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Euro-Info Nr. 03/2014

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Prioritäten der italienischen EU-Ratspräsidentschaft<br />

Für ein wettbewerbsfähiges und beschäftigungsfreundliches <strong>Euro</strong>pa<br />

Am 1. Juli <strong>2014</strong> hat Italien den halbjährlichen Vorsitz des Rates<br />

der <strong>Euro</strong>päischen Union übernommen. Wie zu Beginn jeder<br />

neuen EU-Ratspräsidentschaft hat die Hauptgeschäftsführung<br />

der BDA, vertreten durch Herrn Peter Clever, am 14./15. Juli<br />

<strong>2014</strong> in Rom Gespräche mit hochrangigen Entscheidungsträgern<br />

geführt und die Erwartungen der deutschen Arbeitgeber<br />

dargelegt. Dabei wurde deutlich, dass die Prioritäten der italienischen<br />

Präsidentschaft unter dem neuen Premierminister<br />

Matteo Renzi direkt an die Schwerpunkte der nationalen Agenda<br />

anknüpfen: So will sich die italienische Regierung ähnlich<br />

wie die vorangegangene griechische Ratspräsidentschaft für<br />

eine wachstums- und beschäftigungsorientierte Politik einsetzen.<br />

Hierbei setzt Italien vor allem auf die Schaffung eines investitionsfreundlichen<br />

Umfelds, die Umsetzung der europäischen<br />

Initiative zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit, auf<br />

Arbeitskräftemobilität und das Ausschöpfen des Beschäftigungspotenzials<br />

der grünen Wirtschaft.<br />

Zugleich möchte die italienische Regierung ein ambitioniertes<br />

Reformprogramm auf nationaler Ebene vorantreiben, um das<br />

Land wieder zukunftsfähig zu machen und damit zu einem<br />

„Neuanfang“ in <strong>Euro</strong>pa beizutragen. Die Reformvorhaben rei-<br />

chen von einer Flexibilisierung des Arbeitsmarktes über die<br />

Vereinfachung der öffentlichen Verwaltungsstrukturen bis hin<br />

zu einer Änderung des Wahlgesetzes. Um Raum für Investitionen<br />

zu schaffen, möchte die italienische Regierung die vorhandenen<br />

Flexibilitätsspielräume des Stabilitäts- und Wachstumspakts<br />

(SWP) ausschöpfen, ohne jedoch die bestehenden Regeln<br />

in Frage zu stellen. Die Gesprächspartner sowohl von Seiten<br />

der Regierung als auch der Gewerkschaften und Arbeitgeber<br />

ließen keinen Zweifel daran, dass sie von der absoluten<br />

Notwendigkeit tiefgreifender – auch institutioneller – Strukturreformen<br />

überzeugt sind.<br />

Die BDA hat bei den Gesprächen deutlich gemacht, dass angesichts<br />

der anhaltenden Krise in <strong>Euro</strong>pa und der sich beschleunigenden<br />

Globalisierung alle Mitgliedstaaten der EU aufgerufen<br />

sind, ihren Beitrag dazu zu leisten, die EU stärker,<br />

stabiler und global wettbewerbsfähiger zu machen. Daher ist es<br />

ausdrücklich zu begrüßen, dass die italienische Regierung die<br />

notwendigen Strukturreformen auf nationaler Ebene dezidiert<br />

vorantreiben will und auch auf europäischer Ebene die wirtschaftspolitische<br />

Koordinierung der Reformen weiter stärken<br />

und verbindlicher machen möchte.<br />

<strong>Nr</strong>. <strong>03</strong> | 18.Juli <strong>2014</strong><br />

Prioritäten der italienischen EU-Ratspräsidentschaft<br />

Bessere Rechtsetzung: EU-Kommission sollte an Rücknahme<br />

des Revisionsvorschlages zur Mutterschutzrichtlinie<br />

festhalten<br />

Arbeitsschutz: Neuer EU-Strategierahmen für Gesundheit<br />

und Sicherheit am Arbeitsplatz<br />

TTIP und ILO-Arbeitsnormen: Chancen einer transatlantischen<br />

Handels- und Investitionspartnerschaft nutzen<br />

Internationale Arbeitsorganisation: Kontroverse Diskussionen<br />

bei der Internationalen Arbeitskonferenz<br />

EU-Gipfel vom 26./27. Juni <strong>2014</strong>: Staats- und Regierungschefs<br />

der EU stellen europapolitische Weichen für<br />

die kommenden fünf Jahre<br />

Ecuador-Initiative zum Thema „Transnationale Unternehmen<br />

und Menschenrechte“<br />

ISO 26000: Abschluss der systematischen Überprüfung<br />

von ISO 26000<br />

Impressum<br />

BDA | Bundesvereinigung der<br />

Deutschen Arbeitgeberverbände<br />

Mitglied von BUSINESSEUROPE<br />

Breite Straße 29 | 10178 Berlin<br />

T +49 30 2<strong>03</strong>3-1904<br />

F +49 30 2<strong>03</strong>3-1905<br />

europa@arbeitgeber.de<br />

Verantwortlich: Renate Hornung-Draus<br />

Redaktion: Martin Kumstel<br />

Satz: Konstanze Wilgusch<br />

Offizielle Stellungnahmen der Bundesvereinigung der Deutschen<br />

Arbeitgeberverbände sind als solche gekennzeichnet<br />

BDA | euro-info <strong>Nr</strong>. <strong>03</strong> | 18.Juli <strong>2014</strong>


Die konsequente Fortsetzung der Doppelstrategie aus Haushaltskonsolidierung<br />

und wachstumsfördernden Strukturreformen<br />

ist unerlässlich, um das Vertrauen der Investoren in die<br />

europäischen Volkswirtschaften zurückzugewinnen und <strong>Euro</strong>pa<br />

aus der Krise auf einen nachhaltigen Wachstumspfad zurückzuführen.<br />

Die BDA bekräftigte gegenüber den italienischen Gesprächspartnern,<br />

dass Forderungen nach einer Aufweichung<br />

des SWP, die das weitreichende Herausrechnen staatlicher Investitionen<br />

bei der Feststellung des Haushaltsdefizits ermöglichen<br />

würde, vor diesem Hintergrund kontraproduktiv sind. Sie<br />

zerstören wiedergewonnenes Vertrauen und konterkarieren<br />

damit notwendige Reformanstrengungen.<br />

Das Arbeitsprogramm der italienischen Präsidentschaft ist unter<br />

folgendem Link abrufbar: http://bit.ly/1rSzANn<br />

Bessere Rechtsetzung<br />

Max Conzemius<br />

EU-Kommission sollte an Rücknahme des<br />

Revisionsvorschlages zur Mutterschutzrichtlinie<br />

festhalten<br />

Die EU-Kommission verfolgt im Rahmen ihrer REFIT-Mitteilung<br />

zur Gewährleistung der Effizienz und Leistungsfähigkeit der<br />

Rechtsetzung vom Oktober 2013 einen abgesteckten Fahrplan<br />

zum Bürokratieabbau in <strong>Euro</strong>pa. Konkret überprüft die<br />

EU-Kommission den gesamten Bestand an<br />

EU-Rechtsvorschriften auf Verwaltungslasten, Unstimmigkeiten<br />

oder wirkungslose Maßnahmen und ermittelt mögliche Korrekturmaßnahmen,<br />

z. B. auch die Rücknahme von Richtlinienvorschlägen.<br />

So hat die EU-Kommission mittlerweile 53 Gesetzgebungsvorhaben<br />

zurückgenommen, dabei allerdings bislang<br />

den Bereich der europäischen Sozialpolitik ausgespart.<br />

Dies hat mit der im Juni <strong>2014</strong> veröffentlichten Zwischenbilanz<br />

zu REFIT eine wichtige Trendwende erfahren. In dieser aktuellen<br />

Mitteilung schlägt die EU-Kommission die Rücknahme des<br />

Revisionsvorschlages zur Mutterschutzrichtlinie [KOM (2008)<br />

600/4] vor. Die BDA hatte sich im Vorfeld dafür eingesetzt,<br />

Richtlinienvorschläge, z. B. zu Mutterschutz oder Antidiskriminierung,<br />

zurückzuziehen. Beide Vorschläge werden von einer<br />

Vielzahl von Mitgliedstaaten über viele Jahre hinweg mangels<br />

Notwendigkeit, geschweige denn europäischer Zuständigkeit,<br />

im Gesetzgebungsverfahren abgelehnt.<br />

Die italienische Ratspräsidentschaft hat jedoch erklärt, die Verhandlungen<br />

zum Revisionsvorschlag zur Mutterschutzrichtlinie<br />

zwischen Rat und <strong>Euro</strong>päischem Parlament wiederaufnehmen<br />

zu wollen, was vom <strong>Euro</strong>päischen Parlament am 15. Juli <strong>2014</strong><br />

begrüßt wurde. Die BDA lehnt diese Bestrebungen entschieden<br />

ab. Der seit mehreren Jahren im Rat blockierte Revisionsvorschlag<br />

berücksichtigt nicht die vielfältigen Regeln zum Mutterschutz<br />

in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten. Zudem würde die<br />

Ausweitung der Mutterschutzfrist auf 18 bzw. 20 Wochen, bei<br />

voller Bezahlung, eine erhebliche finanzielle Belastung für Arbeitgeber<br />

und öffentliche Haushalte bedeuten. Die<br />

EU-Kommission sollte auch deshalb an der Rücknahme des<br />

Revisionsvorschlags zur Mutterschutzrichtlinie festhalten, weil<br />

sie damit ein positives Signal für einen überfälligen Mentalitätswandel<br />

hin zur selbstdisziplinierten Ausübung der ihr zugewiesenen<br />

Kompetenzen setzt.<br />

Arbeitsschutz<br />

Anton Bauch/Martin Kumstel<br />

EU-Kommission legt neuen EU-Strategierahmen<br />

für Gesundheit und Sicherheit am<br />

Arbeitsplatz (<strong>2014</strong>-2020) vor<br />

Die EU-Kommission hat am 6. Juni <strong>2014</strong> den neuen<br />

EU-Strategierahmen für Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz<br />

für den Zeitraum von <strong>2014</strong> bis 2020 vorgestellt. Das <strong>Euro</strong>päische<br />

Parlament hatte die EU-Kommission bereits im September<br />

2013 in einer Entschließung aufgefordert, die in 2012<br />

ausgelaufene Vorgängerstrategie (2007-2012), durch einen<br />

neuen strategischen Rahmen zu ersetzen.<br />

Im neuen EU-Strategierahmen benennt die EU-Kommission die<br />

wichtigsten Herausforderungen für Gesundheit und Sicherheit<br />

am Arbeitsplatz. Neben einer besseren Umsetzung der geltenden<br />

Rechtsvorschriften werden die Verbesserung der Prävention<br />

arbeitsbedingter Erkrankungen sowie die Bewältigung des<br />

demografischen Wandels als die zentralen Herausforderungen<br />

aufgeführt. Um diesen Herausforderungen gerecht zu werden,<br />

gibt die EU-Kommission sieben strategische Ziele und Maßnahmen,<br />

u. a. die Überprüfung nationaler Arbeitsschutzstrategien,<br />

die Vereinfachung bestehender Rechtsvorschriften, die<br />

bessere Durchsetzung der Rechtsvorschriften sowie die verbesserte<br />

Erhebung statistischer Daten, an.<br />

Die BDA bewertet den neuen strategischen Rahmen der EU für<br />

Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz grundsätzlich positiv.<br />

Es ist nachdrücklich zu begrüßen, dass der Strategierahmen<br />

keine Vorschläge für neue gesetzliche Regelungen enthält.<br />

Weitere gesetzliche Regelungen im Bereich des Arbeitsschutzes<br />

sind abzulehnen. Schon heute ist der Arbeits- und<br />

Gesundheitsschutz einer der am stärksten geregelten Bereiche<br />

überhaupt. Darüber hinaus ist eine Trennung hinsichtlich der<br />

Ursachen beispielsweise von Muskel-Skelett-Erkrankungen<br />

oder psychischer Erkrankungen oft sehr schwierig bzw. gar<br />

nicht möglich.<br />

Des Weiteren ist es richtig, dass die EU-Kommission den<br />

Fokus auf die verbesserte Implementierung bereits bestehender<br />

legislativer und nicht-legislativer Initiativen legt. Bestehende<br />

Rechtsvorschriften sollen zudem auf unnötigen Verwaltungsaufwand<br />

überprüft und vereinfacht werden, was nachdrücklich<br />

zu begrüßen ist.<br />

BDA | euro-info <strong>Nr</strong>. <strong>03</strong> | 18.Juli <strong>2014</strong> 2


Positiv ist ebenfalls, dass die EU-Kommission im neuen Strategierahmen<br />

für eine „faktengestützte Politikgestaltung“ wirbt und<br />

in diesem Zusammenhang die Datengrundlage zu Arbeitsunfällen<br />

und Berufskrankheiten verbessern möchte. Neue Initiativen<br />

sollen nur bei statistischer Evidenz ergriffen werden. Der Vorschlag<br />

der EU-Kommission, die Qualität der statistischen Daten<br />

über u. a. eine engere Zusammenarbeit von nationalen und europäischen<br />

Institutionen zu erreichen, ist zu begrüßen.<br />

TTIP und ILO-Arbeitsnormen<br />

Martin Kumstel<br />

Chancen einer transatlantischen Handelsund<br />

Investitionspartnerschaft nutzen<br />

Die EU-Kommission und die Regierung der USA verhandeln<br />

zurzeit intensiv über eine transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft<br />

(TTIP), die für beide Partner bei einem erfolgreichen<br />

Abschluss zusätzliches Wirtschaftswachstum und<br />

Arbeitsplätze verspricht. TTIP soll über ein klassisches Freihandelsabkommen<br />

hinausgehen und vor allem auch den Abbau<br />

nicht tarifärer Hemmnisse für den transatlantischen Handel<br />

und gegenseitige Investitionen umfassen. Für Umweltschutz<br />

sowie Arbeits- und Sozialstandards sieht das Verhandlungsmandat<br />

ein entsprechendes Nachhaltigkeitskapitel vor.<br />

Die EU und die USA sind die mit Abstand größten Wirtschafträume<br />

der Welt mit den höchsten Umwelt- und Sozialstandards.<br />

TTIP bietet damit die Möglichkeit, globale Standards zu<br />

setzen für freien und fairen Handel zum Wohle aller.<br />

Bezüglich der immer wieder erhobenen Forderung nach Verankerung<br />

der ILO-Kernarbeitsnormen ist im TTIP-<br />

Verhandlungsmandat der EU bereits ein konstruktiver Ansatz<br />

angelegt. Mit der „Erklärung über grundlegende Rechte und<br />

Pflichten bei der Arbeit“ aus dem Jahr 1998 bekennen sich<br />

sämtliche Mitgliedstaaten der ILO, ausdrücklich auch die USA,<br />

zu den in den Kernarbeitsnormen niedergelegten Prinzipien,<br />

unabhängig von einer etwaigen formalen Ratifizierung der entsprechenden<br />

ILO-Übereinkommen. Die USA beteiligen sich<br />

ausführlich am jährlichen Berichtswesen über die Umsetzung<br />

der in den Kernarbeitsnormen verankerten Prinzipien. Gleiches<br />

gilt für die Folgemaßnahmen zur Erklärung der ILO über soziale<br />

Gerechtigkeit für eine faire Globalisierung aus dem Jahr 2008.<br />

Vor dem Hintergrund der zu erwartenden Wohlstandsgewinne<br />

beiderseits des Atlantiks ist es zu begrüßen, dass die italienische<br />

EU-Ratspräsidentschaft sich dafür einsetzen möchte, die<br />

Verhandlungen in einem konstruktiven Geist voranzutreiben.<br />

Max Conzemius<br />

Internationale Arbeitsorganisation<br />

Kontroverse Diskussionen bei der Internationalen<br />

Arbeitskonferenz<br />

In Genf fand vom 28. Mai bis zum 12. Juni <strong>2014</strong> die 1<strong>03</strong>. Internationale<br />

Arbeitskonferenz (IAK) statt. Die Konferenz ist das<br />

höchste Beschlussorgan der Internationalen Arbeitsorganisation<br />

(ILO) und tritt einmal jährlich für drei Wochen in Genf zusammen.<br />

Die IAK definiert die politischen Leitlinien der ILO und<br />

ist für die Verabschiedung und Überwachung internationaler<br />

Arbeitsnormen zuständig. Auch dieses Jahr versammelte die<br />

IAK wieder Arbeitgeber-, Arbeitnehmer- und Regierungsvertreter<br />

aus allen 185 ILO-Mitgliedstaaten. Die BDA war als Mitglied<br />

der dreigliedrigen deutschen Delegation aktiv an den Beratungen<br />

der 1<strong>03</strong>. Tagung der IAK beteiligt.<br />

Im Normenanwendungsausschuss, der als ständiger Ausschuss<br />

der IAK konkrete Fälle möglicher Verstöße gegen ratifizierte<br />

ILO-Übereinkommen in einzelnen Mitgliedstaaten untersucht,<br />

haben die Gewerkschaften dieses Jahr ihre Zustimmung<br />

zum Großteil der bereits ausgehandelten Schlussfolgerungen<br />

verweigert. Grund dafür war, dass die Gewerkschaften darauf<br />

bestanden im Ausschuss Fälle zu behandeln, in denen es ausschließlich<br />

um einen angeblichen Verstoß gegen das Streikrecht<br />

ging, das in den ILO-Übereinkommen gar nicht geregelt<br />

ist.<br />

In der Vergangenheit hatten Experten der ILO in Genf<br />

ILO-Übereinkommen 87 zur Vereinigungsfreiheit als Grundlage<br />

für inhaltlich sehr weitgehende und detaillierte Interpretationen<br />

über das Streikrecht genommen – obwohl der Begriff Streik<br />

oder Arbeitskampf im Übereinkommen überhaupt nicht vorkommt.<br />

Im Jahr 2013 enthielten die mit den Gewerkschaften<br />

einvernehmlich verabschiedeten Schlussfolgerungen zu den<br />

Fällen mit Bezug zu ILO-Übereinkommen 87 daher die Klarstellung,<br />

dass von den Experten angesprochene Aspekte des<br />

Streikrechts nicht behandelt wurden, da nach Auffassung der<br />

Arbeitgeber ILO-Übereinkommen 87 keine Regelung des<br />

Streikrechts beinhalte. Dieser Klarstellung haben sich die Gewerkschaften<br />

dieses Jahr verweigert.<br />

Die Arbeitgeber werden weiterhin darauf beharren, dass die<br />

missbräuchliche Auslegung von ILO-Übereinkommen 87 gestoppt<br />

wird. Dies ist für die Arbeitgeber Voraussetzung dafür,<br />

dass der Normenanwendungsausschuss im nächsten Jahr seine<br />

wichtige Arbeit wieder aufnehmen kann.<br />

Neben dem Normenanwendungsausschuss wurde bei der diesjährigen<br />

IAK auch kontrovers über das Thema „Übergang von<br />

der informellen zur formellen Wirtschaft“ diskutiert. Dieses<br />

Thema wurde von der Arbeitgebergruppe im Verwaltungsrat<br />

der ILO vorgeschlagen, da es von grundlegender Bedeutung<br />

für die zukünftige Ausrichtung der Arbeit der ILO ist.<br />

BDA | euro-info <strong>Nr</strong>. <strong>03</strong> | 18.Juli <strong>2014</strong> 3


<strong>Info</strong>rmalität ist primär eine Frage des ordnungspolitischen<br />

Rahmens, d. h. des geltenden Regelungsrahmens und seiner<br />

effektiven Durchsetzung. Die Arbeitgeber haben auf der IAK<br />

deutlich gemacht, dass es eines effizienten, verlässlichen und<br />

nachvollziehbaren Regelungsrahmens bedarf, der Eigentumsrechte<br />

sicherstellt und keine übermäßigen Belastungen (z.B.<br />

bei Bürokratie oder Überregulierung) vorsieht und der konsequent<br />

durchgesetzt werden muss.<br />

Um den Übergang in die formelle Ökonomie zu befördern,<br />

müssten Hemmnisse angegangen werden, wie z. B. Stärkung<br />

der Eigentumsrechte, Bekämpfung von Korruption und Effizienzverbesserungen<br />

in der Verwaltung, Verbesserung der<br />

physischen Infrastruktur, verbesserter Zugang zu Krediten und<br />

Vereinfachung des Steuerrechts. Dabei ist eine flexible und<br />

praktikable Herangehensweise nötig, die nationalen, geografischen<br />

und regionalen Unterschieden Rechnung trägt.<br />

Die Abschlussberichte sämtlicher Ausschüsse der diesjährigen<br />

IAK können abgerufen werden unter: http://bit.ly/1lEg0Dp<br />

EU-Gipfel vom 26./27. Juni <strong>2014</strong><br />

Max Conzemius<br />

Staats- und Regierungschefs der EU stellen<br />

europapolitische Weichen für die kommenden<br />

fünf Jahre<br />

Hauptereignis des EU-Gipfels vom 26./27. Juni <strong>2014</strong> war die<br />

Nominierung Jean-Claude Junckers für das Amt des<br />

EU-Kommissionspräsidenten. Zudem legte EU-Ratspräsident<br />

Herman van Rompuy seine "Strategische Agenda für die Union<br />

in Zeiten des Wandels" vor. Ganz oben stehen Maßnahmen für<br />

Wachstum und Arbeitsplätze und zur Schaffung eines Energiebinnenmarkts.<br />

Die Ukraine, Georgien und die Republik Moldau<br />

unterzeichneten Assoziierungsabkommen mit der EU. Diese<br />

binden die Staaten der östlichen Partnerschaft enger an die EU<br />

und stärken die wirtschaftlichen und politischen Beziehungen<br />

zwischen diesen Regionen und der EU.<br />

Die Staats- und Regierungschefs wandten zum ersten Mal die<br />

Regeln des Lissabon-Vertrags an und schlugen mit qualifizierter<br />

Mehrheit - anstatt wie bisher einstimmig - Jean-Claude<br />

Juncker für das Amt des EU-Kommissionspräsidenten vor. Gegen<br />

ihn stimmten David Cameron (Großbritannien) und Viktor<br />

Orbán (Ungarn). Mittlerweile wurde Jean-Claude Juncker am<br />

15. Juli <strong>2014</strong> vom <strong>Euro</strong>päischen Parlament mit der absoluten<br />

Mehrheit seiner Mitglieder zum neuen EU-Kommissionspräsidenten<br />

gewählt. Mit Jean-Claude Juncker ist zum ersten<br />

Mal ein Politiker Präsident der europäischen Behörde, der im<br />

<strong>Euro</strong>pa-Wahlkampf als „Spitzenkandidat“ für das Amt angetreten<br />

war.<br />

Die Staats- und Regierungschefs verständigten sich während<br />

des Gipfels außerdem auf die von Herman van Rompuy vorgelegte<br />

„Strategische Agenda für die Union in Zeiten des Wandels“.<br />

Die darin enthaltenen fünf Schwerpunkte für die nächsten<br />

fünf Jahre gehen in die richtige Richtung. Ganz oben stehen<br />

Maßnahmen für Wachstum und Arbeitsplätze in einer wettbewerbsfähigen<br />

EU, gefolgt vom Kampf gegen Jugendarbeitslosigkeit<br />

und Maßnahmen zum Aufbau effizienter sozialer Sicherungssysteme.<br />

Die Schaffung eines Energiebinnenmarktes, der<br />

Kampf gegen Terrorismus und organisierte Kriminalität und die<br />

gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik bilden die weiteren<br />

Schwerpunkte.<br />

Bemerkenswert ist das eindeutige Festhalten an einer wachstumsfreundlichen<br />

Haushaltskonsolidierung sowie das Bekenntnis<br />

zum Stabilitäts- und Wachstumspakt (SWP). Der Forderung<br />

nach einer Aufweichung des SWP, z. B. durch eine Änderung<br />

der Definition des Defizits (Nichtanrechnung von Investitionen)<br />

wurde richtigerweise eine klare Absage erteilt. Eine derartige<br />

Änderung würde im Ergebnis auf eine Aufhebung der<br />

3%-Grenze für das Defizit hinauslaufen und somit den SWP<br />

aufweichen. Dieser enthält bereits heute erhebliche Flexibilitätsspielräume.<br />

Strukturreformen und Investitionen können generell<br />

bei der Bewertung der EU-Kommission berücksichtigt<br />

werden. Über die Anwendung der Regeln und der Spielräume<br />

des SWP soll die EU-Kommission bis zum 14. Dezember <strong>2014</strong><br />

Bericht erstatten.<br />

Zum Abschluss des <strong>Euro</strong>päischen Semesters <strong>2014</strong> erörterte<br />

der <strong>Euro</strong>päische Rat die länderspezifischen Empfehlungen der<br />

EU-Kommission, die den Mitgliedstaaten als Richtschnur für<br />

ihre wirtschaftlichen und haushaltspolitischen Maßnahmen dienen<br />

sollen. An die Adresse der Mitgliedstaaten ging der Appell,<br />

bei anstehenden Entscheidungen über Haushalt, Strukturreformen<br />

und beschäftigungs- und sozialpolitische Maßnahmen<br />

die Empfehlungen zu beachten. Der offizielle Beschluss der<br />

länderspezifischen Empfehlungen erfolgte am 8. Juli <strong>2014</strong> im<br />

ECOFIN-Rat.<br />

Darüber hinaus begrüßten die Staats- und Regierungschefs die<br />

effektive Verringerung des Verwaltungsaufwands, die durch<br />

das Programm "Regulatorische Eignung der EU-Vorschriften<br />

(REFIT)" erzielt wurde. Auch eine bessere Nutzung von Folgenabschätzungen<br />

und Ex-Post-Bewertungen in allen Phasen<br />

der Rechtsetzung auf EU- und nationaler Ebene wurde gefordert.<br />

Ein klares Bekenntnis zur Einrichtung eines wirksamen<br />

unabhängigen EU-Normenkontrollgremiums ist den Schlussfolgerungen<br />

allerdings genausowenig zu entnehmen, wie die Forderung<br />

nach konkreten quantifizierbaren Abbauzielen zur effektiven<br />

Verringerung des Verwaltungsaufwands.<br />

Séverine Féraud<br />

BDA | euro-info <strong>Nr</strong>. <strong>03</strong> | 18.Juli <strong>2014</strong> 4


Ecuador-Initiative zum Thema „Transnationale Unternehmen<br />

und Menschenrechte“<br />

UN-Menschenrechtsrat nimmt Ecuador-<br />

Initiative zu einem neuen völkerrechtlichen<br />

Vertrag zum Thema "Transnationale Unternehmen<br />

und Menschenrechte" an<br />

Am 26. Juni <strong>2014</strong> hat der UN-Menschenrechtsrat die Initiative<br />

Ecuadors zu einem neuen völkerrechtlichen Vertrag zum Thema<br />

„Transnationale Unternehmen und Menschrechte“ angenommen.<br />

Bemerkenswert ist, dass sich in der Abstimmung alle<br />

westlichen Industriestaaten gegen die Initiative ausgesprochen<br />

haben, während alle anderen Länder dafür stimmten oder sich<br />

der Stimme enthielten. Die BDA hatte sich ausdrücklich gegen<br />

die Ecuador-Initiative ausgesprochen und sich im Vorfeld der<br />

entscheidenden Sitzung an die Bundesregierung und die<br />

Schwesterverbände der International Organisation of Employers<br />

(IOE) und BUSINESSEUROPE gewandt, um sie für die<br />

kontraproduktiven Effekte dieser Initiative zu sensibilisieren.<br />

Durch den abschließenden Beschluss des ISO/TMB wurden die<br />

Forderungen nach einer Revision von ISO 26000 und der Umwandlung<br />

in einen zertifizierbaren CSR-Standard zurückgewiesen.<br />

Dies ist zu begrüßen und stellt einen Erfolg der Arbeitgeber<br />

dar, die sich dafür eingesetzt hatten, dass der Status von<br />

ISO 26000 als nicht rechtsverbindlicher Leitfaden zur gesellschaftlichen<br />

Verantwortung von Organisationen bestehen<br />

bleibt.<br />

Die internationale Norm ISO 26000 – in Deutschland als DIN<br />

ISO 26000 erschienen – ist ein freiwilliger Leitfaden, der Organisationen<br />

dabei unterstützen soll, gesellschaftliche Verantwortung<br />

wahrzunehmen. ISO 26000 ist kein neues Managementsystem<br />

und nicht für Zertifizierungszwecke bestimmt und geeignet.<br />

Dieser Kernforderung der BDA wurde bereits in 2010<br />

durch eine ausdrückliche Klarstellung im verbindlichen Hauptteil<br />

der ISO 26000 Rechnung getragen. Nach der Veröffentlichung<br />

des Standards hatten die zuständigen Bundesressorts<br />

zusammen mit den vier Spitzenverbänden der Wirtschaft (BDA,<br />

BDI, DIHK und ZDH) in einer gemeinsamen Erklärung die<br />

Nichtzertifizierbarkeit von ISO 26000 betont.<br />

Martin Kumstel<br />

Die vom Menschenrechtsrat angenommene Initiative sieht im<br />

Wesentlichen vor, dass eine intergouvernementale Arbeitsgruppe<br />

mit dem Mandat gegründet wird, einen international<br />

rechtlich bindenden Vertrag zum Thema "Transnationale Unternehmen<br />

und Menschenrechte" zu verhandeln. Die Arbeiten<br />

der intergouvernementalen Arbeitsgruppe sollen Anfang 2015<br />

beginnen und die Stakeholder intensiv eingebunden werden.<br />

Die IOE wird nun beraten, wie die Wirtschaft ihre Interessen in<br />

den anstehenden Prozess einbringen kann. Die BDA wird sich<br />

parallel dazu mit der Bundesregierung, die die Ecuador-<br />

Initiative ebenfalls abgelehnt hat, über das weitere Verfahren<br />

abstimmen.<br />

Martin Kumstel<br />

ISO 26000<br />

Abschluss der systematischen Überprüfung<br />

von ISO 26000<br />

Das ISO-Lenkungsgremium Technical Management Board<br />

(ISO/TMB) hat in seiner Sitzung Anfang Juni <strong>2014</strong> entschieden,<br />

die Norm „ISO 26000 – Leitfaden zur gesellschaftlichen Verantwortung“<br />

zu bestätigen und die nächste systematische<br />

Überprüfung innerhalb der nächsten drei Jahre vorzunehmen.<br />

Damit ist das Verfahren der systematischen Überprüfung von<br />

ISO 26000 abgeschlossen.<br />

BDA | euro-info <strong>Nr</strong>. <strong>03</strong> | 18.Juli <strong>2014</strong> 5

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