keppeler.


34<br />

Ex-Kämpfer<br />

hinterm Pflug<br />

Tillmann Elliesen | Text und Fotos<br />

Die Region West Nile soll nicht wieder zum Krisenherd in Uganda werden.<br />

Voraussetzung dafür sind eine sichere Ernährungslage für die Menschen und<br />

erfolgreiche Krisenprävention. Ex-Rebellen leisten in einer Landwirtschaftskooperative<br />

einen Beitrag zu beidem.<br />

Ahmed Fala: Der<br />

Viehzüchter aus der<br />

Gemeinde Midigo hat<br />

wie viele seiner<br />

Landsleute sehr unter<br />

den Rebellen gelitten.<br />

A<br />

cikule Noeh hat die meiste<br />

Zeit seines Lebens<br />

eine Waffe getragen. In<br />

den 1970er Jahren war er Soldat<br />

in der Armee von Idi Amin. Als<br />

der ugandische Diktator 1979<br />

gestürzt wurde, zog Noeh sich mit<br />

15 000 Gleichgesinnten in den<br />

Busch zurück und kämpfte als<br />

Rebell gegen die neuen Machthaber.<br />

Bis den Aufständischen nach<br />

20 Jahren die Kraft ausging und<br />

ihre Frauen und Mütter sie aufforderten,<br />

nach Hause zu kommen<br />

und mit der Regierung zu verhandeln.<br />

<strong>Im</strong> Jahr 2002 schlossen beide<br />

Seiten Frieden, und heute ist Noeh<br />

Vorsitzender einer Spar- und Kreditgenossenschaft,<br />

die den ehemaligen<br />

Kämpfern bei der Rückkehr<br />

ins zivile Leben hilft.<br />

Eine zerschossene Hausruine am<br />

Ortseingang von Yumbe im äußersten<br />

Nordwesten Ugandas zeugt<br />

noch vom Krieg. Die von kleinen<br />

Läden gesäumte rotbraune Staubpiste<br />

quer durch die 15 000-Einwohner-Gemeinde<br />

erinnert an ein<br />

trostloses Wildwest-Städtchen.<br />

Kein Strom, kein fließendes Wasser.<br />

Die letzte Asphaltstraße endet<br />

60 Kilometer südlich in Arua.<br />

Dreißig Kilometer nördlich von<br />

Yumbe beginnt der Sudan. <strong>Im</strong><br />

Westen liegt Kongo. <strong>Im</strong> Osten<br />

fließt träge der Nil Richtung<br />

Norden.<br />

Yumbe zählt zu den ärmsten<br />

Distrikten in Uganda. Die Menschen<br />

leben von dem, was der<br />

Boden hergibt, und das ist nicht<br />

allzu viel. Arbeitsplätze außerhalb


PANORAMA akzente 4.08 35<br />

der Landwirtschaft gibt es kaum.<br />

Die Hälfte der Einwohner kann<br />

nicht lesen und schreiben. Das<br />

jährliche Pro-Kopf-Einkommen<br />

beträgt keine hundert Euro. Hinzu<br />

kommt das ungeklärte Schicksal<br />

von gut 60 000 sudanesischen<br />

Flüchtlingen, die in Siedlungen<br />

entlang des Nils leben und nicht<br />

so recht wissen, ob sie dem zerbrechlichen<br />

Frieden in Südsudan<br />

trauen und in ihre Heimat zurückkehren<br />

sollen.<br />

In der Region bündeln sich wie<br />

in einem Brennglas die Folgen der<br />

Bürgerkriege in Sudan und Uganda<br />

der vergangenen 30 Jahre. Idi<br />

Amin und seine Schergen waren<br />

hier zu Hause. Als der Diktator<br />

gestürzt war, rächten die neuen<br />

Machthaber seine Bluttaten an der<br />

Bevölkerung seiner Heimatprovinz.<br />

Viele flohen vor der Gewalt<br />

in den Sudan. Frühere Amin-Soldaten<br />

wie Acikule Noeh schlossen<br />

sich zur Uganda National Rescue<br />

Front (UNRF), später UNRF II,<br />

zusammen und kämpften gegen<br />

die neue Regierung. Erst als der<br />

heute noch amtierende Präsident<br />

Yoweri Museveni im Jahr 1986<br />

Kampala eroberte, trauten sich die<br />

Menschen zurück.<br />

Anbau in Frieden<br />

beugen. Anlass für diese Projektkomponente<br />

waren Spannungen<br />

zwischen den Flüchtlingen aus<br />

Sudan und der einheimischen Bevölkerung.<br />

Seit Mitte der 1990er<br />

Jahre leben die Sudanesen in mehreren<br />

Siedlungen entlang des Nils.<br />

Dort betreiben sie Ackerbau und<br />

Viehzucht. Doch wegen des geringen<br />

landwirtschaftlichen Produktionspotenzials<br />

der Region<br />

sind sie auf Nahrungsmittellieferungen<br />

des UN-Welternährungsprogramms<br />

angewiesen.<br />

Die Streitigkeiten drehen sich<br />

bis heute vor allem um Land und<br />

Wasser. Seit Projektbeginn Anfang<br />

2004 hat sich die Situation aber<br />

deutlich entspannt. Paul Lutz, der<br />

Leiter des Projektteams, ermutigte<br />

mit seinen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen<br />

die Flüchtlinge und<br />

die einheimische Bevölkerung,<br />

gemeinsame Friedensausschüsse<br />

zu bilden. Die Peace Committees<br />

besprechen Konflikte und räumen<br />

sie möglichst aus. In den Flüchtlingssiedlungen<br />

wurden Sozialräte<br />

eingerichtet, die die Sudanesen<br />

gegenüber lokalen ugandischen<br />

Behörden vertreten.<br />

Das Projekt unterstützt außerdem<br />

die Reintegration früherer<br />

UNRF-II-Rebellen in ihre Gemeinschaften.<br />

Das war zu Beginn des<br />

Projekts nicht vorgesehen. „Als<br />

wir hier anfingen, wurde uns aber<br />

ziemlich schnell klar, dass die Situation<br />

der Ex-Kämpfer in Yumbe<br />

ein viel größeres Konfliktpotenzial<br />

barg als die Spannungen zwischen<br />

Flüchtlingen und Einheimischen“,<br />

sagt Lutz. Der GOPA-Mitarbeiter<br />

und sein Team erweiterten daher<br />

den Ansatz zur Konfliktprävention,<br />

um den Frieden zu stabilisieren,<br />

den die Rebellen und die<br />

ugandische Regierung im Dezember<br />

2002 geschlossen hatten.<br />

Wache Erinnerungen<br />

Samir Bange Zubair steht in einer<br />

Wolke aus feinem weißen Staub<br />

und stopft kleine Brocken Maniokwurzel<br />

in einen Metalltrichter. Der<br />

Dieselmotor der Mühle rattert<br />

ohrenbetäubend laut. Am anderen<br />

Ende der Maschine hält ein Mann<br />

einen Sack unter einen Schlauch,<br />

aus dem das fertige Maniokmehl<br />

geblasen wird. Die Mühle gehört<br />

der Drajini-Bauernkooperative, die<br />

„Es war für uns eine ganz neue<br />

Erfahrung, Soldaten zu treffen, die<br />

nicht sofort schießen“, sagt Faidah<br />

Dede Obombasa, die 1979 als 17-<br />

Jährige mit ihrer Familie über die<br />

Grenze nach Sudan fliehen musste.<br />

Die hochgewachsene Frau<br />

arbeitet heute im ugandisch-deutschen<br />

Projekt für Ernährungssicherung<br />

und Konfliktprävention in<br />

West Nile, das die GTZ im Auftrag<br />

des Bundesministeriums für wirtschaftliche<br />

Zusammenarbeit und<br />

Entwicklung fördert. Das von der<br />

Bad Homburger Gesellschaft für<br />

Organisation, Planung und Ausbildung<br />

(GOPA) im Unterauftrag<br />

der GTZ betreute Projekt berät die<br />

Bauern der Region zu effizienteren<br />

Anbaumethoden und stellt verbessertes<br />

Saatgut und leistungsfähige<br />

Ziegenrassen zur Verfügung.<br />

Das Projekt will aber nicht nur<br />

die Ernährungssituation verbessern,<br />

sondern zugleich die Sicherheitslage<br />

stabilisieren und potenziellen<br />

Konflikten in West Nile vorein<br />

paar Kilometer außerhalb von<br />

Yumbe auf zehn Hektar Land<br />

Erdnüsse, Reis, etwas Gemüse<br />

und vor allem Maniok anbaut.<br />

Das Mehl verkaufen die Bauern<br />

auf dem Markt. Die GTZ unterstützt<br />

die Kooperative.<br />

Zubair schaltet die Mühle aus<br />

und nimmt den Atemschutz vom<br />

Gesicht. Seine Wimpern sind<br />

weiß gepudert. <strong>Im</strong> Jahr 1997 habe<br />

er sich der UNRF II angeschlossen,<br />

sagt der Mann leise. Da war<br />

er 20 Jahre alt. Mit dem Startgeld,<br />

das die Regierung den Ex-Rebellen<br />

nach dem Krieg für den Wiedereinstieg<br />

ins zivile Leben zahlte,<br />

kaufte er sich zwei Kühe. Heute<br />

hat er sechs. Zubair ist einer von<br />

vier ehemaligen Kämpfern, die in<br />

der Drajini-Kooperative mitarbeiten.<br />

„Mit meiner Vergangenheit als<br />

Rebell will ich nichts mehr zu tun<br />

haben“, sagt er und blickt zu Boden.<br />

Am Anfang hätten einige<br />

Mitglieder Bedenken gehabt, frühere<br />

Rebellen aufzunehmen, sagt<br />

Maturi Guma, der Chef der Kooperative.<br />

Aber die Dorfältesten<br />

appellierten an die Gemeinschaften,<br />

auf die Männer zuzugehen.<br />

Die West-Nile-Rebellion hatte<br />

bis zum Ende Rückhalt in der<br />

Bevölkerung – im Unterschied<br />

zum Krieg der berüchtigten Lord’s<br />

Resistance Army, die in den Provinzen<br />

weiter östlich jahrelang die<br />

Bevölkerung terrorisierte. Dennoch<br />

gibt es auch in Yumbe bis<br />

heute Verbitterung. Denn je aussichtsloser<br />

der Kampf der UNRF II<br />

wurde, desto stärker litten die<br />

Bewohner der Region. Die Übergriffe<br />

der Rebellen häuften sich.<br />

Wer sie nicht unterstützte, den<br />

bestraften sie als Kollaborateur der<br />

ttt<br />

Stimme der Flüchtlinge:<br />

Alfred Makur<br />

und Voice Chance<br />

(v. l.) sind Sprecher<br />

der Siedlung <strong>Im</strong>vepi,<br />

die in Uganda Flüchtlinge<br />

aus Südsudan<br />

auffängt.


36<br />

Markt in der<br />

Flüchtlingssiedlung<br />

<strong>Im</strong>vepi: Die südsudanesischen<br />

Flüchtlinge<br />

in West Nile leben<br />

nicht in Lagern. Die<br />

ugandische Regierung<br />

wies ihnen Land im<br />

Niltal zu, wo sie nun<br />

schon seit mehr als<br />

20 Jahren leben.<br />

Regierung. Und wer ihnen half,<br />

und sei es nur aus Furcht, der<br />

geriet ins Visier der Armee.<br />

„Die Rebellen kamen aus ihren<br />

Rückzugsgebieten in Sudan genau<br />

durch unser Dorf“, sagt Ahmed<br />

Fala und weist nach Norden in<br />

Richtung einiger grüner Hügel,<br />

hinter denen die sudanesische<br />

Grenze liegt. Falas Heimat, die<br />

Gemeinde Midigo, besteht aus<br />

einem kleinen Ortskern und einigen<br />

im Busch verteilten Siedlungen<br />

von jeweils vier oder fünf<br />

Lehmhütten. „Ich habe aus Angst<br />

vor den Rebellen zwei Jahre lang<br />

nicht im Haus geschlafen, sondern<br />

jede Nacht irgendwo anders im<br />

Busch“, sagt der kräftige Mann.<br />

Mit einer Stimme, in der viel<br />

unterdrückte Wut liegt, fährt er<br />

fort: „Männer wurden getötet,<br />

verstümmelt und entführt, unser<br />

Vieh gestohlen. Unsere Kinder<br />

konnten nicht zur Schule gehen.<br />

Die Regierung will, dass wir den<br />

Rebellen vergeben. Aber das kann<br />

ich nicht. Ich akzeptiere sie heute,<br />

aber ich verzeihe ihnen nicht.“<br />

Auch mancher Ex-Kämpfer tut<br />

sich schwer, ins zivile Leben<br />

zurückzufinden. Viele haben nie<br />

etwas anderes gelernt, als zu<br />

schießen. Nicht jeder tauschte so<br />

selbstverständlich das Gewehr<br />

gegen einen Pflug wie Samir<br />

Bange Zubair von der Drajini-<br />

Kooperative. Von den 84 Ex-<br />

Rebellen, die sich nach dem Krieg<br />

der Bauernkooperative anschlossen,<br />

sind nur vier geblieben.<br />

Die Regierung in Kampala zahlte<br />

4,2 Milliarden ugandische Schilling<br />

Starthilfe, umgerechnet 1,7<br />

Millionen Euro, an die knapp<br />

3 000 UNRF-II-Kämpfer. Agotri<br />

Zubeira, der Direktor der von Ex-<br />

Rebellen geführten Bidibidi-Sparund<br />

Kreditgenossenschaft in<br />

Yumbe, schätzt, dass lediglich 20<br />

bis 30 Prozent dieser Summe<br />

„sinnvoll investiert“ wurden. Das<br />

meiste Geld sei einfach ausgegeben<br />

worden. „Durch die Jahre im<br />

Exil hat sich bei den Rebellen ein<br />

Abhängigkeitssyndrom entwickelt.<br />

Die Leute müssen erst wieder<br />

aktiv werden“, sagt er. Dabei habe<br />

West Nile durchaus wirtschaftliches<br />

Potenzial. Zubeira: „Durch<br />

Yumbe fahren täglich Lastwagen,<br />

voll beladen mit Gütern für Südsudan.<br />

Sogar Maniok ist dabei.<br />

Warum liefern wir nichts?“<br />

Marode Infrastruktur<br />

Tatsächlich hat der Anfang 2005<br />

geschlossene Friedensvertrag für<br />

Südsudan einen neuen Markt<br />

geschaffen, auf dem sich viel Geld<br />

verdienen lässt. In der südsudanesischen<br />

Hauptstadt Juba wird alles<br />

gebraucht und es gibt fast nichts.<br />

Ein Eldorado für Händler aus den<br />

Nachbarländern Uganda, Kenia<br />

und Äthiopien. Meterhoch beladen<br />

quälen sich altersschwache<br />

Lkw über die hügeligen Lehmpisten<br />

in West Nile. Die Vereinten<br />

Nationen appellierten im vergangenen<br />

Jahr an die Verantwortli-<br />

chen, die Landwirtschaft zu fördern.<br />

Sie würden gern bei den<br />

Bauern der Region einkaufen, um<br />

Südsudan mit Lebensmitteln zu<br />

versorgen.<br />

Dazu müsste die ugandische<br />

Regierung die Infrastruktur ausbauen<br />

und in die wirtschaftliche<br />

Entwicklung investieren. So hat<br />

sie es im Abkommen mit den<br />

UNRF-Rebellen zugesagt. Das<br />

geschieht bisher aber nur langsam.<br />

Die Frustration darüber<br />

wächst. <strong>Im</strong> vergangenen Jahr gab<br />

es Gerüchte über neue Rebellenaktivitäten<br />

in Yumbe. Es gibt nach<br />

wie vor viele Waffen in der Region.<br />

Ein Aufkaufprogramm wurde<br />

eingestellt, nachdem Händler Gewehre<br />

aus Sudan und Kongo<br />

schmuggelten und gewinnbringend<br />

an die Regierung verkauften.<br />

Aber dass es wieder zu Kämpfen<br />

kommt, hält kaum jemand für<br />

möglich. Die Menschen haben<br />

genug vom Krieg. „Es gibt ein<br />

paar Unzufriedene, die Ärger<br />

machen wollen. Aber das lassen<br />

wir nicht zu“, sagt Rebellenveteran<br />

Acikule Noeh. Nach jahrzehntelangem<br />

Krieg und Konflikt hat<br />

die Provinz im Nordwesten Ugandas<br />

erstmals Aussicht auf länger<br />

anhaltende Stabilität und auf ein<br />

wenig mehr Wohlstand.<br />

t<br />

Tillmann Elliesen ist Mitarbeiter der Redaktion<br />

„welt-sichten“ in Frankfurt am Main.


PANORAMA<br />

akzente 4.08<br />

37<br />

Cash Crops<br />

gegen den Hunger<br />

Klaus Sieg, Text | Jörg Böthling, Fotos<br />

Eine berechenbare Nachfrage und ein fairer, verlässlicher Preis für Cashewnüsse:<br />

Auf diesen beiden Säulen ruht in Burkina Faso die Hoffnung vieler<br />

Kleinbauern, einen Ausweg aus der Armut zu finden.<br />

D<br />

ie Sommermonate sind für Nadomé Farma<br />

die härteste Zeit des Jahres. Zwischen Juni<br />

und September leeren sich die Vorratsspeicher<br />

des Kleinbauern im Südwesten von Burkina Faso.<br />

Die neue Ernte ist noch nicht eingebracht. „Mehr als<br />

eine Mahlzeit am Tag ist in dieser Zeit meistens nicht<br />

drin“, sagt der Mann und streicht sich über den vernarbten<br />

Schnitt auf seinen Wangen, das Erkennungszeichen<br />

für die Zugehörigkeit zu Familie und Ethnie.<br />

Diese eine Mahlzeit besteht meistens aus dem traditionellen<br />

Maisbrei To mit einer Sauce aus Okraschoten.<br />

Nur die besser gestellten Personen in seinem Dorf<br />

können sich Reis, Gemüse oder gar Fleisch leisten.<br />

„Wir wollen die Periode knapper Lebensmittelversorgung<br />

von drei auf zwei Monate verkürzen“, sagt<br />

Andrea Wilhelmi-Somé vom Programm für landwirtschaftliche<br />

Entwicklung, das die GTZ in Burkina Faso<br />

im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche<br />

Zusammenarbeit und Entwicklung unterstützt.<br />

Dazu soll unter anderem der Anbau von sogenannten<br />

Cash Crops beitragen: Sesam, Biobaumwolle, Maniok<br />

oder Cashewnüsse, die für den Verkauf und Export<br />

und nicht für den eigenen Bedarf angebaut werden.<br />

Betriebe vor Ort verarbeiten sie zum Verkauf auf lokalen<br />

und internationalen Märkten. So bleibt die Wertschöpfung<br />

im Land. Das steigert das Einkommen der<br />

ttt<br />

Kontrolle:<br />

Arbeiterinnen prüfen<br />

die Qualität der Cashewnüsse,<br />

die für<br />

den Export bestimmt<br />

sind. Die Einhaltung<br />

gewisser Standards<br />

in lokaler Produktion<br />

und Verarbeitung ist<br />

die Voraussetzung für<br />

den Absatz.


38<br />

Neue Bäume können<br />

die Kleinbauern aus<br />

den eigenen Nüssen<br />

ziehen. Eine berechenbare<br />

Nachfrage und<br />

ein fairer Preis veranlassen<br />

sie dazu, neue<br />

Plantagen anzupflanzen.<br />

ländlichen Bevölkerung nachhaltig und verbessert ihre<br />

Ernährungsbasis.<br />

Burkina Faso ist eines der ärmsten Länder der Welt.<br />

Fast die Hälfte der Bevölkerung muss mit weniger als<br />

einem halben Dollar und knapp 2 500 Kalorien pro<br />

Tag auskommen. Absolute Armut herrscht vor allem<br />

auf dem Land, wo 80 Prozent der Bevölkerung des<br />

westafrikanischen Staates leben. Die Menschen dort<br />

ernähren sich von der Landwirtschaft. Oder besser<br />

gesagt: Sie versuchen, sich davon zu ernähren.<br />

Der Norden des Landes liegt in der Sahelzone.<br />

<strong>Im</strong>mer wieder leiden die Menschen unter Trockenund<br />

Dürreperioden. Die sich ausbreitende Sahara<br />

treibt die Bevölkerung in die Städte und in den Süden<br />

von Burkina Faso. Dort wächst der Druck auf die<br />

natürlichen Ressourcen. <strong>Im</strong> relativ fruchtbaren<br />

Südwesten fällt zwar mit 1 000 Millimetern pro Jahr<br />

fast genauso viel Regen wie in Mitteleuropa. Doch der<br />

kommt innerhalb von nur zwei bis drei Monaten an<br />

wenigen Tagen übers Land, prasselt aus bedrohlichen<br />

Wolkentürmen nieder und wäscht nicht selten die<br />

dünne Humusschicht von den kargen Böden. Wenn er<br />

denn kommt.<br />

„<strong>Im</strong> vergangenen Jahr hat es viel zu wenig geregnet<br />

und die Ernte war schlecht“, sagt Nadomé Farma. Der<br />

Bauer steht am Rande seines Feldes, hinter ihm tollen<br />

einige Kinder über den staubigen Weg. Ihre dünnen<br />

Arme und Beine stecken in schmutzigen, viel zu großen<br />

Hemden und Hosen. Einige sind nackt. Dicke<br />

Bäuche und eine rötliche Färbung des Haares zeugen<br />

von Mangelernährung. Nadomé Farma baut auf zwei<br />

Hektar Mais, Hirse und ein wenig Bohnen an. Das<br />

meiste davon verbraucht er selbst. Fällt die Ernte<br />

schlecht aus, muss er Lebensmittel auf dem Markt<br />

kaufen. „Dort haben sich die Preise verdoppelt“, sagt<br />

er. Ackerland gibt es rund um sein Dorf Obiré genug.<br />

Nadomé Farma bräuchte nur den Chef de Terre zu<br />

fragen und bekäme welches zugewiesen. Warum also<br />

bebaut er nicht mehr Land, um den schlechten Ertrag<br />

abzufedern? „Ich könnte es nicht bearbeiten“, sagt der<br />

Kleinbauer.<br />

Eine Familie kann maximal drei Hektar bebauen.<br />

Und die auch nur, wenn die Kinder mit anpacken.<br />

Hauptwerkzeug auf dem Feld ist die Daba. Mit der<br />

einfachen Hacke wird umgegraben, gesät und gejätet.<br />

Männer, Frauen und Kinder bewegen sich dabei<br />

gebückt über die Felder. Die wenigsten Familien besitzen<br />

ein Ochsengespann. Traktoren sind eine Seltenheit.<br />

Bauern können sie bei Bedarf mieten. Nadomé<br />

Farma kann sich das ebenso wenig leisten wie einen<br />

der Arbeitstrupps, die zur Aussaat- und Erntezeit<br />

übers Land ziehen. „Die Anbaumethoden in Burkina<br />

Faso sind extrem extensiv und unproduktiv“, sagt<br />

Andrea Wilhelmi-Somé. Das Einkommen aus dem<br />

Anbau der Cashewnüsse und anderer Cash Crops soll<br />

deshalb nicht nur die Nahrungsversorgung verbessern,<br />

sondern auch zur Modernisierung der Landwirtschaft<br />

beitragen.<br />

Hilfe beim Export<br />

Die Lage<br />

Das Ziel<br />

Das Konzept<br />

Die Partner<br />

Die Kosten<br />

Alternative Einkommensquellen<br />

Weil Burkina Faso kaum über Rohstoffe und Industrie<br />

verfügt, bietet die Landwirtschaft das größte Entwicklungspotenzial<br />

für die Wirtschaft und ein Wachstum zu<br />

Gunsten der Armen.<br />

Eine Alternative zur bisher einzig bedeutenden Cash<br />

Crop Baumwolle, die ein Einkommen über die<br />

Subsistenz-Landwirtschaft hinaus ermöglicht.<br />

Unter Einbeziehung der Privatwirtschaft, ein Novum in<br />

Burkina Faso, fördert die GTZ in zwei ausgewählten Regionen<br />

im Südwesten und Osten des Landes alternative<br />

Produktionen mit gesichertem nationalen und internationalen<br />

Absatz sowie entsprechender Weiterverarbeitung.<br />

Das Landwirtschaftsministerium in Ouagadougou,<br />

Kleinbauern sowie Klein- und Mittelunternehmen.<br />

Das BMZ fördert die Technische Zusammenarbeit im<br />

Programm zur landwirtschaftlichen Entwicklung von<br />

Burkina Faso bis 2010 mit 5,25 Millionen Euro.<br />

Um Cashewnüsse oder Sesam exportieren zu können,<br />

muss deren Qualität stimmen. Eine lokale Produktion<br />

und Verarbeitung muss ausreichende Standards einhalten.<br />

Verarbeiter und Händler benötigen einen berechenbaren<br />

Absatzmarkt und gesicherte Rahmenbedingungen,<br />

von den behördlichen Genehmigungen<br />

und Zollbestimmungen bis hin zur Organisation des<br />

Transports. Die GTZ unterstützt die Akteure auf allen<br />

drei Ebenen. Die Berater helfen dabei, Bauern und<br />

Vorarbeiter auszubilden, den Hygienestandard in den<br />

Betrieben zu verbessern, fördern außerdem die Kommunikation<br />

zwischen Produzenten, Verarbeitern und<br />

Exporteuren und beraten Funktionsträger verschiedener<br />

Ministerien.<br />

„Die Cashewnussbäume machen relativ wenig<br />

Arbeit, bringen aber ein sehr wichtiges Zusatzeinkommen“,<br />

sagt Nadomé Farma und zeigt auf seine<br />

kleine Plantage auf einem Hektar Fläche. Der Kleinbauer<br />

hat seine Jahresernte an Nüssen für umgerechnet<br />

30 Euro an einen Händler verkauft. Auf dem<br />

Markt bekommt er dafür einen 50-Kilo-Sack Reis. Der<br />

Cashewnussbaum stammt ursprünglich aus Brasilien.<br />

Die Portugiesen brachten ihn nach Afrika und<br />

Indien. Er braucht keine künstliche Bewässerung,<br />

wegen seiner breiten Krone aber genügend Platz.


PANORAMA<br />

akzente 4.08<br />

39<br />

Rote Früchte hängen zur Erntezeit an den Ästen. In<br />

der Unterseite der apfelförmigen Frucht steckt die<br />

Nuss in ihrer dicken, harten Schale.<br />

Bahoudé Toure geht zwischen den Bäumen durchs<br />

trockene Gras. Es raschelt. Zweige knacken unter seinen<br />

Füßen. „Du musst das trockene Gras aus der<br />

Plantage entfernen, sonst kann ein Brand ausbrechen“,<br />

sagt der lokale GTZ-Mitarbeiter und warnt: „Cashewnussbäume<br />

brennen leicht.“ Nadomé Farma nickt.<br />

Häufig pflanzen die Bauern die Bäume zu eng. Die<br />

Blätter werden dann gelb, weil die Bäume nicht genug<br />

Nährstoffe erhalten. Die Folge: Die Früchte und Nüsse<br />

bleiben mickrig. Um einen guten Ertrag zu erhalten,<br />

müssen die Bauern die Bäume außerdem regelmäßig<br />

zurückschneiden. Bei der Ernte dürfen sie die Cashewnüsse<br />

nicht pflücken, sondern nur die heruntergefallenen<br />

aufsammeln. Das aber täglich. Sonst verfaulen<br />

die Nüsse durch die Feuchtigkeit. Aus dem gleichen<br />

Grund werden sie auch in Jutesäcke und in gelüfteten<br />

Räumen gelagert.<br />

Bevor die Nüsse über den Hafen Abidjan exportiert<br />

werden, gehen sie durch mindestens drei Hände. Zudem<br />

schwankt die Nachfrage stark. „Vor drei Jahren<br />

bezahlten die lokalen Händler ein Vielfaches des diesjährigen<br />

Preises“, sagt Nadomé Farma. „Wir fragen uns<br />

jedes Jahr: Sollen wir gleich an den ersten verkaufen<br />

oder kommen noch andere, die besser zahlen?“ Häufig<br />

erhält gleich der Erste den Zuschlag, weil die Kleinbauern<br />

das Geld dringend benötigen. Die extrem<br />

schwankenden Preise sind ein Grund dafür, weshalb<br />

sich die Bauern oft nicht ausreichend um die Cashewnussbäume<br />

kümmern.<br />

Die Nachfrage steigt<br />

In der Kleinstadt Bérégadougou werden die<br />

Cashewnüsse verarbeitet und für den Export verpackt.<br />

Antoine Sombié nimmt eine Packung mit<br />

geschälten Cashewnüssen aus der modernen Vakuumanlage<br />

und zeigt auf das Etikett, auf dem unter<br />

anderem die Nummer des Jutesackes steht, von dem<br />

die Nüsse stammen. „Wir können die Herkunft der<br />

Nüsse bis zu den einzelnen Bäumen zurückverfolgen“,<br />

sagt der Direktor der Association WOUOL und Gründer<br />

der Groupement de Transformation de l’Anacarde<br />

de Bérégadougou. Die Kooperative, in der unter anderem<br />

1 000 Cashewnussbauern organisiert sind, beschäftigt<br />

850 Mitarbeiter. In einer Halle stehen große<br />

Trockenöfen für Mangos. Fast 200 Tonnen getrocknete<br />

Mangos produzierte die Kooperative im vergangenen<br />

Jahr. Die größte Menge ging in den Export.<br />

Auf der gegenüberliegenden Seite des Hofes knacken<br />

Arbeiterinnen Cashewnüsse im Akkord. In der vor drei<br />

Jahren eingerichteten Manufaktur stehen Blechladen, auf<br />

die zwei scharfe Klingen montiert sind. Die Arbeiterinnen<br />

halten die nierenförmigen Nüsse zwischen die<br />

Letzte Verarbeitungsstufe:<br />

In der Kleinstadt<br />

Bérégadougou<br />

machen drei Frauen<br />

die Cashewnüsse fertig<br />

für den Versand.<br />

Das Etikett auf den<br />

Vakuum-Tüten nennt<br />

unter anderem die<br />

Nummer des Jutesackes,<br />

aus dem die<br />

Nüsse stammen.<br />

Derweil steigt die Nachfrage aus den USA und aus Europa.<br />

Die Zusammenarbeit mit Gebana Afrique ermöglicht<br />

es den Bauern in Burkina Faso, diese Märkte zu<br />

bedienen. Die Schweizer Organisation für fairen Handel<br />

mit Bioprodukten vertreibt bereits getrocknete Mangos<br />

von Bauernkooperativen in Burkina Faso. Ein Kunde<br />

von Gebana Afrique in Deutschland ist die GEPA,<br />

Europas größte Fairhandelsorganisation. „Auf den<br />

Märkten in den USA und in Europa ist die ganze Nuss<br />

gefragt, die außerdem noch groß und hell sein muss“,<br />

sagt David Heubi von Gebana Afrique. Das Potenzial auf<br />

diesem Markt schätzt David Heubi auf 1 000 Tonnen<br />

Cashewnüsse pro Jahr. <strong>Im</strong> vergangenen Jahr konnte die<br />

Gebana immerhin schon 50 Tonnen aus Burkina Faso<br />

exportieren. Gebana zahlt den Bauern einen fairen<br />

Preis. Der orientiert sich zwar am Markt, aber nicht an<br />

der extrem schwankenden Nachfrage der lokalen<br />

Händler. Zudem gibt es einen Aufpreis für Investitionen<br />

in die Produktion und in soziale Projekte. Für die Einhaltung<br />

der EU-Bio-Standards beim Anbau der Nüsse<br />

erhalten die Bauern ebenfalls einen besseren Preis.<br />

Eine berechenbare Nachfrage und ein fairer Preis<br />

motivieren die Kleinbauern dazu, sich stärker um ihre<br />

Cashewnussbäume zu kümmern beziehungsweise<br />

neue Plantagen anzupflanzen. Neue Bäume können sie<br />

aus den eigenen Nüssen ziehen. Den Neembaum-Extrakt<br />

stellen sie ebenfalls selbst her. Das natürliche<br />

Pflanzenschutzmittel hilft gegen Schädlingsbefall.<br />

Klingen und drücken diese mit Hand- oder Fußhebeln<br />

zusammen. Dabei darf nur die Schale kaputtgehen. Der<br />

begehrte Kern muss heil bleiben. Die Nüsse werden<br />

anschließend getrocknet, geröstet und verpackt. Fachleute<br />

der Kooperative fahren über das Land, nehmen<br />

Stichproben, beraten die Bauern beim Anbau und kontrollieren<br />

die Qualität der Nüsse. „Durch die berechenbare<br />

Nachfrage achten die Bauern verstärkt auf die<br />

Qualität“, freut sich Antoine Sombié.<br />

In Zusammenarbeit mit der Kooperative entstehen<br />

andere lokale Verarbeitungsstätten im Südwesten von<br />

Burkina Faso. So auch in der Nähe von Obiré.<br />

Nadomé Farma und die anderen Kleinbauern aus dem<br />

Dorf können also bald ihre Cashewnüsse zu fairen<br />

Preisen verkaufen. „Mit dem Geld dafür will ich die<br />

Ausbildung der Kinder meines verstorbenen Bruders<br />

bezahlen“, sagt ein älterer Bauer und zieht an einer<br />

Zigarette aus selbst gepflanztem Tabak, den er in ein<br />

Maisblatt gedreht hat. Und vielleicht kann er bald das<br />

ganze Jahr hindurch zwei Mahlzeiten am Tag essen.<br />

Klaus Sieg und Jörg Böthling arbeiten für agenda Fotografen &<br />

Journalisten in Hamburg.<br />

t


40<br />

Kruger-to-Canyons:<br />

Bergwaldinseln, ausgedehnte<br />

Savannen<br />

und Grasland charakterisieren<br />

das subtropische<br />

Biosphärenreservat,<br />

mit rund<br />

26 000 Quadratkilometern<br />

Gesamtfläche<br />

das drittgrößte<br />

Schutzgebiet dieser<br />

Art auf der Welt.<br />

Grüner<br />

Brückenschlag<br />

Thomas Veser, Text | Suhel al-Janabi, Fotos<br />

Die Biosphärenreservate Rhön und Kruger-to-Canyons in Südafrika suchen<br />

gemeinsam nach Wegen für eine nachhaltige regionale Entwicklung.<br />

Die scheinbar ungleichen Zwillinge haben eine Menge Gemeinsamkeiten.<br />

D<br />

<strong>Im</strong> Auftrag des Bundesamtes für<br />

Naturschutz unterstützt die GTZ<br />

die Kooperation, die zur nachhaltigen<br />

Entwicklung der beiden Regionen<br />

beitragen soll. „Voraussetzung<br />

dafür ist der mit stetem<br />

Erfahrungsaustausch verbundene<br />

Aufbau von Kapazitäten“, sagt<br />

Suhel al-Janabi, der die Kooperation<br />

als Consultant betreut.<br />

Gemeinsam mit dem Deutschen<br />

Entwicklungsdienst engagiert die<br />

GTZ sich zudem bereits seit dem<br />

Jahr 2001 im Mpumalanga Rural<br />

Development Programme im Aufie<br />

südafrikanische Biosphärenregion<br />

Kruger-to-<br />

Canyons und das deutsche<br />

Biosphärenreservat Rhön sind<br />

eine langfristige Kooperation eingegangen.<br />

Der Startschuss zur Zusammenarbeit<br />

fiel auf der Vertragsstaatenkonferenz<br />

zur UN-Konvention<br />

über die biologische Vielfalt<br />

im Sommer 2008 in Bonn. Mit<br />

gegenseitigen Besuchen und Workshops<br />

machten sich die Verantwortlichen<br />

beider Biosphären seither<br />

mit den Partnergebieten vertraut<br />

und lernten voneinander.<br />

trag des BMZ für die Entwicklung<br />

der Biosphärenregion Kruger-to-<br />

Canyons (K2C). Neben K2C sind<br />

dort Themen die Lebenssituation<br />

der Bevölkerung, Armutsminderung,<br />

nachhaltige Ressourcennutzung<br />

und der Kampf gegen Aids.<br />

Sowohl die Rhön als auch K2C<br />

folgen dem Drei-Zonen-Prinzip.<br />

Die jeweilige Kernzone der Biosphärenreservate<br />

ist dem langfristigen<br />

Naturschutz gewidmet. In der<br />

Pflegezone, die sie umschließt,<br />

sind lediglich Eingriffe erlaubt, die<br />

mit den Schutzzielen vereinbar


PANORAMA akzente 4.08 41<br />

sind. In einer dritten Zone, der<br />

Entwicklungszone, werden die<br />

Naturressourcen von der ansässigen<br />

Bevölkerung nachhaltig bewirtschaftet.<br />

Das zwischenstaatliche<br />

UNESCO-Programm „Der<br />

Mensch und die Biosphäre“ (MAB)<br />

verzeichnet in 105 Ländern bereits<br />

531 solch modellhafter Kulturlandschaften.<br />

Die beiden Biosphärenreservate,<br />

die geografisch so weit auseinanderliegen,<br />

scheinen außer den<br />

MAB-Prämissen auf den ersten<br />

Blick wenig gemeinsame Ansatzpunkte<br />

zu haben. Ausgedehnte<br />

Savannen, Grasland und Bergwaldinseln<br />

charakterisieren den subtropischen<br />

Kruger-to-Canyons, dem<br />

mit rund 26 000 Quadratkilometern<br />

Gesamtfläche weltweit drittgrößten<br />

Schutzgebiet dieser Art. Seine<br />

Kernzone deckt sich mit einem<br />

Abschnitt des berühmten Kruger-<br />

Nationalparks. Die sanft hügelige<br />

Rhön hingegen, eine der größten<br />

Biosphären in Deutschland, ist<br />

eine typische mitteleuropäische<br />

Kulturlandschaft in Mittelgebirgslage.<br />

Das „Land der offenen<br />

Fernen“, wie die Rhön genannt<br />

wird, besteht aus einer Abfolge<br />

von Wiesen, Ackerflächen und<br />

Wald an den Bergflanken.<br />

Ungleiche Zwillinge?<br />

Mit rund 1 800 Quadratkilometern<br />

Fläche ist das Gebiet, das sich über<br />

Bayern, Thüringen und Hessen<br />

erstreckt, 13 Mal kleiner als der<br />

K2C. Die Besiedlung der Rhön ist<br />

10 Mal geringer als die der südafrikanischen<br />

Partnerregion mit<br />

ihren anderthalb Millionen Bewohnern.<br />

Das sozioökonomische<br />

Gefälle zwischen den Reservaten<br />

ist ebenfalls gewaltig. Die Zeiten<br />

des 19. Jahrhunderts, in denen die<br />

Rhön ein Armenhaus war, sind<br />

vorbei. <strong>Im</strong> südafrikanischen Biosphärenreservat<br />

hingegen hat sich<br />

die Kluft zwischen Arm und Reich<br />

seit Ende der Rassentrennung drastisch<br />

vergrößert. Rund 70 Prozent<br />

der Bewohner im Kruger-to-<br />

Canyons – meist Farbige – haben<br />

gegenwärtig kein Einkommen.<br />

„Für diese Menschen ist es wichtig,<br />

dass sie eine Zukunftsperspektive<br />

haben“, sagt David Mabunda,<br />

der Geschäftsführer der südafrikanischen<br />

Nationalparkverwaltung.<br />

Eine wirtschaftliche Entwicklung,<br />

die auf der nachhaltigen Nutzung<br />

der natürlichen Ressourcen basiert,<br />

macht diese Perspektive<br />

greifbarer.<br />

Genauer betrachtet weisen die<br />

Partnerterritorien jedoch überraschende<br />

Ähnlichkeiten auf. Beim<br />

Aufbau des Biosphärenreservats<br />

Rhön galt es zunächst, Eigentumsfragen<br />

zu klären und Land zurückzuerstatten.<br />

Der Grund dafür: Das<br />

heutige thüringische Gebiet gehörte<br />

zur DDR. Die Landwirte dort<br />

mussten in Produktionsgenossenschaften<br />

eintreten. Privater Landbesitz<br />

ging mit der Zwangskollektivierung<br />

verloren. <strong>Im</strong> südafrikanischen<br />

Gegenstück zur Rhön mussten<br />

die farbigen Bewohner während<br />

der Apartheid in vorgegebenen<br />

Gebieten wohnen. Zu Landbesitz<br />

hatten sie keinen Zugang.<br />

„Bei den manchmal komplizierten<br />

Fragen der Landrückgabe und -vergabe<br />

können uns die Partner aus<br />

der Rhön mit ihren Erfahrungen<br />

helfen, Konflikte zu vermeiden“,<br />

sagt Debby Thomson, Mitglied des<br />

K2C-Exekutivkomitees.<br />

Gleiches gilt auch in Fragen der<br />

Landnutzung. Die mit der Einrichtung<br />

eines Biosphärenreservats<br />

geänderte Landnutzung kann bisweilen<br />

schwerwiegende Folgen<br />

haben. Rhönbauern, die traditionelles<br />

Ackerland zu Weideflächen<br />

umwandelten, wurden für den<br />

daraus folgenden Verdienstausfall<br />

mit öffentlichen Mitteln entschädigt.<br />

Denn in Deutschland engagieren<br />

sich vornehmlich Länder<br />

und Gemeinden für die Finanzierung<br />

von Biosphärenreservaten.<br />

Eine Regelung, von der die Manager<br />

der Biosphärenreservate in<br />

Südafrika nur träumen können.<br />

„Staatsgeld gibt es nur sporadisch<br />

und für bestimmte Projekte, etwa<br />

wenn wir soziale oder wirtschaftliche<br />

Rahmenrichtlinien erarbeiten“,<br />

stellt Debby Thomson klar. Als<br />

südafrikanische Waldarbeiter<br />

durch die Stilllegung von Eukalyptus-<br />

und Kiefernplantagen im Reservat<br />

ihren Job einbüßten, seien<br />

sie leer ausgegangen.<br />

Parallelen gibt es ferner in der<br />

Landwirtschaft, die in beiden Biosphärenreservaten<br />

bis heute eine<br />

zentrale Rolle spielt, und bei den<br />

Bodenschätzen. Während der Abbau<br />

von Braunkohle, Basalt und<br />

Mineralien in der Rhön inzwischen<br />

eingestellt wurde, ist im südafrikanischen<br />

Gegenstück die Förderung<br />

von Kupfer, Phosphat und Vermiculit<br />

nach wie vor ein bedeutender<br />

Wirtschaftsfaktor, der zahlreiche<br />

Arbeitsplätze sichert.<br />

Debby Thomson bezeichnet das<br />

länderübergreifend zwischen Thüringen,<br />

Hessen und Bayern entwickelte<br />

Modell des Biosphärenreservats<br />

Rhön als beispielhaft. „In<br />

der Rhön war von Anfang an vorgesehen,<br />

dass die betroffenen Bewohner<br />

Anhörungsrecht besaßen<br />

und so bei Entscheidungen mitwirken<br />

konnten“, sagt Thomson.<br />

Nach gleichem Muster laufe nun<br />

die Kooperation zwischen den<br />

Provinzen Mpumalanga und Limpopo,<br />

die am K2C-Biosphärenreservat<br />

Anteil haben. „Unsere Partner<br />

aus der Rhön haben einen<br />

Wissensvorsprung von zehn Jahren,<br />

das wollen wir bei der weiteren<br />

Planung nutzen“, bekräftigt die<br />

Südafrikanerin.<br />

„Weil eine Biosphärenregion einschneidende<br />

Veränderungen mit<br />

sich bringt, fällt es uns nicht eben<br />

leicht, die Einheimischen von den<br />

Vorteilen zu überzeugen“, räumt<br />

Debby Thomson ein. Ein Grund<br />

mehr, die Umweltbildung zu verstärken.<br />

Ein Biosphärenreservat, in<br />

dem dauernd geforscht wird und<br />

ttt<br />

Lokale Tierwelt: <strong>Im</strong><br />

Biosphärenreservat<br />

Rhön ist es gelungen,<br />

das bedrohte Rhönschaf<br />

vor dem Aussterben<br />

zu bewahren.<br />

Foto I Fotolia


42<br />

Prüfender Blick: Der<br />

Getränkehersteller<br />

Bionade erwägt,<br />

Zitrusfrüchte aus dem<br />

Biosphärenreservat<br />

Kruger-to-Canyons<br />

für seine Limonade<br />

zu beziehen. Eine<br />

Studie klärt, wie<br />

diese und andere<br />

Produkte ökologisch<br />

angebaut werden<br />

können.<br />

neue Ansätze erprobt werden, sei<br />

dafür die geeignete Grundlage. Die<br />

Bildungspartnerschaft zwischen<br />

dem bayerischen Gymnasium<br />

Mellrichstadt und der Southern-<br />

Cross-Privatschule in der Stadt<br />

Hoedspruit ist ein erstes Resultat<br />

der Bildungskooperation.<br />

<strong>Im</strong>pulse für die Wirtschaft<br />

Debby Thomson vom Exekutivkomitee<br />

des Kruger-to-Canyons<br />

fiel bei ihrem Besuch in der Partnerregion<br />

Rhön nicht zuletzt die<br />

Rolle der lokalen Gewerbetreibenden<br />

auf. „Das Biosphärenreservat<br />

Rhön ist tatsächlich zu einem<br />

regionalen Markenzeichen aufgestiegen“,<br />

sagt Doris Pokorny, die in<br />

der Bezirksregierung Unterfranken<br />

für die Verwaltung des bayerischen<br />

Teils der Rhön zuständig ist. Eine<br />

wichtige Aufgabe sei es gewesen,<br />

das bedrohte Rhönschaf vor dem<br />

Aussterben zu bewahren. Die<br />

Weidetiere tragen gut zur Pflege<br />

des Landschaftsbildes bei. Die<br />

lokale Gastronomie setzt ihr an<br />

Wild erinnerndes Fleisch auf die<br />

Speisekarte.<br />

„Bewahren durch Konsumieren.“<br />

Mit diesen Worten umschreibt<br />

Doris Pokorny den im Biosphärenreservat<br />

Rhön gewählten Weg.<br />

<strong>Im</strong>mer mehr regionale Produkte<br />

sollen vermarktet werden. Nicht<br />

nur die dort wachsenden Äpfel<br />

zählen dazu. Als weitere Spezialität<br />

mit dem unverkennbaren Rhön-<br />

Label ist die „Rhönschdegge“ genannte<br />

Salami geplant, wozu Fleisch<br />

von der ebenfalls vom Aussterben<br />

bedrohten fränkischen Gelbvieh-<br />

Rasse verarbeitet wird. Die Kollegen<br />

in Südafrika vermarkten derweil<br />

die in ihrem Biosphärenreservat<br />

produzierte Trockenfleischspezialität<br />

Biltong aus Rind- oder<br />

Wildfleisch. Für die Qualität bürgt<br />

das Markenzeichen K2C.<br />

Auf der Vermarktungsliste stehen<br />

auch Pflanzen. Die Rhön-Initiative<br />

„Wild and Green“ bietet einheimische<br />

Kräuter an und regte damit<br />

die südafrikanische Seite zum<br />

Nachahmen an. Schon werden<br />

deutsche und südafrikanische<br />

Produkte in beiden Gebieten zum<br />

Kauf angeboten.<br />

Gute Aussichten auf eine solide<br />

Zusammenarbeit sieht auch Norbert<br />

Schmäling, früherer Leiter der<br />

Energieagentur Bayerische Rhön.<br />

Das Unternehmen, das sich der<br />

Nutzung erneuerbarer Energien<br />

verschrieben hat, beschäftigt sich<br />

im südafrikanischen Gebiet mit<br />

der Wasserkraft des Blyde River.<br />

Eine Besichtigung ergab, dass dort<br />

in früherer Zeit ein gut ausgebautes<br />

Wassertransportsystem bestand,<br />

das lange nicht genutzt<br />

wurde. „Steigende Energiepreise<br />

zwingen auch in Südafrika dazu,<br />

sich wieder auf diese brachliegenden<br />

Schätze zu besinnen“, sagt<br />

Schmäling. Der Gedanke an den<br />

Bau kleiner Turbinen zur Stromgewinnung<br />

und Einspeisung ins Netz<br />

liegt nahe.<br />

Bevor im K2C jedoch ein Energieunternehmen<br />

auf kommunaler<br />

Ebene – nach dem Vorbild einer<br />

kommunalen Initiative in der<br />

Rhön – gegründet werden kann,<br />

müssen die Ergebnisse einer Machbarkeitsstudie<br />

abgewartet werden,<br />

die die GTZ unterstützt. Perspektivisch<br />

soll von der Partnerschaft<br />

zwischen Rhön und Kruger-to-<br />

Canyons auch die lokale Wirtschaft<br />

im südafrikanischen Biosphärenreservat<br />

profitieren. Der<br />

private Sektor spielt dort eine<br />

Schlüsselrolle, weil er soziale Verpflichtungen<br />

übernimmt und<br />

Gesundheitseinrichtungen oftmals<br />

anstelle des Staates finanziert.<br />

Dank der gegenseitigen Besuche<br />

ist inzwischen auch der Getränkehersteller<br />

Bionade auf das südafrikanische<br />

Partnergebiet aufmerksam<br />

geworden. Das Unternehmen<br />

kauft einen Großteil der benötigten<br />

biologisch kontrollierten Zutaten<br />

für seine Erfrischungsgetränke<br />

in der heimischen Rhön<br />

ein. Was dort nicht produziert<br />

werden kann, wie beispielsweise<br />

Ingwer, Litschis und Zitrusfrüchte,<br />

würde der Familienbetrieb gerne<br />

öko-zertifiziert von Farmern im<br />

K2C abnehmen, sagt Geschäftsführer<br />

Peter Kowalsky. Eine von der<br />

GTZ unterstützte Studie klärt,<br />

unter welchen Bedingungen diese<br />

Produkte im Biosphärenreservat<br />

K2C nach den Regeln der ökologischen<br />

Landwirtschaft angebaut<br />

werden können. Für die Farmer<br />

geht es dabei um die grundlegende<br />

Frage: Wie marktfähig sind solche<br />

Erzeugnisse? Die beteiligten<br />

Partner sehen gute Chancen für<br />

eine von der GTZ unterstützte<br />

öffentlich-private Partnerschaft.<br />

Die meist jungen farbigen Bauern,<br />

die im K2C zunehmend Agrarland<br />

in Eigenregie bewirtschaften, hoffen<br />

auf Liefervereinbarungen mit<br />

Bionade.<br />

Weltweit verbindet die beiden<br />

Biosphärenreservate die Schlüsselfrage,<br />

wie der Naturschutz und die<br />

sozioökonomischen Bedürfnisse<br />

der Menschen in den Schutzgebieten<br />

in Einklang gebracht werden<br />

können. Die Erfahrungen aus der<br />

Partnerschaft zwischen den Biosphärenreservaten<br />

Rhön und<br />

Kruger-to-Canyons werden wertvolle<br />

Antworten bringen.<br />

t<br />

Thomas Veser schreibt und fotografiert für das<br />

Journalistenbüro Seegrund in St. Gallen.


PANORAMA<br />

akzente 4.08<br />

43<br />

Freier Blick über<br />

die Schulter<br />

Rainer Heubeck | Text und Fotos<br />

Auf gleicher<br />

Augenhöhe: Die<br />

Forstverantwortlichen<br />

des ASEAN-Staatenbundes<br />

entschlossen<br />

sich nach dem Besuch<br />

mehrerer GTZ-<br />

Seminare und im<br />

Austausch mit der<br />

OECD dazu, die Peer-<br />

Review-Methode zur<br />

Verbesserung ihrer<br />

nationalen Forstpolitiken<br />

anzuwenden.<br />

Einen Schulterschluss einzugehen, ist das eine. Sich anschließend aber auch<br />

über die Schulter schauen zu lassen, das andere. Unter den ASEAN-Staaten<br />

sorgt der Peer Review für bessere grenzüberschreitende Einsichten.<br />

D<br />

as Emirat Brunei ist kein Land, das Unterstützung<br />

bei seiner wirtschaftlichen Entwicklung<br />

benötigt. Eine wichtige Adresse für Entwicklungsberater<br />

ist der Staat auf der Insel Borneo aber dennoch.<br />

Der Grund: Brunei ist Mitglied im ASEAN-Staatenbund.<br />

Die Association of Southeast Asian Nations<br />

umfasst zehn südostasiatische Länder, die ihre wirtschaftliche<br />

und politische Zusammenarbeit verstärken<br />

wollen. Um dieses Ziel zu erreichen, bedarf es neuer<br />

Mechanismen zur Politik-Koordinierung. Ob sie greifen,<br />

darauf machen Forstexperten in Brunei die Probe<br />

aufs Exempel.<br />

Die Forstverantwortlichen von ASEAN hatten<br />

sich vor zwei Jahren nach dem Besuch mehrerer<br />

GTZ-Seminare und im Austausch mit der OECD<br />

dazu entschlossen, die Methode zu erproben, nach<br />

der die ASEAN-Staatengemeinschaft künftig ihre<br />

nationalen Forstpolitiken verbessern und vernetzten<br />

will. Offenheit, Transparenz sowie gegenseitiges<br />

Lernen und Abstimmen sind gefragt. Peer<br />

Review heißt das Instrument dazu. Mit anderen<br />

Worten: Die Mitglieder des Staatenbundes befürworten<br />

eine gegenseitige Begutachtung und Bewertung,<br />

die Aufschluss geben über Optimierungspotenzial<br />

und best practices.<br />

Die OECD wendet dieses Verfahren seit Langem an.<br />

Es im Forstsektor zu erproben, um somit die nationalen<br />

Forstpolitiken zu verbessern und auf regionaler<br />

Ebene besser zu koordinieren, ist brisant. Vieles liegt<br />

hier in Südostasien noch im Argen, wie der illegale<br />

Holzeinschlag und -handel zeigt sowie die<br />

Verdrängung von Wäldern durch Palmölplantagen<br />

oder die immer wieder auftretenden Waldbrände auf<br />

Borneo.<br />

ttt


44<br />

Dato Hamdillah H.A<br />

Wahab, Stellvertreter<br />

des Ministers für<br />

Industrie und<br />

Primärressourcen in<br />

Brunei.<br />

Die Lage<br />

Das Ziel<br />

Das Konzept<br />

Die Partner<br />

Die Kosten<br />

Brunei geht bei der Einführung des Peer-Review-<br />

Verfahrens unter den ASEAN-Staaten voran. Anfang<br />

vergangenen Jahres legte das Emirat einen Bericht über<br />

seinen Forstsektor vor und ließ diesen von einem<br />

ASEAN-Inspektionsteam überprüfen. Das Team bestand<br />

aus je zwei Forstexperten aus den Philippinen<br />

und aus Kambodscha. Gemeinsam mit Vertretern des<br />

ASEAN-Sekretariats hatten sie eine Woche lang Zeit,<br />

sich ein eigenes Bild von der Situation der Forst- und<br />

Holzwirtschaft in Brunei zu machen. „Ich glaube, wir<br />

sind glänzend dabei weggekommen“, sagt Dato Hamdillah<br />

H.A Wahab. Der Stellvertreter des Ministers für<br />

Industrie und Primärressourcen in Brunei ist zuversichtlich,<br />

denn: „Wir haben eine der höchsten Forstbedeckungen<br />

in der Welt. Achtundsiebzig Prozent unseres<br />

Landgebiets sind von tropischem Regenwald bedeckt.<br />

Und wir haben seit 1993 eine sehr strenge Beschränkung<br />

des Holzeinschlags. Pro Jahr dürfen nicht mehr<br />

als 100 000 Kubikmeter Holz geerntet werden.“ Dazu<br />

kommt: „Für jeden Baum, den wir schlagen, pflanzen<br />

wir vier neue.“<br />

<strong>Im</strong>pulse für den Dialog<br />

Dato Hamdillah hat den Peer-Review-Prozess, der in<br />

den ASEAN-Staaten den Namen Peer Consultation<br />

Framework (PCF) trägt, aktiv unterstützt und begleitet.<br />

„Bevor ich ins Ministerium wechselte, habe ich dreißig<br />

Jahre bei Brunei Shell gearbeitet“, sagt Dato Hamdillah<br />

und fügt hinzu: „Dort war es Standard, ein unabhängiges<br />

Audit einzuholen und Benchmarkings durchzuführen,<br />

um die Performance zu verbessern. Das ist der<br />

richtige Weg. Vorausgesetzt, man will die Dinge nicht<br />

im Dunkeln halten und ist an kontinuierlichen Verbesserungen<br />

interessiert.“<br />

Doch PCF bedeutete in Brunei mehr als nur eine<br />

Überprüfung durch Experten aus der Region. Die<br />

Regierung des Landes nahm den Prozess zum Anlass,<br />

den internen Dialog zu fördern und alle Stakeholder<br />

aus dem Forstsektor an einen Tisch zu bringen. „Zu<br />

Beginn des PCF-Prozesses dachten wir, dass es ausreichen<br />

würde, einige der Fragen nur intern zu regeln,<br />

Verbesserung der regionalen Kooperation<br />

Nachhaltige Waldwirtschaft in Südostasien erfordert<br />

regionale Kooperation.<br />

Effizientere zwischenstaatliche Zusammenarbeit der zehn<br />

ASEAN-Staaten in der Forstpolitik und mehr Capacity für<br />

deren Sekretariat.<br />

GTZ-Berater unterstützen die ASEAN-Staaten und deren<br />

Sekretariat dabei, Fachkompetenz, Politiken, Strategien<br />

und Mechanismen für zwischenstaatliche Koordinierung<br />

zu entwickeln.<br />

Die Forstministerien der ASEAN-Staaten sowie das ASEAN-<br />

Sekretariat in Jakarta.<br />

Das BMZ unterstützt die Technische Zusammenarbeit zur<br />

Regionalen Kooperation in der Forstpolitik mit den<br />

ASEAN-Staaten mit 3,1 Millionen Euro.<br />

aber andere Stakeholder sagten uns, es sei sinnvoll,<br />

mehr Leute einzubeziehen. Und das haben wir getan“,<br />

sagt Noralinda Bte Hj Ibrahim von der Forstabteilung<br />

des Ministeriums für Industrie und Primärressourcen.<br />

Die Forstabteilung bereitete den PCF-Inspektionsbesuch<br />

der Delegation mit vor, die unter Leitung von<br />

Azmi Mat Akhir anreiste, dem damaligen Sonderberater<br />

des ASEAN-Generalsekretärs.<br />

Die Gutachter besuchten außerdem mehrere der 24<br />

Sägewerke in Brunei, unter anderem Bukit Udal<br />

Timber. Dort konnten sie sich davon überzeugen: Die<br />

Forstverwaltung gibt die Menge der einzuschlagenden<br />

Bäume in Brunei nicht nur vor, sondern kontrolliert<br />

dies auch effektiv und genau. Der PCF-Report von<br />

Mitte vergangenen Jahres kam sogar zu dem Ergebnis,<br />

dass Brunei seine Holzernte mittelfristig ausdehnen<br />

kann, ohne die Grundsätze nachhaltiger Forstwirtschaft<br />

zu verletzten.<br />

Und noch ein Ergebnis brachte der PCF-Prozess:<br />

Brunei hat ein enormes Potenzial für Ökotourismus,<br />

das bisher noch nicht effektiv genutzt wird. Um<br />

mehr Ökotouristen anzuziehen, so der Vorschlag,<br />

solle Brunei intensiver und vielfältiger für seine<br />

Naturschätze werben und diese besser vermarkten.<br />

Hier zeichneten sich sieben Monate nach der<br />

Vorlage des Abschlussberichts bereits praktische<br />

Konsequenzen ab. Die Regierung des Sultanats<br />

Brunei übertrug im Februar die einzige Gästeunterkunft<br />

im Ulu Temburong Nationalpark der Privatfirma<br />

„Sunshine Borneo Tours“. Diese soll künftig<br />

nicht nur das Ulu Ulu Resort betreiben, das 60<br />

Gästen pro Nacht eine Unterkunft bietet; auch<br />

Tages- und Mehrtagestouren in den Nationalpark<br />

werden angeboten.<br />

Höhepunkt der meisten Exkursionen ist der Besuch<br />

eines bis zu 50 Meter hohen Canopy-Pfades, dessen<br />

Plattformen und Hängebrücken einen grandiosen<br />

Ausblick über das Baumwipfel-Dach des Regenwalds<br />

ermöglichen. Dazu kommen geführte Dschungeltouren,<br />

bei denen einheimische Pflanzen und Tiere gezeigt<br />

und erklärt werden, sowie Boots- und Wanderausflüge<br />

zu kleineren Wasserfällen. Durch die Privatisierung<br />

der Tourismus-Infrastruktur im Nationalpark<br />

hofft Bruneis Regierung, die Zahl der Nationalpark-Besucher<br />

von derzeit rund 6 000 pro Jahr auf 10 000


PANORAMA akzente 4.08 45<br />

Personen pro Jahr steigern zu können. „Der PCF-Prozess<br />

hat unsere Augen geöffnet und unseren Horizont<br />

erweitert, er hat uns Ideen gegeben, was uns noch<br />

fehlt und was wir tun können“, sagt Noralinda Bte Hj<br />

Ibrahim.<br />

Zweiter Probelauf<br />

Wegen der positiven Erfahrungen im ersten planen<br />

die Forstverantwortlichen der zehn ASEAN-<br />

Staaten bereits einen zweiten Pilot-Durchgang. Statt<br />

des kleinen, überschaubaren Brunei soll im nächsten<br />

Schritt die Forstpolitik der Philippinen durchleuchtet<br />

und verbessert werden. „Beim Peer Review geht es<br />

nicht darum, überraschende Erkenntnisse zu Tage zu<br />

fördern und jemanden damit zu überfallen. Die<br />

gemeinsame Evaluierung und Optimierung in einem<br />

Politiksektor ist das Ziel. Peer Review ist freiwillig<br />

und eine Diskussion unter Gleichen“, sagt GTZ-<br />

Mitarbeiterin Daniela Göhler, die den Aufbau des<br />

PCF-Verfahrens begleitet hat, gemeinsam mit Bernhard<br />

von der Heyde, bis Ende vergangenen Jahres<br />

Berater im Regionalen Forstprogramm Südostasien,<br />

das die GTZ im Auftrag des BMZ durchführt. Das<br />

Programm ist direkt beim ASEAN-Sekretariat in<br />

Jakarta angesiedelt.<br />

Bernhard von der Heyde erinnert sich, dass anfangs<br />

innerhalb der ASEAN-Länder etliche Vorbehalte überwunden<br />

und ausgeräumt werden mussten. So beispielsweise<br />

die Vorstellung, dass sich der Peer Review<br />

und das ASEAN-interne Konsensprinzip widersprechen.<br />

Von der Heyde geht davon aus, dass die Begutachtung<br />

der Forstpolitik der Philippinen aufwändiger<br />

und teurer werden wird als das Verfahren in Brunei.<br />

Brunei kommt dennoch eine Schlüsselrolle zu. Dies<br />

gilt besonders für die Umsetzung des derzeit bedeutendsten<br />

Regenwald-Schutzprogramms in Südostasien:<br />

der Heart-of-Borneo-Initiative (HOB). Das Projekt zur<br />

Rettung der Regenwälder auf Borneo geht weit über<br />

die Insel hinaus. Die Regenwälder sind neben dem<br />

Amazonas-Regenwald und dem Kongobecken die dritte<br />

große Grüne Lunge der Erde. Für Vizeminister Dato<br />

Hamdillah H.A Wahab ist der PCF-Prozess gar aufs<br />

Engste mit der HOB-Initiative verbunden. Denn um<br />

den grenzübergreifenden Schutz des Gebietes sicherzustellen<br />

und um Waldbrände, illegale Abholzung und<br />

illegalen Holzhandel zu bekämpfen, sind Offenheit,<br />

Austausch und Kooperation gefragt. Genau das kann<br />

ein Peer Consultation Framework bieten. Um wirksam<br />

zu sein, sollten dabei künftig nicht nur die nationalen<br />

Regierungen, sondern auch die betroffenen<br />

Regionen eingebunden werden: Sabah und Sarawak<br />

auf dem malaiischen Teil der Insel Borneo sowie die<br />

drei indonesischen Provinzen Ost-, West- und Zentralkalimantan.<br />

Mehrere Arbeitsgruppen arbeiten bereits intensiv an<br />

der Umsetzung der HOB-Initiative. Ein europäischer<br />

Consultant unterstützt sie dabei, möglichst schnell eine<br />

nationale Umsetzungsstrategie vorlegen zu können.<br />

„Wir haben eine Arbeitsgruppe auf nationaler Ebene,<br />

Arbeitsgruppen in den betroffenen Provinzen und<br />

Arbeitsgruppen auf der Ebene der Distrikte eingerichtet“,<br />

sagt Hidayat, der im indonesischen Forstministerium<br />

für den Waldschutz zuständig ist. Das stärkt die<br />

Akzeptanz vor Ort und berücksichtigt, dass die Zuständigkeiten<br />

für die Forstgebiete in Indonesien auf<br />

unterschiedliche Ebenen verteilt sind. Je nachdem,<br />

wie der Wald genutzt werden soll.<br />

Geschützte Gebiete und solche für die Forstwirtschaft<br />

unterstehen der Zentralregierung. Über die<br />

Nutzung der Gebiete, die für andere Arten der<br />

Waldnutzung ausgewiesen sind, entscheidet die<br />

Distriktebene. Hinzu kommt: Waldschutz kann nur<br />

funktionieren, wenn die Menschen vor Ort ihn mittragen.<br />

„Die Menschen holzen den Wald nicht ab,<br />

weil sie es lieben, Bäume zu fällen. Manche brauchen<br />

einfach nur Brennholz, andere wollen Geld<br />

verdienen, um ihre Familie zu unterstützen. Solange<br />

sie keine wirtschaftlich tragfähigen Alternativen<br />

haben, werden sie weiterhin die Bäume fällen“,<br />

sagt Dato Hamdillah. Er setzt darauf, dass Peer-<br />

Review-Mechanismen helfen können, tragfähige<br />

und nachhaltige Nutzungsperspektiven zu schaffen,<br />

um so den größten zusammenhängenden Regenwald<br />

Asiens zu bewahren.<br />

Vielseitiges Werkzeug<br />

Als Strategie für Politik, Koordination und Optimierung<br />

kann ein Peer Consultation Framework auch in<br />

anderen Politiksektoren von Nutzen sein. „Wir sollten<br />

diese Werkzeuge nicht nur im Waldsektor anwenden,<br />

sondern zum Beispiel auch in Handel und Wirtschaft“,<br />

sagt der Indonesier Rony Soerakoesoemah, der bei<br />

ASEAN im „Bureau for Economic Integration and<br />

Finance“ beschäftigt ist.<br />

ASEAN hat schließlich bis zum Jahr 2015 Großes<br />

vor. Der Zusammenschluss der Staaten Brunei, Indonesien,<br />

Kambodscha, Laos, Malaysia, Myanmar,<br />

Philippinen, Singapur, Thailand und Vietnam will<br />

bis zum Jahr 2015 eine politische, wirtschaftliche<br />

und soziokulturelle Gemeinschaft bilden. „Das<br />

schaffen wir nicht alleine. Dialogpartner und Institutionen<br />

wie die GTZ sind für uns sehr wichtig“,<br />

sagt Rony Soerakoesoemah. Ein besserer Zusammenhalt<br />

innerhalb von ASEAN werde zudem die<br />

Außenwirkung des Staatenbundes stärken. Schließlich<br />

steht ASEAN mit China und Japan, aber auch<br />

mit Australien, Neuseeland, den USA und der EU im<br />

intensiven Dialog.<br />

Ein wichtiges Ziel der ASEAN-Integration besteht<br />

auch darin, die Entwicklungs- und Wohlstandslücke<br />

zwischen den armen und den reichen ASEAN-<br />

Staaten zu verringern. Kein einfaches Unterfangen,<br />

denn die vier zuletzt beigetretenen Länder Laos,<br />

Kambodscha, Vietnam und Myanmar haben wenig<br />

demokratische Tradition vorzuweisen. Doch auch<br />

hier könnte das Peer Consultation Framework<br />

Lernprozesse auslösen. Bewusst wurde deshalb bei<br />

der Bewertung des Forstsektors in Brunei ein Team<br />

gebildet, in dem Forstexperten aus den Philippinen,<br />

einem Land mit langer demokratischer<br />

Tradition, und Kambodscha, einem der ärmsten<br />

ASEAN-Staaten, gemeinsam tätig waren.<br />

Rainer Heubeck ist freier Journalist in Ansbach.<br />

t<br />

Der Indonesier Rony<br />

Soerakoesoemah vom<br />

ASEAN Bureau for<br />

Economic Integration<br />

and Finance würdigt<br />

die Rolle der GTZ beim<br />

Peer Review: „Das<br />

schaffen wir nicht<br />

alleine. Dialogpartner<br />

und Institutionen wie<br />

die GTZ sind für uns<br />

sehr wichtig.“


46<br />

Die GTZ fördert Klimaschutz weltweit – und zu Hause.<br />

In drei Schritten<br />

zur CO 2 -Neutralität<br />

ie GTZ berät Partner in Entwicklungsländern zu<br />

Fragen des Umweltschutzes. Die Förderung von<br />

erneuerbaren Energien, Energieeffizienz und Klimaschutz<br />

sind ihr dabei ein Hauptanliegen.<br />

<strong>Im</strong> Jahr 2007 haben die rund 1 400 Mitarbeiter der GTZ-<br />

Zentrale in Eschborn und am GTZ-Standort Berlin etwa 14 500<br />

Tonnen an CO 2-Emissionen verursacht, alleine 11 400 Tonnen<br />

davon durch Flugreisen.<br />

Entsprechend ihrem Leitbild zur nachhaltigen Entwicklung<br />

hat sich die GTZ daher für ihre Zentrale in Deutschland ein<br />

ambitioniertes Ziel gesetzt: CO 2-Neutralität. Dabei verfolgt sie<br />

eine innovative dreistufige Strategie, welche die betrieblichen<br />

Treibhausgas-Emissionen auf Null senken soll:<br />

t<br />

t<br />

t<br />

D<br />

Vermindern: Energieverbrauch und motorisierten<br />

Individualverkehr reduzieren.<br />

Substituieren: Fossile Energieträger durch erneuerbare<br />

ersetzen.<br />

Kompensieren: Verbleibende CO 2-Emissionen<br />

kompensieren.<br />

Berufsverkehr<br />

Die GTZ motiviert ihre Mitarbeiter, auf dem täglichen Weg<br />

zur Arbeit vom Auto auf alternative Transportmittel umzusteigen.<br />

Seit Juli 2003 nutzen Mitarbeiter mit einem Jobticket<br />

kostengünstig den öffentlichen Nahverkehr im Rhein-<br />

Main-Gebiet. 2007 wurden 753 solcher Tickets ausgegeben,<br />

dies sind 60 Prozent der Belegschaft der Zentrale.<br />

Die Initiative „bike + business“ unterstützt die Nutzung<br />

auch des Fahrrads für den Weg zur Arbeit. Duschen, Spinde<br />

und Fahrradständer in den Gebäuden in Eschborn sind Teil<br />

eines Mobilitätskonzeptes der GTZ, das bereits 2004 mit<br />

dem Wirtschaft-in-Bewegung-Award ausgezeichnet wurde.<br />

2007 radelten 13 Prozent der Mitarbeiter zur Arbeit, meist<br />

im Sommer, wie die Meldungen zur Aktion „Mit dem Rad<br />

zur Arbeit“ zeigen. Viele Mitarbeiter kommen aber auch<br />

ganzjährig mit dem Rad zur Arbeit.<br />

Dienstreisen<br />

Die GTZ investiert in moderne Kommunikationstechnik, so<br />

dass Video- und Telefonkonferenzen, wo immer möglich,<br />

einen Teil der Dienstreisen ersetzen können.<br />

Umweltfreundliche Produkte<br />

Die GTZ-Zentrale kauft Computer, Drucker, Fotokopierer<br />

und andere Bürogeräte nach strengen Vorgaben zu deren<br />

Umwelteigenschaften und Energieverbrauch ein. Diese<br />

Vorgaben gelten auch für die Beschaffung von Kraftfahrzeugen<br />

in den Projekten weltweit.<br />

Moderne Gebäudetechnik<br />

Vor allem um beim Heizen von Räumen möglichst wenig<br />

Energie zu verbrauchen, verbessert die GTZ kontinuierlich<br />

die Gebäudetechnik. <strong>Im</strong> Sommer 2006 wurde die Modernisierung<br />

des Hauptgebäudes der GTZ-Zentrale abgeschlossen.<br />

Seither spart eine optimierte Wärmedämmung etwa die<br />

Hälfte der Heizenergie ein.


GTZ INTERN<br />

akzente 4.08<br />

47<br />

Die Kühlung mit kalter Außenluft spart Energie<br />

Moderne<br />

Aufzugsmotoren<br />

verbrauchen<br />

weniger Strom<br />

Vorgekühlte bzw. vorgewärmte Außenluft<br />

reduziert den Energiebedarf bei der Raumbelüftung<br />

Moderne Heizungsanlagen<br />

reduzieren den Gasverbrauch<br />

Verwendete Materialien schonen<br />

die Umwelt<br />

Verdunstung von Brunnenwasser<br />

trägt zur Kühlung bei<br />

Hochspannung<br />

wird in Niederspannung<br />

umgewandelt<br />

und der Strom<br />

verteilt<br />

Moderne Belüftungstechnik<br />

sorgt in den Konferenzräumen<br />

für angenehme Temperaturen<br />

Die innovativen Sanitäranlagen „ecosan“<br />

separieren den Urin zur Verwertung in<br />

der Landwirtschaft und sparen Wasser<br />

Brunnenwassernutzung verringert den<br />

Bedarf an Trinkwasser. Ein moderner<br />

Fettabscheider ermöglicht die<br />

Einsparung von 600 Litern Wasser<br />

Wasser- und Energieeinsparung, umweltfreundliche Mobilitäts- und Sanitärkonzepte zeichnen die modernisierte GTZ aus.<br />

Die innovative Klimatisierung des Gebäudes nutzt die natürliche<br />

Kälte von Brunnenwasser und recycelt die Abluft bereits<br />

gekühlter Räume. Energiesparlampen und eine effiziente<br />

Schalttechnik kennzeichnen ein zeitgemäßes Beleuchtungskonzept.<br />

Für weitere Energieeffizienz sorgt die Umstellung<br />

von Strom auf Gas in der Küche des Betriebsrestaurants. Die<br />

Modernisierung der Antriebstechnik der Aufzüge reduzierte<br />

deren Energieverbrauch um 40 Prozent.<br />

Substitution von fossilem Strom<br />

<strong>Im</strong> Juli 2003 stieg die GTZ-Zentrale vollständig auf Strom aus<br />

100-prozentig regenerativen Energiequellen um. Die GTZ ist<br />

eines der größten Unternehmen in Deutschland, das ausschließlich<br />

nach dem „ok-power“-Label zertifizierten Ökostrom<br />

bezieht. Damit werden seither Einsparungen von 2 000<br />

Tonnen CO 2 jährlich erzielt.<br />

Kompensieren<br />

Rückwirkend zum Beginn des Jahres 2008 plant die GTZ,<br />

ihren verbleibenden CO 2-Ausstoß – überwiegend bedingt<br />

durch Flugreisen der Mitarbeiter – mit Hilfe des Clean Development<br />

Mechanism (CDM) des Kyoto-Protokolls freiwillig<br />

auszugleichen, der Treibhausgasminderungen in Entwicklungsländern<br />

in Industrieländern anrechenbar macht.<br />

Statt anonyme Emissionszertifikate auf dem freien Markt zu<br />

kaufen, entwickelt die GTZ derzeit selbst ein CDM-Projekt in<br />

einem Partnerland, das sogenannte Certified Emission Reductions<br />

generiert: In einem thailändischen Betrieb zur Herstellung<br />

von Palmöl fängt eine neue Abwasserreinigungsanlage<br />

das Methan auf, das beim Vergären der Palmölfruchtreste entsteht.<br />

Dieses gewonnene Biogas wird zur Wärmeversorgung<br />

der Fabrik genutzt und ersetzt fossile Energieträger. Das<br />

Abwasser wurde bislang in offene Teiche geleitet, von wo<br />

das Methan ungenutzt in die Atmosphäre entweicht. Die<br />

Plantagen, aus denen die Palmölfrüchte für den Betrieb geliefert<br />

werden, tragen im konkreten Fall nachweislich nicht –<br />

wie häufig in anderen Ländern – zur Abholzung von tropischem<br />

Wald bei. So ergibt sich durch die Biogasnutzung und<br />

den Ersatz anderer Energiequellen in der Gesamtrechnung<br />

eine Minderung der CO 2-Emissionen des Betriebes. Das<br />

Projekt ist bereits validiert und steht vor der endgültigen<br />

Anerkennung durch die zuständigen CDM-Gremien der<br />

Vereinten Nationen.<br />

Das GTZ-Kompensationsprojekt vermeidet jedoch nicht<br />

nur CO 2-Emissionen entsprechend den internationalen CDM-<br />

Regeln. Es erfüllt außerdem hohe Anforderungen in Bezug<br />

auf seine Konzeption und seine Nachhaltigkeit, wie sie unter<br />

anderem der World Wide Fund for Nature der Auszeichnung<br />

„CDM-Projekt mit Gold Standard“ zugrunde legt.<br />

t


48<br />

Arusha am Stromnetz<br />

Arusha: Arusha, Tansanias<br />

drittgrößte Stadt, wurde vor<br />

einigen Monaten an das Stromnetz<br />

angeschlossen. Nach amtlichen<br />

Angaben haben in<br />

Tansanias Großstädten lediglich<br />

285 000 Haushalte Strom.<br />

Die mehrheitlich in ländlichen<br />

Regionen lebenden 40 Millionen<br />

Tansanier müssen ganz<br />

ohne auskommen. Wissenschaftler<br />

stellten fest, dass<br />

selbst bei einem noch so bescheidenen<br />

Anstieg des Energie-<br />

und Stromverbrauchs<br />

eines Landes eine deutliche<br />

Verbesserung der Lebenserwartung,<br />

des Schulbesuchs<br />

sowie der Lese- und Schreibfähigkeit<br />

festzustellen ist. t<br />

www.energia.org/resources/<br />

newsletter/pdf/en-<br />

072006_meikle.pdf<br />

Licht aus dem Ozean<br />

Póvoa de Varzim: Mit der<br />

Eröffnung des Wellenparks<br />

von Aguçadoura im Norden<br />

Portugals hat das erste kommerzielle<br />

Wellenkraftwerk der<br />

Welt seinen Betrieb aufgenommen.<br />

Das Kraftwerk versorgt<br />

zunächst 6 000 Personen<br />

in 1 500 Haushalten. Dies<br />

soll erst der Anfang sein. Die<br />

Energieproduktion durch Wellenkraft<br />

werde in zehn Jahren<br />

die gleiche Bedeutung wie<br />

heute die Windkraft haben,<br />

sagte Portugals Wirtschaftsminister<br />

Manuel Gomes de<br />

Almeida de Pinho bei der<br />

Eröffnung der Anlage vor der<br />

Küste der Ortschaft Póvoa de<br />

Varzim. In Portugal werde<br />

bereits 40 Prozent des Stroms<br />

aus erneuerbaren Energiequellen<br />

gewonnen. t<br />

www.managenergy.net/actors<br />

Erfolge gegen den Hunger<br />

Rio de Janeiro: Brasilien macht<br />

enorme Fortschritte gegen den<br />

Hunger. Zu verdanken ist dies<br />

dem 2003 aufgelegten Null-<br />

Hunger-Programm der Regierung<br />

von Staatspräsident Luiz<br />

Inácio Lula da Silva mit mehr als<br />

50 Punkten. Laut Gesundheitsministerium<br />

ist die chronische<br />

Unterernährung bei unter Fünfjährigen<br />

zwischen 1996 und<br />

2006 von 13 auf 7 Prozent<br />

zurückgegangen; im Nordosten,<br />

der ärmsten Region des Landes,<br />

sogar von 22,1 auf 5,9 Prozent.<br />

Zur Hungerbekämpfung gehört<br />

auch das Programm zur Nahrungsbeschaffung.<br />

Es lief 2003<br />

an und konnte bis zum vergangenen<br />

Jahr 92 000 Kleinbauern<br />

mit 105 Millionen Dollar unterstützen.<br />

t<br />

Bessere Zeiten für Kinder<br />

Addis Abeba: In Äthiopien verbessern sich die Lebensumstände der<br />

Kinder leicht. Vor allem in der Bildung und im Kampf gegen den<br />

Hunger stellen Wissenschaftler des internationalen Forschungsprojekts<br />

Young Lives messbare Erfolge fest. Sie haben sich 15 Jahre lang<br />

mit der Lage von 12 000 Kindern in Äthiopien, Indien, Peru und<br />

Vietnam befasst. Ein Vergleich zwischen den jüngsten Erkenntnissen<br />

und den Zahlen von 2002 lässt zwar keinen Zweifel daran,<br />

dass der Kampf gegen die Unterernährung in Äthiopien noch längst<br />

nicht gewonnen ist. Die Zahl der untergewichtigen Kinder im Alter<br />

von sechs Jahren ging jedoch immerhin von 33 Prozent auf 24<br />

Prozent zurück. t<br />

www.younglives.org.uk<br />

Verständliche Prognosen<br />

Nairobi: Das Zentrum für Dürremessungen in Nairobi sucht<br />

nach traditionellen Indikatoren für Klimaveränderungen und versucht,<br />

diese wissenschaftlich zu erklären. Ein Beispiel: Wenn der<br />

Magungu höher fliegt als sonst, wissen die Menschen vom Volk<br />

der Abasuba am Viktoriasee, dass es bald regnet und die Zeit zur<br />

Aussaat reif ist. Meteorologen würden das Flugverhalten der<br />

Vögel mit dem Zusammenprall von Passatwinden erklären. Die<br />

Art, wie wissenschaftliche Vorhersagen gemacht werden, ist<br />

ihnen jedoch fremd. Indem beide Paradigmen miteinander verknüpft<br />

werden, sollen auch Bauern und Fischer Klimaveränderungen<br />

besser verstehen lernen. t<br />

www.dmcn.org<br />

Berge von Elektroschrott<br />

Bangalore: Bis zum Jahr 2012<br />

werden in Indien voraussichtlich<br />

eine Million Tonnen Elektroschrott<br />

anfallen. Zu defekten<br />

Fernsehgeräten, Mobiltelefonen<br />

und Computern kommen nach<br />

Ansicht von Experten noch<br />

große Mengen nicht näher identifizierter<br />

Elektroabfälle, die<br />

immense Gesundheits- und Umweltgefahren<br />

bergen. Gesetze<br />

zur Entsorgung fehlen bisher.<br />

Neben zugelassenen Recycling-<br />

Unternehmen ist auf dem Subkontinent<br />

eine weitverzweigte<br />

Infrastruktur von Kleinbetrieben<br />

entstanden, die unkontrolliert<br />

wiederverwertbare Chemikalien<br />

und Metalle wie Blei, Kadmium,<br />

Dioxin oder Brom über dem<br />

offenen Feuer ausschmelzen. t<br />

www.greenpeace.de<br />

Quelle: IPS – Inter Press<br />

Service Europa<br />

Feldzug gegen Fisteln<br />

Lilongwe: In Entwicklungsländern<br />

sind Fisteln verbreitet.<br />

Sie entstehen bei der<br />

Geburt. Die betroffenen<br />

Frauen werden häufig sozial<br />

ausgegrenzt, weil sie ihren<br />

Urin und Stuhl nicht mehr<br />

halten können. Mehr als 100<br />

Patientinnen konnten jetzt in<br />

Malawi in einer vom Weltbevölkerungsfonds<br />

UNFPA und<br />

der Regierung ausgerufenen<br />

Fistelwoche operiert worden.<br />

In ganz Malawi gibt es<br />

nach Angaben von UNFPA<br />

nur einen Arzt und vier<br />

Klinikmitarbeiter, die eine<br />

Ausbildung zur Behandlung<br />

von Fisteln vorweisen können.<br />

Spezialisten aus den<br />

Niederlanden und Kenia reisten<br />

deshalb kürzlich nach<br />

Malawi, um Frauen zu heilen<br />

und einheimisches medizinisches<br />

Personal fortzubilden. t<br />

www.unfpa.org


TELEGRAMM<br />

akzente 4.08<br />

49<br />

Finanzkrise gefährdet Entwicklung<br />

New York: Die Finanzkrise wird die Zahlungsmüdigkeit der reichen<br />

Staaten verstärken, darin sind sich die UN-Vertreter der<br />

armen Staaten, aber auch unabhängige Beobachter sicher. Zu den<br />

Skeptikern gehört Anwarul Karim Chowdhury, der ehemalige<br />

UN-Gesandte für die am wenigsten entwickelten Länder der<br />

Welt. „Es wird den Regierungen der Industriestaaten fast unmöglich<br />

sein, das gegenwärtige Niveau der offiziellen Entwicklungshilfe<br />

zu halten, geschweige denn, es zu erhöhen“, sagte er. Die<br />

G8-Staaten hatten Afrika zuletzt eine Verdoppelung der Hilfe versprochen.<br />

Probleme könnten auch auf UN-Organisationen zukommen,<br />

die von freiwilligen Zuwendungen leben. t<br />

www.un.org/ga<br />

Kurs auf Süd-Süd<br />

Rettungsplan für<br />

Simbabwe<br />

Armut breitet sich aus<br />

San Salvador: Nach einem<br />

Bericht des Welternährungsprogramms<br />

fielen zwischen<br />

September 2007 und Juni<br />

2008 mehr als 100 000 der<br />

6,5 Millionen Einwohner in El<br />

Salvador unter die Armutsgrenze.<br />

Die Studie über Preissteigerungen,<br />

Märkte und<br />

Ernährungsunsicherheit in<br />

Mittelamerika stellt fest, dass<br />

in dem betrachteten Zeitraum<br />

mehr als eine Million Menschen<br />

in El Salvador, Guatemala,<br />

Honduras und Nicaragua<br />

verarmten. Die Interamerikanische<br />

Entwicklungsbank<br />

warnt davor, dass bei<br />

anhaltend hohen Lebensmittelpreisen<br />

mehr als 26 Millionen<br />

Menschen in Lateinamerika<br />

und der Karibik von extremer<br />

Armut bedroht seien.<br />

www.wfp.org t<br />

Erster Gipfel in Eigenregie<br />

Rio: Brasilien ist Gastgeber des<br />

ersten Gipfeltreffens der lateinamerikanischen<br />

und karibischen<br />

Staaten. Die Staats- und Regierungschefs<br />

reisen im Dezember<br />

nach Salvador, der Hauptstadt<br />

des Bundesstaates Bahia, um die<br />

Integration der in Blöcke unterteilten<br />

Region weiter voranzubringen.<br />

Integration und Entwicklung<br />

sind die Top-Themen<br />

der Tagung. Allerdings soll genügend<br />

Raum für die Diskussion<br />

weiterer drängender Fragen zu<br />

Themen wie Handel, Finanzen,<br />

Landwirtschaft, Migration und<br />

Naturkatastrophen bleiben.<br />

Bisher sind die Staatsspitzen von<br />

33 Ländern in Lateinamerika<br />

und der Karibik nur auf Einladung<br />

von außen zusammengekommen,<br />

etwa im Namen<br />

der EU. t<br />

www.mercosur.int/msweb<br />

Südafrika: Mitgliedsländer der<br />

Staatengruppe IBSA wollen in<br />

Süd-Süd-Kooperation gemeinsame<br />

Geschäftsinteressen fördern,<br />

ein investorenfreundliches<br />

Klima schaffen und<br />

Hemmnisse im Handel beseitigen.<br />

Forschungseinrichtungen<br />

sollen kooperieren. Erste Erfolge<br />

gibt es: Die neuen Busse<br />

auf den Straßen von Neu-Delhi<br />

sind das Resultat der Zusammenarbeit<br />

zwischen dem indischen<br />

Unternehmen Tata und<br />

der brasilianischen Firma<br />

Marcopolo. Ein Konsortium<br />

kümmert sich um die Modernisierung<br />

des Flughafens von<br />

Mumbai. Eine südafrikanische<br />

Firma soll saubere Kohletechnologie<br />

nach Indien bringen.<br />

Indien und Brasilien wollen<br />

bei der Generika-Produktion<br />

kooperieren. t<br />

www.ibsa-trilateral.org<br />

Harare: Das wirtschaftlich am<br />

Boden liegende Simbabwe<br />

bekommt Hilfe von der Entwicklungsgemeinschaft<br />

Südliches<br />

Afrika (SADC). Das<br />

Notpaket soll die kriselnden<br />

politischen Verhandlungen<br />

zwischen Regierung und Opposition<br />

stützen, die viele als<br />

letzte Rettung für den in jeder<br />

Hinsicht maroden Staat ansehen.<br />

Die Staats- und Regierungschefs<br />

des südlichen<br />

Afrika unterzeichneten das<br />

Abkommen. Die SADC nahm<br />

daneben auch die Wirtschaftspolitik<br />

des Landes, die Zentralbank,<br />

die Landwirtschaft,<br />

die Geldpolitik und den<br />

Wechselkurs unter die Lupe,<br />

um einen passenden Rettungsplan<br />

anzubieten. Wie viel<br />

Geld fließen wird und welche<br />

Bedingungen gestellt werden,<br />

blieb vorerst offen.<br />

t<br />

Bessere Frühwarnsysteme<br />

Höchste Müttersterblichkeit<br />

Hanoi: In Vietnam hat der <strong>Klimawandel</strong> längst verheerende<br />

Spuren hinterlassen. Taifune richten immer häufiger Überschwemmungen<br />

an und in den Prognosen ist von einem<br />

Anstieg des Meeresspiegels um einen Meter bis zum Jahr<br />

2100 die Rede. Falls es nicht gelingt, dieses Szenario abzuwenden,<br />

droht der Verlust von fünf Prozent der Landfläche<br />

und von sieben Prozent der fruchtbaren Reisfelder. Elf Prozent<br />

der Menschen in Küstenregionen würden heimatlos.<br />

Das Land mit seinen großen Flussdeltas muss sich besser<br />

rüsten. „Living with Floods“ heißt ein Regierungsprogramm,<br />

das auch ein besseres Frühwarnsystem bringen soll. t<br />

www.worldvision.org<br />

Kairo: In Ägypten wird etwa alle sechs Minuten eine Scheidung<br />

eingereicht, also 240 Mal täglich. Frauen können seit der Reform<br />

des Familienrechts eine solche gerichtliche Auflösung ihrer Ehe<br />

ebenfalls beantragen. Die Frauenrechte in dem mehrheitlich muslimischen<br />

Land haben damit jedoch noch längst nicht an Stärke<br />

gewonnen. „Von den Neuerungen allein kann man keinen gesellschaftlichen,<br />

traditionellen und kulturellen Wandel erwarten“,<br />

räumt die Soziologin Mulki Al-Sharmani von der American University<br />

of Cairo ein. Al-Sharmani hatte ein Jahr lang untersucht, ob<br />

Ägyptens reformiertes Familienrecht die soziale Stellung von<br />

Frauen verbessert hat. t<br />

www.pathwaysofempowerment.org


50<br />

Literatur<br />

So leben wir<br />

Jonas Bendiksen; Knesebeck Verlag<br />

■ Wie wohnen und leben die<br />

Menschen in den Armutsvierteln<br />

der Welt? Wie sieht ihre<br />

Unterkunft aus, worauf sind sie<br />

stolz und welche Probleme beschäftigen<br />

sie? Der Magnum-<br />

Fotograf Jonas Bendiksen, der<br />

als Fotograf auch für Geo,<br />

National Geographic und die<br />

Sunday Times arbeitet, porträtiert<br />

den Alltag in den Armensiedlungen<br />

von Nairobi, Mumbai,<br />

Jakarta und Caracas. Seine<br />

einzigartigen 360-Grad-Aufnahmen<br />

bringen die räumlich<br />

und sozial Ausgegrenzten und<br />

ihr Zuhause eindringlich nahe.<br />

In kurzen Berichten schildern<br />

die Bewohner selbst, wie sie<br />

Not und Gewalt, aber auch<br />

Arbeit und sozialen Zusammenhalt<br />

erleben. t<br />

Rosen, Mohn, 30 Jahre Krieg<br />

Ursula Meissner; C.J. Bucher Verlag<br />

■ Kaum ein Land liefert so<br />

negative Schlagzeilen wie Afghanistan.<br />

Alles scheint gesagt.<br />

Die Fotojournalistin Ursula<br />

Meissner, seit rund 15 Jahren in<br />

den Krisengebieten dieser Welt<br />

unterwegs, zeigt mit ihrem<br />

Bildband jedoch ein ganz anderes<br />

Leben in dem vom Krieg<br />

geprägten Land. Ihre mehr als<br />

250 Bilder erschließen Persönlichkeiten,<br />

die in hartem Kontrast<br />

stehen zu den alltäglichen<br />

Katastrophenszenarien in Zeitung<br />

und Fernsehen. Die in<br />

rund 40 Reportagen porträtierten<br />

Menschen personifizieren<br />

eine Gesellschaft, in der die<br />

Freude, Schmerz und Sehnsucht<br />

genauso empfunden<br />

werden wie an jedem anderen<br />

Platz der Welt. t<br />

Technolution<br />

Matthias Horx; Campus Verlag<br />

■ Fliegende Autos und Städte<br />

im Weltraum: Solche Zukunftsvisionen<br />

begleiten uns seit<br />

Jahrzehnten. Warum sie nicht<br />

eingetroffen sind, wie sich die<br />

Technik tatsächlich entwickelt<br />

und welche verblüffenden<br />

Dinge wir daraus über uns<br />

selbst erfahren können, das<br />

erklärt einer der bekanntesten<br />

Zukunftsforscher in diesem<br />

spannenden Buch. Matthias<br />

Horx bietet eine neue Erklärung<br />

dafür, wie technischer Fortschritt<br />

entsteht. Technik entwickelt<br />

sich seiner Ansicht nach<br />

nicht planmäßig und linear, sondern<br />

nach eigenständigen<br />

Gesetzen der Evolution. Wir<br />

Menschen spielen dabei eine<br />

entscheidende Rolle.<br />

t<br />

Culture Counts<br />

Michael Gleich u. a.; Econ Verlag<br />

■ Mit der Globalisierung werden<br />

Migration, Integration und<br />

Märkte in anderen Kulturkreisen<br />

immer wichtiger. Den Managern<br />

wird klar: Die Herausforderungen<br />

des 21. Jahrhunderts<br />

lassen sich am besten meistern<br />

mit einer diversen Belegschaft –<br />

also Männern und Frauen, Jungen<br />

und Alten, Deutschen und<br />

Ausländern. Das Buch „Culture<br />

Counts“ versammelt erstmals<br />

alle Aspekte von Diversity in<br />

einem Buch. Einem Essay zur<br />

kulturellen Vielfalt folgen Reportagen<br />

und Interviews. Zahlen<br />

und Fakten, Akteure, Websites<br />

und Bücher zum Thema runden<br />

den Band ab. Erscheint<br />

im Januar.<br />

t<br />

Gleichberechtigung der Geschlechter<br />

Eine auf den aktuellen Stand der<br />

MDGs gebrachte Broschüre über das<br />

Potenzial der Gleichberechtigung, vor<br />

dem Hintergrund des Übereinkommens<br />

gegen Frauen-Diskriminierung<br />

und der Weltfrauenkonferenz in<br />

Peking. Deutsch.<br />

<strong>Klimawandel</strong> und Sicherheit.<br />

Die Studie beleuchtet sektorale und<br />

regionale Zusammenhänge des <strong>Klimawandel</strong>s<br />

sowie daraus resultierende<br />

Konfliktpotenziale und Sicherheitsrisiken.<br />

Deutsch und Englisch.<br />

Environmental Fiscal Reform<br />

Der hier dokumentierte Special Workshop<br />

war Teil der Global Conference<br />

on Environmental Taxation, die im<br />

Oktober 2007 in München stattfand.<br />

Ein Beitrag zur Konzeptdebatte sowie<br />

zur Umsetzung der Evironmental<br />

Fiscal Reform. Englisch.<br />

Adapting to Climate Change.<br />

Menschen aus Afrika, Lateinamerika<br />

und Asien berichten in dieser Broschüre<br />

darüber, wie der <strong>Klimawandel</strong><br />

ihren persönlichen Alltag verändert<br />

hat und wie sie sich den Folgen<br />

anpassen. Englisch.


LITERATUR · BUCH-AKZENTE · VORSCHAU<br />

akzente 4.08<br />

51<br />

Buch-Akzente<br />

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Hartmann Campidell und Dario Grigoletto;<br />

Trinkwasserversorgung in Entwicklungsländern. Dargestellt<br />

am Beispiel San Antonio de Lomerio (Bolivien). VDM Verlag.<br />

Astrid Holzborn; Corporate Social Responsibility in kleinen<br />

und mittleren Unternehmen. Grundlagen – Instrumente –<br />

Perspektiven. VDM Verlag.<br />

Ulrich Metzger; Dezentralisierung in Entwicklungsländern.<br />

Finanzielle Dezentralisierung und Sustainable Human<br />

Development. Spektrum Politikwissenschaft. Ergon Verlag.<br />

Andreas Kelletat und Holger Siever (Hg.); Interkulturelle<br />

Kommunikation. Anregungen für Sprach- und Kulturmittler.<br />

Stauffenburg Verlag.<br />

Ulrike Bartels, Simone Holzwarth; Arbeiten in der<br />

Entwicklungszusammenarbeit. Interconnections Verlag<br />

Anke Fiedler; Frauen als Zielgruppe deutscher<br />

Entwicklungszusammenarbeit. VDM Verlag, 2008.<br />

Brot für die Welt: Fünf Jahrzehnte kirchliche<br />

Entwicklungszusammenarbeit. Brandes & Apsel, 2008.<br />

Georg Cremer; Korruption begrenzen. Praxisfeld<br />

Entwicklungspolitik. Lambertus-Verlag, 2008.<br />

Vorschau<br />

Rund um Europa<br />

Der politische und gesellschaftliche Wandel in und um<br />

Europa bringt auch für die GTZ neue Aufgaben und Herausforderungen<br />

mit sich – und neue Möglichkeiten, die Entwicklung<br />

aktiv mitzugestalten.<br />

Die erste Ausgabe von akzente im neuen Jahr beleuchtet<br />

die vielfältigen Aktivitäten der GTZ rund um Europa und<br />

ihre politischen Hintergründe. Wie arbeitet die GTZ in<br />

Ländern Europas und in EU-Anrainerstaaten? Wie wirken<br />

sich aktuelle EU-Entwicklungen auf die Arbeit aus? Welche<br />

Auftraggeber und Partner spielen eine Rolle? Wie positioniert<br />

sich die GTZ innerhalb der immer stärker vernetzten<br />

Entwicklungszusammenarbeit der EU-Staaten – und wie<br />

unterstützt sie deren Ausgestaltung?<br />

Auf diese und weitere Fragen gibt der Schwerpunkt der<br />

akzente-Ausgabe 1/2009 Antworten.<br />

Mit Heft 1/2009 erscheint akzente in einem neuen Layout<br />

und mit überarbeitetem redaktionellen Konzept. Freuen<br />

Sie sich mit uns auf das neue Heft.<br />

Foto | Fotolia<br />

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Walter Bartl; Lokale Wirtschaftsentwicklung durch partizipative<br />

Verfahren? VDM Verlag, 2008.<br />

Wolfgang Beywl u. a.; Kompendium der Evaluation.<br />

VS Verlag, 2008.<br />

Richard Munz; <strong>Im</strong> Zentrum der Katastrophe. Was es wirklich<br />

bedeutet, vor Ort zu helfen. Campus, 2007.<br />

Umweltbericht 2007<br />

Das Umweltmanagement ist in der GTZ<br />

systematisch eingebunden. Die Broschüre<br />

unterzieht die Standorte des Unternehmens<br />

in Eschborn und Berlin sowie ausgewählte<br />

Auslandsbüros einer Umweltbilanz.<br />

Deutsch und Englisch.<br />

t<br />

Die Publikationen<br />

bestellen Sie –<br />

sofern nicht<br />

anders vermerkt –<br />

kostenlos unter:<br />

www.gtz.de/<br />

publikationen


akzente<br />

>> In der GTZ-Zentrale zeigen die technischen<br />

Maßnahmen zur Energieeinsparung inzwischen<br />

beeindruckende Wirkung:<br />

Betrug der Energieverbrauch für das Beheizen der<br />

Gebäude 2003 noch nahezu sieben Gigawattstunden,<br />

konnte diese Menge im Jahr 2007 fast<br />

halbiert werden. Das Thema Energie bleibt auch<br />

im hausinternen Umweltmanagement ein<br />

Schwerpunkt.

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