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Ausgabe 1/2006 - Barmherzige Brüder von Maria-Hilf

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1/<strong>2006</strong><br />

Ordensinformation<br />

der <strong>Barmherzige</strong>n Brüder<br />

<strong>von</strong> <strong>Maria</strong>-<strong>Hilf</strong><br />

40. Jahrgang · Nr. 79


aus dem Inhalt:<br />

Dokumentiert<br />

“Weil Barmherzigkeit die Fülle der Gerechtigkeit ist“ ..................... 8 - 11<br />

Wie sich Gerechtigkeit und Barmherzigkeit<br />

zueinander Verhalten<br />

Dokumentiert<br />

Feierliche Verabschiedung <strong>von</strong> Bruder Vitalis Klur.......................... 16 - 17<br />

Im Januar <strong>2006</strong> wurde Bruder Vitalis <strong>von</strong> seinem Amt als<br />

Hausoberer der <strong>Barmherzige</strong>n Brüder Saffig verabschiedet<br />

Dokumentiert<br />

Neuer Hausoberer auf dem Schönfelderhof ................................. 18 - 21<br />

Erstmals übernimmt seit über 80 Jahren ein<br />

Nichtordensbruder das Amt des Hausoberen<br />

Nachrichten<br />

“Kann ein Krankenhaus ‘katholisch’ sein?” ................................. 24 - 29<br />

Interview mit Bruder Alfons-<strong>Maria</strong> Michels, Sprecher des<br />

geschäftsführenden Vorstandes des <strong>Barmherzige</strong> Brüder Trier e.V.<br />

Nachrichten<br />

Das andere Leben ........................................................................... 42 - 45<br />

Im Rahmen eines Managementseminars lernen UBS-Führungsverantwortliche<br />

den Umgang mit Lebensrealitäten der ungewohnten Art<br />

Nachrichten<br />

Auf dem “Lebens-Weg” <strong>von</strong> Peter Friedhofen.............................. 50 - 51<br />

Ein Spaziergang durch den Geburtsort Weitersburg<br />

Leitgedanke ............................................................................................................ 4 - 6<br />

Trendsetter Brüderorden...................................................................................... 12 - 13<br />

Einkleidung........................................................................................................... 14 - 15<br />

Brüderkrankenhaus St. Josef bekommt Zertifikat ............................................ 30 - 31<br />

Neue Heimat für demenzkranke Menschen ..................................................... 32 - 35<br />

Über das Leben <strong>von</strong> Sr. Manuela Schreiner im Kloster...................................... 36 - 37<br />

“Die Ordensgemeinschaft in die Zukunft hinein gestalten” ........................... 38 - 39<br />

Bruder Lucius, der Sonnenschein im Steinhof................................................... 40 - 41<br />

70 Jahre Dienst in der Domitilla Katakombe in Rom ....................................... 46 - 49<br />

Bruder Daniel – Ehrenbürger der Stadt Maringá ............................................... 52 - 53<br />

Bruder Rudolfo und der Konvent in Lar Nazaré ................................................. 54 - 59<br />

Lar Nazaré und das Leprosarium | Angebote .................................................... 60 - 62<br />

Impressum<br />

Herausgeber und Verlag:<br />

Generalat der <strong>Barmherzige</strong>n Brüder <strong>von</strong> <strong>Maria</strong>-<strong>Hilf</strong><br />

Nordallee 1, 54292 Trier; Postfach 2506, 54215 Trier<br />

Redaktion: Br. General Bernward<br />

Layout, Satz und Gestaltung:<br />

Werbeagentur Marco Nottar, Trier · Luxemburg<br />

Fotos: Fotoarchiv der <strong>Barmherzige</strong>n Brüder,<br />

Margarete Singer, Martin Fuchs, Fotoarchiv der<br />

Werbeagentur, Br. Nicetius, KNA Herr Radtke<br />

Druck: Westpfälzische Verlagsdruckerei, St. Ingbert<br />

Die Zeitschrift erscheint 2 x jährlich und wird durch<br />

freiwillige Spenden finanziert.<br />

In Deutschland:<br />

Generalat <strong>Barmherzige</strong> Brüder e.V.,<br />

Postfach 2506, D-54215 Trier, Sparkasse Trier<br />

Kto. 100 3821 (BLZ 585 501 30)<br />

In der Schweiz:<br />

Neuer Geist - Ordensinformation der<br />

Kongregation der Krankenbrüder,<br />

Steinhof, 6005 Luzern<br />

Postscheckrechnung, Nr. 60-238 71-0 Luzern<br />

In Luxemburg:<br />

<strong>Barmherzige</strong> Brüder, 20 rue J.P. Brasseur,<br />

L-1258 Luxembourg, Cheques Posteaux<br />

P&T - IBAN Lu48 1111 0102 9513 0000<br />

NeuerGeist@bb-trier.de<br />

@


Liebe Leserinnen,<br />

liebe Leser !<br />

Vorwort<br />

Wir leben in einer schnelllebigen Zeit und in einer Zeit des Wertewandels. Eine<br />

Veränderung der Wertvorstellungen hat es zu allen Zeiten der Menschheit gegeben.<br />

Seit den 1970er Jahren konnte jedoch eine zunehmende Beschleunigung des Wertewandels<br />

festgestellt werden. Früher standen die “Zehn Gebote” als eiserne Werte fest<br />

und die bürgerlichen Pflichten und Tugenden galten als Maßstäbe für das Handeln<br />

der Menschen. Heute haben sich neue Werte herausgebildet. Dazu zählt der Wunsch<br />

nach Freiheit, Selbstständigkeit und Selbstentfaltung, nach Individualisierung und<br />

schöpferischen Gestaltungsfreiräumen.<br />

Die Orden haben es dabei schwer, sich mit ihren traditionellen Werten zu behaupten.<br />

Die Bindung an Religion und Kirche, die Beachtung <strong>von</strong> traditionellen Normen, Werten<br />

und Autoritäten sowie persönliche Einschränkungen sind heute wenig gefragt. Dennoch<br />

sind wir überzeugt, dass eine Lebensweise mit christlichen Wertvorstellungen auch<br />

heute noch aktuell und sinnvoll ist.<br />

In dieser <strong>Ausgabe</strong> “Neuer Geist” wollen wir Sie mit den Werten eines “Katholischen<br />

Krankenhauses” bekanntmachen, das Thema “Barmherzigkeit” behandeln, Sie über<br />

das Selbstverständnis der Brüderorden informieren (Trendsetter Brüderorden) und Sie<br />

wiederum an den aktuellen Ereignissen unserer Brüdergemeinschaft in Europa und<br />

Brasilien teilnehmen lassen.<br />

Dazu wünschen wir Ihnen viel Freude beim Lesen.<br />

Ihr<br />

Br. Bernward | Generaloberer<br />

3


Leitgedanken<br />

“Die Liebe Christi<br />

drängt uns“<br />

EIN LEITWORT VON BRUDER ALFONS-MARIA MICHELS ZUR SITUATION UND DEN<br />

4


Ganze 49 US-Dollar kostet die Behandlung<br />

einer Nebenhöhlenentzündung. Für 50<br />

US-Dollar kann man sich eine Warze entfernen<br />

lassen und für 39 US-Dollar werden<br />

Standardprobleme wie Husten, Schnupfen,<br />

Heiserkeit behandelt. Nein, hier geht es<br />

nicht um Fallpauschalen, sondern um den<br />

Preisaushang einer sogenannten “Minute<br />

Clinic”, die man heute vermehrt zwischen<br />

Schuhgeschäften und Imbisständen in<br />

den großen Einkaufszentren Amerikas<br />

findet. Sieht so die Zukunft der Gesundheitsversorgung<br />

auch in unserem Land<br />

aus?<br />

In Deutschland steht der Regierungskoalition<br />

ihr wahrscheinlich schwerstes Reformvorhaben<br />

noch bevor: Die in dieser<br />

Legislaturperiode zu beschließende Gesundheitsreform<br />

wird insgesamt richtungsweisend<br />

für die sozialpolitischen Weichenstellungen<br />

in unserem Land sein. Kann<br />

man – angesichts der desolaten wirtschaftlichen<br />

Situation auch vieler christlich<br />

geführter Häuser – hier wirklich noch <strong>von</strong><br />

“Caritas” sprechen? Bleibt angesichts des<br />

hohen Kostendrucks und des zunehmenden<br />

Verdrängungswettbewerbs noch Raum<br />

für die Sorge um den Menschen, jenseits<br />

<strong>von</strong> Profit, sondern als sichtbares Zeichen<br />

der Liebe Gottes in der Welt?<br />

Dass dies keine rhetorische Frage ist, bestätigt<br />

eine Prognose der Deutschen Krankenhausgesellschaft<br />

vom 9. Februar diesen<br />

Jahres. In den nächsten 15 Jahren werden<br />

rund ein Viertel der 2.166 Krankenhäuser<br />

in Deutschland schließen. D. h.: Jede vierte<br />

Klinik steht vor dem Aus. Als Ursache wird<br />

der zunehmende wirtschaftliche Druck<br />

auf die Krankenhäuser angegeben, die seit<br />

der Umstellung auf das DRG-System wie<br />

Wirtschaftsunternehmen arbeiten müssen,<br />

ohne Wirtschaftsunternehmen zu sein.<br />

Die Folge ist eine zunehmende Konzentration<br />

auf dem Gesundheitsmarkt: Große<br />

Klinik-Ketten treten als Aktiengesellschaften<br />

genauso auf den Markt wie kommunale<br />

Häuser der Grundversorgung händeringend<br />

um ihr Überleben und die Sicherstellung<br />

der Gesundheitsversorgung der<br />

Bevölkerung kämpfen. Jede Klinik muss<br />

sich überlegen, wie sie auf den zunehmenden<br />

Verdrängungswettbewerb reagieren<br />

will und mit welchen Konzepten sie nicht<br />

zu jenen 25% gehören wird, die schließen<br />

muss. Diese Entwicklung ist nicht gesund<br />

und führt schon gar nicht zur Sicherstellung<br />

der Gesundheitsversorgung. Es sei<br />

denn, man möchte auch in Deutschland<br />

einer “Discount-Medizin” à la Amerika<br />

Tür und Tor öffnen.<br />

Der <strong>Barmherzige</strong> Brüder Trier e.V., den die<br />

Brüdergemeinschaft als Betreiber ihrer<br />

Krankenhäuser und sozialen Einrichtungen<br />

gegründet hat, hat sich bewusst für<br />

einen anderen Weg entschieden. Dieser<br />

Weg hat für uns als Ordensgemeinschaft<br />

vor über 150 Jahren im Bereich der sozialcaritativen<br />

Dienste begonnen. Heute führen<br />

wir mit 25 Einrichtungen, Beteiligungsgesellschaften<br />

und Kooperationen ein<br />

modernes Sozialunternehmen:<br />

Mit über 7.000 Beschäftigten und ca. 800<br />

Auszubildenden in Rheinland-Pfalz, dem<br />

Saarland, Nordrhein-Westfalen und nun<br />

auch Baden-Württemberg gehören wir zu<br />

einem der großen Träger <strong>von</strong> Krankenhäusern<br />

und Einrichtungen der Alten- und<br />

der Behindertenhilfe der Katholischen<br />

Kirche in Deutschland.<br />

PERSPEKTIVEN KONFESSIONELL GEFÜHRTER KRANKENHÄUSER IN DER HEUTIGEN ZEIT.<br />

5


Leitgedanken<br />

“Die Liebe Christi<br />

drängt uns“<br />

Unsere Stärke, unser Kapital ist der Glaube,<br />

mit dem wir als Teil der Kirche selber zu<br />

einer Kirche der Liebe Gottes zu den Menschen<br />

auf Erden beitragen. In diesem Sinne<br />

verstehen wir uns als christlich-wertorientiert<br />

und betrachten nach wie vor<br />

unsere wirtschaftlichen Ziele als “Mittel<br />

zum Zweck” – nicht als Selbstzweck.<br />

“Unser Auftrag ist die zeitgemäße Umsetzung<br />

des Heilsauftrages Jesu im Dienst am<br />

Menschen” beschreiben wir dieses Ziel in<br />

unserem Leitbild. Eine Herausforderung,<br />

mit der wir uns bewusst auf die Seite der<br />

fördernden Sorge für die Menschen stellen<br />

– und vielleicht die Welt nicht verändern,<br />

aber zumindest im Zeichen der Liebe Gottes<br />

ein wenig menschlicher machen können.<br />

“Die Liebe Christi drängt uns” heisst es<br />

im Zweiten Korintherbrief (5,14). Das<br />

bedeutet nicht, dass wir uns den gesundheitspolitischen<br />

Herausforderungen verschließen<br />

müssen, den Erfordernissen<br />

eines sich rasant entwickelnden Marktes<br />

nicht mit innovativen und modernen<br />

Management-Konzepten begegnen. Aber<br />

eben nicht um jeden Preis. Sondern in der<br />

Dienstgemeinschaft mit den Mitarbeitenden<br />

in unseren Einrichtungen geprägt <strong>von</strong><br />

einer inneren Haltung, die die Liebe Gottes<br />

zu den Menschen mitteilen und teilen<br />

möchte, die sie in den Mittelpunkt aller<br />

Bemühungen zum Ausgangspunkt <strong>von</strong><br />

Entscheidungen nimmt, wie wir dies vorbildlich<br />

durch unseren Ordensgründer,<br />

den Seligen Bruder Peter Friedhofen, erfahren<br />

haben. In diesem Auftrag werden<br />

wir <strong>von</strong> der “Liebe Christi gedrängt”, der<br />

Gesundheitsversorgung in der heutigen<br />

Zeit ein menschliches Antlitz zu geben;<br />

in diesem Sinne durch unser Handeln<br />

Position zu beziehen und uns als einer der<br />

bedeutenden Träger <strong>von</strong> Krankenhäusern<br />

an den sozialpolitischen Weichenstellungen<br />

durch unser Handeln zu beteiligen;<br />

als Antwort auf die wirtschaftlichen und<br />

fachlichen Herausforderungen an ein modernes<br />

Gesundheitssystem, als Zeichen<br />

einer glaubwürdig handelnden Kirche in<br />

unserer Gesellschaft.<br />

Dies zu erhalten und nicht aus wirtschaftlichen<br />

Gründen preiszugeben, ist unsere<br />

Perspektive. “Mit modernster Technik und<br />

Kompetenz. Und vor allem:<br />

mit Menschlichkeit”.<br />

Br. Alfons-<strong>Maria</strong> Michels<br />

Mitglied des Geschäftsführenden<br />

Vorstandes des BBT e. V.<br />

Ressort 1 Unternehmensstrategie,<br />

Koordinator und Sprecher<br />

6


In dir, <strong>Maria</strong>, ist Erbarmen, in dir ist Mitleid,<br />

in dir ist Großmut, in dir vereint sich alles,<br />

was Gutes ist an den Geschöpfen.<br />

Dante Alighieri<br />

7


Als unvergessliche Persönlichkeit ist Fiorello<br />

Henry La Guardia (1882-1947) in die<br />

Geschichte der Stadt New York eingegangen.<br />

Als Bürgermeister (1933-1945) gab er<br />

der Stadt eine neue Verfassung, führte ein<br />

vielseitiges Sozialprogramm durch, kämpfte<br />

gegen die Korruption und setzte sich<br />

für die Beseitigung <strong>von</strong> Elendsvierteln ein.<br />

Zuweilen trat er auch als Polizeirichter in<br />

Erscheinung.<br />

An einem Wintertag, so wird erzählt, führte<br />

man ihm einen alten, vor Kälte zitternden<br />

Mann vor. Man hatte ihn in einem<br />

Laden beim Diebstahl eines Brotes ertappt.<br />

Sein Hunger trieb ihn einfach dazu. La<br />

Guardia sah sich an das Gesetz gebunden,<br />

das keine Ausnahme duldet. Deshalb verurteilte<br />

er den Mann zu einer Geldstrafe<br />

<strong>von</strong> zehn Dollar. Dann aber griff er in die<br />

eigene Tasche und bezahlte den Betrag an<br />

Stelle des Angeklagten. Er warf die Zehndollarnote<br />

in seinen grauen Filzhut. Daraufhin<br />

wandte er sich an die Anwesenden<br />

im Gerichtssaal und bestrafte jeden einzelnen<br />

<strong>von</strong> ihnen mit einem Bußgeld <strong>von</strong><br />

fünfzig Cent und begründete die Strafe<br />

mit dem Hinweis, dass sie in einer Stadt<br />

leben würden, wo sich ein Mensch zum<br />

Brotdiebstahl genötigt sieht, um nicht zu<br />

verhungern. Die Geldstrafe wurde sofort<br />

vom Gerichtsdiener mit dem grauen Filzhut<br />

kassiert und dem Angeklagten übergeben.<br />

Dieser traute seinen Augen nicht.<br />

Er verließ den Gerichtssaal mit 47 Dollar<br />

und 50 Cent.<br />

“Weil Barmherzigkeit die<br />

Fülle der<br />

Gerechtigkeit ist”<br />

Das Motto des diesjährigen 96. Deutschen Katholikentages in Saarbrücken<br />

lautete “Gerechtigkeit vor Gottes Angesicht”. Die Gemeinschaft der<br />

<strong>Barmherzige</strong>n Brüder <strong>von</strong> <strong>Maria</strong>-<strong>Hilf</strong> und der <strong>Barmherzige</strong> Brüder Trier e.V.<br />

hatten ihre gemeinsame Präsenz in Saarbrücken unter das Motto<br />

“Weil Barmherzigkeit die Fülle der Gerechtigkeit ist” gestellt.<br />

Wie sich Gerechtigkeit und Barmherzigkeit zueinander verhalten,<br />

möchte ich im Folgenden versuchen darzulegen.<br />

Bruder Benedikt Molitor<br />

9


“ W E I L B A R M H E R Z I G K E I T D I E<br />

Stellen wir uns vor, diese Geschichte hätte<br />

mit dem Satz geendet: “La Guardia verurteilte<br />

den Mann zu einer Geldstrafe <strong>von</strong><br />

zehn Dollar.” Ein Gerechtigkeitsfanatiker<br />

wird gewiss sagen: “Der Bürgermeister hat<br />

seine Pflicht getan. Wo kämen wir hin,<br />

wenn jeder, der Hunger hat, in ein Geschäft<br />

geht und sich unauffällig selbst<br />

bedient?” Andere wiederum würden das<br />

“sehr hart und herzlos” nennen. Im Blick<br />

auf die Sache verlieren wir sehr leicht die<br />

Person mit den Umständen, aus denen<br />

heraus sie gehandelt hat, aus den Augen.<br />

La Guardia war gerecht. Er fasste das begangene<br />

Unrecht genau ins Auge und<br />

verurteilte es. Aber dabei blieb er nicht.<br />

Er war darüber hinaus barmherzig, weil<br />

er den anderen in seinen misslichen Umständen<br />

sah. Der Blick auf die Person des<br />

anderen brachte die unerwartete Wende.<br />

La Guardia griff in die eigene Tasche und<br />

bezahlte den Betrag an Stelle des Angeklagten.<br />

Damit hatte keiner gerechnet.<br />

Ebenso unerwartet wurden die im Gerichtssaal<br />

Anwesenden verurteilt, weil sie<br />

an dem Vergehen des alten Mannes mitschuldig<br />

waren: “Sie leben in einer Stadt,<br />

wo sich ein Mensch zum Brotdiebstahl<br />

genötigt sieht, um nicht zu verhungern”,<br />

hatte ihnen der Richter gesagt.<br />

Dieses Wort kann auch uns die Augen<br />

öffnen, denn auch wir sind mitverantwortlich<br />

für so manches Unrecht, das in unserer<br />

Welt geschieht, in der täglich viele Menschen<br />

vor Hunger sterben.<br />

Dieser traute seinen Augen nicht; denn<br />

jetzt konnte sein Leben neu beginnen.<br />

Hier zeigt sich uns mit einem Schlag das<br />

Hand-in-Hand-Gehen <strong>von</strong> Gerechtigkeit<br />

und Barmherzigkeit. Nur dort, wo uns<br />

beides widerfährt, wird unsere Vergangenheit<br />

bewältigt und eine neue Zukunft<br />

öffnet sich.<br />

Thomas <strong>von</strong> Aquin lehrt: “Gerechtigkeit<br />

ohne Barmherzigkeit ist Grausamkeit;<br />

Barmherzigkeit ohne Gerechtigkeit ist die<br />

Mutter der Auflösung. Barmherzigkeit hebt<br />

die Gerechtigkeit nicht auf, sie ist vielmehr<br />

die Fülle der Gerechtigkeit.” Gerechtigkeit<br />

verlangt nach der Barmherzigkeit, um<br />

wahre Gerechtigkeit sein zu können. Während<br />

nämlich die Gerechtigkeit auf die<br />

Sache schaut, schaut die Barmherzigkeit<br />

auf die Person. Beide zusammen sehen<br />

das Ganze. Aus demselben Werk des Thomas<br />

<strong>von</strong> Aquin sei noch ein Wort notiert,<br />

das eine tiefe Lebenserfahrung offenbart:<br />

“Die Alten und die Weisen, die daran<br />

denken, dass auch ihnen Übles widerfahren<br />

kann, sowie die Schwachen und<br />

Furchtsamen sind eher barmherzig. Jene<br />

hingegen, die sich für glücklich halten<br />

und für so mächtig, dass ihnen nichts<br />

Böses widerfahren könne, erbarmen sich<br />

nicht so leicht.” Für sie wäre es offenbar<br />

<strong>von</strong> großem Nutzen, wenn sie einmal am<br />

eigenen Leib die menschliche Gebrechlichkeit<br />

erleiden müssten. Ihr Urteil würde<br />

dann wahrscheinlich barmherziger.<br />

Der Höhepunkt unserer Geschichte aber<br />

ist, dass der ganze Betrag dem alten Mann<br />

übergeben wurde.<br />

10


F Ü L L E D E R G E R E C H T I G K E I T I S T ”<br />

Der Bericht aus New York kann uns ein<br />

Gleichnis sein für eine höhere Wirklichkeit.<br />

Manche menschlichen Verhaltensweisen<br />

sind so außergewöhnlich, dass sie<br />

uns eine völlig neue Welt erschließen –<br />

eine Welt, die völlig frei ist <strong>von</strong> aller Engstirnigkeit;<br />

eine Welt, die uns ahnen lässt,<br />

was überhaupt gemeint ist, wenn <strong>von</strong><br />

Gerechtigkeit, Liebe, Güte und Menschlichkeit<br />

die Rede ist; eine Welt also, die<br />

uns das Reich Gottes spüren lässt. Nur<br />

diejenigen können uns eine solche Ahnung<br />

vermitteln, in denen Gottes Geist<br />

lebendig ist.<br />

Wenn man uns daher fragt, wer Gott eigentlich<br />

sei, was er denn den ganzen Tag<br />

tue und wo man ihn spürbar erfahren<br />

könne, dann sollten wir nach Situationen<br />

Ausschau halten, in denen Gerechtigkeit,<br />

Wahrheit, innere Freiheit, Liebe und Güte<br />

aufleuchten; denn wo all das sichtbar wird,<br />

da ist Gott; da ist Gott am Werk; da scheint<br />

durch das menschliche Abbild das göttliche<br />

Urbild hindurch – in der obigen Erzählung,<br />

aber noch strahlender und reichlicher<br />

in Jesus Christus.<br />

Der Hl. Alfons <strong>Maria</strong> <strong>von</strong> Ligouri sagt<br />

dazu: “Seine große Barmherzigkeit endlich<br />

hat Gott bewogen,<br />

seinen Sohn in die Welt zu senden, um<br />

Mensch zu werden und durch seinen Kreuzestod<br />

uns vom ewigen Tode zu erlösen.<br />

Darum sagt Zacharias in seinem Lobgesang:<br />

‚Durch die innerste Barmherzigkeit unseres<br />

Gottes, in welcher uns heimgesucht hat<br />

der Aufgang <strong>von</strong> der Höhe’ (Lk 1,78). Per<br />

viscera misericordiae: durch die innerste<br />

Barmherzigkeit; d.h. durch eine Barmherzigkeit,<br />

die aus dem Grunde des Herzens<br />

Gottes hervorgeht, weil Gott lieber seinen<br />

Sohn Mensch werden und sterben, als uns<br />

verloren sehen wollte.”<br />

Dieses Programm ist uns vorgegeben. Wir<br />

sollten es annehmen und praktizieren und<br />

sind dabei nicht nur auf uns selbst verwiesen.<br />

Christus ist immer dabei. Deshalb<br />

sollte sich jeder Mensch als Abbild Gottes<br />

so verhalten, dass durch ihn<br />

Gottes Gegenwart und Wirken<br />

spürbar wird. Christus<br />

aber bringt uns durch seine<br />

Gesinnung die alles überbietende<br />

Barmherzigkeit<br />

und Gerechtigkeit<br />

Gottes<br />

nahe.<br />

Fotos: Br. Niketius<br />

11


Trendsetter<br />

BRÜDERORDEN<br />

Die Brüderorden sind vor allem in Bereichen<br />

tätig, die in der Bevölkerung hohes<br />

Ansehen genießen, in sozialen Einrichtungen<br />

und in Schulen. Brüder übernehmen<br />

verantwortliche Aufgaben in ihren Gemeinschaften,<br />

sie sind in ihren Berufen<br />

zu Fachleuten ausgebildet und qualifizieren<br />

sich für leitende Stellen. Dennoch<br />

bilden sie unter den Ordensleuten eine<br />

Minderheit.<br />

Das liegt sicher auch daran, dass ihre<br />

Aufgaben heute vorrangig vom Staat oder<br />

<strong>von</strong> anderen privaten Trägern wahrgenommen<br />

werden. Soziale Berufe sind seit dem<br />

17. Jahrhundert bis heute vor allem Sache<br />

der Frauen. Wer heute einen besonderen<br />

geistlichen Weg gehen will, schließt sich<br />

manchmal lieber einem radikal kontemplativen<br />

Orden an als einer sozial engagierten<br />

Gemeinschaft. Und: Männer können<br />

Priester werden. Dieser Beruf verspricht<br />

die größten Entfaltungsmöglichkeiten<br />

in der Kirche und Ansehen auch<br />

in der Gesellschaft.<br />

Dem Engagement aus dem<br />

Evangelium Profil geben<br />

Wer hat heute noch Zeit, hinzuhören, sich<br />

einzufühlen, der Seele eine Stimme zu<br />

geben? Das gilt für das Krankenhaus, für<br />

die Schule und oft sogar für die Seelsorge.<br />

Wer ist jenseits der Institutionen präsent,<br />

dort, wo Menschen durch das soziale Netz<br />

fallen und auch <strong>von</strong> den Verbänden der<br />

Wohlfahrtspflege nicht mehr erreicht werden?<br />

Mutter Teresa sagte auf die reichen<br />

westlichen Industrienationen bezogen:<br />

“Kennt ihr die Armen eurer Stadt?” Die<br />

Brüder sind mehr als Sozialarbeiter, Pädagogen<br />

und Psychologen, ihr Dienst hat<br />

eine geistliche Dimension: es ist nicht nur<br />

ihre eigene Zuwendung, durch sie wendet<br />

sich der heilende und vergebende Christus<br />

den Menschen zu. Als Ordensleute haben<br />

sie eine größere Freiheit, sich mit allen<br />

Fasern ihres Daseins ihrer Aufgabe zu<br />

widmen.<br />

Vergessene Orte der<br />

spirituellen Erfahrung beleben<br />

Als Ordensleute gehören die Brüder einem<br />

eigenen Stand in der Kirche an, im Blick<br />

auf die Hierarchie aber gehören sie zu den<br />

Laien. Darin liegt eine Chance, gerade<br />

auch im Hinblick auf die Spiritualität. Sie<br />

können Schwerpunkte setzen, die Wege<br />

für eine biblische Laienspiritualität aufzeigen.<br />

12


"In der heiligen Kommunion haben wir Christus in der Gestalt <strong>von</strong> Brot, in unserer<br />

Arbeit finden wir ihn in Gestalt <strong>von</strong> Fleisch und Blut. Es ist derselbe Christus."<br />

Jesus hat seine Gegenwart jeder Gemeinschaft<br />

verheißen, die in seinem Namen<br />

beisammen ist. Wer einem seiner geringsten<br />

Brüder dient, der dient ihm. Er ist es<br />

auch, der zu jedem spricht, der die heilige<br />

Schrift liest und sie meditiert. Auch an<br />

diesen Stellen des Lebens können Gotteserfahrungen<br />

geschehen, nicht nur in der<br />

Zurückgezogenheit und in der Feier der<br />

Sakramente. Für Mutter Teresa war es ganz<br />

klar: “In der heiligen Kommunion haben<br />

wir Christus in der Gestalt <strong>von</strong> Brot, in<br />

unserer Arbeit finden wir ihn in Gestalt<br />

<strong>von</strong> Fleisch und Blut. Es ist derselbe Christus.”<br />

Damit wird die Feier der Sakramente<br />

nicht überflüssig, wohl aber um weitere<br />

Orte der Gegenwart des Herrn ergänzt und<br />

auch mehr geerdet. Laien, die nach den<br />

Evangelischen Räten leben, sind die berufenen<br />

Experten der Einübung in Wachheit<br />

und Empfindsamkeit für diese Orte der<br />

Gottesbegegnung.<br />

Männer sind nicht nur für den<br />

Priesterberuf geschaffen<br />

Auch in vielen anderen Berufen können<br />

Männer das Evangelium verwirklichen<br />

und persönliche Erfüllung finden. Es ist<br />

auch für Männer eine Chance, im sozialen,<br />

pädagogischen und seelsorglichen Bereich<br />

sich dem Menschen zuzuwenden, ohne<br />

sich auf das Amt und auf das Sakrament<br />

zurückziehen zu können bzw. mit dessen<br />

Verpflichtungen zusätzlich belastet zu<br />

sein. So kann die menschliche Begegnung<br />

an Tiefe gewinnen und ihre heilende Wirkung<br />

entfalten. Das hat auch eine grundsätzliche<br />

Bedeutung: In Leben und Dienst<br />

der Brüder wird gut sichtbar, “dass Heil<br />

nicht klerikal, sondern kirchlich ist”, wie<br />

es in einem Dokument der Vereinigung<br />

der Generalobern der laikalen Ordensinstitute<br />

formuliert ist.<br />

Kristallisationspunkte für<br />

viele Menschen<br />

Als Ordensleute unterscheidet sich die<br />

Lebensform der Brüder in vielem <strong>von</strong> der<br />

anderer Menschen, aber als Laien trennt<br />

sie nichts <strong>von</strong> allen anderen Christen.<br />

Deswegen war es schon immer eine Eigenart<br />

der Brüder, dass sie selbstverständlich<br />

mit Laien, ja mit allen Menschen guten<br />

Willens zusammengearbeitet haben, erst<br />

recht heute in ihren großen Einrichtungen.<br />

Da geschieht Inspiration und Austausch.<br />

Br. Benedikt<br />

13


Einkleidung<br />

<strong>von</strong> Matthias Kollecker<br />

am Vorabend<br />

<strong>von</strong> Pfingsten <strong>2006</strong><br />

Am Anfang möchte ich direkt sagen: meine Berufung war<br />

nicht spektakulär – sie begann sehr langsam, klein und leise<br />

und wurde mit der Zeit immer stärker und größer. Aber es ist<br />

mein ganz persönlicher Ruf und Weg, den ich erfahren habe.<br />

Mit meinem neunundzwanzigsten Lebensjahr<br />

stellte sich für mich immer häufiger<br />

die Frage: Welchen Sinn hat eigentlich<br />

mein Leben? Und: Welche Rolle nimmt<br />

Jesus Christus - und somit Gott - in meinem<br />

Leben ein?<br />

Bis zu diesem Zeitpunkt stand immer nur<br />

das berufliche Weiterkommen im Vordergrund.<br />

Nach meiner Schulausbildung folgte<br />

eine Ausbildung zum Krankenpfleger<br />

an der Charité in Berlin. Ich arbeitete<br />

danach mehrere Jahre auf einer Intensivstation<br />

in Münster, bevor ich durch meinen<br />

Zivildienst die Arbeitsstelle wechselte<br />

und dadurch in den Funktionsbereich der<br />

OP-Pflege kam. In diesem Bereich habe<br />

ich dann insgesamt elf Jahre gearbeitet.<br />

Während dieser Zeit absolvierte ich die<br />

Weiterbildung zum Fachkrankenpfleger<br />

im Operationsdienst und zur pflegerischen<br />

Leitung einer Station bzw. Einheit im<br />

mittleren Management.<br />

Ich durfte für mich immer wieder feststellen,<br />

dass ich vom Anfang bis zum Ende<br />

jeder Weiterbildung mein Leben als sehr<br />

erfüllend empfand.<br />

Danach aber kam<br />

immer wieder eine Leere und es stellte<br />

sich für mich wie so oft wieder die Frage<br />

nach dem Sinn meines Lebens.<br />

Um eine Antwort auf meine Lebensfragen<br />

zu finden bzw. zu bekommen, bat ich den<br />

damaligen Pfarrer an unserer Klinik um<br />

seine <strong>Hilf</strong>e. In ihm fand ich einen sehr<br />

guten geistlichen Begleiter und Gesprächspartner,<br />

der mich über mehrere Jahre begleitet<br />

hat. In dieser Zeit der Begleitung<br />

musste und konnte ich für mich feststellen,<br />

dass mein bis dahin geistlichspirituelles<br />

Leben mich nicht ausreichend<br />

oder manchmal auch gar nicht erfüllt hat.<br />

So verspürte ich bei mir eine ständig anhaltende<br />

Unruhe und Suche nach dem<br />

Sinn meines Lebens und die damit bei mir<br />

verbundene tiefe Sehnsucht und Suche<br />

nach Jesus Christus.<br />

Um meiner Verbundenheit mit Jesus Christus<br />

sowohl nach innen als auch nach<br />

außen hin mehr Ausdruck zu verleihen,<br />

ließ ich mich nach zwei Jahren der geistlichen<br />

Begleitung im Juli 2002 taufen.<br />

14<br />

“Der Herr lasse dich ablegen den alten Menschen…


“Meine Berufung war nicht spektakulär!”<br />

In der Zeit des Suchens entwickelte sich<br />

in mir auch der immer stärker werdende<br />

Wunsch, in und mit einer Ordensgemeinschaft<br />

zu leben, um mich gemeinsam mit<br />

anderen auf einen Weg der Nachfolge Jesu<br />

Christi zu begeben. Auch hierbei habe ich<br />

sehr viel <strong>Hilf</strong>e bei unserem damaligen<br />

Klinikpfarrer erfahren können. Wir suchten<br />

gemeinsam aus der Fülle <strong>von</strong> verschiedenen<br />

Ordensgemeinschaften, die es auch<br />

heute noch gibt, die zu mir und damit zu<br />

meinen Wünschen passende Gemeinschaft<br />

heraus. So kam es dann zum ersten<br />

Kontakt mit den <strong>Barmherzige</strong>n Brüdern<br />

und es schloss sich relativ schnell ein erster<br />

Besuch in der Gemeinschaft an.<br />

Bei weiteren zahlreichen Aufenthalten als<br />

Informant in der Gemeinschaft der <strong>Barmherzige</strong>n<br />

Brüder <strong>von</strong> <strong>Maria</strong>-<strong>Hilf</strong> bekam ich<br />

die Möglichkeit, an dem alltäglichen Leben<br />

der Brüder teilzunehmen und habe erlebt,<br />

wie erfüllend die Kombination <strong>von</strong> Beruf<br />

und geistlich-spirituellem Leben sein kann.<br />

In der Zeit des Informierens festigte sich<br />

immer stärker mein Wunsch, in die Ordensgemeinschaft<br />

der <strong>Barmherzige</strong>n Brüder<br />

<strong>von</strong> <strong>Maria</strong>-<strong>Hilf</strong> einzutreten. Nach langer<br />

und reichlicher innerlicher Prüfung<br />

bat ich dann zum Dezember 2005 um die<br />

Aufnahme in die Ordensgemeinschaft.<br />

Seit dem 1. Dezember 2005 lebte ich erst<br />

als Postulant und nun, nachdem ich am<br />

3. Juni <strong>2006</strong> eingekleidet wurde, als Bruder<br />

Matthias im Ausbildungskonvent der<br />

<strong>Barmherzige</strong>n Brüder <strong>von</strong> <strong>Maria</strong>-<strong>Hilf</strong>.<br />

Ich möchte hier die Gelegenheit nutzen,<br />

um mich bei einigen Menschen ganz besonders<br />

zu bedanken. Dank möchte ich<br />

sagen: meinen Eltern, meinem Bruder,<br />

Brigitte, Sr. Beata, Pfr. Dr. T. Holznienkemper,<br />

Monika, Christine, Marie-Theresé,<br />

André und allen <strong>Barmherzige</strong>n Brüdern<br />

<strong>von</strong> <strong>Maria</strong>-<strong>Hilf</strong>.<br />

Br. Matthias Kollecker<br />

…und anziehen den neuen Menschen!”<br />

15


BRUDER VITALIS KLUR VERABSCHIEDET +++ BRUDER VITALIS<br />

Saffig: Feierliche Verabschiedung <strong>von</strong><br />

Bruder Vitalis Klur<br />

Im Januar <strong>2006</strong> wurde Bruder Vitalis <strong>von</strong> seinem Amt<br />

als Hausoberer der <strong>Barmherzige</strong>n Brüder Saffig verabschiedet.<br />

Trotz seiner 71 Jahre allerdings noch nicht in<br />

den Ruhestand: Er ist weiterhin im Vorstand des <strong>Barmherzige</strong><br />

Brüder Trier e.V. und als Konventoberer an<br />

seinem Koblenzer Wohnsitz aktiv.<br />

16


KLUR VERABSCHIEDET +++ BRUDER VITALIS KLUR VERABSCHIE<br />

Zahlreiche Gäste<br />

waren der Einladung<br />

zu der Feierstunde<br />

gefolgt, die mit einer<br />

Vesper in der Pfarrkirche<br />

begann, gestaltet<br />

<strong>von</strong> Klienten<br />

und Mitarbeitern der<br />

Einrichtung sowie<br />

dem Klosterchor unter<br />

Leitung <strong>von</strong> Ottmar<br />

Freitag. Im<br />

prallgefüllten Café<br />

“Schänzchen” begrüßte<br />

anschließend der Kaufmännische<br />

Direktor, Werner Mayer, die bunte Schar<br />

der Abschiedsgäste: Ordensleitung und<br />

Mitbrüder, Geschäftsführung und Hausleitung,<br />

Klienten und Mitarbeiter sowie<br />

viele Bürger und Vereinsvertreter. Verbandsbürgermeister<br />

Klaus Bell und Ortsbürgermeister<br />

Karl-Heinz Hoffmann dankten<br />

in ihren Ansprachen dem Scheidenden<br />

für sein Schaffen und das vertrauensvolle<br />

Miteinander. Der Provinzobere Bruder<br />

Pankratius und Geschäftsführender Vorstand<br />

Günter Mosen ließen das Wirken<br />

<strong>von</strong> Bruder Vitalis noch einmal Revue<br />

passieren.<br />

Zwei Jahre nach seinem Ordenseintritt<br />

1955 wurde Bruder Vitalis – noch als Novize<br />

– nach Brasilien entsandt. Er absolvierte<br />

eine Ausbildung zum Krankenpfleger,<br />

lernte die Landessprache – er spricht<br />

portugiesisch so fließend wie deutsch –<br />

und war maßgeblich am Aufbau der Einrichtungen<br />

in Porto Alegre und Maringá<br />

beteiligt. 1974 kehrte er nach 17 Jahren<br />

zurück nach Deutschland, und zwar nach<br />

Saffig. Hier blieb er zehn Jahre, die letzten<br />

sechs als Hausoberer. 1984 verabschiedete<br />

er sich wieder nach Brasilien. Nach zehn<br />

Jahren in Übersee, zwei Jahren in Rom<br />

und weiteren zwei auf dem Schönfelderhof<br />

in der Eifel kehrte er 1999 zurück nach<br />

Saffig. Aufgrund seiner hervorragenden<br />

Sprach- und Landeskenntnisse ist Bruder<br />

Vitalis immer wieder als Berater und Dolmetscher<br />

für die Niederlassungen in Brasilien<br />

tätig.<br />

Bis ein neuer Hausoberer in Saffig benannt<br />

wird, nimmt sein bisheriger Stellvertreter, der<br />

Theologe Frank Mertes, diese Funktion wahr.<br />

17


18<br />

Schönfelderhof:


Neuer Hausoberer<br />

auf dem Schönfelderhof<br />

Br. Linus geht<br />

Erstmals übernimmt seit über 80 Jahren<br />

auf dem Schönfelderhof ein Nichtordensbruder<br />

das Amt des Hausoberen. Mit der<br />

Aufgabe wird Werner Schmitz, Diplom-<br />

Betriebswirt und Diplom-Religionspädagoge<br />

<strong>von</strong> der Ordensgemeinschaft der<br />

<strong>Barmherzige</strong>n Brüder betraut. Herr Schmitz<br />

tritt damit die Nachfolge des aus Altersgründen<br />

ausscheidenden Bruder Linus an.<br />

Der Beginn des Festaktes führte alle Gäste<br />

in die Kapelle des Schönfelderhofes, wo<br />

Pfarrer Bernd Seibel einen Gottesdienst<br />

zelebrierte. Für die musikalische Gestaltung<br />

sorgten der Kirchenchor St. Remigius und<br />

der Organist Stephan Kreutz. Pfarrer Seibel<br />

betonte, dass Br. Linus nicht wie ein Sozialmanager<br />

nur verwaltungstechnisch gewirkt<br />

habe, sondern die seelsorgerischen<br />

Aufgaben ins Zentrum seines täglichen<br />

Handelns gestellt habe. Überrascht wurde<br />

Br. Linus, ein bekennender FC-Schalke 04-<br />

Fan, vom Geschenk der Pfarrgemeinde:<br />

Eine Eintrittskarte für die Veltins-Arena<br />

auf Schalke.<br />

Von der Kapelle ging es in die Peter Friedhofen<br />

Halle, dem Zentrum des 1987 eröffneten<br />

Wohndorfes. Hier begrüßte der kaufmännische<br />

Direktor Fred Olk die Gäste.<br />

Br. Pankratius, Provinzoberer der <strong>Barmherzige</strong>n<br />

Brüder verabschiedete Br. Linus, der<br />

weiterhin als Konventoberer auf dem<br />

Schönfelderhof bleiben wird und zeichnete<br />

mit seinem Rückblick das Wirken <strong>von</strong> Br.<br />

Linus auf. Br. Pankratius fand auch noch<br />

persönliche Worte und sagte: “Br. Linus,<br />

es ist die Zeit gekommen, Dinge neu zu<br />

ordnen, neue Prioritäten zu setzen. Nach<br />

so vielen Jahrzehnten des Schaffens und<br />

des Leitens ist das sicherlich nicht immer<br />

einfach, aber wie ich Dich kenne bist Du<br />

lern- und gestaltungsfähig.” Er wünschte<br />

Br. Linus, dass er noch viele Jahre so bleiben<br />

wird wie er ist, ein in sich gestandener<br />

und ein in seinem innersten ruhender<br />

Mensch mit seinen Überzeugungen, seinem<br />

Wertesystem und seiner Persönlichkeit.<br />

Von den Mitarbeitern des Schönfelderhofes<br />

überreichte die MAV-Vorsitzende<br />

Anne Müller Br. Linus ein Trikot seines<br />

Lieblingsvereins Schalke 04, mit der für<br />

sein Alter stehenden Nummer 75.<br />

19


BRUDER LINUS VERABSCHIEDET +++ BRUDER LINUS VERABSC<br />

Werner Schmitz kommt<br />

Br. Alfons-<strong>Maria</strong> Michels, Geschäftsführender<br />

Vorstand des <strong>Barmherzige</strong>n Brüder<br />

Trier e.V., begrüßte und führte in seiner<br />

Ansprache Werner Schmitz als Hausoberen<br />

des Schönfelderhofes ein.<br />

Dabei betonte er, dass es sicherlich eine<br />

besondere Herausforderung sei, als<br />

erster Nichtordensbruder Hausoberer<br />

auf dem Schönfelderhof<br />

zu sein. Br. Alfons-<strong>Maria</strong> Michels<br />

erläuterte, dass Herr Schmitz<br />

als Interessensvertreter der<br />

Ordensgemeinschaft, sich für<br />

den Ordens- und damit für<br />

den christlichen Unternehmensauftrag<br />

einsetzen wird.<br />

Werner Schmitz wird als<br />

Führungsperson in der Gesamteinrichtungsleitung<br />

dies<br />

teamorientiert wahrnehmen,<br />

um christliche Spiritualität im<br />

seelsorgerischen Handeln<br />

erfahrbar werden zu lassen.<br />

Außerdem wünschte er<br />

Herrn Schmitz, dass er<br />

seine Leidenschaft und<br />

seine Sensibilität für den<br />

<strong>von</strong> Gott geliebten Menschen<br />

in der Aufgabe des<br />

Hausoberen und in der<br />

seelsorglichen Begleitung<br />

einbringen kann.<br />

Peter Mossem<br />

20


HIEDET +++ BRUDER LINUS VERABSCHIEDET +++ BRUDER LINU<br />

21


Glück oder Pech?<br />

Eine chinesische Geschichte erzählt <strong>von</strong> einem Bauern, der ein altes Pferd für die Feldarbeit<br />

hatte. Eines Tages entfloh das Pferd in die Berge, und als alle Nachbarn des Bauern sein Pech<br />

bedauerten, antwortete der Bauer: “Pech oder Glück? Wer weiß?“<br />

Eine Woche später kehrte das Pferd mit einer Herde Wildpferden aus den Bergen zurück, und<br />

diesmal gratulierten die Nachbarn dem Bauern zu seinem Glück. Seine Antwort hieß: “Glück?<br />

Pech? Wer weiß?“<br />

Als der Sohn des Bauern versuchte, eines der Wildpferde zu zähmen, fiel er<br />

vom Rücken des Pferdes und brach sich ein Bein. Jeder hielt das für ein großes<br />

Pech. Nicht jedoch der Bauer, der nur sagte: “Pech? Glück? Wer weiß?“<br />

Ein paar Wochen später marschierte die Armee<br />

ins Dorf und zog jeden tauglichen jungen<br />

Mann ein, den sie finden<br />

konnte. Als sie den<br />

Bauernsohn mit<br />

seinem gebrochenen<br />

Bein sahen, ließen sie<br />

ihn zurück. War das nun<br />

Glück? Pech? Wer weiß?<br />

Was an der Oberfläche wie<br />

etwas Schlechtes, Nachteiliges<br />

aussieht, kann<br />

sich bald als etwas Gute<br />

herausstellen. Und alles,<br />

was an der Oberfläche gut<br />

erscheint, kann in Wirklichkeit<br />

etwas Böses sein. Wir<br />

sind dann weise, wenn wir<br />

Gott die Entscheidung<br />

überlassen, was Glück<br />

und was Unglück ist;<br />

wenn wir ihm danken,<br />

dass für jene, die ihn<br />

lieben, alles zum Besten<br />

gedeiht.<br />

22


“Kann ein Krankenhaus<br />

INTERVIEW MIT BRUDER ALFONS-MARIA MICHELS, SPRECHER DES GESCHÄFTSFÜHRENDEN VORSTANDES DES<br />

Seit über 150 Jahren haben es sich die <strong>Barmherzige</strong>n Brüder <strong>von</strong> <strong>Maria</strong>-<br />

<strong>Hilf</strong> zur Aufgabe gemacht, ein tätiges Zeugnis christlicher Gottes- und<br />

Nächstenliebe zu geben. Angesichts des rasanten sozialpolitischen<br />

Wandels, den unsere Gesellschaft heute erfährt, ist es aber mit Gottvertrauen<br />

alleine nicht getan: Als moderner Sozialkonzern verfügen die<br />

<strong>Barmherzige</strong>n Brüder heute über ein straff organisiertes Management<br />

mit klaren wirtschaftlichen Zielvorgaben und modern ausgestatteten<br />

Krankenhäusern, Altenheimen und Behindertenwerkstätten.<br />

24


Doch Fachlichkeit, Ökonomie und christlicher Auftrag müssen kein Widerspruch<br />

sein – das jedenfalls meint Bruder Alfons-<strong>Maria</strong> Michels, mit dem wir<br />

über den besonderen Auftrag eines katholischen Trägers <strong>von</strong> Krankenhäusern<br />

und sozialen Einrichtungen sprachen.<br />

‘katholisch’ sein Bruder Alfons-<strong>Maria</strong>?“<br />

BARMHERZIGE BRÜDER TRIER E. V. UND SEIT 1986 MITGLIED DER BARMHERZIGEN BRÜDER VON MARIA-HILF<br />

Sprechen wir jetzt eigentlich mit dem<br />

‘Bruder’ oder dem ‘Manager’ Alfons-<strong>Maria</strong><br />

Michels?<br />

Da gibt es keinen Unterschied: In meiner<br />

Berufung bin ich Ordensmann und<br />

in meiner Aufgabe als Ordensmann bin<br />

ich im Management unserer Einrichtungen<br />

tätig.<br />

In Ihren “Grundsätzen und Leitlinien“ behaupten<br />

sie, dass sie dem Auftrag des Ordensgründers,<br />

des seligen Peter Friedhofen,<br />

bis heute treu geblieben sind. Wie kann<br />

ich das als Patient in ihren Krankenhäusern<br />

konkret feststellen?<br />

Mitarbeiter oder Patienten spüren<br />

schnell, dass wir einen christlichen Geist<br />

in unseren Einrichtungen pflegen, innovativ<br />

sind und – uns orientiert am<br />

christlichen Menschenbild – in der medizinischen<br />

Behandlung und der pflegerischen<br />

Betreuung um Qualität bemühen.<br />

Das ist ein Anspruch, den schon<br />

Peter Friedhofen hatte: In der Zusammenarbeit<br />

mit den Ärzten und seinen<br />

Brüdern das möglichst Beste für die<br />

Patienten zu erreichen. Im Sinne <strong>von</strong><br />

<strong>Maria</strong> Ward: “Tue Gutes und tue es gut”.<br />

25


Also mehr als nur das Kreuz<br />

im Patientenzimmer?<br />

Unser Bemühen ist, dass das “Katholisch<br />

sein” im konkreten Alltag erlebbar ist<br />

und nicht wie ein Sahnehäubchen obendrauf<br />

gesetzt wird. Symbole und Zeichen<br />

sind wichtig, aber es braucht mehr. Es<br />

kommt zum Beispiel auf die Haltung<br />

dem Patienten gegenüber an. Hier ist<br />

es unsere Aufgabe, die religiös-spirituelle<br />

Begabungen unserer Mitarbeiter mit<br />

entsprechenden Angeboten zu fördern.<br />

Patienten, Klienten und Bewohner haben<br />

die Möglichkeit der seelsorglichen<br />

Begleitung, der Teilnahme an Gottesdiensten,<br />

Räume der Stille stehen ihnen<br />

und den Angehörigen zur Verfügung.<br />

Besinnlichkeit ist in unserer<br />

Zeit ein rares Gut ….<br />

Unsere Zeit ist sehr hektisch, sehr<br />

schnelllebig geworden, das stimmt.<br />

Auch die Verweilzeiten unserer Patienten<br />

werden immer kürzer. Doch muss<br />

das nicht heißen, keine Zeit mehr für<br />

die seelischen Bedürfnisse des Menschen<br />

zu haben. Wir halten keine Angebote<br />

für alle vor, aber für alle, die sich in<br />

ihrem Kranksein nach einer christlichen<br />

Spiritualität sehnen, aus der sie Kraft<br />

schöpfen und die ihnen hilft, neue Sinnhorizonte<br />

zu erschließen.<br />

Gottes- und Nächstenliebe<br />

F ö r d e r n d e S o r g e<br />

Würde Vertrauen<br />

V e r a n t w o r t u n g<br />

26<br />

Gerechtigkeit Freude<br />

Mit dem sozialpolitischen Umbau, gerade<br />

im Gesundheitswesen, wächst in der Bevölkerung<br />

die Befürchtung, dass sie noch<br />

mehr zur Kasse gebeten wird. Was kann<br />

ein Krankenhausträger unternehmen, damit<br />

die Kostenspirale nicht weiter nach<br />

oben gedreht wird?<br />

Hier sind alle Akteure gemeinsam gefordert:<br />

Die Politik, die Bevölkerung und<br />

eben auch die Träger <strong>von</strong> Krankenhäusern.<br />

Gemeinsam müssen wir so planen,<br />

dass wir mit den geringer werdenden<br />

finanziellen Mitteln bestmögliche Ergebnisse<br />

erreichen, den Standart erhalten<br />

oder sogar ausbauen können. Wir<br />

organisieren unsere Prozesse neu, verändern<br />

Abläufe und nutzen Synergien<br />

zwischen unseren Häusern. Gleichzeitig<br />

sollten die christlichen Träger sozialer<br />

Einrichtungen versuchen, in Standortnähe<br />

ihre Zusammenarbeit weiter auszubauen<br />

und zu optimieren.<br />

Wäre es da nicht einfacher, sich auf Angebote<br />

für Privatpatienten zu spezialisieren?<br />

Wenn es uns nur um solide Erträge ginge,<br />

ja sicherlich. Unsere Aufgabe ist es,<br />

Gesundheitsleistungen für alle anzubieten.<br />

Eine Regelversorgung, die <strong>von</strong> unserem<br />

Gesundheitssystem bezahlt werden<br />

kann und die sich nicht nur Privilegierte<br />

leisten können. Darüber hinaus<br />

engagieren wir uns bei der medizinischen<br />

Behandlung <strong>von</strong> kriegsverletzten<br />

ausländischen Kindern, die jährlich in<br />

Deutschland versorgt werden.


Was ist Ihnen angesichts der rasanten<br />

Veränderungen im Gesundheitswesen als<br />

katholischer Träger besonders wichtig?<br />

In allem Fortschritt <strong>von</strong> Medizin und<br />

Technik, in der Herausforderung, ein<br />

finanzierbares Gesundheitssystem zu<br />

erhalten und Behandlungsabläufe zu<br />

optimieren, muss es letztendlich immer<br />

um den Menschen gehen; um den körperlich,<br />

psychisch und seelisch kranken<br />

Menschen. Unser Augenmerk gilt dem<br />

entsprechend der Personal- und Führungskräfteentwicklung<br />

in unseren Einrichtungen,<br />

da wir Mitarbeiter mit Herz,<br />

Hand und Verstand brauchen. Vor allem<br />

ist mir neben der Organisationsentwicklungskompetenz<br />

ein solider ökonomischer<br />

und theologischer Sachverstand<br />

an “Bord” wichtig.<br />

Trägerübergreifend sollten allen voran<br />

die sozial-caritativ tätigen Ordensgemeinschaften<br />

alle ernsthaften Anstrengungen<br />

der Kooperation und der Fusion<br />

unternehmen, um weitere Ressourcen<br />

zu bündeln und um die christliche Präsenz<br />

im Gesundheitswesen zu stärken.<br />

Derweil wird der Kostendruck auch für<br />

Ihre Krankenhäuser immer größer. Ist da<br />

nicht irgendwann mal eine Grenze erreicht,<br />

wo radikale Einschnitte unausweichlich<br />

sind?<br />

Um genau das zu vermeiden, wäre es<br />

fatal, zu glauben, wir könnten Veränderungsprozesse<br />

“<strong>von</strong> oben” verordnen.<br />

Vielmehr braucht es das Zusammenspiel<br />

aller Mitarbeiter in unseren Einrichtungen:<br />

Das Engagement des Einzelnen,<br />

aber auch die gemeinsame Verantwortung,<br />

Kosten zu senken, nach<br />

Optimierungsmöglichkeiten zu suchen<br />

– eben gemeinsam “unternehmerisch“<br />

zu agieren. Unser Glaube fordert uns<br />

da besonders heraus – wenn sie so wollen,<br />

macht “Katholisch-sein“ kreativ!<br />

Und das ist der Weg, den wir beschritten<br />

haben, der wichtig für die Zukunft, und<br />

ich denke, der auch unsere Stärke ist.<br />

Wir haben Mitarbeiter, die diesen Weg<br />

gestalten, die bereit sind, auf Bezüge zu<br />

verzichten, wenn es nötig ist und die<br />

dann an dem gemeinsamen Erfolg partizipieren.<br />

Viele Patienten wollen heute wissen, wo<br />

sie sich am besten behandeln lassen können<br />

und informieren sich ausführlich über<br />

die verschiedenen Angebote. Welche Informationsmöglichkeiten<br />

bieten die Krankenhäuser<br />

der <strong>Barmherzige</strong>n Brüder?<br />

Neben den ausführlichen Angeboten<br />

im Internet, über Broschüren und Kontaktadressen<br />

gibt es natürlich immer<br />

die Möglichkeit, sich direkt beim Hausarzt<br />

oder bei einer Veranstaltung in<br />

unseren Häusern zu informieren. Wir<br />

sind gerade dabei, bestehende Informationsangebote<br />

weiter auszubauen. Das<br />

könnten zum Beispiel Beratungs-Zentren<br />

in den Häusern sein. Aber sicher<br />

bietet auch das Internet, das zunehmend<br />

auch <strong>von</strong> älteren Menschen genutzt<br />

wird, hier noch mehr Potenzial.<br />

27


“Kann ein Krankenhaus<br />

“Modernste Technik”, “Menschlichkeit”<br />

und “Heilsauftrag Jesu”. Sie schaffen es,<br />

diese drei Aussagen in einem Satz als Auftrag<br />

zusammen zu bringen. Ist das wirklich<br />

realistisch?<br />

Ich denke sehr ungern in Kategorien.<br />

Für mich gibt es nur die eine Welt, in<br />

der wir leben und die wir als Christen<br />

gestalten. Christen in unseren Einrichtungen<br />

prägen den Alltag, gestalten ihn<br />

aus ihrer Spiritualität heraus, mit ihrer<br />

Kompetenz, mit moderner Medizin und<br />

Technik, da es um die Gesundheit des<br />

Patienten geht. Das ist Teil unserer Unternehmensstrategie.<br />

Dafür setzten wir<br />

uns ein und dahinein investieren wir.<br />

In Technik und gleichzeitig durch Aus,<br />

Fort- und Weiterbildung in die Qualifikation<br />

und in die Kompetenz unserer<br />

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.<br />

Die Zahl der jungen Menschen, die mit<br />

psychischen Erkrankungen in ihre Fachklinik<br />

für Psychiatrie und Psychotherapie<br />

kommen, hat in den vergangenen Jahren<br />

deutlich zugenommen. Was sind Ihrer<br />

Meinung nach mögliche Ursachen?<br />

Es ist in der Tat so, dass wir in unseren<br />

Einrichtungen zunehmend junge Menschen<br />

mit psychischen Erkrankungen<br />

aufnehmen. Eine schlimme Entwicklung,<br />

denn das heisst ja auch, dass viele<br />

junge Menschen heute daran gehindert<br />

werden, eine gesunde Entwicklung ins<br />

Leben hinein zu nehmen: Wo ihnen<br />

auf dem Weg in die Selbstständigkeit<br />

<strong>Hilf</strong>en versagt bleiben oder sie, angesichts<br />

eines Überangebotes an Optionen,<br />

mit Entscheidungen einfach überfordert<br />

werden. Wo High-Tech und Vereinsamung<br />

Hand in Hand gehen. Wo hohe<br />

Erwartungen an Beziehungen gestellt<br />

werden oder wo sie zu Opfern <strong>von</strong> sexuellem<br />

Missbrauch wurden. Diese Aufzählung<br />

ließe sich noch erweitern, doch<br />

im Prinzip geht es wohl auch darum,<br />

dass die tiefste Sehnsucht vieler junger<br />

Menschen durch unsere Konsumgesellschaft<br />

im Endeffekt nicht erfüllt werden<br />

kann. Trügerisch ist die Suche nach<br />

Ersatz, nach Drogen oder anderen Heilsbringern.<br />

Schaden erleiden dann viele<br />

jungen Menschen an ihrer Seele.<br />

In speziellen Einrichtungen bieten wir<br />

ihnen therapeutische Begleitungen an.<br />

Mit Psychiatern, Fachtherapeuten und<br />

Seelsorgern, die in der Lage sind, diesen<br />

jungen Menschen Raum zu geben um<br />

wieder heil zu werden und zu neuen<br />

Lebensperspektiven zu finden. Ein tragendes<br />

Wertesystem zu generieren, vielleicht<br />

auch zu einer Erfahrung der Begegnung<br />

mit Gott zu verhelfen, die<br />

vielleicht dem einen oder anderen bisher<br />

verborgen blieb.<br />

Heißt das, ihrerseits überprüfen sie auch<br />

die Beratungs- und Betreuungskonzepte<br />

in den entsprechenden Einrichtungen?<br />

Qualitätsmanagement heißt für eine<br />

christliche Einrichtung, kontinuierlich<br />

bestehende Betreuungskonzepte zu<br />

überprüfen. Wo müssen diese optimiert<br />

werden, um dem therapeutischen Bedarf<br />

des kranken Menschen gerecht zu werden?<br />

Welche Therapieangebote auf der<br />

Grundlage des christlichen Menschenbildes<br />

eignen sich dafür? Sind christlich<br />

ethische Fragestellungen berücksichtigt?<br />

Diese und weitere Fragen stellen wir<br />

uns immer neu, damit wir flexibel auf<br />

Entwicklungen reagieren und uns optimal<br />

auf unsere Patienten einstellen können.<br />

28


‘katholisch’ sein<br />

Die zunehmende Säkularisierung unserer<br />

Gesellschaft spiegelt sich auch in ihrer<br />

Mitarbeiterschaft wieder. Geht das auf<br />

Dauer noch zusammen – eine säkulare<br />

Mitarbeiterschaft bei einem katholischen<br />

Träger?<br />

Wir sind Menschen unserer Zeit. Und<br />

zur Aufgabe eines katholischen Trägers<br />

gehört es heute, den Mitarbeitern den<br />

christlichen Auftrag nahe zu bringen.<br />

Eine sicherlich besondere Aufgabe und<br />

Herausforderung, das Evangelium als<br />

Maßstab und Orientierung in unsere<br />

Mitte zu nehmen. Für uns ist es ein tragendes<br />

Fundament in unserer über 150<br />

jährigen Tradition. Christliche Unternehmen<br />

müssen aktiv die Rolle und die<br />

Aufgabe eines Sinngebers bzw. -vermittlers<br />

übernehmen. Schauen sie im Umfeld<br />

Jesu. In der Begegnung mit ihm<br />

wurden Menschen gesund und heil und<br />

er gab ihnen neuen Lebenssinn. Wenn<br />

wir Mitarbeitern einen Zugang zur<br />

christlichen Botschaft, zu Gotteserfahrungen<br />

und -begegnungen verhelfen<br />

können, wenn sie <strong>Hilf</strong>en für ihr Leben<br />

finden, dann ist es mir um unsere Zukunft<br />

nicht bange. Ich persönlich erlebe<br />

Mitarbeiter diesbezüglich offen und<br />

interessiert.<br />

Sie haben drei Wünsche frei, müssen aber<br />

auch etwas dafür tun, damit sie erfüllt<br />

werden. Welche Wünsche haben Sie?<br />

Der erste Wunsch ist, dass wir uns gemeinsam<br />

mit unseren Mitarbeitern weiterentwickeln.<br />

Als Dienstgemeinschaft<br />

und als christliches Unternehmen. Mein<br />

Beitrag ist, mich selbst als Führungskraft<br />

weiter zu entwickeln und diesen Prozess<br />

in unseren Einrichtungen aktiv mit zu<br />

begleiten.<br />

Der zweite Wunsch ist, dass es uns als<br />

Ordensgemeinschaft auch zukünftig<br />

nicht an Nachwuchs mangeln sollte.<br />

Ich versuche ein positives Bild <strong>von</strong> Ordensleben<br />

zu vermitteln, und mich für<br />

einen lebensspendenden Glauben einzusetzen.<br />

Der dritte Wunsch ist, dass Patienten,<br />

Klienten, Bewohner und Angehörige<br />

auch in Zukunft sagen: “Also, da (in der<br />

Einrichtung der <strong>Barmherzige</strong>n Brüder)<br />

hat es mir gefallen, da gehe ich wieder<br />

hin”. Dass Mitarbeiter gerne über die<br />

Einrichtung erzählen, in der sie arbeiten.<br />

Dass sie Freude an ihrem Arbeitsplatz<br />

haben. Dies zu ermöglichen, ist als Ordensmann<br />

und Manager Herausforderung<br />

und Aufgabe zugleich.<br />

Vielen Dank für das Gespräch, Bruder<br />

Alfons-<strong>Maria</strong>!<br />

Bruder Alfons-<strong>Maria</strong> Michels, geb. 1960,<br />

ist ausgebildeter Krankenpfleger und<br />

Lehrer für Pflegeberufe. Seit 1977 arbeitet<br />

er im BBT e.V. 1986 ist er in die Kongregation<br />

der <strong>Barmherzige</strong>n Brüder <strong>von</strong><br />

<strong>Maria</strong>-<strong>Hilf</strong> eingetreten. Entspannung<br />

findet er beim Joggen, Lesen und einmal<br />

im Jahr beim Motorradfahren.<br />

Martin Fuchs<br />

29


Paderborn<br />

Brüderkrankenhaus St. Josef<br />

bekommt doppeltes<br />

Qualitätszertifikat<br />

verliehen<br />

Am 01. März <strong>2006</strong> wurde diese Auszeichnung<br />

im Rahmen einer Feierstunde offiziell<br />

durch Bettina Geißler-Nielsen <strong>von</strong><br />

der proCum Cert Zertifizierungsgesellschaft<br />

übergeben.<br />

Das “Qualitätssiegel” soll Patienten,<br />

Mitarbeitern und Besuchern die Gewähr<br />

geben, dass eine Klinik über strukturierte,<br />

überprüfbare und allgemein anerkannte<br />

Arbeitsabläufe verfügt. Das gilt<br />

sowohl für medizinische als auch für<br />

ethische Belange; so verlangt das kirchliche<br />

proCum Cert-Siegel etwa auch<br />

eine angemessene Begleitung <strong>von</strong> Sterbenden<br />

und trauernden Angehörigen.<br />

Um das Siegel zu erlangen, begannen<br />

speziell geschulte Mitarbeiter vor fast<br />

zwei Jahren damit, auf Grundlage <strong>von</strong><br />

mehr als 2.200 durch die Zertifizierungsgesellschaften<br />

vorgegebenen Fragen einen<br />

Selbstbewertungsbericht über den<br />

Ist-Zustand der Klinik zu erstellen.<br />

Ende des Jahres überprüften drei Visitoren<br />

der Zertifizierungsgesellschaft die<br />

Angaben, die das Krankenhaus in seinem<br />

Selbstbewertungsbericht gemacht<br />

hatte. Die Visitoren hielten sich drei<br />

Tage lang im Brüderkrankenhaus auf<br />

und überprüften die Klinik auf Herz<br />

und Nieren. Dabei fanden Begehungen<br />

verschiedenster Fachabteilungen sowie<br />

intensive Befragungen <strong>von</strong> Mitarbeitern<br />

aller Berufe und Hierarchieebenen statt.<br />

Darüber hinaus prüft proCum Cert spezielle<br />

Aspekte wie den Umgang mit ethischen<br />

Frage- und Problemstellungen,<br />

ebenso die Qualität der seelsorgerischen<br />

Betreuung. Das Zertifikat behält drei<br />

Jahre seine Gültigkeit, danach muss sich<br />

die Klinik erneut darum bewerben.<br />

30


Thomas Schäfers<br />

proCum Cert<br />

und KTQ<br />

PADERBORN. Fast zwei Jahre lang hat das Brüderkrankenhaus auf<br />

die Erlangung des proCumCert-Qualitätssiegels hingearbeitet.<br />

Um das Zertifikat können sich konfessionelle Kliniken bewerben.<br />

Das kirchliche Qualitätssiegel beinhaltet zugleich das allgemeine,<br />

inzwischen bundesweit bekannte KTQ-Qualitätszertifikat.<br />

Grundlage der<br />

Zertifizierung<br />

nach proCum Cert ist das Verfahren<br />

nach KTQ (Kooperation für Transparenz<br />

und Qualität im Gesundheitswesen),<br />

entwickelt und propagiert durch die<br />

Spitzenverbände der Krankenkassen, die<br />

Deutsche Krankenhausgesellschaft, die<br />

Bundesärztekammer und den Deutschen<br />

Pflegerat.<br />

Konfessionelle Krankenhäuser jedoch<br />

brauchen zur Darstellung der Qualität<br />

ihrer Arbeit mehr Qualitätsmerkmale<br />

als die in KTQ hinterfragten. Deshalb<br />

war eine Weiterentwicklung unter Einbezug<br />

christlicher Wertvorstellungen<br />

als Qualitätsmerkmal <strong>von</strong> Nöten<br />

Die zusätzlichen proCum Cert-Kriterien,<br />

welche durch die Visitoren vor Ort geprüft<br />

werden, ermöglichen die Darstellung<br />

wie christlicher Glaube im konkreten<br />

Arbeitsablauf eines Krankenhauses<br />

in allen Bereichen zum Ausdruck<br />

kommt und wie christliche Werte den<br />

Alltag durchdringen.<br />

Mit der Zertifizierung nach proCum<br />

Cert verdeutlicht das Brüderkrankenhaus<br />

seinen Anspruch als konfessionelles<br />

Krankenhaus, Qualität auf Basis<br />

christlicher Werte alltäglich zu leben<br />

und sich den wachsenden Anforderungen<br />

im Gesundheitswesen zu stellen.<br />

31


Rilchingen<br />

Neue Heimat<br />

für demenzkranke<br />

Menschen<br />

Die Anzahl <strong>von</strong> altersverwirrten<br />

und dementen<br />

Menschen nimmt<br />

ständig zu. Um dieser<br />

Situation zu begegnen,<br />

entschlossen sich die<br />

<strong>Barmherzige</strong>n Brüder in<br />

Rilchingen zum Bau einer<br />

speziellen Wohneinheit<br />

für an einer Demenz<br />

erkrankter Menschen.<br />

32


Am Dienstag, den 28. März <strong>2006</strong> wurde<br />

das Haus “St. Hedwig” durch Dechant<br />

Becker eingeweiht. Prominentester Gast<br />

war der Saarländische Minister für Gesundheit<br />

und Soziales, Josef Hecken. Zu den<br />

weiteren zahlreichen Gästen zählten auch<br />

Vertreter des Ordens und der Geschäftsleitung<br />

des <strong>Barmherzige</strong> Brüder Trier e.V.<br />

Das neue Gebäude kostete rd. 2,4 Millionen<br />

Euro, die vom Träger aufgebracht<br />

wurden. Zur finanziellen Unterstützung<br />

gewährte die ARD Fernsehlotterie einen<br />

Zuschuss <strong>von</strong> 500.000,- Euro. Das neue<br />

Gebäude bietet insgesamt 30 demenzkranken<br />

Menschen mit 26 Einzel- und zwei<br />

Doppelzimmern ein neues Zuhause. Alle<br />

Zimmer liegen ebenerdig und sind mit<br />

Bad sowie TV- und Telefonanschluss ausgestattet.<br />

33


Der Neubau wurde so konzipiert, dass die<br />

Orientierungsschwierigkeiten demenzkranker<br />

Menschen und deren Bedürfnisse<br />

nach Bewegung und Privatsphäre berücksichtigt<br />

werden. Die zum Wohl fühlen<br />

eingerichteten Räumlichkeiten sind einladend<br />

freundlich und Licht durchflutet.<br />

Der Bewegungsfreiheit innerhalb des kompletten<br />

Hauses, dem Garten und dem<br />

Innenhof wurde in jeder Hinsicht Rechnung<br />

getragen. Die Überschaubarkeit des<br />

Hauses und die familienähnliche Atmosphäre<br />

gewährt den Demenzkranken eine<br />

gute Tagesstruktur.<br />

Im Rahmen der Grußworte bei der Einweihung<br />

sagte der Provinzial der <strong>Barmherzige</strong>n<br />

Brüder, Bruder Pankratius Herzog:<br />

“Vergessen wir nicht, die heutigen Bewohner<br />

in unseren Altenheimen sind unsere<br />

Angehörigen, sind unsere Eltern, die für<br />

uns vieles aufgebaut und ein gesichertes<br />

Leben ermöglicht haben. Neben Respekt<br />

und Verständnis schulden wir ihnen auch<br />

eine der Würde des Menschen angepasste<br />

Versorgungsstufe, wenn sie nicht mehr<br />

allein über sich selbst bestimmen können.”<br />

Das Gebäude erhielt den Namen “St.<br />

Hedwig”. Die Heilige Hedwig <strong>von</strong> Schlesien,<br />

in Andechs in Bayern geboren, lebte<br />

im 13. Jahrhundert. Sie wurde mit Herzog<br />

Heinrich I <strong>von</strong> Schlesien vermählt. Hedwig<br />

hatte 7 Kinder und lebte selbst sehr bescheiden.<br />

Sie war sehr fromm und mildtätig<br />

und half den Armen. Im Kampf gegen<br />

die Mongolen bei der Schlacht bei Wahlstett<br />

im Jahre1241 kam ihr Gatte ums<br />

Leben. Nach dem Tod ihres Mannes trat<br />

Hedwig in das Kloster Trebnitz ein.<br />

St. Hedwig ist die Schutzpatronin <strong>von</strong> Berlin und anderen Städten. Friedrich<br />

der Große errichtete die Hedwigskathedrale in Berlin eigens für die zugewanderten<br />

Katholiken aus Schlesien.<br />

34


Möge diese großartige Heilige<br />

auch eine gute Schutzpatronin<br />

für das neue Heim<br />

“St. Hedwig” in<br />

Rilchingen sein.<br />

35


Geistliche Berufungen<br />

“Ich tanze weiter<br />

im Gebet”<br />

über das Leben <strong>von</strong> Sr. Manuela Schreiner im Kloster<br />

Unsere Brüdergemeinschaft hat seit Jahrzehnten<br />

eine gute Verbindung mit dem<br />

kontemplativen Kloster, deshalb waren<br />

Bruder Dominik und ich zu dieser Feier<br />

eingeladen.<br />

In dem feierlichen Festgottesdienst hat<br />

Schwester Manuela Schreiner ihre ewige<br />

Profess abgelegt – das Versprechen, bis zu<br />

ihrem Tod in Armut, Gehorsam und eheloser<br />

Keuschheit zu leben; mit eingeschlossen<br />

ist das Versprechen der Klausur als<br />

Bindung an den Ort im Kapuzinerinnenkloster<br />

über der Stadt St. Gallen. Bischof<br />

Ivo Führer <strong>von</strong> St. Gallen stand dem Gottesdienst<br />

vor<br />

AM 21. NOVEMBER 2005 FAND NACH 17 JAHREN WIEDER EINE FEIER DER “EWIGEN PROFESS“<br />

Kindheit und Jugend Aufgewachsen ist<br />

Sr. Manuela in einem Weiler nahe Königstein<br />

im Taunus in Deutschland. Die<br />

Grossfamilie mit Grosseltern, Tanten, Onkel<br />

und Cousins lebte auf einem Hof mit<br />

vielen Tieren, vor allem Schafen. Der Vater<br />

war Flugzeugingenieur, die Mutter arbeitete<br />

als Physiotherapeutin. Sr. Manuela<br />

war ein verspieltes Kind, das in der Natur<br />

die Spuren Gottes entdeckte und durch<br />

die Oma an den Glauben herangeführt<br />

wurde. Sie besuchte das Gymnasium bei<br />

den Ursulinen in Königstein. Danach absolvierte<br />

sie die Kinderpflegerinnenschule,<br />

wurde Erzieherin und studierte Sozialpädagogik<br />

sowie Sozialarbeit mit theologischer<br />

Zusatzausbildung. Sie musizierte gerne<br />

und seit dem sechsten Lebensjahr besuchte<br />

sie eine Ballettschule. Tanzen wurde<br />

eine Leidenschaft. Später bildete sie sich<br />

weiter in den Bereichen Alternativmedizin<br />

und Religionspsychologie.<br />

Ruf Gottes Eigentlich hatte die junge<br />

Frau eine Familie gründen wollen, doch<br />

der Ruf Gottes in die radikale Nachfolge<br />

in einer klösterlichen Gemeinschaft wurde<br />

immer stärker. Mit 27 Jahren machte sie<br />

sich auf den Weg, um einmal in die Mission<br />

zu gehen. Die Umstände führten sie<br />

in die Schweiz, wo sie das Leben einer<br />

Schwesterngemeinschaft näher kennen<br />

lernte. Hier spürte sie, dass sie noch nicht<br />

ganz am rechten Ort war, dass sie noch<br />

mehr ihr Leben für das Gebet einsetzen<br />

wollte. Durch einen Priester lernte sie die<br />

Kapuzinerinnen auf Notkersegg kennen,<br />

ein geschlossenes kontemplatives Kloster<br />

mit ewiger Anbetung.<br />

Am 3. Mai 2000 trat sie dort ein, am 8.<br />

Dezember fand die Einkleidung statt, der<br />

ein zweijähriges Noviziat folgte. Am 21.<br />

November 2003 legte sie die zeitliche<br />

Profess ab, und nun nach drei Jahren die<br />

“Ewige Profess”.<br />

Franziskus und das Evangelium<br />

Die Kapuzinerinnen leben nach dem Vorbild<br />

und der Regel des heiligen Franziskus<br />

und schöpfen Kraft, Freude und Licht auch<br />

aus dem Evangelium. Für Sr. Manuela gilt<br />

das Liebesgebot “Du sollst deinen Nächsten<br />

lieben wie dich selbst” (Lev 19,18).<br />

Wegweisende Richtschnur im Alltag<br />

In der Gemeinschaft nimmt sie verschiedene<br />

Aufgaben wahr als Köchin, als Pflegerin<br />

der kranken Mitschwestern, im Haushalt,<br />

in der Musik, etc. Den Chorgesang<br />

der Schwestern begleitet sie mit ihrem<br />

Psalterium, einem Saiteninstrument.<br />

36


Viele Menschen in der Umgebung vertrauen<br />

den Schwestern ihre Sorgen und<br />

Nöte an und bitten um ihr Gebet. Das<br />

Kloster pflegt aber auch weltweite Beziehungen,<br />

so z. Beispiel zu Menschen in<br />

Amerika, Russland, China. Für einen<br />

Priester in Taiwan, der sich für leprakranke<br />

Menschen einsetzt, organisierten<br />

die Schwestern Verbandsmaterial. Gebet<br />

und konkrete Unterstützung, Mystik<br />

und Solidarität ergänzen einander. So<br />

ist Sr. Manuelas Wunsch, für die Mission<br />

zu leben, in Erfüllung gegangen. Ihre<br />

Berufung lebt sie mit grosser Freude, Begeisterung<br />

und Ausstrahlung; in ihr brennt<br />

ein Feuer, denn sie weiss sich zutiefst <strong>von</strong> Christus<br />

geliebt: “Wenn ich vor dem Allerheiligsten in Anbetung<br />

vor Gott bin, tanze ich oft im Geist weiter.”<br />

So lebt sie ganz im Verborgenen für die Welt.<br />

BEI DEN KAPUZINERINNEN IM KLOSTER NOTKERSEGG IN ST. GALLEN IN DER SCHWEIZ STATT.<br />

Gastfreundschaft<br />

Im Anschluss an den Festgottesdienst fand<br />

vor der Klausur ein schöner Apéro für alle<br />

Festgäste statt. Zahlreiche freiwillige Helfer,<br />

die mit dem Kloster verbunden sind, standen<br />

den Schwestern zur Seite. In dem<br />

gleichen Kloster lebt auch die leibliche<br />

Schwester <strong>von</strong> unserer ersten weltlichen<br />

Krankenschwester im Steinhof Luzern,<br />

Barbara Stecher- Egli. Natürlich war Schwester<br />

Barbara auch mit uns eingeladen und<br />

so konnte sie ihre Sr. Rita Egli, die Novizenmeisterin<br />

ist, freudig wiedersehen. Sr.<br />

Rita konnte im gleichen Jahr auf 50 Jahre<br />

Profess zurückblicken.<br />

Für die Klostergemeinschaft und die anwesenden<br />

Gäste war es ein besonderer Tag<br />

der Begegnung und der Freude hinter<br />

offenen Klostermauern. Wir Brüder aus<br />

der Schweiz danken besonders Mutter<br />

Klara und den Kapuzinerinnen für das<br />

Miteinander in der gemeinsamen Nachfolge<br />

Christi.<br />

Br. Clemens-<strong>Maria</strong>, Luzern<br />

37


Schweiz:<br />

Ordens-<br />

“Die<br />

gemeinschaft<br />

in die Zukunft hinein<br />

gestalten”<br />

Dies war das Thema der Klausurtagung<br />

vom 27. – 29. Oktober 2005, welche uns<br />

Schweizer Brüder in Oberwil zusammengeführt<br />

hat. Insgesamt waren wir sechszehn<br />

Teilnehmer. Unser Generaloberer<br />

Bruder Bernward und Bruder Alfons-<strong>Maria</strong><br />

waren ebenfalls begleitend anwesend. Herr<br />

Christian Schluder, Unternehmensberater,<br />

hat uns diese Tage wertvoll begleitet.<br />

38


Auch unsere Ordensgemeinschaft muss sich<br />

immer wieder den aktuellen Fragen stellen:<br />

Wie sieht unsere Zukunft aus?<br />

Wie geht es weiter mit unseren Werken?<br />

Was ist uns als Brüdergemeinschaft<br />

noch möglich?<br />

Diese für uns wichtigen Fragen haben wir<br />

offen und im Geist der Brüderlichkeit in<br />

einer Klausurtagung behandelt. Alle Mitbrüder<br />

waren sehr engagiert und haben<br />

sehr aktiv mitgearbeitet. Es war erstaunlich,<br />

wie die älteren Mitbrüder mitgewirkt haben<br />

und sich positiv in diesen Prozess<br />

eingelassen haben. Auch <strong>von</strong> den jüngeren<br />

Mitbrüdern war eine grosse Bereitschaft<br />

spürbar, die älteren Mitbrüder voll zu<br />

akzeptieren und sie, so weit wie möglich,<br />

in alle Themen einzubeziehen und sie mit<br />

zu tragen, wie in einer großen Familie.<br />

Bei dieser Tagung ging es um die Frage,<br />

wie wir unsere Ordensgemeinschaft in die<br />

Zukunft hinein gestalten können und wie<br />

wir ganz konkret das Gemeinschaftsleben<br />

in den Konventen in Oberwil und Luzern<br />

stärken können. Wichtig ist uns dabei, die<br />

Verbindung zu unseren sozial-karitativen<br />

Werken zu intensivieren und lebendig zu<br />

erhalten.<br />

Die Ergebnisse wurden gesammelt und<br />

schriftlich festgehalten, um zu einem späteren<br />

Zeitpunkt noch einmal zu reflektieren.<br />

In den vergangenen Monaten haben sich<br />

diese neuen Impulse und Vorsätze bereits<br />

bewährt. Es war uns eine Bestätigung, dass<br />

uns diese Tagung wertvolle Anregungen<br />

für unseren Ordensalltag gegeben hat.<br />

Bruder Robert<br />

39


Schweiz | Luzern:<br />

Bruder Lucius,<br />

der Sonnenschein<br />

im Steinhof<br />

Ein Besuch im Steinhof in Luzern ist immer ein Erlebnis,<br />

besonders die Begegnung mit Bruder Lucius,<br />

dem ältesten Mitbruder des Brüderkonventes.<br />

Obwohl er inzwischen 94 Jahre alt<br />

geworden ist, kann man ihn als<br />

Sonnenschein des Steinhofs<br />

bezeichnen. Er kann auf ein<br />

erfülltes Ordensleben zurückblicken<br />

und er strahlt<br />

eine innere Freude und<br />

Zufriedenheit aus.<br />

Während andere sich nach dem Mittagessen<br />

eine Ruhepause gönnen, geht Bruder<br />

Lucius noch heute täglich zum nahe gelegenen<br />

Vierwaldstättersee und macht eine<br />

Rundfahrt mit einem der Ausflugsboote.<br />

Da die Brüder <strong>von</strong> der Stadtverwaltung<br />

Luzern eine Freikarte für die Schiffe haben,<br />

kommt Bruder Lucius diese Vergünstigung<br />

sehr zugute. Sehr gern fährt er bis nach<br />

Vitznau, wo er in einer nahe gelegenen<br />

Kirche stille Einkehr hält, um mit dem<br />

nächsten Kursschiff wieder zurückzufahren.<br />

Als er noch jünger war sang er gern<br />

auf dem Schiff ein Marienlied und erfreute<br />

so auch die anderen Fahrgäste.<br />

40


Geboren ist Bruder Lucius in Mund, im<br />

Oberwallis im Rhonetal. Der Ort liegt ca.<br />

1200 über dem Meer und ist <strong>von</strong> einer<br />

grandiosen Bergwelt umgeben. Mehrere<br />

Viertausender und die nahen Gletscher<br />

ergeben ein gewaltiges Panorama. Das<br />

Dorf Mund ist auch der einzige Ort in<br />

Europa, wo Safran produziert wird. Das<br />

ist eine mühsame Arbeit. Aus tausend<br />

Blumen der “Herbstzeitlosen” lässt sich<br />

nur ein Gramm Safran gewinnen.<br />

Bruder Lucius wuchs in einer kinderreichen<br />

Familie mit vier Mädchen und neun<br />

Buben auf und verbrachte eine unbeschwerte<br />

Kindheit. Schon früh half er in<br />

der Landwirtschaft mit und versorgte die<br />

Kühe. Unwillkürlich denkt man dabei an<br />

den bekannten Heimatfilm “Heidi”. Den<br />

originalen Walliser Dialekt spricht Bruder<br />

Lucius heute noch.<br />

Mit 15 Jahren ging Br. Lucius zum bekannten<br />

Ferienort Zermatt mit dem nahe gelegenen<br />

majestätischen Matterhorn. Dort<br />

bekam er eine Stelle im Hotel “Riffelalp”,<br />

eines der weltbekannten “Seiler-Hotels”.<br />

Auch dort arbeitete er in der Landwirtschaft,<br />

und versorgte die Hotelgäste mit<br />

frischer Milch. Im Winter ging es zum<br />

Eishacken. Mit Hacke und Schaufel ausgerüstet,<br />

stieg er in die vereisten Bäche hinab<br />

und brach große Einstücke heraus. Dieses<br />

Eis wurde tonnenweise in Kavernen eingelagert<br />

und reichte bis zum nächsten<br />

Herbst. Es wurde als Kühlmittel für Getränke<br />

und Fleischvorräte verwendet, denn<br />

Kühlschränke im heutigen Sinn gab es<br />

noch nicht.<br />

1939 trat Bruder Lucius bei den <strong>Barmherzige</strong>n<br />

Brüdern in Luzern ein. Von nun an<br />

widmete er sich den alten Menschen in<br />

Luzern und St. Gallen. Das Leben im Kreis<br />

der Mitbrüder ist ihm auch heute noch<br />

eine große Freude und Bereicherung. Gönnen<br />

wir Bruder Lucius und allen die Freude,<br />

Bruder Lucius als Sonneschein des<br />

Steinhofs zu erleben, und<br />

das noch viele<br />

Jahre.<br />

41


Lebe‡<br />

Schweiz:<br />

DAS ANDERE<br />

Im Rahmen eines<br />

Über Seitenwechsel<br />

Seitenwechsel wurde 1991 zum 700-<br />

jährigen Bestehen der Schweizerischen<br />

Eidgenossenschaft gegründet. Das<br />

Programm möchte Brücken schlagen,<br />

zwischen der Geschäftswelt und der<br />

sozialen Wirklichkeit, indem es Managern<br />

<strong>von</strong> Firmen wie UBS, Novatis<br />

und ABB praktische Einsätze in sozialen<br />

Institutionen wie psychiatrischen<br />

Kliniken, Alters- oder Behindertenheimen<br />

ermöglicht. Daher stammt der<br />

Name “Seitenwechsel” (ursprünglich<br />

“trading places”). Erst kürzlich haben<br />

auch einige deutsche Firmen dieses<br />

Konzept übernommen.<br />

Der ehemalige Schweizer Bankverein<br />

war 1995 das erste Unternehmen, das<br />

Seitenwechsel in seine Führungsausbildung<br />

integrierte. Seither haben UBS<br />

und deren Vorläufer mehrere hundert<br />

Mitarbeiter zu einem solchen einwöchigen<br />

Einsatz entsandt und durch die<br />

Erweiterung ihres Horizonts ermöglicht.<br />

Seitenwechsel hilft den Managern,<br />

ihr Kommunikationsvermögen sowie<br />

die Fähigkeit, mit Unvorhergesehenem<br />

umzugehen, zu verbessern.<br />

Über das Pflegeheim<br />

Steinhof Luzern<br />

Das ursprünglich bescheidene Landhaus<br />

“Sandschloss” wurde im 15. Jahrhundert<br />

erstmals urkundlich erwähnt. Von 1759<br />

bis 1777 zu einem stattlichen Prunkhaus<br />

nach französischem Vorbild umgebaut,<br />

gilt das Gut heute als bedeutendster Profanbau<br />

des 18. Jahrhunderts in der Übergangszeit<br />

vom Rokoko zum Louis-XV-Stil.<br />

Im Jahre 1924 erwarben die <strong>Barmherzige</strong>n<br />

Brüder <strong>von</strong> <strong>Maria</strong>-<strong>Hilf</strong> das Schloss und<br />

eröffneten darin das inzwischen älteste<br />

Alters- und Pflegeheim der Stadt Luzern.<br />

Wo sich früher das herrschaftliche Leben<br />

abspielte, erfreuen sich heute 95 Heimbewohnerinnen<br />

und -bewohner einer einmaligen<br />

Wohnqualität, begleitet und gepflegt<br />

<strong>von</strong> rund 120 Mitarbeitenden.<br />

42


Managementseminars lernen<br />

UBS-Führungsverantwortliche den Umgang<br />

mit Lebensrealitäten der ungewohnten Art.<br />

Montag, 6. Juni 2005: Eduard Jung, Geschäftsstellenleiter UBS Luzern, “wechselt<br />

die Seiten” und macht sich auf den Weg ins Pflegeheim “Steinhof“. Als Absolvent<br />

des Seminars Advanced Management Skills steht für ihn auch ein einwöchiger<br />

Einsatz in einer sozialen Institution auf dem Programm. Ziel ist es, Einblick in eine<br />

für die meisten ungewohnte Lebens- und Arbeitswelt zu erhalten, um so im<br />

eigenen Job besser mit nicht alltäglichen Situationen umgehen zu können.<br />

43


Im Internet hatte sich Jung über die verschiedenen<br />

Angebote informiert. “Ich<br />

hatte mir vorgenommen, meinen Seitenwechsel<br />

in einem Jugendheim oder bei<br />

einer Gassenküche zu absolvieren.” Einem<br />

Einsatz in einem Pflegeheim stand Jung<br />

skeptisch gegenüber – die persönliche<br />

Hemmschwelle schätzte er als zu hoch<br />

ein. Doch dann besuchte er die Orientierungsveranstaltung,<br />

an der die Seitenwechsel-Angebote<br />

<strong>von</strong> Vertretern der einzelnen<br />

Institutionen persönlich vorgestellt wurden.<br />

Pascale Ruckenstuhl, Leiterin der<br />

Pflegeabteilung “Sonnehuus” im Steinhof,<br />

sprach über ihr Leitbild “Menschen für<br />

Menschen”. Jung warf seine ursprünglichen<br />

Bedenken über Bord und entschied<br />

sich spontan für das Wagnis “Sonnehuus”.<br />

Als Luzerner wusste er zwar, wo sich das<br />

Pflegeheim befand – <strong>von</strong> außen betrachtet<br />

eine prächtige Anlage mit dem Schloss,<br />

den beiden Anbauten und der grünen<br />

Umgebung. Doch was würde ihn drinnen<br />

erwarten? Zunächst die richtige Arbeitskluft:<br />

Jung erhält seinen Pflegerkittel und<br />

ein Namensschild mit der Aufschrift<br />

“Praktikant” – für einen gestandenen Banker<br />

mit 30 Jahren Berufserfahrung schon<br />

etwas ungewöhnlich.<br />

Das Outfit verfehlt seine Wirkung nicht:<br />

Schon am ersten Tag wird Jung <strong>von</strong> einer<br />

Heimbewohnerin befragt, ob er der neue<br />

Oberpfleger sei. Tatsächlich ist Pflege ein<br />

Le<br />

Schweiz:<br />

DAS ANDERE<br />

wichtiger – aber beileibe nicht der einzige<br />

– Baustein im Betreuungskonzept des Pflegeheims.<br />

Zur Pflege gehört <strong>Hilf</strong>e beim<br />

Ankleiden, beim Essen, beim Waschen<br />

oder beim Toilettengang – alltägliche Verrichtungen,<br />

die plötzlich zur Herausforderung<br />

werden, sei es für die betagten Heimbewohner<br />

oder das Pflegepersonal.<br />

Parallelen zum Berufsalltag<br />

Nein, Gemüserüsten gehört nicht wirklich<br />

zum Einmaleins des Bankgeschäfts. Für<br />

die Menschen im Pflegeheim kann es Teil<br />

sein einer Aktivierungstherapie: Jung schildert<br />

das Beispiel einer 103-jährigen Heimbewohnerin,<br />

die beim “Rüeblischälen“<br />

voll konzentriert bis ans Limit ihrer Kräfte<br />

ging und dabei <strong>von</strong> ihrer Kindheit zu<br />

erzählen begann – eine Erfahrung, die bei<br />

ihm einen bleibenden Eindruck hinterließ.<br />

Jung sieht durchaus auch Parallelen zwischen<br />

seinem Einsatz im Pflegeheim und<br />

dem Berufalltag. Er erzählt <strong>von</strong> Frau P.,<br />

mit der er anhand eines vorgegebenen<br />

Verfahrens einen MMSE-Test durchführte<br />

(Mini Mental State Examination). In einem<br />

rund 40-minütigen Gespräch geht es darum,<br />

die Orientierungs- und Merkfähigkeit,<br />

das Erinnerungs- und Sprachvermögen<br />

abzuklären – respektive die Veränderungen<br />

gegenüber einem vorherigen Testergebnis<br />

zu dokumentieren.<br />

44


e‡<br />

Der Test kommt bei Verdacht einer beginnenden<br />

Demenz zur Anwendung. Ist das<br />

Gegenüber noch in der Lage, ein kurzes<br />

Wort wie etwa “Radio” rückwärts zu buchstabieren?<br />

Jung: “Nach anfänglicher Zurückhaltung<br />

meinerseits ergab sich eine<br />

sehr vertrauensvolle Diskussion. Ich fühlte<br />

mich allmählich wie bei einem Kundengespräch<br />

– musste zuhören können, Vertrauen<br />

schaffen, verstehen, umsetzen,<br />

kontrollieren.”<br />

Neue Impulse<br />

Doch entfalten Erfahrungen dieser Art für<br />

Jung tatsächlich eine nachhaltige Wirkung<br />

– ist es nicht vielmehr so, dass ihn die<br />

gewohnte Realität “draußen” längst wieder<br />

eingeholt hat? Ja, der Alltag hat ihn wieder,<br />

doch die Begegnungen mit Menschen, die<br />

“anders ticken”, haben Spuren hinterlassen.<br />

Als größten persönlichen Gewinn<br />

betrachtet Jung die Sensibilisierung im<br />

Umgang mit Mitmenschen. “Damit meine<br />

ich ein differenzierteres Gespür für mein<br />

Gegenüber und dessen Leistungsfähigkeit,<br />

auch das Respektieren, wenn jemand einmal<br />

nicht voll einsatzfähig ist – und das<br />

Erfragen der Ursache sowie das Aufbauen<br />

auf vorhandenen Stärken und weniger die<br />

Betonung <strong>von</strong> Schwächen.”<br />

Jung zitiert eine<br />

Aussage des<br />

Heimleiters Paul<br />

Otte, wonach<br />

Seitenwechsel<br />

auch im Kleinen<br />

möglich ist.<br />

Dann nämlich, wenn man vermehrt versucht,<br />

sein Gegenüber zu verstehen. Warum<br />

denkt und spricht die Person so? Warum<br />

zeigt sie solche Reaktionen und<br />

Emotionen? Dies würde viel zu einem<br />

besseren Verständnis und zu weniger Konflikten<br />

beitragen.<br />

Sich die Extraviertelstunde Zeit nehmen<br />

– ein weiteres wesentliches Fazit Jungs,<br />

das er als Vorgesetzter auch vermehrt in<br />

Mitarbeitergespräche einfließen lassen<br />

will. “Ich wünsche mir inskünftig viele<br />

kleine Seitenwechsel, sowohl in meinem<br />

Berufsalltag wie auch im Privatleben”.<br />

Auch in Deutschland gibt es in der Zwischenzeit<br />

das Projekt Seitenwechsel. Leiterin und Ansprechpartnerin<br />

des Projekts in Hamburg, Schleswig-<br />

Holstein, Bremen und Niedersachsen ist Doris<br />

Tito. E-Mail: Tito@patriotische-gesellschaft.de<br />

Martin Riesen<br />

(”our times” Aug/-Sept 2005:<br />

(Mitarbeiter Zeitschrift UBS)<br />

45


70 Jahre Dienst<br />

in der Domitilla<br />

Katakombe in Rom<br />

46


Wolfgang J. Rotzsche<br />

Noch heute kommt Jahr für Jahr der Kaplan<br />

der Schweizer Garde mit den neuen<br />

Gardisten in die Domitilla Katakombe,<br />

um mit ihnen den Gottesdienst zu besuchen.<br />

Und das, obgleich es unzählige Katakomben<br />

in Rom gibt und sicherlich auch<br />

andere Örtlichkeiten. Doch dem Geistlichen<br />

ist es ein besonderes Bedürfnis, an<br />

diese Stätte wiederzukehren, allein schon<br />

der Betreuer wegen, zu denen es lange<br />

Jahre sehr enge Beziehungen gegeben hat.<br />

Wie passen die Schweizer Gardisten und<br />

die <strong>Barmherzige</strong>n Brüder zusammen? Über<br />

viele Jahre hinweg, genauer gesagt <strong>von</strong><br />

1923 bis 1960, waren die Brüder für die<br />

Küche der Schweizer Garde zuständig und<br />

kümmerten sich um das leibliche Wohl<br />

der päpstlichen Soldaten. Gleichwohl<br />

konnten sich die Brüder einen Namen an<br />

höchster Stelle machen, wo sie doch schon<br />

auch im Collegium Germanicum tätig<br />

waren.<br />

Da lag es nahe, als 1935 für die Domitilla<br />

Katakombe an der Via delle Sette Chiese<br />

eine betreuende Ordensgemeinschaft gesucht<br />

worden ist, in Trier nachzufragen,<br />

ob die <strong>Barmherzige</strong>n Brüder diese Aufgabe<br />

übernehmen wollen. Am 09. September<br />

1935 wurde offiziell die Katakombe den<br />

Brüdern übertragen, sieben Tage später<br />

erfolgte der Einzug. Auf den Tag siebzig<br />

Jahre später zelebrierte Bischof Mauro<br />

Piacenza, Präsident der Päpstlichen Kommission<br />

für christliche Archäologie, einen<br />

Fest- und Dankgottesdienst in der ordenseigenen<br />

Kapelle. Den <strong>Barmherzige</strong>n Brüdern<br />

und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern<br />

überbrachte Bischof Piacenza<br />

einen zweiseitigen Dankesbrief des Kardinaldekans<br />

und Staatssekretärs Angelo Sodano.<br />

Außerdem konnte der kirchliche<br />

Würdenträger eine Urkunde überreichen,<br />

die den Betreuern der Domitilla Katakombe<br />

den Segen des Heiligen Vaters, Papst<br />

Benedikt XVI., versicherte. Im Anschluss<br />

an den Dankgottesdienst fand ein gemeinsames<br />

Frühstück mit dem Anschneiden<br />

der <strong>von</strong> den Mitarbeitern gestifteten Geburtstagstorte<br />

statt.<br />

Freilich waren die Anfänge nicht ganz<br />

einfach. Die größte eigenständige, fünfzehn<br />

Kilometer lange Katakombe Roms<br />

hatte viele Überraschungen für die <strong>Barmherzige</strong>n<br />

Brüder parat. Bruder Burccardo<br />

merkte in seinen Aufzeichnungen an, dass<br />

es durchaus Schwierigkeiten gab, die sie<br />

aber wussten zu beseitigen. “Freudig und<br />

mit Eifer suchten wir uns in den vielen<br />

unterirdischen Gängen und Grabkammern<br />

kundig zu machen, um den Pilgern auch<br />

alles zeigen und erklären zu können”, ist<br />

der Nachwelt überliefert worden. Schließlich<br />

wollten die Brüder als fundierte Führer<br />

auftreten, immerhin sind hier über<br />

120.000 Grabstätten vorhanden.<br />

47


70 Jahre Dienst in der Domitilla Katakombe<br />

Tatsächlich hat sich prompt ein<br />

“guter Fratello“ eigenständig auf<br />

den Weg gemacht, um die Katakomben<br />

kennen zu lernen und<br />

sich verlaufen. Vier Stunden irrte<br />

er in den Gängen umher, lange<br />

auch ohne Licht, da ihm sein<br />

Zündhölzer- und Wachsvorrat ausgegangen<br />

war.<br />

Auf der Homepage der Katakombe: www.catacombe.domitilla.it und des Hotels:<br />

Schon in den ersten Monaten der Stationierung<br />

kamen zahlreich Pilger, um in der<br />

unterirdischen Basilica zu Ehren der Märtyrer<br />

Nereus und Achilleus Gottesdienst<br />

zu feiern und die Katakombe zu erkunden.<br />

Für 1936 ist überliefert, dass in der Katakombe<br />

6.080 Personen geführt werden<br />

konnten und außerdem 148 Heilige Messen<br />

gelesen wurden. 1995 waren es mittlerweile<br />

220.000 Besucher und rund 1.600<br />

Gottesdienste und Andachten, 2005 konnten<br />

215.000 Pilger und Besucher begrüßt<br />

werden. An Heiligen Messen und Andachten<br />

wurden rund 1.800 gezählt.<br />

Mehr als spartanisch müssen die Anfänge<br />

der Ordensbrüder an der Katakombe bezeichnet<br />

werden. Es war eine sehr einfache<br />

Behausung, die den Brüdern zur Verfügung<br />

stand. Eng war’s, die sanitären Einrichtungen<br />

waren separat. Trotzdem wurde neben<br />

den Aufgaben in der Katakombe das klösterliche<br />

Leben nach bestem Wissen und<br />

Gewissen gepflegt. Laut Klosterordnung<br />

galt es bereits um 4.15 Uhr aufzustehen<br />

und um 4.45 Uhr das Morgenlob zu beten.<br />

Für 5.30 Uhr war die Heilige Messe angesetzt,<br />

um 7.00 Uhr gab es das Frühstück,<br />

danach ging es an die Arbeit. Nach dem<br />

Mittagessen um 12.30 Uhr waren Zeiten<br />

fürs Ausruhen, für die Vesper und die<br />

geistliche Lesung, für Rosenkranz und<br />

Abendessen vorgesehen. Der Tag endete<br />

um 21.00 Uhr mit dem Nachtgebet.<br />

In guten Zeiten waren an der Katakombe<br />

acht Brüder stationiert. Heute sind es nur<br />

noch Br. Kassius und Br. Lambert. Sie<br />

werden tatkräftig <strong>von</strong> zwölf Mitarbeitern<br />

unterstützt, um das Führungsangebot aufrecht<br />

zu erhalten. Die Führungen sind auf<br />

Deutsch, Englisch, Italienisch, Französisch,<br />

Spanisch und Schwedisch möglich. Andere<br />

Sprachen werden mit Videotexten abgedeckt.<br />

Natürlich kommen sehr gern<br />

deutschsprachige Besucher hier her, um<br />

die Katakombe, ihre Geschichte und ihre<br />

Bedeutung zu erforschen. Immer mehr<br />

stellt jedoch Bruder Kassius auch Anfragen<br />

aus dem asiatischen Raum fest. Die ganze<br />

Welt kommt hier in der Domitilla Katakombe<br />

zusammen, so der Superior. Bis in<br />

die 60er Jahre war es gang und gäbe, dass<br />

reine Pilgergruppen die Katakombe aufgesucht<br />

haben. Sie waren im Glauben gefestigt,<br />

verstanden die christliche Botschaft.<br />

Heute sei vielmehr <strong>von</strong> “Besuchern” zu<br />

sprechen, merkt Br. Kassius an. Wir müssen<br />

nicht nur führen, sondern auch den christlichen<br />

Glauben näher bringen. Damit hat<br />

die Katakombenarbeit auch einen gewissen<br />

Missionscharakter<br />

Stets ein Wörtchen mitzureden hat die<br />

Päpstliche Kommission für christliche<br />

Archäologie unter der Leitung <strong>von</strong> Bischof<br />

Mauro Piacenza, da die Katakomben Roms<br />

dem Vatikan unterstellt sind. So können<br />

die Führer entweder am Institut der Kommission<br />

ihre Ausbildung erfahren oder sie<br />

<strong>von</strong> den Brüdern erhalten.<br />

48


in Rom<br />

www.domitilla.it sind weitere nützliche Informationen nachzulesen.<br />

Für Bruder Kassius ist es wichtig, stets zu<br />

betonen, dass es hier nicht darum gehen<br />

kann, “nur” mit Knochen auf einem unterirdischen<br />

Friedhof zu arbeiten. Vielmehr<br />

müsse durch die Führungen deutlich werden,<br />

dass hier Christen ihr Zeugnis für die<br />

Auferstehung abgelegt haben. In den Anfängen<br />

der jungen Kirche hätten viele<br />

Menschen Verfolgung erleiden müssen.<br />

Sie kamen hier zusammen, um sich im<br />

Glauben zu stärken.<br />

Anhand der Zeichen an den Gräbern, die<br />

es in der Katakombe zuhauf gibt, könne<br />

die Hoffnung an die Auferstehung abgelesen<br />

werden. Die unschöne Lebenssituation,<br />

mit der die Christen damals konfrontiert<br />

gewesen sind, hatte eine Perspektive:<br />

Ich werde Christus erleben! Ich werde<br />

Jesus sehen!<br />

Viele Ordensbrüder standen in Rom für<br />

eine lebendige, frohe und herzliche Art,<br />

die Menschen vor der Katakombe zu begrüßen,<br />

ihnen die unterirdischen Gänge<br />

zu zeigen, die Grabanlagen zu erklären,<br />

mit ihnen Gottesdienst zu feiern. Alle ihre<br />

Namen hier zu erwähnen würde nur die<br />

Gefahr bringen, jemanden zu vergessen.<br />

Stellvertretend für alle soll an Bruder<br />

Aloysius (Fra. Luigi) erinnert werden, der<br />

30 Jahre lang an der Katakombe gewirkt<br />

hat und 2005 verstorben ist. Bruder Damian<br />

aus Malaysia konnte besonders die<br />

US-Amerikaner mit seiner plastischen Sprache<br />

in seinen Bann ziehen. Bruder Serafino<br />

aus der Schweiz zeichnete sich als gewissenhafter<br />

Sakristan und Führer aus. Bruder<br />

Evaristus aus der Eifel fiel durch seine sehr<br />

humorvolle Art auf. Bruder Galdinus hat<br />

sich auch als Koch einen Namen gemacht,<br />

genauso wie Bruder Engelbert, der in Trier<br />

lange als Chefkoch und als junger Ordensmann<br />

als Koch bei den Schweizer Gardisten<br />

gewirkt hat. Nach seiner Ablösung<br />

in Trier übernahm er den Dienst als Sakristan<br />

in der Katakombe. Über viele Jahre<br />

stand Bruder Abundius klug und fromm<br />

der Niederlassung vor. Das langjährige,<br />

engagierte Wirken <strong>von</strong> Bruder Arno sei an<br />

dieser Stelle besonders gewürdigt. Einer<br />

seiner unvergesslichen Erlebnisse dürfte<br />

der Empfang für alle Mitglieder der Päpstlichen<br />

Kommission für christliche Archäologie<br />

und die Leiter der Katakomben bei<br />

Papst Johannes Paul II. am 7. Juli 1996<br />

gewesen sein.<br />

Wer heutzutage die Domitilla Katakombe<br />

aufsuchen möchte, kann dies jeden Tag<br />

außer Dienstags, zwischen 9.00 Uhr und<br />

12.00 Uhr bzw. zwischen 14.00 Uhr und<br />

17.00 Uhr tun. Für die Feier <strong>von</strong> Gottesdiensten<br />

erbitten die Brüder eine vorherige<br />

Anmeldung. Die Katakombe ist jeweils im<br />

Januar geschlossen. Seit 1970 sind die<br />

<strong>Barmherzige</strong>n Brüder auch mit einem<br />

eigenen Hotelbetrieb vertreten. Sie haben<br />

ein Grundstück neben der Katakombe<br />

erworben und hier die “Casa Domitilla”<br />

als Aufnahmestätte und Konventgebäude<br />

mit eigener Hauskapelle errichtet.<br />

49


Weitersburg<br />

Auf dem “Lebens-Weg”<br />

<strong>von</strong> Peter Friedhofen<br />

in Weitersburg<br />

Ein Spaziergang durch den Geburtsort des Seligen<br />

Kalt war es an diesem November-Sonntag.<br />

Doch der Arbeitskreis Heimatgeschichte<br />

wusste durch einen abwechslungsreichen<br />

Rundgang die Kälte schnell vergessen zu<br />

machen. Aufmerksam verfolgten die ca.<br />

60 Zuhörer die Erklärungen des Heimatforschers<br />

Peter Fischbach, der unterhaltsam<br />

das Interesse auf die verschiedenen<br />

Lebens-Stationen des jungen Peter Friedhofen<br />

lenkte. So führte der Weg vom Peter-<br />

Friedhofen-Denkmal an der Pfarrkirche<br />

an der Stelle vorbei, wo Peter Friedhofen<br />

am 19. Februar 1819 geboren wurde;<br />

weiter über den Platz<br />

an der ehemaligen Kapelle<br />

und endete nach gut anderthalb<br />

Stunden an dem<br />

neuen Peter-Friedhofen-<br />

Gedenkstein, der <strong>von</strong> dem aus Weitersburg<br />

stammenden Steinmetz Walter Hähn gespendet<br />

wurde. Das Gedächtnis an das<br />

Leben, des im Juni 1985 <strong>von</strong> Papst Johannes<br />

Paul II. selig gesprochenen Ordensgründers,<br />

ist in Weiterburg lebendig geblieben.<br />

Die Namen der Straßen, der Plätze<br />

und öffentlichen Gebäude sind dabei nur<br />

die äußerlichen Wegmarken. Das Engagement<br />

des Arbeitskreises Heimatgeschichte<br />

und der Weitersburger Bürgerinnen<br />

und Bürger zeigt,<br />

dass die Erinnerung<br />

aus dem Herzen<br />

kommt.<br />

Martin Fuchs<br />

50


Peter Friedhofen am 20. November 2005.<br />

Gedenksteinplakette<br />

51


Bruder Daniel –<br />

Ehrenbürger<br />

der Stadt Maringá<br />

Brasilien<br />

In einer würdigen und beeindruckenden Feier verlieh das Stadtparlament<br />

<strong>von</strong> Maringá/Brasilien Bruder Daniel Graf am 19. August 2005 den Titel eines<br />

Ehrenbürgers der Stadt Maringá. Diese Ehrung erhielt Br. Daniel für seine<br />

beachtlichen und anerkennenden Dienste als Superior und Leiter der Santa<br />

Casa in Maringá. Es ist die höchste Auszeichnung, die die Stadt an verdiente<br />

Persönlichkeiten gewährt. Bruder Daniel war <strong>von</strong> 1994 bis 2004 Regionsoberer<br />

des Ordens und Leiter der Santa Casa in Maringá.<br />

Eine ähnliche hohe Auszeichnung hatte<br />

Bruder Daniel bereits vor seinem Weggang<br />

aus Maringá im Jahre 2004 vom Bundesparlament<br />

des Staates Paraná erhalten.<br />

(Siehe Bericht Neuer Geist I/2005)<br />

Diese hohen Auszeichnungen sind zugleich<br />

auch ein Lob und eine Anerkennung<br />

des Staates für die Dienste der <strong>Barmherzige</strong>n<br />

Brüder in Brasilien. Im Jahre 1953<br />

kamen erstmalig die <strong>Barmherzige</strong>n Brüder<br />

nach Maringá und haben dort in mühseliger<br />

Arbeit die Santa Casa aufgebaut und<br />

zu einem leistungsfähigen Krankenhaus<br />

entwickelt. Bis heute werden in der Santa<br />

Casa vorwiegend arme Patienten behandelt,<br />

die sonst keine ausreichende medizinische<br />

Versorgung erhalten würden.<br />

Da wir den Aufbau und den Erhalt des<br />

Hospitals nur mit <strong>Hilf</strong>e vieler Spenden<br />

ermöglichen konnten, ist die Auszeichnung<br />

an Bruder Daniel zugleich auch eine<br />

Anerkennung und ein Dank an alle, die<br />

uns durch ihre Spenden viele Jahre hindurch<br />

begleitet haben.<br />

53


Brasilien:<br />

Bruder Rudolfo<br />

Unser erster verstorbener<br />

brasilianischer Mitbruder<br />

* 03. Februar 1946<br />

in Sao Pedro | Brasilien<br />

† 18. November 2005<br />

in Maringá | Brasilien<br />

Bruder Rudolfo<br />

wurde<br />

am 03. Februar<br />

1946<br />

in Sao Pedro/Brasilien<br />

geboren. Er<br />

hatte noch<br />

11 Geschwister.<br />

Seine<br />

Vorfahren stammten aus dem Hunsrück.<br />

Deshalb hatte er schon als Kind<br />

die deutsche Sprache erlernt, was ihm<br />

beim Eintritt in unsere Ordensgemeinschaft<br />

sehr zugute kam.<br />

Zehn Jahre nach unserer Eröffnung<br />

der Niederlassung Lar Nazaré bei Porto<br />

Alegre trat Br. Rudolfo am 08.06.1967<br />

in unsere Gemeinschaft ein. Damit<br />

gehörte er mit zu den ersten Neueintritten<br />

brasilianischer Mitbrüder. Seine<br />

Ausbildung als Krankenpfleger machte<br />

er in Curitiba/Brasilien. Tätig war er<br />

jeweils mehrere Jahre in unserem Altenheim<br />

in Lar Nazaré bei Porto Alegre<br />

sowie als Superior in der Santa Casa<br />

in Maringá.<br />

Seine ewigen Gelübde legte er am<br />

02.02.1977 ab. Bruder Rudolfo setzte<br />

sich sehr für den Erhalt und den Ausbau<br />

unserer sozialen Werke in Brasilien<br />

ein. Leider erlebte er in den folgenden<br />

Jahren sehr schmerzlich den Austritt<br />

vieler Mitbrüder. Bruder Rudolfo hat<br />

dennoch tapfer ausgehalten, obwohl<br />

er schon damals unter seiner Krankheit<br />

litt.<br />

Seit 1990 war Bruder Rudolfo Superior<br />

in unserem Altenheim in Lar Nazaré.<br />

Seine Krankheit bereitete ihm in den<br />

letzten Jahren zunehmend größere<br />

Beschwerden, so dass er nur noch<br />

begrenzt einsetzbar war.<br />

Bedingt durch ein akutes Krebsleiden<br />

musste er die letzten Wochen in unserer<br />

Santa Casa in Maringá behandelt<br />

werden, wo er am Freitag, den<br />

18.11.2005 auf der Intensivstation im<br />

Beisein seiner Verwandten und unserer<br />

brasilianischen Mitbrüder verstarb.<br />

Bruder Rudolfo ist der erste brasilianische<br />

Mitbruder, der als Mitglied unserer<br />

Ordensgemeinschaft verstarb. Beigesetzt<br />

wurde er auf dem Friedhof der<br />

“Missionsschwestern vom hl. Namen<br />

Mariens” (Nette-Schwestern) in Maringá,<br />

wo viele Priester und Ordensleute<br />

ihre letzte Ruhestätte finden.<br />

Sein Grab ist ganz in der Nähe unseres<br />

früheren Regionsobern, Bruder Matthias<br />

Welter, aus Köwerich/Mosel, der<br />

bereits im Jahre 1983 in Maringá verstarb<br />

und ebenfalls dort beigesetzt<br />

wurde.<br />

Da Bruder Rudolfo die letzten 15 Jahre das Altenheim Lar Nazaré leitete,<br />

wollen wir die folgenden Seiten ihm widmen.<br />

54


Rudi Bertillo Mallmann<br />

55


Brasilien:<br />

Konven»<br />

Der Konvent in Lar Nazaré<br />

56


LAR NAZARÉ<br />

unter Leitung <strong>von</strong> Br. Rudolfo<br />

57


Brasilien:<br />

Lar Nazaré<br />

Landwirtschaft, Gartenbau<br />

und Natur pur<br />

Das Altenheim Lar Nazaré ist umgeben <strong>von</strong><br />

58


Natur pur!<br />

landwirtschaftlichen Flächen, Gemüseanbau und viel<br />

59


Brasilien:<br />

Lar Nazaré<br />

und das<br />

Leprosarium<br />

Lepra - gibt es diese Krankheit denn noch?<br />

Lepra ist doch der "Aussatz", der in der Bibel<br />

oft zitiert wird. Jesus heilte vor über 2000<br />

Jahren mehrfach Menschen vom Aussatz.<br />

Aber heute? Gibt es heute auch noch Lepra?<br />

Ja, in Brasilien gibt es diese ansteckende<br />

Krankheit auch heute noch. Und jährlich<br />

kommen ca. 40.000 neue Leprafälle hinzu.<br />

Wird die Krankheit im Frühstadium erkannt<br />

und behandelt, ist sie heilbar. Im späteren<br />

Stadium jedoch bleiben für immer körperliche<br />

Schäden zurück.<br />

In der Nähe unseres Altenheimes Lar Nazaré,<br />

40 km <strong>von</strong> Porto Alegre entfernt,<br />

gibt es ein Leprosarium. Unser Hausgeistlicher<br />

<strong>von</strong> Lar Nazaré, Pater Heitor Belloni<br />

(OFM Cap.), ist auch Pfarrer für einige<br />

umliegende Ortschaften und er ist der<br />

zuständige Seelsorger für das Leprosarium.<br />

Im letzten Jahr hatte ich Gelegenheit zusammen<br />

mit Pater Belloni dieses Lepradorf<br />

zu besuchen. Die geteerte Strasse, die an<br />

unserem Altenheim Lar Nazaré vorbeiführt,<br />

ging schon nach wenigen Kilometern<br />

in einen staubigen Sandweg über.<br />

Nach weiteren 10 Kilometern, ich glaubte<br />

fast ans Ende der Welt zu kommen, kamen<br />

wir zu dem Lepradorf. Nur weil ich in<br />

Begleitung des Paters war, erhielt ich die<br />

Erlaubnis zum Einlass.<br />

In früheren Zeiten lebten dort einige hundert<br />

Leprakranke. Heute sind es nur noch<br />

ca. 100. Die Leprakranken leben in einfache<br />

Häusern oder Baracken und werden<br />

dort medizinisch betreut. Beim Rundgang<br />

konnte ich die vom Aussatz gezeichneten<br />

Menschen sehen. So kamen wir auch zu<br />

einer Frau, deren Finger bereits abgefallen<br />

waren. Schon seit Jahren war sie total<br />

blind. Und zu meiner Überraschung - sie<br />

sprach recht gut deutsch - erzählte sie uns,<br />

dass ihre Vorfahren aus dem Hunsrück<br />

kamen. Bei anderen Kranken waren die<br />

Hände oder Füße verbunden. Im Lepradorf<br />

gibt es auch zahlreiche kleine Häuser, in<br />

denen ganze an Lepra erkrankte Familien<br />

leben. Am Ende des Dorfes besichtigten<br />

wir den Friedhof. Viele hundert Gräber<br />

sind dort zu sehen, stumme Zeugen vieler<br />

tragischer Schicksale. Still und nachdenklich<br />

gingen wir zum Ausgang zurück. Ich<br />

war froh, dass wir Pater Belloni regelmäßig<br />

finanziell unterstützen, damit er seine so<br />

wichtige Mission weiter führen kann.<br />

60


Br. Bernward<br />

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FRIEDHOFEN-BUND ODER FÜR UNSERE SOZIALEN WERKE<br />

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P&T - IBAN Lu48 1111 0102 9513 0000<br />

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der Krankenbrüder Steinhof, 6005 Luzern<br />

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Te Deum Laudamus 18,00<br />

A. Vivaldi/W. A. Mozart 18,00<br />

Freu dich Erd und Sternenzelt: 18,00<br />

Die schönsten Weisen zur Weihnacht<br />

Der Stern <strong>von</strong> Bethlehem J.G. Rheinberger 18,00<br />

Protrait Trierer Sängerknaben Barock – Klassik – Romantik 13,00<br />

III. VIDEO-FILM<br />

WER IST PETER FRIEDHOFEN? 16,00<br />

62


Gott will,<br />

dass wir glücklich sind<br />

Jesus Christus, du warst immer in mir,<br />

und ich wusste es nicht.<br />

Du warst da, und ich suchte dich nicht.<br />

Als ich dich entdeckt hatte,<br />

brannte ich darauf,<br />

dass du mein Ein und Alles bist.<br />

Ein Feuer durchglühte mich.<br />

Wie oft aber vergaß ich dich wieder.<br />

Und du hast nicht aufgehört,<br />

mich zu lieben.<br />

Frère Roger, Taizé


Die Zeit<br />

seid Ihr,<br />

Seid Ihr gut, sind auch<br />

die Zeiten gut!<br />

Hl. Augustinus<br />

Internet:<br />

www.brueder.info<br />

NeuerGeist@bb-trier.de<br />

Deutschland:<br />

Schweiz:<br />

France:<br />

Luxembourg:<br />

Italia:<br />

<strong>Barmherzige</strong> Brüder <strong>von</strong> <strong>Maria</strong>-<strong>Hilf</strong>, Nordallee 1, D-54292 Trier<br />

<strong>Barmherzige</strong> Brüder <strong>von</strong> <strong>Maria</strong>-<strong>Hilf</strong>, Postf. 200, CH-6317 Oberwil/Zug<br />

Frères de la Charité, 9, rue d'Ypres, F-67000 Straßbourg<br />

Frères de la Charité, 20, rue J.P. Brasseur, L-1258 Luxembourg-Ville<br />

Fratelli della Misericordia, Via delle Sette Chiese, 280, I-00147 Roma

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