Geschäftsbericht 2008

07.05.2015 Aufrufe

Krankenkassen ein krankenhausindividueller Zuschlag erhoben, der ab 2012 in das pauschalierte DRG-Vergütungssystem überführt werden soll. Die zusätzlichen Mehrkosten für diese beiden Maßnahmen belaufen sich nach dem Gesetzentwurf auf ca. 2,0 Mrd. €. Eine gesetzliche Regelung, wonach die Länder ihrer Investitionsverpflichtung nachkommen müssen, ist am Widerstand der Länder gescheitert. Damit besteht weiterhin die Gefahr, dass notwendige Investitionen unterbleiben und die Krankenkassen über die Betriebskosten dafür geradestehen müssen. Die BDA hat zu diesem Thema den kompakt „Gesetzliche Krankenversicherung“ veröffentlicht. Soziale Pflegeversicherung: Finanzierungsprobleme bleiben ungelöst Das am 14. März 2008 vom Bundestag beschlossene „Gesetz zur strukturellen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung“ (Pflege-Weiterentwicklungsgesetz) besteht im Wesentlichen aus Leistungsausweitungen. Das Maßnahmenpaket umfasst insbesondere die stufenweise Anhebung der ambulanten Sachleistungsbeträge und des Pflegegeldes in allen drei Pflegestufen sowie die schrittweise Erhöhung der stationären Sachleistungsbeträge in der Pflegestufe III und in Härtefällen jeweils in den Jahren 2008, 2010 und 2012. Die Chance, die soziale Pflegeversicherung dauerhaft leistungsfähig und finanzierbar zu gestalten, wurde hingegen verpasst. Zur Finanzierung der Leistungsausweitungen wurde der Beitragssatz zur Pflegeversicherung zum 1. Juli 2008 von 1,7 auf 1,95 % (bzw. für Kinderlose von 1,95 auf 2,2 %) angehoben. Dadurch werden die Versicherten und Betriebe mit rund 2,5 Mrd. € auf Jahresbasis belastet. Trotz dieser Beitragserhöhung können die Leistungen der Pflegeversicherung laut Gesetzesbegründung jedoch nur bis „Ende 2014 / Anfang 2015“ finanziert werden. Dann sollen die Rücklagen der Pflegekassen gerade auf die gesetzlich definierte Mindestreserve von 1,0 Monatsausgaben abgeschmolzen sein. Wie die ab 2015 vorgesehene Dynamisierung der Pflegeleistungen finanziert werden soll, bleibt damit unklar. Wegen der umfangreichen Leistungsausweitungen wird die finanzielle Schieflage der sozialen Pflegeversicherung weiter verschärft. Denn bei einer rückläufigen Zahl potenzieller Beitragszahler werden die zu schulternden Finanzierungslasten nun nicht nur durch die steigende Zahl der Pflegefälle, sondern zusätzlich durch höhere Kosten je Pflegefall zunehmen. Gerade vor diesem Hintergrund hätte die Vermeidung einer Beitragssatzanhebung oberstes Ziel der Pflegereform sein müssen. Bestandteile einer zukunftsweisenden Reform der Pflegeversicherung müssen insbesondere die Abkopplung der Pflegekosten vom Arbeitsverhältnis, eine strukturelle beitragssatzneutrale Ausrichtung des Leistungskatalogs sowie ein wirksamer Wettbewerb sowohl zwischen den Pflegekassen als auch zwischen den Pflegekassen und Leistungserbringern sein. Außerdem sind eine stärkere Eigenbeteiligung der Versicherten ebenso wie der Aufbau von Kapitaldeckung unbedingt erforderlich. Der BDA ist es allerdings gelungen, einige Erfolge im Gesetzgebungsverfahren zu erzielen. So hätte die bundesweit verpflichtende Einführung von Pflegestützpunkten zur wohnortnahen Beratung, Versorgung und Betreuung der Versicherten die Einrichtung von bundesweit über 4.000 Pflegestützpunkten mit rund 16.000 Pflegebegleitern zur Folge gehabt. Dies konnte verhindert werden. Die Pflegestützpunkte werden nun von den Pflegeund Krankenkassen nur dann eingerichtet, wenn die zuständige oberste Landesbehörde dies bestimmt. Dabei ist auf vorhandene Beratungsstrukturen zurückzugreifen. Die Anschubfinanzierung zur Errichtung der Pflegestützpunkte ist auf eine Gesamthöhe von 60 Mio. € (im Gegensatz zur zuvor vorgesehenen Gesamthöhe von 80 Mio. €) limitiert. Zudem besteht der Anspruch auf Pflegezeit von bis zu sechs Monaten nur bei Arbeitgebern mit mehr als 15 Beschäftigten und nicht – wie ursprünglich vorgesehen – bei Arbeitgebern mit mehr als zehn Beschäftigten. Die BDA hat zu diesem Thema den kompakt „Soziale Pflegeversicherung“ veröffentlicht. BDA | Geschäftsbericht 2008 | Soziale Sicherung 37

Neue Leistungen in der Pflegeversicherung (ab dem 1. Juli 2008) Stufenweise Anhebung der ambulanten Sachleistungsbeträge und des Pflegegeldes in allen drei Pflegestufen in den Jahren 2008, 2010 und 2012 Schrittweise Erhöhung der stationären Sachleistungsbeträge in der Pflegestufe III sowie in Härtefällen in den Jahren 2008, 2010, 2012 Anhebung des zusätzlichen Leistungsbetrages für Menschen mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz (z. B. Demenzkranke) Dynamisierung der Leistungen der Pflegeversicherung in dreijährigem Rhythmus ab 2015 Stärkung der ambulanten Versorgung (Pflegestützpunkte, Fallmanagement, Förderung betreuter Wohnformen) Ausbau des Anspruchs auf Tagespflege Anspruch auf bis zu sechsmonatige unbezahlte Freistellung von der Arbeit („Pflegezeit“), dabei zahlt die Pflegeversicherung für die Zeit der Freistellung Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung für die Pflegeperson und gewährt einen Beitragszuschuss in Höhe des Mindestbeitrages zur Kranken- und Pflegeversicherung, soweit keine andere Absicherung (z. B. Familienversicherung) besteht. Gesetzliche Unfallversicherung: ausgesparte Reform des Leistungsrechts umgehend nachholen Nachdem der Bundestag am 26. Juni 2008 das „Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Unfallversicherung“ (UVMG) beschlossen hat, ist das UVMG am 19. September 2008 auch vom Bundesrat gebilligt worden. Am 5. November 2008 ist das Gesetz grundsätzlich in Kraft getreten. Es enthält insbesondere Regelungen zur Organisation der Unfallversicherungsträger, zur Verteilung von Altlasten zwischen den Berufsgenossenschaften, zu neuen Meldepflichten der Arbeitgeber und zu rechtlichen Grundlagen der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA). Das Leistungsrecht wird – im Gegensatz zu den Festlegungen im Koalitionsvertrag – gänzlich ausgespart. Das BDA-Präsidium hat dies zuletzt im Januar 2008 als sehr enttäuschend kritisiert. Die Koalition verpasst damit das selbst gesteckte Ziel, die Unfallversicherung umfassend zu reformieren und ein zielgenaueres Leistungsrecht einzuführen. Nur eine Reform des Leistungsrechts ermöglicht die überfällige Beitragsentlastung der Unternehmen. Mit dem jetzt verabschiedeten Reformstückwerk wird nun jedoch sogar ein großer Teil der Wirtschaft belastet. Durch die geänderte Verteilung von Altlasten zwischen den Berufsgenossenschaften führt die Reform für viele Unternehmen zu höheren statt zu niedrigeren Beiträgen. Die ausgesparte Reform des Leistungsrechts muss daher baldmöglichst nachgeholt werden. 38 BDA | Geschäftsbericht 2008 | Soziale Sicherung

Krankenkassen ein krankenhausindividueller Zuschlag<br />

erhoben, der ab 2012 in das pauschalierte<br />

DRG-Vergütungssystem überführt werden soll. Die<br />

zusätzlichen Mehrkosten für diese beiden Maßnahmen<br />

belaufen sich nach dem Gesetzentwurf<br />

auf ca. 2,0 Mrd. €. Eine gesetzliche Regelung,<br />

wonach die Länder ihrer Investitionsverpflichtung<br />

nachkommen müssen, ist am Widerstand der Länder<br />

gescheitert. Damit besteht weiterhin die Gefahr,<br />

dass notwendige Investitionen unterbleiben<br />

und die Krankenkassen über die Betriebskosten<br />

dafür geradestehen müssen.<br />

Die BDA hat zu diesem Thema den kompakt<br />

„Gesetzliche Krankenversicherung“ veröffentlicht.<br />

Soziale Pflegeversicherung:<br />

Finanzierungsprobleme bleiben<br />

ungelöst<br />

Das am 14. März <strong>2008</strong> vom Bundestag beschlossene<br />

„Gesetz zur strukturellen Weiterentwicklung<br />

der Pflegeversicherung“ (Pflege-Weiterentwicklungsgesetz)<br />

besteht im Wesentlichen aus<br />

Leistungsausweitungen. Das Maßnahmenpaket<br />

umfasst insbesondere die stufenweise Anhebung<br />

der ambulanten Sachleistungsbeträge und des<br />

Pflegegeldes in allen drei Pflegestufen sowie die<br />

schrittweise Erhöhung der stationären Sachleistungsbeträge<br />

in der Pflegestufe III und in Härtefällen<br />

jeweils in den Jahren <strong>2008</strong>, 2010 und<br />

2012. Die Chance, die soziale Pflegeversicherung<br />

dauerhaft leistungsfähig und finanzierbar zu gestalten,<br />

wurde hingegen verpasst.<br />

Zur Finanzierung der Leistungsausweitungen<br />

wurde der Beitragssatz zur Pflegeversicherung<br />

zum 1. Juli <strong>2008</strong> von 1,7 auf 1,95 % (bzw. für Kinderlose<br />

von 1,95 auf 2,2 %) angehoben. Dadurch<br />

werden die Versicherten und Betriebe mit rund<br />

2,5 Mrd. € auf Jahresbasis belastet. Trotz dieser<br />

Beitragserhöhung können die Leistungen der Pflegeversicherung<br />

laut Gesetzesbegründung jedoch<br />

nur bis „Ende 2014 / Anfang 2015“ finanziert werden.<br />

Dann sollen die Rücklagen der Pflegekassen<br />

gerade auf die gesetzlich definierte Mindestreserve<br />

von 1,0 Monatsausgaben abgeschmolzen sein.<br />

Wie die ab 2015 vorgesehene Dynamisierung<br />

der Pflegeleistungen finanziert werden soll, bleibt<br />

damit unklar.<br />

Wegen der umfangreichen Leistungsausweitungen<br />

wird die finanzielle Schieflage der sozialen<br />

Pflegeversicherung weiter verschärft. Denn bei<br />

einer rückläufigen Zahl potenzieller Beitragszahler<br />

werden die zu schulternden Finanzierungslasten<br />

nun nicht nur durch die steigende Zahl der Pflegefälle,<br />

sondern zusätzlich durch höhere Kosten<br />

je Pflegefall zunehmen. Gerade vor diesem Hintergrund<br />

hätte die Vermeidung einer Beitragssatzanhebung<br />

oberstes Ziel der Pflegereform sein<br />

müssen.<br />

Bestandteile einer zukunftsweisenden Reform<br />

der Pflegeversicherung müssen insbesondere<br />

die Abkopplung der Pflegekosten vom Arbeitsverhältnis,<br />

eine strukturelle beitragssatzneutrale<br />

Ausrichtung des Leistungskatalogs sowie ein wirksamer<br />

Wettbewerb sowohl zwischen den Pflegekassen<br />

als auch zwischen den Pflegekassen und<br />

Leistungserbringern sein. Außerdem sind eine<br />

stärkere Eigenbeteiligung der Versicherten ebenso<br />

wie der Aufbau von Kapitaldeckung unbedingt<br />

erforderlich.<br />

Der BDA ist es allerdings gelungen, einige<br />

Erfolge im Gesetzgebungsverfahren zu erzielen.<br />

So hätte die bundesweit verpflichtende Einführung<br />

von Pflegestützpunkten zur wohnortnahen Beratung,<br />

Versorgung und Betreuung der Versicherten<br />

die Einrichtung von bundesweit über 4.000 Pflegestützpunkten<br />

mit rund 16.000 Pflegebegleitern zur<br />

Folge gehabt. Dies konnte verhindert werden. Die<br />

Pflegestützpunkte werden nun von den Pflegeund<br />

Krankenkassen nur dann eingerichtet, wenn<br />

die zuständige oberste Landesbehörde dies bestimmt.<br />

Dabei ist auf vorhandene Beratungsstrukturen<br />

zurückzugreifen. Die Anschubfinanzierung<br />

zur Errichtung der Pflegestützpunkte ist auf eine<br />

Gesamthöhe von 60 Mio. € (im Gegensatz zur<br />

zuvor vorgesehenen Gesamthöhe von 80 Mio. €)<br />

limitiert. Zudem besteht der Anspruch auf Pflegezeit<br />

von bis zu sechs Monaten nur bei Arbeitgebern<br />

mit mehr als 15 Beschäftigten und nicht – wie<br />

ursprünglich vorgesehen – bei Arbeitgebern mit<br />

mehr als zehn Beschäftigten.<br />

Die BDA hat zu diesem Thema den kompakt<br />

„Soziale Pflegeversicherung“ veröffentlicht.<br />

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